23.01.2014 Aufrufe

ig bergbau, chemie, energie in baden-württemberg - IG BCE ...

ig bergbau, chemie, energie in baden-württemberg - IG BCE ...

ig bergbau, chemie, energie in baden-württemberg - IG BCE ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

EIN SONDERTHEMA DER STUTTGARTER ZEITUNG UND DER STUTTGARTER NACHRICHTEN<br />

<strong>IG</strong> BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE<br />

IN BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

DIENSTAG, 20. NOVEMBER 2012<br />

Selbstbewusst<br />

Verhandeln auf Augenhöhe<br />

reiche oft schon aus, um die<br />

Gewerkschaftsziele zu erreichen,<br />

sagt Landesbezirksleiter<strong>in</strong><br />

Cathar<strong>in</strong>a Clay.<br />

Seite 2<br />

Sozialpartnerschaft<br />

Für die Chemie<strong>in</strong>dustrie haben<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> und Arbeitgeber<br />

e<strong>in</strong>en Pensionsfonds für die<br />

Mitarbeiter der Branche auf<br />

den Weg gebracht.<br />

Seite 7<br />

Energiewende<br />

Die Energiewende erfordert<br />

e<strong>in</strong>en möglichst breiten<br />

Konsens <strong>in</strong> der Gesellschaft.<br />

Die Gewerkschaften wollen<br />

ihren Teil dazu beitragen.<br />

Seite 8<br />

Konsens<br />

notwend<strong>ig</strong><br />

Gegen Nachteile<br />

im Wettbewerb<br />

Für Cathar<strong>in</strong>a Clay, seit Anfang des<br />

Jahres neue Landesbezirksleiter<strong>in</strong> der<br />

<strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg, steht außer Frage, dass die<br />

Energiewende nur im breiten Konsens möglich<br />

se<strong>in</strong> wird. Nicht nur die Menschen im<br />

Land seien auf e<strong>in</strong>e zuverläss<strong>ig</strong>e und bezahlbare<br />

Energieversorgung angewiesen. Auch<br />

die <strong>energie</strong><strong>in</strong>tensiven Industriezwe<strong>ig</strong>e wie<br />

die Chemie seien <strong>in</strong> Zukunft auf e<strong>in</strong>e für sie<br />

noch wirtschaftliche Versorgung mit Grundlaststrom<br />

angewiesen. Der Umbau der Energieversorgung<br />

dürfe nicht zu weiteren Wettbewerbsnachteilen<br />

für die chemische Industrie<br />

im Land führen. Vor allem dürfe die<br />

Industrie nicht noch stärker belastet werden.<br />

Die Entlastungsregelungen – zum Beispiel<br />

im EEG und bei der Energiesteuer –<br />

seien existenziell für die Wettbewerbsfäh<strong>ig</strong>keit<br />

und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Vor<br />

allem die Politik sei noch etliche Antworten<br />

auf zentrale Fragen der Energiewende schuld<strong>ig</strong>.<br />

Das werde besonders beim Thema Versorgungssicherheit<br />

deutlich: Für den dr<strong>in</strong>gend<br />

nöt<strong>ig</strong>en Ausbau von Netzen und Kraftwerken<br />

fehle häuf<strong>ig</strong> noch die gesellschaftliche<br />

Akzeptanz, erläutert die neue Landesbezirksleiter<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en der persönlichen Schwerpunkte<br />

ihrer Gewerkschaftsarbeit.<br />

Dass die <strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie <strong>in</strong><br />

der Öffentlichkeit dennoch nicht so wahrgenommen<br />

wird wie die große Schwester <strong>IG</strong><br />

Metall, liegt nach Ansicht von Cathar<strong>in</strong>a<br />

Clay aber auch daran, dass viele<br />

Verhandlungen am Verhandlungstisch auf<br />

Augenhöhe zustande kommen. Das gel<strong>in</strong>ge<br />

aber auch nur deshalb, weil die Verhandlungspartner<br />

– die Arbeitgeberverbände der<br />

jeweil<strong>ig</strong>en Branchen – die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> als starken<br />

Partner akzeptieren. Allerd<strong>in</strong>gs lässt die<br />

neue Landesbezirksleiter<strong>in</strong> auch ke<strong>in</strong>en<br />

Zweifel daran, dass die Nummer drei unter<br />

den Gewerkschaften im DGB auch durchaus<br />

anders kann, wenn im R<strong>in</strong>gen um die unterschiedlichen<br />

Positionen weder Kompetenz<br />

noch gute Argumente ziehen.<br />

Dass die Öffentlichkeit so wen<strong>ig</strong> von der<br />

Gewerkschaftsarbeit der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> mitbekommt,<br />

liegt auch e<strong>in</strong> bisschen daran, dass<br />

„wir die guten Tarifabschlüsse bisher auch<br />

ohne Streik erreicht haben“, freut sich Clay<br />

und betont, dass man trotz der Größe <strong>in</strong><br />

vielen Themen Vorreiter für andere Branchen<br />

gewesen sei. E<strong>in</strong>en großen Anteil<br />

daran habe vor allem die chemische Industrie.<br />

Fast zwei Drittel aller Beschäft<strong>ig</strong>ten,<br />

für die die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> zuständ<strong>ig</strong> ist, gehören zu<br />

diesem Industriezwe<strong>ig</strong>. Wen wundert es<br />

also, wenn viele Themen, die diese Branche<br />

betreffen, auch <strong>in</strong> den Gesprächen und<br />

Verhandlungen der anderen Sparten e<strong>in</strong>e<br />

Rolle spielen, egal, ob man jetzt aus dem<br />

Bergbau, dem Chemie- oder Energiebereich<br />

kommt.<br />

olm<br />

Für Beschäft<strong>ig</strong>te und Gesellschaft<br />

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie betritt oft Neuland<br />

Gewerkschaftsarbeit bedeutet heute<br />

viel mehr als das Feilschen um Entgelterhöhungen<br />

und Arbeitszeiten.<br />

Demografischer Wandel, Fachkräftemangel<br />

und Herausforderungen für Unternehmen<br />

<strong>in</strong> Deutschland aufgrund der Globalisierung<br />

erfordern von e<strong>in</strong>er Arbeitnehmervertretung<br />

weitaus vielfält<strong>ig</strong>ere Aktivitäten<br />

als das, was die Öffentlichkeit für gewöhnlich<br />

über die Medien mitbekommt. Am<br />

Beispiel der Industriegewerkschaft Bergbau,<br />

Chemie, Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>) wird das besonders<br />

deutlich. Schließlich hat diese Arbeitnehmervertretung<br />

geme<strong>in</strong>sam mit ihren Tarifpartnern<br />

<strong>in</strong> manchen Themenfeldern<br />

Maßstäbe gesetzt, an denen sich künft<strong>ig</strong><br />

auch andere Branchen werden messen lassen<br />

müssen.<br />

Zum Beispiel Altersvorsorge: vor vier<br />

Jahren wurde der Chemie-Pensionsfonds<br />

zentraler Bestandteil des von <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>, Bundesarbeitgeberverband<br />

der Chemie-Industrie<br />

und R+V Versicherung geme<strong>in</strong>sam gegründeten<br />

Chemie-Versorgungswerks. Dieses<br />

bietet aktuell 123 000 Chemiebeschäft<strong>ig</strong>ten<br />

mehrere tarifliche Möglichkeiten zur<br />

Vorsorge und Absicherung an. Der größte<br />

Branchenpensionsfonds Deutschlands verwaltet<br />

aktuell für rund 73 000 Beschäft<strong>ig</strong>te<br />

e<strong>in</strong> Vermögen von 337 Millionen Euro.<br />

TRANSPARENZ<br />

HERSTELLEN<br />

Zum Beispiel Informationsaustausch:<br />

Um über die vielen Branchen, <strong>in</strong> denen die<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> engagiert ist, übergreifend Transparenz<br />

zu schaffen, br<strong>in</strong>gt die Gewerkschaft<br />

Betriebsräte der Automobilzulieferer an<br />

e<strong>in</strong>en Tisch, bietet Weiterbildungsmaßnahmen<br />

und arbeitet an der Schaffung von<br />

Netzwerken. Zielsetzung ist, Trends sichtbar<br />

zu machen sowie Erfahrungen und Entwicklungen<br />

aus ähnlichen Betrieben kennenzulernen.<br />

Dass die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong> der Automobilbranche<br />

stark engagiert ist, mag zwar auf<br />

den ersten Blick erstaunen, aber rund e<strong>in</strong><br />

Drittel der Gewerkschaftsmitglieder arbeitet<br />

bei Automobilzulieferern – etwa bei<br />

Kunststoffverarbeitern oder Chemieunternehmen.<br />

Zum Beispiel „Start <strong>in</strong> den Beruf“: Durch<br />

dieses von der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong>itiierte Programm<br />

können Schulabgänger, die noch ke<strong>in</strong>e Lehrstelle<br />

gefunden haben und denen die Voraussetzungen<br />

dazu fehlen, e<strong>in</strong>e Vorbereitungsphase<br />

von maximal e<strong>in</strong>em Jahr <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Betrieb durchlaufen, bevor sie ihre<br />

Berufsausbildung beg<strong>in</strong>nen. Bislang ist das<br />

e<strong>in</strong>e Erfolgsgeschichte, denn die Übergangsquote<br />

<strong>in</strong> die reguläre Ausbildung liegt bei<br />

80 Prozent.<br />

SOZIALPARTNERSCHAFT<br />

MIT LEBEN FÜLLEN<br />

„Für uns bedeutet Sozialpartnerschaft,<br />

dass wir die geme<strong>in</strong>same Verantwortung für<br />

die Gestaltung unserer Branchen ernst nehmen“,<br />

sagt Cathar<strong>in</strong>a Clay, die Landesbezirksleiter<strong>in</strong><br />

der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

ist. „Das gestalten wir auch mit<br />

außertariflichen Initiativen zum Beispiel zur<br />

Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie und Beruf, im<br />

Bereich Umweltschutz, bei Energiefragen<br />

oder unserem sogenannten Wittenberg-Prozess,<br />

bei dem es um Ethikfragen und Nachhalt<strong>ig</strong>keit<br />

<strong>in</strong> der Wirtschaft geht.“ hf<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong><br />

Drittgrößte Gewerkschaft<br />

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,<br />

Energie ist die drittgrößte Gewerkschaft<br />

des DGB. Die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg vertritt die Interessen von<br />

rund 50 000 Mitgliedern, die größtenteils<br />

<strong>in</strong> Betrieben der Chemie-, Papier-,<br />

Kunststoff-, Leder-, Kautschuk-, Glas-,<br />

Fe<strong>in</strong>keramik-, Kali-/Ste<strong>in</strong>salz-, Grobkeramik-,<br />

Schleifmittel-, Umwelt-/Entsorgungs-,<br />

Energieerzeugungs- und<br />

Veredelungs<strong>in</strong>dustrie tät<strong>ig</strong> s<strong>in</strong>d. Die<br />

Gewerkschaft ist im Land zuständ<strong>ig</strong> für<br />

500 Betriebe mit mehr als 115 000 Beschäft<strong>ig</strong>ten.<br />

Es werden zehn Branchentarifverträge<br />

sowie e<strong>in</strong>e dreistell<strong>ig</strong>e Zahl<br />

an Haustarifverträgen verhandelt. Sitz<br />

der Landesbezirksleitung ist die Landeshauptstadt<br />

Stuttgart. Die fünf Bezirke<br />

s<strong>in</strong>d mit Büros <strong>in</strong> Freiburg, Ulm, Karlsruhe,<br />

Mannheim und Kornwestheim<br />

sowie zwei weiteren Büros <strong>in</strong> We<strong>in</strong>heim<br />

und Heilbronn vertreten.<br />

hf


2<br />

<strong>IG</strong> BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE IN BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

Dienstag, 20. November 2012<br />

Struktureller<br />

Wandel<br />

vor Ort<br />

Wie sich Branchen<br />

verändern<br />

Zewa und Tempo kennt jeder. Dass sich<br />

dah<strong>in</strong>ter der schwedische Hygienepapierhersteller<br />

SCA verbirgt, ist wen<strong>ig</strong>er<br />

bekannt. Doch hohe Bekanntheitsgrade<br />

von Produkten schützen nicht vor Veränderungen<br />

und Neustrukturierungen im Unternehmen.<br />

Personalanpassungen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit Investitionen und Effizienzprogrammen<br />

s<strong>in</strong>d bei SCA an der Tagesordnung.<br />

Bei Energiekosten soll e<strong>in</strong>gespart werden<br />

sowie bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen.<br />

Überlegt wird, wie die Masch<strong>in</strong>enverfügbarkeiten<br />

zu optimieren s<strong>in</strong>d.<br />

„Investitionen an den SCA-Standorten<br />

wie auch <strong>in</strong> der gesamten deutschen Papier<strong>in</strong>dustrie<br />

s<strong>in</strong>d sehr wicht<strong>ig</strong>, um e<strong>in</strong> Fortbestehen<br />

dieses Industriezwe<strong>ig</strong>s zu gewährleisten.<br />

Bei SCA versuchen wir, die Effizienzprogramme<br />

ausgewogen zu gestalten“, beurteilt<br />

Frank Gottsel<strong>ig</strong>, der Konzernbetriebsratsvorsitzende<br />

der SCA Hygiene Products<br />

SE, die Situation. „Es gibt zusätzliche freiwill<strong>ig</strong>e<br />

Angebote für Altersteilzeit. Positiv ist<br />

auch die Übernahme der Auszubildenden.<br />

Solche für die Belegschaft und die Betriebsräte<br />

hervorragenden Lösungen werden über<br />

spezielle Vere<strong>in</strong>barungen geregelt.“<br />

Tatsächlich bef<strong>in</strong>det sich die Papierbranche<br />

europaweit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Restrukturierungsprozess.<br />

Alle<strong>in</strong> 2011 wurden Produktionskapazitäten<br />

<strong>in</strong> Höhe von 2,4 Millionen<br />

Tonnen stillgelegt. Mit der schwier<strong>ig</strong>en<br />

Situation <strong>in</strong> der Papier<strong>in</strong>dustrie setzen sich<br />

derzeit auch die Betriebsräte bei der Papierfabrik<br />

Koehler <strong>in</strong> Oberkirch ause<strong>in</strong>ander.<br />

Noch gehe es dem Unternehmen vergleichsweise<br />

gut dank hochmoderner Anlagen und<br />

e<strong>in</strong>em niedr<strong>ig</strong>en Personalkostenanteil. Die<br />

Arbeitnehmervertreter würden aber zusätzliche<br />

Investitionen begrüßen. Auch müssten<br />

die Prozesse rationeller gestaltet und dadurch<br />

Kosten gesenkt werden. Der Betriebsratsvorsitzende<br />

Thomas Lampart ist sich<br />

sicher: „Durch solche Maßnahmen bekommt<br />

der Standort Oberkirch mittel- bis<br />

langfrist<strong>ig</strong> e<strong>in</strong>e Überlebenschance.“<br />

Szenenwechsel: im Dreiländereck<br />

Schweiz-Frankreich-Deutschland hat die<br />

Chemie<strong>in</strong>dustrie schon bessere Zeiten erlebt.<br />

Großkonzerne wie Ciba oder Clariant<br />

haben ihre Produktion dort <strong>in</strong>zwischen<br />

weitgehend e<strong>in</strong>gestellt, s<strong>in</strong>d komplett verschwunden<br />

oder wurden übernommen. E<strong>in</strong><br />

Auslöser ist der Strukturwandel <strong>in</strong> der Chemie,<br />

die Abkehr von technisch e<strong>in</strong>fachen<br />

Grund- und Massenprodukten h<strong>in</strong> zur Spezial<strong>chemie</strong>.<br />

In e<strong>in</strong>er Studie hat die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong><br />

Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg<br />

sowie der Hans-Böckler-Stiftung die<br />

Situation des Chemie- und Pharmastandortes<br />

Hochrhe<strong>in</strong> und Südlicher Oberrhe<strong>in</strong> analysiert<br />

und schon 2008 Risiken benannt, die<br />

zu e<strong>in</strong>em Verlust der „<strong>in</strong>dustriellen Basis“<br />

führen können. Die Bestandsaufnahme listet<br />

e<strong>in</strong>e Reihe von Schwächen auf: von<br />

nationalen Egoismen, e<strong>in</strong>er verfehlten regionalen<br />

Standortpolitik bis h<strong>in</strong> zu Defiziten<br />

der materiellen und sozialen Infrastruktur.<br />

Ob die Papier<strong>in</strong>dustrie oder der Standort<br />

Dreiländereck, im Zuge der Globalisierung<br />

wird das wirtschaftliche Handlungsumfeld<br />

immer komplexer, der Druck ste<strong>ig</strong>t<br />

kont<strong>in</strong>uierlich. Nicht nur Unternehmen konkurrieren<br />

untere<strong>in</strong>ander, der Wettbewerb<br />

hat auch e<strong>in</strong>zelne Standorte von Konzernen<br />

ergriffen. Im Spannungsfeld dieser Entwicklung<br />

stehen die Beschäft<strong>ig</strong>ten, die mitunter<br />

von den Geschäftsführungen nur h<strong>in</strong>sichtlich<br />

ihrer Effizienz als „Human Resources“<br />

registriert werden. Ihre Interessen werden<br />

von den Arbeitnehmervertretungen wahrgenommen,<br />

den Betriebsräten. Ihnen kommt<br />

die Aufgabe zu, konkrete Situationen richt<strong>ig</strong><br />

e<strong>in</strong>zuschätzen und zu h<strong>in</strong>terfragen, was<br />

sich h<strong>in</strong>ter verme<strong>in</strong>tlich globalen Sachzwängen<br />

und zentralen Konzernentscheidungen<br />

verbirgt.<br />

Wolfgang Strähler<br />

Cathar<strong>in</strong>a Clay, Landesbezirksleiter<strong>in</strong><br />

der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> Baden-Württemberg, will die<br />

Aufgaben e<strong>in</strong>er Gewerkschaft nicht<br />

klischeehaft verstanden wissen. Diskutieren<br />

und verhandeln auf Augenhöhe<br />

reiche oft aus, um die Gewerkschaftsziele<br />

zu erreichen – im Zweifel geht es<br />

aber auch auf die Straße.<br />

Fotos: <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong><br />

„Wir kämpfen anders“<br />

Cathar<strong>in</strong>a Clay über das Selbstverständnis der <strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie<br />

Seit Anfang des Jahres steht Cathar<strong>in</strong>a<br />

Clay an der Spitze der <strong>IG</strong> Bergbau,<br />

Chemie, Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>) im Land. Im<br />

Interview erklärt die Landesbezirksleiter<strong>in</strong>,<br />

warum die Gewerkschaft starke Verhandlungspositionen<br />

hat.<br />

Mit 670 000 Mitgliedern ist die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> die<br />

drittgrößte Gewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund.<br />

Trotzdem ist sie vielen unbekannt.<br />

Streiken Sie zu wen<strong>ig</strong>?<br />

In den Betrieben unserer Branchen s<strong>in</strong>d<br />

wir sehr wohl bekannt, denn auch bei uns<br />

werden Tarifrunden mit Aktionen und betrieblichen<br />

Veranstaltungen begleitet, die<br />

zur Durchsetzung unserer Forderungen<br />

wicht<strong>ig</strong> s<strong>in</strong>d. Leider nimmt uns die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Öffentlichkeit wen<strong>ig</strong>er wahr, weil wir<br />

bisher gute Tarifabschlüsse auch ohne<br />

Streiks erreichen. Es wäre ja schlimm, wenn<br />

e<strong>in</strong>e Gewerkschaft nur dann bekannt wird,<br />

wenn sie streikt. Wir s<strong>in</strong>d bei vielen Themen<br />

Vorreiter. Das gel<strong>in</strong>gt uns nur durch die<br />

große Unterstützung aus den Betrieben <strong>in</strong><br />

vielfält<strong>ig</strong>en Aktionen während der Tarifrunden.<br />

Wir haben <strong>in</strong> diesem Jahr die<br />

Weiterentwicklung unserer Regelungen für<br />

den demografischen Wandel <strong>in</strong> den Betrieben<br />

nur geschafft, weil Tausende Kollegen<br />

demonstriert haben. Die Unterstützung für<br />

unsere Arbeit <strong>in</strong> den Betrieben spüren die<br />

Arbeitgeber sehr genau, sonst wären unsere<br />

Tarifabschlüsse nicht so gut, wie sie s<strong>in</strong>d.<br />

Auf den ersten Blick ersche<strong>in</strong>t die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> wie<br />

e<strong>in</strong> großer Bauchladen mit vielen kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>zelgewerkschaften.<br />

Welche Branchen geben bei<br />

Ihnen den Ton an und bestimmen die Richtung?<br />

Unsere größte Branche, die auch die<br />

Leitfunktion hat, ist die chemische Industrie.<br />

In Baden-Württemberg gehören fast<br />

zwei Drittel der Beschäft<strong>ig</strong>ten, für die wir<br />

als <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> zuständ<strong>ig</strong> s<strong>in</strong>d, der chemischen<br />

Industrie an. Die Themen, die wir <strong>in</strong> der<br />

chemischen Industrie bewegen, f<strong>in</strong>den sich<br />

natürlich <strong>in</strong> allen anderen Branchen wieder,<br />

weil sie nicht unbed<strong>in</strong>gt branchenspezifisch<br />

s<strong>in</strong>d. Der demografische Wandel, der Bedarf<br />

an Fachkräftenachwuchs und die Umsetzung<br />

der Anforderungen aus der Energiewende<br />

s<strong>in</strong>d Themen, die alle Branchen bei<br />

uns betreffen. Bis 67 arbeiten müssen und<br />

die Konsequenzen daraus für bessere<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, Familie und Beruf<br />

mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen sowie<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, die nicht krank machen,<br />

s<strong>in</strong>d Themen, die unsere Kollegen<br />

beschäft<strong>ig</strong>en – unabhäng<strong>ig</strong> von der Branche,<br />

<strong>in</strong> der sie arbeiten.<br />

Das Verhältnis der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> zu den Arbeitgeberverbänden<br />

ist für Außenstehende wen<strong>ig</strong>er kämpferisch<br />

als das der großen Schwestern <strong>IG</strong> Metall<br />

oder Verdi. Woran liegt das?<br />

Wir s<strong>in</strong>d genauso kämpferisch, wenn es<br />

um unsere Anliegen geht. Wir kämpfen nur<br />

anders. Das wird <strong>in</strong> der Öffentlichkeit wen<strong>ig</strong>er<br />

wahrgenommen, da die Medien wen<strong>ig</strong>er<br />

darüber berichten. Bei unserer Art zu kämpfen<br />

muss man als Gewerkschaft noch mehr<br />

Stärke und Kraft ze<strong>ig</strong>en. Am Verhandlungstisch<br />

zu guten Ergebnissen zu kommen,<br />

bedeutet, auf Augenhöhe zu verhandeln.<br />

Das geht nur, wenn man von dem anderen<br />

als starker Partner akzeptiert wird und klar<br />

ist: wir haben nicht nur Kompetenz und<br />

gute Argumente, sondern wir könnten auch<br />

jederzeit anders. Das R<strong>in</strong>gen um die Positionen<br />

ist genauso wie bei unseren Schwestergewerkschaften.<br />

GUTE BEDINGUNGEN<br />

UND FAIRER UMGANG<br />

Welche Rolle spielt dabei die Sozialpartnerschaft<br />

mit der chemischen Industrie?<br />

Für uns bedeutet Sozialpartnerschaft<br />

das Grundverständnis, dass wir die geme<strong>in</strong>same<br />

Verantwortung für die nachhalt<strong>ig</strong>e<br />

Gestaltung unserer Branchen, allen voran<br />

die der Chemiebranche, ernst nehmen. Unser<br />

Fokus liegt dabei klar auf der Sicherung<br />

und Weiterentwicklung der Beschäft<strong>ig</strong>ung,<br />

und das bedeutet auch gute Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

und den fairen Umgang mite<strong>in</strong>ander.<br />

Das gestalten wir auch mit geme<strong>in</strong>samen<br />

außertariflichen Initiativen zum Beispiel<br />

zur Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie und<br />

Beruf, im Bereich Umweltschutz, bei Energiefragen<br />

oder unserem sogenannten Wittenberg-Prozess,<br />

bei dem es um Ethikfragen<br />

und Nachhalt<strong>ig</strong>keit <strong>in</strong> der Wirtschaft geht.<br />

Das gestalten wir auch geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> den<br />

qualitativen Themen unserer Tarifverträge,<br />

von der Erhöhung des Ausbildungsplatzangebots<br />

bis zu Möglichkeiten des flexiblen<br />

Ausstiegs aus dem Arbeitsleben. Natürlich<br />

haben wir <strong>in</strong> diesen Themen häuf<strong>ig</strong> unterschiedliche<br />

Positionen, um die wir r<strong>in</strong>gen,<br />

aber wir haben e<strong>in</strong>en Weg gefunden, dies <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Art und Weise zu tun, die den Austausch<br />

und das Gespräch möglich macht.<br />

Das bedeutet nicht, e<strong>in</strong>en Kuschelkurs zu<br />

fahren. Bei grundsätzlich unterschiedlichen<br />

Positionen, gerade bei Tarifause<strong>in</strong>andersetzungen,<br />

geht es auch mal be<strong>in</strong>hart zu.<br />

Mit welchen Erwartungen gehen Sie <strong>in</strong> die<br />

kommenden Tarifrunden?<br />

Natürlich wird auch <strong>in</strong> Zukunft die Entwicklung<br />

der Entgelte die zentrale Rolle<br />

spielen, um die realen E<strong>in</strong>kommen der<br />

Arbeitnehmerhaushalte nicht nur zu halten,<br />

sondern auch zu verbessern. Und wir stellen<br />

uns auch den Auswirkungen des demografischen<br />

Wandels und damit den Themen der<br />

Ausbildung, dem beruflichen E<strong>in</strong>stieg nach<br />

der Ausbildung, der Qualifizierung auch im<br />

höheren Alter, altersgerechter Arbeit, der<br />

Leistungsverdichtung, dem Gesundheitsschutz<br />

und möglichen Ausstiegsszenarien<br />

für belastete Arbeitnehmergruppen. Zur<br />

Zeit führen wir Tarifverhandlungen für die<br />

Kunststoff<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Baden-Württemberg.<br />

Wir erwarten, dass die Arbeitgeber hier wie<br />

auch <strong>in</strong> allen anderen Branchen begreifen,<br />

dass attraktive Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen entscheidend<br />

s<strong>in</strong>d, und dazu gehören die Entgelte,<br />

um die guten Leute <strong>in</strong> die e<strong>ig</strong>enen<br />

Branchen zu bekommen und sie dort zu<br />

halten. Das ist entscheidend für die Zukunft<br />

dieser Branchen. Unsere Kollegen haben seit<br />

Beg<strong>in</strong>n der Wirtschaftskrise 2009 Beiträge<br />

geleistet durch Verzicht und durch hohes<br />

Engagement, um die Betriebe zu erhalten<br />

und voranzubr<strong>in</strong>gen. Wir erwarten, dass das<br />

angemessen honoriert wird.<br />

Seit Anfang des Jahres stehen Sie an der Spitze<br />

der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong> Baden-Württemberg. Wo setzen<br />

Sie persönlich Ihre Schwerpunkte?<br />

Me<strong>in</strong>e und unsere Schwerpunkte ergeben<br />

sich aus den aktuellen Entwicklungen<br />

<strong>in</strong> unseren Branchen und Betrieben, aber<br />

auch aus den politischen und gesellschaftlichen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen. Da ist zum<br />

e<strong>in</strong>en der demografische Wandel unserer<br />

Gesellschaft. Dieser spiegelt sich ja auch <strong>in</strong><br />

den Betrieben wider und ist die zentrale<br />

Herausforderung der nächsten Jahre. Unsere<br />

Kollegen <strong>in</strong> den Betrieben sollen länger<br />

arbeiten. Daher brauchen wir Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen,<br />

die das auch möglich machen und<br />

die darauf ausgerichtet s<strong>in</strong>d, dass ältere<br />

Menschen andere Bed<strong>in</strong>gungen haben als<br />

jüngere. Und wir brauchen mehr Frauen <strong>in</strong><br />

den Betrieben, und zwar auf allen Ebenen –<br />

nicht nur aus demografischen Gründen. Die<br />

Anforderungen von Frauen müssen stärker<br />

berücksicht<strong>ig</strong>t werden, Hürden für die Vere<strong>in</strong>barkeit<br />

von Beruf und Familie müssen<br />

für Frauen und Männer abgebaut werden.<br />

E<strong>in</strong> weiteres zentrales Thema ist die<br />

Energiewende. Für die Menschen <strong>in</strong> unserem<br />

Land ist e<strong>in</strong>e bezahlbare und zuverläss<strong>ig</strong>e<br />

Energieversorgung extrem wicht<strong>ig</strong>. Für<br />

die Industrie ist sie die Bed<strong>in</strong>gung für den<br />

Verbleib der Standorte. Mir ist wicht<strong>ig</strong>, dass<br />

das Verständnis für die Wirkung politischer<br />

Entscheidungen auf die Industrie und die<br />

hier arbeitenden Menschen bei den politischen<br />

Entscheidungsträgern weiterentwickelt<br />

wird. Der Dialog zwischen Betriebsräten<br />

und Politikern ist daher aus me<strong>in</strong>er<br />

Sicht sehr wicht<strong>ig</strong>.<br />

ENERGIEWENDE:<br />

KEIN GESAMTKONZEPT<br />

Bei der Energiewende setzt die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> auf<br />

maßvolle Kostenbeteil<strong>ig</strong>ung. E<strong>in</strong>erseits sollen<br />

<strong>energie</strong><strong>in</strong>tensive Betriebe nicht überfordert werden,<br />

andererseits sollen aber auch Privathaushalte<br />

nicht belastet werden. Wer soll denn dann<br />

die Energiewende bezahlen?<br />

Die Umsetzung der Energiewende ist<br />

nur im breiten Konsens möglich. E<strong>in</strong> Gesamtkonzept<br />

dazu steht bisher aus. Deshalb<br />

formulieren wir Grundanforderungen als<br />

Bed<strong>in</strong>gungen für diesen breiten Konsens.<br />

Energie<strong>in</strong>tensive Betriebe s<strong>in</strong>d für die Umsetzung<br />

der Energiewende unerlässlich mit<br />

ihren Forschungsergebnissen und ihren Produkten.<br />

Privathaushalte haben jetzt schon<br />

erheblich gestiegene Energiekosten. Niemand<br />

darf überfordert werden durch die<br />

Energiewende, denn das stellt den breiten<br />

Konsens <strong>in</strong>frage. Im Vordergrund der Gestaltung<br />

der Energiewende müssen Versorgungssicherheit,<br />

Umwelt- und Sozialverträglichkeit<br />

sowie wettbewerbsfäh<strong>ig</strong>e Preise stehen.<br />

Der Weg zur Erreichung der <strong>energie</strong>und<br />

klimapolitischen Ziele bis 2050 muss<br />

e<strong>in</strong> offener Entwicklungsprozess se<strong>in</strong>. Dazu<br />

haben wir als <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> mit unserem Innovationskongress<br />

am 27. November <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> alle<br />

gesellschaftlichen Gruppen e<strong>in</strong>geladen.<br />

Die Fragen stellte Ingo Dalcolmo.<br />

www.yourJobChem.com<br />

E<strong>in</strong>e Initiative des Arbeitgeberverbandes Chemie Baden-Württemberg e.V.<br />

Die Chemie stimmt.<br />

„Sicher auch zwischen uns. Wir suchen junge Talente für Zukunftsthemen.<br />

Entdecken Sie Ihre Zukunft <strong>in</strong> der chemischen und pharmazeutischen Industrie<br />

Baden-Württembergs!“<br />

Das neue Karriereportal yourJobChem bietet Studenten und Young Professionals<br />

perfekte Perspektiven – vom Praktikum bis zum Jobe<strong>in</strong>stieg!


Dienstag, 20. November 2012<br />

<strong>IG</strong> BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE IN BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

3<br />

Zukunftsgewerkschaft mit Tradition<br />

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie<br />

Die Industriegewerkschaft Bergbau,<br />

Chemie, Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>) versteht<br />

sich als Zukunftsgewerkschaft. Tatsächlich<br />

ist sie erst vor 15 Jahren gegründet<br />

worden. Doch ihre Wurzeln reichen weit<br />

zurück. Sie ist durch e<strong>in</strong>e Fusion der Gewerkschaften<br />

<strong>IG</strong> Chemie-Papier-Keramik, der <strong>IG</strong><br />

Bergbau und Energie und der Gewerkschaft<br />

Leder entstanden. Ob die BASF <strong>in</strong> Ludw<strong>ig</strong>shafen,<br />

der Kohle<strong>bergbau</strong> im Ruhrgebiet<br />

oder Salamander <strong>in</strong> Kornwestheim – Anknüpfungspunkte<br />

und Er<strong>in</strong>nerungen gibt es<br />

genug, sie zeugen von e<strong>in</strong>er langen und<br />

selbstbewussten Tradition dieser Gewerkschaften.<br />

Hubertus Schmoldt, der damal<strong>ig</strong>e<br />

erste Vorsitzende auf dem 1. Ordentlichen<br />

Gewerkschaftskongress der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> am 6. Oktober<br />

1997, entließ die neue Gewerkschaft<br />

mit den Worten <strong>in</strong> die Zukunft: „Die neue<br />

Organisation steht. In großer Geschlossenheit,<br />

<strong>in</strong> bee<strong>in</strong>druckender Art und Weise<br />

haben die Delegierten die politischen Weichen<br />

gestellt.“<br />

Die Probleme und Herausforderungen,<br />

vor denen die Gewerkschaften damals standen<br />

und die letztlich auch ausschlaggebend<br />

für e<strong>in</strong>e Fusion waren, haben sich im vergangenen<br />

Jahrzehnt kaum verändert: Die<br />

Globalisierung der Wirtschaft, der Kampf<br />

gegen die Arbeitslos<strong>ig</strong>keit, wirtschaftsliberales<br />

Gedankengut sowie die Herausforderungen<br />

<strong>in</strong> der Europäischen Union lieferten<br />

schon damals die Begründung für e<strong>in</strong>e<br />

stärkere Zusammenarbeit. Es war auch e<strong>in</strong><br />

erster Schritt zur Modernisierung der deutschen<br />

Gewerkschaftsbewegung. Gleichzeit<strong>ig</strong><br />

mit der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> wurde die Organisationsreform<br />

im Deutschen Gewerkschaftsbund<br />

(DGB) weiter vorangebracht; andere Gewerkschaften<br />

schlossen sich ebenfalls zusammen.<br />

IM DIALOG MIT<br />

ALLEN SEITEN<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> stellt sich dem Strukturwandel<br />

<strong>in</strong> der Wirtschaft, aber auch der<br />

demografischen Entwicklung. Im Dialog mit<br />

Unternehmen, Verbänden und der Politik<br />

setzt sie sich dafür e<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong>dustrielle<br />

Produktion <strong>in</strong> Deutschland weiterh<strong>in</strong> Entwicklungsmöglichkeiten<br />

besitzt. Dabei baut<br />

sie auf nachhalt<strong>ig</strong>e Entwicklung und bekennt<br />

sich zur Sozialpartnerschaft. Sie will<br />

für e<strong>in</strong> besseres Mite<strong>in</strong>ander von Beruf und<br />

Familie sorgen und hat es sich zur Aufgabe<br />

gemacht, <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Betrieben die<br />

Voraussetzungen für „gute Arbeit“ zu schaffen,<br />

die nicht durch Stress, Leistungsdruck<br />

und Sorge um den e<strong>ig</strong>enen Arbeitsplatz<br />

geprägt ist. Die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> rückt den Menschen<br />

<strong>in</strong> den Mittelpunkt. Der <strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Vorsitzende<br />

Michael Vassiliadis fordert: „Wer unser<br />

Land auf dem Innovationspfad halten will,<br />

der muss die Potenziale se<strong>in</strong>er Menschen<br />

fördern.“<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> entwickelt zudem Arbeitszeitmodelle<br />

für die unterschiedlichen Lebensphasen<br />

sowie e<strong>in</strong>en flexiblen Übergang <strong>in</strong><br />

den Ruhestand. Vassiliadis anlässlich des<br />

diesjähr<strong>ig</strong>en Chemie-Tarifabschlusses: „Wir<br />

haben für e<strong>in</strong>e kräft<strong>ig</strong>e Entgelterhöhung<br />

und für e<strong>in</strong>e zeitliche Entlastung <strong>in</strong>sbesondere<br />

der älteren Beschäft<strong>ig</strong>ten gesorgt.<br />

Unsere <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> gestaltet den demografischen<br />

Wandel so, dass sich die Arbeits- und<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen für alle verbessern.“<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> versteht sich als e<strong>in</strong>e demokratische,<br />

mitgliederorientierte Gewerkschaft.<br />

Sie ist e<strong>in</strong>e der E<strong>in</strong>zelgewerkschaften<br />

im DGB. Um die Betreuung der 675 000<br />

Mitglieder zu gewährleisten, gliedert sich<br />

die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong> 44 regionale Bezirke. Diese<br />

s<strong>in</strong>d Ansprechpartner für die Mitglieder<br />

und bieten zugleich Vertrauensleuten und<br />

Betriebsräten Unterstützung bei ihrem Engagement<br />

<strong>in</strong> den Betrieben. Baden-Württemberg<br />

teilt sich auf <strong>in</strong> die Bezirke Mannheim,<br />

Karlsruhe, Freiburg, Ulm und Kornwestheim.<br />

Letzterer umfasst auch den Großraum<br />

Stuttgart. Das Büro bef<strong>in</strong>det sich unweit des<br />

ehemal<strong>ig</strong>en Salamanderwerkes <strong>in</strong> Kornwestheim.<br />

ACHT<br />

LANDESBEZIRKE<br />

Tradition und der Blick<br />

nach vorn s<strong>in</strong>d bei der <strong>IG</strong><br />

<strong>BCE</strong> ke<strong>in</strong>e Widersprüche.<br />

Foto: <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong><br />

Baden-Württemberg selbst ist e<strong>in</strong>er der<br />

acht Landesbezirke, die für die Koord<strong>in</strong>ation<br />

und Abstimmung über die Grenzen der<br />

Bezirke h<strong>in</strong>aus sorgen. Die anderen s<strong>in</strong>d<br />

Bayern, Hessen/Thür<strong>in</strong>gen, Nord, Nordost,<br />

Nordrhe<strong>in</strong>, Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz/Saarland und<br />

Westfalen. In diesen Landesbezirken wird<br />

beispielsweise die überbezirkliche Tarifarbeit<br />

koord<strong>in</strong>iert, hier werden die gewerkschaftlichen<br />

Interessen gegenüber der Landesregierung<br />

vertreten und die Positionen<br />

der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> beim Landes-DGB und den Vertretungsgremien<br />

der Sozialversicherungen<br />

mit e<strong>in</strong>gebracht.<br />

Der geschäftsführende Hauptvorstand<br />

der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> hat se<strong>in</strong>en Sitz <strong>in</strong> Hannover.<br />

27 Fachabteilungen koord<strong>in</strong>ieren Fragen<br />

beispielsweise der Wirtschafts- und Industriepolitik.<br />

Hier wird an tarifpolitischen Konzeptionen<br />

und sozial- und arbeitsmarktpolitischen<br />

Fragen gearbeitet. Höchstes Gremium<br />

ist der alle vier Jahre tagende ordentliche<br />

<strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Kongress, auf dem von der<br />

Basis gewählte Delegierte über die gewerkschaftspolitische<br />

Ausrichtung ihrer Gewerkschaft<br />

beschließen. Die ehrenamtlichen Delegierten<br />

wählen auch die Mitglieder des<br />

Hauptvorstands.<br />

Basis der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> s<strong>in</strong>d die gewählten<br />

Vertrauensleute im Betrieb. Sie haben vor<br />

allem die Aufgabe, die Mitglieder der<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> vor Ort zu <strong>in</strong>formieren und zu betreuen.<br />

Der Betriebsrat ist dagegen der e<strong>in</strong>z<strong>ig</strong>e<br />

von Arbeitnehmern gewählte, gesetzliche<br />

Vertreter aller Beschäft<strong>ig</strong>ten. Er ist derjen<strong>ig</strong>e<br />

auf Arbeitnehmerseite, der – <strong>in</strong> der<br />

Regel mit Unterstützung der Gewerkschaft –<br />

mit der Unternehmensleitung Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />

aushandelt, um Verbesserungen<br />

für die Beschäft<strong>ig</strong>ten zu erreichen. Vertrauensleute<br />

werden laut Satzung der<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> alle vier Jahre gewählt. Aktiv wie<br />

passiv wahlberecht<strong>ig</strong>t für die gewerkschaftlichen<br />

Vertrauensleute s<strong>in</strong>d alle Mitglieder<br />

der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> im Unternehmen. Über die Bezirksdelegiertenkonferenz<br />

nehmen sie direkten<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die Arbeit der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>.<br />

Auch <strong>in</strong> Ortsgruppen ist die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> präsent,<br />

oft durch die Tradition großer ortsansäss<strong>ig</strong>er<br />

Bergbauunternehmen. Beispiele<br />

aus Baden-Württemberg s<strong>in</strong>d die Salzbergwerke<br />

<strong>in</strong> Bad Friedrichshall und Heilbronn.<br />

In diesen Ortsgruppen kommen die Gewerkschafter<br />

zusammen, hier können sie über<br />

aktuelle gewerkschaftliche Themen diskutieren,<br />

Bildungsveranstaltungen organisieren,<br />

langjähr<strong>ig</strong>e Mitglieder für ihre Treue<br />

zur <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> ehren oder sich mit anderen<br />

Akteuren der Region zusammentun, um<br />

geme<strong>in</strong>same Ziele durchzusetzen. Die Ortsgruppen<br />

wählen ihre e<strong>ig</strong>enen Vorstände,<br />

können bei wicht<strong>ig</strong>en Entscheidungen auf<br />

den Gewerkschaftskongressen mitwirken<br />

und auch <strong>in</strong> der Lokalpolitik mitreden – ob<br />

bei kommunalen Problemen, Wirtschaftspolitik<br />

oder der Standortsicherung. Zudem<br />

bietet der zuständ<strong>ig</strong>e <strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Bezirk Kontakte<br />

zu wicht<strong>ig</strong>en Ansprechpartnern <strong>in</strong> der<br />

Region.<br />

E<strong>in</strong>en neuen Weg geht die Industriegewerkschaft<br />

seit dem Jahr 2008 mit den<br />

Regionalforen. Sie verknüpfen die gewerkschaftlichen<br />

Aktivitäten von Ortsgruppen<br />

und Vertrauensleuten vor Ort und fördern<br />

den Erfahrungsaustausch untere<strong>in</strong>ander.<br />

Gleichzeit<strong>ig</strong> koord<strong>in</strong>ieren sie auch die Seniorenarbeit<br />

und organisieren Jugendaktivitäten<br />

sowie Freizeitveranstaltungen. E<strong>in</strong> Beispiel<br />

hierfür ist das Regionalforum Heilbronn-Franken.<br />

Neben regelmäß<strong>ig</strong>en Versammlungen<br />

<strong>in</strong>formiert seit kurzem auch<br />

e<strong>in</strong>e e<strong>ig</strong>ene Zeitung über die geme<strong>in</strong>samen<br />

Aktivitäten der fünf beteil<strong>ig</strong>ten Ortsgruppen.<br />

Wolfgang Strähler<br />

Für e<strong>in</strong> Prozent des Gehalts<br />

Vorteile der Mitgliedschaft<br />

Ob Verdi, <strong>IG</strong> Metall oder <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> –<br />

traditionell beträgt der Mitgliedsbeitrag<br />

der Gewerkschaften e<strong>in</strong> Prozent<br />

des durchschnittlichen monatlichen<br />

Bruttoe<strong>in</strong>kommens. Diese Ausgaben können<br />

bei der Steuererklärung als Werbungskosten<br />

abgesetzt werden. Bei Studenten und<br />

Arbeitslosen wird der Beitrag dem angepasst,<br />

was sie sich leisten können. Das ist<br />

überschaubar und rechnet sich. Bekanntlich<br />

handelt dann im Gegenzug die Gewerkschaft<br />

die Tarifverträge aus, damit die Arbeitnehmer<br />

nicht <strong>in</strong>s H<strong>in</strong>tertreffen geraten.<br />

Doch e<strong>in</strong>e Gewerkschaft wie die Industriegewerkschaft<br />

Bergbau, Chemie und Energie<br />

bietet noch mehr:<br />

•Die Mitglieder s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> ihrer Freizeit<br />

gut versichert – das garantiert die<br />

Freizeitunfallversicherung <strong>in</strong> Ergänzung zur<br />

Berufsunfallversicherung.<br />

•Die Mitgliedschaft <strong>in</strong> der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> bedeutet<br />

auch umfassenden Rechtsschutz, speziell<br />

bei Fragen des Arbeits- und Sozialrechts.<br />

•Weil die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> sich für e<strong>in</strong> gerechteres<br />

Bildungssystem e<strong>in</strong>setzt, wird sie hier selbst<br />

tät<strong>ig</strong>. Sie hat umfangreiche Aktivitäten zu<br />

diesem Thema gestartet – von Sem<strong>in</strong>aren<br />

zum Thema „Arbeitsrecht“ bis zu Workshops,<br />

die bei der Mobb<strong>in</strong>g-Problematik<br />

weiterhelfen.<br />

Die Mitgliedschaft birgt noch weitere<br />

Vorteile. Bei vielen Verbänden, Vorsorgeunternehmen<br />

oder Veranstaltungen bekommen<br />

<strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Mitglieder über die <strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Bonusagentur<br />

Rabatte. So können sie beim<br />

Kauf von Konzert- oder Fußballkarten bis zu<br />

25 Prozent sparen, e<strong>in</strong><strong>ig</strong>e Versicherungen<br />

geben bis zu 45 Prozent Beitragsrabatt, und<br />

sogar Reisen können dadurch günst<strong>ig</strong>er<br />

se<strong>in</strong>. Geschäftsführer Jens Klawitter erklärt<br />

die Idee h<strong>in</strong>ter der Bonusagentur: „Wir s<strong>in</strong>d<br />

ke<strong>in</strong> Anbieter, sondern Vermittler von Leistungen<br />

und Produkten. Unsere Anforderungen<br />

an die Kooperationspartner unterliegen<br />

hohen Qualitätsanforderungen.“<br />

Die Bonusagentur versichert, Produkte<br />

und Angebote auszuwählen, die e<strong>in</strong>en<br />

Bezug zu den gewerkschaftlichen Zielen<br />

haben. Klawitter unterstreicht diesen<br />

Anspruch: „Unsere Angebote stehen für die<br />

Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Lebenswelt.<br />

Wir wollen mit guter Arbeit e<strong>in</strong> gutes Leben<br />

sichern.“<br />

E<strong>in</strong> Beispiel ist das Paket der Allianz. Für<br />

alle drei Schichten der Altersvorsorge (Basisversorgung,<br />

Riesterrente und Privatvorsorge)<br />

bietet das Versicherungsunternehmen<br />

<strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Mitgliedern im Bereich Altersvorsorgeschutz<br />

der Bonusagentur e<strong>in</strong> Produkt,<br />

<strong>in</strong> dem Garantien und Fondsanlage<br />

komb<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d. Die Mitglieder können<br />

neben e<strong>in</strong><strong>ig</strong>en anderen Produktvorteilen ab<br />

2013 e<strong>in</strong>en Fonds wählen, der sich durch<br />

e<strong>in</strong>e gute Performance <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

und ger<strong>in</strong>ge Kosten vom Marktdurchschnitt<br />

abhebt.<br />

Uwe Rodestock von der Allianz <strong>in</strong> Stuttgart<br />

erläutert das Konzept: „Es geht um e<strong>in</strong><br />

ausgewogenes Zusammenspiel zwischen<br />

Chance und Sicherheit. Kunden sollen an<br />

den Kapitalmärkten teilhaben und gleichzeit<strong>ig</strong><br />

darauf vertrauen können, zum Rentenbeg<strong>in</strong>n<br />

m<strong>in</strong>destens ihre e<strong>in</strong>gezahlten Beiträge<br />

sowie e<strong>in</strong>e garantierte M<strong>in</strong>destrente<br />

zu bekommen.“<br />

Die Sicherheit für die Rente ergebe sich<br />

durch das leistungsstarke Sicherungsvermögen<br />

der Allianz Lebensversicherungs-AG.<br />

Zum Rentenbeg<strong>in</strong>n seien die für die Altersvorsorge<br />

gezahlten Beiträge garantiert.<br />

Rodestock: „Ebenso gibt es bereits bei Vertragsabschluss<br />

e<strong>in</strong>e garantierte M<strong>in</strong>destrente.<br />

Nach Rentenbeg<strong>in</strong>n läuft diese Rente<br />

e<strong>in</strong> Leben lang.“<br />

Übr<strong>ig</strong>ens: die Frage, was die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> mit<br />

den Mitgliedsbeiträgen macht, kann beantwortet<br />

werden. Das Internet gibt Auskunft.<br />

Dort heißt es: „Sie f<strong>in</strong>anziert e<strong>in</strong> großes<br />

Netzwerk aus Bildungsstätten, regionalen<br />

Büros und betrieblichen Beratern. Die Gewerkschaftssekretäre<br />

s<strong>in</strong>d Fachleute für Ausbildung,<br />

Qualifikation, Arbeitsschutz oder<br />

Arbeitsrecht, die bei den vielen Fusionen,<br />

Betriebsschließungen und Umstrukturierungen<br />

das Maximum an Schutz für die Arbeitnehmer<br />

herausholen.“ Wolfgang Strähler<br />

www.<strong>ig</strong>bce.de/<strong>ig</strong>bce/mitglied-werden<br />

Deutscher Gewerkschaftsbund<br />

Bezirk Baden-Württemberg<br />

Der Dachverband der Gewerkschaften<br />

www.bw.dgb.de<br />

Über 800.000 Mitglieder im Land vertrauen e<strong>in</strong>er starken Organisation.<br />

Werden auch Sie Mitglied: www.dgb.de/service/mitglied-werden


4<br />

<strong>IG</strong> BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE IN BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

Dienstag, 20. November 2012<br />

Mehr als Pokern<br />

um Prozente<br />

Tarifpolitik ist bei weitem<br />

nicht nur Entgeltpolitik<br />

In der Tarifpolitik geht es um Geld. Aber<br />

auch um vieles andere mehr: Arbeitszeit<br />

etwa oder Altersvorsorge. Tarifverträge<br />

s<strong>in</strong>d Standardwerke, <strong>in</strong> denen Arbeitsverhältnisse<br />

geregelt werden. Allgeme<strong>in</strong> für<br />

Branchen oder speziell für Gruppen. Die<br />

<strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>) vertritt<br />

50 Industrien und hat den Ruf e<strong>in</strong>er<br />

Gewerkschaft mit <strong>in</strong>novativer Tarifpolitik.<br />

Die erste Gewerkschaft wurde 1842 <strong>in</strong><br />

Belgien von Schriftsetzern <strong>in</strong> Brüssel gegründet.<br />

Den Beschäft<strong>ig</strong>ten dort g<strong>in</strong>g es damals<br />

vor allem um e<strong>in</strong>e Verbesserung ihrer Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen.<br />

Später setzten und setzen<br />

sich alle Gewerkschaften für Bildung,<br />

höhere Löhne, mehr Mitbestimmung, Arbeitszeitverkürzungen<br />

und grundlegende<br />

Veränderungen <strong>in</strong> der Gesellschaft – etwa<br />

den demografischen Wandel – e<strong>in</strong>. „Vieles<br />

davon wird <strong>in</strong> Tarifverträgen geregelt“, sagt<br />

Uwe Bruchmüller, stellvertretender Landesbezirksleiter<br />

bei der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong> Baden-Württemberg.<br />

Tarifpolitik gehört zu den Kernbereichen<br />

gewerkschaftlicher Arbeit. Weil<br />

es neben Geld um gute Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

geht, ist Tarifpolitik weit mehr als e<strong>in</strong><br />

Pokern um Prozente.<br />

E<strong>in</strong>kommen und Ausbildungsvergütungen,<br />

Zulagen bei Nacht-, Sonntags- und<br />

Feiertagsarbeit, Arbeitszeit, Altersvorsorge,<br />

Freistellungs- und Arbeitsvertragsbestimmungen<br />

werden <strong>in</strong> Tarifverträgen geregelt.<br />

Es gibt auch Tarifverträge zu aktuellen<br />

Themen oder für spezielle Berufsgruppen,<br />

<strong>in</strong> denen beispielsweise Ausbildung und<br />

Ausbildungsvergütung vere<strong>in</strong>bart s<strong>in</strong>d. Tarifverträge<br />

können bundesweit, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Tarifbezirk oder für e<strong>in</strong>en Betrieb gelten.<br />

GANZE BRANCHEN<br />

PROFITIEREN VOM TARIF<br />

„Re<strong>in</strong> juristisch gesehen dürften nur die<br />

Gewerkschaftsmitglieder <strong>in</strong> den Betrieben<br />

von Gehaltserhöhungen oder anderen Vere<strong>in</strong>barungen<br />

profitieren, die wir ausgehandelt<br />

haben“, so Bruchmüller. In Wirklichkeit<br />

aber kommen alle Beschäft<strong>ig</strong>ten <strong>in</strong> den<br />

Genuss der Verbesserungen, „weil die Arbeitgeber<br />

ke<strong>in</strong>en Unterschied bei ihren Mitarbeitern<br />

machen“. Insofern profitiert wen<strong>ig</strong>er<br />

der E<strong>in</strong>zelne als die gesamte Branche<br />

von Tarifverträgen.<br />

Von den rund 675 000 Mitgliedern der<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> s<strong>in</strong>d 50 000 <strong>in</strong> Baden-Württemberg.<br />

Bundesweit vertritt die Gewerkschaft 50<br />

Branchen. Neben den dreien im Namen s<strong>in</strong>d<br />

das <strong>in</strong> Baden-Württemberg beispielsweise<br />

die keramische und die Kunststoffbranche,<br />

„die wir als Zukunfts<strong>in</strong>dustrie sehen und <strong>in</strong><br />

der wir e<strong>in</strong>en Aufbau von Arbeitsplätzen<br />

beobachten“. Die Automobilzulieferer spielen<br />

nach Angaben von Bruchmüller dabei<br />

e<strong>in</strong>e wicht<strong>ig</strong>e Rolle. Weitere Branchen s<strong>in</strong>d<br />

der Salz<strong>bergbau</strong>, die Kautschuk<strong>in</strong>dustrie,<br />

die Leder- und Glas<strong>in</strong>dustrie sowie die Papier<strong>in</strong>dustrie.<br />

„In Baden-Württemberg wird<br />

deutschlandweit das meiste Papier erzeugt“,<br />

sagt der Gewerkschaftsvertreter. Politisch<br />

und nach Anzahl der Mitglieder gesehen ist<br />

aber die chemische Industrie die bedeutendste<br />

für die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>. Die Chemiebranche hat<br />

für die Gewerkschaft e<strong>in</strong>e Leitbildfunktion<br />

<strong>in</strong> der Tarifarbeit.<br />

FLEXIBLE REGELUNGEN<br />

ALS ZIEL<br />

„Die Chemie-Arbeitgeber s<strong>in</strong>d mit dem<br />

Ziel, Arbeitszeit zu verlängern und Altersfreizeit<br />

abzuschaffen oder zu kürzen, <strong>in</strong> die<br />

Tarifrunde gestartet. Das haben wir abgewehrt“,<br />

sagt Peter Hausmann, Verhandlungsführer<br />

und Vorstandsmitglied der Gewerkschaft.<br />

Im Mai 2012 vere<strong>in</strong>barten die Parteien<br />

e<strong>in</strong>e Erhöhung der E<strong>in</strong>kommen um<br />

4,5 Prozent, Azubis bekommen 50 Euro<br />

monatlich mehr, und zur Ste<strong>ig</strong>erung der<br />

Attraktivität für Berufse<strong>in</strong>ste<strong>ig</strong>er wurden<br />

besondere Regelungen bei Ausbildung und<br />

Übernahme getroffen.<br />

„Wir versuchen mit unserer Tarifpolitik<br />

flexible Regelungen zu schaffen, damit <strong>in</strong><br />

wirtschaftlich schwier<strong>ig</strong>en Zeiten Gehälter<br />

beispielsweise abgesenkt werden können“,<br />

sagt Bruchmüller. Das sei besser als Künd<strong>ig</strong>ungen.<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> gilt als Vorreiter bei<br />

zukunftsweisenden Tarifmodellen. Beispiele<br />

dafür s<strong>in</strong>d die Tarifverträge „Start <strong>in</strong> den<br />

Beruf“‚ „Zukunft durch Ausbildung“ sowie<br />

„Lebensarbeitszeit und Demografie“. Alle<br />

drei Verträge wurden mit der chemischen<br />

Industrie geschlossen, sollen und können<br />

aber <strong>in</strong> abgewandelter Form auf andere<br />

Branchen übertragen werden.<br />

„Start <strong>in</strong> den Beruf“ dient der Ausbildungsfäh<strong>ig</strong>keit<br />

von Schülern, „Zukunft<br />

durch Ausbildung“ regelt, dass ausgebildet<br />

wird. Und <strong>in</strong> „Lebensarbeitszeit und Demografie“<br />

wurden die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

Farbe bekennen, aber<br />

auch ausgetretene Wege<br />

der Tarifpolitik verlassen<br />

– beides muss e<strong>in</strong>e<br />

Gewerkschaft können,<br />

sagt Uwe Bruchmüller,<br />

stellvertretender Landesbezirksleiter<br />

bei der<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong> Baden-Württemberg.<br />

Foto: Strähler<br />

dafür geschaffen, dass „die Menschen bis 67<br />

arbeiten können und es flexible Übergänge<br />

aus dem Arbeitsleben <strong>in</strong> die Rente gibt“.<br />

Den Demografie-Fonds nennt Bruchmüller<br />

als e<strong>in</strong> Beispiel <strong>in</strong>novativer Tarifpolitik. Danach<br />

zahlt der Arbeitgeber pro Tarifmitarbeiter<br />

und Jahr 300 Euro (ab 1. Januar 2013<br />

s<strong>in</strong>d es 526 Euro) <strong>in</strong> den betrieblichen<br />

Demografiefonds e<strong>in</strong>. Die Mittel können<br />

entsprechend e<strong>in</strong>er betrieblichen Regelung<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden. Das kann e<strong>in</strong> früheres<br />

Ausscheiden aus dem Berufsleben se<strong>in</strong> oder<br />

e<strong>in</strong>e Auszeit, um Angehör<strong>ig</strong>e zu pflegen<br />

oder sich weiter zu qualifizieren.<br />

„Mit dem Demografiefonds haben wir<br />

tarifpolitisches Neuland betreten und erstmals<br />

e<strong>in</strong>en Tarifvertrag abgeschlossen, der<br />

sich dem demografischen Wandel stellt“,<br />

sagt Bruchmüller. Seit dem Jahr 2008 haben<br />

die Arbeitgeber bereits rund 500 Millionen<br />

Euro <strong>in</strong> den Fonds e<strong>in</strong>bezahlt. Weil die<br />

Menschen immer älter werden, ste<strong>ig</strong>e die<br />

Bedeutung für Vorsorge <strong>in</strong> den Betrieben,<br />

so Bruchmüller. Und weil es immer wen<strong>ig</strong>er<br />

Fachkräfte gibt, müssten die Firmen attraktive<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen bieten, um Nachwuchs<br />

zu bekommen.<br />

Tarifverträge haben ganz unterschiedliche<br />

Laufzeiten. „Wir fordern zunächst<br />

immer zwölf Monate. Doch im Laufe der<br />

Verhandlungen können Kompromisse zu<br />

anderen Zeiten führen.“ Deshalb gelten<br />

manche zwölf Monate, andere 15, der aktuelle<br />

für die chemische Industrie hat e<strong>in</strong>e<br />

Laufzeit von 19 Monaten. Derzeit werden<br />

neue Tarife für die Kunststoff<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong><br />

Baden-Württemberg verhandelt, im Dezember<br />

folgen die ersten Gespräche für die<br />

Fe<strong>in</strong>keramik. „Mit den diesjähr<strong>ig</strong>en Verhandlungen<br />

s<strong>in</strong>d wir also fast durch. Jetzt stehen<br />

die Tarifrunden 2013 und 2014 bei uns im<br />

Fokus.“ Im Mai und Juni 2013 stehen Tarifgespräche<br />

für die Papier<strong>in</strong>dustrie an, im Spätherbst<br />

beg<strong>in</strong>nen die Vorbereitungen für die<br />

chemische Industrie. Zurzeit s<strong>in</strong>d die wirtschaftlichen<br />

Prognosen schlecht. Die Bundesregierung<br />

hat die Wachstumsvorhersage<br />

für 2013 gesenkt und rechnet nur noch mit<br />

e<strong>in</strong>em Anstieg des Brutto<strong>in</strong>landsprodukts<br />

um 1,0 Prozent. 2011 lag der Anstieg bei 3,0<br />

Prozent. „Wir haben natürlich e<strong>in</strong> Auge auf<br />

die wirtschaftliche Situation, die sich <strong>in</strong> den<br />

Branchen allerd<strong>in</strong>gs ganz unterschiedlich<br />

darstellt“, sagt Bruchmüller. Jede Verhandlung<br />

beg<strong>in</strong>ne mit e<strong>in</strong>er Situationsanalyse.<br />

Dann wird bewertet und verhandelt. „Maßgeblich<br />

dafür s<strong>in</strong>d der Produktivitätszuwachs<br />

e<strong>in</strong>er Branche und die Preisste<strong>ig</strong>erungsrate.“<br />

Wenn die Preise ste<strong>ig</strong>en, müsse e<strong>in</strong> Ausgleich<br />

erfolgen, und die Arbeitnehmer müssten<br />

am wirtschaftlichen Erfolg mit e<strong>in</strong>em<br />

deutlichen E<strong>in</strong>kommensplus beteil<strong>ig</strong>t werden.<br />

E<strong>in</strong>en Ausblick auf eventuelle Gehaltsste<strong>ig</strong>erungen<br />

für 2013 zu geben, hält Bruchmüller<br />

aber für unseriös.<br />

Peter Ilg<br />

Zankapfel Leiharbeit<br />

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit<br />

Der besondere Schutz für Mitglieder<br />

der <strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie<br />

Die GUV/FAKULTA - Sicherheit für nur 21 EUR im Jahr.<br />

Die tägliche Arbeit birgt für alle Beschäft<strong>ig</strong>ten besondere Gefahren.<br />

Hektik, Stress und Unachtsamkeit können schwere Folgen haben.<br />

Bei Schadenersatzforderungen ist Hilfe rar. Hier hilft die GUV/FAKULTA<br />

mit ihren Unterstützungsleistungen.<br />

Die Leistungen<br />

Schadenersatzbeihilfe<br />

Bei arbeits- und beamtenrechtlicher Inanspruchnahme. Dies gilt auch<br />

bei Dienstschlüsselverlust und bei Schäden an Dienstfahrzeugen.<br />

Unterstützung bei wirtschaftlicher Notlage<br />

<strong>in</strong>folge e<strong>in</strong>es Schadensfalls, je nach Lage des E<strong>in</strong>zelfalls.<br />

Rechtsschutz im Straf- und Zivilverfahren<br />

wenn ke<strong>in</strong> Rechtsschutz durch die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> besteht.<br />

Unterstützung bei Krankenhausaufenthalt<br />

aufgrund Arbeitsunfall, Dienstunfall sowie Wegeunfall.<br />

Unterstützung bei Berufs- bzw. Erwerbsunfäh<strong>ig</strong>keit<br />

als Folge e<strong>in</strong>es Arbeits- bzw. Dienstunfalls.<br />

Unterstützung bei Haft<br />

e<strong>in</strong>es GUV/FAKULTA-Mitglieds aus Anlass e<strong>in</strong>er berufsbed<strong>in</strong>gten<br />

Tät<strong>ig</strong>keit.<br />

Unterstützung der H<strong>in</strong>terbliebenen<br />

nach Unfalltod des GUV/FAKULTA-Mitglieds im Rahmen e<strong>in</strong>es Arbeitsbzw.<br />

Dienstunfalls.<br />

i<br />

www.guv-fakulta.de<br />

Papierzentrum Gernsbach<br />

Aus- und Weiterbildung<br />

<strong>in</strong> der Papier- und<br />

Zellstoff<strong>in</strong>dustrie<br />

Informationen unter<br />

www.papierzentrum.org<br />

Beruh<strong>ig</strong>t abfahren PLUS beruh<strong>ig</strong>t arbeiten<br />

Als Gewerkschafter<br />

b<strong>in</strong> ich<br />

natürlich im<br />

ACE. Weil ich<br />

mich mit me<strong>in</strong>en<br />

gewerkschaftlichen<br />

Werten und<br />

Vorstellungen<br />

hier wiederfi nde:<br />

Schützen, helfen und gestalten.<br />

Michael Vassiliadis<br />

Vorsitzender der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong><br />

und seit 1983 ACE-Mitglied.<br />

ACE – Autoclub der Gewerkschaften im DGB.<br />

ACE Auto Club Europa e.V.<br />

Schmidener Straße 227<br />

70374 Stuttgart<br />

www.ace-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Info-Service:<br />

0711 530 34 35 36<br />

www.ace-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Gute Fahrt. Wir s<strong>in</strong>d dabei.<br />

Willkommen bei den<br />

Erf<strong>in</strong>dern der Krankenkasse.<br />

Die Knappschaft – auch <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

offen für alle.<br />

www.knappschaft.de | 08000 200 501 (kostenfrei)<br />

Klare Kante ze<strong>ig</strong>t der Deutsche Gewerkschaftsbund<br />

(DGB) schon heute mit<br />

Blick auf die Bundestagswahl 2013.<br />

Neben der Rentenpolitik sowie e<strong>in</strong>em sozialen<br />

Europa will der Dachverband geme<strong>in</strong>sam<br />

mit den acht deutschen E<strong>in</strong>zelgewerkschaften<br />

die Arbeitsmarktpolitik zum<br />

heißen Wahlkampfthema machen. „Gewerkschaften<br />

s<strong>in</strong>d die Organisationen der Arbeit.<br />

Und deshalb ist es richt<strong>ig</strong>, dass die DGB-Gewerkschaften<br />

das Thema Arbeit <strong>in</strong> den Mittelpunkt<br />

ihrer Aktivitäten zur Bundestagswahl<br />

stellen. Wir brauchen wieder e<strong>in</strong>e<br />

Ordnung am Arbeitsmarkt, e<strong>in</strong>e Arbeitsund<br />

Sozialordnung, die den Menschen<br />

Sicherheit und Zukunft<br />

br<strong>in</strong>gt und<br />

nicht Armut und<br />

Entrechtung“, bekräft<strong>ig</strong>te<br />

jüngst<br />

der DGB-Vorsitzende<br />

Michael Sommer.<br />

Aus Gewerkschaftssicht<br />

fußt<br />

diese neue Ordnung<br />

auf längst überfäll<strong>ig</strong>en<br />

Beschäft<strong>ig</strong>ungsstandards:<br />

gerechter<br />

Entlohnung etwa, die<br />

sich am Wert der geleisteten<br />

Arbeit bemisst; oder an<br />

gleichem Lohn für gleiche<br />

Arbeit anstelle s<strong>in</strong>kender<br />

E<strong>in</strong>stiegsgehälter beispielsweise.<br />

E<strong>in</strong>er neuen Ordnung bedarf es aus Sicht des<br />

DGB auch beim Thema Leiharbeit. Sie dürfe<br />

nicht weiter dazu missbraucht werden, um<br />

den festen Personalbestand <strong>in</strong> Unternehmen<br />

abzubauen. Ebenso drängen die Gewerkschaften<br />

auf e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Sozialversicherungspflicht<br />

für alle Beschäft<strong>ig</strong>ungsverhältnisse.<br />

Zum Wahlkampfthema werden<br />

soll auch e<strong>in</strong> gesetzlicher M<strong>in</strong>destlohn von<br />

8,50 Euro <strong>in</strong> allen Branchen, der letztlich<br />

Dump<strong>in</strong>glöhne verh<strong>in</strong>dern soll. Als weiteren<br />

Eckpunkt sehen die Gewerkschaften den<br />

wirksamen Schutz der Tarifautonomie.<br />

Dabei haben manche E<strong>in</strong>zelgewerkschaften<br />

<strong>in</strong> ihrem branchenspezifischen<br />

Hoheitsgebiet bereits erfolgreich wicht<strong>ig</strong>e<br />

Meilenste<strong>in</strong>e der neuen Ordnung auf dem<br />

Arbeitsmarkt erstritten. So auch jüngst die<br />

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,<br />

Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>). Demnach können sich<br />

viele Leiharbeitnehmer <strong>in</strong> der chemischen<br />

Industrie seit 1. November über mehr Geld<br />

freuen. Denn mit dem Tarifvertrag für Leiharbeitnehmer<br />

zwischen der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>, dem<br />

Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister<br />

(BAP) und dem Interessenverband<br />

Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />

(<strong>IG</strong>Z) werden die Löhne der Leiharbeitnehmer<br />

an die Entgelte der Stammbelegschaft<br />

herangeführt. „Damit wurde e<strong>in</strong> wicht<strong>ig</strong>er<br />

Schritt <strong>in</strong> Richtung ,gleicher Lohn für gleiche<br />

Arbeit‘ gemacht“, sagt Uwe Bruchmüller,<br />

der stellvertretende <strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Landesbezirksleiter.<br />

Bereits im vergangenen<br />

Dezember hatten sich die Tarifparteien<br />

auf e<strong>in</strong> Grundsatzabkommen zum<br />

Branchenzuschlagssystem verständ<strong>ig</strong>t.<br />

Der neue Tarifvertrag<br />

schreibt dieses nun<br />

fest.<br />

Kernelement<br />

Foto: <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong><br />

der Tarifvere<strong>in</strong>barung<br />

ist e<strong>in</strong>e Zuschlagsregelung,<br />

die Leiharbeitnehmern<br />

<strong>in</strong> den Lohngruppen<br />

1 und 2<br />

zwischen 15 und 50<br />

Prozent Zuschlag<br />

br<strong>in</strong>gt, <strong>in</strong> den Lohngruppen<br />

3 bis 5 zwischen<br />

10 und 35 Prozent.<br />

In der Endstufe erreichen<br />

Leiharbeitnehmer zwischen<br />

85 und 90 Prozent der Chemie-Entgelte.<br />

Dazu e<strong>in</strong> Beispiel: e<strong>in</strong> Leiharbeitnehmer,<br />

der <strong>in</strong> der Lohngruppe 1 e<strong>in</strong>gestuft ist,<br />

erhält e<strong>in</strong>en Stundenlohn von 8,13 Euro. In<br />

der Entgeltgruppe 1 der chemischen Industrie<br />

beträgt der Arbeitslohn für die Stammbelegschaft<br />

jedoch 13,39 Euro. Der Leiharbeitnehmer<br />

bekommt nach sechs Wochen<br />

e<strong>in</strong>en Zuschlag von 15 Prozent, nach drei<br />

Monaten 20 Prozent, nach fünf Monaten<br />

30 Prozent und nach sieben Monaten 45 Prozent.<br />

Nach neun Monaten erhält der Leiharbeitnehmer<br />

e<strong>in</strong>en Zuschlag von 50 Prozent<br />

und kommt dann auf e<strong>in</strong>en Stundenlohn<br />

von 12,20 Euro. „Ziel der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> ist es,<br />

<strong>in</strong> weiteren Branchen <strong>in</strong> ihrem Zuständ<strong>ig</strong>keitsbereich<br />

solche umfassenden Zuschlagssysteme<br />

aufzubauen“, so Bruchmüller. Nach<br />

dem Durchbruch <strong>in</strong> der chemischen Industrie<br />

geht der Gewerkschafter fest davon aus,<br />

auch <strong>in</strong> anderen Sektoren bald Lösungen<br />

zugunsten der Leiharbeiter erzielen zu können.<br />

Jürgen Lessat


Dienstag, 20. November 2012<br />

<strong>IG</strong> BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE IN BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

5<br />

Rund zwei Drittel der<br />

Beschäft<strong>ig</strong>ten, für die die<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> zuständ<strong>ig</strong> ist,<br />

gehören der <strong>baden</strong>württembergischen<br />

Chemie<strong>in</strong>dustrie an.<br />

Foto: Getty Images<br />

Zusätzliche Anreize<br />

Unternehmen müssen sich auf veränderte Anforderungen durch den demografischen Wandel e<strong>in</strong>stellen<br />

Die Papier<strong>in</strong>dustrie steht noch gut da,<br />

weiß Stephan Meißner, Hauptgeschäftsführer<br />

der Papierverbände<br />

Baden-Württemberg. „Durch das Modell der<br />

Altersteilzeit stellen wir ke<strong>in</strong>e Überalterung<br />

der Belegschaften fest.“ Erfreulich sei auch,<br />

dass es nach wie vor ausreichend qualifizierte<br />

Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt<br />

gebe. Meißner führt das gute Angebot an<br />

Meistern, Papiertechnologen und -<strong>in</strong>genieuren<br />

auf die Bildungsoffensive der vergangenen<br />

Jahre zurück. „Wir haben viel <strong>in</strong> die<br />

Kompetenz unserer Branche <strong>in</strong>vestiert“, so<br />

der Geschäftsführer. In Gernsbach bei Rastatt<br />

werden Fachleute im Papierzentrum<br />

ausgebildet. Eng s<strong>in</strong>d hier Berufs-, Fachund<br />

Hochschulen mite<strong>in</strong>ander vernetzt.<br />

„Wir haben <strong>in</strong> den vergangenen Jahren <strong>in</strong><br />

großem Umfang ausgebildet, auch mit Unterstützung<br />

der Hochschulen und verschiedener<br />

Stipendien“, erläutert Meißner die<br />

Bildungs<strong>in</strong>tention.<br />

PAPIERBRANCHE HAT<br />

EIN IMAGEPROBLEM<br />

Und dennoch. Der 60-Jähr<strong>ig</strong>e stellt e<strong>in</strong><br />

nachlassendes Interesse an den Ausbildungen<br />

im Papiersektor fest: „Wir kämpfen hier<br />

gegen Vorurteile. Schichtarbeit hat auch<br />

Vorteile, wie die Zulagen und die flexiblere<br />

Freizeitgestaltung.“ Gerade bei Betrieben <strong>in</strong><br />

Ostdeutschland sei der Fachkräftemangel<br />

bereits spürbar. In wen<strong>ig</strong>en Jahren, so ist<br />

sich der Jurist sicher, sucht die Branche<br />

händer<strong>in</strong>gend qualifiziertes Personal.<br />

Dem drohenden Personalproblem begegnet<br />

das Papierzentrum mit verstärkter Werbung<br />

für die Branche. Auf Jobmessen und<br />

mit Roadshows gehen Papierleute gegen<br />

Vorurteile an. „Wicht<strong>ig</strong> ist außerdem, dass<br />

wir unsere Beschäft<strong>ig</strong>ten gut bezahlen“, sagt<br />

Meißner, „wir müssen die Vorteile e<strong>in</strong>er<br />

Arbeit <strong>in</strong> der Papierwirtschaft tariflich ausbauen<br />

und propagieren.“ Künft<strong>ig</strong> würde<br />

Meißner auch Angestellte aus dem Ausland<br />

holen. Bisher<strong>ig</strong>e Versuche, Papier<strong>in</strong>genieure<br />

aus F<strong>in</strong>nland anzulocken, s<strong>in</strong>d gescheitert.<br />

Bei der BASF P<strong>ig</strong>ment GmbH s<strong>in</strong>d die<br />

meisten Mitarbeiter älter als 45 Jahre. „Das<br />

hat mit den Umstrukturierungen <strong>in</strong> den<br />

90er Jahren zu tun“, erläutert die Betriebsratsvorsitzende<br />

Irmtraud Schneele-Schultheiss.<br />

Aufgrund dieser Umstrukturierungen<br />

bemühte sich das Bes<strong>ig</strong>heimer Unternehmen,<br />

Personal sozialverträglich abzubauen.<br />

Viele damals junge Leute mussten gehen,<br />

während Familienväter im Betrieb verblieben.<br />

Obwohl das Chemieunternehmen jährlich<br />

drei bis vier Auszubildende e<strong>in</strong>stellt,<br />

die <strong>in</strong> der Regel nach ihrem Abschluss<br />

bleiben dürfen, so sie denn wollen, konnte<br />

die heute 220 Mitarbeiter zählende Firma<br />

den Altersvorsprung nicht wieder ausgleichen.<br />

„E<strong>in</strong><strong>ig</strong>e dieser jungen Leute gehen –<br />

auch von ihren Eltern ermut<strong>ig</strong>t – im Anschluss<br />

an ihre Ausbildung auf weiterführende<br />

Schulen“, weiß Schneele.<br />

Obwohl die Chemie<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg stets im Schatten der<br />

Automobilzulieferer steht, verzeichnet die<br />

Betriebsrät<strong>in</strong> ausreichend qualifizierte Kandidaten:<br />

M<strong>in</strong>destens 50 Bewerbungen gehen<br />

für ausgeschriebene Lehrstellen als Chemikant<br />

oder Betriebselektriker e<strong>in</strong>. „Obwohl<br />

die Chemie-Branche nicht immer die erste<br />

Adresse für junge Menschen ist, kommen<br />

die Leute gerne zu uns nach Bes<strong>ig</strong>heim“,<br />

erläutert Schneele. Die guten Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

sprächen sich herum, oft kommen<br />

Bewerber über Empfehlungen oder s<strong>in</strong>d<br />

Mitarbeiter, deren Eltern bereits im Unternehmen<br />

beschäft<strong>ig</strong>t waren.<br />

Die BASF P<strong>ig</strong>ment bietet trotz ihrer<br />

mittelständischen Größe sehr gute Sozialleistungen,<br />

e<strong>in</strong>e solide Altersvorsorge und<br />

durch den Anschluss an e<strong>in</strong>en Weltkonzern<br />

hervorragende Chancen, Bereiche zu wechseln<br />

und flexibel zu se<strong>in</strong>. Das Unternehmen<br />

ist auch deshalb attraktiv, weil zur besseren<br />

Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie Teilzeitarbeit<br />

immer gewährt wurde. Dies wird<br />

auch <strong>in</strong> Zukunft so bleiben, ist sich die<br />

Betriebsrät<strong>in</strong> sicher. Väter nehmen mehr<br />

und mehr ihr Recht auf Elternzeit wahr.<br />

Geschätzt wird auch das Angebot, dass<br />

Chemikantengesellen den Meisterbrief erwerben<br />

können. „Die Firma zahlt die Ausbildung,<br />

der Mitarbeiter br<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>e Zeit e<strong>in</strong>.<br />

Das ist e<strong>in</strong> fairer Deal“, sagt Schneele.<br />

Grundsätzlich bemüht sich der Produktionsbetrieb,<br />

der P<strong>ig</strong>mente für Anstriche,<br />

Kunststoffe und für die Automobil<strong>in</strong>dustrie<br />

liefert, Mitarbeiter aus dem e<strong>ig</strong>enen Nachwuchs<br />

zu rekrutieren. „Dafür müssen wir<br />

attraktiv für junge Leute bleiben“, ist sich<br />

Schneele sicher. In den nächsten 15 Jahren<br />

käme allerd<strong>in</strong>gs personell noch viel Arbeit<br />

auf die BASF P<strong>ig</strong>ment zu.<br />

LACKBERUFE SIND<br />

EHER UNBEKANNT<br />

Bei der Karl Wörwag Lack- und Farbenfabrik<br />

GmbH & Co. KG ist der Nachwuchsmangel<br />

noch nicht zu spüren. „Wir stellen<br />

jährlich etwa acht Auszubildende e<strong>in</strong> und<br />

übernehmen diese nach der Lehre“, erläutert<br />

Betriebsratsvorsitzender S<strong>ig</strong>fried Christoffel.<br />

Jeder, der ausgelernt habe, dürfe im<br />

Unternehmen bleiben. Das Durchschnittsalter<br />

liege im Moment bei etwa 40 Jahren.<br />

„Wir haben <strong>in</strong> den letzten Jahren gezielt<br />

junge Leute e<strong>in</strong>gestellt. Dazu kommt, dass<br />

sich e<strong>in</strong><strong>ig</strong>e ältere Mitarbeiter für den Vorruhestand<br />

entschieden haben“, erläutert der<br />

Arbeitnehmervertreter.<br />

Lehrl<strong>in</strong>ge würde Wörwag gerne mehr<br />

ausbilden, meist scheitert es jedoch an den<br />

qualifizierten Bewerbungen. „Leider s<strong>in</strong>d<br />

Berufe wie Lacktechniker oder Lacklaborant<br />

weitgehend unbekannt und nicht so beliebt<br />

wie die Mechatroniker“, sagt der Vertreter<br />

von 700 Mitarbeitern. Um se<strong>in</strong>e Ausbildungsberufe<br />

bekannter zu machen, postet<br />

der Betriebsrat regelmäß<strong>ig</strong> Berufs<strong>in</strong>fos <strong>in</strong><br />

den sozialen Medien.<br />

Zum demografischen Wandel hat sich<br />

natürlich der Arbeitgeberverband der Chemie<br />

Gedanken gemacht. Dazu erklärte Präsident<br />

Eggert Voscherau: „Unseren Tarifvertrag<br />

,Lebensarbeitszeit und Demografie‘<br />

umzusetzen, wird uns heute und morgen<br />

begleiten und kann zu e<strong>in</strong>er Erfolgsformel<br />

für unsere Wirtschaft und Gesellschaft werden.<br />

Wir wissen aber: mit der E<strong>in</strong><strong>ig</strong>ung auf<br />

den Tarifvertrag haben wir bisher nur den<br />

ersten Schritt getan. Setzen wir unseren<br />

Weg nicht konsequent fort, ist das alles<br />

nichts wert. <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> und Chemie-Arbeitgeber<br />

s<strong>in</strong>d zuversichtlich, dass wir den demografischen<br />

Wandel mit der neuen Chemie-Formel<br />

geme<strong>in</strong>sam gestalten können. Der Startschuss<br />

für die betriebliche Umsetzung ist<br />

bereits gefallen.“<br />

Die Bemühungen der Gewerkschaft, um<br />

beispielsweise die chemischen Ausbildungsberufe<br />

<strong>in</strong> den Schulen bekannter zu machen,<br />

sieht Christoffel gerne. „Allerd<strong>in</strong>gs<br />

können die Aktionen der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> das Engagement<br />

der Betriebe nicht ersetzen“, sagt der<br />

Betriebsrat, der selbst gute Kontakte zu den<br />

Schulen <strong>in</strong> der Region pflegt. Als Grund,<br />

warum sich gut ausgebildete Fachleute für<br />

das 1918 gegründete Unternehmen entscheiden,<br />

führt er unter anderem die <strong>in</strong>ternen<br />

Weiterbildungsprogramme an.<br />

So würden e<strong>ig</strong>ene Leute zu Führungskräften<br />

ausgebildet. Für das <strong>in</strong>ternationale Geschäft<br />

der Lack- und Farbenfabrik müssen<br />

Angestellte fit <strong>in</strong> Englisch se<strong>in</strong>. Das, und<br />

auch die Weiterbildungen zum Meister, fördern<br />

die Chemieexperten mit Sitz <strong>in</strong> Zuffenhausen.<br />

Für die Zukunft sieht Christoffel aber<br />

dennoch Nachwuchsprobleme. Um den Geburtenrückgang<br />

auszugleichen, will Wörwag<br />

vermehrt gut Qualifizierte ab 45 Jahren<br />

e<strong>in</strong>stellen und weiterbilden. „Außerdem b<strong>in</strong><br />

ich der Ansicht, dass wir auch Hauptschülern<br />

e<strong>in</strong>e Chance geben sollten. Viele Gymnasiasten<br />

oder Realschüler brechen uns<br />

nach der Ausbildung weg, weil sie studieren<br />

gehen“, sagt der Betriebsrat. Leila Haidar<br />

www.evonik.de<br />

Ungewöhnliche Kunststofflösungen<br />

s<strong>in</strong>d für uns nichts Ungewöhnliches.<br />

Evonik ist Deutschlands kreativer Kunststoffspezialist.<br />

Wir überraschen Sie mit Lösungen, bevor Sie überhaupt<br />

e<strong>in</strong> Problem gesehen haben: von Sandwichkonstruktionen<br />

für Leichtbauteile über PLEX<strong>IG</strong>LAS® für hochwert<strong>ig</strong>e<br />

Des<strong>ig</strong>nlösungen bis zu Hochleistungs-Polymeren für<br />

extreme Beanspruchung. Wir freuen uns darauf, Ihnen<br />

mit unseren Innovationen neue Impulse zu geben.<br />

Branchenspezifischer Informationsaustausch<br />

Foto: Frank Eppler/Chemie BW


6<br />

<strong>IG</strong> BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE IN BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

Dienstag, 20. November 2012<br />

Gleiche Chancen<br />

Engagement für Bildung<br />

Weiterbildungen werden e<strong>in</strong> zunehmend wicht<strong>ig</strong>es Element <strong>in</strong> der Gewerkschaftsarbeit.<br />

Meilenste<strong>in</strong> für Tarifvertrag<br />

Die betriebliche Weiterqualifizierung ist wicht<strong>ig</strong><br />

Der britische Komponist Benjam<strong>in</strong> Britten<br />

erklärte: „Lernen ist wie Rudern<br />

gegen den Strom. Sobald man aufhört,<br />

treibt man zurück.“ Auch bei der<br />

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,<br />

Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>) spielen Fort- und Weiterbildung<br />

e<strong>in</strong>e große Rolle. „Der demografische<br />

Wandel, der Fachkräftemangel, all das stellt<br />

unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen“,<br />

sagt Markus Römer, Leiter der Abteilung<br />

Bildung/Wissenschaft bei der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>.<br />

„Die Weiterbildung sichert die Zukunft der<br />

Betriebe und der Mitarbeiter. Je besser sie<br />

qualifiziert s<strong>in</strong>d, umso mehr haben sie die<br />

Chance, aufzuste<strong>ig</strong>en und besser zu verdienen.“<br />

Zumal <strong>in</strong> Zukunft der Bedarf an höher<br />

Qualifizierten ste<strong>ig</strong>en werde.<br />

Der Weiterbildungsvertrag, den die<br />

Gewerkschaft mit den Unternehmen abgeschlossen<br />

hat, sieht vor, dass e<strong>in</strong>mal im Jahr<br />

die Vorgesetzten mit ihren Beschäft<strong>ig</strong>ten<br />

Anze<strong>ig</strong>e<br />

E<strong>in</strong> neues Buch<br />

für Stuttgart<br />

Erich Brodbeck<br />

„Er<strong>in</strong>nerungen aus se<strong>in</strong>em<br />

Leben und Wirken für Stuttgart“<br />

ISBN 978-3-938295-60-1<br />

Pr<strong>in</strong>tsystem Medienverlag, Heimsheim<br />

www.pr<strong>in</strong>tsystem-medienverlag.de<br />

über Weiterbildungsmöglichkeiten sprechen.<br />

Seit zwei Jahren läuft zudem e<strong>in</strong> von der<br />

Europäischen Union gefördertes Projekt<br />

zum Aufbau e<strong>in</strong>es Weiterbildungsberatungsnetzwerks.<br />

„Professionelle Berater stehen<br />

den Betriebsräten und Unternehmen zur<br />

Verfügung“, so Römer. „In den Betrieben<br />

stellen sie den Status Quo der Weiterbildung<br />

fest. Sie analysieren, wie viele Mittel <strong>in</strong><br />

dieses Bedarfsfeld fließen, wie es sich entwickelt<br />

oder ob das System durchläss<strong>ig</strong> ist und<br />

auch untere Bereiche qualifiziert statt beispielsweise<br />

nur Abteilungsleiter.“ Aus der<br />

Ist-Situation wird dann e<strong>in</strong>e Soll-Situation<br />

entwickelt. Dazu gehören Schulungen und<br />

das Nachholen von Berufsabschlüssen. „Dies<br />

wurde <strong>in</strong> über 40 Prozent der Betriebe<br />

unserer Branchen erfolgreich durchgeführt“,<br />

erklärt Römer. „Nur <strong>in</strong> der ersten<br />

Phase können wir die Status-Workshops<br />

kostenlos durchführen. Das Projekt läuft bis<br />

Endes des Jahres 2013, dann müssen wir<br />

Foto: Strähler<br />

sehen, ob die Firmen hier Geld <strong>in</strong>vestieren.“<br />

Wer wissen will, wie se<strong>in</strong> Unternehmen <strong>in</strong><br />

Sachen Weiterbildung bestellt ist, der f<strong>in</strong>det<br />

auf der Homepage der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> Ansprechpartner<br />

und Arbeitshilfen, etwa e<strong>in</strong>e Checkliste<br />

zur Qualifizierungsanalyse.<br />

Damit Weiterbildung gut funktioniert,<br />

braucht es aber auch geschulte Multiplikatoren<br />

und Mitarbeitervertreter. Daher engagiert<br />

sich die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> stark <strong>in</strong> der Bildungsarbeit<br />

der Betriebsräte sowie der gewerkschaftlichen<br />

Vertrauensleute. Dazu gehören<br />

Grundsem<strong>in</strong>are für zukünft<strong>ig</strong>e Betriebsräte<br />

– bei jeder Wahl ste<strong>ig</strong>t e<strong>in</strong> Drittel neu <strong>in</strong><br />

dieses Ehrenamt e<strong>in</strong>. Dort werden die rechtlichen<br />

Grundlagen vermittelt oder die Funktion<br />

des Gremiums. „Der Betriebsrat ist das<br />

e<strong>in</strong>z<strong>ig</strong>e demokratische Forum, das im Unternehmen<br />

mitspricht. Nur wer weiß, um was<br />

es geht, kann handeln“, sagt Michael Siebler,<br />

Gewerkschaftssekretär der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> Baden-Württemberg.<br />

So sieht das auch Frank<br />

Gottsel<strong>ig</strong>, Betriebsratsvorsitzender der SCA<br />

Hygiene Products GmbH Mannheim, wo es<br />

für die Weiterbildung der Mitarbeiter e<strong>in</strong>e<br />

SCA Academy und e<strong>in</strong> Mitarbeiter-Ausbildungszentrum<br />

gibt. „Die Netzwerke <strong>in</strong>nerhalb<br />

der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> unterstützen die tägliche<br />

Arbeit im Betriebsrat optimal“, sagt er. „Mit<br />

dem Wahlmandat hat man e<strong>in</strong>e Verantwortung<br />

für das Unternehmen und die Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen übernommen. Deshalb ist<br />

es wicht<strong>ig</strong>, sich zu qualifizieren um den<br />

wachsenden Anforderungen Paroli bieten<br />

zu können.“ Wird doch <strong>in</strong> den Sem<strong>in</strong>aren<br />

nicht nur fachspezifisches Wissen weitergegeben,<br />

sondern auch betriebspolitische Zusammenhänge<br />

besprochen. Dazu gehörten<br />

etwa Themen wie Wirtschaftssysteme und<br />

Staatsformen, Arbeits- und Sozialgesetze.<br />

Später folgten denn auch Kurse zu Fachthemen,<br />

weil sich Betriebsräte im Laufe ihrer<br />

Tät<strong>ig</strong>keit auch spezialisierten und <strong>in</strong><br />

bestimmten Ausschüssen Projekte bearbeiteten.<br />

Im Personalbereich könne es etwa<br />

um Aspekte wie Künd<strong>ig</strong>ungsschutz oder<br />

Widerspruchsmöglichkeiten gehen, im Feld<br />

Gesundheitsvorsorge wiederum um die<br />

Arbeitsplatzgestaltung oder die Harmonisierung<br />

der Schichtsysteme.<br />

„E<strong>in</strong> Problem, mit dem wir uns beschäft<strong>ig</strong>en,<br />

ist die Altersarmut, e<strong>in</strong> anderes s<strong>in</strong>d<br />

die Auswirkungen des demografischen Wandels“,<br />

so Gewerkschaftssekretär Siebler.<br />

Unter anderem werde analysiert, wie Arbeit<br />

gestaltet werden muss, so dass im Zuge der<br />

Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre die<br />

Menschen überhaupt so lange arbeiten können.<br />

„Es geht um Gesundheitsschutz, psychische<br />

Belastungen oder auch Arbeitszeiten,<br />

die lebensphasengerecht s<strong>in</strong>d“, sagt er.<br />

Bereits im Jahr 2008 haben dafür die Chemie-Arbeitgeber<br />

und die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> e<strong>in</strong> Abkommen<br />

abgeschlossen, das als erstes se<strong>in</strong>er Art<br />

<strong>in</strong> Deutschland auf den Weg gebracht<br />

wurde und als Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Tarifgeschichte<br />

gilt: den Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit<br />

und Demografie“. Dieser enthält<br />

vier Elemente: das Erstellen e<strong>in</strong>er betrieblichen<br />

Demografie-Analyse, die alters-, alterns-<br />

und gesundheitsgerechte Gestaltung<br />

der Arbeitsprozesse, die Qualifizierung während<br />

des gesamten Erwerbslebens und die<br />

(E<strong>ig</strong>en-)Vorsorge und Nutzung passgenauer<br />

Instrumente für den Wechsel zwischen Bildungs-,<br />

Erwerbs- und Ruhestandsphasen.<br />

Für den gleitenden Übergang <strong>in</strong> den Ruhestand<br />

stellt der Tarifvertrag fünf Instrumente<br />

zur Verfügung – Langzeitkonto,<br />

Altersteilzeit, Teilrente, Berufsunfäh<strong>ig</strong>keitszusatzversicherung<br />

und die tarifliche Altersvorsorge.<br />

Um sich für e<strong>in</strong> „neues gesellschaftliches<br />

Gleichgewicht“ und „e<strong>in</strong>e vernünft<strong>ig</strong>e Balance<br />

von Ökonomie, Ökologie und Sozialem“<br />

e<strong>in</strong>zusetzen, haben die Chemie-Sozialpartner,<br />

der Bundesarbeitgeberverband Chemie<br />

(BAVC) und die Industriegewerkschaft<br />

Bergbau, Chemie und Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>), außerdem<br />

die Chemie-Stiftung Sozialpartner-<br />

Akademie (CSSA) gegründet. Sie versteht<br />

sich als Th<strong>in</strong>ktank für die Erneuerung der<br />

Sozialpartnerschaft und der sozialen Marktwirtschaft.<br />

Ihre drei wicht<strong>ig</strong>sten Handlungsfelder<br />

s<strong>in</strong>d die Weiterbildung, der demografische<br />

Wandel und die Wirtschaftsethik.<br />

E<strong>in</strong> Spezifikum gibt es beim <strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Landesbezirk<br />

Baden-Württemberg. Dort ist die<br />

Gewerkschaft bei der Fachkräfteallianz des<br />

Bundeslandes beteil<strong>ig</strong>t, um gegen den Fachkräftemangel<br />

vorzugehen. Unter anderem<br />

wurde im Frühjahr e<strong>in</strong> Zehn-Punkte-Programm<br />

verabschiedet. Dazu gehört etwa die<br />

Nachqualifizierung Un- und Angelernter,<br />

die Forcierung der Weiterbildung <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>betrieben,<br />

die Sensibilisierung der Unternehmen<br />

für e<strong>in</strong>e familienbewusste Personalpolitik,<br />

die Stärkung der vollzeitnahen Teilzeitbeschäft<strong>ig</strong>ung<br />

von Frauen oder die Entwicklung<br />

berufsbegleitender akademischer<br />

Weiterbildungsangebote für Fachkräfte<br />

ohne Abitur und anderes mehr.<br />

Die Fortbildungen f<strong>in</strong>den übr<strong>ig</strong>ens <strong>in</strong><br />

den drei Bildungshäusern der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> statt:<br />

<strong>in</strong> Haltern am See, Bad Münden und Grünheide.<br />

Aber auch regional werden Sem<strong>in</strong>are<br />

angeboten, etwa <strong>in</strong> der Region Karlsruhe für<br />

Mitarbeiter aus Bayern und Baden-Württemberg<br />

oder aus anderen Gegenden im Süden<br />

der Republik.<br />

peix<br />

Die Zahl der <strong>in</strong>s Berufsleben<br />

nachrückenden<br />

Jugendlichen s<strong>in</strong>kt aufgrund<br />

des demografischen<br />

Wandels. Daher müssen<br />

sich Unternehmen stärker<br />

um Nachwuchskräfte<br />

bemühen und passende<br />

Angebote schaffen.<br />

Foto: Strähler<br />

Es ist e<strong>in</strong> breites Feld. Die Bildung<br />

umfasst längst nicht alle<strong>in</strong> Schule, Ausbildung<br />

oder Studium, sondern me<strong>in</strong>t<br />

lebenslanges Lernen. „Wir setzen hier an<br />

verschiedenen Stellen an, von der Schule<br />

und dem Übergang <strong>in</strong> den Beruf über das<br />

Studium bis h<strong>in</strong> zur Fort- und Weiterbildung“,<br />

erklärt Markus Römer. Als Leiter<br />

der Abteilung Bildung/Wissenschaft bei der<br />

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,<br />

Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>) weiß er, wo es hakt <strong>in</strong> der<br />

deutschen Bildungslandschaft. „Chancengleichheit<br />

und Gerecht<strong>ig</strong>keit dürfen nicht<br />

nur proklamiert werden, sondern müssen<br />

auch <strong>in</strong> die Realität umgesetzt werden“, sagt<br />

er. So läge etwa der Anteil der Studierenden,<br />

die aus Arbeiterhaushalten stammten,<br />

bei sechs Prozent, während bei Beamtenfamilien<br />

über 50 Prozent des Nachwuchses<br />

studiere. „Allgeme<strong>in</strong> hängt <strong>in</strong> Deutschland<br />

nach wie vor der Bildungserfolg vor allem<br />

vom Geldbeutel der Eltern ab. Nicht jeder<br />

kann sich beispielsweise Nachhilfe leisten“,<br />

so Römer. Deswegen müsse man als Gewerkschaft<br />

sich e<strong>in</strong>mischen und an den Stellschrauben<br />

des Schulsystems drehen.<br />

Wie auch der Deutsche Gewerkschaftsbund<br />

(DGB) verfolgt die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> das Ziel<br />

e<strong>in</strong>es am e<strong>in</strong>zelnen Individuum orientierten,<br />

zukunftsfäh<strong>ig</strong>en Bildungswesens, <strong>in</strong><br />

dem K<strong>in</strong>der aus materiell benachteil<strong>ig</strong>ten<br />

Familien sowie K<strong>in</strong>der aus Familien mit<br />

M<strong>ig</strong>rationsh<strong>in</strong>tergrund die gleichen Chancen<br />

haben wie K<strong>in</strong>der aus sozial und materiell<br />

besser gestellten Familien. So fordern<br />

die Vertreter der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> neben dem Ende<br />

des föderalen Bildungschaos auch, dass das<br />

frühe Aussortieren <strong>in</strong> den Schulen – oft<br />

nach den vierten Klassen – aufhört und die<br />

K<strong>in</strong>der länger geme<strong>in</strong>sam bis Klasse zehn<br />

lernen. Auch Ganztagsschulen, die die <strong>in</strong>dividuellen<br />

Lernbedürfnisse der jeweil<strong>ig</strong>en<br />

K<strong>in</strong>der berücksicht<strong>ig</strong>en, sowie e<strong>in</strong>e gebührenfreie<br />

Bildung – von der K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />

bis zur Hochschule – s<strong>in</strong>d im Positionspapier<br />

der Gewerkschaft zu f<strong>in</strong>den, außerdem<br />

e<strong>in</strong>e umfassende Beteil<strong>ig</strong>ung aller an<br />

der frühk<strong>in</strong>dlichen Bildung, die Auflösung<br />

von Sonderschulen und deren Inklusion <strong>in</strong><br />

das allgeme<strong>in</strong>e Schulsystem sowie e<strong>in</strong>e qualifizierte<br />

Ausbildung der Lehrerschaft.<br />

„E<strong>in</strong>e wicht<strong>ig</strong>e Schwelle ist auch der<br />

Übergang von der Schule <strong>in</strong> den Beruf“, so<br />

Römer. „Deshalb müssen Berufsorientierung<br />

und -vorbereitung feste Bestandteile<br />

der weiterführenden Schulen se<strong>in</strong>.“ Gerade<br />

um die Haupt- und Realschüler beim<br />

Sprung <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt zu unterstützen,<br />

hat die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> geme<strong>in</strong>sam mit Betriebsräten<br />

sowie Unternehmen tarifpolitische<br />

Maßnahmen ergriffen und das Programm<br />

„Start <strong>in</strong> den Beruf“ aufgelegt. Römer erläutert:<br />

„Hier können Schulabgänger, die noch<br />

ke<strong>in</strong>e Lehrstelle gefunden haben und denen<br />

die Voraussetzungen dazu fehlen, sechs bis<br />

zwölf Monate Vorbereitung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb<br />

durchlaufen, bevor sie <strong>in</strong> die Berufsausbildung<br />

gehen.“ Mit Erfolg: So ze<strong>ig</strong>e sich,<br />

dass das Gros der auf den ersten Blick<br />

Lernschwächeren nach dieser Zeit wie alle<br />

anderen die Ausbildung absolvierten. Das<br />

funktioniere, weil nicht nur fehlende<br />

Grundqualifikationen <strong>in</strong> Mathematik oder<br />

Deutsch nachgeholt würden. Auch Defizite<br />

im Verhaltensbereich könnten ausgeglichen<br />

werden: In dieser Zeit erlernten die Jugendlichen<br />

Schlüsselqualifikationen wie Handlungs-<br />

oder soziale Kompetenzen. „Die Übergangsquote<br />

<strong>in</strong> die reguläre Ausbildung liegt<br />

bei 80 Prozent“, so Römer. „Die Schulabsolventen<br />

werden nicht nur pädagogisch<br />

betreut, sondern auch sozialpädagogisch im<br />

weitesten S<strong>in</strong>ne.“ Dies sei durchaus e<strong>in</strong><br />

erhöhter Aufwand für die Unternehmen.<br />

Diese würden daher durch f<strong>in</strong>anzielle Zuschüsse<br />

des Unterstützungsvere<strong>in</strong>s der chemischen<br />

Industrie zum Teil ausgeglichen.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Thema, bei dem sich die<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> engagiert, ist das Studieren ohne<br />

Abitur. „Das ist laut den Beschlüssen der<br />

Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz der Bundesländer<br />

nun möglich“, sagt Römer und relativiert<br />

gleich: „Die formale Schranke ist zwar aufgehoben,<br />

aber faktisch sieht es <strong>in</strong> der Realität<br />

noch anders aus. Hier müssen wir noch viel<br />

an der Durchläss<strong>ig</strong>keit des Bildungssystems<br />

verbessern.“<br />

Die Gewerkschaftler haben sich bei den<br />

Universitäten und Fachhochschulen der<br />

Republik umgetan und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Datenbank<br />

alle H<strong>in</strong>weise gesammelt, welche Institutionen<br />

Studierenden ohne Abitur gegenüber<br />

offen s<strong>in</strong>d und welche nicht. „Die Unis<br />

müssen wollen, dass diese Studierenden<br />

erfolgreich bei ihnen e<strong>in</strong>en Abschluss erwerben“,<br />

so der Bildungsexperte. „Und das<br />

kann man mit den Curricula steuern.“ Da<br />

etwa e<strong>in</strong> Chemikant ohne Abitur <strong>in</strong> der<br />

Regel nie Differenzialrechnung hatte,<br />

könnte man ihn entweder deswegen schnell<br />

loswerden oder ihn eben <strong>in</strong> Vorkursen auf<br />

das nöt<strong>ig</strong>e Niveau br<strong>in</strong>gen. Auch müssten<br />

die entsprechenden Studiengänge oft berufsbegleitende<br />

Angebote se<strong>in</strong>, so Römer. „Die<br />

Studierenden ohne Abitur s<strong>in</strong>d ja meist<br />

berufstät<strong>ig</strong> – und ke<strong>in</strong>er gibt se<strong>in</strong>en Job<br />

e<strong>in</strong>fach auf und studiert nur noch. Er muss<br />

ja womöglich e<strong>in</strong>e Familie ernähren.“ peix<br />

Es gibt Beziehungen, die halten<br />

e<strong>in</strong> Leben lang.<br />

Als bedeutender Hersteller von Fassaden-Dämmsystemen steht die Sto AG <strong>in</strong> Stühl<strong>in</strong>gen für die Energieefzienz im<br />

Gebäudebereich e<strong>in</strong>en maßgeblichen Teil der Energiewende. Um die Efzienz der Dämmsysteme sicherzustellen,<br />

arbeiten wir ausschließlich mit unseren Partnern <strong>in</strong> Handwerk und Architektur zusammen. Diese Partnerschaft hat<br />

e<strong>in</strong>e Jahrzehnte lange Basis, sie ist dialog-, leistungs- und vor allem lösungsorientiert und damit beste Voraussetzung<br />

für maximale Efzienzgew<strong>in</strong>ne für unsere Bauherren.<br />

www.sto.de


Dienstag, 20. November 2012<br />

<strong>IG</strong> BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE IN BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

7<br />

Die tariflich garantierte<br />

Altersvorsorge markiert<br />

<strong>in</strong> der Chemie<strong>in</strong>dustrie<br />

e<strong>in</strong>en wicht<strong>ig</strong>en Meilenste<strong>in</strong>,<br />

um pensionierte<br />

Mitarbeiter vor Altersarmut<br />

zu schützen.<br />

Foto: Kle<strong>in</strong>/Visum<br />

Gelebte Sozialpartnerschaft<br />

Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände s<strong>in</strong>d nicht immer Kontrahenten<br />

Massive Kritik der Arbeitnehmer,<br />

wenn durch Konzernentscheidungen<br />

Arbeitsplätze bedroht s<strong>in</strong>d. Bei<br />

Tarifverhandlungen der Vorwurf, die Forderungen<br />

der Gewerkschaft seien maßlos. Und<br />

dann das geme<strong>in</strong>same R<strong>in</strong>gen um Konzepte<br />

für die Zukunft. Was wie e<strong>in</strong>e Hassliebe<br />

ersche<strong>in</strong>t, ist <strong>in</strong> Wirklichkeit das Rezept<br />

e<strong>in</strong>er gelungenen Zusammenarbeit. Die<br />

Sozialpartnerschaft zwischen der Industriegewerkschaft<br />

Bergbau, Chemie, Energie<br />

(<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>) und den Chemie-Arbeitgebern <strong>in</strong><br />

Deutschland besteht seit über drei Jahrzehnten<br />

und hat sich bewährt.<br />

Sozialpartner, das s<strong>in</strong>d die Tarifvertragsparteien<br />

– Gewerkschaften auf der e<strong>in</strong>en<br />

und Arbeitgeberverbände auf der anderen<br />

Seite. Partner? Der Begriff wirkt auf den<br />

ersten Blick beschön<strong>ig</strong>end, treten sie doch<br />

nicht selten als Kontrahenten auf, wenn es<br />

um die Regelung von Lohn- und Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

durch Tarifverträge geht. Das<br />

Bild <strong>in</strong> der Öffentlichkeit ist aber das e<strong>in</strong>e,<br />

die Realität ist oft nüchterner und konsensbetonter,<br />

wenn es darum geht, Interessengegensätze<br />

zu lösen und offene Konflikte<br />

e<strong>in</strong>zudämmen. Dann wird aus dem Gegendurchaus<br />

e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>ander.<br />

Dabei zählt langfrist<strong>ig</strong> auch der Erfolg.<br />

Wenn die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> für die bundesweit<br />

423 000 Beschäft<strong>ig</strong>ten der chemisch-pharmazeutischen<br />

Industrie e<strong>in</strong>e Tariferhöhung<br />

von vier oder mehr Prozent erzielt, dann ist<br />

das den Medien kaum mehr als e<strong>in</strong>e Randnotiz<br />

wert. „Trotz des Gew<strong>in</strong>nes für die Beschäft<strong>ig</strong>ten“,<br />

wie Uwe Bruchmüller, stellvertretender<br />

Landesbezirksleiter der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> <strong>in</strong> Baden-Württemberg,<br />

bemerkt. „Um die Verhandlungen<br />

erfolgreich abzuschließen, müssen<br />

wir nicht unbed<strong>in</strong>gt auf die Straße<br />

gehen.“ Dabei mangele es der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> weder<br />

an Durchsetzungsfäh<strong>ig</strong>keit noch am<br />

Gestaltungswillen, so Bruchmüller: „Es ist<br />

vielmehr der auch von den Mitgliedern<br />

bevorzugte Umgang mit den Arbeitgebern.“<br />

KONSTRUKTIV UND<br />

PRAGMATISCH<br />

Über die Tarifverhandlungen h<strong>in</strong>aus ist<br />

diese Sozialpartnerschaft e<strong>in</strong>e der Erfolgsformeln<br />

<strong>in</strong> der chemischen Industrie: Kooperativ<br />

suchen Arbeitgeber und Gewerkschaft<br />

nach den besten Lösungen für Unternehmen<br />

und Beschäft<strong>ig</strong>te. Dazu führen sie e<strong>in</strong>en<br />

kont<strong>in</strong>uierlichen Dialog, um geme<strong>in</strong>same<br />

Ziele zu verwirklichen und Gegensätze<br />

zum Wohle der Branche auszugleichen.<br />

Thomas Mayer, Hauptgeschäftsführer der<br />

<strong>baden</strong>-württembergischen Chemie-Arbeitgeber,<br />

bestät<strong>ig</strong>t: „Wir können mit der Chemie-<br />

Gewerkschaft konstruktiv und pragmatisch<br />

verhandeln und gute Ergebnisse erzielen.<br />

Das kommt dem Standort, den Unternehmen<br />

und den Arbeitnehmern zugute.“<br />

In der geme<strong>in</strong>samen Sozialpartner-Vere<strong>in</strong>barung<br />

„Verantwortliches Handeln <strong>in</strong><br />

der sozialen Marktwirtschaft“, die am 14. August<br />

2008 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong> Anwesenheit von<br />

Bundespräsident Horst Köhler der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt wurde, heißt es: „Auf der<br />

Grundlage ihres verfassungsrechtlich verankerten<br />

Auftrags ist es die zentrale Aufgabe<br />

der Tarifvertragsparteien <strong>in</strong> der chemischen<br />

Industrie, die Arbeits- und Wirtschaftsbed<strong>in</strong>gungen<br />

zu regeln.“ Damit gibt<br />

es erstmals geme<strong>in</strong>sam formulierte ethische<br />

Grundsätze für e<strong>in</strong>e Branche. In der Praxis<br />

s<strong>in</strong>d so aus Konfliktparteien Kooperationsund<br />

schließlich Sozialpartner geworden.<br />

Bereits im Juli 2007 hatten <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> und<br />

Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC)<br />

ihren Wittenberg-Prozess gestartet. Unterstützt<br />

durch das Wittenberg-Zentrum für<br />

Globale Ethik verständ<strong>ig</strong>ten sich erstmals<br />

die Sozialpartner e<strong>in</strong>er ganzen Branche <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em offenen Diskussionsprozess auf geme<strong>in</strong>same<br />

Leitl<strong>in</strong>ien für „verantwortliches<br />

Handeln <strong>in</strong> der sozialen Marktwirtschaft“.<br />

Mit der Zeit ist durch die kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Zusammenarbeit der Tarifpartner e<strong>in</strong><br />

umfangreiches Instrumentarium zur Erfüllung<br />

geme<strong>in</strong>samer Aufgaben entstanden.<br />

Dazu gehören Tarifverträge, <strong>in</strong> denen bundesweit<br />

und regional Entgeltbed<strong>in</strong>gungen<br />

und allgeme<strong>in</strong>e Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen geregelt<br />

werden. Sie be<strong>in</strong>halten Absprachen zu<br />

Altersvorsorge, Nachwuchssicherung und<br />

Demografie. Damit haben <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> und BAVC<br />

vielfach Neuland beschritten und ihre tarifpolitische<br />

Spitzenposition ausgebaut. Außerdem<br />

gehören außertarifliche Sozialpartner-<br />

Vere<strong>in</strong>barungen zu Themen wie Standortsicherung<br />

und Chancengleichheit zu den<br />

Vere<strong>in</strong>barungen ebenso wie geme<strong>in</strong>same<br />

E<strong>in</strong>richtungen der Sozialpartner wie die<br />

Chemie-Stiftung Sozialpartner-Akademie<br />

(CSSA) oder GIBUCI, die Gesellschaft zur<br />

Information von Betriebsräten über Umweltschutz<br />

<strong>in</strong> der chemischen Industrie.<br />

PENSIONSFONDS<br />

FÜR EINE BRANCHE<br />

Sie befasst sich mit Umweltthemen, die<br />

für die Chemiebranche relevant s<strong>in</strong>d, und<br />

wurde 1987 <strong>in</strong> dem Bewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong>itiiert,<br />

dass Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz<br />

e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Aufgabe der Sozialpartner<br />

und Betriebsparteien <strong>in</strong> der chemischen<br />

Industrie s<strong>in</strong>d. Seitdem <strong>in</strong>formieren<br />

sich Betriebsräte zu Schwerpunktthemen <strong>in</strong><br />

Sem<strong>in</strong>aren und Werksführungen vor Ort.<br />

E<strong>in</strong> Beispiel guter Zusammenarbeit ist<br />

der Chemie-Pensionsfonds, der vor dem<br />

H<strong>in</strong>tergrund der demografischen Entwicklung<br />

auf Initiative der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> und des BAVC<br />

entstanden ist und sich seit Ende 2007<br />

unter dem Dach der R+V Versicherung bef<strong>in</strong>det.<br />

2008 wurde er zentraler Bestandteil<br />

des von <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>, BAVC und R+V gegründeten<br />

Chemie-Versorgungswerks. Dieses bietet die<br />

Möglichkeit zur Absicherung für rund e<strong>in</strong>e<br />

Million Beschäft<strong>ig</strong>te nicht nur <strong>in</strong> der chemischen<br />

Industrie, sondern auch <strong>in</strong> den anderen<br />

Branchen wie im Bergbau, <strong>in</strong> der Kautschuk-<br />

und Papier- und Glas<strong>in</strong>dustrie. Davon<br />

nutzen circa 123 000 das Angebot.<br />

Anlässlich des Zehn-Jahr-Jubiläums<br />

lobte auf e<strong>in</strong>er Branchentagung Altbundeskanzler<br />

Gerhard Schröder den Fonds: „Das<br />

ist e<strong>in</strong> Erfolgsmodell, das auch für die<br />

Reform der Sozialsysteme <strong>in</strong> anderen europäischen<br />

Staaten als Vorbild dienen kann.<br />

Dafür braucht es verantwortungsbewusste<br />

Sozialpartner wie <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> und BAVC.“<br />

„Die tariflich garantierte Altersvorsorge“,<br />

so der <strong>IG</strong>-<strong>BCE</strong>-Tarifpolitiker Peter<br />

Hausmann auf der Tagung, „markiert e<strong>in</strong><br />

gutes Stück Sozialgeschichte. Wir errichten<br />

zusätzliche Dämme gegen die Altersarmut.<br />

Das Angebot ist attraktiv, rund 80 Prozent<br />

der Chemiebeschäft<strong>ig</strong>ten machen davon<br />

Gebrauch – darauf s<strong>in</strong>d wir stolz.“<br />

Auch BAVC-Hauptgeschäftsführer Wolfgang<br />

Goos wertete die Chemie-Altersvorsorge<br />

als „wicht<strong>ig</strong>es Standbe<strong>in</strong>, um die absehbare<br />

Versorgungslücke bei der gesetzlichen<br />

Rente zu schließen. Der Erfolg des<br />

Chemie-Pensionsfonds ze<strong>ig</strong>t, dass Chemie-<br />

Arbeitgeber und <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> geme<strong>in</strong>sam die richt<strong>ig</strong>en<br />

Antworten auf den demografischen<br />

Wandel entwickeln.“ Wolfgang Strähler<br />

Invest<br />

alpha-Balance<br />

Die Komb<strong>in</strong>ation aus Chance<br />

plus Sicherheit<br />

Kunststoffteile für die Automobil<strong>in</strong>dustrie<br />

Foto: Wolfgang Strähler<br />

Hohe Wertschöpfung<br />

Automobilzulieferer im Südwesten<br />

Ob die Automobilbranche gerade<br />

boomt oder Ch<strong>in</strong>esen bevorzugt<br />

deutsche Autos fahren, es s<strong>in</strong>d meist<br />

nur die großen Konzerne, die dann genannt<br />

werden – Mercedes, Porsche oder Audi etwa,<br />

um <strong>in</strong> Baden-Württemberg zu bleiben.<br />

Doch steckt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fahrzeug mehr. Es<br />

s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>zelteile oder ganze Baugruppen, die<br />

von anderen Firmen produziert und angeliefert<br />

werden und die dann <strong>in</strong> der Wertschöpfung<br />

e<strong>in</strong>es Automobils durchaus bis zu<br />

80 Prozent ausmachen können.<br />

Andreas Klose, Bezirksleiter der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong><br />

Kornwestheim: „Die Industrie der Region ist<br />

vom Automobilbau geprägt. Damit ist auch<br />

die Anzahl der Autozulieferer, verteilt über<br />

alle Branchen unserer Organisation, verhältnismäß<strong>ig</strong><br />

groß.“ Ob Seitenfenster von der<br />

Richard-Fritz-Gruppe <strong>in</strong> Bes<strong>ig</strong>heim oder<br />

komplette Cockpits von SMP Deutschland <strong>in</strong><br />

Bötz<strong>in</strong>gen – <strong>in</strong> Baden-Württemberg s<strong>in</strong>d es<br />

viele, meist mittelständische Unternehmen<br />

aus den Bereichen Glas, Kautschuk, Kunststoff,<br />

Keramik, Leder – selbst Papier und<br />

nicht zu vergessen die Chemie. Manche<br />

Firmen haben kaum 20 Mitarbeiter, nur<br />

wen<strong>ig</strong>e mehr als 1000.<br />

Hochrechnungen zufolge gibt es <strong>in</strong><br />

Baden-Württemberg branchenübergreifend<br />

etwa 600 Automobilzulieferer mit <strong>in</strong>sgesamt<br />

185 000 Beschäft<strong>ig</strong>ten. Laut Analysen<br />

des Fraunhofer-Instituts für System- und<br />

Innovationsforschung müssen rund 13 Prozent<br />

aller Beschäft<strong>ig</strong>ten der chemischen Industrie<br />

sowie etwa 20 Prozent der Beschäft<strong>ig</strong>ten<br />

der gummi- und kunststoffverarbeitenden<br />

Industrie den Automobilzulieferern<br />

zugerechnet werden. Sie stehen den 32 Prozent<br />

Mitarbeitern <strong>in</strong> Betrieben gegenüber,<br />

die Metallerzeugnisse herstellen. Da verwundert<br />

es kaum, dass die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> mittlerweile<br />

schon als Automobilgewerkschaft bezeichnet<br />

wird. Immerh<strong>in</strong> arbeitet rund e<strong>in</strong> Drittel<br />

der Mitglieder für Unternehmen, die helfen,<br />

Autos auf die Räder zu stellen.<br />

Die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten,<br />

ist vor diesem H<strong>in</strong>tergrund nicht<br />

leicht. Es müssen für jede e<strong>in</strong>zelne Branche<br />

Tarifverträge mit den jeweil<strong>ig</strong>en Arbeitgeberverbänden<br />

ausgehandelt werden. Daneben<br />

gibt es gezielt auf e<strong>in</strong>zelne Unternehmen<br />

ausgerichtete Haustarifverträge. Um<br />

über die Branchen h<strong>in</strong>weg Transparenz zu<br />

schaffen, br<strong>in</strong>gt die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> Betriebsräte der<br />

Zulieferer an e<strong>in</strong>en Tisch, bietet Weiterbildungsmaßnahmen<br />

und arbeitet an der<br />

Schaffung von Netzwerken. Zielsetzung ist<br />

es, Branchentrends sichtbar zu machen,<br />

Erfahrungen und Entwicklungen aus ähnlichen<br />

Betrieben kennenzulernen. wst<br />

Kundenerwartungen erfolgreich managen mit Allianz Invest alpha-Balance<br />

Mögen Sie es bei Ihrer Altersvorsorge lieber sicher oder doch eher chancenreich? Um e<strong>in</strong> ausgewogenes Zusammenspiel<br />

zwischen Chance und Sicherheit geht es bei dem Vorsorgekonzept Invest alpha-Balance für alle drei Schichten der Altersvorsorge.<br />

Komb<strong>in</strong>ieren Sie Renditechancen durch die Investition <strong>in</strong> Ihre <strong>in</strong>dividuelle Fondsanlage mit der Sicherheit des<br />

Sicherungsvermögens der Allianz Lebensversicherungs-AG. An den Kapitalmärkten <strong>in</strong>vestieren und gleichzeit<strong>ig</strong> darauf<br />

vertrauen, zum Rentenbeg<strong>in</strong>n m<strong>in</strong>destens Ihre e<strong>in</strong>gezahlten Beiträge sowie e<strong>in</strong>e garantierte M<strong>in</strong>destrente zu erhalten –<br />

das ist Invest alpha-Balance. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.allianz.de<br />

Hoffentlich Allianz versichert.


8<br />

<strong>IG</strong> BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE IN BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

Dienstag, 20. November 2012<br />

Die Energiewende erfordert<br />

e<strong>in</strong>en möglichst breiten<br />

Konsens <strong>in</strong> der Gesellschaft.<br />

Die Gewerkschaften wollen<br />

ihren Teil dazu beitragen,<br />

dass der Wandel gel<strong>in</strong>gt.<br />

Fotos: dpa<br />

Effizient die Energiewende vorantreiben<br />

Die Energieversorgung für die Industrie muss aber sicher und bezahlbar bleiben<br />

Die Industriegewerkschaft Bergbau,<br />

Chemie, Energie (<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>) <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg steht grundsätzlich<br />

h<strong>in</strong>ter der Energiewende, die den Ausstieg<br />

aus der Atom<strong>energie</strong> bis zum Jahr 2022 als<br />

wicht<strong>ig</strong>stes Ziel hat. „Unabhäng<strong>ig</strong> von der<br />

Schnell<strong>ig</strong>keit des Ausstiegs muss e<strong>in</strong>e sichere<br />

und bezahlbare Energieversorgung<br />

für die Industrie <strong>in</strong> Deutschland und Baden-<br />

Württemberg aufrechterhalten werden“,<br />

heißt es jedoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Positionspapier,<br />

das die Gewerkschaft geme<strong>in</strong>sam mit den<br />

Arbeitgeberverbänden der Chemiebranche<br />

sowie der Papier<strong>in</strong>dustrie bereits im März<br />

2012 an Politik <strong>in</strong> Bund und Land adressiert<br />

hat.<br />

Die Forderung kommt nicht von ungefähr,<br />

verbraucht das Umwandeln von Rohstoffen<br />

<strong>in</strong> höherwert<strong>ig</strong>e Produkte doch relativ<br />

viel Energie: über e<strong>in</strong> Viertel des End<strong>energie</strong>verbrauchs<br />

der <strong>baden</strong>-württembergischen<br />

Industrie entfällt alle<strong>in</strong> auf die<br />

hies<strong>ig</strong>e Chemie- und Papier<strong>in</strong>dustrie, die<br />

zusammen e<strong>in</strong>en Jahresumsatz von etwa<br />

36 Milliarden Euro erwirtschaften und rund<br />

110 000 Menschen beschäft<strong>ig</strong>en. Dabei<br />

setze man Energie immer effizienter e<strong>in</strong>,<br />

betonen Gewerkschafter und Arbeitgeber<br />

unisono angesichts der aufkeimenden Diskussion<br />

um die von der schwarz-gelben<br />

Bundesregierung beschlossene Förderung<br />

<strong>energie</strong><strong>in</strong>tensiver Unternehmen. So hat<br />

alle<strong>in</strong> die deutsche chemische Industrie ihren<br />

Gesamt<strong>energie</strong>verbrauch <strong>in</strong> der Zeit von<br />

1990 bis 2009 um e<strong>in</strong> Drittel reduziert und<br />

ihren Strombedarf dabei nahezu konstant<br />

gehalten, heißt es <strong>in</strong> der geme<strong>in</strong>samen<br />

Erklärung. Im gleichen Zeitraum stieg die<br />

Produktion jedoch um 42 Prozent. Produktion<br />

und Ressourcenverbrauch wurden somit<br />

entkoppelt. Zudem sanken die klimaschädlichen<br />

CO 2<br />

-Emissionen sogar um fast<br />

50 Prozent. Ähnliches gilt für die deutsche<br />

Zellstoff- und Papier<strong>in</strong>dustrie. Die Branche<br />

hat von 1990 bis 2010 den spezifischen<br />

Energiee<strong>in</strong>satz um 35 Prozent m<strong>in</strong>dern können.<br />

Der CO 2<br />

-Ausstoß wurde im gleichen<br />

Zeitraum sogar um 42 Prozent reduziert.<br />

Gleichzeit<strong>ig</strong> stieg die Jahresproduktion von<br />

knapp 13 auf mehr als 23 Millionen Tonnen.<br />

EFFIZIENZ UND<br />

ERNEUERBARE ENERGIEN<br />

Heft<strong>ig</strong> <strong>in</strong> die Diskussion geriet die<br />

Energiewende zuletzt Mitte Oktober, als<br />

bekannt wurde, dass die Umlage zur Förderung<br />

erneuerbarer Energien im kommenden<br />

Jahr um 47 Prozent auf 5,277 Cent je<br />

Kilowattstunde Strom ste<strong>ig</strong>en soll. Für e<strong>in</strong>en<br />

durchschnittlichen Haushalt bedeutet dies<br />

Mehrkosten von etwa 60 Euro im Jahr. Dies<br />

genügte, um e<strong>in</strong>en regelrechten Medienhype<br />

um bezahlbaren Strom im Zeitalter<br />

der regenerativen Energien auszulösen. Dabei<br />

spr<strong>in</strong>gen wirtschafts- und <strong>energie</strong>politische<br />

Diskussionen viel zu kurz, wenn sie<br />

sich nur auf den Strommarkt fokussieren,<br />

wenden Experten e<strong>in</strong>. Schließlich müssen<br />

sich Hause<strong>ig</strong>entümer oder Mieter im bevorstehenden<br />

W<strong>in</strong>ter auch mit höheren Gas-,<br />

Heizöl- und Fern- sowie Nahwärmepreisen<br />

herumschlagen.<br />

Aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwand<br />

fast völl<strong>ig</strong> das Thema Energieeffizienz.<br />

Zu Unrecht, sagt nicht nur die Gewerkschaft<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> im Land. „Um die Energiewende<br />

erfolgreich bewält<strong>ig</strong>en zu können,<br />

brauchen wir die erneuerbaren Energien<br />

genauso wie die Energieeffizienz. Sie s<strong>in</strong>d<br />

die beiden Seiten e<strong>in</strong>er Medaille“, sagt Jochen<br />

Stotmeister, der Vorstandsvorsitzende<br />

des Stühl<strong>in</strong>ger Baustoffzulieferers und führenden<br />

Herstellers von Wärmedämmverbundsystemen<br />

Sto AG. Während die Erzeugung<br />

von Ökostrom derzeit boomt, fahre<br />

man im Bereich der Energieeffizienz im<br />

Gebäudebereich <strong>in</strong> Deutschland immer<br />

noch mit angezogener Handbremse. „Statt<br />

e<strong>in</strong>er Sanierungsquote im Gebäudebereich<br />

von zwei Prozent pro Jahr – so wie es die<br />

Bundesregierung <strong>in</strong> ihrem Konzept zur Energiewende<br />

auch beschlossen hatte – kommen<br />

wir seit Jahren nicht über die Quote von<br />

etwa e<strong>in</strong>em Prozent h<strong>in</strong>aus“, verdeutlicht<br />

Stotmeister. Für viele ist das zu wen<strong>ig</strong>. Denn<br />

jede Kilowattstunde, die bei Heizung, Warmwassergew<strong>in</strong>nung,<br />

Kühlung oder Beleuchtung<br />

im Gebäudebereich gespart wird,<br />

schont direkt den Geldbeutel sowie auch<br />

die Umwelt.<br />

UNABHÄNG<strong>IG</strong>KEIT<br />

VON ENERGIEEXPORTEN<br />

Je mehr Energie gespart wird, umso<br />

unabhäng<strong>ig</strong>er wird Deutschland auch von<br />

den immer teurer werdenden fossilen Energieimporten.<br />

Die E<strong>in</strong>fuhr von Öl, Erdgas<br />

und Kohle kostet immerh<strong>in</strong> rund 80 Milliarden<br />

Euro pro Jahr. „In diesem S<strong>in</strong>ne ist die<br />

Energieeffizienz sicherlich die volkswirtschaftlichste<br />

Säule der Energiewende. Sie<br />

ermöglicht den Verbrauchern, Preisste<strong>ig</strong>erungen<br />

im Energiebereich zu kompensieren<br />

und damit die Kostenbelastung zu begrenzen,<br />

die durch den Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien auf jeden E<strong>in</strong>zelnen von uns<br />

zukommt“, unterstreicht Stotmeister. Nur<br />

wenn es gel<strong>in</strong>gt, die deutsche Volkswirtschaft<br />

<strong>energie</strong>effizient zu organisieren, ist<br />

die Energiewende umwelt- und sozialverträglich<br />

zu stemmen, glaubt der Vorstandsvorsitzende<br />

der Sto AG. Und: wie die erneuerbaren<br />

Energien ist auch die Energieeffizienz<br />

e<strong>in</strong> Jobmotor. Die energetische Sanierung<br />

befördert die Beschäft<strong>ig</strong>ung <strong>in</strong> der<br />

Bauwirtschaft, die alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Baukrise von<br />

den späten 90er Jahren bis zum Jahr 2006<br />

rund die Hälfte ihrer Arbeitskräfte verlor.<br />

Von rund 1,4 Millionen halbierte sich die<br />

Zahl auf rund 700 000 Mitarbeiter. „Bei der<br />

Bewält<strong>ig</strong>ung der benöt<strong>ig</strong>ten Bauleistung <strong>in</strong><br />

der energetischen Sanierung fehlt uns heute<br />

deshalb auch teilweise das entsprechend<br />

qualifizierte Personal“, sagt Stotmeister.<br />

Verständlicherweise <strong>in</strong>vestiere das Ausbaugewerbe<br />

aber nur dann <strong>in</strong> neue Arbeitskräfte,<br />

wenn die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des<br />

Marktes stimmen. „Wenn die Sanierungsrate<br />

im Gebäudebereich ste<strong>ig</strong>en soll, bedarf<br />

es viel stärkerer und vor allem langfrist<strong>ig</strong><br />

ausgelegter Fördermittel sowie der steuerlichen<br />

Geltendmachung von Sanierungskosten<br />

für Bauherren und Investoren“, bekräft<strong>ig</strong>t<br />

der Vorstandsvorsitzende. Verstärkte<br />

Anstrengungen fordern Fachleute daneben<br />

auch im Forschungsbereich. „Wir brauchen<br />

bessere Dämmmaterialien, effizientere Motoren<br />

und Pumpen sowie e<strong>in</strong>e massive Senkung<br />

des Verbrauchs knapper werdender<br />

Ressourcen. Die Forschung an diesen zentralen<br />

Aufgaben für e<strong>in</strong>e Industriegesellschaft<br />

und für bezahlbare Energien ist <strong>in</strong> den<br />

Forschungsausgaben des Bundes massiv unterrepräsentiert“,<br />

kritisiert der SPD-Bundestagsabgeordnete<br />

Ulrich Kelber. Jürgen Lessat<br />

Kostenexplosion<br />

Hohe Strompreise treffen jeden<br />

WIE<br />

GESTALTEN<br />

WIR<br />

? ZUKUNFT<br />

WIE WERDEN WIR<br />

LEBEN?<br />

WIE WERDEN WIR<br />

GESTALTEN?<br />

WIE WERDEN WIR<br />

ARBEITEN?<br />

WAS WERDEN WIR<br />

WISSEN?<br />

WAS WERDEN WIR<br />

VERDIENEN?<br />

WAS WERDEN WIR<br />

BEWEGEN?<br />

WIR GEBEN ANTWORTEN:<br />

<strong>IG</strong> <strong>BCE</strong> – DIE ZUKUNFTSGEWERKSCHAFT<br />

WWW.ZUKUNFTSGEWERKSCHAFT.DE<br />

WIR SIND DA!<br />

<strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie<br />

Landesbezirk Baden-Württemberg<br />

Tel.: 0711/22 916 - 0<br />

lb.bawue@<strong>ig</strong>bce.de<br />

www.<strong>baden</strong>-wuerttemberg.<strong>ig</strong>bce.de<br />

<strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie<br />

Bezirk Freiburg<br />

Tel.: 0761/55 94 2-0<br />

bezirk.freiburg@<strong>ig</strong>bce.de<br />

<strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie<br />

Bezirk Ulm<br />

Tel.: 0731/9 68 91-0<br />

bezirk.ulm@<strong>ig</strong>bce.de<br />

<strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie<br />

Bezirk Karlsruhe<br />

Tel.: 0721/9 33 42-0<br />

bezirk.karlsruhe@<strong>ig</strong>bce.de<br />

<strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie<br />

Bezirk Mannheim<br />

Tel.: 0621/178289-30<br />

bezirk.mannheim@<strong>ig</strong>bce.de<br />

<strong>IG</strong> Bergbau, Chemie, Energie<br />

Bezirk Kornwestheim<br />

Tel.: 07154/83 12-0<br />

bezirk.kornwestheim@<strong>ig</strong>bce.de<br />

Der Ausbau erneuerbarer Energieträger<br />

ist richt<strong>ig</strong>, braucht aber e<strong>in</strong> klares<br />

Konzept“, sagt Thomas Mayer,<br />

Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands<br />

Chemie <strong>in</strong> Baden-Württemberg. In<br />

se<strong>in</strong>en Augen sieht es bisher so aus: Die<br />

Politik möchte mit der Energiewende <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie die Struktur der Energieversorgung<br />

umbauen; und sche<strong>in</strong>t dabei zu vergessen,<br />

dass es die Industrie ist, die durch ihre<br />

Wirtschaftsleistung die notwend<strong>ig</strong>en Mittel<br />

bereitstellt. Aber genau diese sei auf verlässliche,<br />

bezahlbare und verfügbare Energie<br />

angewiesen. „Ohne unsere Beiträge dreht<br />

sich ke<strong>in</strong> W<strong>in</strong>drad, funktioniert ke<strong>in</strong>e Solaranlage,<br />

fährt ke<strong>in</strong> Elektroauto“, ist sich<br />

Mayer sicher.<br />

Verbände und Gewerkschaften, darunter<br />

auch die <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>, die Industriegewerkschaft<br />

Bergbau, Chemie, Energie, fordern deshalb<br />

e<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>anzierungsplan für den Ausbau<br />

erneuerbarer Energien, der private und <strong>in</strong>dustrielle<br />

Stromkunden nicht überfordert.<br />

E<strong>in</strong>e Erhöhung des Strompreises um e<strong>in</strong>en<br />

Cent pro Kilowattstunde kostet die chemische<br />

Industrie zusätzlich rund 500 Millionen<br />

Euro pro Jahr.<br />

Dabei läge der Grund für die Kostenexplosion<br />

bei den erneuerbaren Energien<br />

nicht dar<strong>in</strong>, dass bereits e<strong>in</strong><strong>ig</strong>e Unternehmen<br />

von der EEG-Härtefallregelung profitieren,<br />

sagt Mayer, sondern am unkontrollierten<br />

Wachstum der erneuerbaren Energien.<br />

Das E<strong>in</strong>speisen von Sonnen- und W<strong>in</strong>dstrom<br />

kostet Geld, und auch der Ausbau der<br />

Stromautobahnen durch Deutschland ist<br />

teuer. Aktuell entfallen 0,6 Cent der EEG-<br />

Umlage von 3,59 Cent auf die Härtefallregelung.<br />

E<strong>in</strong> Abbau der Entlastungen für die<br />

Industrie löse die Probleme nicht und<br />

könne durch den möglichen Verlust von<br />

Arbeitsplätzen nur zu neuen sozialen Schieflagen<br />

führen – das befürchten die Unternehmen.<br />

Es sei unverzichtbar, die Firmen weiterh<strong>in</strong><br />

zu entlasten, um ihre <strong>in</strong>ternationale<br />

Wettbewerbsfäh<strong>ig</strong>keit nicht zu gefährden,<br />

denn Chemieunternehmen erwirtschaften<br />

mehr als die Hälfte ihres Umsatzes im<br />

Ausland.<br />

Mit der erneuten Erhöhung der EEG-Umlage<br />

können sie nicht mit ausländischen<br />

Betrieben auf dem globalen Markt konkurrieren.<br />

Der Arbeitgeberverband fordert deshalb,<br />

dass die Mehrbelastung durch höhere<br />

Energiekosten beschränkt wird.<br />

Die Arbeitgebervertretung befürchtet<br />

nun, dass Verbraucher und Industrie gegene<strong>in</strong>ander<br />

ausgespielt werden. „Die gesellschaftliche<br />

Akzeptanz für e<strong>in</strong>e solche, aus<br />

Wettbewerbsgründen erforderliche Entlastung<br />

s<strong>in</strong>kt, da diese mit e<strong>in</strong>er Mehrbelastung<br />

für die übr<strong>ig</strong>en Verbraucher verbunden<br />

ist“, heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Strategiepapier<br />

der <strong>IG</strong> <strong>BCE</strong>. Die Arbeitnehmervertretung<br />

pocht vor allem auf e<strong>in</strong>e sozial verträgliche<br />

Lösung. Die Strompreisbelastung schadet<br />

Deutschlands Wettbewerbsfäh<strong>ig</strong>keit als<br />

Exportnation <strong>in</strong> Europa, so der Tenor. Die<br />

deutsche Industrie zahlt heute europaweit<br />

die zweithöchsten Strompreise. Die Mehrkosten<br />

durch staatliche Regelungen verzerren<br />

den Wettbewerb und können Unternehmen<br />

<strong>in</strong> ihrer Existenz gefährden.<br />

Dazu kommt e<strong>in</strong>e gewisse Skepsis gegenüber<br />

dem Ökostrom: „Der Ersatz der Kernkraft<br />

für die Grundlastversorgung der <strong>energie</strong><strong>in</strong>tensiven<br />

Industrien kann nur durch<br />

Kohle und Gas erfolgen. Erneuerbare Energien<br />

s<strong>in</strong>d noch nicht grundlastfäh<strong>ig</strong>“, erläutert<br />

Chemie-Arbeitgebervertreter Mayer. Wegen<br />

staatlicher Förderungen für die grüne<br />

Energie lohne es sich aber derzeit nicht, e<strong>in</strong><br />

modernes Gaskraftwerk zu betreiben. Besonders<br />

zu befürchten seien die Versorgungslücken<br />

nach Wegfall von Kernkraftwerken:<br />

„Die Versorgungslücken haben wir jetzt<br />

schon. Das hat auch die Bundesnetzagentur<br />

bestät<strong>ig</strong>t: Im vergangenen W<strong>in</strong>ter gab es<br />

kurzzeit<strong>ig</strong> sehr kritische Situationen, die<br />

glücklicherweise noch nicht auf die Versorgung<br />

durchgeschlagen s<strong>in</strong>d.“ Leila Haidar<br />

IMPRESSUM<br />

Redaktion: STZW Sonderthemen<br />

I. Dalcolmo, M. Vogel<br />

Produktion: Ludw<strong>ig</strong> Steil<br />

Titelfoto: Wolfgang Strähler<br />

Anze<strong>ig</strong>en: Stuttgarter Zeitung<br />

Werbevermarktung GmbH<br />

Telefon 07 11 / 72 05 - 16 20<br />

Telefax 07 11 / 72 05 - 16 14<br />

svanze<strong>ig</strong>en@stzw.zgs.de<br />

Anze<strong>ig</strong>en- Werner Swoboda<br />

verkaufsleitung: Telefon 07 11 / 72 05 - 16 20<br />

Druck: Pressehaus Stuttgart<br />

Druck GmbH

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!