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Heft 1/2009 - Tumorzentrum Erfurt eV

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ISSN 1868-291X<br />

JOURNAL<br />

TUMORZENTRUM ERFURT<br />

INTERDISZIPLINÄR<br />

GEGEN HAUTKREBS<br />

HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong><br />

01/<strong>2009</strong><br />

INHALT<br />

Seite 3<br />

■ HELIOS Hauttumorzentrum<br />

<strong>Erfurt</strong>: Nummer 1 in<br />

Deutschland<br />

Sekundär knotiges superfiziell spreitendes<br />

malignes Melanom<br />

Kutanes T-Zell-Lymphom<br />

Seite 7<br />

■ Haarzell-Leukämie<br />

(HZL; Hairy cell leukemia, HCL)<br />

Seite 9<br />

■ Abwarten – Bestrahlen –<br />

Operieren<br />

Zum aktuellen Erkenntnisstand<br />

bei der Behandlung von<br />

Akustikusneurinomen<br />

Seite 11<br />

■ Stellenwert der Tumornachsorge<br />

bei Kopf-Hals-Tumoren<br />

Seite 13<br />

■ „Zwischen Evidenz und Empathie<br />

– Dilemma oder Chance<br />

für die Palliativmedizin“<br />

Seite 14<br />

■ Der Mensch – Maß aller Dinge?<br />

Zwischen forschungs- und<br />

individualitätszentrierter<br />

Herangehensweise in der<br />

Medizin<br />

Seite 19<br />

■ Experimentelle Medizin und<br />

Palliativbetreuung – eine<br />

Gegenüberstellung<br />

Seite 21<br />

■ Gibt es eine evidenzbasierte<br />

Empathie?<br />

Seite 24<br />

■ Bericht von der Mitgliederversammlung<br />

des <strong>Tumorzentrum</strong><br />

<strong>Erfurt</strong> e.V. am 17.6.<strong>2009</strong><br />

Plattenepithelkarzinom<br />

der Haut<br />

20 MHz-Sonographie<br />

eines Hauttumors<br />

Basalzellkarzinom<br />

Seite 27<br />

■ Gemeinsames<br />

Veranstaltungsverzeichnis<br />

Lesen Sie weiter auf Seite 3.<br />

Seite 28<br />

■ Angebote des<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V.


CAMPTO ® – First-Line<br />

Basis der individualisierten<br />

Therapie<br />

Stark wirksam im FOLFIRI-Regime bei mCRC 1<br />

Konsistenter Überlebensvorteil in Kombination<br />

mit Targeted Therapy 1, *<br />

1 Fachinformation CAMPTO ® (Stand: Januar 2007)<br />

* Campto in Kombination mit Bevacizumab, 5FU und Folinsäure www.pfizer.de<br />

Campto® 20 mg/ml<br />

Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung<br />

Zusammensetzung: Arzneilich wirksame Bestandteile: Das Konzentrat enthält 20 mg/ml Irinotecanhydrochlorid 3 H2O (entsprechend 17,33 mg/ml Irinotecan). Die Durchstechflaschen<br />

enthalten 40 mg, 100 mg oder 300 mg Irinotecanhydrochlorid 3 H2O. Sonstige Bestandteile: Sorbitol (Ph.Eur.), Milchsäure, Natriumhydroxid (zur Einstellung des pH-Wertes auf 3,5),<br />

Salzsäure (zur Einstellung des pH-Wertes) bei den Durchstechflaschen aus Polypropylen, Wasser f. Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Campto wird zur Behandlung von metastasiertem<br />

Dickdarm-/Mastdarmkrebs angewendet: in Kombinat. mit 5-Fluorouracil u. Folinsäure bei erwachsenen Patienten ohne vorausgegangene Chemotherapie im fortgeschrittenen<br />

Stadium der Erkrankung; als Monotherapie bei erwachsenen Patienten, die auf eine Vorbehandlung mit einem 5-Fluorouracil enth. Regime nicht angesprochen haben. In Kombination<br />

mit Cetuximab bei erwachsenen Patienten mit EGFR-exprimierendem Dickdarm-/Mastdarmkrebs, die auf eine vorangegangene Irinotecan-haltige Chemotherapie nicht mehr ansprechen.<br />

In Kombination mit Bevacizumab, 5-Fluorouracil und Folinsäure als Erstlinientherapie bei Patienten mit metastasiertem Dickdarm- oder Mastdarmkrebs. Gegenanzeigen: Chron.<br />

entzündliche Darmerkrankungen u./od. Darmverschluss, bekannte schwere Überempfindlichkeitsreaktionen gegen Irinotecanhydrochlorid oder einen der sonstigen Bestandteile,<br />

Bilirubinwerte über dem 3fachen des oberen Normalwerts, schwere Störung der Knochenmarkfunktion, WHO Performance Status >2 (Anwendungsbeschränkg.: WHO-Performance-<br />

Status = 2), Einnahme von Johanniskrautpräparaten, Schwangerschaft, Stillzeit. Bei Kombination mit Cetuximab oder Bevacizumab beachten Sie bitte auch die Fachinformation von<br />

Cetuximab oder Bevacizumab. Nebenwirkungen: Sehr häufig: verzögert (durchschnittl. 5 Tage nach der Inf.) einsetzende schw. Diarrhoe (dosisbegrenzende Toxizität); Übelk. u. Erbrechen<br />

(meist begleitende Dehydratation); Neutropenie (häufig m. Fieber); Infekt. (oft im Zusammenhang m. schw. Neutropenie, in wenigen Einzelfällen mit let. Ausgang); Thrombozytopenie;<br />

Anämie; Alopezie (reversibel); vorübergehend erhöhte Serumspiegel von SGPT, SGOT, alkal. Phosphatase od. Bilirubin. Häufig: Obstipation; vorübergeh. schw. akutes cholinerges Syndrom<br />

(frühzeit. Diarrhoe, Bauchschm., Konjunktivitis, Rhinitis, Hypotension, Vasodilatation, Schwitzen, Schüttelfrost, Unwohlsein, Schwindel, Sehstör., Pupillenenge, Tränenfluss, erhöht.<br />

Speichelfluss); Asthenie; rev. Anstieg d. Serum-Kreatininspiegels. Gelegentl.: pseudomembranöse Kolitis; Niereninsuffizienz, Hypotension, Herz-Kreislauf-Versagen (bei Dehydratation<br />

od. b. Pat. m. Sepsis); intestinale Obstruktion, Darmverschluss, gastrointestinale Blutungen; leichte Reakt. an der Inj.-stelle; interstitielle Lungenerkrankungen (wie Lungeninfiltrate);<br />

milde Hautreakt.; leichte allerg. Reakt. Selten: Colitis einschl. Typhilitis od. ischämische u. ulzerative Colitis, intestinale Perforationen; Blutdruckanstieg während od.<br />

nach Inf.; anaphylaktische/anaphylaktoide Reakt.; Hypokaliämie, Hyponatriämie (meist b. Diarrhoe u. Erbrechen); Pankreatitis. Sehr selten: Anstieg v. Amylase u./od.<br />

Lipase; vorübergehende Sprachstör.; periphere Thrombozytopenie m. Thrombozyten-AK. Weiterhin wurden beobachtet: Anorexie, Bauchschm., Mukositis; früh einsetzende<br />

NW wie Dyspnoe, Muskelkontraktionen od. -krämpfe u. Parästhesien. Bei Kombination mit Cetuximab oder Bevacizumab s. auch Fachinformationen dieser<br />

Arzneimittel. Warnhinweise: Enthält Sorbitol: Ungeeignet bei erblicher Fructoseintoleranz. Bitte beachten Sie außerdem unsere Fachinformation. Abgabestatus:<br />

Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: PFIZER PHARMA GmbH, Linkstr. 10, 10785 Berlin. Stand: Oktober 2008.<br />

b-8v6cpt-ko-0


■ HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong>:<br />

Nummer 1 in Deutschland<br />

Ivonne Kellner, Rudolf A. Herbst<br />

HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong>, Klinik für Hautkrankheiten<br />

und Allergologie, HELIOS Klinikum<br />

<strong>Erfurt</strong><br />

Wir bedanken uns bei allen Mitarbeitern und Kooperationspartnern<br />

sowie Herrn D. Barwitzki für die Unterstützung<br />

während des Zertifizierungsprozesses sowie die fortgesetzt<br />

gute Zusammenarbeit.<br />

Einleitung<br />

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Zertifizierungsaudits<br />

durch die TÜV Süd Management Service GmbH<br />

und OnkoZert - dem unabhängigen Zertifizierungsinstitut<br />

der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) – am 28. und<br />

29.1.<strong>2009</strong> darf sich das HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong><br />

seit einigen Monaten „zertifiziert nach den Richtlinien der<br />

DKG und DIN EN ISO 9001:2000“ nennen. Damit ist das<br />

HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong> neben den Hauttumorzentren<br />

in Heidelberg und Hornheide-Münster eines von<br />

drei gleichzeitig und erstmalig in Deutschland zertifizierten<br />

Hauttumorzentren. Das Zertifikat des HELIOS Hauttumorzentrums<br />

<strong>Erfurt</strong> trägt die Nummer 1 (Abb.1).<br />

3-Stufen Modell der onkologische Versorgung<br />

In einem im November 2007 im Deutschen Ärzteblatt publizierten<br />

Artikel (1) werden folgende Rahmenbedingungen<br />

für die zukünftige Versorgung onkologischer Patienten<br />

gefordert:<br />

1. Qualitätsnachweis durch Zertifizierungssysteme und<br />

zertifizierte Struktureinheiten,<br />

2. Veränderungen der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen<br />

und Strukturen,<br />

3. Qualitätsdefinition durch interdisziplinäre Handlungsempfehlungen<br />

und Dokumentation,<br />

4. Definition der onkologischen Tätigkeit im Rahmen der<br />

Weiterbildungsordnung,<br />

5. onkologische Versorgung in neuen Versorgungs- und<br />

Finanzierungsstrukturen.<br />

Ein wesentliches Element dieses Modells ist eine dreistufige<br />

Struktur in Form von Organkrebszentren, Onkologischen<br />

Zentren und Onkologischen Spitzenzentren<br />

(Abb. 2). Die Basis stellen dabei die Organkrebszentren<br />

dar, in denen häufige Tumorarten wie Haut-, Brust-, Darmund<br />

Prostatakrebs behandelt werden. Die Onkologischen<br />

Zentren, in denen mehrere Tumorerkrankungen unter einem<br />

Dach betreut werden, bilden die zweite Stufe der Pyramide.<br />

An der Spitze des Modells sollen Onkologische<br />

Spitzenzentren mit neben der Patientenversorgung zusätzlichen<br />

Schwerpunkten auf Forschung und Lehre stehen.<br />

Jede dieser Ebenen hat sich einem Zertifizierungsprozess<br />

zu unterwerfen.<br />

Onkologische<br />

Spitzenzentren<br />

Onkologische Zentren<br />

Organkrebszentren<br />

Abb. 2 3-Stufen Modell der Onkologischen Versorgung (Quelle: Literatur 2)<br />

Abb. 1 Zertifikat HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong><br />

Zertifizierte Strukturen<br />

Mit dem Ziel, die Behandlungsqualität von krebskranken<br />

Menschen zu verbessern, hat die DKG in Zusammenarbeit<br />

mit OnkoZert ein einheitliches Zertifizierungssystem für<br />

die Onkologische Versorgung entwickelt. Um den spezifischen<br />

Anforderungen an die Behandlung verschiedener<br />

Krebsarten gerecht zu werden, wurden für die häufigsten<br />

Krebsarten nach Organen zusammengestellte (Haut,<br />

Brust, Darm, Prostata) spezielle Anforderungsprofile sowie<br />

Zertifizierungssysteme entwickelt. Die Anforderungen<br />

werden in interdisziplinären Kommissionen erarbeitet<br />

und in regelmäßigen Abständen aktualisiert. In den Kommissionen<br />

sind Experten für alle Bereiche einer Tumorerkrankung<br />

vertreten. Das bedeutet: neben Mitgliedern der<br />

ärztlichen und pflegerischen Fachgesellschaften sind un-<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 3 ■


ter anderem auch Psychoonkologen, Sozialarbeiter und<br />

Patientensprecher an der Erarbeitung der fachlichen Anforderungen<br />

beteiligt. Bis vor kurzem gab es für die häufigsten<br />

Krebserkrankungen des Menschen überhaupt -<br />

die Hauttumore – kein solches System. Erst nachdem Ende<br />

2007 die Entwicklung eines entsprechenden Zertifizierungssystems<br />

für Hauttumorzentren abgeschlossen war,<br />

konnte 2008 damit begonnen werden, die Zertifizierung<br />

eines Hauttumorzentrums zu beantragen. Die quantitativen<br />

und qualitativen Voraussetzungen für die Zentren als<br />

Zertifizierungsanforderungen sind als „fachliche Anforderungen<br />

an Hauttumorzentren (FAHTZ)“ in einem sogenannten<br />

Erhebungsbogen (EHB) festgelegt und stellen<br />

die Grundlage für die Zertifizierung dar. Von den Hauttumorzentren<br />

ist im Vorfeld des Zertifizierungsaudits in diesem<br />

EHB darzulegen, wie und in welchem Umfang die gestellten<br />

Anforderungen erfüllt werden. Von der Deutschen<br />

Krebsgesellschaft (DKG) anerkannte Hauttumorzentren<br />

müssen die FAHTZ erfüllen und dabei auch über<br />

ein anerkanntes Qualitätsmanagementsystem verfügen.<br />

Die Einhaltung der fachlichen Anforderungen wird jährlich<br />

durch das unabhängige Zertifizierungsinstitut Onko-<br />

Zert überwacht.<br />

Fotoanforderungsschein<br />

Aufklärungsbogen für<br />

Exzision / Patienteneinverständniserklärung<br />

Exzision<br />

Formular AEP-Kriterien<br />

Laboranforderungsschein<br />

Aufklärungsbogen für<br />

Exzision<br />

Start<br />

1.<br />

Primärversorgung<br />

• Anamnese<br />

• Ganzkörperuntersuchung<br />

• Dermatoskopie<br />

• OA/CA-Beurteilung<br />

• Foto<br />

• 20 Mhz Sono<br />

• Aufklärung/Einverständnis<br />

für Exzision<br />

2.<br />

Termin für Exzision vereinbaren<br />

3.<br />

AEP-Kriterien erfüllt?<br />

Ja<br />

Stationäre Aufnahme<br />

Nein<br />

5.<br />

Stationäre Exzision und Termin<br />

zur Befundbesprechung<br />

6.<br />

Ambulante Befundbesprechung<br />

4.<br />

Ambulante Exzision und Termin<br />

zur Befundbesprechung nach<br />

Vorliegen Histologie<br />

Entwicklung des HELIOS Hauttumorzentrums <strong>Erfurt</strong><br />

Voraussetzungen<br />

Die wesentlichen Elemente eines Hauttumorzentrums<br />

sind<br />

1. Ausrichtung nach den Bedürfnissen der Patienten,<br />

2. Interdisziplinarität,<br />

3. Vernetzung ambulanter und stationärer Behandlungspartner,<br />

4. Messung und Verbesserung von Behandlungsqualität.<br />

Alle diese Elemente können nicht kurzfristig auf die Beine<br />

gestellt und dann schnell zertifiziert werden, sondern nur<br />

durch einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess entstehen<br />

und müssen dann ständig weiterentwickelt werden.<br />

Insofern ist es von entscheidender Bedeutung, dass die <strong>Erfurt</strong>er<br />

Hautklinik bereits seit Jahren zu den führenden<br />

Hautkliniken Deutschlands auf dem Gebiet der Behandlung<br />

von Tumoren der Haut zählt. Dadurch war die Basis<br />

für den nun erfolgreich abgeschlossenen Zertifizierungsprozess<br />

langfristig geschaffen worden. Bereits vor der<br />

Zertifizierung gab es eine intensive Zusammenarbeit mit<br />

allen medizinischen Fachdisziplinen und auch anderen<br />

Behandlungspartnern. Dadurch war es in der Vergangenheit<br />

bereits möglich, eine sehr gute Versorgung der Patienten<br />

zu gewährleisten.<br />

Zertifizierungsprozess<br />

Der Zertifizierungsprozess dauerte 7 Monate und wurde<br />

mit Unterstützung von Herrn Dieter Barwitzki, Steinbeis-<br />

Beratungszentrum IfQO, Erbach, als externem Berater geplant,<br />

organisiert und durchgeführt. Am 23.6.2008 wurde<br />

hierzu ein detaillierter Zeit- und Aktionsplan im Rahmen<br />

einer Auftaktveranstaltung erarbeitet, der letztlich<br />

bis auf eine Terminverschiebung (des endgültigen Audits)<br />

um einen Tag eingehalten und abgearbeitet werden konnte.<br />

Wesentliche Elemente des Prozesses waren die Erstellung<br />

des Qualitätsmanagementhandbuches (3) und mehr<br />

als 100 zusätzlicher Dokumente (Arbeitsanweisungen,<br />

Formulare, Ablaufschemata, Behandlungspfade (Abb. 3),<br />

die Bearbeitung des Erhebungsbogens für Hauttumor-<br />

Abb. 3 Behandlungspfad Primärmelanom (Auszug)<br />

zentren und vor allem die Etablierung bzw. Erweiterung<br />

oder Verbesserung der dort niedergelegten Anforderungen<br />

in praktisch allen Bereichen der Klinik für Hautkrankheiten<br />

und Allergologie, der Kooperationspartner und Kliniken<br />

im HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong> und aller externer Kooperationspartner<br />

sowie der Abschluss von insgesamt über<br />

20 Qualitätsmanagement- und Kooperationsvereinbarungen.<br />

Darüber hinaus mussten die Grundgedanken eines<br />

Qualitätsmanagmentsystems in einigen der vorgenannten<br />

Bereiche etabliert oder zumindest vertieft werden. Eine<br />

eigene Webseite (4) und weiteres, öffentlich zugängliches<br />

Informationsmaterial wurde geschaffen. Wesentliche<br />

terminliche Meilensteine waren das Interne Audit<br />

und die Qualitätsmanagementbewertung am 18. und<br />

19.11.2008, die Einreichung des Erhebungsbogens bei<br />

OnkoZert / der Deutschen Krebsgesellschaft am 5.12.2008<br />

und die Mitteilung der Bewertung des Erhebungsbogens<br />

durch die Auditoren am 30.12.2008. Das Audit fand am<br />

28. und 29.1.<strong>2009</strong> statt. Die Ergebnisse wurden sowohl<br />

durch die TÜV Süd Management Service GmbH als auch<br />

durch OnkoZert zeitnah mitgeteilt und das Zertifikat nach<br />

Beschluss des Fachgremiums am 4.3.<strong>2009</strong> verliehen<br />

(Abb.1).<br />

Struktur des HELIOS Hauttumorzentrums <strong>Erfurt</strong><br />

Das interdisziplinäre Hauttumorzentrum will die Verbesserung<br />

der Versorgung von Patienten mit Hautkrebs durch<br />

Integration und Optimierung der Teilbereiche Prävention,<br />

Früherkennung, Diagnostik, operative, systemische und<br />

radioonkologische Therapie, supportiver Therapieoptionen<br />

und Unterstützungsangebote sowie der Nachsorge<br />

erreichen. Durch die in allen beteiligten Disziplinen ständig<br />

angestrebte und gewährleistete Optimierung auf der<br />

Basis von „evidence-based medicine" und nationalen bzw.<br />

internationalen Leitlinien, sowie durch die überprüfbare<br />

langfristig angelegte Ergebnismessung und damit Qualitätssicherung<br />

sieht sich das Hauttumorzentrum als Kom-<br />

■ Seite 4 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


petenzzentrum (auch Zweitmeinungszentrum) für benachbarte<br />

Kliniken und niedergelassene Kolleginnen und<br />

Kollegen. Gute Therapieergebnisse für die Patienten, Zufriedenheit<br />

der Einweiser und Behandlungspartner anhand<br />

belegbarer Resultate, die einem externen Vergleich<br />

standhalten, sind die Basis der Handlungsabläufe. Dazu<br />

müssen auch medizin-ökonomische Rahmenbedingungen<br />

berücksichtigt werden. Eine enge Kooperation und<br />

der kontinuierliche Informationsaustausch mit den niedergelassenen<br />

dermatologischen und fachfremden Kollegen<br />

wird zum Beispiel durch regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen,<br />

die Interdisziplinäre Hauttumorkonferenz,<br />

Qualitätszirkel und ständige persönliche Kontakte<br />

im Einzelfall gesichert. So wird durch vor allem am Patienten<br />

orientierte, leitliniengerechte und innovative Behandlungsangebote<br />

zur nachhaltigen Verbesserung der Diagnostik<br />

und Therapie von Hauttumoren beigetragen. Dabei<br />

soll eine Verbesserung der Lebensqualität der Patienten<br />

und möglichst langfristig auch eine Senkung der<br />

Sterblichkeit erreicht werden. Eine aktive Rolle des Patienten<br />

bei der Entscheidungsfindung und Durchführung von<br />

Diagnostik und Therapie bei einer Hautkrebserkrankung<br />

wird ebenso angestrebt, wie die Integration von Angehörigen<br />

in diese Prozesse und damit die Stützung des psychosozialen<br />

Umfeldes. Über die Anwendung eines Qalitätsmanagementsystems<br />

wird gewährleistet, dass alle<br />

medizinischen, pflegerischen, therapeutischen, organisatorischen,<br />

kaufmännischen und technischen Tätigkeiten,<br />

die Auswirkungen auf die Qualität haben, geplant, gesteuert,<br />

überwacht und somit vertraglich vereinbarte Forderungen<br />

erfüllt werden.<br />

Struktur des HELIOS Hauttumorzentrums <strong>Erfurt</strong><br />

Leiter/Qualitätsmanagementbeauftragter (QMB): Prof. Dr. med. Rudolf A. Herbst<br />

Stellv. QMB/Qualitätsbeauftragte (QB) Med. Tumortherapie / Hauttumorsprechstunde:<br />

OÄ Dr. I. Kellner<br />

QB Operative Hauttumortherapie: OA Dr. Th. Ladwig<br />

QB Dermatohistologie: OÄ Dr. F. Weiße<br />

Zentrumskoordinatorin: Frau K. Perthes<br />

Hauptbehandlungspartner: Chirurgie, Dermatologie,<br />

Internistische Onkologie, Radiologie<br />

weitere Behandlungspartner (alphabetisch): Augenklinik, Dermatohistologie,<br />

Genetische Beratung, Gynäkologie, Hautfachärzte (in Niederlassung und<br />

anderen Kliniken), Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Klinikseelsorge,<br />

Labordiagnostik, Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, Nuklearmedizin,<br />

Neurochirurgie, Pathologie, Psychoonkologie, Radiochirurgie, Schmerztherapie<br />

und Palliativmedizin, Selbsthilfegruppe, Sozialdienst, Thoraxchirurgie,<br />

<strong>Tumorzentrum</strong>, Unfallchirurgie, Urologie<br />

Interdisziplinäre Hauttumorkonferenz<br />

Wöchentlich<br />

Teilnehmer: Hauptbehandlungspartner obligatorisch,<br />

fakultativ: weitere Behandlungspartner<br />

Demonstration Bildmaterial und Protokollierung der Therapieentscheidungen<br />

Zertifizierte Fortbildung der Thüringer Landesärztekammer<br />

Vorzustellende Patienten:<br />

Melanom: Problemfälle mit interdisziplinärer Fragestellung und ab Stadium IIIB<br />

Kutane Lymphome: Problemfälle mit interdisziplinärer Fragestellung und ab<br />

Stadium IB<br />

Andere maligne Hauttumoren (z.B. Merkelzellkarzinom, Sarkome): w.o.,<br />

unabhängig vom Stadium<br />

Maligne epitheliale Tumoren (BCC, SCC): Problemfälle mit interdisziplinärer<br />

Fragestellung<br />

Umfang der besprochenen Fälle in den fernmetastasierten Stadien:<br />

Erstzertifizierung > 30%, nach 3 Jahren > 50%<br />

Evaluation Therapiedurchführung/-empfehlung: Abweichungsrate:<br />

Erstzertifizierung < 40%, nach 3 Jahren < 30%<br />

Abb. 4<br />

Struktur HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong> und Interdisziplinäre<br />

Hauttumorkonferenz<br />

Abb. 5<br />

3.5 Interdisziplinäre Hauttumorkonferenz<br />

Doku der<br />

Planung<br />

Diagnostik/<br />

Therapie<br />

7<br />

Zusätzliche Diagnostik<br />

Erfassung der<br />

Patientendaten<br />

prä- u.<br />

posttherapeutisch<br />

2<br />

Eröffnung der IHTK<br />

3<br />

Besprechung der präu.<br />

posttherapeutischen<br />

Fälle<br />

4<br />

Demonstration d. Bildgebung,<br />

des klinischen<br />

Befunds, der Anamnese<br />

und Histologie<br />

5<br />

Diskussion und<br />

Therapievorschläge<br />

6<br />

Unklarer Befund?<br />

Hauttumorsprechstunde<br />

Stationsmanagement<br />

Ablaufschema der Interdisziplinären Hauttumorkonferenz<br />

(Auszug)<br />

Die formale Struktur des HELIOS Hauttumorzentrums <strong>Erfurt</strong><br />

ist in Abb. 4 tabellarisch dargestellt. Im Behandlungsablauf<br />

für den Patienten stellt die interdisziplinäre Hauttumorkonferenz<br />

(IHTK) das wesentliche integrierende Element<br />

in der Zusammenarbeit der verschiedenen Fachdisziplinen<br />

und anderen Kooperationspartner dar. Die<br />

teilnehmenden Fachdisziplinen sowie weitere Details zur<br />

IHTK sind Abb.4 bis Abb.6 zu entnehmen.<br />

Abb. 6 Interdisziplinäre Hauttumorkonferenz am 27.5.<strong>2009</strong><br />

Ja<br />

Die Angebote des Hauttumorzentrums lassen sich – in<br />

Abb.7 auszugsweise niedergelegt – gut anhand der Anforderungen<br />

im Erhebungsbogen für Hauttumorzentren<br />

darstellen.<br />

Hier kann die gewünschte Expertise eines zertifizierten<br />

Hauttumorzentrums mit Hilfe der angegebenen Leistungskennzahlen,<br />

die obligat im Sinne von Mindestmengenanforderungen<br />

zu erfüllen sind, nachvollzogen werden.<br />

Weiterhin sind eine Fülle weiterer Anforderungen an<br />

unterschiedliche Fachbereiche bzw. Kooperationspartner<br />

Nein<br />

8<br />

Therapieentscheidung<br />

und Dokumentation<br />

Therapieentscheidung<br />

Prä-/posttherapeutische<br />

Angaben<br />

u. interdisziplinäre<br />

Therapieaufklärung<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 5 ■


– auszugsweise – dargestellt. Die Erfassung dieser Kennzahlen<br />

ist nur durch die schon lange bestehende und jetzt<br />

nochmals deutlich intensivierte Zusammenarbeit mit dem<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V. möglich und stellt die zahlenmäßige<br />

Grundlage der Zertifizierung einerseits und des<br />

zukünftig obligat geforderten Ergebnisvergleichs<br />

(„benchmarking“) mit anderen Hauttumorzentren dar.<br />

Zugang zum HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong><br />

Zentraler Anlaufpunkt und häufigster Zugang zum<br />

HELIOS Hauttumorzentrum ist die Hauttumorsprechstunde,<br />

die auf Basis einer Ermächtigung durchgeführt wird.<br />

Eine Zuweisung mittels Überweisungsschein in die Hauttumorsprechstunde<br />

ist nur durch Hautfachärzte möglich.<br />

Darüber hinaus ist eine Vorstellung im HELIOS Hauttumorzentrum<br />

z.B. auf konsiliarischer Basis durch externe Kliniken<br />

und alle anderen Kooperationspartner möglich.<br />

Alle Patienten mit bereits bekannter Diagnose Melanom,<br />

kutanes Lymphom oder seltenen Hauttumoren werden<br />

unmittelbar in die Hauttumorsprechstunde vorgestellt,<br />

ebenso immunsupprimierte oder Patienten mit erblich bedingtem<br />

Hautkrebsrisiko. Patienten mit Verdacht auf bzw.<br />

zum Ausschluß Melanom oder mit epithelialen Hauttumoren<br />

bzw. Präkanzerosen werden ebenfalls primär in der<br />

Hauttumorsprechstunde gesehen.<br />

Vorstellung zur Hauttumorsprechstunde:<br />

Montag - Freitag 10.00 Uhr - 11.00 Uhr (ohne Termin, mit<br />

Wartezeit) und nach telefonischer oder persönlicher Terminvereinbarung<br />

Telefonische Terminvereinbarung: Montag - Freitag 13.00<br />

Uhr - 15.00 Uhr unter 0361/781-5017<br />

Notfalltelefon (über Station DER 2): Tel. 0361 / 781 – 5030<br />

Ausblick<br />

Die Zertifikatserteilung ist der gelungene Abschluss einer<br />

in sehr kurzer Zeit geleisteten Arbeitsanstrengung, die<br />

ohne die unkomplizierte, kontinuierliche, wohlwollende,<br />

flexible und angenehme Unterstützung und Zusammenarbeit<br />

aller Kooperationspartner nicht möglich gewesen<br />

wäre. Dennoch stellt das erreichte Zertifikat nur den ersten<br />

Schritt auf dem Weg eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses<br />

dar im Sinne von „…. nach dem Audit<br />

ist vor dem Audit…“, denn das erste Überwachungsaudit<br />

hat innerhalb maximal eines Jahres nach der Zertifikatserteilung<br />

zu erfolgen.<br />

Literatur<br />

(1) Beckmann, MW et al (2007) Onkologie Dreistufenmodell<br />

optimiert Behandlung unter Kostendeckung Wie<br />

die künftigen Strukturen der onkologischen Versorgung<br />

in Deutschland aussehen sollten. Dtsch Arztebl<br />

2007; 104(44): A-3004 / B-2644 / C-2562<br />

(2) http://www.krebsgesellschaft.de/wub_zertifizierte_<br />

zentren_info, 120896.html<br />

(3) Qualitätsmanagementhandbuch HELIOS Hauttumorzentrum<br />

<strong>Erfurt</strong>, Version: 1, November 2008, Freigabe:<br />

26.1.<strong>2009</strong><br />

(4) http://myhelios.helios-kliniken.de/mein-standort/fachabteilungen/helios-hauttumorzentrum-erfurt/<br />

oder http://www.helios-kliniken.de/klinik/erfurt/fachabteilungen/helios-hauttumorzentrum-erfurt.html<br />

Leistungskennzahlen<br />

Gesamtanzahl Fälle maligner epithelialer Tumoren (exklusive In-situ-Tumoren)<br />

pro Jahr<br />

Bei Erstzertifizierung: > 300 Patienten, nach 3 Jahren: > 400 Patienten<br />

Gesamtanzahl Fälle Melanom pro Jahr<br />

Bei Erstzertifizierung: > 150 Patienten, nach 3 Jahren: > 200 Patienten<br />

Gesamtanzahl Fälle kutane Lymphome und seltener, maligner Hauttumoren<br />

pro Jahr<br />

Bei Erstzertifizierung: > 15 Patienten, nach 3 Jahren: > 30 Patienten<br />

Weitere darzulegende Kennzahlen<br />

Anzahl der Lymphknotensonografien, Anzahl Therapieempfehlungen :<br />

Operative Therapie / Immuntherapie / Chemotherapie / Strahlentherapie /<br />

anderer Systemtherapien<br />

Hauttumorsprechstunde<br />

Information / Dialog mit Patient / Frequenz / Wartezeiten / Wiedervorstellung /<br />

Einhaltung Leitlinien<br />

Patientenbeteiligung<br />

Patienteninformation (allgemein und fallbezogen)/ Auswertung Patientenbefragungen<br />

/ Veranstaltungen für Patienten / Nachsorge<br />

Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten<br />

Kooperierende Einweiser / Einweiserzufriedenheitsermittlung / Arztbriefe /<br />

Rückmeldesystem / Fortbildungen<br />

Operatives Vorgehen – Hauttumorzentrum<br />

Aus- und Weiterbildung / operativ tätige Fachärzte am Hauttumorzentrum /<br />

Qualifikation Operateure / Exzision von Primärtumoren mit Sicherheitsabstand /<br />

Schildwächterlymphknoten-Exzisionen / Nachweis Detektionsrate / operative<br />

Fallzahlen im HTZ pro Jahr<br />

Metastasenchirurgie:<br />

Systematische Ausräumung der regionären LK-Stationen / Qualifikation Operateure<br />

/ viszerale Metastasenchirurgie / Neurochirurgie / operative Fallzahl<br />

Metastasenchirurgie<br />

Dermatohistologie und Pathologie<br />

Fachärzte / Qualifizierung (Fortbildung) / Externe Qualitätssicherung / dermatohistologische/pathologische<br />

Erfahrung / Lymphknoten (LK) / Aufbewahrungszeiten<br />

/ Prozesse in der Dermatohistologie/Pathologie / Pathologieberichte<br />

von Hauttumorpräparaten nach Leitlinie / Resektions-/Sicherheitsabstand<br />

Nuklearmedizin<br />

Fachärzte / Aus- und Weiterbildung / Qualitätszirkel / Schildwächterlymphkoten-<br />

Verfahren / Detektionsrate / Apparative Qualitätskontrolle / Leitlinien<br />

Radiologie<br />

CT/MRT / Fachärzte / Aus- und Weiterbildung / Qualitätszirkel / Perkutane Biopsien<br />

- Anzahl / Leitlinien<br />

Strahlentherapie<br />

Fachärzte / Technische Vorraussetzungen / Bestrahlungs-/ Spezialtechniken /<br />

Aus- und Weiterbildung / Qualitätszirkel / Nachsorge / Dokumentation Tumorkontrolle<br />

und Begleitreaktion / Apparative Qualitätskontrolle / Leitlinien /<br />

Patienteninformation<br />

Medizinische Tumortherapie (Dermatoonkologie, internistische Onkologie)<br />

Fachärzte Onkologie und Fachärzte Dermatologie mit Zusatzbezeichnung medikamentöse<br />

Tumortherapie / Aus- und Weiterbildung / Qualifikation Behandlungseinheit/-partner<br />

/ Chemotherapie ambulant/stationär / anzubietende Möglichkeiten<br />

nach aktuellem Wissenstand / Räumlichkeiten Chemotherapie / Leitlinien<br />

Psychosoziale und -onkologische Betreuung<br />

Supportive/palliative Therapie / Schmerztherapie<br />

Studien / Zuständigkeiten Studien / Study-Nurse / Patienten in klinischen Studien<br />

/ Wissenschaftliche Aktivitäten<br />

Tumordokumentation / Nachsorge / Ergebnisqualität / Benchmarking<br />

Abb. 7<br />

Leistungskennzahlen und Merkmale nach Erhebungsbogen<br />

für Hauttumorzentren (HTZ, auszugsweise)<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. med. Rudolf A. Herbst<br />

HELIOS Hauttumorzentrum <strong>Erfurt</strong>, Klinik für Hautkrankheiten<br />

und Allergologie<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Nordhäuser Str. 74 · 99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon 0361-781 4301<br />

e-Mail: rudolf.herbst@helios-kliniken.de<br />

■ Seite 6 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


■ Haarzell-Leukämie<br />

(HZL; Hairy cell leukemia, HCL)<br />

Michael Herold<br />

4. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Zusammenfassung<br />

Die Haarzell-Leukämie ist eine sehr seltene Entität der indolenten<br />

B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphome. Klinisch ist die<br />

Erkrankung charakterisiert durch eine ausgeprägte Splenomegalie<br />

und Panzytopenie bei fehlender Lymphadenopathie.<br />

Bei asymptomatischen Patienten ist eine „watch<br />

und wait“ Strategie gerechtfertigt. Cladribine (sc oder iv)<br />

ist das Therapeutikum der Wahl; mit einer einmaligen Behandlung<br />

kann bei der Mehrzahl der Patienten eine stabile<br />

hämatologische Remission erreicht werden.<br />

Definition/Morphologie/Genetik<br />

Tabelle 1<br />

Charakteristika von Haarzell-Leukämie und varianter HZL<br />

Haarzell-Leukämie (HZL)<br />

Peripheres Blutbild Panzytopenie Leukämie<br />

Variante HZL (HZLv)<br />

Zytomorphologie Ovale bis bohnenförmige, Runde bis ovale Kerne,<br />

ezentrische Kerne, breites deutliche Nukleolen,<br />

Zytoplasma<br />

schmales Zytoplasma<br />

Knochenmark- Markfibrose keine Fibrose<br />

histologie<br />

(punktio sicca)<br />

Zytochemie tartratresistente saure TRSP variable<br />

Phosphatase stark positiv<br />

Oberflächenantigene CD19+, CD20+, CD19+, CD20+,<br />

CD103+, CD25+ CD103+, CD25+<br />

Die Haarzell-Leukämie zählt entsprechend der WHO-Klassifikation<br />

[1] zu den peripheren (reifzelligen) B-Zell-Neoplasien,<br />

speziell zu den kleinzelligen Formen. Die so genannten<br />

Haarzellen sind größer als normale reife B-Lymphozyten,<br />

sie besitzen einen ovalären, z. T. gebuchteten,<br />

oft exzentrisch gelagerten chromatindichten Kern und ein<br />

weitläufiges grau-blaues Zytoplasma mit typischen “haarigen”<br />

Ausläufern. Diese Zytoplasmaprojektionen sind jedoch<br />

oft nur elektronenmikroskopisch gut zu erkennen.<br />

Nachweisbar sind die Haarzellen im Blut, allerdings oft nur<br />

in geringer Zahl, im Knochenmark und in der roten Pulpa<br />

der Milz; Infiltrationen in Lymphknoten und Leber sind<br />

eher selten, gelegentlich werden auch Hautinfiltrate beschrieben.<br />

Die Diagnosesicherung einer Haarzell-Leukämie<br />

erfolgt in aller Regel aus dem Knochenmarkbiopsat,<br />

die histologische Untersuchung ist auf Grund der begleitenden<br />

Retikulinfibrose erforderlich, beim Versuch der<br />

Knochenmarkaspiration bleibt es meist bei einer punctio<br />

sicca. Das typische histologische Bild im Knochenmark ist<br />

gekennzeichnet durch eine eher locker imponierende<br />

Haarzell-Infiltration, man spricht vom sog. “Spiegeleiphänomen”<br />

(abundanter Zytoplasmasaum um einen kompakten<br />

exzentrischen Kern), und die Retikulinfibrose. Ein<br />

vollgepacktes Mark, wie es bei der B-CLL häufig anzutreffen<br />

ist, findet man bei der HZL nur selten. Enzymzytoche<br />

misch sind die Haarzellen durch eine starke Positivität der<br />

tartratresistenten sauren Phosphatase gekennzeichnet.<br />

Das Antigenprofil der Zellen zeigt die typischen Marker<br />

der B-Zell-Reihe wie CD19, CD20, CD22 und CD79a. Sie<br />

sind negativ für CD5, CD10 und CD23. Stark positiv exprimiert<br />

werden CD25 (IL-2-Rezeptor), FMC7 und vor allem<br />

und typischerweise CD11c und CD103. Der letztgenannte<br />

Oberflächenmarker CD103 (HZL-Marker) in Kombination<br />

mit den anderen genannten B-Zell-Antigenen und der<br />

charakteristischen Morphologie hat die höchste Aussagekraft.<br />

Allerdings sind die spezifischsten Marker (CD103,<br />

CD11c) nur an vitalem Gewebe und an Gefrierschnitten<br />

nachweisbar, nicht am Paraffinschnitt. Bei der varianten<br />

Form der HZL [2] sind die Zellen größer und die Kerne zeigen<br />

einen deutlichen Nukleolus; der Oberflächenmarker<br />

CD25 fehlt und CD103 wird unterschiedlich stark exprimiert.<br />

Immunglobulin-Leicht- und Schwerketten-Gene sind bei<br />

der HZL umgelagert, die IgH-Gene enthalten somatische<br />

Mutationen, so dass von Post-Keimzentrums-B-Zellen als<br />

Ausgangszelle auszugehen ist. Spezifische zytogenetische<br />

Anomalien sind nicht beschrieben; etwa 50-75 % der HZL-<br />

Fälle zeigen eine Zyklin-D1-Überexpression, diese ist jedoch<br />

offenbar nicht mit einer t(11;14) oder einem BCL1<br />

Rearrangement assoziiert.<br />

Epidemiologie und klinisches Erscheinungsbild<br />

Die Haarzell-Leukämie zählt zu den sehr seltenen B-Zell-<br />

Neoplasien, die jährliche Neuerkrankungsrate liegt bei etwa<br />

0,6-1,5/Mio. Einwohner, d.h. man kann in Deutschland<br />

mit ca. 100 Neuerkrankungen pro Jahr rechnen. Das<br />

mediane Erkrankungsalter liegt zwischen 55-60 Jahren<br />

und es dominiert das männliche Geschlecht (5:1). Der Erkrankungsverlauf<br />

ist meist indolent und oft werden die<br />

Patienten durch Infektionen auffällig. In der Ära vor dem<br />

therapeutischen Einsatz der Nukleosidanaloga wurde die<br />

mediane Lebenserwartung mit etwa 4 Jahren angegeben.<br />

Mit Nukleosidanaloga beträgt die 5-Jahres Überlebensrate<br />

90-95 %. Der Verlauf kann im Einzelfall sehr variieren,<br />

ein Teil der Patienten (~10 %) benötigt über 10 und mehr<br />

Jahre keine Therapie.<br />

Das klinische Bild ist typischerweise gekennzeichnet durch<br />

eine Splenomegalie mit oder ohne Hepatomegalie und<br />

das Fehlen einer Lymphadenopathie. Bei der varianten<br />

Form der HZL finden sich häufiger auch Lymphknotenvergrößerungen,<br />

meist sind diese dann im Abdomen lokalisiert.<br />

Es können jedoch auch bei der typischen HZL im Erkrankungsverlauf<br />

Lymphome auftreten. Das periphere<br />

Blutbild zeigt eine Panzytopenie, mindestens eine Leukozytopenie.<br />

Oft zirkulieren dabei nur wenige Haarzellen im<br />

Blut, was die Diagnosestellung erschwert. Die HZL-Variante<br />

ist dagegen in der Regel leukämisch mit hohen Zellzahlen<br />

(> 10-20 Gpt/l) und zeigt auch keine Markfibrose.<br />

Weitere Symptome und Manifestationen der HZL sind mit<br />

der Panzytopenie assoziiert: eine Anämie mit ihrer klassischen<br />

klinischen Symptomatik, eine hämorrhagische Diathese<br />

als Folge der Thrombozytopenie und das Auftreten<br />

von Infektionen, einschließlich opportunistischer Infektionen,<br />

einerseits wegen der bestehenden Granulozytope-<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 7 ■


nie, andererseits auf Grund eines oft vorhandenen kombinierten<br />

Immundefekts. Gelegentlich finden sich auch<br />

begleitende Autoimmunphänomene (z.B. Vaskulitiden).<br />

Die Befundkonstellation Splenomegalie und Panzytopenie<br />

sollte immer Anlass sein, die Haarzell-Leukämie in die differentialdiagnostischen<br />

Erwägungen einzubeziehen.<br />

Zur Diagnosesicherung ist die Knochenmarkbiopsie die<br />

entscheidende Untersuchung. Die bildgebende Diagnostik<br />

steht im Gegensatz zu anderen Lymphomentitäten<br />

eher im Hintergrund. Die Oberbauch-Sonographie kann<br />

bei unsicherem klinischen Befund die Splenomegalie und<br />

ggf. vorhandene Lymphome objektivieren und CT-Untersuchungen<br />

sollten bei klinischer Indikation erfolgen. Im<br />

Gegensatz zu praktisch allen anderen Lymphomen wird<br />

bei der Haarzell-Leukämie weder eine anatomisch orientierte<br />

Stadieneinteilung vorgenommen, noch kommt ein<br />

Klassifikationssystem wie z.B. bei der primär ebenfalls generalisierten<br />

CLL (Rai; Binet) zum Einsatz. Dennoch sind<br />

die hämatologischen Parameter neben der klinischen<br />

Symptomatik und den möglicherweise vorhandenen<br />

krankheitsbedingten Komplikationen das entscheidende<br />

Kriterium für die Einleitung einer Therapie.<br />

Therapie<br />

Der klinische Verlauf der Haarzell-Leukämie ist ausgesprochen<br />

variabel und die Indikationsstellung zur Einleitung<br />

einer Chemotherapie muss deshalb individuell erfolgen.<br />

Ein Teil der Patienten bleibt asymptomatisch und benötigt<br />

über längere Zeit oder unter Umständen auch zu keinem<br />

Zeitpunkt eine Therapie. Ein weithin akzeptiertes Procedere<br />

[3] ist bei den asymptomatischen Patienten zunächst eine<br />

Beobachtung des Krankheitsverlaufs; kommt es zum<br />

Auftreten einer signifikanten hämatopoetischen Insuffizienz<br />

mit einer Anämie mit einem Hämoglobinwert<br />

< 6,25 mmol/l, Granulozyten < 1,0 Gpt/l und/oder<br />

Thrombozyten


Tabelle 2<br />

Charakteristika von Haarzell-Leukämie und varianter HZL<br />

Substanz Dosierung Bemerkungen<br />

2-CdA (Cladribin) 0,07 mg/kg/d x 7 civi Primärprogramm<br />

Literatur<br />

1. Foucar K, Catovsky D (2001): Hairy cell leukaemia. In:<br />

Tumours of Haematopoietic and Lymphoid Tissues;<br />

Eds.: Jaffe ES, Harris NL, Stein H, Vardiman JW; IARC<br />

Press Lyon; 138 -141<br />

2. Cawley JC, Burnst GF, Hayhoe FGJ (1980): A chronic<br />

lymphoproliferative disorder with distinctive features:<br />

A distinct variant of hairy-cell leukemia. Leuk Research<br />

4:547 – 559<br />

3. Mitrou PS (2001): Haarzell-Leukämie. In: Non-<br />

Hodgkin-Lymphome; Hrsg.: Mitrou PS; <strong>Tumorzentrum</strong><br />

Rhein-Main e.V., Frankfurt; 149 – 158<br />

4. Rafel M, Cervantes F, Beltran JM et al (2000): Deoxycoformycin<br />

in the treatment of patients with hairy cell<br />

leukemia. Results of the Spanish collaborative study of<br />

80 patients. Cancer 88: 352 – 357<br />

5. Piro LD, Carrera CJ, Carson DA et al (1990): Lasting remissions<br />

in hairy cell leukemia by a single infusion of<br />

2-Chlorodeoxyadenosine. N Engl J Med 322: 11117 –<br />

1121<br />

6. Saven A, Burian C, Koziol JA,Piro LD (1998): Long-term<br />

follow-up of patients with hairy cell leukemia after cladribine<br />

treatment. Blood 92: 1918 - 1926<br />

7. Nieva J, Bethel K, Saven A (2003): Phase II study of rituximab<br />

in the treatment of cladribine-failed patients<br />

with hairy cell leukemia. Blood 102:810 – 813<br />

8. Hagberg H, Lundholm L (2001): Rituximab, a chimeric<br />

monoclonal anti-CD20 antibody, in the treatment of<br />

hairy cell leukaemia, Br J Haematol 115: 609 – 611<br />

9. Thoma DA, O’Brien S, Bueso-Ramos C, et al. (2003): Rituximab<br />

in relapsed or refractory hairy cell leukaemia.<br />

Blood 102:3906 – 3911<br />

Korrespondenzadresse:<br />

0,1 mg/kg/d x 5 2h-Inf. gleiche Effektivität wie<br />

7-Tage-Infusion<br />

0,14 mg/kg/d x 5 sc. Standardprogramm<br />

Pentostatin 4-5 mg/m 2 KOF Therapie bis zum<br />

q 2 Wochen<br />

maximalen Ansprechen<br />

Interferon-alpha 2a/b 3x3 Mio. IE/Woche bis zum Progress, nach<br />

Eintritt der Remission<br />

Dosisreduktion möglich<br />

Prof. Dr. med. Michael Herold<br />

4. Medizinische Klinik<br />

Hämatologie, internistische Onkologie, Hämostaseologie<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Nordhäuser Str. 74<br />

99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon 0361-7812473<br />

e-Mail: michael.herold@helios-kliniken.de<br />

■ Abwarten – Bestrahlen – Operieren<br />

Zum aktuellen Erkenntnisstand bei<br />

der Behandlung von Akustikusneurinomen<br />

Bericht von der 1. Hauptsitzung des<br />

9. Kongresses der Europäischen Schädelbasisgesellschaft<br />

(ESBS / Rotterdam, 15.-18.04.<strong>2009</strong>)<br />

Steffen Rosahl<br />

Klinik für Neurochirurgie, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Der riesige Willem-Burger-Saal des „Doelen“ in Rotterdam<br />

ist gut gefüllt zur 1. Hauptsitzung des mehr als 600<br />

Teilnehmer anziehenden Europäischen Schädelbasiskongresses.<br />

Erasmus – Weltgestalt, Humanist und Namensgeber<br />

der Universität – hätte an dem regen internationalen<br />

Wissensaustausch in seiner Geburtsstadt sicher Freude<br />

gehabt.<br />

Schon Monate zuvor hatte ich mit meinem Co-Moderator<br />

Kees Graamans von der Universität Nijmegen die neuesten<br />

Publikationen zum Thema recherchiert und gemeinsam<br />

mit den Kongresspräsidenten vier Vertreter großer europäischer<br />

Zentren für Akustikusneurinome 1 als Podiumssprecher<br />

ausgewählt, um den Teilnehmern einen möglichst<br />

objektiven Eindruck von den derzeitigen medizinischen<br />

Optionen beim Management dieser Erkrankung zu<br />

vermitteln.<br />

Als erster berichtete Sven-Eric Stangerup (Gentofte Universität,<br />

Kopenhagen) über Untersuchungen zur Verbreitung<br />

und zum natürlichen, unbeeinflussten Verlauf der Erkrankung.<br />

Die beobachtete Inzidenzsteigerung über die<br />

letzten 26 Jahre (derzeit etwas mehr als 1/100.000 Einwohner<br />

pro Jahr) ist durch die großzügigere Anwendung<br />

der Kernspintomographie erklärlich (12). Interessant ist allerdings,<br />

dass sich das mittlere Alter der Patienten zum<br />

Zeitpunkt der Diagnose nicht verringert hat. Die Erklärung:<br />

Zunehmend wird auch bei Menschen im höheren<br />

Lebensalter ein MRT veranlasst (14). Prof. Stangerup<br />

konnte zeigen, dass über einen mittleren Beobachtungszeitraum<br />

von dreieinhalb Jahren 17% der intrakanalikulären<br />

und 29% der darüber hinaus in den Kleinhirnbrückenwinkel<br />

reichenden Tumoren gewachsen waren. Allerdings<br />

zeigte sich über einen Beobachtungszeitraum von 5 Jahren<br />

schon bei 45% der Tumoren im inneren Gehörgang eine<br />

Größenzunahme (1). Alter, Geschlecht und genaue Lokalisation<br />

im inneren Gehörgang des Tumors spielten dabei<br />

keine Rolle.<br />

Bei einem abwartenden Verhalten („Wait&Scan“-Management)<br />

über 10 Jahre verloren 45% der Patienten ihr<br />

1 Obwohl man inzwischen weiß, dass der Tumor nicht vom Hörnerv sondern<br />

fast ausnahmslos vom Gleichgewichtsnerv ausgeht, hat sich der<br />

Terminus „Akustikusneurinom“ international gegenüber „Vestibularisschwannom“<br />

gehalten.<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 9 ■


funktionelles Hörvermögen auf der betroffenen Seite (13)<br />

– deutlich mehr als bei einem aktiven Vorgehen mit hörerhaltender<br />

Mikrochirurgie oder Radiochirurgie. Die dänische<br />

Gruppe empfiehlt daher eine Behandlung auch kleiner<br />

Tumoren, wenn ein Tumorwachstum nachgewiesen<br />

und eine realistische Chance zur hörerhaltenden Behandlung<br />

gegeben ist. Unabhängig vom Ergebnis der Behandlung<br />

bereut die Mehrheit der über 1000 befragten Patientin<br />

nicht die Wahl der Behandlungsmodalität (Radiochirurgie<br />

oder Mikrochirurgie), wenn sie in diese Entscheidung<br />

mit einbezogen wurden (15).<br />

Die Haukeland Universität in Bergen behandelt oder beobachtet<br />

nahezu alle norwegischen Patienten mit Akustikusneurinomen.<br />

Die dortige Gruppe aus Ärzten und Wissenschaftlern<br />

widmet sich vor allem dem Thema der Lebensqualität<br />

der Patienten mit oder ohne Behandlung. Per<br />

Møller berichtete, dass in den Händen seines Teams die<br />

mikrochirurgische und radiochirurgische Behandlung kleiner<br />

und mittelgroßer Tumoren (


isschwannomen übernimmt, über alle Optionen der Behandlung<br />

bzw. Beobachtung auch verfügen, um nicht eine<br />

Schräglage bei der Beratung der Patienten zu erzeugen.<br />

Zweitens bedarf es auch an diesen Behandlungszentren<br />

erfahrener, talentierter und gut ausgebildeter Behandler,<br />

d.h. allein die Proklamierung eines Zentrums<br />

macht dieses noch nicht zu einer guten Behandlungseinrichtung.<br />

Ganz entscheidend ist in jedem Fall die Erfassung und ehrliche<br />

Analyse der Ergebnisse aller drei Strategien (also<br />

auch bei nicht behandelten Patienten) in jedem einzelnen<br />

Zentrum.<br />

Was würde Erasmus dazu sagen? „Die Tugend des Behandlers<br />

erst verhilft dem Patienten zu einem freien Willen“.<br />

Human(ismus) ist, was dem Patienten nützt.<br />

Literatur:<br />

1. Caye-Thomasen P, Hansen S, Dethloff T, Stangerup SE,<br />

Thomsen J. Sublocalization and volumetric growth<br />

pattern of intracanalicular vestibular schwannomas.<br />

Laryngoscope 116: 1131-5, 2006.<br />

2. Gharabaghi A, Koerbel A, Samii A, Kaminsky J, von<br />

Goesseln H, Tatagiba M, Samii M. The impact of hypotension<br />

due to the trigeminocardiac reflex on auditory<br />

function in vestibular schwannoma surgery.<br />

J Neurosurg 104: 369-75, 2006.<br />

3. Gharabaghi A, Samii A, Koerbel A, Rosahl SK, Tatagiba<br />

M, Samii M. Preservation of function in vestibular<br />

schwannoma surgery. Neurosurgery 60: ONS124-<br />

ONS127, 2007.<br />

4. Koerbel A, Gharabaghi A, Safavi-Abbasi S, Tatagiba<br />

M, Samii M. Evolution of vestibular schwannoma surgery:<br />

the long journey to current success. Neurosurg<br />

Focus 18: e10, 2005.<br />

5. Myrseth E, Moller P, Pedersen PH, Lund-Johansen M.<br />

Vestibular schwannoma: Surgery or gamma knife radiosurgery?<br />

A prospective, nonrandomized study.<br />

Neurosurgery <strong>2009</strong>.<br />

6. Myrseth E, Moller P, Pedersen PH, Lund-Johansen M.<br />

Vestibular schwannoma: Surgery or gamma knife radiosurgery?<br />

A prospective, nonrandomized study.<br />

Neurosurgery <strong>2009</strong>.<br />

7. Myrseth E, Moller P, Pedersen PH, Vassbotn FS, Wentzel-Larsen<br />

T, Lund-Johansen M. Vestibular schwannomas:<br />

clinical results and quality of life after microsurgery<br />

or gamma knife radiosurgery. Neurosurgery 56:<br />

927-35, 2005.<br />

8. Myrseth E, Moller P, Wentzel-Larsen T, Goplen F, Lund-<br />

Johansen M. Untreated vestibular schwannomas: vertigo<br />

is a powerful predictor for health-related quality<br />

of life. Neurosurgery 59: 67-76, 2006.<br />

9. Myrseth E, Pedersen PH, Moller P, Lund-Johansen M.<br />

Treatment of vestibular schwannomas. Why, when<br />

and how? Acta Neurochir (Wien ) 149: 647-60, 2007.<br />

10. Rowe JG, Radatz MW, Walton L, Hampshire A, Seaman<br />

S, Kemeny AA. Gamma knife stereotactic radiosurgery<br />

for unilateral acoustic neuromas. J Neurol<br />

Neurosurg Psychiatry 74: 1536-42, 2003.<br />

11. Rowe JG, Radatz MW, Walton L, Kemeny AA.<br />

Changing utilization of stereotactic radiosurgery in<br />

the UK: the Sheffield experience. Br J Neurosurg 16:<br />

477-82, 2002.<br />

12. Stangerup SE, Caye-Thomasen P, Tos M, Thomsen J.<br />

The natural history of vestibular schwannoma. Otol<br />

Neurotol 27: 547-52, 2006.<br />

13. Stangerup SE, Caye-Thomasen P, Tos M, Thomsen J.<br />

Change in hearing during 'wait and scan' management<br />

of patients with vestibular schwannoma. J Laryngol<br />

Otol 122: 673-81, 2008.<br />

14. Stangerup SE, Tos M, Caye-Thomasen P, Tos T, Klokker<br />

M, Thomsen J. Increasing annual incidence of vestibular<br />

schwannoma and age at diagnosis. J Laryngol<br />

Otol 118: 622-7, 2004.<br />

15. Tos T, Caye-Thomasen P, Stangerup SE, Tos M, Thomsen<br />

J. Patients' fears, expectations and satisfaction in<br />

relation to management of vestibular schwannoma:<br />

a comparison of surgery and observation. Acta Otolaryngol<br />

123: 600-5, 2003.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. med. Steffen Rosahl<br />

Klinik für Neurochirurgie<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Nordhäuser Straße 74<br />

99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon 0361 781 2261<br />

e-Mail: steffen.rosahl@helios-kliniken.de<br />

■ Stellenwert der Tumornachsorge<br />

bei Kopf-Hals-Tumoren<br />

Kai Fritzsche, Dirk Eßer<br />

Klinik für HNO-Heilkunde, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

In Zeiten steigender Neuerkrankungszahlen bösartiger Tumoren<br />

wächst die Bedeutung der onkologischen Nachsorge.<br />

Dennoch wird immer wieder die Frage gestellt, ob die<br />

Tumornachsorge notwendig ist und von den Patienten gewünscht<br />

wird.<br />

Im Jahre 2000 wurden allein in Thüringen 381 Patienten<br />

mit einem neu diagnostizierten Tumor im Kopf-Hals-Bereich<br />

registriert. 145 dieser neu erkrankten Patienten sowie<br />

48 Patienten mit einem neu entdeckten Tumorrezidiv<br />

wurden allein am HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong> behandelt. Im<br />

Jahre 2006 gab es in Thüringen bereits 460 Patienten mit<br />

einer malignen Neuerkrankung im Kopf-Hals-Bereich.<br />

Bei den etwa 500 Patienten mit einem Malignom im Kopf-<br />

Hals-Bereich, die insgesamt jährlich am HELIOS Klinikum<br />

<strong>Erfurt</strong> betreut werden, tritt in ca. 30 % der Fälle ein Rezidiv<br />

und in 8 % der Fälle ein Zeittumor auf. Für diese Patienten<br />

wurde ein Dispensaire eingerichtet. Ziel war und<br />

ist, die Lokalbefunde zu kontrollieren und auf die Bedürfnisse<br />

und Wünsche der Patienten einzugehen.<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 11 ■


Eine Tumornachsorge sollte aus drei Säulen bestehen:<br />

1. Kontrolle des Lokalbefundes und der primären<br />

Lymphabflusswege<br />

2. frühzeitiges Erkennen von lokoregionären Rezidiven<br />

und Zweittumoren/ Metastasen<br />

3. Behandlung von Folgezuständen und Bahnung der<br />

Rehabilitation, wozu gehören:<br />

• Einleitung einer suffizienten Schmerztherapie<br />

• Beantragen einer Anschlussheilbehandlung und<br />

der Rehabilitation<br />

• Einleiten und Sicherstellen der häuslichen Pflege,<br />

vor allem die intensive Pflege der PEG und<br />

des Tracheostomas<br />

• Beantragen von Heil- und Hilfsmitteln<br />

• Einleitung einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit<br />

• Herstellen des Kontakts zu entsprechenden<br />

Selbsthilfegruppen.<br />

Ein Nachsorgeteam sollte aus dem Hausarzt, dem ambulanten<br />

HNO-Arzt, erfahrenen Klinikern und Radiotherapeuten,<br />

einem Psychologen und dem Phoniater, aber auch<br />

aus weiteren Therapeuten (Physiotherapeuten und Logopäden),<br />

Sozialarbeitern und dem zuständigen <strong>Tumorzentrum</strong><br />

bestehen.<br />

An unserer Klinik werden die Patienten 5 Jahre lang in der<br />

Tumornachsorge betreut. Bei benignen Tumoren wird die<br />

Kontrolle halb- bis einjährlich durchgeführt. Bei malignen<br />

Tumoren werden die Patienten im ersten und zweiten Jahr<br />

alle 3 Monate und im 3. bis 5. Jahr jedes halbe Jahr kontrolliert.<br />

In Abhängigkeit vom Tumorbefund, beispielsweise<br />

bei einem CUP-Syndrom, werden auch individuelle Kontrollintervalle<br />

vergeben. Die Kontrolluntersuchungen sollten<br />

in den Händen erfahrener Kliniker und Radiotherapeuten<br />

verbleiben. Der Untersuchungsumfang bei einem<br />

Kontrolltermin umfasst die Anamnese, die klinische Untersuchung,<br />

ggf. eine Lupenlaryngoskopie mit einer Videostroboskopie<br />

und ggf. einer flexiblen Endoskopie. Bei jedem<br />

Kontrolltermin wird an unserer Klinik eine Sonografieuntersuchung<br />

des Halses durchgeführt. Mit Hilfe der<br />

Sonografie steht dem Arzt ein sehr schnelles und preiswertes<br />

Diagnostikum zur Verfügung. Röntgen-Thorax-<br />

Aufnahmen werden jährlich empfohlen. Je nach Sichtbarkeit<br />

und Kontrollmöglichkeit des lokalen Tumorareals werden<br />

im Vorfeld CT- oder MRT-Untersuchungen notwendig.<br />

Eine CT-Untersuchung wird z. B. bei einem malignen Prozess<br />

der Nase und der Nasennebenhöhlen, eine MRT-Untersuchung<br />

z. B. bei einem Oropharynxkarzinom empfohlen.<br />

Ein Re-Staging wird abhängig vom Patienten und<br />

dessen Befund ca. 6-8 Wochen nach der initialen Therapie<br />

oder bei Verdacht auf ein Rezidiv durchgeführt. Die<br />

maximale Nutzung der diagnostischen Möglichkeiten ist<br />

nicht immer sinnvoll und hilfreich. Der Untersuchungsumfang<br />

muss kritisch hinterfragt werden. Zu überlegen ist,<br />

ob dem Patienten mit der zur Verfügung stehenden Diagnostik<br />

geholfen werden kann. Weiterhin ist zu entscheiden,<br />

ob das Ergebnis der Diagnostik die Gesamtprognose<br />

noch entscheidend beeinflussen kann. In jedem Fall<br />

muss die Indikation klar gestellt werden.<br />

In Studien konnte gezeigt werden, dass durch engmaschigere<br />

und aufwendigere Kontrollen zum Diagnostizieren<br />

von Rezidiven und/oder Metastasen und/oder Zweittumoren<br />

keine Verbesserung der Gesamtprognose und der 5-<br />

Jahresüberlebenswahrscheinlichkeit zu erreichen ist.<br />

Wichtig ist es, die Lebensqualität des Patienten zu berücksichtigen.<br />

Eine entsprechende Diagnostik kann zur Erkennung<br />

von Beschwerdeursachen und die sich anschließende<br />

Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.<br />

Für Patienten ist die Tumornachsorge nicht nur für<br />

die Kontrolle des Befundes von großer Bedeutung, sondern<br />

sie ermöglicht auch die Klärung offener Fragen und<br />

Probleme und sie dient der Beratung, meistens im Beisein<br />

der Angehörigen.<br />

Die Tumorsprechstunde wird von vielen Patienten als feste<br />

Institution gewünscht. Nur so kann ein Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Arzt und Patienten aufgebaut werden.<br />

Aus diesem Grunde stellen sich die Patienten auch nach<br />

Ablauf von 5 Jahren immer wieder zur Kontrolle in dieser<br />

Sprechstunde vor. Zu bedenken ist allerdings, dass durch<br />

zu häufige Kontrollen auch eine große Belastung für die<br />

Patienten entstehen und ein falsches Sicherheitsgefühl<br />

bei ihnen hervorgerufen werden kann. Nicht zu unterschätzen<br />

ist der psychische Belastung, unter der die Patienten<br />

vor allem in den Tagen vor der Untersuchung stehen.<br />

Mitunter stellen auch die mit einem weiten Anfahrtsweg<br />

zur Klinik verbundenen Kosten ein Hindernis für die<br />

Nachsorge dar. Aus diesen Gründen sind die enge Zusammenarbeit<br />

innerhalb des Nachsorgeteams und die ambulanten<br />

Kontrollen sehr wichtig.<br />

Zusammenfassung<br />

Die onkologische Nachsorge hat einen hohen Stellenwert<br />

in der Betreuung von Patienten mit neoplastischen Erkrankungen.<br />

Die Qualität der Nachsorge hängt stark von der<br />

Kooperation des Nachsorgeteams und den Erfahrungen<br />

der einzelnen Mitglieder des Teams ab. Auf die Wünsche<br />

und Fragen des Patienten sollte intensiv und gründlich mit<br />

dem dazu notwendigen Zeitaufwand eingegangen werden.<br />

Die Kontrollintervalle, die notwendige Diagnostik sowie<br />

der diagnostische Umfang sind immer individuell auf<br />

den Patienten und dessen Erkrankung abzustimmen, kritisch<br />

zu hinterfragen und klar zu indizieren. Die Prognose<br />

und die 5-Jahresüberlebenswahrscheinlichkeit lassen sich<br />

durch aufwendige und intensive Diagnostik und Therapie<br />

nicht signifikant verbessern.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Kai Fritzsche<br />

Klinik für HNO-Heilkunde<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Nordhäuser Straße 74<br />

99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon 0361-7812101<br />

e-Mail: kai.fritzsche@helios-kliniken.de<br />

■ Seite 12 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


■ „Zwischen Evidenz und Empathie –<br />

Dilemma oder Chance für die<br />

Palliativmedizin“<br />

Aus dem Einführungsvortrag zum 5. Palliativmedizinischen<br />

Symposium am<br />

20.6.<strong>2009</strong> in Bad Berka<br />

Christina Müller<br />

Klinik für Palliativmedizin, Zentralklinik Bad Berka<br />

Im Mittelpunkt des 5. Palliativmedizinischen Symposiums<br />

stehen die beiden Begriffe Evidenz und Empathie in Bezug<br />

auf palliativmedizinisches Handeln.<br />

Gibt es einerseits die Vorstellungen, dass auf Palliativstationen<br />

medizinische Maßnahmen durch menschliche Zuwendung<br />

in einem schön gestalteten Ambiente ersetzt<br />

werden, so existiert andererseits der Vorwurf, dass Palliativmedizin<br />

eine Medikalisierung des Sterbens sei.<br />

Seit der Eröffnung der Klinik für Palliativmedizin am<br />

01.07.04 bis zum 31.05.<strong>2009</strong> wurden 1901 Patienten behandelt,<br />

von denen 1200 wieder entlassen werden konnten,<br />

davon 775 in die eigene Häuslichkeit. 692 Patienten<br />

verstarben, manchmal nach mehrmaligem stationären<br />

Aufenthalt, auf der Palliativstation. 150 Patienten wurden<br />

in einer epidemiologischen Untersuchung (HOPE = Hospiz-<br />

und Palliativerhebung) erfasst; 6 Patienten sind im<br />

Rahmen einer kontrollierten Studie behandelt worden.<br />

Diese Zahlen verdeutlichen den Erfahrungshintergrund,<br />

auf dem zum einen der Spannungsbogen und zum anderen<br />

das Spannungsfeld palliativmedizinischer Tätigkeit<br />

unter dem Aspekt Evidenz und Empathie einführend skizziert<br />

werden.<br />

Anhand von zwei Patientenbeispielen wird der Spannungsbogen<br />

beschrieben, der palliativmedizinisches Handeln<br />

umfasst. Er reicht von der Diagnostik bisher nicht erkannter<br />

oder fehlinterpretierter kurativ zu behandelnder<br />

Krankheitsbilder, im konkreten Fall eine cerebrale Vaskulitis<br />

bei Sharp-Syndrom, die als fortgeschrittene Tumorerkrankung<br />

fehlgedeutet war, bis hin zum Sterbebeistand<br />

und der damit verbundenen kompetenten Angehörigenbetreuung<br />

bei fortgeschrittener Tumorerkrankung in der<br />

Finalphase.<br />

Das Spannungsfeld, auf dem sich Palliativarzt und Palliativteam<br />

bewegen, wird im Rahmen des Symposiums mit<br />

Hilfe einer Zitatensammlung abgesteckt, von denen nur<br />

einige wenige stellvertretend hier aufgeführt werden sollen:<br />

Palliativmedizin ist<br />

– „... ein Ansatz, mit dem die Lebensqualität der Patienten<br />

und ihrer Familien verbessert werden soll,<br />

wenn sie mit einer lebensbedrohlichen Krankheit<br />

und den damit verbundenen Problemen konfrontiert<br />

sind. Dies soll durch Vorsorge und Linderung<br />

von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen und fehlerlose<br />

Erfassung und Behandlung von Schmerzen<br />

und anderen physischen, psychosozialen und spirituellen<br />

Problemen erfolgen.“ (WHO 2002)<br />

– „eigentlich Tavor® und Zuwendung“ (Krankenschwester<br />

auf einer Palliativstation)<br />

– „...vor allem eine Haltung...“ (H. Melching, Ärztezeitung,<br />

15.04.<strong>2009</strong>)<br />

_ „...ein Versuch der Ärzte, das Monopol über das<br />

Sterben zurück zu erobern. Die Hospizarbeit enthält<br />

wohl das überzeugendere Potenzial für einen<br />

guten Umgang mit dem Leiden und dem Sterben.<br />

Sie sollte angesichts der bestehenden Strömungen<br />

wachsam sein, um Kolonialisierungsbestrebungen,<br />

insbesondere von Seiten der Medizin, entgegen zu<br />

wirken...“ (S. Pleschberger, Diplompflegewirtin,<br />

Dissertation 2004).<br />

So unterschiedlich kann die Sicht auf palliativmedizinisches<br />

Arbeiten sein.<br />

Patienten kommen mit ganz anderen Erwartungen, wie<br />

folgende Zitate belegen:<br />

– „...aber ich will nicht sterben... bitte, bitte. Ich will<br />

leben! Ich will noch ganz lange leben, ich hab noch<br />

ganz viel zu tun, ich will noch ganz, ganz viel auf<br />

der Erde tun...“ (Chr. Schlingensief, „So schön wie<br />

hier kann’s im Himmel gar nicht sein“, Tagebuch einer<br />

Krebserkrankung, Kiepenheuer & Witsch,<br />

<strong>2009</strong>), oder vom gleichen Autor<br />

– „Ich habe die Wunde der Welt berührt, die Wunde<br />

des Leben-Wollens und Sterben-Müssens....“<br />

Christoph Schlingensief artikuliert das, was palliativmedizinischer<br />

Alltag ist. Der abgeklärte Patient, der „lebenssatt<br />

und in Würde und gut symptomkontrolliert“ sterben<br />

möchte, stellt eine Rarität dar. Die Mehrzahl der Patienten,<br />

auch auf Palliativstationen, kämpft um jeden Lebenstag.<br />

– „Vor jeglicher palliativmedizinischer Behandlung<br />

steht logisch wie zeitlich eine Entscheidung. Diese<br />

Entscheidung ist einer besonderen wissenschaftlichen<br />

und philosophischen Aufmerksamkeit wert,<br />

die ihr im deutschsprachigen Diskurs bislang nicht<br />

gegeben wird. Auch ’Grenzsituationen’ sind nicht<br />

einfach objektiv vorfindbar, sondern sie müssen<br />

identifiziert werden.“ (K. Wekamp, Hochschule für<br />

angewandte Wissenschaften Hamburg, Entscheidungshilfen<br />

in Grenzsituationen, 6. Kongress der<br />

DGP 2006 Hamburg)<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 13 ■


– „Um im Gesundheitssystem akzeptiert zu werden,<br />

muss sich ein neuer Fachbereich wie die Palliativmedizin<br />

der klinischen Forschung stellen. Die Effektivität<br />

der Therapieverfahren muss in klinischen<br />

Studien nachgewiesen werden.“ (L. Radbruch,<br />

Lehrbuch der Palliativmedizin).<br />

Wie in jedem Sektor der klinischen Medizin gestaltet auch<br />

der Jurist das Spannungsfeld wesentlich mit:<br />

– „Genau wie die Einleitung einer medizinischen<br />

Maßnahme hat auch deren Beendigung oder<br />

Nichteinleitung zwei Legitimationssäulen:<br />

1. die medizinische Indikation,<br />

2. die Zustimmung des Patienten.<br />

Ausnahme ist nur der begonnene Sterbeprozess.“<br />

(G. Duttge, Strafrechtler, Universität Göttingen,<br />

BGH Urteil 2003)<br />

– „Wann aber ist eine therapeutische Maßnahme als<br />

„sinnlos“ zu bezeichnen? Nimmt man die Selbstbestimmungsrechte<br />

des Patienten und die Achtung<br />

pluralistischer Werte ernst, so sind weder der Sinn<br />

einer Therapie noch die Bewertung von Lebensverlängerung<br />

standardisierbar!“ (Albisser Schleger H<br />

et al., „Futility“ – Übertherapie am Lebensende?,<br />

Zeitschrift für Palliativmedizin 2008, 9)<br />

Das abschließende Zitat ist ein Fazit und leitet zu den Vorträgen<br />

über:<br />

„Auch wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch vieles zu<br />

tun und manches zu lassen. Man muss viel wissen, um<br />

wenig zu tun!“<br />

(Runge M. 1997 – Geriatrische Rehabilitation im therapeutischen<br />

Team)<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. med. Christina Müller<br />

Zentralklinik Bad Berka GmbH<br />

Klinik für Palliativmedizin<br />

Robert-Koch-Allee 9<br />

99437 Bad Berka<br />

Telefon 036458-51901<br />

Telefax 036458-53526<br />

e-Mail sek.pal@zentralklinik-bad-berka.de<br />

■ Der Mensch – Maß aller Dinge?<br />

Zwischen forschungs- und individualitätszentrierter<br />

Herangehensweise<br />

in der Medizin<br />

Vortrag auf dem Symposium „Zwischen Evidenz<br />

und Empathie – Dilemma oder Chance<br />

für die Palliativmedizin“ am 20. Juni <strong>2009</strong> in<br />

Bad Berka<br />

Eberhard Tiefensee<br />

Lehrstuhl für Philosophie, Katholisch-Theologische<br />

Fakultät, Universität <strong>Erfurt</strong><br />

1. Das Problem der „Einfühlung“<br />

Wenn die Ärztin ans Krankenbett tritt, erwartet der Patient,<br />

dass ihr Interesse ihm selbst und seiner persönlichen<br />

Heilung oder der Linderung seiner Not gilt. Er erwartet<br />

nicht eine Wissenschaftlerin, deren Intention eher auf den<br />

medizinischen Fortschritt gerichtet ist und die ihn als einen<br />

Krankheitsfall oder sogar als Versuchsperson betrachtet.<br />

Andererseits erwartet er aber nicht nur Anteilnahme,<br />

sondern eine Behandlung auf höchstem medizinischem<br />

Niveau, um dessen Zustandekommen er sich zumeist wenig<br />

Gedanken macht. Es resultiert nämlich aus der Betrachtung<br />

vieler gleichgelagerter Fälle, die letztlich in der<br />

Anonymität verschwinden. Die Ärztin wiederum ist natürlich<br />

zunächst und vor allem für den individuellen Patienten<br />

da, aber als akademisch ausgebildete Vertreterin ihrer<br />

Zunft weiß sie auch um die Verpflichtung, dem medizinischen<br />

Fortschritt und so indirekt vielen Anderen zu dienen.<br />

Zwei Perspektiven stehen sich hier also gegenüber:<br />

der Dienst an der einzelnen kranken Person einerseits, der<br />

Dienst an der Wissenschaft andererseits; ein individuelles<br />

Vorgehen, das auf empathischer Erkenntnis beruht, auf<br />

der einen Seite, ein experimentell-kuratives Vorgehen, das<br />

auf aus langer Forschung, umfangreichen Datensammlungen<br />

und vielfältigen Therapieversuchen gewonnener<br />

naturwissenschaftlicher Evidenz basiert, auf der anderen<br />

Seite.<br />

Der Philosoph wird zunächst darauf hinweisen, dass der<br />

populäre Begriff der Empathie in dieser Auseinandersetzung<br />

aus zwei Gründen wenig hilfreich ist. Er ist erstens<br />

philosophisch, zweitens emotional hoch aufgeladen.<br />

1. Der Ausdruck „empathy“ wurde von dem englischen<br />

Psychologen Edward B. Titchener Ende des 19. Jahrhunderts<br />

als Übersetzung des deutschen Begriffs „Einfühlung“<br />

in Amerika eingeführt und kam also wie vieles andere<br />

auf dem Umweg über die USA nach Deutschland zurück<br />

(vgl. Schloßberger 2005, 60). Hinter dem deutschen<br />

Wort Einfühlung, das interessanterweise kaum mehr verwendet<br />

wird (weshalb von Empathie die Rede ist) und das<br />

ursprünglich aus der romantischen Ästhetik kommt, steht<br />

eine reichhaltige Auseinandersetzung besonders in der<br />

damaligen phänomenologischen Philosophie, an der sich<br />

so große Geister wie Edmund Husserl, Edith Stein und<br />

Max Scheler beteiligt haben und die bis in die heutige Zeit<br />

■ Seite 14 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


eicht: Es geht um eine für die Sozialität des Menschen<br />

grundlegende Fähigkeit, nicht nur zu erkennen, dass er<br />

ein lebendiges, mit Gefühlen und Bewusstsein ausgestattetes<br />

Gegenüber vor sich hat, sondern dieses auf unmittelbare<br />

Weise wahrzunehmen. Ein typisches Beispiel findet<br />

sich am Anfang von Edith Steins Dissertation „Zum<br />

Problem der Einfühlung"“ (1917): „Ein Freund tritt zu mir<br />

herein und erzählt mir, dass er seinen Bruder verloren hat,<br />

und ich gewahre seinen Schmerz. Was ist das für ein Gewahren?<br />

… Nicht auf welchen Wegen ich dazu gelange,<br />

sondern was es selbst, das Gewahren, ist, das möchte ich<br />

wissen.“ (Stein 2008, 14) Einfühlung ist also die Erfahrung<br />

eines anderen / fremden Ich, wobei alle drei Elemente<br />

wichtig sind: Erfahrung bzw. Erleben, Andersheit bzw.<br />

Fremdheit und personales Ich. Einfühlung darf deshalb<br />

nicht mit nachahmender Gefühlsansteckung verwechselt<br />

werden (ich beginne auch zu weinen, weil ich jemanden<br />

weinen sehe – manchmal auch als Mitleid bezeichnet),<br />

weil das nicht mehr das Erleben eines anderen Ich, sondern<br />

nur eine Selbst-Erfahrung wäre. Sie ist auch etwas<br />

anderes als das ästhetische Einfühlen (das, wie gesagt, an<br />

der Wiege dieses Begriffs stand), bei dem ein an sich lebloses<br />

Kunstwerk durch den Betrachter sozusagen per<br />

Übertragung beseelt wird (ein entsprechend bearbeiteter<br />

Marmorblock erscheint als Frauengestalt), weil sich in diesem<br />

Fall kein von vornherein „beseeltes“ Ich auf der anderen<br />

Seite befindet: Ich projiziere aber nicht meine<br />

Schmerzerfahrung in den Freund, der im Zimmer steht,<br />

sondern nehme seinen Schmerz wahr. Einfühlung ist auch<br />

kein Analogieschluss (ich sehe einen anderen das Gesicht<br />

verziehen und schließe von meiner eigenen Erfahrung mit<br />

solchen Gesichtsausdrücken darauf, dass er jetzt Schmerzen<br />

hat), weil es sich dann um einen logischen Vorgang –<br />

dem Schluss von der fremden Körperreaktion auf das<br />

fremde Seelenleben – handelte, aber nicht um eine Erfahrung<br />

des anderen Ich. Das Gewahrwerden des Schmerzes<br />

des Anderen ist eben nicht die Feststellung: „So wie er<br />

aussieht, wird er wohl Schmerzen erleiden.“ Wie ein solches<br />

Miterfassen der Empfindungsschicht des anderen<br />

möglich und erklärbar ist, wo uns doch per äußerer Wahrnehmung<br />

nur die körperliche Komponente erreichbar<br />

scheint, das ist eine philosophisch spannende Frage. Es ist<br />

klar, dass hier besonders die Rolle im Visier ist, welche das<br />

mit „Einfühlung“ Bezeichnete für den Menschen als ein<br />

soziales Wesen spielt, wie es also zu Intersubjektivität und<br />

Zwischenmenschlichkeit kommen kann. Wahrscheinlich<br />

ist die Einfühlung sogar die notwendige Bedingung dafür,<br />

dass ich mich selbst überhaupt als ein Ich im Unterschied<br />

zum anderen Ich wahrnehme: Subjektivität wächst aus Intersubjektivität.<br />

So reizvoll eine weitere Debatte wäre, sie<br />

würde uns vermutlich vom eigentlichen Thema wegführen.<br />

2. Problematisch ist das Wort „Empathie“ aus einem zweiten<br />

Grund: Die Diskussion kann hier sehr rasch unsachlich<br />

werden, wie ein kurzer Blick auf das Wortfeld zeigt. Empathie<br />

wird assoziiert mit: „einfühlen, mitfühlen, mitgehen,<br />

verstehen, gefühlvoll, teilnehmend, anteilnehmend,<br />

innig, warm, taktvoll, rücksichtsvoll, herzlich, empfindsam,<br />

sensibel für den anderen, höflich, eingehen, zuwenden,<br />

in die Lage des anderen versetzen, behutsam, vorsichtig,<br />

diplomatisch“. Das gegensätzliche Wortfeld beinhaltet:<br />

„direkt, brutal, taktlos, gefühllos, distanziert, kalt,<br />

unhöflich, verständnislos, egoistisch, Trampel, roh,<br />

plump, dreist, dumm, unsensibel, ohne / kein Mitgefühl,<br />

keine Anteilnahme” (Sponsel <strong>2009</strong>). Empathie liegt wortfeldmäßig<br />

nahe an Sympathie. Der distanzierte Wissenschaftler,<br />

ja schon der nüchtern diagnostizierende Arzt<br />

wären also von vornherein als unsympathisch deklassiert.<br />

Ich konzentriere mich im Folgenden auf das, was ich aus<br />

meiner Perspektive als die eigentliche Frage im Tagungsthema<br />

ansehe: Wie ist eine forschungszentrierte Herangehensweise<br />

an den Patienten mit einer individuumszentrierten<br />

Herangehensweise vereinbar? Ich werde darauf<br />

keine Antwort geben können, aber vielleicht sind einige<br />

Klärungen möglich, die der Diskussion weiterhelfen.<br />

2. Ein Hinweis aus der Antike: Der Homo-mensura-<br />

Satz des Protagoras<br />

Zuweilen kann ein Rückblick auf unsere kulturellen Wurzeln<br />

erhellend sein. Von dem griechischen Sophisten Protagoras<br />

(5. Jh. v. Chr.) stammt ein Satz, der bis heute Streit<br />

auslöst: „Aller Dinge Maß ist der Mensch, der seienden,<br />

dass (wie?) sie sind, der nicht seienden, dass (wie?) sie<br />

nicht sind.“ Wir wissen weder, in welchem Zusammenhang<br />

dieser sogenannte Homo-mensura-Satz ursprünglich<br />

gestanden hat, noch wie er von Protagoras gemeint<br />

war, weil wir nur wenige Zitatfetzen aus seinen Werken<br />

haben – deshalb die unendlichen Diskussionen über diesen<br />

Ausspruch von Platon, der ihn als erster zitierte, bis<br />

heute. Der Salzburger Philosoph Gerhard Zecha hat folgende<br />

Interpretationsvarianten des Satzes durchgespielt:<br />

‘„Mensch’ kann heißen: der Einzelmensch; eine Gesellschaft<br />

[oder Kultur, E.T.] oder Gruppe; alle Menschen (die<br />

leben, je gelebt haben und noch leben werden), d.h.<br />

Mensch als Universalbegriff; ‘ist das Maß’ kann heißen ‘ist<br />

das Kriterium’, ‘nimmt wahr’, ‘beurteilt’; ‘Dinge’ kann sich<br />

beziehen auf: die Gegenstände der sinnlichen Wahrnehmung;<br />

die Gegenstände der inneren Wahrnehmung; Werte<br />

(z.B. auf epistemische Werte wie ‘wahr’ und ‘falsch’; auf<br />

sittliche Werte wie ‘gut’ oder ‘böse’; auf ästhetische Werte<br />

wie ‘schön’ oder ‘hässlich’; auf ontologische Werte wie<br />

‘seiend’ oder ‘nicht-seiend’).“ Rechnet man alle Deutungsvarianten<br />

zusammen, kommt man auf 3 x 3 x 6 = 54 Möglichkeiten,<br />

die sich noch verdoppeln, wenn man den Satz<br />

einmal deskriptiv (beschreibend) versteht („Der Mensch ist<br />

…“), ein andermal normativ (vorschreibend) („Der<br />

Mensch soll sein …“). Weitere Möglichkeiten kämen hinzu,<br />

wenn man sich darum streitet, ob es richtig „dass“<br />

oder „wie“ heißt (das griechische Original lässt beide<br />

Übersetzungen zu) – und auch das dürften noch nicht alle<br />

sein. Zecha gibt zu, dass „nicht alle stimmig oder überhaupt<br />

sinnvoll erscheinen“, aber auch so bleiben noch Interpretationsvarianten<br />

für etliche wissenschaftliche Tagungen<br />

übrig (Zecha 2000, 20).<br />

Das müsste uns nicht weiter beunruhigen, wird aber sogleich<br />

interessant, wenn für „der Mensch ist das Maß“<br />

eingesetzt wird: „der Patient ist das Maß“. Dann wird zumindest<br />

der Streit um die ersten drei Varianten verständlich:<br />

Ist der einzelne Patient (im Unterschied zu allen anderen)<br />

gemeint? Die Patienten als Gruppe (im Unterschied<br />

zu den Gesunden)? Oder doch die Menschheit (und damit<br />

der medizinische Fortschritt als solcher)?<br />

Dass eine solche Konkretisierung möglich ist, geht aus einem<br />

interessanten Hinweis hervor, den ein anderer Salzburger<br />

zum Verständnis des fraglichen Satzes geliefert<br />

hat. Der Philologe Jürgen Dalfen stieß nämlich auf eine<br />

medizinische Schrift mit dem Titel „Über die alte Medizin“,<br />

die sich im sogenannten Corpus Hippocraticum befindet<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 14 ■


und deren Verfasser (möglicherweise Hippokrates selbst)<br />

offenbar von Protagoras und seinem Homo-mensura-Satz<br />

beeinflusst war. Die Basiserfahrung der medizinischen<br />

Kunst und Wissenschaft sei nämlich: Nicht alles gilt für jeden<br />

gleich. Nahrung und Lebensweise sind anders für Tiere<br />

zuträglich als für Menschen. Also gilt schon einmal,<br />

dass die Menschheit generell ein Maß für jede medizinische<br />

Intervention ist. (Man denke an die begrenzte Übertragbarkeit<br />

von Tierexperimenten auf die Humanmedizin.)<br />

Außerdem gilt für Kranke nicht dasselbe wie für Gesunde,<br />

so dass also auch die Interpretationsvariante denkbar<br />

ist, dass bestimmte Gruppen von Menschen im<br />

Unterschied zu anderen Gruppen das Maß sind. Die jeweiligen<br />

Kranken sind also das Maß, das der Arzt in seiner Behandlung<br />

anzulegen hat, nicht der gesunde Mensch. Aber<br />

auch diese Interpretation (Mensch als Gruppe) ist nicht<br />

präzise genug; letztlich bezieht sich der Satz auf den Einzelmenschen.<br />

Das gesuchte Maß kann dann aber nicht in rein quantitativen<br />

Größen wie Zahlen und Gewichten bestehen, die alles<br />

mit allem vergleichbar machen, sondern das Maß ist<br />

„die Wahrnehmung des Körpers“. Mit Wahrnehmung ist<br />

zweierlei gemeint: Zunächst einmal, wie der Körper in seiner<br />

Gesamtheit die Therapie annimmt (und in diesem Sinne<br />

wahrnimmt) („Wahrnehmung des Körpers“ als genitivus<br />

subiectivus). Zum zweiten die Reaktion, die er zeigt<br />

und die der Arzt für eine effektive Therapie wahrnehmen<br />

muss (genitivus obiectivus). In die Sprache des Protagoras<br />

übersetzt, hieße die Regel dieser alten medizinischen<br />

Schrift: „Der Therapie Maß ist die Wahrnehmung des Körpers.“<br />

Oder: „An der Wahrnehmung des Körpers wird die<br />

(Exaktheit der) Therapie gemessen.“ Man kann also den<br />

Homo-mensura-Satz so interpretieren: „Alle Dinge werden<br />

am Menschen gemessen“ (Dalfen 2004).<br />

Hier tut sich ein weiter Horizont auf, in den sich die Diskussion<br />

dieser Tagung stellen ließe: Jede Art von Pädagogik<br />

muss den Einsatz der Mittel am Menschen messen. Um<br />

Charles Latein beizubringen, reicht es nicht aus, Latein zu<br />

können, ich muss auch Charles kennen. Auch Werbung<br />

funktioniert nach dem Prinzip „Alle Dinge werden am<br />

Menschen gemessen“, oder anders gesagt: Der Wurm<br />

muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Also ist der<br />

umworbene Kunde das Maß und nicht die empirisch gestützte<br />

Vorgabe eines Werbe-Experten. Und wir alle kennen<br />

die Klagen der Politiker nach einer verlorenen Wahl,<br />

dass es ihnen offensichtlich nicht gelungen sei, ihre Programme<br />

richtig verständlich zu machen: Der Wähler ist<br />

das Maß, an dem sich die Wahlpropaganda messen muss.<br />

Die in unserem Zusammenhang entscheidende Erkenntnis<br />

aus dieser Deutung des Homo-mensura-Satzes ist nun: Regeln<br />

zu befolgen ist angesichts der Komplexität dessen,<br />

womit er zu tun hat, für den Arzt nicht ausreichend. Es ist<br />

eine höhere Präzision erforderlich, als ein Regelwerk zu<br />

bieten hat, weshalb sie auch schwer zu erreichen ist. Das<br />

unterscheidet genau den erfahrenen vom unerfahrenen<br />

Arzt und genau darin besteht also die ärztliche Kunst: Regelgeleitet,<br />

aber nicht regelfixiert tätig zu sein. Der Einsatz<br />

von Therapien und Medikamenten ist letztlich nicht daran<br />

zu messen, ob er regelgerecht erfolgte, sondern ob er<br />

dem Patienten genützt hat: Er ist das Maß, an dem gemessen<br />

wird.<br />

Spätestens hier ist aber eine Korrektur erforderlich: Maß<br />

kann nicht nur die Wahrnehmung des Körpers sein, denn<br />

schließlich handelt es sich hier nicht einfach um ein räumliches<br />

Gebilde wie z.B. einen Steinblock, den ein Bildhauer<br />

bearbeitet und dabei nach jedem Schlag abschätzt, ob<br />

die erreichte Veränderung seinen Vorstellungen vom zukünftigen<br />

Kunstwerk entspricht. Maß ist in unserem Fall<br />

die Wahrnehmung einer Person in ihrer biopsychosozialen<br />

Gesamtheit. Aber damit gehen die Probleme eigentlich<br />

erst los: Wahrnehmung der Person als Maß für therapeutische<br />

Intervention heißt ja dann nicht nur, dass sich<br />

auf der Patientenseite ein Körper verändert, sondern wir<br />

haben hier ein anderes / fremdes Ich mit je eigener Perspektive,<br />

eigener Geschichte, eigenen Erfahrungshorizonten<br />

und vielleicht sogar eigenem kulturellen Hintergrund<br />

vor uns, ein selbständiges „Akt-Zentrum“ (Max Scheler),<br />

das nicht nur reagiert, sondern agiert. Damit sind wir also<br />

nolens volens doch wieder beim Thema „Einfühlung als<br />

Erfahrung eines anderen / fremden Ich“ angekommen.<br />

Wird dieser Konstellation eine auf Empathie beruhende<br />

Herangehensweise gerechter als eine evidenzbasierte Medizin?<br />

3. Evidenz gegen Empathie: Naturwissenschaft gegen<br />

Geisteswissenschaft<br />

Mit Evidenz ist in unserem Zusammenhang eine auf naturwissenschaftliche<br />

Weise gewonnene Einsicht gemeint<br />

(der philosophische Begriff weicht davon ab). Um genauer<br />

zu verstehen, wie diese funktioniert, ist die Erinnerung<br />

an einen jahrhundertealten Konflikt hilfreich – den zwischen<br />

Natur- und Geisteswissenschaften. Er kam etwa zur<br />

gleichen Zeit auf, in dem auch der Begriff der „Einfühlung“<br />

seine philosophische Karriere begann, also in der<br />

zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wie er ausgegangen<br />

ist, kann man daran ermessen, dass mit Wissenschaft gegenwärtig<br />

fast durchgängig Naturwissenschaft assoziiert<br />

wird. Das typisch deutsche Wort „Geisteswissenschaften“<br />

für ihr Gegenstück ist eine Übersetzung des englischen<br />

„moral sciences“ oder „humanities“ (durch Johannes<br />

Schiel 1849). Heute wird stattdessen gern von Kulturwissenschaften<br />

gesprochen. Die Bezeichnungen suggerieren,<br />

diese Wissenschaften würden sich mit anderen Objekten<br />

befassen als die Naturwissenschaften: mit Menschen<br />

(„humanities“), mit Kulturen u. a. geistigen Gegenständen.<br />

Das kann aber nicht ganz richtig sein, denn auch die<br />

Naturwissenschaften haben den Menschen zum Thema.<br />

Ein Kulturgut wie die „Mona Lisa“ kann auch naturwissenschaftlich<br />

untersucht werden (z.B. durch Röntgenanalyse).<br />

Und die heutigen Studierenden in der Psychologie, die<br />

man im Blick auf deren Objekt als Geisteswissenschaft im<br />

wahrsten Sinne des Wortes bezeichnen müsste, pauken<br />

am Anfang erst einmal Methoden der Statistik (was nicht<br />

wenige von ihnen irritiert). Umgekehrt ist, was eigentlich<br />

"Natur" sei, eine typisch geisteswissenschaftliche Frage.<br />

Wo liegt dann aber der Unterschied? Nicht im Gegenstandsbereich,<br />

sondern – so hat die Diskussion damals ergeben<br />

– im Blickwinkel und in der Absicht, mit denen an<br />

die jeweiligen Objekte oder Ereignisse herangegangen<br />

wird. Da es sich beide Male um Wissenschaft handelt,<br />

geht es um die nachvollziehbare Herstellung von Zusammenhängen.<br />

Der entscheidende Unterschied ist aber, dass<br />

die Naturwissenschaften subordinierend (unterordnend)<br />

arbeiten, die anderen koordinierend (zuordnend). Das<br />

heißt, die Naturwissenschaften ordnen das Einzelne (Objekt,<br />

Ereignis etc.) einem Allgemeinen (Regel, Gesetz,<br />

■ Seite 16 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


Theorie) unter. Als Ergebnis der wissenschaftlichen Bemühungen<br />

sollen Sätze wie „Alle …“, „Immer wenn …, dann<br />

…“ stehen; diese sind das eigentliche Ziel. Das Einzelne ist<br />

nur als zu zählende und prinzipiell wiederholbare Größe<br />

(z.B. für die Statistik oder das Experiment), als exemplarische<br />

Illustration bzw. als untergeordneter, ableitbarer<br />

Spezial- oder Anwendungsfall interessant. Wilhelm Windelband<br />

(1894) nannte diese Vorgehensweise "nomothetisch"<br />

(Gesetze aufstellend), sein Schüler Heinrich Rickert<br />

(1899) „generalisierend“. Die anderen Wissenschaften<br />

würden dagegen „ideografisch“ (das Besondere kennzeichnend)<br />

bzw. „individualisierend“ vorgehen. Sie werten<br />

also das Einzelne anders: Wieder wird es in einen Zusammenhang<br />

gebracht, aber nicht als Spezialfall, der sich<br />

einem Allgemeinen unterordnet, sondern in einen Rahmen,<br />

welcher die Einmaligkeit und Besonderheit, die qualitativ<br />

bestimmte Individualität (als Persönlichkeit, als ästhetisches<br />

Objekt, als historisches Ereignis) präzisiert und<br />

fassbarer macht. Am Ende der Bemühung stehen also<br />

diesmal nicht Regelwerke und Gesetzesaussagen, sondern<br />

angemessene Zuordnungen in einem größeren (historischen,<br />

kulturellen) Kontext.<br />

Dasselbe wissenschaftliche Untersuchungsobjekt kann also<br />

ganz verschieden erscheinen, je nachdem, durch welche<br />

Brille und mit welcher Absicht es angeschaut wird: Eine<br />

Demonstration nach einer Präsidentenwahl (wie derzeit<br />

im Iran) kann für den Beobachter mit generalisierendem<br />

Interesse (z.B. einen empirischen Soziologen)<br />

gruppendynamische Gesetzmäßigkeiten sichtbar machen,<br />

die er dann in allgemeine Hypothesen gießt, welche<br />

sich an anderen Gruppen bestätigen oder widerlegen lassen.<br />

Das konkrete Ereignis ist für ihn zweitrangig, es dient<br />

ihm als Mittel für seine allgemeine Erkenntnis. Wer dagegen<br />

mit individualisierendem Interesse auftritt (wie z.B.<br />

ein Historiker), wird sich fragen, was diese konkrete Demonstration<br />

charakterisiert, er wird ihre Besonderheit und<br />

ihre Folgen aus historischen oder kulturellen Zusammenhängen<br />

zu verstehen suchen, auf bestimmte Personen<br />

und Konstellationen verweisen – die Gesetzmäßigkeiten,<br />

welche der andere Beobachter gefunden hat, sind für ihn<br />

von nur zweitrangigem Interesse, nämlich insofern sie<br />

ihm Mittel anbieten, dieses Ereignis in seiner Eigenart zu<br />

erfassen. Der naturwissenschaftlich orientierte Beobachter<br />

sucht das Wiederholbare, der andere das Einmalige,<br />

und während jener Prognosen wagt, wird sich der andere<br />

hier eher zurückhalten.<br />

Auch wenn sich nun die einzelnen Wissenschaften nicht<br />

einfach diesen beiden Kategorien zuordnen lassen (Ist die<br />

Astronomie z.B. eine Naturwissenschaft oder eine historische<br />

Wissenschaft? Wie sieht es mit der Evolutionsbiologie<br />

aus, die keine Prognosen erstellt?), so ist diese Gegenüberstellung<br />

vielleicht hilfreich, das Unbehagen bestimmter<br />

Kreise an einer evidenzbasierten Medizin zu präzisieren.<br />

Sie ist offensichtlich der naturwissenschaftlichen<br />

Perspektive zugeneigt. Notwendigerweise wird von der<br />

speziellen Qualität, der Individualität des Einzelnen abgesehen,<br />

er wird auf das Wiederholbare und so Auswechselbare<br />

reduziert, ist nur noch von statistischer Relevanz oder<br />

bestenfalls ein interessantes „Beispiel für …“. Er wird<br />

letztlich zu einem „Fall von …“, der dem Allgemeinen untergeordnet<br />

ist. Nicht die Heilung dieses Menschen und<br />

seine Not stehen im Vordergrund, sondern zunächst einmal<br />

das Gewinnen wissenschaftlicher, d.h. naturwissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse und erst indirekt die Heilung,<br />

aber dann anderer Menschen, die in die gleiche Kategorie<br />

„fallen“. Gesucht wird das ihnen Gemeinsame, das für<br />

diese Kategorie Charakteristische, nicht das, was den Einzelnen<br />

von allen anderen unterscheidet. Würde es dagegen<br />

in erster Linie um das Erkennen dieses konkreten<br />

Menschen und um seine Heilung oder die Linderung seiner<br />

Not gehen, würden andere Verfahren Vorrang erhalten.<br />

Ziel wäre es dann, ihn in seiner Individualität möglichst<br />

genau und umfassend wahrzunehmen, indem dafür<br />

geeignete, spezielle Zusammenhänge rekonstruiert<br />

werden, z.B. durch eine ausführliche Anamnese, durch<br />

lange und eingehende Gespräche, die seine private Situation<br />

profilieren, durch gezieltes Achten auf Signale, die<br />

nicht den üblichen Erwartungen entsprechen etc. Und<br />

das Ganze nicht mit dem vorrangigen Ziel allgemein anwendbarer<br />

Erkenntnis, sondern der konkreten Heilung<br />

oder der Linderung der konkreten Not. Es dürfte keine Frage<br />

sein, dass die erstgenannte, naturwissenschaftliche<br />

Perspektive distanzierter, objektiver erscheint, während<br />

die zweite Zielsetzung näher am Krankenbett und an denen<br />

ist, die jeweils darin liegen.<br />

4. Immanuel Kants Unterscheidung von Sachen und<br />

Personen<br />

Das Unbehagen an der naturwissenschaftlichen Herangehensweise<br />

resultiert aber nicht nur aus deren verallgemeinernder<br />

Perspektive, sondern aus dem Gefühl, dass sie<br />

letztlich am Menschsein überhaupt vorbeigeht, indem sie<br />

es auf etwas Miteinander-Vergleichbares reduziert. Mit<br />

anderen Worten: Die evidenzgestützten Verfahren der Erkenntnisgewinnung<br />

und die Anwendung ihrer Ergebnisse<br />

funktionieren nur mit einer gewissen Inhumanität.<br />

Oder noch einmal anders gesagt: Es entsteht der Verdacht,<br />

dass heutzutage medizinische Erfolge nur jemand<br />

erzielen und sich auf diese Weise human verhalten kann,<br />

der mindestens zwischenzeitlich den Menschen nicht als<br />

Menschen behandelt – und dagegen sträubt sich begreiflicherweise<br />

das moralische Bewusstsein.<br />

Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen (vgl. Nr. 2/2007<br />

dieser Zeitschrift), verweise ich als Erklärung für dieses Unbehagen<br />

zunächst auf Kants entscheidende Einsicht, wie<br />

Personen von Sachen zu unterscheiden sind: Der Unterschied<br />

besteht darin, dass man Personen – anders als Sachen<br />

– nie bloß als Mittel zum Zweck verwenden darf. Sie<br />

sind, so sagt er, immer auch Zweck an sich, d.h. sie haben<br />

einen Wert in sich. Ein Hammer ist ein Schlagwerkzeug –<br />

Mittel zum Zweck, eine Sache, deren Wert sich an dieser<br />

Funktion bemisst. Natürlich kann ich auch einen Menschen<br />

instrumentalisieren, und wir tun es öfter, aber er ist<br />

eben nicht nur Mittel zum Zweck. Irgendwie muss also bei<br />

der ganzen Verwendung auch etwas für ihn herausspringen,<br />

er selbst muss auch ein Ziel sein, verdient meine Achtung,<br />

meine Anerkennung. Deswegen bitte ich den, der<br />

mir die Zeitung aus dem Briefkasten holt, und bedanke<br />

mich beim Handwerker – bei einem Roboter fiele mir das<br />

wahrscheinlich nicht ein, es sei denn, ich behandelte ihn<br />

wie einen Menschen. Der Unterschied zwischen Sachen<br />

und Personen besteht also darin: Sachen darf ich nötigenfalls<br />

restlos instrumentalisieren, um ein Ziel zu erreichen,<br />

bei Personen darf ich das nicht. Das hat eminent etwas mit<br />

Menschenwürde und Persönlichkeitsrechten zu tun.<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 17 ■


5. Kann man Aussagen über den Menschen verallgemeinern?<br />

Gehen wir – leider kontrafaktisch – davon aus, dass der als<br />

Wissenschaftler ans Krankenbett herantretende Mediziner<br />

sein Gegenüber nicht nur wie ein sachliches Untersuchungsobjekt<br />

wahrnimmt, das er für die medizinische Einsicht<br />

verzweckt, sondern als personales Gegenüber, das<br />

mit Würde und Rechten ausgestattet ist und mit dem er<br />

nicht einfach experimentieren darf wie mit einem Sachobjekt.<br />

(Dies wahrzunehmen, braucht wiederum „Einfühlung“,<br />

nämlich Erfahrung des anderen / fremden Ich als eines<br />

solchen.) Dann bleibt trotzdem noch ein Problem:<br />

Kann die Erkenntnis, die er an diesem konkreten Gegenüber<br />

gewinnt, verallgemeinert und auf andere Menschen<br />

übertragen werden?<br />

Die lange Geschichte medizinischer Forschung zeigt, dass<br />

das funktioniert – aber bei genauer Betrachtung um den<br />

Preis, dass die Individualität der Person ausgeblendet werden<br />

muss. Dass eine Therapie bei dem Patienten X ebenso<br />

anschlägt wie beim Patienten Y, beruht auf einer bestimmten<br />

Gleichheit beider – z.B. ihrer körperlichen Verfasstheit.<br />

Dass beide unverwechselbar sind, spielt dabei<br />

keine entscheidende Rolle – im Gegenteil: Dies allzu sehr<br />

in Anschlag zu bringen, würde nur das Vergleichsverfahren<br />

stören. Die Gleichheit in der körperlichen Verfasstheit,<br />

auf die sich der Erfolg der evidenzbasierten Medizin gründet,<br />

ist aber sozusagen nur das Animalische am Menschen,<br />

etwas anderes aber ist es, was den Menschen zum<br />

Menschen und zu einer Person macht, nämlich seine wesentliche<br />

(!) Verschiedenheit von allen anderen Menschen.<br />

Dieses Paradox wird in der Aussage zusammengefasst,<br />

dass Einheit und Verschiedenheit im Falle des Menschseins<br />

(aber wahrscheinlich nicht nur dort) direkt proportional<br />

sind: Jeder bzw. jede ist umso mehr Mensch (Einheit), je<br />

mehr er bzw. sie anders ist als alle anderen (Verschiedenheit).<br />

Was genau und jeweilig konkret diese Verschiedenheit<br />

ist, kann nicht angemessen ausgesagt werden, weil<br />

sich unsere Sprache in Begriffen bewegt, die – wie das<br />

Wort richtig assoziiert – Verschiedenes „zusammengreifen“,<br />

indem sie das Gemeinsame herausheben. „Individuum<br />

est ineffabile“ (das Individuum ist nicht aussagbar),<br />

sagte folgerichtig die scholastische Philosophie. Deshalb<br />

geben wir dem Anderen einen Namen und akzeptieren<br />

ihn so als Menschen, und deshalb ist in bestimmten Situationen,<br />

z.B. bei existentiellen Entscheidungen, das Individuum<br />

unaustauschbar und auch letztlich undurchschaubar<br />

– sich selbst und anderen.<br />

Die direkte Proportionalität von Einheit und Verschiedenheit<br />

im Falle des Menschseins kann durch das Beispiel der<br />

eineiigen Zwillinge illustriert werden. Ihr Auftreten löst<br />

immer wieder Neugier und Erstaunen aus – in manchen<br />

Kulturen (z.B. Lateinamerikas) aber auch Entsetzen, so<br />

dass einer der Zwillinge dort nicht selten getötet wurde.<br />

Irgendwie entsteht der Eindruck, es gehe hier nicht mit<br />

rechten Dingen zu, dass zwei Menschen sich ähneln "wie<br />

ein Ei dem anderen". Bei Eiern hätten wir nämlich kein Problem,<br />

ihre Ununterscheidbarkeit zu akzeptieren, im Gegenteil:<br />

Ist die Verschiedenheit zu stark wahrnehmbar,<br />

wird das fragliche Exemplar aussortiert; eine weiße Billardkugel<br />

hat unter Hühnereiern nichts zu suchen. Hier besteht<br />

also eine indirekte (!) Proportionalität von Einheit<br />

und Verschiedenheit: Je größer die Verschiedenheit, desto<br />

geringer die Einheit und damit die Zuordnung zum entsprechenden<br />

Begriff. Treten aber zwei Menschen auf, die<br />

sich völlig gleichen, kommt eine Beunruhigung auf, die<br />

sich verstärken würde, wenn es drei, zehn oder hundert<br />

gleich aussehende Exemplare wären (die uns vielleicht eines<br />

Tages die Technik des Klonens beschert). „Das können<br />

doch keine Menschen sein“, vermuten wir spontan. Im<br />

Hintergrund steht der Umkehrschluss: Je weniger Verschiedenheit,<br />

desto weniger Menschsein. Verschiedenheit<br />

gehört also zum Wesen des (allen gemeinsamen) Menschseins<br />

und ist nicht nur eine oberflächliche Abweichung<br />

von einer Norm wie im Fall der ansonsten „im Wesentlichen“<br />

gleichen Eier. Das dürfte auch der Grund sein, warum<br />

Institutionen (und vor allem Diktaturen) Menschen<br />

gern in Uniformen sehen. Sie werden durch dieses Gleichmachen<br />

weniger Mensch. Sie treten dann als Funktionen<br />

auf und werden auf ihre Rolle reduziert – möglicherweise<br />

sogar in dieser Funktion komplett instrumentalisiert und<br />

austauschbar: als Soldat, als Firmenangestellter, vielleicht<br />

auch als Arzt, aber nicht als Frau X und Herr Y, die sie in<br />

Wahrheit sind: als Mensch, als Person. Im Extremfall erhalten<br />

sie nur noch eine Karteikarte oder eine Nummer und<br />

haben keinen Namen mehr.<br />

Noch einmal andersherum illustriert: Wir definieren zwar<br />

das Menschsein, „den Menschen“ aufgrund der Gemeinsamkeiten<br />

aller Exemplare, die unter diesen Begriff fallen,<br />

und ziehen aus dieser Beschreibung die notwendigen<br />

Konsequenzen für den Einzelnen: „Wenn alle Menschen<br />

sterblich sind und Sokrates ein Mensch ist, dann ist Sokrates<br />

sterblich.“ Bei näherem Hinsehen funktioniert das aber<br />

nur, wenn etwas herausgestellt wird, das nicht allzu nahe<br />

am spezifisch Menschlichen liegt: Sterblichkeit haben wir<br />

mit Tieren und Pflanzen gemeinsam. Schon der Schluss<br />

„Wenn alle Menschen vernunftbegabt sind (animal rationale)<br />

und Peter ein Mensch ist, dann ist Peter vernunftbegabt“,<br />

stimmt nicht mehr: bei Säuglingen, Komapatienten,<br />

Alzheimerkranken oder schwer geistig Behinderten.<br />

Konsequenterweise müsste man jetzt entweder solchen<br />

Exemplaren das Menschsein absprechen, um die erste<br />

Prämisse, den All-Satz, beibehalten zu können. Das ist immer<br />

mal wieder vorgeschlagen, aber mit guten Gründen<br />

auch vehement abgelehnt worden. Oder man gibt die erste<br />

Prämisse auf. Das wird ebenfalls kaum Akzeptanz finden,<br />

denn eine solche Korrektur träfe nun das, was das<br />

Menschsein eigentlich ausmacht (Vernunftbegabung,<br />

Sprachlichkeit, Verantwortungsfähigkeit etc.) und nicht<br />

zuletzt unsere Gattungsbezeichnung als „Homo sapiens“.<br />

Es ist also offenbar im Falle der Charakteristika, die den<br />

Menschen zum Menschen machen, nicht so einfach, mit<br />

Verallgemeinerungen zu arbeiten und daraus richtige<br />

Schlüsse zu ziehen.<br />

Zurück zu unseren Schwierigkeiten mit einer forschungsoder<br />

individuumszentrierten Herangehensweise: Für eine<br />

evidenzbasierte Medizin hätte unsere Überlegung die Folge,<br />

dass sich Untersuchungsergebnisse und therapeutische<br />

Verfahren eigentlich nur von einem eineiigen Zwilling<br />

auf den anderen übertragen ließen, in allen anderen Fällen<br />

aber nur mit Abstrichen (so ähnlich wie bei der<br />

Gauß'schen Glockenkurve der Wahrscheinlichkeitsverteilung),<br />

nämlich insofern man den Patienten auf etwas reduziert,<br />

was er mit möglichst vielen anderen gemeinsam<br />

hat. Sobald aber die Individualität stärker in Anschlag gebracht<br />

werden muss – und das ist eigentlich notwendig,<br />

wenn ich das Gegenüber nicht nur als Fall, sondern als Per-<br />

■ Seite 18 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


son ansehe –, also schon bei der Einbeziehung der jeweiligen<br />

psychischen Verfasstheit, der jeweiligen Biographie<br />

oder des jeweiligen sozialen und kulturellen Umfeldes in<br />

das Krankheitsgeschehen, gerät das evidenzbasierte Verfahren<br />

möglicherweise an Grenzen, die sich immer dort<br />

bemerkbar machen, wo die naturwissenschaftliche Herangehensweise<br />

wegen Unangemessenheit versagt: Der<br />

Mensch ist eben letztlich nicht ein „Fall von …“, sondern<br />

ein unaussagbares und insofern auch undurchschaubares<br />

Individuum, m.a.W. ein Geheimnis.<br />

Denn sogar im Fall der eineiigen Zwillinge scheint ein evidenzbasiertes<br />

Verfahren an Grenzen zu kommen, d.h. die<br />

Übertragbarkeit der Erkenntnisse von einem auf den anderen<br />

ist begrenzt. Wenn ich als Nichtmediziner einem Artikel<br />

in der WELT ONLINE vom 7. Juni 2007 trauen darf,<br />

dann verlieren auch eineiige Zwillinge ihre Identität im<br />

Laufe des Lebens, während Unterschiede zwischen Nichtverwandten<br />

bewahrt werden. „Identische Genome ändern<br />

sich, individuell verschiedene Genome bleiben sich<br />

gleich. Wenn man beide Einsichten zusammennimmt –<br />

was gleich ist, wird anders, und was anders ist, bleibt<br />

gleich – und auf einen Nenner bringt, zeigt sich, dass die<br />

Natur konsequent das Anderssein anstrebt. Sie erzeugt<br />

Unterschiede (epigenetisch), wenn sie nicht da sind, und<br />

bewahrt sie, wenn es sie (genetisch) gibt. Vielleicht sind<br />

eineiige Zwillingen zunächst wirklich genetisch identisch.<br />

Sie bleiben es aber nicht. Sie werden, was wir alle sind –<br />

anders und einmalig. Schön zu wissen.“<br />

Zitierte Literatur:<br />

- Dalfen, Joachim, Der Homo-mensura-Satz des Protagoras<br />

in seinem historischen Umfeld, in: Ist der Mensch<br />

das Maß aller Dinge? Beiträge zur Aktualität des Protagoras<br />

(hg. v. O. Neumaier) (Arianna; 4), Möhnesee<br />

2004, 1-16.<br />

- Schloßberger, Matthias, Die Erfahrung des Anderen.<br />

Gefühle im menschlichen Miteinander, Berlin 2005.<br />

- Sponsel, Rudolf:<br />

http://www.sgipt.org/hm/hm_einf.htm (19.6.<strong>2009</strong>).<br />

- Stein, Edith, Zum Problem der Einfühlung (Edith-Stein-<br />

Gesamtausgabe; 5), Freiburg i, Br. 2008.<br />

- WELT ONLINE vom 07.06.2007 (Autor: Ernst Peter<br />

Fischer): http://www.welt.de/wissenschaft/article<br />

928193/Zwillinge_sind_gar_nicht_so_einzigartig_wie_<br />

gedacht.html (19.6.<strong>2009</strong>)<br />

- Zecha, Gerhard, Das Spiel mit der Antike als Ernst: Ist<br />

der Mensch wirklich das Maß aller Dinge?, in: Das Spiel<br />

mit der Antike zwischen Antikensehnsucht und Alltagsrealität<br />

(hg. v. S. Düll, O. Neumaier und G. Zecha)<br />

(Arianna; 1), Möhnesee 2000, 19-39.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. Eberhard Tiefensee<br />

Lehrstuhl für Philosophie<br />

Katholisch-Theologische Fakultät der Universität <strong>Erfurt</strong><br />

Nordhäuser Str. 63<br />

99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon 0361-7372511<br />

e-Mail eberhard.tiefensee@uni-erfurt.de<br />

http://www2.uni-erfurt.de/tiefensee<br />

■ Experimentelle Medizin und<br />

Palliativbetreuung – eine Gegenüberstellung<br />

Carl Friedrich Classen<br />

Kinder- und Jugendklinik, Universitätsklinikum<br />

Rostock<br />

Dieser Text beruht auf einem Vortrag, der auf dem Symposion<br />

„Zwischen Evidenz und Empathie – Dilemma oder<br />

Chance für die Palliativmedizin“ am 20. Juni <strong>2009</strong> in Bad<br />

Berka gehalten wurde. Grundlage dafür ist wiederum die<br />

Arbeit „Experimentelle Medizin und Palliativbetreuung –<br />

eine Gegenüberstellung“, erschienen in der Zeitschrift für<br />

Palliativmedizin, Juni 2008, S. 52-54.<br />

Im Jahre 1968 erschien im Deutschen Medizinischen Journal<br />

eine Arbeit des Berliner Kinderarztes Hansjörg Riehm<br />

mit dem Titel „Chemotherapie der akuten Leukämien“ (1),<br />

in der der Autor alle damals bekannten Protokolle für den<br />

kombinierten Einsatz von Zytostatika bei akuten Leukämien<br />

zusammenstellte und verglich. Mit keinem dieser<br />

Protokolle war bei mehr als einem geringen Prozentsatz<br />

der Patienten eine Heilung erreichbar, und so schloss die<br />

Arbeit mit den Worten: „Die kleine Zahl dieser viele Jahre<br />

in guter Gesundheit lebender Menschen rechtfertigt den<br />

intensiven Einsatz der Chemotherapie. Trotzdem muß<br />

nach 15 Jahren intensiver Anstrengungen bezweifelt werden,<br />

ob das Prinzip dieser Therapie noch die Zukunft hat.“<br />

Chemotherapie bedeutete damals, an leukämiekranken<br />

Kindern, die eigentlich als todgeweiht galten, ein Experiment<br />

mit maximal vielen, nebenwirkungsreichen Zytostatika<br />

durchzuführen. Eine ethisch außerordentlich bedenkliche<br />

Angelegenheit. Prof. Riehm setzte indes seine Bemühungen<br />

fort. Nicht einmal zehn Jahre später, 1977, erschien<br />

seine Arbeit: „Die westberliner Studie zur<br />

Behandlung der akuten lymphoblastischen Leukämie des<br />

Kindes – Erfahrungsbericht nach 6 Jahren“(2): Mit einem<br />

weiterentwickelten Protokoll war nun eine Heilungsrate<br />

von um siebzig Prozent erreicht worden. Nicht nur bei der<br />

Leukämie, bei fast allen bösartigen Krankheiten des Kindesalters<br />

wurde in der Zeit zwischen 1960 und 1980 ein<br />

gigantischer Heilungsfortschritt erreicht. Dies zeigt: experimentelle<br />

Therapien mögen bedenklich sein – in manchen<br />

Bereichen der Medizin haben sie in unschätzbarem Maße<br />

segensreiche Fortschritte bewirkt, die anders nicht erreichbar<br />

wären.<br />

Was unterscheidet experimentelle Therapien von Behandlungsweisen,<br />

bei denen der Arzt einfach seiner persönlichen<br />

Erfahrung folgt? Erfahrungsmedizin bedeutet: Der<br />

Arzt überblickt nur eine kleine Patientenzahl. Das Ergebnis<br />

der Studie wird dadurch beeinflusst, ob der Mediziner<br />

an die Therapie glaubt. Und, ob der Patient daran glaubt.<br />

Es gibt Suggestiv- oder Placebo-Effekte, ja, sie sind oft genug<br />

gewünscht. Unbewusste Haltungen oder Gefühlswahrnehmungen<br />

können die Therapieentscheidungen<br />

beeinflussen. Und es kommt leicht zu statistischen Fehlern,<br />

zum Beispiel falschen Ursachenbezüge, Fehlern<br />

durch retrospektive Analyse, Fehlern durch nachträgliche<br />

Hypothesenformulierung: ein klassisches Beispiel ist die<br />

Beobachtung, dass im Elsass, nachdem die Zahl der Stör-<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 19 ■


che absank, parallel auch die Geburtenziffer dramatisch<br />

zurückging. Nur mit einem korrekt durchgeführten medizinischen<br />

Experiment können statistische Fehler ausgeschlossen<br />

werden. Experimentelle Therapien teilt man<br />

heute in verschiedene Kategorien ein, es gibt Heilversuche,<br />

Phase I-Studien, Phase II-Studien usw. Eine experimentelle<br />

Therapie „einfach so“ hin hingegen ist nach der<br />

ärztlichen Ethik nicht zulässig.<br />

Schon im neunzehnten Jahrhundert, beginnend mit dem<br />

Physiologen Claude Bernard, machten sich die Ärzte Gedanken<br />

über ethische Regeln, die für experimentelle Medizin<br />

bindend sein sollten; es gab bereits in der Weimarer<br />

Republik die sogenannten Reichsrichtlinien zur Forschung<br />

am Menschen von 1931. Dann aber, nachdem die Katastrophe<br />

des Nationalsozialismus die Notwendigkeit ethischer<br />

Normen gerade auch für Ärzte überaus deutlich gezeigt<br />

hatte, wurde, im Anschluss an die Nürnberger Ärzteprozesse,<br />

der „Nürnberger Kodex“ formuliert, der die<br />

Grundlage war für das Genfer Ärztegelöbnis von 1948,<br />

aus dem wiederum die Deklaration von Helsinki hervorging.<br />

Diese – mit vielfachen Modifikationen über die Jahrzehnte<br />

hin weiterentwickelt, zuletzt in Seoul 2008, hat bis<br />

heute absolute Gültigkeit für alle Ärzte, die experimentelle<br />

Therapien durchführen und vor der Gemeinschaft der<br />

Kollegen ihrer Zunft vertreten wollen. Ein paar Zitate aus<br />

den über 30 Artikeln der Deklaration seien zitiert. So heißt<br />

es: „Überlegungen, die das Wohlergehen der Versuchsperson<br />

... betreffen, (haben) Vorrang vor den Interessen<br />

der Wissenschaft und der Gesellschaft...“ Es wurden außerdem<br />

Ethikkommissionen bindend für den Prozess der<br />

Initiierung einer Studie vorgeschrieben. Weiter heißt es<br />

„...Die Verantwortung für die Versuchsperson trägt stets<br />

eine medizinisch qualifizierte Person und nie die Versuchsperson<br />

selbst, auch dann nicht, wenn sie ihr Einverständnis<br />

gegeben hat." Schließlich wird auch eine Verpflichtung<br />

formuliert, Forschungsergebnisse offenzulegen – damit<br />

medizinische Experimente nicht im Verborgenen erfolgen<br />

und auch zukünftige Patienten vor Therapieversuchen bewahrt<br />

werden, welche sich einmal als unwirksam herausgestellt<br />

haben.<br />

Vergessen wir nicht: Jeder Eingriff in die körperliche Integrität<br />

eines Menschen – und damit auch jede ärztliche<br />

Maßnahme – gilt nach deutschem Recht als Körperverletzung,<br />

wenn sie nicht durch Einverständnis oder Notlage<br />

gerechtfertigt ist und außerdem, wie es heißt, nicht gegen<br />

die guten Sitten verstößt.<br />

Fassen wir zusammen: Ohne experimentelle Therapien ist<br />

medizinischer Fortschritt überhaupt nicht möglich. Und<br />

für die Therapieversuche an Patienten, für die es keine<br />

konventionelle Heilungsmöglichkeit mehr gibt, gilt: Die allermeisten<br />

Patienten, die einem Heilversuch unterzogen<br />

werden, werden sterben.<br />

Dies führt, so meine ich, zu einer Art von Bewusstseinsspaltung<br />

bei den Ärzten: zwischen dem rein ärztlichen<br />

Standpunkt einerseits, und dem des Wissenschaftlers auf<br />

der anderen Seite.<br />

Der Arzt sagt: Ich betreue einen unheilbar Kranken - und<br />

suche verzweifelt nach einer Therapie. Der Wissenschaftler:<br />

Ich habe eine Studie - und suche nach Patienten, die<br />

die Ein-gangskriterien erfüllen.<br />

Der Arzt: Patienten, die auf konventionelle Weise nicht geheilt<br />

werden können, sind mehr als alle anderen existenziell<br />

abhängig von den Medizinern. Es ist auch ein Kunstfehler,<br />

ruhiges, würdiges Sterben in gequältes, unwürdiges<br />

Sterben umzuwandeln. Und - insgeheim glaube ich<br />

immer noch an ein Wunder.<br />

Der Wissenschaftler: Patienten, die auf konventionelle<br />

Weise nicht geheilt werden können, sind das Betätigungsfeld<br />

par excellance für Mediziner mit neuen Ideen! Die<br />

Kranken sind ohnehin todgeweiht - ich kann ihnen gar<br />

nicht mehr schaden; nur nützen. Es gibt keine Wunder. Allerdings<br />

glaube ich an meine wunderbare Theorie.<br />

Der Arzt: Angesichts der irrsinnigen Verantwortung - Entscheiden<br />

über Weitermachen oder Aufgeben - finde ich<br />

letztlich Halt nur in den klaren Zahlen der Naturwissenschaft.<br />

Insgeheim fühle ich mich immer schuldig - wenn<br />

der Patient stirbt, wenn er leidet, oder wenn er von der<br />

Therapie abspringt. Ständig frage ich mich, ob ich die Therapie<br />

nicht ändern muss, damit es dem Patienten besser<br />

geht.<br />

Der Naturwissenschaftler: Die oft jahrelange Erfolglosigkeit<br />

des Forschens kann ich nur ertragen, wenn ich mir<br />

vorstelle, dass ich doch Menschenleben retten werde. Insgeheim<br />

ärgere ich mich, wenn der Patient die Theorie ungültig<br />

macht. Ständig muss ich die Studie vor kurzsichtigen<br />

Modifikationswünschen retten - die nur dazu führen<br />

würden, dass ich keine vergleichbaren Kollektive habe.<br />

Der Arzt sagt: Ich stehe bedingungslos auf der Seite des<br />

Patienten.<br />

Der Wissenschaftler sagt: Ich stehe bedingungslos auf<br />

dem Boden der Tatsachen.<br />

Was heißt das?<br />

Wenn ein terminal kranker Patient bereit ist, sich für einen<br />

Therapieversuch zur Verfügung zu stellen, dann ist dies<br />

ein wertvolles „Gut“, mit dem man aber äußerst verantwortungsvoll<br />

umzugehen hat.<br />

Wenn man dabei Erkenntnisse gewinnen kann, mit denen<br />

man anderen helfen kann, dann sollte man dies unbedingt<br />

tun!<br />

Die Kranken müssen geschützt werden vor Medizinern,<br />

die ohne persönliche Verantwortung nur experimentieren,<br />

wie vor solchen, die eine unscharfe Erfahrungsmedizin<br />

als korrekte Wissenschaft darstellen wollen.<br />

Gute Naturwissenschaft und ethisch verantwortungsvolle<br />

Medizin bedingen einander letzten Endes.<br />

Wenn der Arzt tatsächlich so eine Zwitterrolle spielt - ist<br />

es richtig, ihn mit dieser Rolle allein zu lassen? Wäre es<br />

nicht besser, ihm die eine oder die andere Rolle abzunehmen?<br />

Von der Justiz wissen wir doch, dass gerade dann<br />

gerechte Urteile herauskommen, wenn Staatsanwalt und<br />

Verteidiger zwei verschiedene Leute sind. Wie wäre es,<br />

wenn einer, der nur den ärztlichen Standpunkt einnimmt,<br />

und ein anderer, der den Standpunkt des Wissenschaftlers<br />

vertritt, die Behandlung der Patienten untereinander aushandeln<br />

würden?<br />

Nun - ich persönlich glaube nicht, dass eine Arbeitsteilung<br />

zu besseren Ergebnissen führen würde. Es geht nicht darum,<br />

dass hier das Interesse des Patienten ist und dort das<br />

der Forschung. Es wäre ein gefährlicher Holzweg, wenn<br />

wir eine Art von Ärzten erfinden wollten, deren Aufgabe<br />

es wäre, auf Seiten der Forschung statt auf seiten der Patienten<br />

zu stehen, solche Ärzte wären an sich gar keine<br />

Ärzte. Die Forschung muss immer auch auf Seiten des Patienten<br />

stehen. Und ebenso unsinnig wäre es, Ärzte zu er-<br />

■ Seite 20 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


finden, die nichts von wissenschaftlicher Korrektheit wissen.<br />

Nein - in Wirklichkeit ist es gerade wichtig, dass der<br />

Konflikt in einer einzigen Person ausgetragen wird. Nur<br />

dann wird das Ideal erfüllt, dass der Arzt ein kompetenter,<br />

engagierter Ratgeber des Patienten ist.<br />

Nun noch zu dem anderen, dem Gegenpol meines Vortrags,<br />

der Palliativmedizin: Hier geht es doch einmal nicht<br />

um Laborwerte, Statistik oder Naturwissenschaft - es geht<br />

darum, wie sich der Patient fühlt! Und da gibt es Dinge,<br />

man nicht messen kann - man kann sie nur durch Einfühlung<br />

erfassen.<br />

Das stimmt.<br />

Nur ein Arzt mit viel Einfühlungsvermögen ist ein guter<br />

Arzt.<br />

Das stimmt auch.<br />

Doch: Wenn man bei Dingen, die man wissenschaftlich<br />

genau messen könnte, stattdessen „Einfühlung“ verwendet<br />

- dann wird man zum Scharlatan!<br />

Die Palliativmedizin hat sich als ein „geschützter Raum“<br />

entwickelt, in dem die Patienten vor einer aggressiven,<br />

schematischen Klinikmedizin bewahrt wurden. Und das<br />

war gut so. Die palliative Haltung der Ärzte, die hier geschult<br />

wird, ist eine immens wertvolle und notwendige<br />

Komponente der Medizin.<br />

Aber die sachliche, wissenschaftlich-korrekte Haltung von<br />

Ärzten ist eine ebenso notwendige Komponente der Medizin.<br />

Das heißt: Palliativtherapie und experimentelle Medizin zu<br />

trennen, mag zwar gedanklich hilfreich sein - für die Patienten<br />

aber gilt: Wer Palliativmedizin macht, sollte auch<br />

gut in Therapiestudien und Statistik sein. Und wer experimentelle<br />

Therapien macht, sollte auch gut in Sterbebegleitung<br />

sein.<br />

Literatur<br />

1. Riehm, H: Deutsches Medizinisches Journal 19,5<br />

(1968)<br />

2. Riehm H., Gadner H., Welte, K.: Klinische Pädiatrie<br />

189 (1977)<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Priv.-Doz. Dr. med. Carl Friedrich Classen<br />

Kinder- und Jugendklinik<br />

Universitätsklinikum Rostock<br />

Rembrandtstr. 16/17<br />

18057 Rostock<br />

Telefon 0381-494 7262<br />

e-Mail carl-friedrich-classen@med.uni-rostock.de<br />

■ Gibt es eine evidenzbasierte<br />

Empathie?<br />

Vortrag auf dem Symposium „Zwischen Evidenz<br />

und Empathie – Dilemma oder Chance<br />

für die Palliativmedizin“ am 20. Juni <strong>2009</strong> in<br />

Bad Berka<br />

Klaus Dörner<br />

Hamburg<br />

Spontan würden wohl alle Gesundheits- und Sozialprofis,<br />

also auch alle Palliativler sagen: „Ist doch völlig klar, selfevident,<br />

dass wir beide Begriffe brauchen; denn sie stehen<br />

für die Highlights unseres Tuns, einmal das empirisch bestmöglich<br />

gesicherte Wissen und zum anderen das tiefstmögliche<br />

Einfühlungsvermögen.“ Entsprechend inflationieren<br />

beide Begriff in den einschlägigen Fachsprachen.<br />

Aber trotz dieser fachlichen Beliebtheit haben es beide Begriffe<br />

merkwürdigerweise bis heute nicht in die deutsche<br />

Umgangssprache geschafft.<br />

Denn nach Durchsicht der mir zugänglichen aktuellen<br />

Wörterbücher, Lexika, etymologischen Wörterbücher und<br />

auch philosophischen Begriffslexika kommt das Wort Empathie<br />

im Deutschen überhaupt nicht vor. Nur im neuesten<br />

Langenscheidt-Englisch-Wörterbuch wird man belehrt,<br />

dass man das englische „empathy“ auch mit „Empathie“<br />

verdeutschen dürfe (nicht umgekehrt), was dafür<br />

spricht, dass die englische empathy erst seit kurzem versucht,<br />

den deutschen Sprachmarkt zu erobern, nachdem<br />

das deutsche Wort um 1900 herum in die USA emigriert<br />

ist.<br />

Noch verrückter ist es mit der deutschen „Evidenz“. Sie<br />

kommt zwar seit langem im Deutschen vor, schon als<br />

Kernbegriff der Phänomenologie, nämlich dass etwas so<br />

aus sich herausleuchtet (videre = sehen), dass es schon<br />

nach dem Augenschein mit letzter Deutlichkeit seine<br />

Wahrheit von sich selbst her einsichtig macht. Aber nirgends<br />

findet man Evidenz in seiner gerade entgegengesetzten<br />

englischen Bedeutung, die wiederum allein die<br />

deutschen Fachsprachen beherrscht, was nebenbei die<br />

Schwäche der philosophischen Einbettung der Wissenschaft<br />

in Deutschland erklärt.<br />

Die englische Bedeutung von „evidence“ hingegen<br />

kommt vor allem aus der Juristen- und Gerichtssprache<br />

und meint den Beweis, dass ein Faktum, empirisch geprüft,<br />

wirklich so ist, wie es ist, wogegen die deutsche Evidenz<br />

gerade nicht eines Beweises bedürftig oder auch nur<br />

fähig ist; und während die deutsche Evidenz entweder ist<br />

oder nicht ist, kann die englische evidence mittels ständig<br />

verbesserter Forschung graduell zunehmen – bis zum jeweiligen<br />

„Goldstandard“.<br />

Aber in dieser englischen Version hat die evidence nicht<br />

die deutsche Umgangs- und Philosophiesprache, wohl<br />

aber die deutsche Wissenschaftssprache erobert und zwar<br />

so siegreich, dass sie über die Leitlinien-Kultur z. B. Ärzte,<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 21 ■


die sich dem nicht fügen wollen, in ihrer Haftpflicht bedroht,<br />

wie das früher einmal für die „Indikation“ galt.<br />

Diese englische Evidence-Bedeutung hat sich in atemberaubendem<br />

Tempo globalisiert; denn erst 1992 hat Daniel<br />

Sackett sie für die Medizin erfunden; seine immer wiederholte<br />

Definition: „Evidenzbasierte Medizin ist der gewissenhafte,<br />

ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der<br />

gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz<br />

für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller<br />

Patienten.“<br />

Abgesehen von einem tautologischen Mangel dieser Definition<br />

(sie würde in Kurzform lauten: „Evidenz ist Evidenz“)<br />

haben viele, zuletzt Daniel Streck (in „Ethik in der<br />

Medizin“ 4, 2008), kritisiert, dass diese Definition ihre implizit<br />

enthaltenen normativen Elemente unterschlägt, einmal,<br />

was die Handlungslegitimation (nach welchen Kriterien<br />

wird vorgängig die Evidenz festgestellt?) und zum anderen,<br />

was die Qualitätsbewertung (wer wertet?) betrifft.<br />

Zwar sei die evidenzbasierte Medizin ein wichtiger Weg<br />

und man habe weiterhin an ihrer Objektivierung zu arbeiten;<br />

aber heute seien wir noch nicht so weit, um die Feststellungen<br />

der evidenzbasierten Medizin, über sicher hilfreiche<br />

Hinweise für die Praxis hinaus, unmittelbar z. B. auf<br />

die Ethik der Entscheidungsfindung übersetzen zu können<br />

– schon gar nicht auf die noch weitgehend unbekannte<br />

Sterbephase.<br />

Zumindest sprachgeschichtlich sind also beide Begriffe,<br />

„evidence“ und „empathy“, ganz junges Fastfood, von<br />

dem noch nicht klar ist, ob und wie weit es sich schon<br />

sprachlich bei uns einbürgern wird. Deshalb ist gerade einer<br />

so jungen Disziplin wie der Palliativmedizin, deren Bedeutungsradius<br />

noch lange nicht klar ist, anzuraten, ihre<br />

spontane Begeisterung zu zügeln und sich der beiden Begriffe<br />

nur mit wohlwollender Selbstkritik zu bedienen,<br />

wie das freilich in Bad Berka üblich ist.<br />

Und damit wechseln wir zur „Empathie“, von der ich vermutlich<br />

noch etwas mehr als von der Evidenz verstehe:<br />

Ist es überhaupt – und wie weit – möglich, sich in einen<br />

Anderen einzufühlen, einzuleiden, hineinzuversetzen, einen<br />

Anderen zu verstehen?<br />

Dazu vorab eine Kurzgeschichte: Vor einiger Zeit erzählte<br />

mir eine Frau ihre Leidensgeschichte; zehn Ärzte habe sie<br />

schon vergeblich aufgesucht und nur der elfte Arzt habe<br />

sie verstanden. Auf meine Frage, ob es etwas gäbe, wodurch<br />

sich diese Ärzte voneinander unterscheiden würden,<br />

antwortete sie nach einigem Nachdenken: „Die zehn<br />

Ärzte haben gesagt, sie würden mich verstehen; nur der<br />

elfte Arzt hat darauf verzichtet, und genau daraus ist zwischen<br />

uns Vertrauen entstanden.“<br />

Aus Erfahrungen dieser Art lassen sich möglichweise zwei<br />

Empathie-Modelle destillieren: Nach dem ersten Modell<br />

verstehe ich einen Anderen graduell immer besser und tiefer<br />

und berücksichtige dabei immer mehr empirisch feststellbare<br />

Einflussfaktoren – auf einer nach oben offenen<br />

Skala bis zum theoretisch möglichen vollständigen Verstehen.<br />

Der jeweils beste erreichbare Verstehensgrad wäre<br />

dann der Goldstandard. Das könnte man das evidenzbasierte<br />

oder graduelle Empathie-Modell nennen, ein Vorgehen,<br />

für das jeder von uns Beispiele finden kann.<br />

Nach dem zweiten Empathie-Modell beginne ich meinen<br />

Verstehensprozess gerade am anderen Ende, nämlich von<br />

der absoluten Andersheit, Fremdheit des Anderen von seinem<br />

absolut unverfügbaren Kern her, von seiner Uneinfühlbarkeit<br />

und Unverstehbarkeit her – und von dieser unüberbrückbaren<br />

Distanz her sind meine verstehenden Annäherungsversuche<br />

von Anfang an geprägt und begrenzt.<br />

Es ist aber genau dieses Spannungsfeld, das eine Beziehung<br />

glaubwürdig macht und so zu Vertrauen führen<br />

kann. Dieses Modell könnte man das Empathie-Modell der<br />

Unverstehbarkeit nennen. Auch das kennt jeder von sich.<br />

Vor meiner Anwendung dieses Modells auf Beziehungen<br />

zu Patienten erinnere ich mich immer wieder gern daran,<br />

dass schon die Beziehung zu einer Frau ihre Lebendigkeit<br />

der gegenseitigen Unverstehbarkeits-Respektierung verdankt.<br />

Beide Modelle sind in der Praxis komplementär, brauchen<br />

einander, wenn auch aus verschiedenen Perspektiven: Das<br />

graduelle Empathie-Modell in der Wissenschaftsperspektive,<br />

das Unverstehbarkeits-Modell in der Perspektive der<br />

Philosophie und des Alltagsverständnisses. Nun scheint es<br />

so, dass wir heute vor lauter Empathie-Evidenz-Begeisterung<br />

eher das so negativ klingende Unverstehbarkeits-<br />

Modell vernachlässigen, weshalb wir hier wohl mehr Philosophie-<br />

als Wissenschafts-Fortbildung brauchen.<br />

Daher im Folgenden ein paar Zugangswege für eine solche<br />

Fortbildung:<br />

1. In meinem Buch „Der gute Arzt“ (Stuttgart 2003) habe<br />

ich der Arzt-Patient-Beziehung (die vollständig stets eine<br />

trialogische Arzt-Patient-Angehörigen-Beziehung ist)<br />

drei Dimensionen zugeordnet: Einmal die Subjekt-Objekt-<br />

Dimension, in der ich als Profi unvermeidlich wegen meines<br />

Besserwissens bestrebt bin, den Anderen mir anzueignen,<br />

ihn zu manipulieren und über den Tisch zu ziehen.<br />

Hinsichtlich der Empathie würde das etwa heißen „Subjekt<br />

versteht Objekt“. Da dies für sich allein sich mörderisch<br />

auswirken könnte, muss ich alles dafür tun, um nun<br />

auch die entgegengesetzte Objekt-Subjekt-Dimension zu<br />

kultivieren, in der ich passiv dem Anderen ausgesetzt,<br />

mich in seinen Dienst stelle. Und nur in dem Maße, wie mir<br />

zwischen diesen beiden Dimensionen ein Gleichgewicht<br />

gelingt, kann die von allen gewünschte Subjekt-Subjekt-<br />

Dimension - zumindest zeitweilig – zum Tragen kommen.<br />

2. In der anthropologischen Perspektive, um die wir hier<br />

nicht herumkommen, hat sich mir das einfache und zum<br />

Glück wiederbelebte Modell von Helmuth Plessner bewährt<br />

(„Die Stufen des Organischen und der Mensch“,<br />

Berlin 1975): Danach – vereinfacht – lebt der Mensch zu<br />

50 % wie das Tier, nämlich „zentrisch“, wo er selbstbestimmt<br />

aus seinem Zentrum heraus versucht, sich den<br />

Rest der Welt nützlich zu machen. Zu den anderen 50 %<br />

lebt der Mensch jedoch entgegengesetzt „ex-zentrisch“,<br />

nämlich von einem ihm äußerlichen Anderen her be-<br />

■ Seite 22 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


stimmt, ob es das Andere der Welt, der andere Mensch<br />

oder das ganz Andere Gottes ist – in der Praxis zumeist eine<br />

Mischung aus alledem.<br />

3. Nach Kant haben nur Sachen einen Wert (Preis), der<br />

Mensch hingegen Würde (die unverstehbare Selbstzweckhaftigkeit).<br />

Das kluge Grundgesetz lehrt uns nun, was<br />

man in der Praxis mit Würde tun kann: man hat sie zuerst<br />

zu achten und erst danach zu schützen. Würde man die<br />

Reihenfolge umdrehen, käme wieder Aneignung heraus.<br />

Das hat selbst das englische Sozialministerium begriffen,<br />

indem es den Bewohnern von Altepflegeheimen einerseits<br />

das Recht auf Schutz und Sicherheit zuerkannt hat; weil<br />

aber ein Leben, das immer nur geschützt wird, kein menschenwürdiges<br />

Leben sei, hat das Ministerium ihnen auch<br />

noch – komplementär – auch noch das „Recht auf Risiko“<br />

zugesprochen.<br />

4. Um die Verstehensbegeisterung der Psychiatriereformbewegung<br />

(ähnlich wie heute in der Palliativbewegung)<br />

zu balancieren, haben wir 1978 in unserem „Irren ist<br />

menschlich“ die Beziehung als eine „Begegnung von Gegnern“<br />

dargestellt, womit wir die Härte der Andersheit des<br />

Anderen zu ihrem Recht verhelfen wollten: die vorgängige<br />

wechselseitige Anerkennung der unterschiedlichen Interessen<br />

beider Beziehungspartner läuft im Kern auf ein<br />

Verstehens-Verbot hinaus. Denn Menschen sind nicht wie<br />

Sachen gezielt, zielgerichtet anzugehen, sondern immer<br />

nur indirekt auf Umwegen (Umgang). Und Verstehen geht<br />

etymologisch auf die Handwerkersprache zurück: „Ich verstehe<br />

mich auf dich.“ Ich als Profi habe also nicht den Anderen<br />

besser zu verstehen, sondern mich selbst auf den<br />

Anderen; es geht also um das naturwissenschaftlich nur<br />

schwer darstellbare philosophische Reflexionsvermögen.<br />

Der Erfinder der Systemtheorie, Gregory Bateson, hat dies<br />

in den zauberhaften Satz gekleidet: „Der Kontext ist immer<br />

wichtiger als der Text“.<br />

Und jetzt versuchen wir, die bisherigen Überlegungen auf<br />

die Lebensphase des Sterbens zu übertragen, zumindest<br />

so lange der Tod nicht auf Knopfdruck vom „Kunden“ bestellt<br />

wird (, wie das ja im gerade verabschiedeten Patientenverfügungsgesetz<br />

möglich ist):<br />

Wir verfügen heute immerhin über ein empirisch evidenzbasiertes<br />

Wissen, nämlich, dass gegenüber früheren Zeiten<br />

heute zunehmend fast alle Menschen in den eigenen<br />

vier Wänden und im Gespräch mit den ihnen Nächsten<br />

sterben wollen. Auf diesen letzten und dann ja wohl auch<br />

vornehmsten Wunsch fast aller Bürger, der in den Patientenverfügungsformularen<br />

kaum berücksichtigt ist, reagieren<br />

verständlicherweise Staat und Gesellschaft nur zögerlich.<br />

Die erste Reaktion auf diese Wunschänderung<br />

stammt dann auch von der bürgerschaftlichen Basis in<br />

Form der Hospizbewegung, während wir Profis erst jetzt<br />

mit der Palliativbewegung nachrüsten.<br />

Aber was wollen Sterbende subjektiv wirklich, wo sie oft<br />

an ihr eigenes Wollen nicht mehr herankommen; da kann<br />

es kaum Evidenz geben, und da scheitert die Empathie<br />

meist schon früh.<br />

Aus vielen Berichten der Hospizler ergibt sich einige Plausibilität<br />

dafür, dass mir als einem Sterbenden die mir früher<br />

wichtige Verfügung über mein Leben weniger wichtig<br />

ist, in einer Phase, in der mir die Verfügung über mein<br />

Leben zwischen den Fingern zerrinnt. Mehr schon interessiert<br />

mich meine „Bedeutung für Andere“, auch über<br />

den Tod hinaus, weshalb ich vielleicht nicht mehr den<br />

plötzlichen Tod wünsche und ich auch einen gewissen<br />

Grad an Schmerzen eher in Kauf nehme, wenn es mir um<br />

die Zeit des bewussten Abschiednehmens geht. Vielleicht<br />

kann ich mich auch eines gewissen Kicherns nicht erwehren<br />

angesichts des Aufwandes, der um mein Sterben herum<br />

gemacht wird, bis mir die Einsicht kommt, dass auch<br />

das ja eher etwas ist, das nicht ich, sondern die Anderen<br />

brauchen, also ebenfalls mit der „Bedeutung für Andere“<br />

zu tun hat.<br />

So schreibt der Philosoph Hans-Georg Gadamer, der mit<br />

seinen fast 100 Jahren lange Zeit hatte, sich im Sterben<br />

subjektiv evident zu sehen (in „Über die Verborgenheit der<br />

Gesundheit“, Frankfurt 1996): „Der Sterbende, der mit<br />

sich selbst schon abgeschlossen hat, durchschaut das Vorwandhafte<br />

aller Dinge um ihn her mit ungetrübter Klarheit<br />

… mit einem fast mitleidigen Blick verfolgt der Sterbende<br />

die falschen Anstrengungen der Lebenden, ihm<br />

sein Sterbenmüssen zu verbergen. So viel mehr ist er<br />

schon mit sich einig.“ – Bloß niemand weiß, ob wir je so<br />

viele, jedes Mal einmalige subjektive Sterbesichten verallgemeinern<br />

und auch nur Sterbe-Typen daraus bilden<br />

könnten; und besonders evidenzbasiert wäre das dann<br />

immer noch nicht.<br />

Sollte man die Sterbephase auch als eine Krise auffassen<br />

können, dann könnten hier vielleicht auch die Regeln für<br />

den Umgang mit Krisen Anwendung finden. Ich stelle ihnen<br />

abschließend zwei solcher Regeln zu Diskussion.<br />

Einmal geht es um den Beginn einer palliativen Arzt-Patient-Angehörigen-Beziehung.<br />

Statt mit dem immer Verbotenen,<br />

weil einen Menschen objektivierenden „Ich verstehe<br />

dich“, habe ich anzufangen, indem ich dem Sterbenden<br />

meine stets widersprüchliche Situation mit Worten<br />

und noch mehr mit meiner auch averbalen<br />

Grundhaltung (in welchem Fortbildungsmodul kommt<br />

das vor?) verständlich zu machen – etwa so:<br />

„Ich sage dir jetzt zwar etwas (gebe dir zum Beispiel eine<br />

Empfehlung), denn weil ich der Experte bin, hast du das<br />

Recht darauf. Aber das wird wahrscheinlich falsch sein,<br />

schon weil es ja zunächst nur von mir kommt. Daher bin<br />

ich von dir darin abhängig, dass du mir glauben kannst,<br />

mich angstfrei korrigieren zu können (wie drücken Sie das<br />

in Ihrer Grundhaltung aus?); denn nur über diesen Umweg,<br />

wo ich mich eben nicht empathisch in den Anderen,<br />

sondern reflexiv in mich selbst hineinversetze, kann aus<br />

unserer Beziehung eine vertrauensgetragene Kooperation<br />

werden, zu der beide Seiten Unterschiedliches, aber gleichermaßen<br />

Wichtiges beitragen. Eine solche kooperative<br />

Annäherung an die jeweilige Wahrheit baut sich also aus<br />

korrigierten Irrtümern auf.<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 23 ■


Die andere Regel beantwortet die Frage, warum jeder<br />

Mensch in einer Krise, hier in einer Sterbekrise, über die<br />

Angehörigen hinaus zwei verschiedene Beziehungspartner<br />

braucht? Er braucht nämlich einmal (palliative) Profihelfer,<br />

die mit Hilfe ihres größeren und evidenzbasierten<br />

Wissens „als Besserwisser“ ihn in seiner Verunsicherung<br />

beruhigen, ihn – als Sterbenden oder Angehörigen, entlasten.<br />

Das leuchtet uns sofort ein. Weniger einleuchtend<br />

für uns Profis ist es jedoch, dass er zum Anderen auch hospizliche<br />

Bürgerhelfer braucht, die gerade umgekehrt mit<br />

Hilfe der „Kunst ihres Nichtwissens“ genauso wichtig sind,<br />

etwas indem sie sagen: „Ich weiß ja auch nicht, wie man<br />

mit deiner Krise umgeht; aber ich bleibe bei dir, sodass wir<br />

gemeinsam versuchen können, dies herauszufinden.“ Da<br />

es zwar für den Umgang mit todbringenden Krankheiten<br />

(palliative Experten) geben kann, nie aber für das Sterben<br />

selbst, weil dessen existenzieller Tiefgang jeden Expertenanspruch<br />

lächerlich macht, bleibt das entlastende Besserwissen<br />

der Profihelfer für die Betroffenen Fremderfahrung,<br />

während gerade das Nichtwissen der Bürgerhelfer<br />

auch Selbsterfahrung ermöglicht.<br />

Insofern tragen Palliativler und Hospizler Unterschiedliches,<br />

aber gleichermaßen Notwendigen komplementär<br />

bei, sodass sie – beide in Selbst-Organisation – auf derselben<br />

Beziehungsebene kooperieren, eine Integrationskultur,<br />

die nach keiner Seite auflösbar ist und wo keine Seite<br />

die andere ersetzen kann. Was zudem die von fast allen<br />

gewünschte Deinstitutionalisierung und die gesellschaftliche<br />

Integration des Sterbens in die eigene Wohnung, die<br />

Familie oder die ambulante Wohnpflegegruppe in der Vertrautheit<br />

des eigenen Viertels oder Dorfs angeht, so sind<br />

sich inzwischen wohl alle einig, wenn auch noch nicht bewusst:<br />

Solange ich von Profis umzingelt bin (stationär<br />

oder ambulant), solange bin ich nicht integriert; denn<br />

niemals wir Profis, sondern nur Bürger können Bürger im<br />

Alltagsvollzug integrieren.<br />

Meine Titelfrage ist also etwa so zu beantworten, dass es<br />

zumindest im graduellen Empathie-Modell durchaus evidenzbasierte<br />

Empathie gibt, die aber nur dann nicht aneignend-objektivierend<br />

wirkt, wenn sie im Unverstehbarkeits-Empathie-Modell,<br />

philosophisch oder reflexiv begründet,<br />

eingebettet ist. Die beiden verwirrenden englischen<br />

Begriffs-Einwanderer bedürfen freilich, wenn wir sie<br />

nicht ersetzen wollen, noch einer langen bedeutungsgemäßen<br />

Eindeutschungs-Anstrengung.<br />

■ Mitgliederversammlung des<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V. fand am<br />

17.06.<strong>2009</strong> statt<br />

Auszüge aus dem Jahresbericht 2008<br />

1. Krebsregister<br />

Prof. Dr. med. Michael Herold,<br />

Stellv. Vorsitzender des <strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong><br />

e.V., berichtete über die Arbeit des vergangenen<br />

Jahres<br />

Die klinische Tumordokumentation ist ein wesentliches<br />

Element der Qualitätssicherung in der Onkologie und eine<br />

der Hauptaufgaben des <strong>Tumorzentrum</strong>s. Es ist daher<br />

sehr erfreulich, dass sowohl die Meldebereitschaft der<br />

Krankenhäuser und der niedergelassenen Ärzte als auch<br />

das Interesse an den Daten des Klinischen Krebsregisters<br />

insgesamt weiter zugenommen haben.<br />

Am 31.12.2008 waren die Krankheitsverläufe von 64.137<br />

Patienten mit insgesamt 71.969 Tumoren im klinischen<br />

Register des <strong>Tumorzentrum</strong>s gespeichert. 6.510 Patienten<br />

(7.977 Tumoren) wurden im Berichtsjahr neu erfasst<br />

(Abb. 1). Hierbei konnten im Jahr 2008 weitere Fortschritte<br />

verzeichnet werden. Den meldenden Ärzten gilt<br />

dafür ebenso unser Dank wie den Mitarbeitern des Registers.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner<br />

Nissenstr. 3<br />

20251 Hamburg<br />

Telefon 040-46774042<br />

Abb.1 Neu erfasste Patienten/Tumoren im Klinischen Krebsregister<br />

<strong>Erfurt</strong><br />

Das <strong>Erfurt</strong>er <strong>Tumorzentrum</strong> ist bemüht, möglichst alle in<br />

den Einrichtungen des Einzugsgebietes behandelten Patienten<br />

zu erfassen und deren Krankheitsverläufe vollständig<br />

zu dokumentieren. Trotz steigender Anzahl meldender<br />

niedergelassener Ärzte bestehen aber nach wie<br />

■ Seite 24 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


vor Defizite bei der Dokumentation der Tumornachsorge.<br />

Eine entitäts- und stadienbezogene Auswertungen der<br />

rezidivfreien Überlebenszeiten als einem der wichtigsten<br />

Qualitätsindikatoren sind daher nur eingeschränkt möglich.<br />

Wir erneuern deshalb den Aufruf an alle, die Nachsorgeergebnisse<br />

(Datum und aktueller Tumorstatus) dem Register<br />

zu melden. Der Aufwand ist vergleichsweise gering,<br />

eine Arztbrief-Kopie an das TZ reicht aus. Die Mitarbeiter<br />

des TZ beraten gern. Außerdem gibt es Faltblätter und Informationsbroschüren.<br />

Leider konnte auch 2008 für Thüringen noch keine befriedigende<br />

Lösung für einen gebührenfreien Datenabgleich<br />

mit den Einwohnermeldeämtern zwecks Ermittlung des<br />

Life-Status gefunden werden, was die Arbeit des Registers<br />

zusätzlich erschwert und vor allem die Validität der Daten<br />

beeinträchtigt. Angestrebt wird ein kostenloser oder zumindest<br />

kostengünstiger jährlicher elektronischer Datenabgleich<br />

mit dem Landes-Melderegister, wie es in anderen<br />

Bundesländern bereits praktiziert wird.<br />

Auch von den anderen Ärzten der Region werden Serviceleistungen<br />

des klinischen Registers regelmäßig genutzt.<br />

Täglich werden Übersichtsberichte zu Krankheitsverläufen<br />

angefordert und regelmäßig Abteilungs- bzw. Praxisstatistiken<br />

einschließlich Überlebenszeitanalysen erstellt.<br />

Die immer bessere Erfassungsrate im Klinischen Register<br />

wirkt sich auch positiv auf die Melderate für das Gemeinsame<br />

Krebsregister der neuen Bundesländer und Berlins<br />

(GKR) in Berlin aus, da fast alle Meldungen über die<br />

Tumorzentren zum epidemiologischen Register gelangen.<br />

Insgesamt wurde aber bisher die geforderte 90%-Marke<br />

aus Arztmeldungen erfasster Krebserkrankungen nicht erreicht<br />

(Abb. 2).<br />

42,3 % aller im Jahr 2008 erstmals von Thüringen nach<br />

Berlin gemeldeten Fälle kamen vom <strong>Erfurt</strong>er Register,<br />

in den Jahren 2004-2008 waren es insgesamt 38,9 %<br />

(Abb. 3).<br />

Abb. 2 Vollzähligkeit der epidemiologischen Krebsregistrierung in<br />

Thüringen<br />

(DCO – Death Certificate Only, nur über den Leichenschauschein<br />

dokumentierter Tumor)<br />

Das Register ist Kooperationspartner von inzwischen<br />

6 zertifizierten Organtumorzentren (HELIOS Brustzentrum<br />

<strong>Erfurt</strong>/Gotha, Darmkrebszentrum <strong>Erfurt</strong>, Darmkrebszentrum<br />

Südthüringen, Prostatakrebszentrum Südthüringen,<br />

HELIOS Hautkrebszentrum <strong>Erfurt</strong>) und an der Vorbereitung<br />

und Durchführung der aufwendigen Zertifizierungsverfahren<br />

sowie der jährlichen Audits beteiligt. Außerdem<br />

ist das Register in die Dokumentation des Brustzentrums<br />

Mittelthüringen (Sömmerda/UH-Kreis) einbezogen. Die<br />

Nutzung der vorhandenen Infrastruktur für die Tumordokumentation<br />

einschließlich der Möglichkeiten statistischer<br />

Auswertungen ist für bestehende und künftige Organzentren<br />

vor allem wegen der Unterstützung bei der<br />

Beschaffung der unerlässlichen Follow up-Daten vorteilhaft.<br />

Außerdem erfüllen die Einrichtungen auf diesem<br />

Wege die in Thüringen geltende Meldepflicht für Tumorerkrankungen,<br />

da die epidemiologischen Daten vom Klinikregister<br />

an das Gemeinsame Krebsregister in Berlin<br />

weitergeleitet werden.<br />

Abb. 3 Eingangsstatistik des Gemeinsamen Krebsregisters (GKR Berlin):<br />

Prozentualer Anteil der Erstmeldungen aus den Thüringer<br />

Tumorzentren<br />

2. Konsile<br />

Interdisziplinäre onkologische Konsile<br />

Seit November 1993 werden vom <strong>Tumorzentrum</strong> regelmäßig<br />

interdisziplinäre Konsile organisiert. Mit dem seit<br />

Mai 2006 geänderten Modus hat sich die Zahl der beratenen<br />

Fälle auch im Jahr 2008 weiter erhöht. In den 49<br />

durchgeführten Konsilen des Berichtsjahres sind insgesamt<br />

333 Fälle beraten worden (2007: 282 Fälle).<br />

Wissenschaftliche onkologische Konsile (WOK)<br />

Vom Institut für Pathologie wurde am 03.12.2008 mit<br />

großem Aufwand ein WOK durchgeführt. Mit 30 Teilnehmern<br />

war die Resonanz leider nur gering.<br />

3. Leitlinien<br />

Die Erarbeitung von Diagnose-, Therapie und Nachsorgeleitlinien<br />

für einzelne Tumorentitäten war in früheren Jahren<br />

eine Hauptaufgabe des <strong>Tumorzentrum</strong>s und insbesondere<br />

des Wissenschaftlichen Beirates. Nachdem inzwischen<br />

anerkannte Leitlinien von der Deutschen Krebsge-<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 25 ■


sellschaft und den medizinischen Fachgesellschaften für<br />

nahezu alle Entitäten vorliegen, wurde die Erarbeitung eigener<br />

Leitlinien weitgehend eingestellt. Das TZ sieht seine<br />

Aufgabe vorrangig darin, die überregionalen Leitlinien<br />

stärker in der Region zu propagieren. Ausnahme sind die<br />

Leitlinien „Mammakarzinom“, die im Berichtsjahr überarbeitet<br />

und in der 8. Auflage herausgegeben worden ist,<br />

und „Tumornachsorge“, deren geplante Neuauflage auch<br />

2008 aus verschiedenen Gründen nicht realisiert werden<br />

konnte.<br />

4. Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen<br />

Das Profil der vom <strong>Tumorzentrum</strong> veranstalteten Fortund<br />

Weiterbildungen wurde beibehalten. Veranstaltungen<br />

mit einem einzigen Referenten sind die Ausnahme.<br />

Aus organisatorischen und finanziellen Gründen werden<br />

überwiegend komplexe Veranstaltungen von ca. 3 Stunden<br />

Dauer organisiert. Die Onkologische Konferenz als<br />

Hauptveranstaltung des Jahres fand traditionsgemäß wieder<br />

im Haus Hainstein Eisenach statt.<br />

Insgesamt sind 13 Fort- und Weiterbildungen mit insgesamt<br />

1224 registrierten Teilnehmern allein oder gemeinsam<br />

mit anderen Kliniken oder Instituten organisiert worden.<br />

5. Psychoonkologie<br />

Für onkologische Patienten am HELIOS Klinikum besteht<br />

ein psychologisches Betreuungsangebot, das jedoch auf<br />

Grund der Personalkapazität (1,0 Psychologen) nicht befriedigen<br />

kann. Die Betreuung wird als psychoonkologischer<br />

Konsiliardienst im Brustkrebszentrum (0,5 VK) und<br />

im Hautkrebszentrum (0,5 VK) angeboten und rege in Anspruch<br />

genommen. Das Angebot der ambulanten Weiterbetreuung<br />

von Krebspatienten wurde ausgebaut. Im Berichtsjahr<br />

wurden von Herrn Dipl.-Psych. Lohse 124 Tumorpatienten<br />

in 628 Patienten- und/oder Angehörigengesprächen<br />

begleitet. Darüber hinaus sind 18 psychotraumatisierte<br />

Patienten und Angehörige aus nichtonkologischer<br />

Genese in der Intensivmedizin und Unfallchirurgie<br />

betreut worden.<br />

Ein wichtiger Teil der Arbeit ist die psychologische Unterstützung<br />

des Ärzte- und Pflegepersonals bei ihrem belastenden<br />

Umgang mit traumatisierten Patienten. Im Frau-<br />

Mutter-Kind-Zentrum wurde eine Weiterbildung zum Bewältigungsverhalten<br />

bei schweren Erkrankungen und im<br />

Hautkrebszentrum eine Weiterbildung zur sozialen Wahrnehmung<br />

und dem Einsatz von Screeningverfahren<br />

durchgeführt. Darüber hinaus war Herr Lohse mit einem<br />

Seminar zu den Themen Kommunikation, Trauer und Burnout<br />

in die Fortbildung der Ärztekammer Thüringen zur<br />

Erlangung der Zusatzbezeichnung „Palliativmedizin“ eingebunden.<br />

6. Patientenberatung, Öffentlichkeitsarbeit,<br />

Selbsthilfe<br />

Die regelmäßig per Telefon und e-Mail eingehenden Anfragen<br />

von Patienten und Angehörigen werden überwiegend<br />

von den Mitarbeitern der Geschäftsstelle selbst beantwortet.<br />

Schwierige medizinischen Anfragen werden<br />

an entsprechende Fachvertreter weitergegeben, die die<br />

oft zeitaufwendige Beantwortung übernehmen. Dafür an<br />

dieser Stelle unser Dank!<br />

Im Berichtsjahr wurden 5 Veranstaltungen für Patienten<br />

und interessierte Bürger (mit-)veranstaltet, darunter der<br />

Patientenkongress der Deutschen Krebshilfe am 20.09.08<br />

im Audimax der Universität <strong>Erfurt</strong>.<br />

Ständiger Kontakt besteht zum <strong>Erfurt</strong>er Gesundheitsamt<br />

(Geschwulstberatungsstelle, Kontakt- und Informationsstelle<br />

für Selbsthilfegruppen) und zur Frauenselbsthilfe<br />

nach Krebs.<br />

Die 2007 neu gestaltete Internetseite des TZ wurde nochmals<br />

erweitert und den Bedürfnissen informationssuchender<br />

Patienten und Angehöriger angepasst. Die Seite wird<br />

rege besucht.<br />

Auch im 3. Erscheinungsjahr sind wieder 2 <strong>Heft</strong>e des<br />

„Journal <strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong>“ herausgegeben worden.<br />

7. Forschung, Serviceleistungen, Ausbildung<br />

Die Geschäftsstelle gab Unterstützung bei der statistischen<br />

Auswertung und bei der Präsentation der Ergebnisse<br />

von verschiedenen Studien und Untersuchungen, die in<br />

den Kliniken durchgeführt worden. 2 Dissertationen zu<br />

onkologischen Themen wurden betreut.<br />

Ein Seminar „Tumordokumentation und TNM-System“ für<br />

Umschüler zum Medizinischen Dokumentationsassistenten<br />

wurde gehalten und 2 Praktikanten im Klinischen Register<br />

betreut.<br />

8. Zusammenarbeit mit anderen Tumorzentren und Fachgesellschaften<br />

In der Interessengemeinschaft der Thüringischen Tumorzentren<br />

spielt das TZ <strong>Erfurt</strong> eine aktive Rolle. Regelmäßig<br />

finden Treffen der Koordinatoren statt. Prof. Ulshöfer ist<br />

Vertreter der Interessengemeinschaft im Vorstand der<br />

Thüringischen Krebsgesellschaft (ThKG). Prof. Hoyme ist<br />

stellv. Vorsitzender der Thüringischen Krebsgesellschaft.<br />

Als Vertreter der Thüringer TZ nimmt Dr. Göbel an den regelmäßigen<br />

Beratungen des Verwaltungsrates der am Gemeinsamen<br />

Krebsregister beteiligten Bundesländer teil.<br />

Aktiv arbeitet das TZ <strong>Erfurt</strong> auch in der Arbeitsgemeinschaft<br />

Deutscher Tumorzentren (ADT) mit. Dr. Göbel ist<br />

Mitglied einer Arbeitsgruppe zur Mitgliederevaluation<br />

und Leistungserfassung.<br />

Ebenfalls vertreten ist <strong>Tumorzentrum</strong> im Kooperationsverbund<br />

klinischer Krebsregister Deutschlands, der sich eine<br />

bessere Vernetzung lokaler und regionaler Aktivitäten<br />

zum Ziel gesetzt hat sowie gemeinsame Datenauswertungen<br />

durchführt. An der Vorbereitung der auf dem Deutschen<br />

Krebskongress 2008 vorgestellten und viel beachteten<br />

überregionalen Datenauswertungen zu Prostatakarzinom,<br />

Mammakarzinom, kolorektale Karzinomen und<br />

Lungenkrebs war das <strong>Erfurt</strong>er Register mit beteiligt.<br />

9. Vereinsstatistik<br />

Am 31.12.2008 hatte der Verein 306 Mitglieder (10 neu<br />

aufgenommene Mitglieder; 2 Mitglieder schieden aus).<br />

■ Seite 26 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


■ Gemeinsames Veranstaltungsverzeichnis<br />

von Medizinisch-wissenschaftlicher Gesellschaft <strong>Erfurt</strong> e.V.<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong> GmbH und <strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

wir möchten Ihre gezielten und konzentrierten Fortbildungsaktivitäten<br />

mit einem gemeinsamen Veranstaltungsverzeichnis unterstützen und Ihnen<br />

ein breites Spektrum zertifizierter und hoffentlich für Sie interessanter<br />

Fort- und Weiterbildungen anbieten.<br />

Die nachstehende Kurzfassung kann weder vollständig sein, noch umfassend<br />

informieren. Sie soll als Orientierungshilfe dienen und Sie animieren,<br />

alle weiteren Informationen und die laufenden Aktualisie-rungen<br />

auf der Internetseite www.mwg-erfurt.de nachzulesen und / oder<br />

direkt bei den Organisatoren zu erfragen.<br />

Über eine zahlreiche Teilnahme an den Veranstaltungen, rege Diskussionen<br />

sowie die Vertiefung und Ausweitung persönlicher Kontakte freuen<br />

wir uns besonders.<br />

PD Dr. med. Prof. Dr. med. Prof. Dr. med.<br />

K. Hamm B. Ulshöfer D. Eßer<br />

Vorsitzender Vorsitzender Ärztlicher Direktor<br />

MWG e.V. <strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V. HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

September <strong>2009</strong><br />

02.09.<strong>2009</strong>, 16.00 bis 18.00 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Besprechungsraum der 3. Medizinischen Klinik<br />

Linksventrikuläre Hypertrophie – Hypertrophe nicht-obstruktive<br />

Kardiomyopathie<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, 3. Medizinische Klinik, Kardiologie,<br />

Internistische Intensivmedizin<br />

09.09.<strong>2009</strong>, 14.00 bis 15.30 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Besprechungsraum der Klinik für Geriatrie<br />

Neglectphänomene<br />

Frau Fritze (Ergotherapeutin)<br />

Teilnehmerzahl begrenzt, Anmeldung unter 0361-7812907<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Abteilung Physikalische Medizin und<br />

Rehabilitation<br />

09.09.<strong>2009</strong>, 17.00 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Auditorium<br />

153. Unfallchirurgisch-Orthopädisches Kolloquium<br />

Versorgungsstrategien nach Verletzungen des distalen<br />

Radioulnargelenkes<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Klinik für Orthopädie und Klinik für Unfall-,<br />

Hand- und Wiederherstellungschirurgie<br />

18. – 19.09.<strong>2009</strong><br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Besprechungsraum der Klinik für Allgemeinund<br />

Viszeralchirurgie<br />

21. Kurs Audiometrie<br />

Grundlagen der subjektiven und objektiven Audiometrie –<br />

Versorgung mit technischen Hörhilfen<br />

Anmeldung erforderlich<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Klinik für HNO-Heilkunde – Plastische<br />

Operationen<br />

19.09.<strong>2009</strong>, 9.00 bis 14.00 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Auditorium<br />

<strong>Erfurt</strong>er Dermatologische Herbsttagung: Hautkrankheiten als<br />

(Multi-)Systemerkrankungen<br />

Allergologie – Dermatoonkologie – Immunologie<br />

Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HELIOS Hauttumorzentrum<br />

<strong>Erfurt</strong> in Zusammenarbeit mit dem <strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V.<br />

23.09.<strong>2009</strong>, 17.00 bis 20.00 Uhr<br />

Evangelisches Augustinerkloster <strong>Erfurt</strong>, Augustinerstraße 10<br />

Symposium „Aktuelles zum Pankreaskarzinom“<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V. in Zusammenarbeit mit der 2. Medizinischen<br />

Klinik und der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

23.09.<strong>2009</strong>, 12.00 bis 12.45 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Demo-Raum B100 des Instituts für diagnostische<br />

und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie<br />

Dr. med. René Aschenbach, Dr. med. Cornelia Eger<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Institut für diagnostische und interventionelle<br />

Radiologie und Neuroradiologie<br />

30.09.<strong>2009</strong>, 17.00 bis 20.30 Uhr<br />

Victor’s Residenz-Hotel <strong>Erfurt</strong><br />

Symposium „Therapie von Mamma- und Genitalkarzinomen“<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V. in Zusammenarbeit mit der Klinik für<br />

Frauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

November <strong>2009</strong><br />

04.11.<strong>2009</strong>, 14.00 bis 15.00 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Abteilung Physikalische Medizin und<br />

Rehabilitation im Hauptgebäude<br />

Kognitives Training bei psychisch Kranken<br />

Frau Bergmann (Ergotherapeutin)<br />

Teilnehmerzahl begrenzt, Anmeldung unter 0361-7816791<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Abteilung Physikalische Medizin und<br />

Rehabilitation<br />

04.11.<strong>2009</strong>, 15.00 bis 18.30 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Auditorium<br />

8. <strong>Erfurt</strong>er Symposium Immunologie und Autoimmunologie<br />

im Kindes- und Jungendalter<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin<br />

11.11.<strong>2009</strong>, 17.00 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Auditorium<br />

154. Unfallchirurgisch-Orthopädisches Kolloquium<br />

Diagnostik und Therapie bakterieller Infekte des<br />

Bewegungsapparates<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Klinik für Orthopädie und Klinik für Unfall-,<br />

Hand- und Wiederherstellungschirurgie<br />

13. – 14.11.<strong>2009</strong><br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Besprechungsraum der Klinik für Allgemeinund<br />

Viszeralchirurgie<br />

Ultraschalldiagnostik im Kopf-Hals-Bereich<br />

(A- und B-Bild-Verfahren) – Abschlusskurz<br />

Anmeldung erforderlich<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Klinik für HNO-Heilkunde,<br />

Plastische Operationen<br />

18.11.<strong>2009</strong>, 12.00 bis 12.45 Uhr<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Demo-Raum B100 des Instituts für diagnostische<br />

und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie<br />

Bedeutung der H-MR-Spektroskopie in der Graduierung von<br />

Hirntumoren<br />

Dr. med. Cornelia Eger<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Institut für diagnostische und interventionelle<br />

Radiologie und Neuroradiologie<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 27 ■


20. – 21.11.<strong>2009</strong><br />

Haus Hainstein Eisenach<br />

22. Onkologische Konferenz<br />

Themenschwerpunkte:<br />

– Prognosefaktoren in der Onkologie<br />

– Krebsstammzellen<br />

– Diagnostische und therapeutische Standards bei häufigen Tumoren<br />

(Intrakranielle Tumoren, Hodentumoren)<br />

– Innovative Behandlungskonzepte bei weit fortgeschrittenen<br />

Tumorerkrankungen<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V. in Kooperation mit der Medizinisch-<br />

Wissenschaftlichen Gesellschaft <strong>Erfurt</strong> e.V.<br />

Dezember <strong>2009</strong><br />

02.12.<strong>2009</strong><br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Besprechungsraum der 3. Medizinischen Klinik<br />

Echokardiographische Diagnostik bei der infektiösen Endokarditis<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, 3. Medizinische Klinik, Kardiologie,<br />

Internistische Intensivmedizin<br />

Januar 2010<br />

23.01.2010, 9.00 bis 15.00 Uhr<br />

Hotel Pullman <strong>Erfurt</strong> am Dom<br />

2. <strong>Erfurt</strong>er Symposium für Pädiatrische Neuroonkologie und<br />

Neurochirurgie<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V. in Zusammenarbeit mit der Klinik für<br />

Neurochirurgie und der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

KONTAKTADRESSEN:<br />

Medizinisch-wissenschaftliche Gesellschaft <strong>Erfurt</strong> e.V.<br />

Vorsitzender Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Hamm<br />

Nordhäuser Straße 74 · 99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-67 18<br />

Telefax: 03 61 / 7 81-67 19<br />

e-Mail: klaus.hamm@helios-kliniken.de<br />

www.mwg-erfurt.de<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Pressesprecherin Brigitte Kohlberg<br />

Nordhäuser Straße 74 · 99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-10 31<br />

Telefax: 03 61 / 7 81-10 32<br />

e-Mail: brigitte.kohlberg@helios-kliniken.de<br />

www.helios-kliniken/erfurt<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V.<br />

Geschäftsführer Dr. Hubert Göbel<br />

Nordhäuser Straße 74 · 99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-48 06<br />

Telefax: 03 61 / 7 81-48 03<br />

e-Mail: hubert.goebel@helios-kliniken.de<br />

www.tumorzentrum-erfurt.de<br />

■ ANGEBOTE DES<br />

TUMORZENTRUM ERFURT e.V.<br />

KONSILARDIENSTE<br />

• Interdisziplinäres onkologisches Konsil<br />

Jeden Mittwoch, 7.30 Uhr, Demo-Raum C 1.400 des Instituts<br />

für bildgebende Diagnostik, Hauptgebäude 1. OG,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong>, Nordhäuser Straße 74<br />

Anmeldungen über Telefon 03 61 / 7 81-48 02<br />

Leitung: Prof. Dr. Herold / Prof. Ulshöfer<br />

Jeder Arzt kann seine onkologischen Fälle persönlich einem<br />

Gremium von Experten aller Fachdisziplinen vorstellen.<br />

Am Ende der (kostenfreien) Beratung erhält er eine<br />

konkrete Therapieempfehlung. Zu jeder Fallbesprechung<br />

wird ein Protokoll angefertigt, das dem vorstellenden Arzt<br />

und eventuellen mitbehandelnden Ärzten zugeht.<br />

• Telefonischer Konsilardienst<br />

Unkompliziertes Vermitteln von Kontakten zu den<br />

speziellen onkologischen Ansprechpartnern aller Fachgebiete<br />

f www.tumorzentrum.de<br />

ONKOLOGISCHE LEITLINIEN<br />

Hilfestellung bei der Umsetzung der aktuellen Diagnose-,<br />

Therapie- und Nachsorgeleitlinien der Deutschen<br />

Krebsgesellschaft und der medizinischen Fachgesellschaften.<br />

In Ergänzung und zur praktischen Durchführung werden<br />

diese wo nötig für die speziellen regionalen Bedingun-gen<br />

adaptiert.<br />

KONTAKTE ZU SELBSTHILFEGRUPPEN UND<br />

HOSPIZDIENSTEN IN DER REGION<br />

PSYCHOLOGISCHE BETREUUNG<br />

Betreuungsangebote für stationäre Patienten des HELIOS<br />

Klinikum <strong>Erfurt</strong> sowie für Ärzte und Pflegepersonal.<br />

FORT- UND WEITERBILDUNG<br />

• Ärzte<br />

• Krankenschwestern und -pfleger<br />

• Sozialdienste<br />

DOKUMENTATION<br />

• Klinische Tumordokumentation<br />

In Erfüllung des Qualitätssicherungsauftrages des Sozialgesetzbuches<br />

(SGB V) wird für jeden Patienten der gesamte<br />

Krankheitsverlauf nach anerkannten Regeln (Tumorbasisdokumentation)<br />

dokumentiert. Die Unterlagen stehen<br />

dem Patienten und ihren behandelnden Ärzten zur Verfügung.<br />

Im Einzelfall (bei Umzug, Arztwechsel, Verlust von<br />

Originalunterlagen) sind sie für den Arzt eine unschätzbare<br />

Hilfe.<br />

■ Seite 28 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


• Gemeinsames Krebsregister der neuen<br />

Bundesländer<br />

Epidemiologisch relevante Daten werden entsprechend<br />

geltender Gesetze an das Gemeinsame Krebsregister der<br />

neuen Bundesländer weitergegeben.<br />

Mehr als 95 % der Meldungen des Einzugsgebietes kommen<br />

vom <strong>Tumorzentrum</strong>. Diese Daten werden regelmäßig<br />

mit den amtlichen Sterbedaten abgeglichen und stehen<br />

dem meldenden Einrichtungen zur Verfügung.<br />

SERVICE<br />

• Unterstützung der Nachbetreuung,<br />

Erinnerungsfunktion<br />

Auf persönlichen Wunsch werden Patienten (und ihre betreuenden<br />

Ärzte) an vereinbarte bzw. vergessene Nachsorgetermine<br />

erinnert.<br />

• Statistiken für Krankenhäuser und Praxen<br />

Erstellung von Übersichten, Leistungsstatistiken und<br />

Überlebenszeitanalysen für die von der jeweiligen Einrichtung<br />

betreuten Patienten.<br />

• Informationen<br />

Kostenlose Bereitstellung von Tumor-Nachsorgepässen<br />

und Informationsmaterialien für Patienten, Ärzte, Pflegepersonal<br />

und Sozialdienste<br />

■ HIER ERREICHEN SIE UNS<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong> GmbH<br />

Haus 8, Nordhäuser Straße 74, 99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-48 02<br />

Telefax: 03 61 / 7 81-48 03<br />

E-Mail:<br />

info@tumorzentrum-erfurt.de<br />

Homepage: http://www.tumorzentrum-erfurt.de<br />

Geschäftsführer: Dr. rer. nat. Hubert Göbel<br />

■ WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT<br />

Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl (Vorsitzender)<br />

Chefarzt, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-27 50<br />

Dr. med. Joachim Bechler<br />

Chefarzt, Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe,<br />

HELIOS Kreiskrankenhaus Gotha / Ohrdruf<br />

Telefon: 0 36 21 / 2 20-2 49<br />

Adjunct Professor Dr. med. Rainer Bonnet M.D.<br />

Dpt. of Medicine, Loma Linda Univ., California<br />

Chefarzt, Klinik für Pneumologie, Zentralklinik Bad Berka<br />

Telefon: 03 64 58 / 5 15 00<br />

Michael Domrös<br />

Leiter der Landesvertretung Thüringen, VdAK / AEK,<br />

Lucas-Cranach-Platz 2, 99099 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 4 42 52 11<br />

Dr. med. Alexander Fichte<br />

Urologe, Geschwister-Scholl-Straße 6, 99085 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 6 43 73 03<br />

Dipl.-Med. Susanne Köhler<br />

Oberärztin, Innere Medizin I, HELIOS Kreiskrankenhaus<br />

Gotha / Ohrdruf<br />

Telefon: 0 36 21 / 2 20-1 30<br />

Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Hamm<br />

Leiter der Abteilung Stereotaktische Neurochirurgie und<br />

Radiochirurgie, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-67 18<br />

Prof. Dr. med. Udo B. Hoyme<br />

Direktor, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-40 00<br />

Prof. Dr. med. Ruthild Linse<br />

em. Chefärztin, Klinik für Hautkrankheiten,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-43 00<br />

Dr. med. André Nemat<br />

Chefarzt, Klinik für Thoraxchirurgie und Thorakale Endoskopie,<br />

Thoraxzentrum, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-25 90<br />

Priv.-Doz. Dr. med. Günter Ortmann<br />

Oberarzt, Klinik für Chirurgie, Hufeland Klinikum, Standort<br />

Bad Langensalza<br />

Telefon: 0 36 03 / 8 55-0<br />

Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Hans Pistner<br />

Chefarzt, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-22 30<br />

Dr. med. Stefan Reinsch<br />

Oberarzt, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-63 01<br />

Prof. Dr. med. Steffen Rosahl<br />

Chefarzt, Klinik für Neurochirurgie, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-22 60<br />

Prof. Dr. med. Axel Sauerbrey<br />

Chefarzt, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-45 00<br />

JOURNAL 01/<strong>2009</strong><br />

■ Seite 29 ■


■ VORSTAND<br />

Prof. Dr. med. Berthold Ulshöfer (Vorsitzender)<br />

Chefarzt, Klinik für Urologie, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-22 00<br />

Prof. Dr. med. Michel Herold (Stellvertr. Vorsitzender)<br />

Chefarzt, 4. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-25 66<br />

Prof. Dr. med. Dirk Eßer<br />

Chefarzt, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde,<br />

HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-21 00<br />

Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl<br />

Chefarzt, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-27 50<br />

Dr. med. Christina Müller<br />

Chefärztin, Klinik für Palliativmedizin, Zentralklinik Bad Berka<br />

Telefon: 03 64 58 / 5 19 00<br />

Priv.-Doz. Dr. med. Ulrike Schalldach<br />

Chefärztin, Klinik für Strahlentherapie und<br />

Radioonkologie, HELIOS Klinikum <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-24 00<br />

Dr. med. Jörg Weniger<br />

Hämatologe und internistischer Onkologe,<br />

Geschwister-Scholl-Straße 6, 99085 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 5 66 78 19<br />

IMPRESSUM<br />

ISSN 1868-291X (Print-Ausgabe)<br />

ISSN 1868-2928 (Internet)<br />

■ Herausgeber:<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V.<br />

■ Redaktion:<br />

Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl · Dr. rer. nat. Hubert Göbel<br />

■ Redaktionsbüro und Versand:<br />

<strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> e.V.<br />

Nordhäuser Straße 74 · 99089 <strong>Erfurt</strong><br />

Telefon: 03 61 / 7 81-48 02 · Telefax: 03 61 / 7 81-48 03<br />

E-Mail: info@tumorzentrum-erfurt.de<br />

■ Layout, Satz und Druck:<br />

Handmann Werbung GmbH <strong>Erfurt</strong><br />

■ Hinweis:<br />

Das <strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erfurt</strong> erstellt die Artikel nach bestem<br />

Wissen und Gewissen. Die Verantwortung für den Inhalt der<br />

medizinischen und wissenschaftlichen Beiträge obliegt den<br />

Autoren. Sie stellen keine Handlungsempfehlungen für den<br />

individuellen Fall dar.<br />

Glivec ® 100 mg/400 mg Filmtabletten<br />

Wirkstoff: Imatinib. Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 100 mg/400 mg Imatinib (als Mesilat) sowie<br />

mikrokristalline Cellulose, Crospovidon, Hypromellose, Magnesiumstearat, hochdisperses Silicium di o xid, Eisen(III)-<br />

oxid (E172), Eisenoxidhydrat x H2O (E172). Anwendungs gebiete: Behandlung von Er wach se nen und Kindern mit<br />

neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom (bcr-abl)-positiver (Ph+) chronischer myelo ischer Leukämie (CML),<br />

für die eine Knochenmark-Transplantation als Erstbehandlungsmöglichkeit nicht in Betracht gezogen wird, mit<br />

Ph+ CML in der chronischen Phase nach Versagen einer Interferon-Alpha-The ra pie, in der akzelerier ten Phase<br />

oder in der Blastenkrise. Behandlung von Erwachsenen mit neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom-positiver<br />

akuter lymphatischer Leukämie (Ph+ ALL) in Kombination mit einer Chemotherapie. Behand lung von Erwachsenen<br />

mit rezidivierter oder refraktärer Ph+ ALL als Monothe rapie. Behandlung von Erwachsenen mit myelodysplastischen/mye<br />

loproliferativen Erkrankungen (MDS/MPD) in Verbindung mit Genumlagerungen des PDGF-Rezeptors<br />

(platelet-derived growth factor). Be handlung von Erwachsenen mit fortgeschrittenem hypereosinophilen<br />

Syn drom (HES) und/oder chronischer eosinophiler Leukämie (CEL) mit FIP1L1-PDGFR-Umlagerung. Behandlung<br />

von Erwachsenen mit c-Kit-(CD117)-posi ti ven nicht resezierbaren und/oder metastasierten malignen gastrointestinalen<br />

Stromatumoren (GIST). Behandlung von Erwachsenen mit nicht resezierbarem Dermatofibrosarcoma<br />

protuberans (DFSP) und von Erwachsenen mit rezidivierendem und/oder metastasiertem DFSP, die für eine<br />

chirurgische Behandlung nicht in Frage kommen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff<br />

oder einem der sonstigen Bestandteile. Schwangerschaft und Stillzeit. Vorsicht bei Leberfunktionsstörung und<br />

schwerer Nieren in suffizienz. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Neutropenie, Thrombozytopenie, Anämie, Kopfschmerzen,<br />

Übel keit, Er brechen, Durchfall, Dyspepsie, Abdominalschmerzen, periorbitale Ödeme, Dermatitis/Ekzem/Hautaus<br />

schlag, Mus kel spasmen und Muskelkrämpfe, Muskel- und Skelettschmerzen einschl. Myalgie, Arthralgie,<br />

Knochenschmerzen, Flüssigkeitsretention und periphere Ödeme, Müdigkeit, Gewichtszunahme. Häufig: Panzytopenie,<br />

fiebrige Neutropenie, Anorexie, Schwindel, Ge schmacks stö run gen, Pa räs thesie, Hypästhesie, Schlaflo sigkeit,<br />

Konjunktivitis, vermehrter Tränenfluss, verschwommenes Sehen, trockene Augen, Augen lidödem, Bindehautblutung,<br />

plötzliche Hautrötung („Flushing“), Hämorrhagie, Epis taxis, Dyspnoe, Husten, geblähter Bauch,<br />

Flatulenz, Verstopfung, Magen- und Speiseröhrenreflux, Mund tro ckenheit, Gas tri tis, erhöhte Leber enzyme, Gesichtsödem,<br />

Pruritus, Erythem, trockene Haut, Licht emp find lich keits re ak tio nen, Alopezie, nächt liches Schwit zen,<br />

Anschwellen der Gelenke, Fieber zustand, Schwäche, Schüttelfrost, generalisierte Ödeme des Un terhautgewebes<br />

(Ana sarka), Kältegefühl, Gewichtsverlust. Gelegent lich: Sepsis, Pneumonie, Herpes simplex, Herpes zoster, Infektionen<br />

der oberen Atemwege, Gastro enteritis, Nasopharyngitis, Sinusitis, Haut infektion, Influenza, Harnwegsinfektionen,<br />

Knochenmarkdepres sion, Thrombozythämie, Lympho zy to penie, Eosinophilie, Lymphadenopathie,<br />

Dehydration, Hyperuri kämie, Hypokaliämie, Hyperkalzämie, Hypergly kämie, Hyponatriä mie, verstärkter oder verminderter<br />

Appetit, Gicht, Hypophosphatämie, Depression, Angstzustände, verminderte Libido, Synkope, periphere<br />

Neuropathie, Schläfrigkeit, Migräne, Gedächtnisschwäche, Ischias beschwerden, „Restless Leg Syndrom“, Tremor,<br />

Hirn blutung, Augenreizung, Augenschmerzen, Augen höh lenödem, Glas kör perhämorrhagie, Retinablutungen, Blepharitis,<br />

Makulaödem, Schwin del, Tinnitus, Hör ver lust, Stauungs herzinsuffizienz, Lungenödem, Palpita tionen,<br />

Tachykardie, Häma tom, Hypertonie, Hypo tonie, peripheres Kältegefühl, Raynaud-Syndrom, Pleura erguss, Rachenund<br />

Kehl kopfschmerzen, Pharyngitis, GI-Blutungen, Meläna, Aszites, Magengeschwür, Sto matitis, Mundulzera,<br />

Öso phagitis, Hämatemesis, Lippen entzündung, Dysphagie, Auf stoßen, Pankreatitis, Gelbsucht, Hepatitis, Hyperbilirubinämie,<br />

pustulöser Haut ausschlag, Hautblutungen, vermehrte Tendenz zu blauen Flecken, Follikulitis,<br />

Petechien, Kontusion, vermehr tes Schwitzen, Urtikaria, Brüchigwerden der Nägel, Purpura, Hypotrichose, Hyperund<br />

Hypopigmentation der Haut, Psoriasis, exfoliative Dermatitis, bullöser Hautausschlag, Gelenk- und Muskelsteifigkeit,<br />

akutes Nieren versagen, Nierenschmerzen, erhöhte Miktions frequenz, Hämaturie, Gynäkomastie,<br />

Brust vergrößerung, Skro tumödem, Me norrhagie, Schmerzen der Brust warzen, Störungen der Sexual funktion,<br />

erektile Dysfunktion, unregelm. Menstruation, Brustschmerzen, allgem. Krankheitsgefühl, erhöhte Werte für<br />

alkalische Phospha tase, Kreati nin, Kreatinphosphokinase und Laktatdehydrogenase im Blut. Selten: Pilzinfektionen,<br />

hämolyti sche Anämie, Hy per kaliämie, Hypomagnesiämie, Verwirrung, Sehnervenentzündung, erhöhter<br />

intrakranieller Druck, Konvulsionen, Papillenödem, Katarakt, Glaukom, Perikard erguss, Arrhythmie, Vorhofflimmern,<br />

Herz stillstand, Myokardinfarkt, Angina pectoris, Rip pen fellschmerzen, pulmonale Hypertonie, Lungenblutung,<br />

Lungenfibrose, Kolitis, Ileus, Darmentzündung, Leberversagen, Lebernekrose, Verfärbung der Nägel, angio neuro<br />

tisches Ödem, Erythema multiforme, leukozytoklastische Vaskulitis, bläs chen förmiges Exanthem, Stevens-<br />

Johnson-Syndrom, Sweet- Syndrom, Muskelschwäche, Arthritis, erhöhte Amylase-Werte im Blut. Nicht bekannt:<br />

Tumorblutungen/Tumornekrosen, anaphylaktischer Schock, Perikarditis, Herztamponade, Hirnödem, Glas kör perhämorrhagie,<br />

akute respiratorische In suf fizienz, interstitielle Lungenerkrankung, Illeus/ Darm obstruktion, gastrointestinale<br />

Perforation, Divertikulitis, lichenoide Keratose, Lichen planus, toxische epidermale Nekro lyse,<br />

avaskuläre Nekrose/Nekrose des Hüftknochens, Thrombose/Embolie. Weitere An gaben siehe Fach information.<br />

Verschreibungspflichtig. Dar reichungs form und Packungsgrößen: 100 mg Filmtabletten: Packungen mit<br />

20 (N1) und 60 (N2) Stück; 400 mg Filmtabletten: Packungen mit 30 (N1) und 90 (N3) Stück. Klinikpackung.<br />

Stand: März <strong>2009</strong> (MS 04/8.11). Novartis Pharma GmbH, 90327 Nürnberg. Tel.: (09 11) 273-0, Fax.: (09 11)<br />

273-12 653. www.novartis.de<br />

Tasigna ® 200 mg Hartkapseln<br />

Wirkstoff: Nilotinib. Zusammensetzung: Eine Hartkapsel enthält 200 mg Nilotinib (als Hydrochlorid 1 H2O).<br />

Sonst. Bestandt.: Lactose-Monohydrat, Crospovidon, Poloxamer 188, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat,<br />

Gelatine, Titandioxid (E171), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172), Schellack, Eisen(III)-oxid (E172),<br />

entölte Phospholipide aus Sojabohnen (E322). An wendungsgebiete: Behandlung von Er wach se nen mit Philadelphia-Chromosom<br />

positiver chronischer myeloischer Leukämie (CML) in der chronischen und akzelerierten<br />

Phase mit Resis tenz oder Unverträglichkeit gegenüber einer Vorbehandlung ein schließlich Imati nib. Gegenanzeigen:<br />

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestand teile. Schwan ger schaft<br />

(strenge Ind.stellung) und Stillzeit. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Throm bo zytopenie, Neutro pe nie, Anämie,<br />

Kopf schmerzen, Übelkeit, Obstipation, Diarrhö, Exanthem, Pruritus, Müdigkeit, Erhö hung Lipase. Häufig: Herzinsuffizienz,<br />

GI- und ZNS-Blutungen, Erbrechen, Bauchschmerzen, Alopezie, Myalgie, Arthralgie, Muskelspasmen,<br />

Knochenschmerzen, Appetitlosigkeit, Asthenie, peripheres Ödem, Erhöhung Amylase/ALAT/ASAT/Bilirubin/alk.<br />

Phos phatase/GGT/Kreatininkinase/Blutzucker, Gewichts ab nah me, Gewichts zu nah me, Palpitationen, Verlängerung<br />

d. QT-Zeit im EKG, febrile Neutropenie, Panzyto pe nie, Benommenheit, Parästhe sien, Schwindel, Dyspnoe,<br />

Belastungsdyspnoe, Husten, Dysphonie, Magen be schwerden, Dyspepsie, Flatulenz, nächtliche Schweißausbrüche,<br />

Ekzem, Urtikaria, Erythem, Hyperhi drose, Hauttrockenheit, mus ku loskelettale Schmerzen (im Brustraum),<br />

Hypomagnesiämie, Hyperkali ämie, Hy per glykämie, Hypertonie, Hitzegefühl/Hautröte, Fieber, Insomnie.<br />

Gelegentlich: Pleura- und Perikarderguss, Komplikationen infolge Flüssigkeitsretention, Verlängerung des QTcF-<br />

Intervalls, Erhöhung LDH, Erniedrigung Blutzucker, Erhöhung Kreatinin/Harnstoff, Herzversagen, Angina pectoris,<br />

Vorhofflimmern, Perikarderguss, koronare Herzkrank heit, Kardiomegalie, Herz geräusche, Bradykardie, Thrombozytämie,<br />

Leukozytose, intra kranielle Blutungen, Migräne, Tremor, Hypoästhesie, Hyperästhesie, Augenblutungen,<br />

verminderte Sehschärfe, periorbitales Ödem, Konjunktivitis, Augenreizung, Sicca-Syndrom, Lungenödem,<br />

Pleuraerguss, interstitielle Lungenkrankheit, Pleuraschmerzen, Pleuritis, Epistaxis, pharyngolaryngeale Schmerzen,<br />

Hals reizung, Pankreatitis, gastrointestinale Blutungen, Meläna, Magenaufblähung, Ulzeration im Mund,<br />

gastro ösophagealer Reflux, Stomatitis, Mund tro ckenheit, Dysurie, verstärkter Harndrang, Nokturie, Pollakisurie,<br />

exfoliatives Exanthem, Ekchymose, Schwel lungen im Gesicht, Muskel schwäche, Hyperthyreose, Hypokaliämie,<br />

Hyponatriämie, Hypokalzämie, Hypophosphatämie, Dehydratation, Appetitverlust, gestei ger ter Appetit,<br />

Pneumonie, Harn wegsinfektion, Gastroenteritis, Pharyngitis, hypertone Krise, Hämatom, Schmerzen im Brustraum,<br />

Gesichtsödem, Stauungsödem, Influenza-ähnliches Krankheitsbild, Schüttelfrost, Unwohlsein, Hepatitis,<br />

Brustschmerzen, Gynäkomastie, Erektionsstörungen, Depression, Angst. Nicht bekannt: Erhöhung Troponin,<br />

Hypo kaliämie, Erhöhung unkonju giertes Bili rubin, Herzinfarkt, ventrikuläre Dysfunktion, Perikar ditis, Herzflattern,<br />

Extrasystolen, Hirn ödem, Bewusstseinsverlust, Optikusneuritis, pe riphere Neuropathie, Papillenödem,<br />

Dop pelt sehen, verschwommenes Sehen, Photophobie, Augenschwellung, Blepharitis, Augen schmerzen, vermindertes<br />

Hörvermögen, Ohrenschmerzen, pulmonale Hypertonie, Perforation Magen-Darm-Ulkus, retroperitoneale<br />

Blutungen, Hämatemesis, Ulcus ventriculi, ulzerierende Ösophagitis, Subileus, Nieren insuffizienz, Hämaturie,<br />

Harninkontinenz, Ery thema nodosum, Hautulkus, Petechien, Photosensitivität, Ar thritis, Gelenkschwellungen,<br />

Hypothyreose, Thyreoiditis, Dia be tes mellitus, Hyperkalzämie, Hyperphospha tämie, Sepsis,<br />

Bron chitis, Herpes simplex, Candidose, hämorrhagischer Schock, Hypotonie, Thrombose, Hepatoto xi zität, Hepatomegalie,<br />

Ikterus, Orientierungsstörungen, Verwirrtheitszustand. Warnhin weis: Ent hält Lactose. Weitere Angaben<br />

siehe Fachinformation. Ver schreibungspflichtig. Darreichungsform und Pack ungs größen: Packung<br />

mit 112 Stück (N3). Stand: März <strong>2009</strong> (MS 11/7.1). Novartis Pharma GmbH, 90327 Nürnberg. Tel.: (09 11)<br />

273-0, Fax.: (09 11) 273-12 653. www.novartis.de<br />

1. O´Brien SG et al., ASH 2008, Abstract 186, oral presentation<br />

2. Kantarjian HM et al., ASH 2007, Abstract 1047, poster presentation<br />

3. Baccarani M et al., Blood 2006, 106:1809-1820<br />

4. Kantarjian HM et al., ASH 2008; Abstract 3238, poster presentation<br />

5. le Coutre P et al., ASH 2008; Abstract 3229, poster presentation<br />

6. Weisberg E et al., Cancer Cell 2005; 7:129-141<br />

■ Seite 30 ■ JOURNAL 01/2005 01/<strong>2009</strong>


Konsequente Therapie der CML<br />

Goldstandard in der Erstlinientherapie<br />

1<br />

2,3<br />

Effektive Zweitlinientherapie<br />

4,5<br />

<br />

Novartis Oncology. Partner in der CML-Therapie


Pink ist vorne!<br />

AZIB-ARI-4107/08<br />

1<br />

ATAC Trialists Group, Lancet Oncol 2008; 9: 45-53 (medianes Follow-up 100<br />

Monate)<br />

ARIMIDEX ® 1 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Anastrozol. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung:<br />

1 Filmtablette enthält 1 mg Anastrozol. Sonstige Bestandteile: Lactose-Monohydrat;<br />

Povidon; Poly(O-carboxymethylstärke), Natriumsalz; Magnesiumstearat;<br />

Hypromellose; Macrogol 300; Titandioxid. Anwendungsgebiete: Adjuvante<br />

Behandlung postmenopausaler Frauen mit hormonrezeptorpositivem, nicht fortgeschrittenem,<br />

invasivem Mammakarzinom. Adjuvante Behandlung postmenopausaler<br />

Frauen mit hormonrezeptorpositivem, nicht fortgeschrittenem Mammakarzinom,<br />

die bereits 2 bis 3 Jahre eine adjuvante Behandlung mit Tamoxifen erhalten haben.<br />

Fortgeschrittenes Mammakarzinom bei postmenopausalen Frauen. Bei Patientinnen<br />

mit östrogenrezeptornegativen Tumoren ist die Wirksamkeit von Arimidex ® bisher<br />

nicht belegt, es sei denn, die Patientinnen sprachen zuvor auf Tamoxifen an.<br />

Gegenanzeigen: Überempfi ndlichkeit gegen Anastrozol bzw. einen der angegebenen<br />

Hilfsstoffe; prämenopausale Frauen; Schwangerschaft und Stillzeit; Patientinnen<br />

mit schweren Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance < 20 ml/min), Patientinnen<br />

mit mäßigen oder schweren Leberfunktionsstörungen. Östrogenhaltige Arzneimittel<br />

nicht zusammen mit Arimidex ® verabreichen, da diese dessen pharmakologische<br />

Wirkung aufheben. Nicht zusammen mit Tamoxifen einsetzen. Nebenwirkungen:<br />

Arimidex ® ist im Allgemeinen gut verträglich. Die bei klinischen Prüfungen<br />

beobachteten Nebenwirkungen waren überwiegend leicht bis mäßig ausgeprägt<br />

und führten nur in wenigen Fällen zum Therapieabbruch. Auftreten können: Sehr<br />

häufi g: Hitzewallungen. Häufi g: schnelle Ermüdbarkeit, Gelenkschmerzen/-steifheit,<br />

trockene Scheide, Haarausfall, Hautausschlag, Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit,<br />

Durchfall), Kopfschmerzen, Karpaltunnelsyndrom, Erhöhung der Leberenzyme<br />

alkalische Phosphatase, ALT (Alaninaminotransferase) und AST (Aspartataminotransferase).<br />

Gelegentlich: Appetitlosigkeit, Erbrechen, Vaginal blutungen (vor allem<br />

in den ersten Wochen nach der Umstellung von einer anderen Hormontherapie),<br />

Schläfrigkeit, erhöhte Cholesterinwerte, erhöhte Werte von Gamma-GT und Bilirubin,<br />

Hepatitis. Sehr selten: Haut- und Schleimhautveränderungen mit Blasenbildung<br />

(Erythema multiforme, Stevens-Johnson-Syndrom), allergische Reaktionen, darunter<br />

Angioödem, Urticaria und Anaphylaxie. Da Arimidex ® die endogenen Östrogenspiegel<br />

senkt, kann Arimidex ® eine Reduktion der Knochendichte hervorrufen und<br />

für einige Patientinnen das Risiko für Knochenbrüche erhöhen. Es ist unwahrscheinlich,<br />

dass Arimidex ® die Fähigkeit, ein Fahrzeug zu führen oder Maschinen zu bedienen,<br />

beeinträchtigt. Treten jedoch die Symptome Schwächegefühl und Somnolenz<br />

auf, ist beim Führen von Fahrzeugen oder zum Bedienen von Maschinen Vorsicht<br />

geboten. Dosierung: 1 Filmtablette täglich. Anwendungsdauer: Bei der adjuvanten<br />

Behandlung des nicht fortgeschrittenen Mammakarzinoms wird eine Behandlungsdauer<br />

von 5 Jahren empfohlen. Handelsformen: OP mit 30 Filmtabletten (N1);<br />

OP mit 100 Filmtabletten (N3); Klinikpackung.<br />

Hersteller: AstraZeneca GmbH, 22876 Wedel,<br />

www.astrazeneca.de. Stand der Information:<br />

Juli 2008. Weitere Informationen enthält die<br />

Fach- bzw. Gebrauchsinformation bzw. sind auf<br />

Anforderung erhältlich.<br />

Signifi kant weniger Rückfälle und<br />

Fernmetastasen vs. Tamoxifen 1<br />

Längstes Follow-up aller adjuvanten<br />

Aromatasehemmer-Studien 1<br />

Einziger Aromatasehemmer mit<br />

bereits belegtem Carry-over Effekt<br />

für die Upfront-Therapie 1

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