131022_Druckauftrag BRA Kap 6 - 100% Strom
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44<br />
6 Müllverbrennung<br />
Müllverbrennungsanlagen verpesten die Luft, machen die Menschen krank, sind<br />
Dreckschleudern. So und ähnlich lauten oft die Urteile über Müllverbrennungsanlagen.<br />
Unberechtigte Vorurteile, die aber bis heute in vielen Köpfen stecken. Woran das<br />
liegt? Wo es brennt, da entsteht Rauch. Oft giftiger Qualm. Und der wird, so denken<br />
viele, in den Müllverbrennungsanlagen einfach in die Atmosphäre abgegeben.<br />
Es ist leichter, Dioxine zu zerstören als Vorurteile über<br />
Müllverbrennungsanlagen.<br />
Moderne Müllverbrennungsanlagen sind High-Tech-Betriebe.<br />
Sie werden selbst den strengsten Umweltanforderungen gerecht. Denn in Deutschland<br />
gelten weltweit mit die schärfsten Auflagen und selbst diese werden noch unterboten.<br />
Und es ist bekannt, dass moderne Müllverbrennungsanlagen echte „Schadstoffsenken“<br />
sind. Denn mit der thermischen Behandlung werden 98 % der in den Abfällen<br />
enthaltenen Schadstoffe zerstört/inertisiert.<br />
Und noch etwas wird in der Diskussion häufig unterschlagen: Die in Deutschland<br />
arbeitenden Müllverbrennungsanlagen erzeugen <strong>Strom</strong> und/oder Fernwärme. Auf<br />
diese Weise tragen sie zur Einsparung wertvoller fossiler Brennstoffe und zur<br />
Reduzierung des Treibhauseffektes bei.<br />
Ein nicht zu unterschätzender Output: Der Energiewert einer Tonne Hausmüll entspricht<br />
200 kg Heizöl, 250 kg Kohle oder 350 kWh <strong>Strom</strong>.<br />
Bei einem Primärenergieverbrauch in Deutschland von 483,6 Mio. t SKE (1 SKE =<br />
29.400 kJ/kg; 1 kWh = 0,123 SKE) in 2000 hat die Brutto-Brennstoffwärme<br />
des Abfalls der den MVA’s zugeführt wurde, einen Anteil von ca. 1 %. Regional<br />
gesehen lassen sich aber erhebliche Primärenergiemengen durch die Nutzung der<br />
Abfallenergie einsparen.<br />
Die öffentliche Kritik an den Schadstoffemissionen aus alten Abfallverbrennungsanlagen<br />
trieb die Entwicklung der Feuerungs-, Luftreinhalte und Überwachungstechnik<br />
immer weiter voran, um die Schadstoffemissionen zu verringern und die Umweltverträglichkeit<br />
des Anlagenbetriebes zu verbessern.
45<br />
Die Entwicklungen führten zur Müllverbrennungsanlage (MVA) der Neuzeit<br />
mit ausgereifter Feuerungstechnik und leistungsfähiger Abgasreinigung. Maßgeblich<br />
beschleunigt wurde diese Entwicklung durch die anspruchsvollen emissionsbegrenzenden<br />
Anforderungen der 17. Verordnung zur Durchführung des Bundes-<br />
Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Verbrennungsanlagen für Abfälle und<br />
ähnliche brennbare Stoffe, 17. BImSchV) von 1990. Die Entwicklung der<br />
thermischen Abfallbehandlungsanlagen hinsichtlich ihrer Anzahl und <strong>Kap</strong>azität sind in<br />
Tabelle 6-1 dargestellt.<br />
Jahr Anzahl Anlagen<br />
Abfalldurchsatz Durchschn. Durchsatz<br />
in 1000 t/a je Anlage in 1000 t/a<br />
1965 7 718 103<br />
1970 24 2.829 118<br />
1975 33 4.582 139<br />
1980 42 6.343 151<br />
1985 46 7.877 171<br />
1990 48 9.200 192<br />
1995 52 10.870 209<br />
2000 60 13.900 232<br />
2005 66 16.000 242<br />
Tabelle 6-1:<br />
Entwicklung der Anlagen zur thermischen Behandlung von<br />
Siedlungsabfällen in Deutschland<br />
Heute werden mehr als 60 Prozent des Hausmülls stofflich verwertet, zum<br />
Beispiel Bioabfall, Altpapier, Altglas oder Verpackungen. Die meisten Siedlungsabfälle<br />
die nicht mehr stofflich zu verwerten sind werden in einer Müllverbrennungsanlage<br />
verbrannt und dabei energetisch genutzt. Gemäß § 6 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts-<br />
und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) hat unter den Optionen stofflicher und energetischer<br />
Verwertung diejenige Verwertungsart Vorrang, die besser umweltverträglich ist. Die<br />
derzeitige Energiegewinnung aus Abfall umfasst ein breites Spektrum:<br />
• <strong>Strom</strong>- und Wärmeerzeugung in Abfallverbrennungsanlagen,<br />
• Mitverbrennung aufbereiteter Ersatzbrennstoffe und Klärschlamme in<br />
Kraftwerken und Zementwerken,<br />
• Verbrennung von Altholz,<br />
• Vergärung von Gülle und Bioabfällen in Biogasanlagen,<br />
• Vergärung und Verbrennung von Klärschlamm,<br />
• Deponiegasnutzung.
46<br />
Seit 2005 darf kein Siedlungsabfall mehr unbehandelt auf die Deponie gehen, wodurch<br />
die Müllverbrennungsanlagen in Deutschland an Bedeutung gewonnen haben.<br />
In der Tabelle 6-2 sind alle in Betrieb befindlichen Müllverbrennungsanlagen von<br />
Deutschland aufgeführt.<br />
1. Augsburg<br />
2. Bamberg<br />
3. Berlin-Ruhleben<br />
4. Bielefeld-Herford<br />
5. Böblingen, Zweckverband RBB<br />
6. Bonn<br />
7. Bremen<br />
8. Bremen (Mittelkalorik-Kraftwerk)<br />
9. Bremerhaven<br />
10. Burgau (Müllpyrolyseanlage) LK Günzburg<br />
11. Burgkirchen<br />
12. Coburg<br />
13. Darmstadt<br />
14. Düsseldorf<br />
15. Emlichheim<br />
16. Essen-Karnap<br />
17. Frankfurt am Main<br />
18. Freiburg Eschbach Breisgau (TREA)<br />
19. Geiselbullach Olching<br />
20. Göppingen<br />
21. Großräschen<br />
22. Hagen<br />
23. Hamburg-Borsigstraße<br />
24. Hamburg-Rugenberger Damm<br />
25. Hamburg-Stellinger Moor<br />
26. Hamburg-Stapelfeld<br />
27. Hameln<br />
28. Hamm<br />
29. Hannover - Lahe<br />
30. Helmstedt Buschhaus (TRV)<br />
31. Herten (RZR)<br />
32. Ingolstadt<br />
33. Iserlohn<br />
34. Kamp-Lintfort Asdonkshof<br />
35. Kassel<br />
36. Kempten (ZAK)<br />
37. Kiel<br />
38. Köln<br />
39. Krefeld<br />
40. Landshut<br />
41. Lauta<br />
42. Leuna<br />
43. Leverkusen<br />
44. Ludwigshafen<br />
45. Ludwigslust<br />
46. Magdeburg (Rothensee)<br />
47. Mainz<br />
48. Mannheim<br />
49. München Nord – Unterföhring<br />
50. Neunkirchen<br />
51. Neustadt<br />
52. Nürnberg<br />
53. Oberhausen (Niederrhein)<br />
54. Offenbach<br />
55. Pirmasens<br />
56. Rosenheim<br />
57. Rudolstadt-Schwarza<br />
58. Saarbrücken (AVA Velsen)<br />
59. Salzbergen<br />
60. Schwandorf<br />
61. Schweinfurt<br />
62. Solingen<br />
63. Staßfurt<br />
64. Stuttgart Mühlhausen (Hauptklärwerk)<br />
65. Stuttgart-Münster<br />
66. Tornesch-Ahrenlohe (Pinneberg)<br />
67. Ulm-Donautal<br />
68. Weisweiler Eschweiler<br />
69. Weißenhorn<br />
70. Würzburg<br />
71. Wuppertal<br />
72. Zella-Mehlis – Südwestthüringen<br />
73. Zorbau<br />
Tabelle 6-2:<br />
Übersicht der Müllverbrennungsanlagen in Deutschland
47<br />
Weitere acht Anlagen befinden sich in der Bau- bzw. Planungsphase und sind in der<br />
Tabelle 6-3 aufgeführt.<br />
1 Heringen<br />
2 Köln – Hürth<br />
3 Premnitz<br />
4 Rheinberg<br />
Tabelle 6-3:<br />
5 Rostock<br />
6 Rudersdorf<br />
7 Schwendt<br />
8 Witzenhausen<br />
Übersicht der sich in Bau / Planung befindenden<br />
Müllverbrennungsanlagen in Deutschland<br />
Bis weit in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein stellte sich der Verfahrensablauf<br />
einer Müllverbrennungsanlage (MVA) entsprechend Bild 6-1 dar.<br />
Bild 6-1:<br />
Schema des Verfahrensablaufs einer MVA<br />
Hauptkomponenten einer Müllverbrennungsanlage (MVA) waren der Bunker mit<br />
Krananlage, die Aufgabe- und Dosiereinrichtung, die Verbrennungseinheit mit Rost und<br />
Entschlackungseinrichtung, der Kessel zur Rauchgaskühlung und Abwärmenutzung und<br />
zum Zwecke der Rauchgasreinigung ein mehr oder minder gut funktionierender
48<br />
Entstauber, vorzugsweise ein Elektrofilter. Die in Bild 6-1 strichliert umrandete<br />
Schadgasreinigung war nur in wenigen MVA‘s realisiert.<br />
6.1 Versuchsanlage zur schadstoffarmen Müllverbrennung<br />
Ende der 80er Jahre wurde im Forschungszentrum Karlsruhe – Technik und Umwelt,<br />
Eggenstein-Leopoldshafen eine Versuchsanlage „Tamara“ gebaut, um die Vorgänge<br />
und Zusammenhänge bei der Verbrennung von Hausmüll, der Rauchgasreinigung und<br />
der Behandlung fester und flüssiger Rückstände wissenschaftlich zu untersuchen.<br />
Oberstes Ziel dieser Forschungsarbeiten ist ein umweltverträglicher Müllverbrennungsprozess<br />
mit Beherrschung der Schadstoffproblematik in sämtlichen Stoffströmen, d. h.<br />
sowohl im Abgas als auch in den festen Reaktionsprodukten (Rostaschen, Rostdurchfall,<br />
Kesselaschen und Filterstäuben) sowie im Abwasser.<br />
Brennstoff<br />
Die Versuchsanlage TAMARA (Test-Anlage zur Müllverbrennung, Abgasreinigung,<br />
Rückstandsverwertung, Abwasserbehandlung) war für einen Nominaldurchsatz von<br />
200 kg/h Hausmüll ausgelegt. Der Brennstoff Hausmüll wird zerkleinert, homogenisiert<br />
und gesiebt.<br />
Das Aussieben der Grobfraktion mit hohen Papier- und Kunststoffanteilen wurde dadurch<br />
ausgeglichen, dass dem Restmaterial ca. 25% <strong>BRA</strong>M (Brennstoff aus Müll) zugemischt<br />
wurden. Der so aufbereitete Brennstoff hatte dieselbe stoffliche Zusammensetzung<br />
wie unbehandelter Kommunalmüll (Papier und Kunststoffreste, Holz und<br />
Textilienfraktionen, diverse Metall-Kleinteile und Verbundmaterial, mangelhaft abgetrenntes<br />
biologisches Material, bei einem mittleren Wasseranteil von 30 Gew.-% einen<br />
Heizwert von ca. 8 MJ/kg und entsprach damit mehr oder minder feuchten,<br />
schlechteren Braunkohlequalitäten.<br />
Bild 6.1-1 zeigt den Ofenteil der TAMARA mit dem aufgesetzten Kessel. Im<br />
Hintergrund sieht man Komponenten der Rauchgasreinigung. In dem Fließschema der<br />
Versuchsanlage TAMARA (Bild 6.1-2) sind periphere Komponenten wie<br />
Dampfkondensation, Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung nicht enthalten.
49<br />
Bild 6.1-1: Ofenteil der „TAMARA“ mit aufgesetztem Kessel<br />
Bild 6.1-2: Fließschema der Versuchsanlage „TAMARA“
50<br />
Der konditionierte Müll wird aus dem Vorratssilo über eine Dosierbandwaage in den<br />
Verbrennungsofen eingespeist. Der Vorschubrost (Rostfläche 2,5 m 2 ) ist einstufig und in<br />
4 Prozesszonen eingeteilt; die Transportgeschwindigkeit des Brennstoffes ist einstellbar.<br />
Damit lassen sich Verweilzeiten und Schichthöhe des Brennstoffes als wichtige<br />
Versuchsparameter variieren. Die mittlere Verweilzeit beträgt ca. 40 Minuten.<br />
35 Temperaturfühler messen die Temperaturprofile über der gesamten Rostfläche und<br />
innerhalb des Brennstoffes. Damit können die Lage und die Verteilung des Feuers<br />
beobachtet und durch Variation der Primärluftzufuhr in den vier Prozesszonen<br />
beeinflusst werden.<br />
Die Verbrennungsluft wird nicht nur primärseitig unter dem Vorschubrost in 4 Teilströmen<br />
zugeführt, sondern noch zusätzlich als Sekundärluft zur Nachverbrennung in<br />
den ersten Strahlungszug der ofenseitigen Rauchgasführung eingeblasen.<br />
Die Luft kann auf max. 180 °C vorgewärmt werden. Damit lassen sich in Abhängigkeit<br />
von Temperatur und Luftverteilung die Länge der Trocknungszone und die Lage der<br />
Brennstoffzündung beeinflussen.<br />
Der Verbrennungsrückstand von ca. 50 kg/h fällt am unteren Rostende in einen<br />
Schlackewagen und steht ebenso wie der Rostdurchfall für analytische Untersuchungen<br />
und Bilanzierungen zur Verfügung.<br />
Das Rauchgas wird in den fünf Strahlungszügen bei einer mittleren Verweilzeit von<br />
2,5 s von ca. 1.000 °C auf 700 °C abgekühlt. Beim Durchströmen des Dampfkessels<br />
erfolgt eine weitere Temperaturabsenkung auf 350 °C bzw. 250 °C im Luftvorwärmer.<br />
Rauchgas-Reinigung<br />
Die Reinigung des Rauchgases (1.000 Nm 3 /h bei 11% O 2 ) erfolgt in mehreren Stufen.<br />
Für die trockene Staubabscheidung steht ein Gewebefilter zur Verfügung. Die<br />
anschließende nasse Rauchgasbehandlung erfolgt in zwei Stufen.<br />
Stufe 1 hat die Aufgabe, das Rauchgas in der Quenche durch Eindüsen von Wasser<br />
auf eine Kühlgrenztemperatur von ca. 60°C abzukühlen und in Verbindung mit einem<br />
Niederdruck-Venturiwäscher Chlorwasserstoff und Quecksilber zu entfernen. Der pH-<br />
Wert wird auf
51<br />
Die Stufe 2 ist ebenfalls ein Niederdruck-Venturiwäscher, in dem das Schwefeldioxid<br />
des Rauchgases (ca. 500 mg/Nm 3 ) unter Zugabe von Natronlauge chemisch<br />
gebunden und als Natriumsulfit/-sulfat mit der Waschlösung abgeleitet wird. Der<br />
Wäscher wird normalerweise auf pH = 7 eingestellt.<br />
Das gesamte Rauchgassystem wird im Unterdruck betrieben mit einem für 2 x 10 4 Pa<br />
ausgelegten Saugzuggebläse. Die Abgastemperatur auf der Emissionsseite beträgt ca.<br />
90 °C.<br />
Die Messtechnische Ausrüstung von TAMARA gliedert sich in 2 Bereiche:<br />
a) Konventionelle Betriebsmesstechnik für Drücke, Temperaturen, Volumenströme und<br />
Abgashauptkomponenten zur Steuerung und Überwachung eines konstanten<br />
Versuchsbetriebs<br />
b) Das Rauchgassystem ist mit Online-Probenahmetechniken instrumentiert für die<br />
quantitative Analyse von Schadgaskomponenten (HCl, SO 2 , CO, NO x ) und<br />
partikelgetragenen Schadstoffen sowie für die Betriebsgrößen O 2 , CO 2 und H 2 O.<br />
Die Quecksilberkonzentrationen im Wasser (Wäscher 1) und die Hg-Emissionen<br />
im Reingas werden kontinuierlich überwacht.<br />
Als logische Folge aus diesen systematischen Untersuchungen stellten sich für die<br />
Abfallverbrennung sowohl in der Gesetzgebung als auch in sprungartig vollzogenen<br />
technischen Weiterentwicklungen Fortschritte in einem Ausmaß ein,<br />
wie sie bei keinem anderen technischen Prozess auch nur in annähernd gleicher<br />
Weise hätten vollzogen werden können. Durch Kooperationen mit Anlagenbetreibern<br />
wurden diese Ergebnisse in die großtechnische Praxis<br />
umgesetzt.<br />
So hat sich sowohl die Verbrennungstechnik, d. h. zum Beispiel die Ausgestaltung und<br />
Betriebsweise der Verbrennungsöfen, als auch im besonderen die sich daran anschließende<br />
Rauchgasreinigungstechnik auf einen auf dem neuesten Stand der Technik<br />
zu nennenden Anlagenstand weiterentwickelt.<br />
Grundelemente der Rauchgasreinigung heute sind Methoden zur Feinstentstaubung,<br />
Naßwäschen zur Entfernung saurer Schadgase mit interner oder auch externer<br />
Eindampfung der resultierenden Waschlösungen, katalytische Verfahren zur reduktiven
52<br />
Umwandlung von NO x sowie zur oxidativen Zerstörung von Dioxinen/Furanen, ferner<br />
die adsorptive Eliminierung der Gesamtpalette organischer Schadstoffe und<br />
Eliminierung von Quecksilber.<br />
Bild 6.1-3 zeigt schematisch den Verfahrensablauf einer fortschrittlichen Müllverbrennungsanlage<br />
(MVA) von der Abfallaufgabe bis zum Kamin einschließlich<br />
der eingesetzten Chemikalien und den wichtigsten Temperaturen.<br />
Bild 6.1-3: Verfahrensablauf einer fortschrittlichen MVA<br />
6.2 Technik der Müllverbrennung<br />
Eine Müllverbrennungsanlage stellt als Teil eines abfallwirtschaftlichen<br />
Gesamtkonzeptes eine hochwertige Restmüllbehandlungs-methode und eine<br />
Energiequelle dar. Des weiteren erfüllt sie die Funktion einer Schadstoffsenke,<br />
d.h. dem Ökosystem werden nachweislich und quantifizierbar Schadstoffe entzogen.<br />
Eine moderne Müllverbrennungsanlage hat ein hohes Potential, um Reststoffe<br />
als Wertprodukte in den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen. Mit den heute<br />
verfügbaren Techniken werden<br />
- Schlacken und Flugstäube thermisch inertisiert und beispielsweise in Form von<br />
Mineralfasern als Wertstoff aufbereitet
53<br />
- Chlor und Schwefel in Form von Salzsäure oder Natriumchlorid und Gips<br />
gewonnen<br />
- Dioxine und Furane als Bestandteile des Mülls durch die Verbrennung zerstört und<br />
somit aus dem Schadstoffkreislauf entfernt (Schadstoffsenke).<br />
Bild 6.2-1 zeigt beispielhaft im Querschnitt das Schema einer heute dem Stand der<br />
Technik entsprechenden thermischen Müllbehandlungsanlage.<br />
Bild 6.2-1:<br />
Querschnitt einer dem Stand der Technik entsprechenden thermischen<br />
Müllbehandlungsanlage<br />
Wie aus Bild 6.2-1 zu ersehen, besteht eine moderne thermische Restmüllbehandlungsanlage<br />
aus mehreren grundsätzlichen Betriebseinheiten (BE):<br />
1 Anlieferung des Restmülls:<br />
Müllbunker mit Sperrmüll-Brecher, Beschickungsanlage.<br />
Die Müllfahrzeuge kippen den eingesammelten Restmüll in den Bunker, wo ihn<br />
Greiferkräne aufnehmen, homogenisieren und in den Aufgabetrichter des<br />
Verbrennungssystems geben.<br />
2 Verbrennung und thermische Behandlung:<br />
Beschicktrichter, Rostsystem, Nachbrennkammer, Nassentschlacker.
54<br />
Beschickkolben fördern den Müll geregelt auf den Verbrennungsrost im Feuerraum,<br />
wo die eigentliche thermische Behandlung des Restmülls bei über 1000 °C<br />
erfolgt. Gebläse liefern die zur Verbrennung benötigte Luft. Über die Unterwindzonen<br />
gelangt diese Luft in die Müllschicht auf dem Rost. Zusätzlich wird Sekundärluft<br />
in den Feuerraum eingeblasen, die die Flammengase intensiv verwirbeln<br />
und völlig ausbrennen. Die ausgebrannten und mineralisierten Verbrennungsrückstände<br />
fallen vom Verbrennungsrost in den wassergefüllten Entschlacker, wo<br />
sie abgelöscht und zur weiteren Behandlung in einen Bunker befördert werden.<br />
3 Wärmenutzung:<br />
Wärmetauscher (Kesselanlage), Turbogeneratoren, Fernwärmenutzung.<br />
Im Dampferzeuger (Kesselanlage) wird die Temperatur der ausgebrannten<br />
Verbrennungsgase bis auf ca. 200 °C abgesenkt.<br />
Der durch diese Wärmeabgabe gewonnene Dampf wird in einer Dampfturbine<br />
entspannt und treibt den Turbogenerator zur Erzeugung von elektrischem <strong>Strom</strong><br />
an. Bei einer Zwischenentnahmeturbine kann der Dampf auch als Prozessdampf<br />
oder zur Fernwärmeversorgung eingesetzt werden. Der Abdampf der Turbine<br />
wird in Kondensatoren nieder-geschlagen. Rohwasser wird zu Kesselspeisewasser<br />
aufbereitet und zusammen mit dem Dampfkondensat über Kesselspeisepumpen<br />
wieder dem Dampferzeuger zugeführt.<br />
4 Reinigung der Abgase:<br />
Die aus dem Dampferzeuger strömenden Rauchgase werden zuerst entstaubt<br />
(Gewebe-/Elektrofilter), anschließend werden in mehrstufigen Waschanlagen die<br />
sauren und basischen Gasbestandteile ausgeschieden, Aktivkohle-Adsorber<br />
scheiden schwermetallische und organische Verbindungen ab, im Katalysator<br />
erfolgt die Entstickung der Abgase und die Zerstörung der restlichen Dioxine.<br />
5 Emissionskontrolle:<br />
Am Ende der Abgasbehandlung überwacht und sichert die kontinuierliche<br />
Emissionsmessung der Reingase in der Abluft die Einhaltung der Emissionsvorschriften.
55<br />
Durch die Nachrüstung älterer MVAs entsprechend der 17. BlmSchV sowie<br />
des neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, das nur noch die thermische<br />
Behandlung des nicht mehr verwertbaren Restmülls erlaubt, hat sich die Akzeptanz der<br />
thermischen Abfallbehandlung durch eine MVA wesentlich verbessert. Die<br />
großtechnische, langjährig erprobte und immer wieder verbesserte Rostfeuerung für<br />
die thermische Abfallbehandlung garantiert eine vollständige, rückstandsarme<br />
thermische Zersetzung des Abfalls. Ihre Stärken sind:<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
−<br />
Die ideale Durchmischung des Brennstoffes mit Luft.<br />
Unterhalb des Rostes befinden sich sogenannte Unterwindzonen. Sie lassen<br />
Primärluft gleichmäßig durch das Müllbett strömen, deren Verteilung analog zum<br />
jeweiligen Verbrennungsablauf gesteuert werden kann.<br />
Die starke Durchmischung des Mülls bei geringer Staubaufwirbelung. Dadurch<br />
entsteht ein möglichst homogener Brennstoff.<br />
Die Strömungsführung der Verbrennungsgase.<br />
Die Oxidation der bei der Verbrennung entstehenden Rauchgase findet in dem<br />
sich über der Hauptbrennzone einstellenden Flammenkörper durch Zufuhr von<br />
Sekundärluft statt. Die Temperaturen liegen hier bei etwa 1000 °C. Um den<br />
optimalen Ausbrand dieser Gase zu erreichen, ist eine möglichst lange Verweildauer<br />
innerhalb der heißen Zone notwendig, was durch entsprechende Feuerraumgestaltung<br />
beeinflusst wird.<br />
Geringer apparativer Aufwand, da der Müll weder vorsortiert noch zerkleinert<br />
werden muss.<br />
Die Möglichkeit der Energierückgewinnung als <strong>Strom</strong> und Fernwärme bei<br />
gleichzeitig höherem Wirkungsgrad mit weit geringerem Aufwand als bei anderen<br />
Verfahren.<br />
Nutzung der Schlacke als Wertstoff vermindert die Deponierungsprobleme.<br />
Eine hohe Anlagenverfügbarkeit, z.T. mehr als 90 % sowie eine sichere<br />
Beherrschbarkeit des Gesamtsystems.
56<br />
6.2.1 Betriebshilfsstoffe und Reststoffe<br />
Für den Betrieb einer thermischen Müllbehandlungsanlage werden Betriebshilfsstoffe<br />
wie z.B. Verbrennungsluft, Sauerstoff, Stickstoff, Wasser, Salzsäure, Natronlauge,<br />
Ammoniaklösung, Kalkstein benötigt.<br />
Die Anzahl und die Menge der Betriebshilfsstoffe richten sich stark nach der Anlagentechnik<br />
und nach der Ausführung der Abgasreinigungsanlage.<br />
Die Reststoffe aus einer thermischen Behandlungsanlage lassen sich in vier Bereiche<br />
einordnen:<br />
1 Asche und Kesselasche vom Rost, Nachbrennkammer und Kessel:<br />
Aschen aus Rostanlagen werden in Deutschland zum größten Teil als Baustoffe<br />
verwertet. Der übrige Anteil wird auf oberirdischen Deponien abgelagert. Derzeit<br />
wird intensiv diskutiert, inwieweit die Asche einer Nachbehandlung (Schmelzverfahren)<br />
zu unterziehen ist.<br />
2 Filterstaub aus der Entstaubung:<br />
Der Filterstaub beinhaItet hauptsächlich Schwermetalle, lösliche Salze und<br />
organische Schadstoffe (Dioxine, Furane). Er wird entweder direkt einer Ober- oder<br />
Untertageablagerung zugeführt oder mit Zuschlagstoffen wie z.B. Zement<br />
gebunden und dann eingelagert.<br />
3 Reaktionssalze (z.B. NaCI, CaCI 2 ), Salzsäure, Gips, Wasser,<br />
Schlämme, Additive aus der Abgasreinigung:<br />
Die Art dieser Reststoffe richtet sich in erster Linie nach den eingesetzten<br />
Reinigungsverfahren und den entsprechenden Zusatzstoffen. In der Regel kann z.B.<br />
der Gips aus einer nassen Abgasreinigung direkt als verwertbares Produkt<br />
gewonnen werden. Andere Reststoffe werden wegen fehlender Verwertungsmöglichkeiten<br />
zur z.Z. oberirdisch deponiert.<br />
4 Reststoffe aus der Eindampfung:<br />
Bei Vorhandensein einer Eindampfanlage werden neben dem Prozesswasser auch<br />
die Schlämme thermisch entsorgt. Der Abdampfrückstand wird in der Regel einer<br />
Untertagedeponie zugeführt.
57<br />
6.2.2 Technische Kriterien bei der Auslegung von MVA‘s<br />
Folgende technische Kriterien sollten beachtet werden:<br />
• Haus- und Industriemüll bedarf allgemein keiner besonderen Aufbereitung. Sperrmüll<br />
muss dagegen auf eine gewisse Kantenlänge zerkleinert werden. Schlammförmige<br />
industrielle Rückstände können auf das Brennstoffbett aufgedüst bzw. als<br />
Deckschicht aufgegeben werden.<br />
• Um eine Geruchsbelästigung der Umgebung zu vermeiden, ist der Müllbunker mit<br />
Toren nach außen abgeschlossen. Die zur Verbrennung benötigte Luft wird aus dem<br />
Müllbunker abgesaugt, wodurch in ihm ein geringer Unterdruck und damit eine<br />
Luftströmung von außen nach innen erreicht wird (10-facher Luftwechsel/h).<br />
Die Verbrennungsbedingungen sind generell wie folgt einzuhalten:<br />
• Bei Müllverbrennungsanlagen mit Rost besteht dessen wichtigste Aufgabe<br />
darin, die Brennstoffschicht aufzulockern, umzuwälzen und zu vergleichmäßigen.<br />
Das ist wiederum die Voraussetzung dafür, dass die durch schneller brennende<br />
Bestandteile des Verbrennungsgutes auf dem Rost entstandenen Leerstellen beseitigt<br />
werden. Das gesamte Rostsystem sollte dem Reaktionsablauf Trocknung-<br />
Zündung-Verbrennung-Ausbrand entsprechend regelbar hinsichtlich der<br />
Müllverweilzeit und der Verbrennungsluftbeaufschlagung sein.<br />
• Die Rauchgastemperatur soll mindestens 800 °C betragen, um alle bei der Verbrennung<br />
entstehenden Geruchskomponenten zu beseitigen (zur Verminderung feuerungsabhängiger<br />
Emissionen - im Besonderen Dioxine und Furane - sind in einer<br />
nachgeschalteten Brennkammer Temperaturen von > 850 °C erforderlich). Damit<br />
diese Temperatur in der Nachverbrennungszone sichergestellt ist, muss zum<br />
Anfahren der Anlage der Feuerraum vorgeheizt werden. Zur Vorheizung<br />
sind Stützbrenner installiert, die mit Gas, Öl oder Kohlenstaub betrieben werden.<br />
• Bei der Auslegung des Dampferzeugers ist der Hochtemperaturkorrosion Rechnung<br />
zu tragen. Eine ungenügende Homogenisierung des Mülls vor dem Beschicken<br />
bewirkt eine Bildung reduzierender Rauchgassträhnen, die im Zusammenwirken mit<br />
darin enthaltenen korrosiven Bestandteilen (z. B. Chlorkohlenwasserstoff) Zerstörungen<br />
hervorrufen. Wirksamen Schutz bieten niedrige Rohrwandtemperaturen.<br />
Diese wiederum können nur durch niedrige Drücke und Temperaturen des erzeugten<br />
Dampfes erreicht werden.
58<br />
6.3 Module einer aktuellen MVA<br />
Eine Müllverbrennungsanlage besteht aus folgenden Bauelementen und Prozessen:<br />
– Verwiegung und Registrierung<br />
– Fahrzeugentladung<br />
– Abfallbunkerung<br />
– Abfallvermischung<br />
– Beschickung<br />
– Verbrennung<br />
– Entaschung<br />
– Aschebunkerung<br />
– Dampferzeugung<br />
– <strong>Strom</strong>erzeugung<br />
– Dampfverwertung<br />
– Abdampfkondensation<br />
– Speisewasserkonditionierung<br />
– Rauchgasentstaubung<br />
– Rauchgaswäsche<br />
– Rauchgasentsickung<br />
– Dedioxinierung<br />
– Abwasserbehandlung<br />
– Rückstandskonditionierung<br />
– Rückstandslagerung.<br />
Beispielhaft ist in Bild 6.3-1 der Querschnitt einer dem Stand der Technik<br />
entsprechenden Müllverbrennungsanlage dargestellt:
Bild 6.3-1: Querschnitt einer dem Stand der Technik entsprechenden Müllverbrennungsanlage<br />
59
60<br />
6.4 Beispielhafte Verfahrensbeschreibung eines Müllheizkraftwerkes<br />
(MHKW)<br />
Die angelieferten Abfälle werden grundsätzlich bereits im Eingangsbereich des<br />
Grundstückes gewogen und registriert (Bild 6.4-1).<br />
Bild 6.4-1: Eingangsbereich des MHKW Mannheim<br />
Bevor der angelieferte Restmüll in den Müllbunker abgekippt wird, werden die<br />
Ladungen der Müllfahrzeuge auf ihre Eignung zur thermischen Behandlung stichprobenartig<br />
geprüft.<br />
Die Entleerung der Fahrzeuge erfolgt in neueren Anlagen meistens in einer<br />
geschlossenen Anlieferhalle, entweder über Rutschen direkt, über Schiebebetten<br />
(Schubböden) mit der Möglichkeit einer optischen Kontrolle und/oder über<br />
Zerkleinerungsaggregate indirekt in den Bunker.<br />
Der Abfall kann dort drei bis fünf Tage zwischenlagern, um Unterschiede zwischen der<br />
werktäglichen Abfallanlieferung und der kontinuierlichen Verbrennung ebenso wie<br />
kurz- bis mittelfriste Stillstände von Verbrennungseinheiten ausgleichen zu können.
61<br />
Die für einen gleichmäßigen Verbrennungsprozess sehr wichtige Vermischung der<br />
Abfälle, das sogenannte Trimmen, bewerkstelligen Kräne, die auch die Abfallaufgabe<br />
in den Einfülltrichtern der Verbrennungslinien übernehmen. Die Kräne<br />
haben oft auch eine zusätzliche Wiegeeinrichtung (Bild 6.4-2).<br />
Bild 6.4-2: Müllbunker mit Müllkränen<br />
Unterhalb der Einfülltrichter befindet sich ein mit Abfall gefüllter Schacht, der<br />
normalerweise als Abdichtung zur Verbrennungseinheit dient. Für Notfälle ist eine<br />
Absperrklappe vorhanden. Unterhalb des Schachtes befindet sich die Dosiereinrichtung,<br />
die für eine optimale Beschickung der Verbrennungseinheit mit Brennstoff<br />
sorgen soll (Bild 6.4-3).
62<br />
Bild 6.4-3:<br />
Querschnitt wichtiger Betriebseinheiten einer MVA: Beschickung,<br />
Verbrennungsrost, Abhitzekessel, Entschlacker<br />
Auf dem Verbrennungsrost finden die Prozesse Trocknung, Entgasung, Vergasung,<br />
Verbrennung oder Ausbrand statt. Durch die Roststäbe kann einerseits die für die<br />
Vergasung erforderliche Luft zuströmen, andererseits wird so der Rostbelag vor<br />
Überhitzung geschützt, wenn keine Wasserkühlung installiert ist.
63<br />
Bei der Verbrennung sind entscheidend:<br />
−<br />
−<br />
eine gleichmäßige, regelbare Müllaufgabe (Stößel, Zuteilerrost)<br />
ein regelbarer Transport mit Durchmischung in den nicht exakt abgrenzbaren<br />
Zonen:<br />
o Trocknungszone - Entziehung der Feuchtigkeit<br />
o Wandlungszone - Entgasung, Schwelung, der Müll wird zum Zünden „reif<br />
gemacht“<br />
o Durchbrandzone - Verbrennung der flüchtigen Bestandteile, die Müllschicht<br />
zündet, wobei im Müllbrennstoffbett die örtliche Zündtemperatur von 400 °C<br />
überschritten wird<br />
o Abbrand - Verbrennung des Kohlenstoffes, die Temperatur steigt auf<br />
mindestens 850 °C, eine stärkere Luftzugabe ist erforderlich (Bild 6.4-4).<br />
Bild 6.4-4: Verbrennungsablauf<br />
Um die Rückstände niedrig zu halten, verbleibt das brennbare Material möglichst<br />
lange in einer Zone hoher, jedoch unter dem Schlackenschmelzpunkt liegender<br />
Temperatur. Wegen der heterogenen Brennstoffzusammensetzung sind die zur<br />
Berechnung der Verbrennung und Feuerung entwickelten Modellvorstellungen sehr<br />
komplex.
64<br />
Die Verbrennungsasche fällt am Rostende zur Ablöschung und Kühlung in ein<br />
Wasserbad (Bild 6.4-3), wo eine Verschlackung stattfindet.<br />
Die abgekühlte Schlacke wird in Containern abtransportiert. Das Wasserbad wird<br />
kontinuierlich erneuert. Auch in dieser Einheit muss eine Zwischenlagerung von<br />
mehreren Tagen möglich sein, da der Abtransport nicht täglich erfolgt. Die Schlacke<br />
wird meistens aufbereitet — z.B. findet eine Abscheidung von Eisen-, teilweise auch<br />
von Nichteisenmetallen oder je nach Verwertungsweg eine Korngrößenklassierung<br />
statt. Metalle lassen sich wiederverwerten sowie die aufbereitete Schlacke im Straßenund<br />
Landschaftsbau oder als Versatzbaustoff verwenden.<br />
Die entstehenden Rauchgase sowie die nicht zur Verbrennung benötigten<br />
Bestandteile der Primärluft gelangen in den Verbrennungsraum. In diesem Bereich wird<br />
die Sekundärluft, teilweise zusammen mit rezirkulierten Rauchgasen eingedüst, um eine<br />
optimale Verwirbelung im Sinne einer vollständigen, gleichmäßigen Verbrennung zu<br />
erreichen. Ab der Sekundärlufteindüsung sollten die Rauchgase rechnerisch mindestens<br />
für zwei Sekunden einer Mindesttemperatur von 850 °C ausgesetzt sein. Bei<br />
einer nicht katalytischen Entstickung (SNCR) sorgen in diesem Bereich eingedüste<br />
Reduktionsmittel, wie z.B. Ammoniak oder Harnstoff, für den weitgehenden Abbau<br />
von NO x zu N 2 .<br />
Danach gelangen die Rauchgase in den Berührungsteil des Kessels, wo im<br />
Wesentlichen der Energieübergang von den heißen Rauchgasen in den Wasser-<br />
Dampf-Kreislauf erfolgt (Bilder 6.4-5 und 6.4.6).
65<br />
Bild 6.4-5:<br />
Aufgabetrichter,<br />
Verbrennungsrost,<br />
Nassentschlacker,<br />
Dampferzeuger<br />
Bild 6.4-6:<br />
Montage eines Dampferzeugers<br />
einer MVA
66<br />
Die bis auf ca. 200 °C bis 250 °C abgekühlten Rauchgase durchströmen danach die<br />
Rauchgasreinigungsanlage. Die Mehrzahl der während der 1990er Jahre in<br />
Betrieb genommenen Abfallverbrennungsanlagen zeigen extrem niedrige Emissionswerte,<br />
da sie über sehr aufwändige Rauchgasreinigungssysteme mit hintereinander<br />
geschalteten Aggregaten verfügen. Zu den typischen Komponenten gehören<br />
Elektrofilter/Gewebefilter, mehrstufige Nasswäsche, ein Katalysator zur<br />
Entstickung (beim SCR-Verfahren) und wenn erforderlich ein sog. Polizeifilter.<br />
Bild 6.4-7 zeigt beispielhaft die vierstufige Rauchgasreinigungsanlage des MHKW<br />
Mannheim (aus Abgas wird Reingas!)<br />
Bild 6.4-7: Vierstufige Rauchgasreinigung des MHKW Mannheim<br />
Der Staubfilter<br />
In der ersten Stufe, dem Staubfilter, werden die StaubpartikeI zu nahezu <strong>100%</strong> entfernt<br />
und somit ein Großteil der im Rauchgas enthaltenen und an den Staubpartikeln<br />
gebundenen Schwermetalle abgeschieden.<br />
Die Nasswäsche<br />
In der zweiten Stufe der Rauchgasreinigung wird das Rauchgas mit Wasser in einer<br />
ersten Stufe, dem sauren Wäscher, zu 99 % von Chloriden, Fluoriden, Schwermetallen
67<br />
und Reststaub befreit. Die anfallende Waschflüssigkeit wird in einer separaten Anlage<br />
zu handelsüblicher Salzsäure aufbereitet.<br />
In einer zweiten Stufe, dem basischen Wäscher, werden aus dem Rauchgas etwa 95<br />
% des Schwefeldioxids unter Zugabe von Kalkmilch abgeschieden. Der hierbei<br />
entstehende Gips wird ausgeschleust.<br />
Der Katalysator<br />
In der dritten Stufe der Rauchgasreinigungsanlage werden die Stickoxide nach dem<br />
SCR-Verfahren (selektive katalytische Reduktion) unter Zugabe von Ammoniakwasser in<br />
Anwesenheit eines Katalysators zu Stickstoff und Wasserstoff zersetzt.<br />
Der Polizeifilter<br />
Der Aktivkoksfilter, auch Polizeifilter genannt, ist die letzte Stufe der Rauchgasreinigung.<br />
Die Rauchgase durchströmen verschiedene Aktivkoksschichten. Dabei<br />
werden die letzten bis dahin im Rauchgas verbliebenen Schadstoffe herausgefiltert.<br />
Der verunreinigte Aktivkoks wird später im Müllkessel verbrannt, wobei die Schadstoffbeladung<br />
in der Feuerung zuverlässig zerstört wird. Die gereinigten Rauchgase<br />
werden anschließend über einen Schornstein in die Atmosphäre entlassen.<br />
Die Abwässer aus der Rauchgaswäsche werden aufbereitet, die gereinigten<br />
Abwässer in der Regel entweder im Rauchgasstrom (z.B. in Sprühadsorbern) oder<br />
extern unter Gewinnung von Salzen eingedampft. Nachdem die gereinigten<br />
Rauchgase eine Kontrollmessstrecke passiert haben, entweichen sie über einen<br />
Schornstein.<br />
Neben internen Prozessen nutzt man den im Dampferzeuger produzierten<br />
Dampf entweder direkt bei einem industriellen Abnehmer oder leitet ihn in eine<br />
Dampfturbine mit einem gekoppelten Generator zur <strong>Strom</strong>erzeugung.<br />
Bei einer Fernwärmeauskopplung entnimmt man bedarfsgerecht teilentspannten<br />
Dampf in der erforderlichen bzw. benötigten Menge an einer Anzapfung aus der<br />
Turbine und gibt die Energie über Heizkondensatoren an das Fernwärmesystem ab.
68<br />
Der nach der Turbine entspannte Dampf kann im günstigsten Fall noch für Heizzwecke<br />
auf niedrigem Temperaturniveau (z.B. in einer Gärtnerei) verwendet werden.<br />
Fast immer wird er direkt in einem Luftkondensator oder Kühlturm kondensiert<br />
Wasserverluste im Dampfkreislauf lassen sich durch vollentsalztes Wasser, das<br />
meistens in der Anlage selbst hergestellt wird, ausgleichen.<br />
Zudem sind auch die zugehörigen elektrotechnischen Anlagen inklusive der<br />
Mess-, Steuer- und Regeltechnik wesentliche Bestandteile der Gesamtanlage.<br />
Gesteuert wird die Anlage von einer zentralen Warte aus, wobei für einzelne<br />
Einheiten teilweise auch Vorortsteuerungen vorhanden sind.<br />
Bunker, Verbrennungsöfen mit Kessel, Energieerzeugungsanlagen,<br />
elektro- und leittechnische Anlagen, Abwasserbehandlung sowie<br />
Vollentsalzungsanlage sind in Gebäuden untergebracht. Die großen<br />
Aggregate zur Rauchgasreinigung hingegen befinden sich teilweise im Freien.<br />
6.5 Rostfeuerung<br />
Der Verbrennungsvorgang findet im Feuerraum (Verbrennungsraum) statt, der unten<br />
durch den Rost, an den Seiten durch die je nach Bauweise gekühlten oder nicht gekühlten<br />
Wände (Basaltstein) und oben durch eine Decke bzw. den Kessel begrenzt ist.<br />
Die hauptsächliche Funktion der Roste besteht im Transport des Verbrennungsgutes<br />
und in der Sicherstellung der Verbrennungsluftzufuhr. Je nach Art des Transports und<br />
des Schürens des Verbrennungsgutes unterscheidet man ein- und mehrstufige<br />
Vorschubroste, Rückschubroste, ein- und mehrstufige Wanderroste sowie<br />
Walzenroste (Bild 6.5-1).<br />
Bei der großtechnischen Durchführung der Müllverbrennung wird heute ausschließlich<br />
die Rostfeuerung eingesetzt. Sie ermöglicht einen gleichmäßigen Abfalldurchsatz,<br />
da das Brenngut kontinuierlich gefördert werden kann. Desweiteren muss eine gezielte<br />
Sauerstoffversorgung und eine ausreichende Schürung des Abfalls während der<br />
Verbrennung sichergestellt sein.<br />
Nichtbrennbare Müllanteile fallen als Schlacke vom Verbrennungsrost in den<br />
Nassentschlacker. Im Wasserbad wird die Schlacke gekühlt und gewaschen und nach<br />
einer kurzen Zwischenlagerung aufbereitet.
69<br />
Bild 6.5-1: Die wichtigsten Rostsysteme einer MVA<br />
Die Rostfeuerung nach den verschiedenen Bauprinzipien ist soweit entwickelt, dass sie<br />
zu den am wenigsten störanfälligen Komponenten einer MVA gerechnet werden kann.<br />
Die Rostfeuerung lässt sich in Gleichstrom-, Gegenstrom- und<br />
Mittelstrombauweise unterteilen<br />
120 Jahre Erfahrung bei der Verbrennung heterogenen Abfalls haben die Technik der<br />
Rostfeuerung weitgehend perfektioniert. Neben der Feuerungs- und Bewegungstechnik<br />
der Roste spielen heute neue Faktoren eine gewichtige Rolle.<br />
−<br />
−<br />
−<br />
die voluminöse, heizwertreiche, aschearme Zusammensetzung des Abfalls<br />
die durch Auflagen geregelte Begrenzung einer Vielzahl von Emissionen, deren<br />
Einhaltung zum Teil nur bei Mindesttemperaturen van 850 °C feuerungstechnisch<br />
beeinflussbar ist, wie CO, NO x , C org , Dioxine und Furane<br />
der aus wirtschaftlichen Gründen geltende spezifische Mindestdurchsatz der<br />
Verbennungsanlagen von 3 t/h bis 20 - 25 t/h je Ofen
70<br />
− der vorgeschriebene Schlackeausbrand, der eine weitgehende Mineralisierung<br />
ggf. durch Sinterung oder Schmelze verlangt.<br />
Hieraus ergeben sich völlig neue Anforderungen an die Roste und deren Umfeld<br />
wie Feuerungsraum und Steuerung der Luftzuführung, die zu erfüllen sind:<br />
− eine ausreichende Schürwirkung, die sich durch die Rostoberfläche, die Relativität<br />
und Intensität der Bewegungsabläufe der Roststäbe und deren Neigung sowie<br />
durch die Transportrichtung des Abfalls auf dem Bett, durch Abstürze,<br />
Rostschikanen u.ä. beeinflussen lässt<br />
− eine funktionale Dreiteilung des Rostes in Trocknungs- und Zündzone,<br />
Verbrennungszone und Ausbrandzone<br />
− eine verbesserte Anpassungsmöglichkeit an plötzlich wechselnde Abfallzusammensetzungen<br />
(u.a. Feuchte und Heizwert) durch gut regelbare Abfallzugaben in die<br />
Öfen und schnelle Veränderbarkeit der Zufuhr, Temperatur und Menge an<br />
Verbrennungsluft unterhalb der Roste<br />
− die Vorwärmung und Konditionierung der Verbrennungsluft<br />
− die Additivzugabe in die Feuerung zur Begrenzung bestimmter Schadstoffe wie<br />
Dioxine, NO x ader SO 2<br />
− eine Aufteilung der Verbrennungsvorgänge in Abfallverbrennung bei unterstöchiometrischer<br />
Luftzugabe und Nachverbrennung schadstoffhaltiger Rauchgase bei<br />
überstöchiometrischen Bedingungen zur Emissionsminimierung, z. B. in Nachbrennkammern<br />
− die Erzeugung eines „weichen Feuers“ durch begrenzte Verbrennungsluftzugabe<br />
zur Vermeidung stark schwankender Feuerraumtemperaturen und zur Begrenzung<br />
des Staubaustrages der als Schadstoffträger wie auch als schadstofferzeugendes<br />
Grundelement z. B. für Dioxine und Furane dient (unter 2 mg/m³)<br />
− ein guter Ausbrand, gekennzeichnet durch niedrigen Glühverlust in der Schlacke<br />
(unter 3 bzw. 1 %) und geringem Restkohlenstoffgehalt in den Stäuben (unter 1%).<br />
6.5.1 Vorschubrost<br />
Ein- oder mehrstufige Vorschubroste sind die am häufigsten eingesetzten Rostfeuerungssysteme.<br />
Der Transport und die Schürung des Abfalls erfolgt durch unterschiedliche<br />
Bewegungsabläufe der Roste mit oder ohne Abstürze. Aus der oberhalb<br />
liegenden, mechanisch arbeitenden und vollautomatisch regelbaren Abfallbeschickung
71<br />
durchläuft der Abfall nacheinander die Trocknungs- und Zündphase, die Verbrennungs-/Ausbrandphase<br />
und wird durch Bewegung und Neigung des Rostes<br />
laufend geschürt und in Richtung des Schlackenabwurfs transportiert (Bild 6.4-4). Die<br />
Aufenthaltszeit im Feuerraum liegt üblicherweise bei 1 Stunde. Die Anpassung der Verbrennung<br />
an unterschiedliche Abfallmengen, -arten und –zusammensetzungen erfolgt<br />
durch RegeIung der Verbrennungsluftverteilung und -menge als Primär-, Sekundär- oder<br />
auch Tertiärluftzufuhr.<br />
In Bild 6.5.1-1 ist der prinzipielle Aufbau eines Vorschubrostes zu sehen.<br />
Bild 6.5.1-1:<br />
Prinzipieller Aufbau eines Vorschubrostes
72<br />
6.5.2 Walzenrost<br />
Der Walzenrost ist ein nicht hubbegrenzter, langsam drehender Vorschubrost, der<br />
verfahrenstechnisch und in seinem Bewegungsablauf einem Wanderrostsystem mit<br />
zylindrischen Rostelementen entspricht.<br />
Ähnlich hubbegrenzten, ebenen Rosten erfüllen die Walzen Funktionen wie<br />
Trocknung und Zündung, Verbrennung und Ausbrand. Der Walzenrost hat<br />
glatte Rostoberflächen und damit eine nur sehr begrenzte Schürwirkung. Der dichte<br />
Rostbelag verhindert den Rostdurchfall weitgehend. Die Luftverteilung und Luftregelung<br />
übernehmen Schlitze an den Roststäben. Für die Roststäbe werden sehr lange<br />
Standzeiten angegeben, weil die Rostflächen in ihrer Drehbewegung nur für kurze Zeit<br />
mit den hohen Temperaturen des Feuerraumes in Kontakt treten und danach schnell<br />
abkühlen.<br />
In Bild 6.5.2-1 ist der Walzenrost nach einer Revision dargestellt. Am oberen<br />
Bildrand ist der Aufgabetrichter zu sehen; links und rechts die mit Basaltsteinen<br />
ausgekleideten Wände.<br />
Bild 6.5.2-1:<br />
Blick auf den<br />
Walzenrost einer MVA
73<br />
6.5.3 Rückschubrost<br />
Durch umfangreiche Recyclingmaßnahmen änderte sich die Zusammensetzung des<br />
Restabfalls wesentlich. Er wurde feuchter, heizwertärmer und weniger voluminös und<br />
muss bei der Verbrennung intensiver geschürt werden. Hierbei kann der Rückschubrost<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
Anders als beim Vorschubrost bewegen sich die Roststäbe des Rückschubrostes in<br />
Gegenrichtung zum Abfall. Diese Technik beruht auf Entwicklungen von Kaskadenrosten<br />
in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts.<br />
Anders als die frühen Kaskadenroste sind heutige Rückschubroste, zum Schlackenaustrag<br />
hin geneigt. Anstelle des seinerzeit eingesetzten Abschlussschiebers dient<br />
heute eine höhenverstellbare Walze als Regelorgan für die Schlackenhöhe.<br />
Der Vorteil dieses Rostsystems gegenüber dem Vorschubrost beruht in der stärkeren<br />
Durchmischung heißer Schlacke der Verbrennungszone mit getrockneten und<br />
zündfähigen Abfällen der Trockenzone.<br />
6.5.4 Stufenwanderrost<br />
Vier einzeln angetriebene Wanderroste übernehmen den Transport der Brennstoffe<br />
durch den Feuerraum. Jeder Wanderrost besteht aus einem geschlossenen Rostband,<br />
das, über zwei Umkehrwalzen geleitet, von der hinteren Walze angetrieben wird. Der<br />
Innenraum der Roste ist in Zonen unterteilt, in denen Verbrennungsluft als Unterwind<br />
dosiert wird.<br />
Der erste Wanderrost dient in der Regel als Dosier-Trockenrost. Auf den beiden<br />
folgenden Rosten findet der Hauptverbrennungsvorgang und auf der letzten Stufe der<br />
Ausbrand statt.<br />
Die Vorschubgeschwindigkeit kann rostweise variiert werden. In den am stärksten<br />
belasteten Zonen werden Temperaturen von 250 bis 550 °C erreicht.<br />
6.5.5 Feuerungsleistung/Rostbelastung<br />
Die Abfallverbrennungsanlage wird zunächst mit Hilfe eines Feuerungsleistungsdiagramms<br />
definiert.<br />
Auf der x-Achse trägt man die Masse der behandelbaren Abfälle pro Zeiteinheit, z.B.<br />
t/h auf. Das Garantiefeld wird hierbei sowohl vom minimalen (z.B. 60 %) als auch
74<br />
vom maximalen Durchsatz (100 %) begrenzt. Für kurzzeitige Spitzen nach unten sowie<br />
nach oben ist in der Regel ein Überlastbereich von 10 % vorgesehen.<br />
Zudem kann das FeuerungsIeistungsdiagramm Angaben darüber enthalten, bis zu<br />
welchem Heizwert eine Zufeuerung von Hilfsbrennstoffen und/oder eine Primärluftvorwärmung<br />
möglich ist. Da neben den bekannten Parametern auch noch ein jeweils<br />
niedrigster sowie ein jeweils maximaler Heizwert (H u ) festzulegen ist, entsteht je nach<br />
Darstellungsart ein unregelmäßiges Sechseck.<br />
Der Auslegungspunkt (Lastpunkt 1) stellt den Schnittpunkt von Auslegungsheizwert<br />
(H u ) und Auslegungswert des Brennstoffmassenstroms (B) dar. Aus Heizwert<br />
und Brennstoffmassenstrom errechnet sich der Wärmestrom<br />
Q& = B ⋅H u<br />
Q (6.5.5-1)<br />
In Bild 6.5.5-1 ist ein Beispiel für ein Feuerungsleistungsdiagramm dargestellt.<br />
Bild 6.5.5-1:<br />
Feuerungsleistungsdiagramm
75<br />
Die Feuerungsleistungsregelung ermöglicht eine weitgehende Automation des<br />
Verbrennungsprozesses, indem sie die Verbrennungsleistung trotz wechselnder Müllqualität<br />
konstant hält.<br />
Als Führungsgröße dient die Dampfmenge oder der O 2 -Gehalt der Rauchgase.<br />
Der Sollwert wird in der Schaltwarte vorgewählt. Im Prozessor wird die Regelabweichung<br />
berechnet, worauf die Regelung in den Verbrennungsprozess eingreift<br />
und entsprechende Veränderungen der Antriebe von Müllzuteiler und Rostzonen<br />
bewirkt. Auch weitere Funktionen lassen sich mit der Feuerleistungsregelung<br />
bewerkstelligen, wie Verriegelungen der Müllaufgabe bei Unterschreitung der<br />
Minimaltemperatur und Einschaltung der Stützbrenner, wie sie von der TA-Luft<br />
gefordert werden, bei zu tiefer Rauchgastemperatur oder bei zu hoher CO-<br />
Konzentration.<br />
Das Regelsystem als integraler Bestandteil des Gesamtkonzeptes erlaubt, ein<br />
Müllkraftwerk im kontinuierlichen Kraftwerksbetrieb zu fahren, unter Einhaltung einer<br />
konstanten Dampfproduktion und <strong>Strom</strong>abgabe.<br />
Die beste Feuerungsleistungsregelung ist nur dann sinnvoll, wenn die Komponenten des<br />
Feuerungssystems diese Informationen in prozesswirksame Eingriffe umsetzen können.<br />
In Bild 6.5.5-2 ist schematisch die Regelung der Feuerungsleistung dargestellt.<br />
Bild 6.5.5-2:<br />
Feuerungsleistungsregelung
76<br />
6.6 Rauchgasreinigung<br />
Nach wie vor gelten in Deutschland mit die schärfsten Auflagen, die weltweit für<br />
Abfallverbrennungsanlagen existieren. Ausschlaggebend ist dabei die 17. Verordnung<br />
zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BlmSchV) vom November 1990.<br />
Sie schreibt unter anderem einen Grenzwert von 0,1 Nanogramm (1 ng = ein<br />
Milliardstel Gramm) für Dioxine und Furane je Normkubikmeter Abgas vor.<br />
Dieser Grenzwert wird von allen deutschen Abfallverbrennungsanlagen<br />
weit unterschritten. Die BImSchV löst damit die bisher geltende TA-Luft 86 ab.<br />
Wesentliche Unterschiede der 17. BlmSchV zur TA-Luft 86 sind.<br />
− Einführung eines Grenzwertes für polychlorierte Dibenzodioxine und polychlorierte<br />
Dibenzofurone (PCDD/PCDF) als Toxizitäts-Equivalent (TE)<br />
− Neue Ordnung der Schwermetallklassen und Verschärfung der Emissionsgrenzwerte<br />
− Verschärfung der Grenzwerte nahezu aller kontinuierlich zu überwachender<br />
Schadgaskomponenten.<br />
Als Folge dieser Entwicklung wurde die bis dahin sehr unkompliziert zu handhabende<br />
Abfallbeseitigung mit nur geringen Verwertungsraten in ein umweltneutrales, wenn<br />
nicht gar umweltverträgliches Abfallwirtschaftskonzept umstrukturiert. Besondere Bedeutung<br />
verdient hierbei das Bayerische Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz vorn<br />
01.März 1991, in dem die Ziele der Abfallwirtschaft erstmals gesetzlich geregelt<br />
wurden. Danach ist eine thermische Behandlung nur solcher Abfälle zulässig, die sich<br />
nicht vermeiden und verringern lassen und in keinen Stoffkreislauf rückgeführt werden<br />
können. Diese gesetzliche Festschreibung beschränkt die thermische Abfallverwertung<br />
auf Restabfälle.<br />
In Tabelle 6.6-1 ist ein Vergleich der bisher geltenden Regelung nach TA-Luft 86 mit<br />
der neuen Verordnung nach 17. BImSchV aufgelistet.
77<br />
Tabelle 6.6-1:<br />
Vergleich TA-Luft 86 mit 17. BImSchV<br />
Vor Jahren wurden mit Hilfe neu entwickelter hochempfindlicher Analysegeräte in den<br />
Abgasen kleinste Spuren der bis dahin nicht messbaren giftigen chlor-organischen Luftschadstoffe<br />
Dioxin und Furan gefunden. Nach intensiver technischer Entwicklungsarbeit<br />
stehen heute Verfahren und Systeme zum Einsatz in Alt- und Neuanlagen zur<br />
Verfügung, die in der Lage sind, die Dioxin-Furan-Emissionen von Verbrennungsanlagen<br />
unter die Grenzwerte der 17. BImSchV zu vermindern.<br />
Die Abgase moderner Restmüllbehandlungsanlagen werden in komplexen Systemen<br />
über physikalische und chemische Neutralisation- und Absorptions-Vorgänge gereinigt.<br />
Diese fortschrittliche Technik wird sicher und umweltverträglich beherrscht.<br />
Zur Abgaskontrolle werden kontinuierliche Emissionsmessgeräte eingesetzt<br />
und deren Messwerte gespeichert, die von den Aufsichtsbehörden ausgewertet<br />
werden. So werden beispielsweise Abgaswerte für Staub, Kohlenmonoxid, Chlor- und<br />
Fluor-Wasserstoff, Stickoxide und Schwefeldioxid, Sauerstoff und die Summe der<br />
organischen Kohlenstoffverbindungen kontinuierlich aufgezeichnet. Moderne
78<br />
Restmüllbehandlungsanlagen haben deshalb einen „gläsernen<br />
Schornstein“.<br />
Bei der Verbrennung von Hausmüll, Sperrmüll, hausmüllähnlichem Gewerbeabfall, u.a.<br />
fallen Emissionen luftfremder Stoffe sowie Verbrennungsrückstände, Schlacken,<br />
Filterstäube und feste Reaktionsprodukte aus der Abgasreinigung an. Wesentliche<br />
Schadstoffe im Rauchgas von Abfallverbrennungsanlagen sind SO 2 , HCI, HF, NO x ,<br />
Schwermetalle und organische Verbindungen. Die Konzentration der Schadstoffe im<br />
ungereinigten Rauchgas beträgt oft ein Mehrfaches der gesetzlich zugelassenen<br />
Emissionsgrenzwerte.<br />
Mit Hilfe trockener, halbtrockener und nasser Reinigungsverfahren, die<br />
auch in Kombination miteinander eingesetzt werden können, lassen sich die<br />
gesetzlichen Anforderungen erfüllen.<br />
Zur Reduzierung der Schadstoffe in den Abgasen aus der thermischen<br />
Abfallverwertung werden Primär- und Sekundärmaßnahmen angewandt. Zu<br />
den Primärmaßnahmen zählen die getrennte Erfassung der Abfälle, die<br />
Produktsubstitution, die Abfallaufbereitung sowie die Feuerraum- und Kesselgestaltung.<br />
Diese Maßnahmen verhindern oder minimieren das Entstehen von Schadstoffen.<br />
Die Abgasreinigung gehört zu den Sekundärmaßnahmen. Sie beinhaltet die<br />
Aufgaben: Abscheiden, Reduktion, Zerstörung von Schadstoffen aus dem Prozessgas<br />
oder Abgas (z.B. HF, HCI, SO 2 , Schwermetalle, organische Spurenstoffe, NO x ,<br />
Dioxine und Furane).<br />
Hierzu stehen zahlreiche Verfahrenstechniken zur Verfügung, die je nach<br />
Anforderungsprofil miteinander unterschiedlich kombiniert werden können:<br />
1. Filterungsverfahren:<br />
Entfernung von partikelförmigen Verunreinigungen (Staubabscheidung) in ZykIonen,<br />
Gewebefiltern bzw. trockenen oder nassen Elektrofiltern<br />
2. Trockenverfahren:<br />
Trockensorptionsverfahren zur physikalischen/chemischen Einbindung der<br />
Schadstoffe mit anschließender Abscheidung der Reaktionsprodukte (Entfernung der<br />
Prozess- und Abgasbestandteile SO 2 , HF, HCI, Schwermetalle, usw. durch Einblasen<br />
von trockenen Additiven wie z.B. Aktivkoks- oder Kalkhydrat in Flugstrom-, Festbettoder<br />
Wanderbettreaktoren)
79<br />
3. Quasi-Trockenverfahren:<br />
Sprühabsorption zur physikalischen/chemischen Einbindung der Schadstoffe ebenfalls<br />
mit nachgeschalteter Abscheidung der trocken anfallenden Reaktionsprodukte<br />
(Entfernung der Prozess- und Abgasbestandteile SO 2 , HF, HCI, Schwermetalle, usw.<br />
durch Einblasen von Waschlösungen (Wasser und Additive), die im Abgasstrom bzw.<br />
durch Rauchgaswärme verdampfen)<br />
4. Nassverfahren:<br />
Auswaschen der Schadstoffe durch Absorption mit zusätzlicher chemischer Reaktion<br />
in der Waschflüssigkeit und anschließender Behandlung sowie Aufarbeitung der<br />
Waschlösung (Entfernung der Prozess- und. Abgasbestandteile SO 2 , HF, HCI,<br />
Schwermetalle, usw. durch Wäschen)<br />
Als Absorptionsmittel für die alkalische Wäsche dient in der Regel NaOH und<br />
Ca(OH) 2 . Abhängig von den eingesetzten Chemikalien laufen folgende Reaktionen ab<br />
Nach Art der verwendeten Sorptionsmittel fallen folgende Restprodukte an:<br />
— Absorptionsmittel (Ca(OH) 2 : CaCI 2 , CaF 2 , CaSO 4 sowie Schwermetalle.<br />
— Absorptionsmittel NaOH: NaCl, NaF, Na 2 SO 4 und Na 2 CO 3 (entsteht bei<br />
unerwünschten Nebenreaktionen) sowie Schwermetalle.<br />
Die anfallenden Reststoffe und Reaktionsprodukte müssen behandelt oder in eine Form<br />
überführt werden, die deren schadlose Entsorgung gewährleistet. Soweit möglich, wird<br />
die Wiederverwertung angestrebt.<br />
5. SCR-Verfahren (Selective Catalytic Reduction):<br />
Chemische Umsetzung der gasförmigen Schadstoffe durch homogene Gasphasenreaktion<br />
oder durch Reaktion an Katalysatoren (Reduktion von Stickoxid (NO x )mit Hilfe<br />
von Ammoniak und Katalysatoren in einem Temperaturbereich zwischen 170 bis<br />
350 °C)
80<br />
6. SNCR-Verfahren (Selective Non Catalytic Reduction):<br />
Reduktion von Stickoxid mit Hilfe der Eindüsung von Ammoniak/Harnstofflösung in<br />
einem Temperaturbereich zwischen 850 bis 1000 °C<br />
7. Aktivkoks-Filter (Polizeifilter):<br />
Adsorption zur Rückhaltung von Schadstoffen an Koksmaterialien.<br />
Die Anlagenkonzepte zur Rauchgasreinigung sind außerordentlich zahlreich. Es ist<br />
noch anzumerken, dass bei der Gasreinigung immer häufiger Abwasserfreiheit der Anlagen<br />
gewünscht ist, da ein Verbot der Einleitung von Abwasser in Naturgewässer<br />
besteht.<br />
Nachdem lange Zeit die Senkung der Schadstoffemissionen einen Entwicklungsschwerpunkt<br />
bei den Abgasbehandlungsanlagen darstellte, wird künftig wesentlich<br />
mehr auf die Schwerpunkte Energieaufwand (Energieeinsparung) und Reduzierung der<br />
Abgas- und Reststoffmengenströme geachtet.<br />
Um schnell auf die Marktanforderungen hinsichtlich niedriger lnvestkosten bei der<br />
Rauchgasreinigung reagieren zu können sowie die Verfügbarkeit und Betriebskosten<br />
zu optimieren, wird seit einiger Zeit eine Modularisierung für die verwendeten<br />
Verfahren und des dazugehörigen Equipments durchgeführt.<br />
Danach setzen sich die Verfahrensketten aus einzelnen Verfahrensstufen zusammen,<br />
die wiederum in Module zerlegt werden. Beispielhaft ist in Bild 6.6-1 eine<br />
modularisierte Verfahrenskette dargestellt.<br />
In Bild 6.6-2 ist ein Modulbaukasten für die Rauchgasreinigung zusammengestellt.
81<br />
Bild 6.6-1: Modularisierte Verfahrenskette der Rauchgasreinigung nach einer<br />
thermischen Abfallbehandlungsanlage<br />
In Bild 6.6-2 ist der Modulbaukasten für die Rauchgasreinigung aufgezeichnet.<br />
Bild 6.6-2:<br />
Modulbaukasten für<br />
die Rauchgasreinigung
82<br />
Mit den vorher genannten grundsätzlichen Aussagen, vor allem auch hinsichtlich der<br />
Modulbauweise, ist es möglich, die angebotenen Rauchgasreinigungsverfahren<br />
miteinander zu vergleichen, sie technisch zu bewerten und auf ihre Effektivität hin zu<br />
überprüfen.<br />
6.6.1 Heißgasentstaubung<br />
Die Heißgasentstaubung gewinnt an Bedeutung, ist aber noch nicht ideal gelöst.<br />
Während einerseits die bisher eingesetzten Zyklone weiter optimiert werden, wird<br />
auch die Eignung anderer Entstaubungsverfahren geprüft: Filterabscheider<br />
(Keramikfilter, Gewebefilter, u.a.) und Elektroabscheider.<br />
• Fliehkraftabscheider<br />
Fliehkraftentstauber sind auch unter den Namen Zyklonabscheider oder<br />
Zentrifugalabscheider bekannt. In der meist angewandten Bauform wird durch<br />
tangentiale Anströmung einer zylinderförmigen Abscheidekammer eine Drehströmung<br />
erzeugt. Dort werden die Staubteilchen von der Zentrifugalkraft nach<br />
außen getragen und fallen aufgrund der Erdschwere nach unten. Die<br />
Feststoffteilchen gelangen so in den Staubsammelbehälter; das gereinigte Rauchgas<br />
verlässt den Zyklon durch ein mittig angeordnetes Rohr (Bild 6.6.1-1).<br />
A Reingasaustritt<br />
B Tauchrohr<br />
C <strong>Strom</strong>linien<br />
D Staubabfallraum<br />
E Rohgaseintritt<br />
F Staubabzug<br />
Bild 6.6.1-1:<br />
Prinzipieller Aufbau<br />
eines Zyklonabscheiders
83<br />
Es ist klar, dass ein Zyklonabscheider bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten<br />
und damit großen Zentrifugalkräften am besten arbeitet. Bei hohen Geschwindigkeiten<br />
sind aber auch die Strömungsverluste groß.<br />
Bei ausgeführten Anlagen wird öfters statt eines großen Zyklons eine Vielzahl von<br />
Zyklonen mit kleinem Durchmesser parallel angeordnet.<br />
Der Abscheidegrad beträgt ca. 15 – 20µm.<br />
• Gewebefilter<br />
Diese Apparate werden in vielen Bereichen der Industrie mit Erfolg eingesetzt,<br />
Die Gewebe werden dabei je nach Einsatztemperatur und Beschaffenheit der<br />
abzuscheidenden Partikel aus Baumwoll-, Kunststoff- oder auch mineralischen<br />
Fasern hergestellt. Das staubhaltige Gas durchströmt die Gewebe in einer Richtung.<br />
Beim Durchgang bleibt der Staub größtenteils zurück; er kann dann z.B.<br />
durch Rütteln oder durch Umkehren der Strömung mittels eines kurzzeitigen<br />
Druckstoßes von der Gewebeoberfläche entfernt und zu einem Staubsammelbehälter<br />
geführt werden.<br />
Der Vorteil der Gewebefilter liegt in ihrem hohen Abscheidegrad. Der Fraktionsabscheidegrad<br />
für kleine Teilchen zwischen 2 und 5 µm liegt typischer-weise bei<br />
über 99,5 %; ferner ist der Reingasstaubgehalt fast unabhängig von der Staubbeladung<br />
des Rohgases (Bild 6.1.1-2).<br />
Bild 6.6.1-2:<br />
Aufbau eines Gewebefilters<br />
Die Abreinigung erfolgt<br />
durch Strömungsumkehr<br />
mittels eines<br />
Druckluftstoßes<br />
(Jet-Puls-Filter)
84<br />
• Elektrofilter<br />
Beim Elektrofilter erfolgt die Abscheidung durch Einwirkung eines<br />
elektrischen Feldes. Wesentliche Bestandteile eines solchen Filters sind<br />
flächenförmige, meist in Gassen angeordnete, geerdete Niederschlagselektroden<br />
und dazwischen aufgespannte drahtförmige Sprühelektroden. Zwischen beiden<br />
Arten von Elektroden wird eine Gleichspannung von 40—100 kV angelegt. Die<br />
Spannung wird so hoch gewählt, dass an den Sprühelektroden, dort hat das<br />
elektrische Feld maximale Stärke, eine Koronaentladung entsteht. Die<br />
freiwerdenden Elektronen wandern entlang der Feldlinien zu den Niederschlagselektroden.<br />
Diese Elektronen lagern sich teilweise an Staubpartikel an. Auf die so<br />
aufgeladenen Staubpartikel wirkt dann die Coulombkraft, die sie zur Niederschlagselektrode<br />
bewegt (Bild 6.6.1-3). Die dort angesammelten Teilchen<br />
können durch Rütteln abgereinigt werden und fallen in den Staubbehälter.<br />
Bild 6.6.1-3:<br />
Schematische Darstellung eines Elektrofilters
85<br />
6.6.2 Entfernen von sauren Schadgasen<br />
Die Verfahren zur Entfernung von sauren Schadgasen (hier besonders Chlor) im<br />
Rauchgas können in folgende Gruppen eingeteilt werden:<br />
- nasse Verfahren,<br />
- trockene Verfahren,<br />
- quasi-trockene Verfahren.<br />
Während die beiden zuletzt genannten Verfahren abwasserfrei arbeiten, muss bei<br />
Anlagen nach dem Nassverfahren eine Abwasserbehandlungsanlage nachgeschaltet<br />
werden.<br />
1 Nasse Verfahren zur Rauchgasreinigung<br />
Die nassen Verfahren basieren auf der Absorption der sauren Schadgase in der<br />
wässrigen Phase. Die anfallenden Waschwässer enthalten die gelösten Reaktionsprodukte.<br />
Die nassen Rauchgaswaschverfahren weisen wesentliche Vorteile auf. Es<br />
werden gute Abscheidegrade für alle Schadgaskomponenten (HCI, HF, SO 2 ) erreicht,<br />
wenn auf die spezifischen Abscheidebedingungen eingegangen wird. Daraus<br />
resultieren niedrige Restemissionen. Die Waschflüssigkeit besteht aus verdünnten Basen<br />
(NaOH, Ca(OH) 2 o.ä.).<br />
Diesen Verfahren ist in aller Regel eine meist mit Elektrofiltern vollzogene<br />
Entstaubung des Rauchgases vorgeschaltet. Der Massenstrom dieser<br />
abgeschiedenen Filterstäube beträgt pro t Müll ca. 25 kg. Danach erfolgt durch<br />
Eindüsen von Wasser eine Abkühlung des noch ca. 100 mg Staub/m N ³ enthaltenden<br />
Rohgases auf 65 °C. Dabei tritt gasförmiges HCl in die wässrige Phase über,<br />
verbunden mit weiterer Staubverringerung durch den Kontakt der Wassertröpfchen mit<br />
den Staubteilchen<br />
Bekannteste verfahrenstechnische Apparate für diese Wäsche sind Venturiwäscher,<br />
Radialstromwäscher und Bodenkolonnenwäscher. HCl-Restgehalte von 10<br />
mg/Nm³ sind ohne Schwierigkeit zu erreichen. Soll auch SO 2 reduziert werden, muss<br />
eine zweite, neutral oder alkalisch betriebene Wäscherstufe nachgeschaltet werden.<br />
Eine Verminderung der SO 2 -Konzentration auf 100 mg/Nm³ ist damit bequem<br />
möglich.
86<br />
Das in einem Müllverbrennungsprozess im Rauchgas enthaltene Quecksilber kann in<br />
einer nassen Rauchgasreinigung sehr effektiv eingebunden bzw. kondensiert werden.<br />
Bei gleichzeitig anwesendem SO 2 ist freilich ein pH < 3 in Verbindung mit einer<br />
Chloridkonzentration von > 0,1 g erforderlich, um Reduktionsreaktionen des SO 2 zu<br />
verhindern. Die Einhaltung eines Emissionsgrenzwertes von 100µg Hg/Nm³ stellt dann<br />
keine Schwierigkeit dar.<br />
Hinsichtlich ihrer Reinigungswirksamkeit sind Nasswäschen von anderen Verfahren<br />
kaum zu übertreffen. Man hat jedoch in Kauf zu nehmen, dass sie die<br />
Schadstoffproblematik vom Luftpfad in den Wasserpfad verlagern und deshalb eine<br />
Abwasseraufbereitung unumgänglich wird. Allein schon deshalb zählen die nassen<br />
Rauchgasreinigungsverfahren zu den teuersten.<br />
2 Trockene Verfahren zur Rauchgasreinigung<br />
Bei den trockenen Verfahren werden feinkristalline, alkalische Komponenten in<br />
den heißen Rauchgasstrom geblasen. Die entstehenden Reaktionsprodukte werden in<br />
einem nachgeschalteten Feststoffabscheider (oft ein Gewebefilter) aus dem Rauchgasstrom<br />
entfernt.<br />
Für die trockenen Verfahren kommen Wirbelschichtreaktoren mit anschließender<br />
Staubabscheidung zum Einsatz.<br />
Der Vorteil einer trockenen Rauchgasreinigung gegenüber einer Rauchgasreinigung<br />
mit einem Nasswäscher ist vor allem darin zu sehen, dass der Reststoff aus der<br />
Gasreinigung trocken anfällt.<br />
Als entscheidender Nachteil muss jedoch angegeben werden, dass zwar die<br />
Grenzwerte der alten TA-Luft 86, nicht aber die Grenzwerte der 17. BlmSchV<br />
eingehalten werden können<br />
3 Quasi-Trockene Verfahren zur Rauchgasreinigung<br />
Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine Sprühadsoption, bei der eine Lösung<br />
oder Suspension als Neutralisationsmittel für die sauren Abgasbestandteile in den<br />
heißen Rauchgasstrom eingeblasen wird und die entstehenden kristallinen<br />
Reaktionsprodukte in einem nachgeschalteten Feststoffabscheider abgeschieden<br />
werden. Die Flüssigkeit verdampft dabei vollständig.
87<br />
Diese Verfahren wurden entwickelt, um vor allem das Schadgas HCI unter Vermeidung<br />
eines Abwassers durch Zudosierung von Kalk in einem Sprühreaktor auf trockenem<br />
oder quasi-trockenem Wege zu binden. Quasi-trocken bedeutet dabei die Zugabe<br />
einer Kalkmilchsuspension, jedoch so, dass der Wasseranteil im heißen<br />
Reaktionsgemisch verdampft und das Reaktionsprodukt wie beim rein trockenen<br />
Verfahren an einem nachgeschalteten Filter gemeinsam mit den Rohgasstäuben trocken<br />
abgeschieden wird (pro t Müll ca. 50 kg). Die Reaktion verläuft nach der Gleichung<br />
Ca(OH) 2 + 2HCI → CaCI 2 + 2H 2 O (6.6.2-1)<br />
Um eine gute HCI-Abscheidung zu gewährleisten, benötigt das rein trockene<br />
Verfahren mehr Kalküberschuss als das quasi-Trockenverfahren,<br />
letzteres neigt jedoch stärker zu Verkrustungen an den verfahrenstechnischen<br />
Aggregaten.<br />
Beide Verfahren sind in der Lage, HCI auf Werte < 50 mg/Nm 3 abzureinigen; die<br />
Abscheidegrade für SO 2 , das mit dem Kalk zwar nicht so heftig wie HCI, aber<br />
ebenfalls reagiert, liegen bei ca. 50 %. Besonders effektiv sind die Kalksorptionsverfahren<br />
in Verbindung mit nachgeschalteten Gewebefiltern (anstelle der häufig<br />
3<br />
üblichen Elektrofilter), da Reststaubgehalte im Reingas von < 10 mg/m N bequem<br />
erreichbar sind. Für gasförmig vorliegendes Quecksilber ist zur Verminderung auf<br />
3<br />
Emissionswerte < 100 µg/m N eine Temperaturabsenkung unter 150 ° C in Verbindung<br />
mit einer Sorptionsreaktion aus der Flugasche notwendig.<br />
Für die quasi-trockenen Verfahren werden im wesentlichen Sprühtürme<br />
verwendet.<br />
Die Vorteile einer quasi-trockenen Rauchgasreinigung gegenüber einer<br />
Rauchgaseinigung mit einem Nasswäscher sind vor allem in dem geringeren<br />
apparativen Aufwand und in der Tatsache zu sehen, dass die Rauchgasreinigungsrückstände<br />
trocken anfallen.<br />
Nachteilig wirken sich gegenüber den nassen Verfahren schlechtere Reingaswerte aus.
88<br />
4 Vergleich der Rauchgasreinigungsverfahren<br />
Im folgenden werden die nach Herstellerangaben erreichbaren Reingaswerte mit den<br />
Anforderungen der 17. BlmSchV verglichen (Tabelle 6.6.2-1).<br />
Schadstoff<br />
Emissionswerte<br />
17. BImSchV<br />
(Tagesmittel)<br />
Garantiewerte (Herstellerangaben)<br />
Nasssystem Quasitrocken Trocken System<br />
HCl<br />
HF<br />
SO 2<br />
NO x<br />
CO<br />
org. Stoffe<br />
Staub<br />
10<br />
1<br />
50<br />
200<br />
50<br />
10<br />
10<br />
10<br />
0,3<br />
35<br />
70<br />
50<br />
20<br />
3<br />
10<br />
0,3<br />
25<br />
170<br />
100<br />
n.b.<br />
10<br />
50<br />
2<br />
100<br />
n.b.<br />
100<br />
n.b.<br />
30<br />
Tabelle 6.6.2-1: Vergleich der Waschverfahren (mg/m³)<br />
Aus der Tabelle 6.6.2-1 folgt, dass Nass- und Quasitrockene Systeme die<br />
Anforderungen der 17. BImSchV erfüllen können.<br />
6.6.3 Rauchgasentstickung<br />
Bereits durch Primärmaßnahmen wie optimierte Feuerungsführung und<br />
Rezirkulation von Rauchgasen in den Feuerraum lässt sich ein mittlerer NO x -<br />
Wert von 300 bis 350 mg/m 3 erreichen. Zur weiteren Verringerung von Stickoxidemissionen<br />
bzw. zur Einhaltung des Grenzwertes der 17. BImSchV mit 200 mg/m 3<br />
müssen Sekundärmaßnahmen ergriffen werden, wobei im wesentlichen zwei Verfahren<br />
zur Wahl stehen, die nichtkatalytische Entstickung (SNCR-Verfahren) und die<br />
katalytische Entstickung (SCR-Verfahren).<br />
Das SNCR-Verfahren (selectiv non-catalytic reduction) stellt aufgrund des<br />
geringeren verfahrenstechnischen Aufwandes das preisgünstigere Verfahren dar.<br />
Dabei wird noch im Feuerraum vor dem Abhitzekessel Ammoniak bzw. Ammoniakwasser<br />
in einem Temperaturbereich von ca. 800 - 950 0 C eingesprüht, das mit NO x<br />
zu Stickstoff und Wasser reagiert. Als Reduktionsmittel können auch Harnstoff oder<br />
aufbereitete Gülle aus der Tierhaltung bei Temperaturen von ca. 900 - 1050 0 C<br />
eingesetzt werden. Da die Reaktionen mit den Stickoxiden nur in diesem schmalen<br />
Temperaturbereich ablaufen, wird das Reduktionsmittel im Überschuss eingebracht.
89<br />
Sinkt die Temperatur ab, wird nur ein geringer Anteil der Stickoxide reduziert und der<br />
größere Anteil des Reduktionsmittels bleibt unverbraucht (sog. Ammoniakschlupf). Bei<br />
zu hohen Temperaturen entstehen zusätzliche Stickoxide aus dem Reduktionsmittel.<br />
Mit dem SNCR-Verfahren kann eine NO x -Verringerung von 40 - 80 % (im Mittel<br />
50 %) erreicht werden. Zugleich wird die „De-Novo-Synthese“ von Dioxinen und<br />
Furanen eingeschränkt, da das Ammoniak als Inhibitor wirkt. Der erforderliche Überschuss<br />
an Reduktionsmittel (Ammoniakschlupf), insbesondere bei Einhaltung von sehr<br />
niedrigen NO x -Emissionen (< 100 mg/m 3 ), führt verfahrensbedingt zur Entstehung von<br />
Ammoniumsalzen, die zu Problemen im Abwasser und bei den Rückständen führen<br />
können. Auch Korrosionsgefährdungen und Geruchsbelästigungen sind nicht auszuschließen.<br />
Beim SCR-Verfahren (selectiv catalytic reduction) werden Stickoxide nach<br />
Einsprühen von Ammoniakwasser an einem Katalysator bei Temperaturen von 250 bis<br />
450 °C zu Stickstoff und Wasserdampf umgesetzt:<br />
4 NO + 4 NH 3 + O 2 -------------> 4 N 2 + 6 H 2 O (6.6.3-1)<br />
NO 2 + 4 NH 3 + O 2 -------------> 3 N 2 + 6 H 2 O (6.6.3-2)<br />
Dabei können gleichzeitig auch organische Schadstoffe wie z.B. PCDD/PCDF oxidativ<br />
zerstört werden.<br />
Der SCR-Katalysator ist ein Vollkatalysator aus aktiviertem Titandioxid (TiO 2 ) als<br />
keramisches Grundmaterial und katalytisch aktiven Einlagerungen aus Vanadiumpentoxid<br />
(V 2 O 5 ) und Wolframtrioxid (WO 3 ). Die Betriebstemperatur beträgt 300 °C.<br />
Die Aufheizung der mit ca. 140 °C aus der Konditionierten Trockensorption kommenden<br />
Rauchgase erfolgt in zwei Stufen.<br />
Als erste Stufe ist ein Regenerativ-Wärmetauscher installiert. Er heizt die kalten<br />
Rohgase mit Hilfe der im Gegenstrom geführten 300 °C heißen Rauchgase aus dem<br />
Katalysator auf ca. 275 °C auf. Die weitere Temperaturerhöhung der Rauchgase auf<br />
die Katalysatorarbeitstemperatur erfolgt durch einen Erdgas-Flächenbrenner. Dieser ist<br />
Ieistungsmäßig überdimensioniert, um ein schnelles Anfahren der kalten Anlage zu<br />
ermöglichen.<br />
Die Katalysatoren sin für eine Standzeit von mindestens 24.000 h ausgelegt und in<br />
zwei Lagen angeordnet. Sie werden von oben nach unten durchströmt<br />
(Bild 6.6.3-1).
90<br />
Bild 6.6.3-1:<br />
Katalytische Rauchgasreinigung<br />
6.6.4 Realisierte Rauchgasreinigungssysteme<br />
Die Bilder 6.6.4-1 und 6.6.4-2 zeigen Beispiele von Rauchgas-Reinigungssystemen.<br />
Beide Varianten enthalten die Verfahrensstufen zweistufige Rauchgaswäsche,<br />
Aktivkoksfilter und SCR-Anlage, mit den Unterschieden:<br />
In Bild 6.6.4-1 wird das Wäscherabwasser im Sprühtrockner eingedampft; die<br />
entstehenden Salze (Reaktionsprodukte) im Gewebefilter abgeschieden. Sie müssen<br />
deponiert werden.<br />
Bild 6.6.4-1:<br />
Verfahrensfließbild einer Rauchgasreinigung mit interner Waschwassereindampfung
91<br />
In Bild 6.6.4-2 wird das Wäscherabwasser durch Destillation von Salzsäure und<br />
Gipsabscheidung aufgearbeitet, um dem Wunsch nach Reststoffverwertung Rechnung<br />
zu tragen. Die verbleibenden Restsalze und Schlämme müssen ebenfalls deponiert<br />
werden, deren Menge jedoch weitaus geringer ist.<br />
Bild 6.6.4-2:<br />
Verfahrensfließbild einer Rauchgasreinigung mit HCl-Destillation und<br />
Gipsabtrennung<br />
HCI, SO 2 und HF werden in den Rauchgaswäschern abgeschieden. Mit dem Waschwasser<br />
werden Staub, Schwermetalle und insbesondere ein Großteil des Quecksilbers<br />
abgeführt.<br />
Nach der allgemeinen Stoffübergangsgleichung hängt die übergehende Stoffmenge<br />
von der Austauschfläche, vom Stoffdurchgangskoeffizienten, der<br />
Konzentrationsdifferenz zwischen Gas und Waschmittel und der Verweilzeit<br />
des Gases im Wäscher ab. Die Konzentrationsdifferenz ist durch den Prozess wie<br />
durch die Waschmittelmenge vorgegeben; Austauschfläche, Stoffdurchgangskoeffizient<br />
und Verweilzeit werden van der jeweiligen Bauart des Wäschers bestimmt. Es gibt<br />
eine Vielzahl von Rauchgaswäschern, deren Arbeitsweisen sich oft nur wenig<br />
voneinander unter-scheiden. Gas und Waschmittel müssen intensiv durchmischt und<br />
während der Waschphase eine wiederholte Oberflächenerneuerung herbeigeführt<br />
werden.<br />
In der ersten Waschstufe der Verfahrensfließbilder (Bilder 6.6.4-1 und 6.6.4-2) wird in<br />
der Regel HCI und HF ausgewaschen. Hierzu werden mehrstufige Wäscher verwendet<br />
mit Kamin- oder Glockenböden und Füllkörpern. Bild 6.6.4-3 zeigt beispielhaft einen
92<br />
3-stufigen HCl-Wäscher mit Kaminböden und Füllkörperschüttung. Bei der Quenchung<br />
in der ersten Stufe wird das Rauchgas auf Sättigungstemperatur gekühlt. Dieser Bereich<br />
des Wäschers arbeitet im Gleichstrom.<br />
Bild 6.6.4-3:<br />
HCl-Wäscher<br />
Fluor, Schwefel und Quecksilber emittieren mit etwa 10 % der Eingangsmenge.<br />
Relevant sind weiterhin die Schwermetalle Cadmium und Blei. Um die in der<br />
17. BlmSchV vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte für Schwermetalle sicher<br />
einzuhalten, ist der Einsatz eines Aktivkoksfilters erforderlich.<br />
Organische Verbindungen in Rest- und Abfallstoffen werden im Feuerraum<br />
weitestgehend zerstört. In nachgeschalteten Einrichtungen kann jedoch eine Neubildung<br />
organischer Verbindungen oder eine Rekombination unvollständig verbrannter<br />
Anteile zu neuen organischen Verbindungen stattfinden. Die bekanntesten Verbindungen<br />
dieser Art sind Dioxine und Furane, die zum Teil im hinteren Bereich des Abhitzekessels<br />
ader im Rauchgasweg bei Temperaturen zwischen 250 und 350 °C entstehen<br />
können. Hierbei spielen die Anwesenheit von katalytisch aktiven Stoffen, Sauer-
93<br />
stoff, Vorläuferverbindungen und das Ausbrandverhalten der Müllverbrennung sowie<br />
die Flugascheeigenschaften und deren Restkohlenstoffgehalt eine wesentliche Rolle.<br />
Insgesamt werden in Anlagen zur thermischen Abfallverwertung jedoch sehr viel mehr<br />
organische Problemstoffe zerstört als neu gebildet werden. Insbesondere für schwer<br />
abbaubare Verbindungen wie Dioxine und Furane ist die Müllverbrennung<br />
die bisher einzig wirksame Schadstoffsenke; als Sicherheitsmaßnahme sollte,<br />
wenn eben möglich, ein Aktivkoksfilter (Polizeifilter) den Abschluss der Rauchgas-<br />
Reinigung bilden.<br />
Die Kosten für eine dem Stand der Technik entsprechende Rauchgas-Reinigungsanlage<br />
liegen heute bei ca. 20 – 25 % der Gesamtinvestitionen für eine thermische<br />
Abfallentsorgungsanlage, die Restreinigung mit Aktivkoks hat hierbei einen<br />
wesentlichen Anteil.<br />
6.6.5 Entfernung von Dioxinen/Furanen und Schwermetallen<br />
Oft sind in speziellen Abfällen z.T. erhebliche Konzentrationen an Chlor enthalten, das<br />
fast vollständig in das Rauchgas übergehen wird. Bei konventioneller Rauchgasführung<br />
ist auf Grund des sog. ,,De-Novo-Effektes“ bei der langsamen Rauchgasabkühlung und<br />
der trockenen Entstaubung im Temperaturbereich zwischen 200 bis 400 0 C eine<br />
erhebliche Neubildung von Dioxinen zu beobachten, die aus dem Rauchgas<br />
entfernt werden müssen.<br />
Weiterhin muss angenommen werden, dass eine Elektro-Filterentstaubung zwischen<br />
200 und 400 0 C die Dioxinbildung begünstigt. Es wurden 2 bis 4-fach erhöhte Dioxinwerte<br />
nach dem Filter bei Feststoffen und im Rauchgas, als vor dem Filter gefunden.<br />
Zur Einhaltung des Dioxingrenzwertes von 0,1 ng TE/m 3 gemäß der 17. BImSchV reichen<br />
feuerungsseitige Primärmaßnahmen mit Heißentstaubung und Quenche nicht aus.<br />
Diese Maßnahmen führen zu PCDD/PCDF - Gehalten von ca. 1 - 5 ng TE/m 3 im<br />
Rauchgas. Als weiterführendes Rauchgasreinigungssystem bieten sich - neben den<br />
bereits erwähnten Trocken- und SCR-Verfahren - Adsorptionsfilter an, die auf der Basis<br />
von Aktivkohle bzw. Aktivkoks nicht nur organische Schadstoffe, sondern auch andere<br />
Restemissionen (z.B. Hg, saure Gase etc.) minimieren und daher an letzter Stelle<br />
stehend auch als „Polizeifilter“ bezeichnet werden.<br />
Beim Einsatz von Aktivkohle/-koks sind zur Vermeidung von Überhitzung durch
94<br />
sogenannte „hot spots“ (ungenügend durchströmte Zonen, bei denen es durch Ansammlung<br />
von hochreaktiven Partikeln zur unkontrollierten Erwärmung und Glimmbrandgefahr<br />
kommen kann) und Selbstentzündung umfangreiche Sicherheitskriterien<br />
(z.B. kontinuierliche Überwachung der Temperatur und des CO-Gehaltes zur<br />
Brandfrüherkennung) zu beachten. Durch die Vermischung mit Kalk bzw. Kalkhydrat<br />
(Aktivkohle/-koksanteil ca. 3 bis 30 %) kann die Selbstentzündungsgefahr drastisch<br />
gesenkt werden.<br />
Primäre Verfahren<br />
Primäre Verfahren verhindern bereits die Bildung der Dioxine. Dabei sollen die<br />
Bedingungen zur Dioxinbildung durch die Einstellung bestimmter verfahrenstechnischer<br />
Randbedingungen erschwert werden. Unter primäre Verfahren zur Dioxinminderung<br />
fallen die folgenden Verfahrenstechniken<br />
1 Reduzierung des Anteils an Unverbranntem, wie CO, durch eine ausreichende<br />
Verbrennungsführung mit evtl. anschließender Nachverbrennung<br />
2 Absenkung der Weiterhin Staubgehalte im Rauchgas vor Eintritt in das<br />
Dioxinbildungsfenster von 200 bis 400 0 C<br />
3 Entstaubung mit einem Elektro-Filter in diesem Temperaturfenster soll in jedem Fall<br />
unterbleiben.<br />
4 Gegebenenfalls kann es erforderlich sein, die energetische Nutzung der<br />
Rauchgase nur bis zu einer Abkühlung oberhalb von 400 °C durchzuführen.<br />
Werden dann die Rauchgase gequencht, wird das Dioxinbildungsfenster<br />
umfahren. Neben der geringeren energetischen Nutzung ist als zweiter Nachteil<br />
die Notwendigkeit einer Heißgasentstaubung zu verzeichnen.<br />
Sekundäre Verfahren<br />
Unter sekundären Verfahren versteht man die Entfernung von bereits gebildetem<br />
Dioxin aus dem Rauchgas.<br />
Sekundäre Verfahren werden auf jeden Fall zum Erreichen des Grenzwertes der<br />
17. BlmSchV von 0,1 ng TE/m 3 notwendig sein. Die Maßnahmen zur Dioxinentfernung<br />
sind mit einem erheblichem verfahrenstechnischen und finanziellen Aufwand<br />
verbunden.
95<br />
Eine interessante Entwicklung auf diesem Gebiet stellt das Sorbalitverfahren dar,<br />
eine Weiterentwicklung des klassischen Aktivkohleverfahrens. Dabei wird modifiziertes<br />
Calciumhydroxid auf Herdofenkoks als Trockensorbens verwendet. Bei der Sondermüllverbrennungsanlage<br />
Schöneiche gelang es z.B. den Grenzwert der 17. BlmSchV<br />
durch den Einsatz von Sorbalit mit 0,03 ng TE/m 3 weit zu unterschreiten.<br />
Mit dem Restmüll gelangen 50 - 100 Nanogramm Dioxine pro Kilogramm in die<br />
thermische Restmüllbehandlungsanlage. Mit dem Abgas und den zu verwertbaren<br />
Stoffen aufbereiteten Reststoffen verlassen nur noch weniger als 2,5 ng/kg die Anlage.<br />
Wie die untenstehende Bilanz (Bild 6.6.5-1) zeigt, werden Dioxine bei der<br />
thermischen Restmüllbehandlung zu über 95 % zerstört. Unter Beachtung, dass bei der<br />
Verbrennung von 1 kg Restmüll etwa 6 m 3 Abgas entstehen, lässt die Bilanz erkennen,<br />
dass die Abgase einer modernen Anlage daher nur noch die unvorstellbar kleine<br />
Menge von weniger als 0,1 Nanogramm Dioxin je Kubikmeter Abgas enthalten.<br />
Nur bei einer thermischen Behandlung werden Dioxine endgültig der Umwelt<br />
entzogen, alle anderen Wege der Restmüllentsorgung lassen die Dioxine für sehr<br />
lange Zeit in der Natur.<br />
Bild 6.6.5-1:<br />
Dioxinbilanz für 1 kg Restmüll
96<br />
6.7 Energiebilanz<br />
Aus 1 Kilogramm Müll heutiger Zusammensetzung lassen sich etwa 2 kg Dampf<br />
erzeugen. Die Dampf-Verwertung kann dabei auf verschiedene Weise erfolgen:<br />
• <strong>Strom</strong>erzeugung in einer Kondensationsturbogruppe, wobei der Turbinenabdampf<br />
in einem wasser- oder luftgekühlten Kondensator niedergeschlagen wird. Auf diese<br />
Weise liefert die Verbrennung von einer Tonne Müll etwa 350 - 409 kWh<br />
elektrische Energie. Zieht man davon den Eigenverbrauch der Verbrennungsanlage<br />
mit 50 - 70 kWh/t ab, so verbleiben für den Verkauf an das Elektrizitätsnetz etwa<br />
300 kWh/t.<br />
• Wärmeverkauf als Dampf oder Heißwasser an ein Fernheizwerk oder an die<br />
Industrie. Je Tonne Müll stehen unter heutigen Bedingungen 5,2 - 6,0 GJ (1,3 -<br />
1,5 Gcal) zur Verfügung. Die für den Betrieb der Müllverbrennungsanlage<br />
notwendige Energie von 50 - 70 kWh/t muss allerdings zugekauft werden.<br />
• Die vorteilhafteste Lösung ergibt sich dann, wenn die Wärme in Form von Dampf<br />
oder Heißwasser verkauft wird, nachdem der vom Kessel gelieferte Dampf zuerst in<br />
einer Gegendruckturbine entspannt wurde. Diese Turbine liefert die notwendige<br />
Energie für den Eigenbedarf zu günstigen Bedingungen, indem die verkäufliche<br />
Wärmemenge dadurch nur unbedeutend sinkt, nämlich auf etwa 4,8 - 5,6 GJ/t<br />
(1,2 - 1,4 Gcal/t) Müll.<br />
Die direkte Wärmeabgabe ist an einen breiten Interessentenkreis möglich:<br />
o Private und öffentliche Fernheizung<br />
o industrieller Prozessdampf bzw. -wasser<br />
o Kälteerzeugung<br />
o Kulturland- oder Gewächshausheizung in der Landwirtschaft.<br />
Hierzu folgendes Anschauungsbeispiel: In einer Großstadt mit 1 Mio. Einwohnern<br />
fallen jährlich ca. 500.000 t Hausmüll und Gewerbeabfälle an. Bei einer Recyclingquote<br />
von 50 % (Papier, Glas, Bioabfälle) werden 250.000 t Restmüll thermisch behandelt<br />
und dabei elektrische Energie sowie Fernwärme erzeugt. In diesen 250.000 t<br />
Restmüll steckt eine nutzbare Wärmemenge vonl 55.500 m 3 Heizöl, was der Ladung<br />
von ca. 2.700 Tanklastwagen entspricht. Damit können ca. 10 % aller Haushalte mit<br />
<strong>Strom</strong> und Fernwärme versorgt werden.
97<br />
6.7.1 Fernwärmeauskopplung eines Heizkraftwerkes<br />
Bei der thermischen Behandlung von Abfall (Verbrennen, Pyrolyse) wird viel<br />
Wärmeenergie frei. Diese muss genutzt werden (Bild 6.7.1-1).<br />
Bild 6.7.1-1:<br />
Funktionsschema der Fernwärmeauskopplung vom Heizkraftwerk<br />
über das Netz bis zum Endverbraucher<br />
Das geschieht, indem die heißen Rauchgase in einem Dampferzeuger (1) eine Vielzahl<br />
von Kesselrohren umströmen, ihre Wärme abgeben und dabei abkühlen. Im Inneren<br />
der zahlreichen Rohre, die miteinander zu einem geschlossenen System verbunden<br />
sind, erwärmt sich Wasser, bis es verdampft. Der entstandene Wasserdampf strömt<br />
unter hohem Druck durch eine Dampfturbine (2) und zu einem Heizkondensator (4).<br />
Dort kühlt er ab und kondensiert (5), das Wasser wird wieder in den Kessel zurück-
98<br />
geführt (Wasser-/Dampf-Kreislauf). Vorher verrichtet der Wasserdampf noch Arbeit in<br />
der Turbine und treibt mit ihr einen Generator (3) an. Der dabei erzeugte elektrische<br />
<strong>Strom</strong> wird teilweise eigengenutzt, der Überschuss in ein <strong>Strom</strong>netz eingespeist.<br />
Im Heizkondensator (Plattenwärmetauscher) umströmen sich Dampf und Kühlmittel in<br />
getrennten Kammern. Über die Wärmetauschflächen wird jetzt die Kondensationswärmemenge<br />
abgeführt, die zuvor das Kesselwasser zum Verdampfen aufgenommen<br />
hat. Hierbei heizt sich das Kühlmedium auf, das nun als Heizwasser über weite<br />
Strecken des Fernwärmenetzes zu den verschiedenen Verbrauchern transportiert wird.<br />
Dort wird wieder in einem Tauscher die Wärme in das verbrauchereigene Kreislaufsystem<br />
abgegeben, wobei das Heizwasser seinerseits wieder abkühlt und als Rücklauf<br />
zum Heizkondensator (4) gepumpt wird.<br />
Dieses Verfahren der Energieverwertung erzielt einen hohen Nutzungsgrad. Durch den<br />
Einsatz neuester Technologie kann mehr als 85 % der im Abfall steckenden Energie<br />
genutzt werden.
99<br />
6.8 Aktuelle Müllverbrennungsanlagen<br />
6.8.1 Augsburg (Abfallverwertungsanlage)<br />
Inbetriebnahme 1995<br />
Weitere Maßnahmen/Erweiterungen<br />
Abfallarten<br />
Durchschnittlicher Heizwert in kJ/kg 10000<br />
Fernwärmeauskopplung<br />
Entsorgungssicherheit für Einwohner > 1.000.000<br />
Jahresdurchsatz in Mg/a ca. 200.000<br />
Sperrmüllzerkleinerung<br />
Verbrennungseinheiten<br />
Feuerung<br />
Feuerraumgestaltung<br />
Hausmüll, Sperrmüll, Gewerbeabfall,<br />
krankenhausspezifische Abfälle,<br />
energetische Verwertung<br />
Lindemann Sperrmüllschere<br />
3 + 2 krankenhausspez. Abfälle<br />
Rostfeuerung<br />
Mittelstrom<br />
Frischdampfproduktion in Mg/a bei bar/°C 726.296 bei 40 / 400<br />
<strong>Strom</strong>abgabe in kWh/a 78085000<br />
Fernwärmeabgabe in kWh/a 38008000<br />
Abluft in m³/h 139087<br />
Rauchgasreinigungsverfahren Elektrofilter - 2-stufige Rauchgaswäsche -<br />
Entstickungsanlage – Aktivkohlefilter<br />
Rauchgasreinigungsprodukte in Mg/a Filterstaub: 5479<br />
Schlacke in Mg/a 43196<br />
Dampfabgabe in kWh/a 0<br />
Schrottmenge in Mg/a 4585<br />
Tabelle 6.8.1-1: Kenndaten der Abfallverwertungsanlage Augsburg
Bild 6.8.1-1:<br />
Gesamtansicht der Abfallverwertungsanlage Augsburg<br />
100
Bild 6.8.1-2:<br />
Querschnitt des Abfallheizkraftwerkes Augsburg<br />
101
102<br />
Bild 6.8.1-3:<br />
Verfahrensschema Augsburg<br />
1 Elektrofilter<br />
2 HCl-Stufe des Rauchgaswäschers<br />
3 SO 2 -Stufe des Rauchgaswäschers<br />
4 Katalysator (Entstickungsanlage)<br />
5 Schlauchfilter (Dedioxinierungsanlage)<br />
6 Messentnahmestelle<br />
7 Kamin
103<br />
6.8.2 Hamburg – Rugenberger Damm<br />
(Müllverwertungsanlage)<br />
Inbetriebnahme 1999<br />
Abfallarten<br />
Durchschnittlicher Heizwert in kJ/kg 9.569<br />
Hausmüll, Sperrmüll, Gewerbeabfall,<br />
energetische Verwertung<br />
Entsorgungssicherheit für Einwohner<br />
rd. 1,2 Mio. (250 kg/a unterstellt)<br />
Jahresdurchsatz in Mg/a 351.082<br />
Sperrmüllzerkleinerung<br />
Guillotine-Schere<br />
Verbrennungseinheiten 2<br />
Feuerung<br />
Feuerraumgestaltung<br />
Vorschubrost<br />
Mittelstromfeuerung<br />
Frischdampfproduktion in Mg/a bei bar/°C 1.137.787 bei 40 / 400<br />
<strong>Strom</strong>abgabe in kWh/a 37.212.000<br />
Fernwärmeabgabe in kWh/a 50.580.000<br />
Abluft in m³/h 1 x 85.650 - 1 x 91.299<br />
Rauchgasreinigungsverfahren SNCR - Gewebefilter mit Adsorbenszugabe -<br />
HCl-Wäscher - SO2-Wäscher - Gewebefilter<br />
mit Adsorbenszugabe<br />
Rauchgasreinigungsprodukte in Mg/a Salzsäure (HCl), 30%: 4.759<br />
Gips: 1.232<br />
Schlacke in Mg/a 81.683<br />
Dampfabgabe in kWh/a 425.976.000<br />
Schrottmenge<br />
7.395 + 847 NE<br />
Tabelle 6.8.2-1: Kenndaten der Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm
Bild 6.8.2-1:<br />
Gesamtansicht der Müllverwertungsanlage Hamburg - Rugenberger Damm<br />
104
105<br />
Bild 6.8.2-2:<br />
Querschnitt der Anlage Hamburg - Rugenberger Damm<br />
Bild 6.8.2-3:<br />
Verfahrensschema Abgasreinigung
106<br />
6.8.3 Herten<br />
(RZR — Rohstoffrückgewinnungs-Zentrum Ruhr)<br />
Inbetriebnahme 1982: Siedlungsmüllverbrennungslinie SM 1<br />
und Industriemüllverbrennungslinie IM 1<br />
Weitere Maßnahmen/Erweiterungen 1989: Industriemüllverbrennungslinie IM 2<br />
1990: Siedlungsmüllverbrennungslinie SM 2<br />
Abfallarten<br />
Durchschnittlicher Heizwert in kJ/kg<br />
Hausmüll, Sperrmüll, Gewerbeabfall,<br />
energetische Verwertung, Sonstige<br />
10.325 (Siedlungsmüllverbrennungslinien)<br />
Entsorgungssicherheit für Einwohner 754.000<br />
Jahresdurchsatz in Mg/a 295.087 (SM 1 u. SM 2)<br />
Sperrmüllzerkleinerung<br />
Rotorschere<br />
Verbrennungseinheiten<br />
2 Siedlungsmüllverbrennungslinien,<br />
(2 Industriemüllverbrennungslinien)<br />
Feuerung SM 1: Vorschubrost (Steinmüller), SM 2:<br />
Gegenlauf-Überschubrost (Kablitz)<br />
Feuerraumgestaltung<br />
Mittelstrom<br />
Frischdampfproduktion in Mg/a bei bar/°C 1.249.563 (RZR Gesamt) bei 32 / 320<br />
<strong>Strom</strong>abgabe in kWh/a<br />
Fernwärmeabgabe in kWh/a<br />
Abluft in m³/h<br />
109.860.470 (RZR Gesamt)<br />
8.274.200 (RZR Gesamt)<br />
ca. 98.000 je Siedlungsmüllverbrennungslinie<br />
Rauchgasreinigungsverfahren Vierfachzyklon - Sprühtrockner - Elektrofilter -<br />
2-stufige Nasswäsche - Aktivkoksfilter -<br />
DeNOx-Katalysator<br />
Rauchgasreinigungsprodukte in Mg/a<br />
Siedlungsmüllverbrennungslinien:<br />
Kesselstaub: 6.130 - feste Abfälle aus der<br />
Abgasbehandlung: 5.929<br />
Schlacke in Mg/a Siedlungsmüllverbrennungslinien: 72.804<br />
Schrottmenge in Mg/a 86<br />
Tabelle 6.8.3-1: Kenndaten des RZR Herten
Bild 6.8.3-1:<br />
Gesamtansicht des RZR Herten<br />
107
Bild 6.8.3-2:<br />
Querschnitt der Siedlungsabfallverbrennung Herten<br />
1 Entladeplätze und<br />
Abfallzerkleinerung<br />
2 Abfallbunker<br />
3 Verbrennungsrost<br />
4 Verbrennungsraum<br />
5 Entschlacker<br />
6 Verbrennungsluft<br />
7 Dampfkessel<br />
8 Sprühtrockner<br />
9 Eindicker<br />
10 Elektrofilter<br />
11 Vorwäscher<br />
12 Hauptwäscher<br />
13 Saugzugventilator<br />
14 Pumpenhaus<br />
15 Asche-Austragseinrichtung<br />
16 Schlacke-Container<br />
17 Kalksilo<br />
18 Reststoffsilo<br />
19 Kamin<br />
108
109<br />
6.8.4 Iserlohn (Müllheizkraftwerk)<br />
Inbetriebnahme 1970<br />
Weitere Maßnahmen/Erweiterungen 1973, 1980, 1986, 1996<br />
Abfallarten<br />
Durchschnittlicher Heizwert in kJ/kg 10.000 - 11.500<br />
Entsorgungssicherheit für Einwohner rd. 460.000<br />
Jahresdurchsatz in Mg/a 238.000<br />
Hausmüll, Sperrmüll, Gewerbeabfall, Abfall<br />
zur energetischen Verwertung<br />
Sperrmüllzerkleinerung<br />
Verbrennungseinheiten<br />
Feuerung<br />
Feuerraumgestaltung<br />
Rotorschere<br />
3: Linien 1+2 je 8 t/h; Linie 3: 16 t/h<br />
Vorschubrost<br />
Mittelstrom<br />
Frischdampfproduktion in Mg/a bei bar/°C<br />
<strong>Strom</strong>abgabe in kWh/a 65.200.000<br />
Fernwärmeabgabe in kWh/a 143.000.000<br />
Abluft in m³/h ca. 200.000<br />
Rauchgasreinigungsverfahren<br />
Rauchgasreinigungsprodukte in Mg/a Kochsalz: 2.700<br />
Linie 1 + 2: 445.000 Mg bei 18 bar/270 C<br />
Linie 3: 440.000 Mg bei 40 bar/400 C<br />
Elektrofilter - saurer Wäscher - neutraler<br />
Wäscher - SCR-Katalysator - Dioxinminderung<br />
(zirkulierende Wirbelschicht, Gewebefilter,<br />
Eindampfanlage)<br />
Gips: 740<br />
Schlacke in Mg/a 63.840<br />
Filterstaub: 5.500<br />
Tabelle 6.8.4-1: Kenndaten des Müllheizkraftwerks Iserlohn
Bild 6.8.4-1:<br />
Gesamtansicht des Müllheizkraftwerks Iserlohn<br />
110
Bild 6.8.4-2:<br />
Verfahrensfließbild des MHKW Iserlohn<br />
111
112<br />
6.8.5 Mannheim (Müllheizkraftwerk: MHKW)<br />
Inbetriebnahme 1966: Kessel 2 - 1973 Kessel 3 - 1997:<br />
Kessel 4 - 2003: Kessel 5<br />
Weitere Maßnahmen/Erweiterungen 1986:Rauchgasreinigungsanlage Kessel 2-3<br />
Abgasreinigung, Nasswäscher<br />
1996: DeNOx + Aktivkoksfilter<br />
1988-1991: Sanierung, Umbau Kessel 2-3<br />
auf Vorschubrostsystem<br />
1997: Kessel 4 mit eigener<br />
Rauchgasreinigungsanlage<br />
2003: Kessel MK5: (mit Anschluß an<br />
Rauchgasreinigungsanlage Kessel 2-3)<br />
2004: Stilllegung Kessel 1<br />
z.Zt.: Bau Kessel 6 als Ersatz für Kessel 2 u.3<br />
Inbetriebnahme Ende 2009<br />
Abfallarten Hausmüll, Sperrmüll, Gewerbeabfall,<br />
energetische Verwertung<br />
Durchschnittlicher Heizwert in kJ/kg rd. 10.500<br />
Entsorgungssicherheit für Einwohner rd. 1.900.000<br />
Jahresdurchsatz in Mg/a 550.000<br />
Verbrennungseinheiten 4<br />
Feuerung<br />
MK 2-4: Vorschubrost - MK5: Vorschub-<br />
Kipprost<br />
Feuerraumgestaltung MK 2: Mittelstrom - MK 3+4: Gleichstrom -<br />
MK5: Gegenstrom<br />
Frischdampfproduktion in Mg/a bei bar/°C 1.785.000 bei 80 / 500 (K2; K3; K4) u.<br />
25bar/260<br />
<strong>Strom</strong>abgabe in kWh/a rd. 135.000.000<br />
Fernwärmeabgabe in kWh/a 420.000.000<br />
Abluft in m³/h max. 437.000<br />
Rauchgasreinigungsverfahren Staubfilter - 2-stufige Wäsche - Katalysator -<br />
Aktivkoks-Adsorber<br />
Rauchgasreinigungsprodukte in Mg/a Filterstaub: 13.009 - REA-Salze bei Kessel 2-<br />
3: 3.897 - HCl (Rohsäure + HCL-Rückstand)<br />
bei Kessel 4: 6.583<br />
Schlacke in Mg/a 145.335<br />
Tabelle 6.8.5-1: Kenndaten des MHKW Mannheim
Bild 6.8.5-1:<br />
Gesamtansicht des MHKW Mannheim<br />
113
Bild 6.8.5-2:<br />
Querschnitt des MHKW Mannheim<br />
1 Bunker → 2 Müllaufgabe → 3 Aufgaberost → 4 Verbrennungsrost → 5 Entschlackung → 6 Dampferzeuger → 7 fremdbefeuerter Überhitzer → 8 Einspritzkühler<br />
9 Staubfilter → 10 Saugzuggebläse → 11 Zweistufige Rauchgaswäsche → 12 Wärmetauscher → 13 Druckerhöhungsgebläse → 14 Wärmetauscher<br />
15 Wärmetauscher → 16 Katalysator → 17 Aktivkoksfilter → 18 Kamin<br />
114
115<br />
6.8.6 Stuttgart-Münster (Restmüllheizkraftwerk)<br />
Inbetriebnahme 1965<br />
Weitere Maßnahmen/Erweiterungen<br />
Abfallarten<br />
1971: Zubauten Kessel,<br />
1994: Rauchgasreinigungsanlage;<br />
1993: Ersatzkesselanlage,<br />
1997: Bau eines separaten Müllbunkers mit<br />
Scheren;<br />
2007: zwei Ersatzkessel;<br />
Altkessel seit Ende 2007 stillgelegt<br />
Hausmüll, Sperrmüll, (Gewerbeabfall)<br />
Durchschnittlicher Heizwert in kJ/kg 10.002<br />
Entsorgungssicherheit für Einwohner > 2.900.000<br />
Jahresdurchsatz in Mg/a 444.929<br />
Sperrmüllzerkleinerung<br />
5 Rotorscheren Fab. SID<br />
Verbrennungseinheiten 3<br />
Feuerung<br />
Feuerraumgestaltung<br />
1x Walzenrost, 2x Vorschubrost<br />
1 x Gleichstrom, 2 x Mittelstrom<br />
Frischdampfproduktion in Mg/a bei bar/°C 1.279.429 bei 60 / 520<br />
<strong>Strom</strong>abgabe in kWh/a<br />
220.649.700 netto<br />
Fernwärmeabgabe in kWh/a 490.349.900<br />
Abluft in m³/h<br />
Rauchgasreinigungsverfahren<br />
Rauchgasreinigungsprodukte in Mg/a<br />
Schlacke in Mg/a<br />
Schrottmenge<br />
3 x 150.000 (max)<br />
E-Filter zur Staubascheidung,<br />
Abwasserlose Nasswäsche mit<br />
Sprühtrocknung und Katalysatoranlage<br />
(SCR)<br />
Flugasche: 14.484 t/a<br />
Natrium-Mischsalze: 4.166 t/a<br />
92.224 t/a (incl.Schrott)<br />
10 % in Schlacke<br />
Tabelle 6.8.6-1: Kenndaten des Restmüllheizkraftwerks Stuttgart-Münster
Bild 6.8.6-1:<br />
Gesamtansicht des RMHKW Stuttgart-Münster<br />
116
Bild 6.8.6-2:<br />
Vereinfachter Schnitt durch das Rauchgasreinigungssystem des RMHKW Stuttgart Münster<br />
1 Sprühtrockner<br />
5 Waschturm<br />
8 Wärmetauscher<br />
2 E-Filter<br />
3 Wärmetauscher<br />
6 Druckerhöhungsgebläse<br />
7 Katalysatoren<br />
9 Kalksilo<br />
10 Reststoffsilo<br />
117<br />
4 Quench