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Betreibermodelle für dezentrale Wasserversorgung - Hochschule ...

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TRINKWASSER Versorgung<br />

Matthias FRIEDLE; Benjamin BRÄUER<br />

<strong>Betreibermodelle</strong><br />

für <strong>dezentrale</strong><br />

<strong>Wasserversorgung</strong><br />

Akzeptanz<br />

Finanzierung<br />

Anbieter<br />

und<br />

Anlagentechnik<br />

<strong>Betreibermodelle</strong> zur lokalen<br />

Trinkwasserversorgung im Rahmen der<br />

Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Zielgruppen<br />

Betrieb<br />

der Anlage<br />

Nach aktuellen Angaben des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) /1/<br />

haben derzeit immer noch fast 900 Millionen<br />

Menschen keinen Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser. Die Verfügbarkeit von sauberem<br />

Trinkwasser ist nicht nur ein elementares<br />

menschliches Grundbedürfnis, sondern<br />

auch eine notwendige Voraussetzung<br />

für jegliche ökonomische und gesellschaftliche<br />

Entwicklung. Nur wer Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser hat, kann gesund leben,<br />

kann sich bilden und hat die Kraft, einer<br />

bezahlten Beschäftigung nachzugehen.<br />

Zwischen 2,2 und 5 Mio. Menschen, überwiegend<br />

Kinder, sterben jährlich in Entwicklungsländern<br />

an Krankheiten, die<br />

durch einen fehlenden Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser, schlechte Sanitäreinrichtungen<br />

und mangelnde Hygienebedingungen<br />

übertragen werden. Das Ausbrechen von<br />

bis zu 80 % der Krankheiten in Entwicklungsländern<br />

kann auf kontaminiertes<br />

Wasser zurückgeführt werden. Eine<br />

schlechte Trinkwasserversorgung hemmt<br />

des Weiteren Produktivkräfte und verschärft<br />

somit die Armutssituation. Hohe<br />

Wassertarife verschärfen die ohnehin<br />

schon prekäre Einkommenssituation für<br />

arme Bevölkerungsgruppen zusätzlich und<br />

verhindern Investitionen in anderen Lebens-<br />

und Wirtschaftsbereichen /2/.<br />

Im Juli 2010 wurde das Recht auf sauberes<br />

Trinkwasser von den Vereinten Nationen<br />

als Menschenrecht anerkannt und in die<br />

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte<br />

aufgenommen /3/. Das Menschenrecht auf<br />

Wasser schließt allerdings nicht aus, dass<br />

Unternehmen aus der Privatwirtschaft mit<br />

sozial verträglichen Tarifen die Aufgabe<br />

der <strong>Wasserversorgung</strong> übernehmen. Die<br />

öffentliche Hand, private Unternehmen<br />

und Nichtregierungsorganisationen sind in<br />

diesem Zusammenhang dazu angehalten,<br />

über Gesetze, Regelwerke und Konzessionen<br />

Rahmenbedingungen zu schaffen, die<br />

einen preiswerten Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser auch für arme Bevölkerungsschichten<br />

ermöglichen( Bild 1). Durch das<br />

Menschenrecht auf Wasser wird klar:<br />

Wasser ist ein besonderes Gut, mit<br />

dem Charakter eines „öffentlichen<br />

Gutes“, und keine herkömmliche Handelsware.<br />

<strong>Betreibermodelle</strong> zur lokalen<br />

Trinkwasserversorgung müssen daher<br />

neben ökonomischen auch soziale und<br />

ökologische Aspekte berücksichtigen.<br />

Der Inhalt der von Studierenden der <strong>Hochschule</strong><br />

durchgeführten Projektarbeit gliedert<br />

sich in drei Themenfelder:<br />

❙ Das erste Themenfeld informiert über Akteure,<br />

die im Wassersektor tätig sind, die<br />

Erfahrungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit<br />

haben und/oder die<br />

in einen Zusammenhang mit <strong>dezentrale</strong>r<br />

Trinkwasseraufbereitung gebracht werden<br />

können. Die Akteure werden entsprechend<br />

ihrer Handlungsfelder unterteilt in<br />

Anlagenhersteller, Behörden und Ministerien,<br />

Consultingunternehmen, Institute<br />

und Bildungseinrichtungen, Kreditinstitute,<br />

Nichtregierungsorganisationen und<br />

Stiftungen. Insgesamt wurden 187 Akteure<br />

identifiziert.<br />

Tarifsysteme<br />

Studiengang <strong>Hochschule</strong> Rottenburg:<br />

Ressourcenmanagement Wasser<br />

Zum Wintersemester 2009/2010<br />

startete an der <strong>Hochschule</strong> für Forstwirtschaft<br />

in Rottenburg am Neckar der<br />

Studiengang Ressourcenmanagement<br />

Wasser, der sich dem nachhaltigen<br />

Umgang mit der begrenzten Ressource<br />

Wasser widmet. Hintergrund für die<br />

Einrichtung des neuen Studienganges<br />

ist die zunehmende Bedeutung, aber<br />

auch die zunehmende Gefährdung der<br />

Ressource Wasser im nationalen und<br />

internationalen Kontext. Der interdisziplinär<br />

ausgerichtete Studiengang<br />

enthält neben Komponenten aus den<br />

klassischen Studiengängen Bauingenieurwesen,<br />

Hydrologie, Wasserbau<br />

und Siedlungswasserwirtschaft in<br />

Wartung<br />

Prämissen Bild 1<br />

für <strong>Betreibermodelle</strong><br />

❙ Das zweite Themenfeld enthält die Analyse<br />

von laufenden und abgeschlossenen<br />

Projekten und <strong>Betreibermodelle</strong>n.<br />

❙ Im letzten Abschnitt der Studie wird ein<br />

Überblick über Best-Practice-Beispiele<br />

gegeben. Hierfür wurden zwei Modelle<br />

herausgegriffen, die von den Studierenden<br />

besonders positiv bewertet worden sind<br />

und so als Vorzeigebeispiele für eine <strong>dezentrale</strong><br />

<strong>Wasserversorgung</strong> gelten können.<br />

Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen,<br />

dass die recherchierten Informationen und<br />

die daraus resultierenden Ergebnisse der<br />

Projektarbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit<br />

und Korrektheit haben, sondern vielmehr<br />

als Grundlage für weitere Forschungsarbeiten<br />

dienen sollen.<br />

großem Umfang auch natur-, rechtsund<br />

sozialwissenschaftliche Themenfelder.<br />

Einen hohen Stellenwert nehmen<br />

ferner geographische sowie raum- und<br />

umweltplanerische Lehrinhalte ein.<br />

Der Studiengang sieht sich als dringend<br />

notwendige Ergänzung zur gesellschaftlich-politischen<br />

Dimension im Handlungsfeld<br />

der Ressource Wasser. Durch<br />

die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen,<br />

wie z. B. Moderation, Präsentation<br />

und Mediation sowie durch das<br />

Angebot verschiedene Fremdsprachen<br />

zu erlernen, werden die Studierenden<br />

insbesondere auf eine spätere Tätigkeit<br />

in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />

vorbereitet.<br />

40 10/2013


Versorgung<br />

<strong>Betreibermodelle</strong> für<br />

eine <strong>dezentrale</strong> Trinkwasserversorgung<br />

Als Betreibermodell im Sinne der Projektarbeit<br />

gelten laut Definition der Studierenden<br />

Organisationsstrukturen für den Betrieb<br />

von technischen Anlagen, die den Bau und<br />

die Finanzierung der technischen Anlage<br />

enthalten können, auf jeden Fall aber die<br />

Wartung, die Finanzierung des Betriebes sowie<br />

die Nutzung durch die Nachfrager.<br />

Soll ein Betreibermodell wirtschaftlich<br />

tragfähig sein und den Anforderungen der<br />

Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit genügen,<br />

müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt<br />

werden. Neben ökonomischen<br />

und sozialen Aspekten ist insbesondere auch<br />

auf ökologische und technische Fragestellungen<br />

einzugehen.<br />

In einem ersten Arbeitsschritt wurde von<br />

den Studierenden eine umfassende Internetrecherche<br />

durchgeführt, bei der nach Projektbeispielen<br />

und <strong>Betreibermodelle</strong>n gesucht<br />

wurde. Um eine Vergleichbarkeit der<br />

recherchierten Ergebnisse zu ermöglichen,<br />

wurden Kriterien definiert, die eine<br />

schnelle, einfache und standardisierte Beurteilung<br />

des zugrunde liegenden Modells<br />

bzw. Projekts ermöglichen. Im Folgenden<br />

werden diese Kriterien verkürzt dargestellt<br />

und mit einigen Ergebnissen der Arbeit unterlegt.<br />

Finanzierung der<br />

Investitionskosten<br />

Die Startfinanzierung stellt ein entscheidendes<br />

Kriterium dar. Es wurde untersucht, ob<br />

die Kosten von der lokalen Bevölkerung aufgebracht,<br />

von außenstehenden Organisationen<br />

übernommen werden oder ob eine Kombination<br />

beider Varianten existiert.<br />

In den untersuchten Anwendungsfällen<br />

wurden die Investitionskosten von Trinkwasseraufbereitungsanlagen<br />

häufig durch<br />

Spendengelder finanziert, die von staatlichen<br />

Entwicklungshilfeorganisationen,<br />

Nichtregierungsorganisationen oder privaten<br />

Spendern zur Verfügung gestellt werden.<br />

Besonders in Gebieten, in denen die<br />

Bevölkerung keinen oder nur sehr eingeschränkten<br />

Zugang zu finanziellen Mitteln<br />

hat, ist das Konzept der Finanzierung durch<br />

Spenden ein guter und möglicherweise der<br />

einzige Lösungsansatz. Diese Art der Finanzierung<br />

erfordert keine finanzielle Eigenleistung<br />

der Bevölkerung.<br />

Wenn der Erwerb der Anlage nicht über<br />

Spendengelder finanziert wird und die lokale<br />

Bevölkerung die Investitionskosten tragen<br />

muss, wird dies in den meisten Fällen<br />

über Kredite realisiert, die über Einnahmen<br />

aus dem Wasserverkauf getilgt werden. Dies<br />

erfolgt oft in Zusammenarbeit mit lokalen<br />

Banken, aber auch mit international arbeitenden<br />

Kreditinstituten, die in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

aktiv sind. Die Kredite<br />

haben in der Regel eine lange Laufzeit<br />

und geringe Zinssätze. Durch zinslose Kredite<br />

können in Ausnahmefällen auch Projekte<br />

unterstützt werden, bei denen nur geringe<br />

Einnahmen aus dem Verkauf von<br />

Trinkwasser zu erwarten sind.<br />

Können die Investitionskosten nicht alleine<br />

durch Spenden oder Kredite aufgebracht<br />

werden, kann eine Kombination zwischen<br />

Spenden und Eigenleistung zum Einsatz<br />

kommen. Hierbei stellen Spender Gelder<br />

und Anlagentechnik, während die lokale<br />

Bevölkerung beim Bau, dem Unterhalt und<br />

dem Betrieb der Anlage mithilft. Die Spendengelder<br />

werden dann in der Regel nicht<br />

nur für die Baukosten, sondern auch für die<br />

Schulung von Personal verwendet. Durch<br />

die Eigenleistung können die Investitionskosten<br />

niedrig gehalten werden und die<br />

Wertschätzung für die Anlage wird erhöht.<br />

In einem Beispiel wurde der Carbon-for-<br />

Water-Ansatz, eine Form des Emissionshandels,<br />

gewählt, dem zugrunde liegt, dass<br />

Menschen in Entwicklungsländern vergleichsweise<br />

wenig Kohlenstoffdioxid produzieren.<br />

Das „eingesparte“ Kohlenstoffdioxid<br />

wird über einen Vermittlungspartner<br />

in Form von Carbon Credits an Unternehmen<br />

und private Nutzer in Industriestaaten<br />

verkauft, damit diese ihren CO 2 -Fußabdruck<br />

verbessern können. Die aus diesem<br />

Transfer generierten Einnahmen werden für<br />

den Erwerb und Betrieb von Wasseraufbereitungsanlagen<br />

verwendet.<br />

Anbieter und Anlagentechnik<br />

Punkt zwei des Kriterienkatalogs gibt einen<br />

Überblick über Anbieter von <strong>dezentrale</strong>n<br />

Trinkwasseraufbereitungsanlagen sowie die<br />

jeweils eingesetzten Technologien und Einsatzgebiete.<br />

Für eine vergleichende Auswertung<br />

wurden die folgenden Unterkriterien<br />

definiert:<br />

❙ Bezeichnung der Anlage, Menge des produzierten<br />

Trinkwassers, Anzahl der versorgten<br />

Personen, Aufbereitungstechnologie,<br />

Bauweise, Rohwasserbeschaffenheit,<br />

Chemikalieneinsatz, Energieverbrauch<br />

und Energiequelle.<br />

❙ Es wird weiterhin beschrieben, inwieweit<br />

vom Hersteller darauf geachtet wird, dass<br />

die für den Bau der Anlage verwendeten<br />

Materialien vor Ort erhältlich sind, und ob<br />

das System fest installiert oder mobil konzipiert<br />

ist.<br />

❙ Die Art der Energiegewinnung und die<br />

möglicherweise anfallende Entsorgung<br />

von Aufbereitungsrückstanden werden<br />

ebenfalls dargestellt, soweit dazu Informationen<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Betrieb der Anlage<br />

Für den Betrieb einer <strong>dezentrale</strong>n Trinkwasserversorgungsanlage<br />

gibt es eine Vielzahl<br />

von verschiedenen Varianten. Ziel fast aller<br />

Varianten ist jedoch die Deckung der Betriebskosten<br />

und die Sicherstellung eines<br />

störungsfreien Anlagenbetriebs. Bei der<br />

Analyse der existierenden <strong>Betreibermodelle</strong><br />

und Projekte haben sich verschiedene<br />

Grundideen herauskristallisiert, von denen<br />

in der Studie die wichtigsten dargestellt werden.<br />

Am häufigsten kommt das Prinzip des Wasserkiosks<br />

(Bild 2) zum Einsatz, in dem Kanister<br />

für einen angemessenen Betrag mit<br />

hygienisch sauberem Trinkwasser aufgefüllt<br />

werden können. Der Betrieb erfolgt durch<br />

einen lokalen Betreiber, der hinsichtlich<br />

Wartungs- und Reparaturaufgaben, aber<br />

auch in Gesundheits- und Hygienefragen,<br />

qualifiziert wird. Im Wasserkiosk werden<br />

zusätzlich zum Wasser oft auch Gesundheits-<br />

und Hygieneartikel angeboten, aus deren<br />

Verkaufserlös zusätzlich Mittel zur Aufrechterhaltung<br />

des Betriebs und Einnahmen<br />

für den Betreiber generiert werden. Der Betreiber<br />

ist für die Instandhaltung, die Wartung,<br />

kleine Reparaturen und die Sicherstellung<br />

der Trinkwasserversorgung verantwortlich.<br />

Hinter dem Betreiber des Wasserkiosks<br />

kann ggf. ein lokales Franchise-Unternehmen<br />

stehen, das für die Finanzierung der<br />

Anlage und deren Instandhaltung zuständig<br />

ist. Bei diesem Prinzip erhält das Franchise-<br />

Unternehmen die gesamten Einnahmen aus<br />

dem Wasserkiosk und zahlt dem Betreiber<br />

eine gewisse Kommission für jeden verkauften<br />

Liter Trinkwasser. Der Kiosk-Betreiber,<br />

der in dieser Variante nicht mehr<br />

selbstständig arbeitet, kann bei größeren<br />

Reparaturarbeiten die finanzielle und technische<br />

Unterstützung des Franchise-Unternehmens<br />

in Anspruch nehmen.<br />

Ein Modell, das in der Praxis ebenfalls häufig<br />

zum Einsatz kommt, ist das Prinzip der<br />

Gemeinschaftskasse, die auf der Bezahlung<br />

pro Liter Wasser oder pro Haushalt basiert.<br />

Der Wasserpreis, der in der Regel den<br />

Selbstkostenpreis und eine Spareinlage beinhaltet,<br />

kann in Abhängigkeit von den Betriebskosten<br />

variieren. Die Einnahmen werden<br />

durch die Gemeinschaft verwaltet und<br />

nach Bedarfszweck zielgerichtet ausgegeben,<br />

beispielsweise für Wartungs- oder Reparaturarbeiten.<br />

In der Regel werden beim<br />

Gemeinschaftskassen-Modell Personen aus<br />

der lokalen Bevölkerung ausgewählt und für<br />

die Organisation des Anlagenbetriebs und<br />

die Verwaltung der Gemeinschaftskasse geschult.<br />

Durch die Einbeziehung der Wassernutzer<br />

werden die Aufbereitungsanlagen<br />

meist sehr gut von der Bevölkerung angenommen<br />

und wertgeschätzt.<br />

In der Praxis existiert auch die Variante so<br />

genannter Genossenschaftskassen, bei denen<br />

sich ein bestimmter Personenkreis für<br />

die Instandsetzung einer funktionierenden<br />

Trinkwasserversorgung verantwortlich<br />

zeichnet und mit regelmäßigen Beiträgen<br />

deren Erhalt sichert. Dabei kann es aller-<br />

10/2013 wwt-online.de<br />

41


TRINKWASSER Versorgung<br />

Dezentral betriebene Trinkwasserstation Bild 2<br />

dings vorkommen, dass nicht alle Personen<br />

von der Anlage profitieren.<br />

Neben den beschriebenen Beispielen kommen<br />

in der Praxis noch weitere Modelle zum<br />

Einsatz, wie z. B. Wasserkomitees, Prepaid-<br />

Modelle oder das Wasserhaus-Modell, bei<br />

dem es sich um eine kommunal getragene<br />

Einrichtung mit Möglichkeiten zur Trinkwasserentnahme<br />

und zum Waschen handelt.<br />

Wartung der Anlage<br />

Die Wartung umfasst die technische Instandhaltung<br />

sowie die Durchführung notwendiger<br />

Reparaturen an technischen Anlagen.<br />

Die Wartung wird in den untersuchten<br />

Modellen und Projekten im Wesentlichen<br />

in zwei Varianten organisiert. Während<br />

Wartungsaufgaben bei einigen <strong>Betreibermodelle</strong>n<br />

durch die lokale Bevölkerung erfolgen,<br />

greifen andere auf externe Fachkräfte<br />

oder Firmen zurück. Darüber hinaus<br />

gibt es Beispiele, in denen beide Varianten<br />

kombiniert werden.<br />

Die Wartung durch lokal ansässige Akteure<br />

setzt voraus, dass diese über das dafür<br />

notwendige technische Know-how verfügen.<br />

Dies ist zumeist dann der Fall, wenn<br />

ein Betreibermodell lokal ansässige Unternehmen<br />

oder Organisationen von Anfang<br />

an mit einschließt und bereits im Vorfeld<br />

entsprechende Schulungsmaßnahmen<br />

durchgeführt wurden. Im Bereich der<br />

Trinkwasserversorgung werden Wartungsaufgaben<br />

auch durch lokale Verbände,<br />

Wasserbehörden, ansässige Unternehmen<br />

oder Nichtregierungsorganisationen durchgeführt.<br />

Die Wartung durch externe Fachkräfte erfolgt<br />

vor allem dann, wenn die Aufbereitungsanlage<br />

von kommerziellen, zumeist<br />

Der Zugang zu sauberem Bild 3<br />

Trinkwasser erhöht<br />

die Lebensqualität<br />

Fotos + Grafik: Mörk Water Solutions<br />

nicht lokal ansässigen Unternehmen finanziert<br />

bzw. betrieben wird. In diesen Fällen<br />

liegt der Schwerpunkt auf einem ökonomischen<br />

Betrieb und weniger in der Einbindung<br />

der Bevölkerung. Diese tritt in diesen<br />

<strong>Betreibermodelle</strong>n ausschließlich als Nutzer<br />

und nicht als Betreiber der Anlage in<br />

Erscheinung.<br />

42 10/2013


Versorgung<br />

Ein weiterer Ansatz ist eine Kooperation,<br />

bei der die Wartung von externen Experten<br />

in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren<br />

oder der lokalen Bevölkerung<br />

wahrgenommen wird. Als externe Experten<br />

treten dabei vor allem Nichtregierungsorganisationen<br />

und andere nicht<br />

kommerzielle Akteure der Entwicklungszusammenarbeit<br />

auf. Dabei zeigt sich häufig,<br />

dass externe Experten die Ausbildung<br />

von Mitgliedern der lokalen Bevölkerung<br />

übernehmen. Sowohl bei zeitlich begrenzten<br />

Kooperationen als auch bei fortlaufenden<br />

Kooperationen findet oft ein Modell<br />

Anwendung, das auf so genannte Wasserkomitees<br />

zurückgreift. Während im Rahmen<br />

einiger <strong>Betreibermodelle</strong> nur die Mitglieder<br />

dieses Komitees durch Experten<br />

geschult werden, sind die Lehrgänge in<br />

anderen Fällen für die gesamte lokale Bevölkerung<br />

zugänglich. Darüber hinaus<br />

zeigen sich Bestrebungen, besonders auf<br />

die Beteiligung von Frauen Wert zu legen.<br />

Dies äußert sich z.B. in gezielten Schulungen<br />

für Frauen oder aber in einer vorgegebenen<br />

Frauenquote.<br />

Bei fast allen untersuchten <strong>Betreibermodelle</strong>n,<br />

die Auskunft über die Finanzierung von<br />

Wartungsmaßnahmen geben, erfolgt diese<br />

über die Einnahmen aus dem Verkauf des<br />

Wassers. Dabei ist im Wasserpreis ein bestimmter<br />

Anteil enthalten, der für die anfallenden<br />

Kosten verwendet wird.<br />

Tarifsysteme<br />

Für die untersuchten <strong>Betreibermodelle</strong> und<br />

Projekte liegen leider nur wenige Informationen<br />

über Wasserpreise vor, so dass nachfolgend<br />

nur die Grundprinzipien der identifizierten<br />

Tarifsysteme beschrieben werden.<br />

Beim Prinzip der kommerziellen Kostendeckung<br />

sollen die Einnahmen den Betrieb<br />

und die Wartung des Systems gewährleisten<br />

und zusätzlich noch einen Gewinn für den<br />

Betreiber bzw. Besitzer der Anlage abwerfen.<br />

Zum Einsatz kommen aber auch Modelle<br />

ohne Absicht einer finanziellen Gewinnerzielung<br />

(Social Entrepreneurship).<br />

Das Wasser wird in diesem Fall zum geringstmöglichen<br />

Preis verkauft. Der generierte<br />

Ertrag soll aber ausreichen, um die<br />

operativen Kosten zu decken und um ein<br />

Einkommen für die Personen zu erwirtschaften,<br />

die das System betreiben.<br />

In einem der untersuchten Projekte kommt<br />

ein Semi-Donation-Model, ein teilweise bezuschusstes<br />

Tarifmodell, das nur einen Teil<br />

der Ausgaben durch Einnahmen aus dem<br />

Wasserverkauf deckt, zum Einsatz. Da der<br />

Verkaufspreis für das aufbereitete Wasser in<br />

diesem Fall nicht kostendeckend ist, ist dieses<br />

Modell auf Zuschüsse angewiesen, die<br />

von staatlichen Organisationen oder über<br />

Spenden bereitgestellt werden.<br />

Vereinzelt kommen auch Modelle zum Einsatz,<br />

bei denen Trinkwasser kostenlos an die<br />

Verbraucher abgegeben wird, z. B. aus politischen,<br />

gesellschaftlichen oder sozialen<br />

Gründen, wenn ausreichend Spendengelder<br />

für einen dauerhaften Anlagenbetrieb zur<br />

Verfügung stehen oder wenn die eingesetzte<br />

Aufbereitungstechnologie nur sehr geringe<br />

Betriebskosten verursacht.<br />

Zielgruppen<br />

Zielgruppen nahezu aller untersuchten<br />

Modelle sind einkommensschwache Bevölkerungsgruppen<br />

in ländlichen und urbanen<br />

Gebieten in Entwicklungsländern,<br />

die bisher noch keinen gesicherten Zugang<br />

zu sauberem Trinkwasser haben. Die untersuchten<br />

Aufbereitungsanlagen unterscheiden<br />

sich hinsichtlich Technologie<br />

und abgegebenem Wasservolumen pro Tag<br />

zum Teil deutlich, was sich auch in unterschiedlich<br />

hohen Investitions- und Betriebskosten<br />

niederschlägt. Nur wenige<br />

Anlagen, die eher in Hotels, Mienen,<br />

Schulen, Krankenhäusern oder bei wohlhabenderen<br />

Privatkunden zum Einsatz<br />

kommen, wurden aufgrund der Höhe des<br />

Wasserabgabepreises als nicht für einkommensschwache<br />

Bevölkerungsschichten<br />

geeignet eingestuft.<br />

Akzeptanz<br />

Voraussetzung für einen nachhaltigen und<br />

störungsfreien Betrieb ist, dass bei der zu<br />

versorgenden, lokalen Bevölkerung eine<br />

Akzeptanz für das gewählte Betreibermodell<br />

und die Anlage vorhanden ist. Inwieweit<br />

dies bei den untersuchten <strong>Betreibermodelle</strong>n<br />

und Anlagen der Fall war, konnte im<br />

Rahmen der Projektarbeit nicht umfassend<br />

untersucht werden, da darüber kaum Informationen<br />

zu finden waren. Letztendlich<br />

existieren Konzepte, die neben der Versorgung<br />

mit Trinkwasser noch weitere Vorteile<br />

für die Wassernutzer bringen.<br />

So werden bei einigen Modellen neben sauberem<br />

Trinkwasser auch wirtschaftliche<br />

Perspektiven geboten, wie beispielsweise im<br />

Modell von Water Health International, bei<br />

dem Frauen eine Unterstützung bei der<br />

Existenzgründung erhalten können.<br />

Durch die Qualifizierung und Einbeziehung<br />

der lokalen Bevölkerung werden Arbeitsplätze<br />

geschaffen und gleichzeitig die Identifikation<br />

mit dem Vorhaben gestärkt. Die<br />

Wassernutzer übernehmen selbst Verantwortung<br />

für die Anlage. Neben Qualifizierung<br />

und Partizipation ist es weiterhin von<br />

Wichtigkeit, eine Sensibilisierung und Aufklärung<br />

der Bevölkerung hinsichtlich der<br />

Wasserproblematik zu erreichen. Nur so<br />

kann sichergestellt werden, dass die Bevölkerung<br />

die Bedeutung von sauberem Trinkwasser<br />

erkennt, insbesondere auch im Zusammenhang<br />

mit Hygiene und Krankheiten,<br />

und die Projekte als persönlichen Vorteil<br />

wahrnimmt. Viele Betreiber versuchen dies<br />

in Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen<br />

zu vermitteln. Vor der Planung und<br />

dem Bau von Aufbereitungsanlagen sollten<br />

unbedingt die lokalen Bedürfnisse ermittelt<br />

werden und auch bei der Auswahl bzw. Anpassung<br />

des Betreibermodells berücksichtigt<br />

werden.<br />

Um die Akzeptanz der Bevölkerung zu erfassen,<br />

werden z. B. bei Projekten der Siemens-Stiftung<br />

die Wasserstationen und das<br />

Kundenverhalten evaluiert. Als Resultat daraus<br />

wurde unter anderem die Reinigung der<br />

Wasserkanister vor dem Abfüllen eingeführt,<br />

um so auch bei längeren Transportwegen<br />

eine hygienisch einwandfreie Wasserqualität<br />

zu gewährleisten.<br />

Zusammenfassung<br />

und Ausblick<br />

Die im Zeitrahmen von knapp drei Monaten<br />

erstellte Projektstudie zeigt, dass es für die<br />

internationale Entwicklungszusammenarbeit<br />

im Bereich der <strong>dezentrale</strong>n Trinkwasseraufbereitung<br />

eine Vielzahl von Akteuren,<br />

Aufbereitungstechnologien und <strong>Betreibermodelle</strong>n<br />

gibt. Es zeigt sich weiterhin,<br />

dass manche der untersuchten Aufbereitungsanlagen<br />

vergleichsweise hohe Investitions-<br />

und/oder Betriebskosten haben und<br />

diese Anlagen infolgedessen kaum für den<br />

Einsatz in Entwicklungsländern geeignet<br />

sind.<br />

Aus der Studie wird deutlich, dass im Hinblick<br />

auf <strong>Betreibermodelle</strong> noch ein großer<br />

Forschungsbedarf besteht. Es wäre daher<br />

wünschenswert, wenn sich die deutschen<br />

Akteure besser vernetzen und fachlich austauschen<br />

würden, um bestehende Modelle<br />

zu optimieren und diese im Rahmen von<br />

Pilotprojekten im praktischen Einsatz zu<br />

testen.<br />

Um einen fachlichen Austausch und eine<br />

Netzwerkbildung zu initiieren, ist zum Jahresende<br />

November 2013 eine öffentliche Veranstaltung<br />

mit Workshops zu diesen Themen<br />

geplant. Falls Interesse an einer Teilnahme<br />

besteht, wenden Sie sich bitte an die <strong>Hochschule</strong>.<br />

LITERATUR<br />

/1/ www.bmz.de/de/was_wir_machen/themen/<br />

umwelt/wasser/hintergrund/index.html<br />

/2/ GLAAS 2012 Report: UN-Water Global Analysis<br />

and Assessment of Sanitation and Drinking-Water<br />

/3/ Resolution des UN-Menschenrechtsrat Res 7/22<br />

vom 28. Juli 2010<br />

KONTAKT<br />

<strong>Hochschule</strong> für Forstwirtschaft Rottenburg<br />

Prof. Dr.-Ing. Matthias Friedle<br />

Schadenweilerhof<br />

72108 Rottenburg am Neckar<br />

Tel.: 07472/951-279<br />

E-Mail: friedle@hs-rottenburg.de<br />

www.hs-rottenburg.de<br />

10/2013 wwt-online.de<br />

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