LG Frankfurt vom 01.07.2013 – 5/27 Qs 41/13
LG Frankfurt vom 01.07.2013 – 5/27 Qs 41/13
LG Frankfurt vom 01.07.2013 – 5/27 Qs 41/13
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Landgericht <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
5/<strong>27</strong> <strong>Qs</strong> <strong>41</strong>/<strong>13</strong><br />
2<strong>13</strong> Js 16630/<strong>13</strong> — 995 Cs<br />
Amtsgericht <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
Beschluss<br />
In der Strafsache<br />
gegen<br />
geboren am<br />
zuletzt wohnhaft<br />
Staatsangehörigkeit: Philippinisch<br />
Verteidigerin:<br />
Frau Rechtsanwältin Stephanie Weh, Wildunger Str. 2, 60487 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />
wegen unerlaubter Einreise ohne Aufenthalt<br />
Auf die Beschwerde des Beschuldigten <strong>vom</strong> 03.06.20<strong>13</strong> wird der Beschluss des<br />
Amtsgerichts <strong>Frankfurt</strong> am Main <strong>vom</strong> <strong>27</strong>.05.20<strong>13</strong> aufgehoben und dem Beschuldigten<br />
Rechtsanwältin Stefanie Weh, <strong>Frankfurt</strong> am Main, als Pflichtverteidigerin beigeordnet.<br />
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen<br />
Auslagen des Beschuldigten hat die Staatskasse zu tragen.<br />
Gründe:<br />
Gegen den zwischenzeitlich in sein Heimatland abgeschobenen Beschuldigten wird ein<br />
Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz geführt. Ihm wird vorgeworfen,<br />
sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 1 S. 1 Aufenthaltsgesetz im Bundesgebiet<br />
aufgehalten zu haben, obwohl er vollziehbar ausreisepflichtig und seine Abschiebung<br />
nicht ausgesetzt gewesen sei.<br />
insoweit nat das Amtsgericht hrankturt am Main am 18.04.20<strong>13</strong> Strafbefehl erlassen und<br />
darin eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,00 € festgesetzt. Gegen den Strafbefehl<br />
hat der Beschuldigte am <strong>13</strong>.05.20<strong>13</strong> fristgemäß durch seine Verteidigerin Einspruch einge-
•<br />
legt hat. Gleichzeitig hat die Verteidigerin im genannten Schriftsatz ihre Beiordnung zur<br />
Pflichtverteidigerin des Beschuldigten beantragt.<br />
Mit dem angefochtenen Beschluss vorn <strong>27</strong>.05.20<strong>13</strong> lehnte das Amtsgericht die Beiordnung<br />
ab, weil die Voraussetzungen nach § 140 Abs. 2 StPO nicht vorlägen.<br />
2<br />
Zur Begründung der Beschwerde wird insbesondere vorgetragen, dass sich der Beschuldigte<br />
im Ausland aufhalte und er an der Hauptverhandlung aufgrund der Sperrwirkung des § 11<br />
Aufenthaltsgesetz nicht teilnehmen könne. Zudem würden dem Beschuldigten deutsche<br />
Sprachkenntnisse fehlen, die durch die bloße Hinzuziehung eines Dolmetschers nicht zu<br />
kompensieren seien, da die Rechtslage auch für einen Deutschen kaum nachvollziehbar<br />
wäre.<br />
Die zulässige Beschwerde ist begründet.<br />
Zur Sicherstellung der Verteidigungsinteressen des Beschuldigten und eines fairen Verfahrens<br />
ist hier die Bestellung eines Verteidigers notwendig. Zwar war die Sach- und Rechtslage<br />
zunächst einfach und aufgrund der Vorgeschichte auch für den Beschuldigten überschaubar.<br />
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ergeben jedoch vorliegend die Gesamtschau<br />
aller Verfahrensumstände und dabei insbesondere der Verfahrensfortgang, dass<br />
die Mitwirkung eines Verteidigers nunmehr geboten ist. Die rechtliche Schwierigkeit gern.<br />
§ 140 Abs. 2 S. 1 StPO ergibt sich jetzt daraus, dass gegen den Beschuldigten, der zwischenzeitlich<br />
in sein Heimatland abgeschoben wurde, ein Einreiseverbot in die Bundesrepublik<br />
besteht. Demgemäß bedarf er für die Teilnahme an der Hauptverhandlung einer besonderen<br />
Betretenserlaubnis nach § 11 Abs. 2 S. 1 Aufenthaltsgesetz. Er ist aber zum einen<br />
wegen seiner fehlenden deutschen Sprachkenntnisse und zum anderen wegen fehlender<br />
Kenntnisse des deutschen Ausländerrechts ohne Hilfe eines Verteidigers überhaupt nicht in<br />
der Lage, hier Interesse wahrend tätig zu werden, indem er bei den zuständigen Stellen die<br />
entsprechenden Anträge stellt. Dies schränkt die eigenen Verteidigungsmöglichkeiten des<br />
Angeklagten gravierend ein, da er eben, anders als ein Inländer, nicht ohne Weiteres an der<br />
Hauptverhandlung teilnehmen kann, selbst wenn er dies möchte. Umgekehrt kann er auch in<br />
seinem Heimatland zur Hauptverhandlung ordnungsgemäß geladen werden und muss sich<br />
dies im Falle seines unentschuldigten Nichterscheinens in der Hauptverhandlung auch (zu<br />
seinen Lasten) zurechnen lassen. Der Verzicht auf die Beiordnung eines Pflichtverteidigers<br />
würde folglich faktisch bedeuten, dass der Einspruch des Beschuldigten gegen den Beschuldigten<br />
in der noch anzuberaumenden Hauptverhandlung nach § <strong>41</strong>2 StPO erledigt werden<br />
würde. Mit effektivem Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) hätte dies dann natürlich nichts mehr<br />
zu tun.<br />
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 467 Abs. 1,<br />
473 Abs. 3 StPO.<br />
<strong>Frankfurt</strong> am Main, <strong>01.07.20<strong>13</strong></strong><br />
Landgericht — <strong>27</strong>. Strafkammer<br />
El Duwaik<br />
Rögler Dr. Wagner<br />
Vors. Richter am Landgericht Richter am Landgericht Richterin am Landgericht