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Betriebliche Gesundheitsförderung für psychisch erkrankte ...

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<strong>Betriebliche</strong> Gesundheitsförderung<br />

für <strong>psychisch</strong> <strong>erkrankte</strong> Beschäftigte<br />

‐<br />

Interventionsstudie in einer<br />

Behindertenwerkstatt<br />

Kathrin Latocha<br />

Diplom-Psychologin<br />

Psychotherapeutin i. A.<br />

Bergische Universität Wuppertal<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

1


Theoretische Einordnung<br />

Stressreport 2012<br />

2


Theoretische Einordnung<br />

• mind. 42,6 % der Bevölkerung erleiden einmal<br />

in ihrem Leben eine <strong>psychisch</strong>e Erkrankung<br />

• 2011 entstanden aufgrund von <strong>psychisch</strong>en Erkrankungen<br />

59,2 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage),<br />

Fotolia © 2004 - 2012<br />

2008: 41,0 Millionen AU-Tagen (BMAS, 2013; 2010)<br />

• Produktionsausfall in Höhe von geschätzten vier Milliarden<br />

sowie einem Ausfall an Bruttowertschöpfung von sieben<br />

Milliarden Euro (Berufsverband Deutscher Psychologen, 2008)<br />

• 13 % aller betrieblichen Fehltage gehen auf <strong>psychisch</strong>e<br />

Erkrankungen zurück (zwischen 2000 und 2011 fast<br />

verdoppelt)<br />

• Zunahme <strong>psychisch</strong> bedingter Frühberentungen<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

3


Erwerbsunfähigkeit aufgrund von<br />

<strong>psychisch</strong>er Erkrankungen<br />

eigene Darstellung, Quelle: Deutsche Rentenversicherung 2012<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

4


Arbeit und <strong>psychisch</strong>e Erkrankungen<br />

„Prävention ist insbesondere dann erfolgreich, wenn Menschen<br />

in ihren Lebenswelten erreicht werden“ (Richter, 2013 - Präsident der<br />

Bundespsychotherapeutenkammer)<br />

Formuliertes Ziel der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung:<br />

Prävention <strong>psychisch</strong>er Erkrankungen im Zusammenhang mit<br />

betrieblicher Gesundheitsförderung näher zu betrachten (DPtV,<br />

2012)<br />

„Eine Präventionsstrategie muss gesunde Arbeitsbedingungen<br />

genauso im Blick haben wie die Eigenverantwortung des<br />

einzelnen Beschäftigten“ (Richter, 2012)<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

5


Unternehmen<br />

• Werkstatt für behinderte Menschen und gleichzeitig<br />

Industriedienstleister<br />

• ca. 910 <strong>psychisch</strong> <strong>erkrankte</strong> Mitarbeiter (Stand Juli 2013)<br />

• zwei Standorte<br />

• Führungsebene<br />

• Personaler: Abteilungsleiter, Verwaltung,<br />

Sozialdienst etc.<br />

• Mitarbeiter<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

6


Ziele im Unternehmen<br />

• Gesamtstrategie zur betrieblichen Gesundheitsförderung umfasst:<br />

verhaltens-, verhältnisorientierte sowie kulturelle Maßnahmen der<br />

Gesundheitsförderung<br />

• die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit <strong>psychisch</strong> <strong>erkrankte</strong>r<br />

Mitarbeiter im Arbeitskontext zu fördern<br />

• sowie die Gesundheit der Personalverantwortlichen zu erhalten<br />

und sie für das Thema im Umgang mit <strong>psychisch</strong> Erkrankten zu<br />

sensibilisieren<br />

Übergeordnete Ziele im Unternehmen hohe AU-Tage zu<br />

reduzieren und gleichzeitig die Gesundheit und das Wohlbefinden der<br />

Beschäftigten zu steigern<br />

Was wurde konkret im Rahmen des Projektes<br />

unternommen?<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

7


Gesundheitsförderung in einer<br />

Werkstatt für behinderte Menschen<br />

Auftakt: Gruppentraining für die <strong>psychisch</strong> <strong>erkrankte</strong>n Beschäftigten<br />

entwickelt und formativ als auch summativ evaluiert kontinuierliche<br />

Rückmeldeschleifen<br />

Ableitung von weiteren verhaltens-, aber auch verhältnisorientierten sowie<br />

kulturellen Maßnahmen (Kommunikationsstrukturen, Fall-Supervision, neue<br />

Stelle, Führungskräfte-Coaching etc.)<br />

Sensibilisierungscoaching für die Personalverantwortlichen (Anleiter)<br />

a) Zusammenhänge für gesundheitsförderliches Arbeiten erkennen<br />

b) Nähe-Distanz-Verhältnis im Umgang mit <strong>psychisch</strong> Erkrankten<br />

c) eigene Belastungen erkennen<br />

d) Verarbeitung von Erfahrungen mit <strong>psychisch</strong> <strong>erkrankte</strong>n Mitarbeiten sowie<br />

die Abgrenzung im Arbeitsprozess<br />

e) Umgang mit schwierigen Situationen<br />

f) Professionelle Distanz<br />

g) Verbesserung der Kommunikation, Transparenz und Rückmeldung<br />

h) Erarbeitung wesentlicher Aspekte der Beziehungsgestaltung<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

8


Gruppentraining „GESund“<br />

Ziel der Studie: Konzepte der Psychotherapie und<br />

der Arbeits- und Organisationspsychologie für das<br />

BGM zu integrieren und nutzbar zu machen<br />

„Gruppentraining zur Förderung individueller<br />

Gesundheitskompetenz und Arbeitsfähigkeit“<br />

Fotolia © 2004 - 2012<br />

• Vielzahl von Gruppentrainings: von Problemlöse-, über<br />

Stressbewältigungs- (Kaluza, 2010) bis hin zu spezifischen<br />

Trainings zur Förderung von Kompetenzen<br />

• es fehlen Programme, die an der Schnittstelle zwischen<br />

<strong>psychisch</strong>er Erkrankung und Arbeit ansetzen<br />

• Notwendigkeit ein Konzept zu entwickeln, dass<br />

organisationale und individuelle Maßnahmen verknüpft<br />

und diese Maßnahmen bzw. das Gesamtkonzept evaluiert<br />

(Hillert, 2008; Koch et al., 2007)<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

9


Ziele des Gruppentrainings<br />

Gruppensitzungen:<br />

• Erarbeitung von arbeitsbezogenen<br />

Bewältigungsmöglichkeiten<br />

• Entwicklung der Selbstmanagementfähigkeit und der<br />

Selbstwirksamkeit<br />

• Steigerung der funktionalen Beanspruchung und des<br />

subjektiven Wohlbefindens<br />

• Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken<br />

• konstruktiven Umgang mit Konflikten lernen<br />

• Strategien hinsichtlich <strong>psychisch</strong>er und körperlicher<br />

Gesundheit verbessern<br />

• Ressourcenaktivierung<br />

• Gesundheitskompetenz von <strong>psychisch</strong> <strong>erkrankte</strong>n<br />

Mitarbeiter steigern<br />

Fotolia © 2004 - 2012<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

10


Modulstruktur G 3 – Gruppendynamik,<br />

Gesundheitskompetenz, Ganzheitlichkeit<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

11


Ausgewählte Ergebnisse<br />

prä-/ post-Test-Design: N = 95 für IG und KG<br />

Ist-Analyse<br />

- Gesundheitskompetenz<br />

-Selbstregulationskompetenz<br />

- Depressivitätswerte<br />

- Wohlbefinden<br />

- Beanspruchung<br />

Ist-Analyse<br />

t 1<br />

Kontrollgruppe<br />

Intervention:<br />

Gruppentraining<br />

Gruppensitzungen 1- 11<br />

Intervention<br />

Evaluation<br />

- Gesundheitskompetenz<br />

- Selbstregulationskompetenz<br />

- Depressivitätswerte<br />

- Wohlbefinden<br />

- Beanspruchung<br />

Evaluation<br />

t 2<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

12


Untersuchungsdesign<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

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Testbatterie<br />

Fragebogen<br />

Autoren<br />

Selbstregulation Schwarzer (1999)<br />

HADS-D (Hospital Anxiety and Depression<br />

Scale)<br />

Zigmond & Snaith (1983);<br />

Hermann, Buss & Snaith (1995)<br />

Fragebogen zum Führungsstil Wieland & Scherrer (2007)<br />

Fragebogen zur Gesundheitskompetenz Wieland & Hammes (2008)<br />

Eigenschaftswörterliste zur Erfassung von<br />

Emotionen und des Beanspruchungserlebens<br />

während der Arbeit (EEB)<br />

Beurteilung des eigenen Gesundheitszustandes<br />

und der Zufriedenheit<br />

Erfassung der Arbeitsfähigkeit (WAI –D1)<br />

Wieland (2004)<br />

Wieland (2010)<br />

Tuomi et al. (1994), Übersetzung<br />

2002 nach BauA<br />

STAI-G (State-Trait Angst Inventar; Form X2)<br />

Fragebogen zu den Arbeitsbedingungen<br />

(SynBA)<br />

Laux, Glanzmann & Spielberger<br />

(1981)<br />

Wieland et al. (1999)<br />

Irritations-Skala Mohr, Rigotti & Müller (2007)<br />

Fragebogen zur Evaluation des<br />

Gruppentrainings<br />

Latocha (2011)<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

14


Ausgewählte Ergebnisse<br />

Interaktionseffekt: Messzeitpunkt x Gruppe<br />

• Studie I: p = .001**<br />

• Studie II: p = .000**<br />

• Studie II: p = .000**<br />

• Studie IV: p = .003**<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

15


Ausgewählte Ergebnisse<br />

Interaktionseffekt: Messzeitpunkt x Gruppe<br />

• Studie I: p = .271<br />

• Studie II: p = .000**<br />

• Studie III: p = .000**<br />

• Studie IV: p = .003**<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

16


Ausgewählte Ergebnisse<br />

Interaktionseffekt: Messzeitpunkt x Gruppe<br />

• Studie I: p = .029*<br />

• Studie II: p = .003**<br />

• Studie III: p = .000**<br />

• Studie IV: p = .014**<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

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Ausgewählte Ergebnisse<br />

Interaktionseffekt: Messzeitpunkt x Gruppe<br />

• Studie I: p = .040*<br />

• Studie II: p = .002**<br />

• Studie III: p = .000**<br />

• Studie IV: p = .001**<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

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Effektstärken<br />

Fragebogen d IG1;2 d KG d n2<br />

SD pooled(prä)<br />

Selbstregulation 1.162 -.247 1.409 .568<br />

Depressivität .931 -.284 1.215 .634<br />

Gesundheitskompetenz 1.271 -.193 1.464 .881<br />

Funktionale Beanspruchung 1.132 -.39 1.522 1.104<br />

Dysfunktionale Beanspruchung 1.167 -.257 1.424 1.285<br />

Beurteilung des<br />

Gesundheitszustandes<br />

.789 -.395 1.184 .811<br />

STAI-G Form X2 1.009 -.307 1.316 .684<br />

Irritationsskala (Summe) .97 -.446 1.416 9.951<br />

[1]<br />

Zur Vereinfachung wurden bei negativ gepolten Skalen, d.h. eine Abnahme als positiver Effekt, bspw. bei Rückgang der Depressivitätswerte, dargestellt.<br />

[2]<br />

Berechnet über: (M post<br />

- M prä<br />

)/s pooled(prä)<br />

[3]<br />

Berechnet über: d IG<br />

- d KG<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

19


Formative Evaluation<br />

Bewertung der Teilnehmer<br />

• „Hilfreich war, dass ich für einige Probleme die ich hatte,<br />

Lösungen erfahren habe um anders damit umzugehen.“<br />

• „Ich wollte nur sagen, dass die Effekte des Kurses lange<br />

anhalten. Dann macht es irgendwann Klick und das braucht<br />

man. Das hält bis heute an. Die Inhalte waren richtig gut“<br />

• „Ich fühle mich deutlich fitter nach der Gruppe.“<br />

• „Nach der Stunde sind selbst meine Magenschmerzen weg.“<br />

• „Ich freue mich immer auf die Gruppe, die hilft mir sehr stark.<br />

Auch kann ich hier Dinge besprechen, zu denen man<br />

während der Arbeit nicht kommt. Man lernt sich hier viel<br />

besser kennen“.<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

20


Formative Evaluation<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

21


Formative Evaluation<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

22


Fazit<br />

• Das Gruppentraining steigert die individuelle<br />

Gesundheitskompetenz<br />

• Gruppentraining zeigte zu t 2 signifikante Überlegenheit<br />

im Vergleich zur Kontrollgruppe<br />

• Teilnehmer bewerteten das Gruppentraining durchweg<br />

positiv<br />

• Kontrollgruppen-Design sowie die erfolgreiche<br />

Replikation der Ergebnisse bestätigen die Wirksamkeit<br />

des Gruppentrainings<br />

• Booster-Sitzungen<br />

• Messzeitpunkte<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

23


Ausblick<br />

• Durch den kontinuierlichen Austausch mit den<br />

Führungskräften konnten Maßnahmen auf der<br />

verhältnispräventiven Ebene abgeleitet werden.<br />

• Die verhaltensorientierte Maßnahme wird durch<br />

entsprechende Führungstrainings und Maßnahmen<br />

gesundheitsförderlicher Arbeitsgestaltung unterstützt.<br />

• Langfristig soll das Gruppentraining in andere Branchen<br />

übertragen werden, um präventiv bei <strong>psychisch</strong> stark<br />

belasteten Beschäftigten anzusetzen.<br />

5. Tagung des Forum KMU im DNBGF, Mannheim 2013<br />

24


Vielen Dank.<br />

Kontakt:<br />

Dipl.-Psych. K. Latocha<br />

Bergische Universität Wuppertal<br />

Mail: Latocha@wiwi.uni-wuppertal.de<br />

25

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