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D I E Z E I T S C H R I F T F Ü R A U S L A N D S C H W E I Z E R<br />
A U G U S T 2 0 0 8 / N R . 4<br />
Die Welt Soll Swissness das ohne Volk Armut den<br />
bleibt Bundesrat ein Traum wählen?<br />
der Knorrli und andere<br />
Christophe In Lausanne Keckeis: steht das<br />
helvetische «Dienen «Haus der und Athleten» Eigenheiten<br />
verschwinden»?<br />
Diego Euro 08: Mathier Städte wurde im<br />
Winzer Ausnahmezustand<br />
des Jahres 2007
E D I T O R I A L<br />
I N H A L T<br />
3<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Foto o.r.: Olivier Jeannin<br />
Städte im Ausnahmezustand<br />
Weit über 100 000 holländische Fussballfans besuchten Bern und Basel während<br />
der Fussball-Europameisterschaft und tauchten die beiden Städte in die Farbe<br />
Orange. Wer dabei war, wird noch lange von dieser friedlichen Invasion im Zeichen<br />
des Fussballs erzählen. Es drängten sich so viele, in orange T-Shirts gekleidete Menschen<br />
durch die Strassen und Gassen, dass die öffentlichen Verkehrsmittel in den beiden<br />
Städten den Betrieb teilweise einstellen mussten: Wohin das Auge reichte, standen Menschen,<br />
welche die Nationalfarben Hollands trugen und sich als Fans ihrer Fussballnationalmannschaft<br />
zu erkennen gaben.<br />
In Basel wurden allein vor, während und nach dem Spiel Holland–Russland 500 000<br />
Liter Bier getrunken. Die Stadtreinigung musste nach dem Wegzug der 150 000 bis<br />
180 000 Holländer und der 10 000 Russen 40 Tonnen Müll entsorgen. 800 Personen wurden<br />
medizinisch versorgt und 65 mussten in Spitalpflege gebracht werden. 50 Delinquenten<br />
wurden von der Basler Polizei verhaftet. Alles in Allem waren sowohl die Veranstalter<br />
als auch die Sicherheitsleute sehr zufrieden nach dem Fussballfest, das die halbe Stadt<br />
in Beschlag genommen und in einen Ausnahmezustand versetzt hatte.<br />
Im Vorfeld des grössten Sportanlasses, der je in der Schweiz stattgefunden hat, berechneten<br />
die Veranstalter, dass die Euro 08 der Schweiz 1,5 Milliarden an Einnahmen<br />
bringen werde. Diese Aussichten liess vielen Geschäftsleuten das Wasser im Mund zusammenlaufen.<br />
Doch da zu Beginn der Europameisterschaft das Wetter nicht mitspielte<br />
und sich allgemein weniger Menschen in den zahlreichen Fanzonen aufhielten, blieben<br />
viele Standbetreiber, die in Zürich beispielsweise 15 000 Franken Platzgebühr bezahlen<br />
mussten, auf ihren Würsten und den vollen Bierharassen sitzen.<br />
Viel Unmut lösten in der Bevölkerung auch die Forderungen der UEFA aus, die von<br />
den Behörden alle erfüllt werden mussten. So wurden selbst denkmalgeschützte Bauten<br />
zu Werbeträgern von Sponsoren, die Wirte in den Fanzonen wurden zum Verkauf von<br />
Carlsberg-Bier verknurrt, und sogar Tenuevorschriften mussten eingehalten werden: In<br />
den Fanzonen wurden nur T-Shirts mit Werbeaufdrucken von<br />
Sponsoren geduldet. Wer ein Heineken-Shirt trug, hatte sich umzuziehen…<br />
Zudem musste sich die Bevölkerung während Wochen<br />
auf dem Gang durch die Städte zwischen Verkaufsständen, mobilen<br />
Toiletten und Tribünen für das Public Viewing hindurch schlängeln.<br />
Schliesslich wurde in der Bevölkerung auch kaum verstanden,<br />
weshalb die UEFA – neben der FIFA eine der erfolgreichsten Geldmaschinen<br />
im internationalen Sport – von den Vorteilen eines ge-<br />
Heinz Eckert<br />
meinnützigen Vereins profitiert und deshalb die Einnahmen von 1,2 Milliarden Franken<br />
nicht versteuern muss.<br />
Was die Euro 08 der Schweiz an Nachhaltigem gebracht hat, wird wohl nie zu beziffern<br />
sein. Sicher haben viele Wirte und Hoteliers gute Geschäfte gemacht. Doch ganz sicher<br />
hat das Land durch das Fussballfest weder die wirtschaftliche noch die emotionale<br />
Schubkraft erhalten, die von den Organisatoren prophezeit worden war. Wie und weshalb<br />
hätte dies auch geschehen sollen?<br />
Imagemässig hat die Euro 08 dem Ausland wohl nur das bestätigt, was alle schon gewusst<br />
haben: dass die Schweiz ein schönes, sauberes und gut funktionierendes Land ist.<br />
HEINZ EC KER T, C HEFREDAK T OR<br />
Der Autofriedhof im Gürbetal, BE (Seite 7).<br />
5<br />
Briefkasten<br />
5<br />
Gelesen: Wörterbücher für Mundart<br />
7<br />
Gesehen: Der Autofriedhof von Kaufdorf<br />
8<br />
Pro und kontra Volkswahl des Bundesrates<br />
11<br />
Politik<br />
12<br />
Aus dem Bundeshaus<br />
14<br />
Das Olympische Museum von Lausanne<br />
16<br />
ASO-Informationen<br />
18<br />
Rückblick auf die Euro 08<br />
19<br />
Echo<br />
Titelbild:<br />
Offizielles Bundesrats-Foto <strong>2008</strong><br />
IMPRESSUM: «<strong>Schweizer</strong> <strong>Revue</strong>», die Zeitschrift für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, erscheint im 35. Jahrgang in deutscher, französischer, italienischer, englischer<br />
und spanischer Sprache in 14 regionalen Ausgaben und einer Gesamtauflage von rund 400 000 Exemplaren. Regionalnachrichten erscheinen viermal im Jahr.<br />
■ REDAK TION: Heinz Eckert (EC), Chefredaktor; Rolf Ribi (RR); René Lenzin (RL); Alain Wey (AW); Rahel <strong>Schweizer</strong> (RS), Auslandschweizerdienst EDA, CH-3003 Bern, verantwortlich<br />
für «Aus dem Bundeshaus». Übersetzung: CLS Communication AG ■ POS T ADRESSE: Herausgeber/Sitz der Redaktion/Inseraten-Administration: Auslandschweizer-Organisation,<br />
Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +4131356 6110, Fax +4131356 61 01, PC 30-6768-9. Internet: www.revue.ch ■ E - M A I L : revue@aso.ch ■ DRUC K: Zollikofer AG, CH-9001 St.Gallen.<br />
■ ADRESS ÄNDERUNG: Bitte teilen Sie Ihre neue Adresse Ihrer Botschaft oder Ihrem Konsulat mit und schreiben Sie nicht nach Bern.<br />
Einzelnummer CHF 5.– ■
www.revue.ch<br />
Wir freuen uns auf Ihren online-Besuch.
B R I E F K A S T E N<br />
G E L E S E N<br />
5<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Ständiger Begleiter<br />
Das Schöne an Zeitungen ist,<br />
dass man sie überall mit hin<br />
nehmen kann: in den Bus, in<br />
den Garten, ins Wartezimmer<br />
des Zahnarztes oder in die<br />
Badewanne. Die «<strong>Schweizer</strong><br />
<strong>Revue</strong>» mit ihren vielseitigen<br />
Artikeln ist für mich ein ständiger<br />
Begleiter, auf den ich nicht<br />
verzichten möchte. Ich hoffe<br />
von Herzen, dass ihr Erscheinen<br />
in dieser Form uns Auslandschweizern<br />
erhalten bleibt<br />
und freue mich schon auf die<br />
nächste Ausgabe!<br />
MARGI-MARIA DAHM, MÜNS TER,<br />
DEUT SC HL AND<br />
Feuchtes Weltbild<br />
Der Leserbrief von Adrian<br />
H. Krieg (3/08) darf nicht unwidersprochen<br />
bleiben. Ich<br />
würde mich keineswegs als Linken<br />
bezeichnen, aber die<br />
«<strong>Schweizer</strong> <strong>Revue</strong>» als «Propagandainstrument<br />
für die politische<br />
Linke und Multikulturalität»<br />
zu bezeichnen, ist doch<br />
schon ziemlich daneben. Aber<br />
der Hintergrund ist klar: Wer<br />
nicht den offensichtlich geliebten<br />
Herrn Blocher zelebriert,<br />
ist «links». Damit ist ja auch ein<br />
Teil der SVP abgeschrieben.<br />
Herr Krieg - omen est nomen -<br />
führt offensichtlich Krieg gegen<br />
alles was anders denkt als<br />
er. Dritt-Weltländer als faul<br />
und dumm zu bezeichnen ist<br />
nicht nur sprachlich Unsinn.<br />
Aber es ist mir schlicht zu blöd<br />
einem Menschen etwas zu erklären,<br />
dessen Weltbild offensichtlich<br />
durch das Leben in<br />
Florida schon ein bisschen angefeuchtet<br />
ist.<br />
HEINZ LYNER, PRAG, T SC HEC HISC HE<br />
REPUBLIK<br />
Schlechter Geschmack<br />
Ich freute mich sehr, als ich die<br />
Juni-Ausgabe der «<strong>Schweizer</strong><br />
<strong>Revue</strong>» erhielt ... bis ich auf den<br />
Brief von A. H. Krieg aus Florida<br />
stiess, dessen Worte bei<br />
mir einen üblen Nachgeschmack<br />
hinterliessen. Ich fragte<br />
mich sogar, ob es sich dabei um<br />
einen echten Brief handelte.<br />
Wie auch immer unsere Ansichten<br />
sind, das Entscheidende ist,<br />
dass wir alle auf dem gleichen<br />
Planeten leben und für unser<br />
Überleben letztlich alle voneinander<br />
abhängig sind. Dies wird<br />
in den kommenden Jahren immer<br />
klarer werden, wenn sich die<br />
Klimaveränderung auch auf die<br />
privilegierten Bewohner des<br />
Westens auswirken wird.<br />
Ich hoffe, dass sich Herr Krieg<br />
– trotz seiner vergleichsweise<br />
zweifellos privilegierten Ausgangslage<br />
– dessen bewusster<br />
wird, bevor er sich das Pauschalurteil<br />
anmasst, die Nationen der<br />
Dritten Welt müssten wohl<br />
«faul» und «dumm» sein. Vielleicht<br />
sollte er mehr reisen, zumindest<br />
aber die Gestade der<br />
Fremdenfeindlichkeit und Beschränktheit<br />
verlassen. Solche<br />
Ansichten tragen nur dazu bei,<br />
der Schweiz im Ausland einen<br />
schlechten Ruf zu verschaffen,<br />
und sie bewirken, dass ich mich<br />
beim Gedanken daran, <strong>Schweizer</strong>in<br />
zu sein, traurig und beschämt<br />
fühle.<br />
ES THER A . AUS TIN, MANC HES TER,<br />
GROSSBRITANNIEN<br />
Keep up the good work<br />
Ich bin ein begeisterter Leser<br />
Ihrer Zeitschrift «<strong>Schweizer</strong><br />
<strong>Revue</strong>». Als langjähriger Auslandschweizer<br />
(UK, USA, Japan<br />
und nun seit zehn Jahren in<br />
Kanada) freue ich mich jedes<br />
Mal auf Ihre Ausgaben.<br />
In meiner Funktion als Präsident<br />
der Swiss Canadian Chamber<br />
of Commerce (SCCC) in<br />
Toronto habe ich den Eröffnungsanlass<br />
Euro Soccer <strong>2008</strong><br />
organisiert. Als Fussballfan hat<br />
mich natürlich das Interview mit<br />
Umberto Barberis in der April-<br />
Ausgabe besonders gefreut.<br />
Keep up the good work und<br />
vielen Dank für die jeweils interessanten<br />
«news».<br />
ERNS T NO TZ, T ORONT O, KAN ADA<br />
Warum sprechen so wenige Romands <strong>Schweizer</strong>deutsch, obschon<br />
sie in der Schule doch Hochdeutsch gelernt haben?<br />
Eine heikle, aber durchaus gerechtfertigte Frage. Man könnte<br />
zu Recht antworten, <strong>Schweizer</strong>deutsch sei eine mündliche<br />
und keine geschriebene Sprache und eine lebendige, sich<br />
ständig weiterentwickelnde noch dazu. Bisher fehlte auch<br />
ein vergnügliches Lehr- und Wörterbuch, das Französisch-,<br />
aber auch Englisch- und Deutschsprachigen Unterstützung<br />
bot. Die Idee für ein solches Buch entstand aus der Begegnung<br />
des anglokolumbianischen Zeichners Sergio J. Lievano<br />
mit der Deutschlehrerin Nicole Egger in Zürich. Der Zeichner<br />
fand in den Deutschkursen nicht das, was er für die Kommunikation<br />
im Alltag benötigte, deshalb lernte er bei seiner Lehrerin<br />
direkt <strong>Schweizer</strong>deutsch. Diese Zusammenarbeit gab<br />
den Impuls für die Erarbeitung der englisch-schweizerdeutschen<br />
Originalversion des Buchs. Das Ergebnis besticht durch seinen Humor<br />
und die illustrativen Cartoons. Sergio J. Lievano arbeitet als<br />
Pressezeichner für den «Zürcher Oberländer» und den «Anzeiger<br />
von Uster» und der Humor gehört zu seinem Handwerkszeug. Der<br />
Übersetzer Laurent Droz drückt es so aus: «Das Wörterbuch «Hoi<br />
Zäme» macht es möglich, sich ohne grosse Anstrengung und mit<br />
einem Schmunzeln ins <strong>Schweizer</strong>deutsche zu vertiefen.» Das Buch<br />
verrät verschiedene Tipps und Tricks, wie man eine Brücke vom<br />
Deutschen zum <strong>Schweizer</strong>deutschen schlagen kann. In Teil I bietet<br />
es eine Einführung ins <strong>Schweizer</strong>deutsche, in seine Geschichte,<br />
seine geografische Verbreitung und seine regionalen Eigenheiten.<br />
Von der «Geschichte der Dialekte» bis zu «Warum sprechen <strong>Schweizer</strong><br />
nicht gerne Hochdeutsch?» spricht «Hoi Zäme» verschiedene<br />
praktische Aspekte an, die helfen, sich im Land des Liedermachers<br />
Mani Matter zurechtzufinden. Teil II enthält die Grundausstattung<br />
mit über 2000 im Alltag gebräuchlichen Wörtern und Redewendungen,<br />
die nach Themen geordnet sind: Geplauder, Einladungen,<br />
Liebe, richtige Worte für spezielle Momente, Arbeit, Telefon, E-Mail<br />
und SMS, Postamt, Medien, Essen und Trinken, Gesundheit, der<br />
Körper, Gefühle, Notfall, Polizei, Einkaufen, Kleidung, Geld und<br />
Banken, Reisen, Transport, Richtungen, Hotel, im Freien, Unterhaltung,<br />
Familie, Babys, Alter, Wohnen, Heim, Nachbarn und Wohnungsvermittler,<br />
Zahlen, Toiletten, Bildung, Farben, Tiere, Zeit,<br />
Wetter und Temperatur usw. In Teil III folgen noch ein Kapitel zum<br />
<strong>Schweizer</strong> Slang, den <strong>Schweizer</strong> Redensarten sowie das Wörterbuch<br />
mit 1500 Stichwörtern. Dort kann man beispielsweise nachschlagen,<br />
dass «zuhören» auf <strong>Schweizer</strong>deutsch «losä» heisst. <strong>Schweizer</strong>deutsche<br />
Ausdrücke sind oft lustig und<br />
klangvoll. So wird zum Beispiel ein versnobter<br />
Mensch als «Schickimicki» bezeichnet.<br />
AL AIN WEY<br />
Sprachbrücken<br />
«HOI ZÄME – <strong>Schweizer</strong>deutsch leicht gemacht»,<br />
N. Egger & S. Lievano, Bergli Books, 2006.<br />
«HOI – your Swiss German survival guide»,<br />
N. Egger & S. Lievano, Bergli Books, 2005.<br />
«HOI! ET APRÈS... Manuel de survie en suisse<br />
allemand», Nicole Egger & Sergio J. Lievano,<br />
Übersetzung Laurent Droz, Bergli Books, <strong>2008</strong>.<br />
www.bergli.ch
G E S E H E N<br />
7<br />
Letzte Ruhestätte für Autos. In Kaufdorf im Berner Gürbetal befindet<br />
sich der wohl seltsamste Friedhof der Welt. Verrostet und mit Moos<br />
überwachsen stehen dort schier endlose Reihen ausgemusterter Autos.<br />
Vor 60 Jahren begann Walter Messerli, Rennfahrer und Schrotthändler,<br />
Oldtimer auf der Wiese am Dorfrand zu deponieren. Nach jahrelangen<br />
Streitereien soll der Autofriedhof jetzt geräumt werden.<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Fotos: Aus dem Bildband «Park» von Olivier Jeannin/Hervé Stadelmann<br />
144 Seiten, Fr. 85.–, zu bestellen auf: www.park-livre.ch
8<br />
B U N D E S R A T S W A H L E N<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Bilder: Bundeskanzlei<br />
Soll das Volk den Bundesrat wählen?<br />
Seit der Gründung unseres Bundesstaates steht die Volkswahl<br />
des Bundesrates immer wieder auf der politischen Traktandenliste.<br />
Eine angekündigte Volksinitiative verlangt diesen Ausbau<br />
der direkten Demokratie. Es gibt gute Gründe für die Mitwirkung<br />
des Volkes, aber auch nachhaltige Bedenken. Von Rolf Ribi<br />
«Volkswahl heisst Volkswohl»<br />
stand auf dem Plakat<br />
der Zürcher Sozialdemokraten<br />
im Jahr 1900. Gemeint<br />
war die Wahl des<br />
Bundesrates durch das<br />
<strong>Schweizer</strong>volk. Was die politische<br />
Linke im letzten<br />
Jahrhundert bewegte, wird<br />
heute von der politischen<br />
Rechten gefordert. Es war<br />
der damalige Nationalrat<br />
Christoph Blocher, der 1998<br />
die Wahl der Landesregierung<br />
durch die Bürgerinnen<br />
und Bürger verlangte. Die<br />
Volksinitiative der <strong>Schweizer</strong>ischen<br />
Volkspartei (SVP) liegt heute gemäss<br />
dem Parteipräsidenten Toni Brunner<br />
«unterschriftsreif in der Schublade».<br />
Es ist schon so, wie der Staatsrechtsprofessor<br />
Alfred Kölz schrieb: «Die Frage der<br />
Einführung der Volkswahl unserer Landesregierung<br />
gleicht einer Glut, die unter wechselnden<br />
politischen Winden periodisch zum<br />
Aufflammen gebracht wird.» Ein kurzer Blick<br />
in die <strong>Schweizer</strong>geschichte der vergangenen<br />
zwei Jahrhunderte zeigt, dass das politisch<br />
brisante Thema die Gemüter der Eidgenossen<br />
immer wieder beschäftigt hat.<br />
Das demokratische Staatswesen unseres<br />
Landes beruht auf den Ideen eines grossen<br />
französischen Denkers und eines berühmten<br />
Genfer Bürgers: Charles de Montesquieu ist<br />
der Begründer des Gedankens der staatlichen<br />
Gewaltentrennung und des modernen<br />
Verfassungsstaates. Im Jahr 1748 hielt er fest:<br />
«Es ist eine grundsätzliche Maxime dieser<br />
Regierung, dass das Volk seine Minister ernennt.»<br />
Der Genfer Jean-Jacques Rousseau<br />
wollte das Volk in allen Bereichen der Politik<br />
einbeziehen. Die Macht der Regierung<br />
sollte ausgesprochen schwach ausgestaltet<br />
sein, zudem sollten deren Mitglieder jederzeit<br />
vom Volk abberufen werden können.<br />
Als im Jahr 1848 die erste Bundesverfassung<br />
vorbereitet wurde, beantragte Ulrich<br />
Ochsenbein als Präsident der<br />
Tagsatzung die Volkswahl des<br />
Bundesrates, «weil sie der Einheit<br />
des Landes dient». Sein<br />
Antrag scheiterte, aber nur mit<br />
10 gegen 9 Stimmen. Die Tagsatzung<br />
entschied später mit<br />
klarem Mehr im gleichen Sinne.<br />
Fortan begannen die Kantone,<br />
ihre Regierungen durch das<br />
Volk wählen zu lassen. Zwischen<br />
1847 (Genf) und 1921<br />
(Freiburg) hatte sich in allen<br />
Kantonen die Volkswahl der<br />
Kantonsregierung durchgesetzt.<br />
Linke Volksinitiativen<br />
Zwei Volksinitiativen von 1900 und 1942<br />
brachten das Thema der Bundesratswahl zurück<br />
auf das eidgenössische Parkett. Das<br />
erste Volksbegehren wollte die Volkswahl der<br />
Regierung, die Erhöhung der Anzahl Bundesräte<br />
auf neun, wovon «wenigstens zwei<br />
Mitglieder der romanischen Schweiz», sowie<br />
das Proporzwahlrecht für den Nationalrat.<br />
Die Befürworter argumentierten so: Das<br />
Volk ist fähig, die besten Männer auszuwählen;<br />
die Volkswahl der Regierung hat sich in<br />
den Kantonen bewährt; der Bundesrat wird<br />
unabhängiger vom Parlament; die Volkswahl<br />
bildet «den Schlussstein des demokratischen<br />
Ausbaus unseres Staatswesens». Die Argumente<br />
der Gegner: Der Bundesrat erhält zu<br />
viel Gewicht gegenüber dem Parlament; der<br />
Einfluss der kleinen Kantone nimmt ab; die<br />
Spaltung der Landesteile wird ausgeprägter.<br />
Den linken Befürwortern<br />
ging es namentlich darum,<br />
sich mit der Volkswahl einen<br />
Anteil an der Regierungsmacht<br />
zu sichern. Die<br />
Doppelinitiative der Sozialdemokraten<br />
wurde bei<br />
einer hohen Stimmbeteiligung<br />
mit 65 Prozent Neinstimmen<br />
abgelehnt, aber<br />
immerhin sieben Kantone und zwei Halbkantone<br />
nahmen die Initiative an.<br />
Mitten in der schwierigen Zeit des Zweiten<br />
Weltkriegs kam es 1942 zu einem weiteren<br />
Plebiszit über die Wahl des Bundesrates.<br />
Das sozialdemokratische Volksbegehren verlangte<br />
die Volkswahl der Regierung von neun<br />
Mitgliedern, davon «mindestens drei aus den<br />
lateinischen Sprachgebieten». Wahlfähig ist<br />
jeder <strong>Schweizer</strong> Bürger, der von mindestens<br />
30 000 Stimmberechtigten vorgeschlagen<br />
wird. Die Argumente der Befürworter: Ausbau<br />
der Demokratie und der demokratischen<br />
Volksrechte; ein dem Volk verpflichteter<br />
Bundesrat; Abbau des Einflusses des «Grosskapitals».<br />
Die politischen Gegenargumente:<br />
Die Stärkung des Bundesrates gegenüber<br />
dem Parlament stört das Gleichgewicht der<br />
Institutionen; die Berücksichtigung der Minderheiten<br />
ist schwierig; es können «unverantwortliche<br />
Kräfte» in die Regierung gelangen.<br />
Die Volksinitiative wurde bei einer<br />
hohen Stimmbeteiligung mit 68 Prozent<br />
Neinstimmen und von allen Kantonen abgelehnt.<br />
«Volk nicht dümmer»<br />
Doch die «Glut» einer Volkswahl des Bundesrates<br />
mottete weiter. Vorstösse im Parlament<br />
von rechts (Nationalrat James Schwarzenbach<br />
von der Republikanischen Partei)<br />
und von links (die Nationalräte Leni Robert<br />
von den Grünen und Andrea Hämmerle von<br />
den Sozialdemokraten) stiessen auf Ablehnung.<br />
Doch 1998 lancierte der mächtige<br />
SVP-Nationalrat Christoph Blocher seinen<br />
Vorschlag einer Volkswahl des Bundesrates:<br />
Die Regierung müsse dem direkten demokratischen<br />
Urteil des Volkes unterstehen,<br />
«denn das Volk ist nicht dümmer als das Parlament».<br />
Zwei Jahre später lag das Grundlagenpapier<br />
von SVP-Nationalrat Christoph<br />
Mörgeli vor.<br />
Die «Vervollständigung der Demokratie»<br />
und die «stärkere Trennung der staatlichen<br />
Gewalten» bilden darin den ideellen Hintergrund.<br />
Bei der heutigen Ordnung sei der
9<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Bundesrat in erster Linie dem Parlament Rechenschaft<br />
schuldig. Mit der Volkswahl des<br />
Bundesrates werde die Regierung direkt den<br />
Stimmbürgern verantwortlich. So soll der<br />
neue Artikel 175 der Bundesverfassung aus<br />
der Sicht der SVP-Strategen aussehen: Der<br />
Bundesrat besteht aus sieben Mitgliedern.<br />
Diese werden vom Volk in direkter Wahl<br />
nach dem Grundsatz der Mehrheit (Majorz)<br />
bestimmt. Die ganze Schweiz bildet einen<br />
Wahlkreis. Mindestens<br />
zwei Mitglieder<br />
des Bundesrates<br />
werden<br />
von den Wählern<br />
der Kantone Freiburg,<br />
Tessin,<br />
Waadt, Wallis,<br />
Neuenburg, Genf<br />
und Jura bestimmt.<br />
Eine Wahl des<br />
B u n d e s r a t e s<br />
durch das Volk<br />
anstelle des Parlamentes<br />
wirft<br />
grundsätzliche<br />
staatspolitische<br />
Fragen auf. Diese<br />
betreffen namentlich die Stellung des Bundesrates<br />
und sein Verhältnis zum Parlament,<br />
den Schutz der sprachlichen Minderheiten<br />
und die politische Stabilität im Land.<br />
Bundesrat und Parlament<br />
«Der Bundesrat ist die oberste vollziehende<br />
und leitende Behörde des Bundes.» So steht<br />
es im Artikel 174 der Bundesverfassung von<br />
1999. Zum Mitglied der Landesregierung<br />
sind alle <strong>Schweizer</strong>innen und <strong>Schweizer</strong><br />
wählbar, die in den Nationalrat gewählt werden<br />
können (also mit <strong>Schweizer</strong> Bürgerrecht<br />
und mindestens 18 Jahre alt). Die Verfassung<br />
erlaubt, aus dem gleichen Kanton mehr als<br />
ein Mitglied zu wählen. Das Parlament muss<br />
aber auf die verschiedenen Landesgegenden<br />
und Sprachregionen Rücksicht nehmen.<br />
Die Mitglieder des Bundesrates sind für<br />
vier Jahre fest gewählt, sie können während<br />
ihrer Amtszeit nicht abberufen werden. Gewählt<br />
wird die Regierung von der Vereinigten<br />
Bundesversammlung. Die 200 Mitglieder<br />
des Nationalrates und die 26 Vertreter<br />
der Kantone im Ständerat wählen jedes Mitglied<br />
der Regierung einzeln und in geheimer<br />
Wahl. Das Parlament hat die verfassungsmässige<br />
Pflicht zur Aufsicht über die Regierung.<br />
Damit besitzt die Legislative<br />
eine bevorzugte Stellung<br />
gegenüber der Exekutive,<br />
was dem Gedanken der<br />
Macht- und Gewaltenteilung<br />
widerspricht. Weil der<br />
Bundesrat gegenüber dem<br />
Parlament verantwortlich<br />
ist, schwächt das seine Legitimation<br />
gegenüber dem<br />
Volk.<br />
Im politischen Alltag ist<br />
der Bundesrat allerdings ein<br />
starkes Organ unseres<br />
Staatswesens. Die internationale<br />
Verflechtung der<br />
Schweiz und die Fachkompetenz<br />
der Bundesverwaltung stärken die<br />
Stellung der Regierung. Ihre Entscheide unterliegen<br />
keinem Referendum des Volkes –<br />
im Gegensatz zum Parlament. Verlorene<br />
Volksabstimmungen oder Niederlagen im<br />
Parlament führen praktisch nie zum Rücktritt<br />
des zuständigen Magistraten. Der Bundesrat<br />
als Landesregierung ist im Volk populär,<br />
Bundesratswahlen stossen auf ein grosses<br />
öffentliches Interesse.<br />
Wie würde sich die Volkswahl der Bundesräte<br />
auf die Stellung der Regierung auswirken?<br />
Zaccaria Giacometti, der Altmeister<br />
des Bundesstaatsrechts, erkannte in der<br />
Volkswahl des Bundesrates eine «weitere<br />
Stärkung der Exekutive». Der Bundesrat<br />
würde damit «politisch unmittelbar dem<br />
Volke verantwortlich». Eine<br />
Volkswahl entspreche mehr<br />
der demokratischen Idee<br />
und dem Prinzip der<br />
Gewaltentrennung.<br />
Ulrich Häfelin und<br />
Walter Haller, die<br />
Autoren des Werkes<br />
«<strong>Schweizer</strong>isches<br />
Bundesstaatsrecht»,<br />
urteilten so:<br />
«Die Volkswahl würde<br />
dem Bundesrat die gleiche<br />
demokratische Legitimität<br />
verschaffen, wie sie die<br />
Bundesversammlung besitzt.» Bundesrat<br />
und Parlament würden so «einander<br />
gleichgestellt, was im Vergleich zur heutigen<br />
Situation das Parlament noch mehr schwächen<br />
würde».<br />
Für den Staatsrechtsprofessor Alfred Kölz,<br />
Autor der «Neuen <strong>Schweizer</strong>ischen Verfassungsgeschichte»,<br />
nimmt die Bundesversammlung<br />
eine «eher schwache<br />
Position» ein. Er<br />
verweist auf den Milizcharakter<br />
des Parlamentes, das<br />
keine Berufspolitiker kennt.<br />
Die Kernfunktion des Parlamentes,<br />
nämlich die Gesetzgebung,<br />
liege schwergewichtig<br />
bei Bundesrat und<br />
Verwaltung. Die Aufsichtspflicht<br />
gegenüber der Regierung<br />
falle der Bundesversammlung<br />
heute schwer.<br />
«Vor allem diese kardinale<br />
Aufgabe würde durch die<br />
Volkswahl des Bundesrates<br />
massiv erschwert.» Diese<br />
Funktion könne durch das Volk nicht wahrgenommen<br />
werden.<br />
Vorbild der Kantone?<br />
Für die Volkswahl des Bundesrates wird oft<br />
das Vorbild der Kantone angeführt. In der<br />
Tat hat sich in allen Kantonen die Volkswahl<br />
der Regierung schon früh durchgesetzt.<br />
Auch in den politischen Gemeinden ist die<br />
Wahl der Gemeinderäte durch das Volk eine<br />
Selbstverständlichkeit. Die Kantone sind politisch<br />
überschaubare «Einheitsstaaten». Die<br />
für ein Regierungsamt kandidierenden Männer<br />
und Frauen sind im Kanton bekannt.<br />
Anders bei einer Bundesratswahl durch<br />
das Volk: Bei einem einzigen Wahlkreis<br />
Schweiz müssen Bewerber aus allen Landesgegenden<br />
gewählt werden.<br />
Trotz moderner Massenmedien<br />
kann es einem konservativen<br />
Appenzeller<br />
schwerfallen, einen<br />
ihm kaum bekannten<br />
Genfer Liberalen<br />
zum Bundesrat<br />
zu küren. Doch die<br />
«Neue Zürcher Zeitung»<br />
gibt zu bedenken:<br />
«Dass wir in unserer<br />
direkten Demokratie<br />
dem Volk zutrauen, die<br />
schwierigsten Sachfragen zu<br />
entscheiden, kontrastiert mit der Ansicht,<br />
das Volk sei nicht imstande, bei der<br />
Wahl des Bundesrates Vernunft zu üben und<br />
ein gewisses Mass an Konkordanz zu wahren.»<br />
Ein anderes Argument der Gegner einer<br />
Volkswahl: Wenn die Bundesräte alle vier<br />
Jahre durch das Volk gewählt werden, müs-
10<br />
B U N D E S R A T S W A H L E N<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Bilder: Bundeskanzlei<br />
sen sie bei der Wählerschaft<br />
um Sympathie werben. Ein<br />
Wahlkampf schwächt möglicherweise<br />
ihre Arbeitskraft,<br />
begünstigt populäre Regierungsvorlagen,<br />
erfordert finanzielle<br />
Mittel und ermöglicht<br />
so den Einfluss von<br />
Interessengruppen. «Der Personalisierung<br />
der Wahlkämpfe<br />
und allfälligen populistischen<br />
Auswüchsen wären kaum<br />
Grenzen gesetzt», mahnte Alfred<br />
Kölz. Und: Die Volkswahl<br />
des Bundesrates «würde in<br />
Krisenzeiten autoritären Tendenzen<br />
Vorschub leisten».<br />
Schutz der Minderheiten<br />
Föderalismus als «Kultur des Ausgleichs»<br />
und der Schutz der Minderheiten sind im<br />
Volk tief verwurzelt. «Der eidgenössische<br />
Friede hängt davon ab, in welcher Weise die<br />
wichtigsten Sprachen und Regionen durch<br />
die Regierungsmitglieder repräsentiert werden»,<br />
schrieb die frühere liberale Nationalrätin<br />
Suzette Sandoz. Die Bundesversammlung<br />
ist gesetzlich verpflichtet, bei der<br />
Bildung der Regierung auf die politische und<br />
kulturelle Vielfalt des Landes Rücksicht zu<br />
nehmen. Gibt es aber bei einer Volkswahl des<br />
Bundesrates noch einen Schutz der Minderheiten?<br />
Einzelne Kantone haben das Problem des<br />
Schutzes sprachlicher Minderheiten bei der<br />
Volkswahl der Regierung in der Verfassung<br />
gelöst: So der Kanton Bern, wo dem Berner<br />
Jura eine Vertretung im Regierungsrat gewährleistet<br />
ist. So der Kanton Wallis, wo ein<br />
ausgeklügeltes System die Interessen sämtlicher<br />
Teile des Kantons berücksichtigt. Für<br />
den Bund lassen sich ähnliche Modelle denken.<br />
Zum Beispiel die Aufteilung des Landes<br />
in mehrere Wahlkreise oder die Festlegung<br />
von Quoten für Minderheiten. Doch solche<br />
Regeln sind kompliziert und schwächen den<br />
Charakter einer nationalen Wahl.<br />
Gefahr für die Konkordanz<br />
Die Schweiz ist gemäss alt Bundesrat Arnold<br />
Koller eine «Konkordanzdemokratie, die in<br />
unserem Volksbewusstsein tief verankert<br />
ist». Politische Konkordanz bedeutet für ihn,<br />
«dass die grössten politischen Parteien, die<br />
zugleich die Regierung bilden, die politischen<br />
Aufgaben aufgrund eines breiten<br />
Grundkonsenses auf dem Verhandlungsweg<br />
lösen». Den Anfang<br />
der Konkordanzdemokratie<br />
bildete 1943 der<br />
Eintritt der Sozialdemokratischen<br />
Partei in<br />
die Landesregierung.<br />
Ihren Höhepunkt erlebte<br />
die Konkordanz<br />
mit der Zauberformel<br />
von 1959 (zwei FDP-,<br />
zwei CVP-, zwei SPSund<br />
ein SVP-Bundesrat).<br />
Im Dezember<br />
2003 wurde die Zauberformel<br />
mit der Abwahl<br />
der CVP-Bundesrätin<br />
und der Wahl<br />
eines zweiten SVP-Bundesrates nach 44 Jahren<br />
begraben. Für Arnold Koller ist heute<br />
«von politischer Konkordanz nicht mehr viel<br />
übrig geblieben».<br />
Die Konkordanz hat unserem Land eine<br />
bemerkenswerte politische Stabilität ermöglicht.<br />
Zur Konkordanz gehört der Wille der<br />
Regierenden zum Konsens und zur Kollegialität.<br />
Die Wahl des Bundesrates durch das<br />
Volk kann diese Stabilität gefährden, mahnen<br />
einige Stimmen: Es ist für die Demokratie<br />
kein Gewinn, wenn die Bundesräte ständig<br />
um die Gunst der Wählerschaft buhlen<br />
müssen (der frühere Staatsrechtsprofessor<br />
und Ständerat René Rhinow); das gemeinsame<br />
Verantwortungsgefühl der Regierung<br />
wird geschwächt (die frühere Nationalrätin<br />
Suzanne Sandoz); das Werben um die Gunst<br />
der öffentlichen Meinung schadet der Kollegialität<br />
(Ständerat Bruno Frick). Die langjährige<br />
Bundeskanzlerin Annemarie Huber-<br />
Hotz hofft, «dass sich die<br />
Befürworter einer Volkswahl<br />
des Bundesrates bewusst<br />
sind, dass sie mit ihrer Idee<br />
die Stabilität unseres Landes<br />
gefährden könnten».<br />
Heute schon Volkswahl?<br />
Gibt es nicht heute schon<br />
eine Art Wahl der Bundesräte<br />
durch das Volk – nämlich<br />
bei den Parlamentswahlen?<br />
«Blocher stärken, SVP<br />
wählen», stand bei den letzten<br />
Wahlen in den Nationalrat<br />
tausendfach auf Plakaten<br />
in Stadt und Land. Auch die<br />
Christlichdemokratische<br />
Volkspartei (CVP) forderte<br />
in Plakaten auf, für die CVP zu stimmen und<br />
so die Politik von Bundesrätin Doris Leuthart<br />
zu unterstützen.<br />
«Die missbräuchliche Verwendung des<br />
SVP-Plakates zur Unterstützung Blochers<br />
kam einer Initiative zugunsten der Volkswahl<br />
des Bundesrates gleich», schrieb die Liberale<br />
Suzette Sandoz. Die Bundesräte Blocher,<br />
Leuthart und Calmy-Rey seien die «entscheidenden<br />
Zugpferde für ihre Parteien»,<br />
erklärte der Medienwissenschafter Roger<br />
Blum. Und der Philosophieprofessor Georg<br />
Kohler hielt fest: «Die Bundesräte sind die<br />
Hauptdarsteller ihrer Parteien geworden.»<br />
Dass Parteien mit ihren Bundesräten in<br />
den Wahlkampf ziehen, ist das Eine. Dass<br />
aber einzelne Bundesräte die Parlamentswahl<br />
benutzen, um ihren eigenen Regierungssitz<br />
im Volk abzusichern, ist das Andere.<br />
Den Wahlkampf im letzten Jahr kommentierte<br />
die «Neue Zürcher Zeitung»: «Die Nationalratswahlen<br />
wurden quasi als vorgezogene<br />
Volkswahl eines SVP-Bundesrates<br />
inszeniert.» Und Roger Blum hielt fest: «In<br />
einem gewissem Sinne werden heute schon<br />
Volkswahlen für den Bundesrat simuliert.»<br />
Wenn aber Parlamentswahlen immer mehr<br />
zu Bundesratswahlen werden, liegt die Volkswahl<br />
der Bundesräte eigentlich nahe. Bei der<br />
letzten Meinungsumfrage vor vier Jahren waren<br />
immerhin 49 Prozent der <strong>Schweizer</strong>innen<br />
und <strong>Schweizer</strong> für die Wahl des Bundesrates<br />
durch das Volk. Zu einem Durchbruch<br />
wird es indes erst kommen, wenn eine politische<br />
Bewegung diesen Ausbau der Volksrechte<br />
will. Die grossen Parteien werden so<br />
lange stillhalten, als ihre Machtansprüche in<br />
der Landesregierung befriedigt sind. Und:<br />
Das eidgenössische Parlament<br />
wird seine verfassungsmässige<br />
Zuständigkeit<br />
für die Wahl des Bundesrates<br />
nicht freiwillig abtreten.<br />
So wird es vorläufig beim<br />
Status quo bleiben, aber die<br />
«Glut» einer Volkswahl der<br />
Regierung mottet weiter.<br />
DOKUMENTATION<br />
Alfred Kölz: «Neue schweizerische<br />
Verfassungsgeschichte», 2004,<br />
Verlag Stämpfli, Bern<br />
St.Galler Kommentar: Die schweizerische<br />
Bundesverfassung. 2002,<br />
Verlag Schulthess, Zürich<br />
Dokumentationszentrum<br />
www.doku-zug.ch
P O L I T I K<br />
11<br />
Parteienlandschaft im Wandel<br />
Die anhaltenden Wahlerfolge der <strong>Schweizer</strong>ischen Volkspartei (SVP)<br />
und die Abwahl ihres Bundesrats Christoph Blocher führen zu Veränderungen<br />
in der Parteienlandschaft: Ausgeschlossene und abtrünnige SVP-Mitglieder<br />
gründen eine neue Partei, Freisinnige und Liberale schreiten zur Fusion.<br />
Von René Lenzin<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Am 12. Dezember 2007 wählte das Parlament<br />
die damalige Bündner Regierungsrätin Eveline<br />
Widmer-Schlumpf anstelle von Christoph<br />
Blocher in den Bundesrat. Die <strong>Schweizer</strong>ische<br />
Volkspartei fühlte sich von ihrem<br />
Parteimitglied Widmer-Schlumpf hintergangen<br />
und verraten. Sie habe mit der Wahlannahme<br />
gegen einen Beschluss von Partei<br />
und Fraktion verstossen und mit dem politischen<br />
Gegner paktiert, lautete der Vorwurf.<br />
Drei Monate nach der Wahl forderte die Parteileitung<br />
Widmer-Schlumpf auf, aus dem<br />
Bundesrat zurück- und aus der Partei auszutreten.<br />
Als die Neobundesrätin den Austritt<br />
verweigerte, erliess die Parteileitung ein Ultimatum<br />
an die Bündner Kantonalsektion:<br />
Entweder schliesst ihr Widmer-Schlumpf<br />
aus der Partei aus, oder eure Sektion ist nicht<br />
mehr Mitglied der SVP Schweiz.<br />
Die Bündner waren jedoch nicht bereit,<br />
ihre Bundesrätin fallenzulassen, worauf sie<br />
ihrerseits aus der nationalen Partei ausgeschlossen<br />
wurden. Dieser Vorgang hat zu einer<br />
Aufspaltung der Bündner SVP geführt.<br />
Ein Teil der Parteimitglieder gründete die<br />
neue SVP, die auf Blocherlinie politisiert und<br />
sich der schweizerischen Partei angeschlossen<br />
hat. Der andere Teil schritt zur Gründung<br />
der Bürgerlich-Demokratischen Partei<br />
(BDP). Unter ihnen befinden sich<br />
zahlreiche Amtsträger der früheren SVP.<br />
Neben Bundesrätin Widmer-Schlumpf<br />
beide Regierungsräte, beide Nationalräte sowie<br />
die 32 kantonalen Parlamentarier.<br />
Das Vorgehen der SVP gegen die Bündner<br />
rief in andern Kantonalsektionen wenig Widerstand<br />
hervor. Nur gerade in Bern und<br />
Glarus kam es zur offenen Auflehnung einzelner<br />
Parteimitglieder und in der Folge zur<br />
teilweisen Abspaltung. In Glarus schlossen<br />
sich der einzige Regierungsrat der SVP sowie<br />
8 von 26 Parlamentariern der neuen Partei<br />
an. In Bern waren es einer der beiden Regierungsräte,<br />
2 der 10 Nationalräte, der<br />
einzige Ständerat sowie 17 der 47 Kantonsparlamentarier.<br />
Ebenfalls zur BDP übergetreten<br />
ist der Berner Bundesrat Samuel<br />
Schmid, den die SVP nach seiner Wahlannahme<br />
im Dezember 2007 aus der Fraktion<br />
ausgeschlossen hat.<br />
Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe verfügte<br />
die neue Partei demnach über 2 Bundesräte,<br />
5 eidgenössische und 57 kantonale<br />
Parlamentarier. Allerdings kann sie im Bundeshaus<br />
keine Fraktion bilden, weil es dazu<br />
mindestens fünf Sitze im Nationalrat braucht.<br />
Ob sich die BDP dauerhaft etablieren kann<br />
und wie stark sie allenfalls der SVP schaden<br />
wird, wird sich weisen müssen. Klar ist einzig,<br />
dass sich ihre doppelte Präsenz in der<br />
Landesregierung nicht mit dem schweizerischen<br />
Konkordanzsystem verträgt. Spätestens<br />
bei den Gesamterneuerungswahlen von<br />
2011 dürfte es daher zu grösseren Veränderungen<br />
im Bundesrat kommen.<br />
Wiedervereinigung der Staatsgründer<br />
Die jüngste Entwicklung der SVP hat aber<br />
nicht nur zu einer neuen Partei geführt, sondern<br />
auch weitere Verschiebungen in der Politlandschaft<br />
ausgelöst. Die SVP hat ihren<br />
Wähleranteil zwischen 1987 und 2007 von 11<br />
auf 28,9 Prozent erhöht. Dieser für schweizerische<br />
Verhältnisse einmalige Zuwachs ist<br />
einerseits darauf zurückzuführen, dass die<br />
Partei praktisch alles aufgesogen hat, was<br />
rechts von ihr noch politisierte. Anderseits<br />
hat sie aber auch den traditionellen bürgerlichen<br />
Parteien Wähler abspenstig gemacht.<br />
Am kräftigsten gewachsen ist die SVP in den<br />
ländlich-katholischen Gebieten der Zentralund<br />
Ostschweiz sowie in den ländlich-reformierten<br />
Gebieten der Westschweiz. In den<br />
ersten gingen ihre Erfolge primär zulasten<br />
der Christlichdemokraten (CVP), in den<br />
zweiten zulasten des Freisinns (FDP) und<br />
der Liberalen (LPS).<br />
Gesamtschweizerisch verringerte sich der<br />
Wähleranteil der beiden Gründerparteien des<br />
Bundesstaats zwischen 1987 und 2007 zwar<br />
«nur» um 7,9 Prozentpunkte. Überproportional<br />
fiel ihr Rückgang aber in den früheren<br />
Westschweizer Hochburgen der Liberalen<br />
aus: minus 24,5 Prozentpunkte in Neuenburg,<br />
minus 22,3 in der Waadt und minus 13,6 in<br />
Genf. Gleichzeitig legte die SVP in diesen<br />
Kantonen um 23,2, 16,2 respektive 21,1 Prozentpunkte<br />
zu. Nun haben FDP und LPS die<br />
Konsequenzen aus diesen Verlusten gezogen,<br />
ihre langjährigen Rivalitäten in den Hintergrund<br />
gedrängt und eine Fusion beschlossen.<br />
Am 21. Juni haben sich die Neuenburger Kantonalsektionen<br />
zum Parti libéral-radical<br />
neuchâtelois vereinigt, im Oktober soll die<br />
Fusion auf nationaler Ebene erfolgen.<br />
Freisinnig-liberale Parteien bestehen bereits<br />
in den Kantonen Freiburg, Jura, Tessin<br />
und Wallis. Kategorischen Widerstand gegen<br />
die Vereinigung haben bisher nur die<br />
Baselstädtischen Liberalen angekündigt.<br />
Bereits seit 1999 bilden FDP und LPS im<br />
Nationalrat eine gemeinsame Fraktion. Damals<br />
hatten die Liberalen erstmals weniger<br />
als fünf Sitze erobert und damit die Fraktionsstärke<br />
verloren.<br />
Aufspaltung der Grünen<br />
Eine dritte markante Veränderung in der<br />
schweizerischen Parteienlandschaft hat<br />
nichts mit der SVP zu tun. Sie betrifft die<br />
Grünen, neben der SVP die grossen Sieger<br />
der letztjährigen Parlamentswahlen. Ausgehend<br />
von politischen und vor allem auch persönlichen<br />
Differenzen war es in Zürich bereits<br />
im Verlaufe der vergangenen Legislatur<br />
zur Abspaltung der Grünliberalen gekommen.<br />
Diese neue Bewegung hat im Oktober<br />
2007 auf Anhieb drei Sitze im Nationalrat<br />
und einen im Ständerat gewinnen können.<br />
Inzwischen sind grünliberale Sektionen in<br />
neun weiteren Kantonen entstanden. Diese<br />
neue Partei verbindet ökologische Anliegen<br />
mit eher bürgerlichen Positionen in der Finanz-<br />
und Sozialpolitik. Ob ihr Erfolg dauerhaft<br />
ist, wird sich zeigen. Die Grünliberalen<br />
zählen sich zur politischen Mitte und<br />
bilden im Bundeshaus eine Fraktion mit der<br />
CVP und der Evangelischen Volkspartei.
12 A U S D E M B U N D E S H A U S<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Bild: EDA<br />
Adressänderungen<br />
Bitte melden Sie die Änderung<br />
Ihrer Adresse, Telefonnummer,<br />
E-Mailadresse etc. rechtzeitig<br />
der für Sie zuständigen<br />
Vertretung: www.eda.admin.ch<br />
(Vertretungen).<br />
Durch Ihre Mithilfe lassen sich<br />
aufwändige Nachforschungen<br />
vermeiden, und nur so erhalten<br />
Sie automatisch Ihre Abstimmungsunterlagen<br />
(vorausgesetzt,<br />
Sie sind bei einer schweizerischen<br />
Stimmgemeinde<br />
registriert) und die «<strong>Schweizer</strong><br />
<strong>Revue</strong>» an die neue Adresse.<br />
Bitte melden Sie weder dem<br />
Auslandschweizerdienst noch<br />
der Redaktion der «<strong>Schweizer</strong><br />
<strong>Revue</strong>» in Bern Adressänderungen.<br />
Abstimmungsvorlagen<br />
und<br />
Stimmmaterial<br />
Erhalten Sie das Stimmmaterial<br />
erst kurz vor dem Stimmtag<br />
und haben keine Zeit<br />
mehr, die Vorlagen zu studieren?<br />
Möchten Sie die Abstimmungsvorlagen<br />
in einer<br />
anderen Sprache lesen?<br />
Die Aussenpolitik im Dialog<br />
Die Fristen und Modalitäten<br />
für die Zustellung der Unterlagen<br />
sind rechtlich vorgegeben.<br />
Die Stimmgemeinden sind gehalten,<br />
das Stimmmaterial fünf<br />
Wochen vor dem Stimmtag an<br />
die Auslandschweizerinnen und<br />
-schweizer zu senden. Bei Nationalratswahlen<br />
ist die Frist<br />
deutlich kürzer, sie beträgt<br />
zehn Tage. Die Geschwindigkeit<br />
und Zuverlässigkeit der<br />
Zustellung ist ein unberechenbarer<br />
Faktor, auf die Organisation<br />
und Abläufe fremder<br />
Postbetriebe können die<br />
Gemeinden keinen Einfluss<br />
nehmen.<br />
Die Bundeskanzlei veröffentlicht<br />
die Abstimmungsvorlagen<br />
und die Erläuterungen<br />
des Bundesrates nicht nur in<br />
Papierform, sondern jeweils ab<br />
der 6. Woche vor dem Abstimmungstag<br />
auch auf dem Internet<br />
unter www.admin.ch («Politische<br />
Geschäfte» – Dossier<br />
«Wahlen und Abstimmungen»).<br />
Sie können Zeit gewinnen<br />
und sich Ihre Meinung bereits<br />
bilden, um sofort nach<br />
Erhalt den Stimmzettel auszufüllen<br />
und abzusenden. Sie haben<br />
auch die Möglichkeit, die<br />
Abstimmungsvorlagen in einer<br />
anderen Sprache zu studieren.<br />
Kennen Sie die Pfeiler der schweizerischen Aussenpolitik?<br />
Möchten Sie sich mehr mit diesem komplexen Thema auseinandersetzen?<br />
Die von Frau Bundesrätin Micheline Calmy-Rey lancierte Broschüre<br />
«Dialog» veranschaulicht anhand der Beispiele «Die Neutralität<br />
der Schweiz», «Die <strong>Schweizer</strong> Botschaften und Konsulate»,<br />
«Die Friedenspolitik», «Die Schweiz und die internationalen Organisationen»,<br />
«Die Europapolitik der Schweiz» sowie «Die Entwicklungszusammenarbeit»,<br />
wie die schweizerische Aussenpolitik funktioniert<br />
und welches ihre Schwerpunkte sind.<br />
Die Broschüre «Dialog» können Sie in Deutsch, Französisch<br />
oder Italienisch von der Webseite des EDA herunterladen<br />
www.eda.admin.ch (Dokumentation – Publikationen – Die Aussenpolitik<br />
im Dialog) oder über folgende Adresse beziehen:<br />
Information EDA, Bundeshaus West, CH-3003 Bern<br />
Ausbau der Webseite<br />
des Auslandschweizerdienstes<br />
/<br />
Neue Merkblätter<br />
Möchten Sie wissen, wo Sie<br />
einen neuen <strong>Schweizer</strong> Pass<br />
beantragen können? Haben<br />
Sie Fragen zu den Sozialversicherungen<br />
oder zum<br />
<strong>Schweizer</strong> Bürgerrecht Ihrer<br />
Kinder?<br />
Der Auslandschweizerdienst<br />
hat das Angebot auf seiner<br />
Webseite erweitert und die am<br />
häufigsten gestellten Fragen<br />
und Antworten im Merkblatt<br />
«Häufig gestellte Fragen» zusammengefasst.<br />
Wenn Sie sich<br />
erst vor kurzem im Ausland<br />
niedergelassen haben, ist Ihnen<br />
das neue «Merkblatt für Neuzuzüger»<br />
eine erste Orientierungshilfe.<br />
Umfassend Auskunft<br />
über sämtliche Belange,<br />
die Auslandschweizerinnen und<br />
-schweizer betreffen, gibt der<br />
beliebte «Ratgeber für Auslandschweizer».<br />
www.eda.admin.ch (Dokumentation<br />
– Publikationen –<br />
Reisen und Leben im Ausland)<br />
Vote électronique für<br />
Auslandschweizerinnen<br />
und -schweizer:<br />
ein Rück- und<br />
ein Ausblick<br />
Am 1. Juni <strong>2008</strong> konnten erstmals<br />
Auslandschweizerinnen<br />
und -schweizer mittels<br />
Vote électronique im Kanton<br />
Neuenburg an einer Abstimmung<br />
teilnehmen. Der Kanton<br />
Zürich plant für 2009 den Einbezug<br />
von Auslandschweizerinnen<br />
und -schweizern an<br />
Abstimmungen per Vote électronique<br />
in 13 Gemeinden.<br />
57 von 155 registrierten Auslandschweizerinnen<br />
und<br />
-schweizern haben am 1. Juni
13<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
<strong>2008</strong> mittels Vote électronique<br />
im Kanton Neuenburg abgestimmt.<br />
Die Abstimmung ist<br />
pannenfrei verlaufen. Aus<br />
Gründen der elektronischen<br />
Verlässlichkeit ist es vorerst nur<br />
Auslandschweizerinnen und<br />
-schweizern mit Wohnsitz in<br />
einem EU-Staat oder einem<br />
Staat, der das Wassenaar-<br />
Abkommen unterzeichnet hat,<br />
möglich, per Vote électronique<br />
abzustimmen. 90 Prozent der<br />
zurzeit in einem schweizerischen<br />
Stimmregister eingetragenen<br />
Auslandschweizerinnen<br />
und -schweizer haben jedoch<br />
Wohnsitz in einem dieser Staaten.<br />
Folgende Länder haben das<br />
Wassenaar-Abkommen unterzeichnet:<br />
Argentinien, Australien,<br />
Belgien, Dänemark,<br />
Deutschland, Finnland, Frankreich,<br />
Griechenland, Grossbritannien,<br />
Irland, Italien, Japan,<br />
Kanada, Luxemburg, Niederlande,<br />
Neuseeland, Norwegen,<br />
Österreich, Polen, Portugal,<br />
Republik Korea, Rumänien,<br />
Russische Föderation, Slowakische<br />
Republik, Spanien, Schweden,<br />
Schweiz, Tschechische<br />
Republik, Türkei, Ungarn und<br />
USA.<br />
Der Kanton Zürich ist derzeit<br />
gezielt damit befasst, für<br />
2009 die notwendigen Strukturen<br />
aufzubauen, die den in 13<br />
Zürcher Gemeinden registrierten<br />
Auslandschweizerinnen und<br />
-schweizern ermöglichen werden,<br />
mittels Vote électronique<br />
abzustimmen. Dies betrifft<br />
die Gemeinden Bertschikon,<br />
Bülach, Schlieren, Mettmenstetten,<br />
Kleinandelfingen,<br />
Boppelsen, Bubikon, Thalwil,<br />
Männedorf, Fehraltorf und<br />
Maur sowie den Stadtkreis Altstadt<br />
von Winterthur und die<br />
Stadtkreise 1 und 2 der Stadt<br />
Zürich. Zugelassen sind<br />
Auslandschweizerinnen und<br />
-schweizer mit Wohnsitz in<br />
einem EU-Staat oder einem<br />
Staat, der das Wassenaar-<br />
Abkommen unterzeichnet hat.<br />
Für den Schutz vor<br />
Waffengewalt<br />
Ein aus verschiedenen Parteien<br />
und Organisationen<br />
zusammengesetzter Trägerverein<br />
hat im September 2007<br />
die eidgenössische Volksinitiative<br />
«Für den Schutz vor<br />
Waffengewalt» lanciert.<br />
Die Initiative hat zum Ziel, die<br />
Sicherheit zu erhöhen, das<br />
Drohpotenzial zu senken und<br />
Suizide zu verhindern. Wer<br />
Feuerwaffen und Munition erwerben,<br />
besitzen, tragen oder<br />
gebrauchen will, muss den Bedarf<br />
dafür nachweisen und die<br />
erforderlichen Fähigkeiten<br />
mitbringen. Die Militärwaffen<br />
sollen nicht mehr zu Hause,<br />
sondern in den gesicherten<br />
Räumen der Armee aufbewahrt<br />
werden. Überflüssige Waffen,<br />
die sich zu Hause befinden,<br />
werden eingesammelt. Alle<br />
übrigen Waffen werden registriert,<br />
was die Prävention und<br />
die Verfolgung von Verbrechen<br />
verbessert. Die Bundesverfassung<br />
vom 18. April 1999 soll zu<br />
diesem Zweck durch einen Artikel<br />
118a ergänzt werden.<br />
Mehr Informationen zum<br />
Thema finden Sie auf der Webseite<br />
des Initiativkomitees<br />
www.schutz-vor-waffengewalt.<br />
ch. Sie können die Initiative<br />
«Schutz vor Waffengewalt»<br />
noch bis 4. März 2009 unterschreiben.<br />
Weniger Steuern<br />
beim Bausparen<br />
Das Initiativkomitee «<strong>Schweizer</strong>ische<br />
Gesellschaft zur<br />
Förderung des Bausparens»<br />
hat im März 2007 die eidgenössische<br />
Volksinitiative «für<br />
ein steuerlich begünstigtes<br />
Bausparen zum Erwerb von<br />
selbst genutztem Wohneigentum<br />
und zur Finanzierung von<br />
baulichen Energiespar- und<br />
Umweltschutzmassnahmen»,<br />
die sogenannte Bauspar-Initiative<br />
eingereicht. Sie hat ihren<br />
Ursprung im Kanton Basel-<br />
Landschaft, der seit über 15<br />
Jahren ein solches Modell<br />
praktiziert.<br />
Die Initiative bezweckt eine<br />
Änderung von Artikel 129 der<br />
schweizerischen Bundesverfassung<br />
(BV). Dieser Artikel regelt<br />
die Steuerharmonisierung<br />
der direkten Steuern von Bund,<br />
Kantonen und Gemeinden und<br />
soll neu durch die Buchstaben<br />
a) und b) ergänzt werden.<br />
Buchstabe a) soll die Besteuerung<br />
von Bauspareinlagen regeln,<br />
Buchstabe b) die Besteuerung<br />
von Bausparprämien.<br />
Die Initiative soll allen Kantonen<br />
ermöglichen, freiwillig<br />
zwei Formen des steuerlich begünstigten<br />
Bausparens einzuführen.<br />
So könnte das bereits<br />
bekannte Bausparen mit dem<br />
bisher nicht bekannten «Energiespar-Bausparen»<br />
ergänzt<br />
werden. Das Bausparen für den<br />
Erwerb von Wohneigentum<br />
VOLKSINITIATIVEN<br />
soll Mietern erleichtern, ein<br />
Eigenheim zu erwerben. Das<br />
Energiespar-Bausparen soll<br />
Wohneigentümer motivieren,<br />
ihr Eigenheim energetisch<br />
wirksam zu sanieren (z.B.<br />
Sanierung der Gebäudehülle,<br />
Montage energiesparender<br />
Heizungen, Umstellung auf<br />
Technologien mit erneuerbarer<br />
Energie).<br />
Mit der Einführung des<br />
neuen Buchstabens a) soll auch<br />
Artikel 197 der Übergangsbestimmungen<br />
der BV durch eine<br />
neue Ziffer 8 ergänzt werden.<br />
Die neue Übergangsbestimmung<br />
soll den Kantonen erlauben,<br />
ihre kantonalen Bestimmungen<br />
unmittelbar gestützt<br />
auf die Artikel 129 a) und b)<br />
BV zu erlassen. Dies bis die angepassten<br />
Bestimmungen im<br />
massgeblichen Bundesgesetz in<br />
Kraft getreten sind.<br />
Mehr zum Thema auf der<br />
Webseite des Initiativkomitees<br />
www.bausparen.ch. Sie können<br />
die Bauspar-Inititative noch bis<br />
27. September <strong>2008</strong> unterschreiben.<br />
Seit der letzten Ausgabe sind folgende Volksinitiativen lanciert worden:<br />
■ «Gegen neue Kampfflugzeuge», Sammelfrist bis 10.12.2009<br />
Unter der Seite www.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis_1_3_1_1.html<br />
können Sie die Unterschriftenbogen der hängigen Initiativen herunterladen.<br />
VERANT WOR TLIC H FÜR DIE AMTLIC HEN MITTEIL UNGEN DES EDA:<br />
RAHEL SC HWEIZER, AUSL ANDSC HWEIZERDIENS T/EDA , BUNDESG ASSE 32,<br />
C H-3003 BERN; TELEFON: +41 31 324 23 98, TELEFAX: +41 31 324 23 60<br />
WWW.EDA .ADMIN.C H/ASD; PA6-AUSL ANDC H@EDA .ADMIN.C H<br />
Inserat
14 S C H W E I Z E R M U S E E N<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Fotos: IOC/Richard Juilliart<br />
«Das Haus der Athleten»<br />
Das Olympische Museum in Lausanne, wo sich auch der Hauptsitz<br />
des IOC befindet, ist ein idyllisch am Genfersee gelegenes<br />
Juwel der Moderne. Es ist nicht nur ein Tempel des Sports,<br />
sondern auch ein Zentrum für Kunst, Kultur und Geschichte.<br />
Von Alain Wey<br />
«Citius, Altius, Fortius» (Schneller, höher,<br />
stärker). Das olympische Motto am Eingang<br />
des Museums gibt den Ton dieses Tempels<br />
an, der ganz dem Sport gewidmet ist. Seine<br />
Grenzen überwinden – diese Forderung spiegelt<br />
sich auch in der Architektur und in den<br />
Ausstellungen in diesem Haus wider. Das am<br />
Genfersee in Lausanne gelegene Museum besitzt<br />
die weltweit wertvollste Sammlung<br />
olympischer Gegenstände. Ob bei den Dauerausstellungen<br />
über die Geschichte der<br />
Olympiaden oder bei der temporären Ausstellung<br />
zu den Olympischen Spielen in<br />
Peking: Immer erwartet den Besucher eine<br />
Verbindung aus Sport und Kunst.<br />
Das olympische Abenteuer<br />
Ein Teil der Dauerausstellung «Das olympische<br />
Abenteuer» ist den Spielen im antiken<br />
Griechenland gewidmet, die von 776 v. Chr.<br />
bis 393 n. Chr. stattfanden. Unter dem Vorwand,<br />
dass die Olympischen Spiele heidnischen<br />
Gottheiten gewidmet seien, setzte der<br />
römische Kaiser Theodosius deren Austragung<br />
ein Ende. Es brauchte den Franzosen<br />
Pierre de Coubertin (1863-1937) und seinen<br />
brennenden Wunsch, moderne Spiele zu<br />
schaffen und über den Sport erzieherisch auf<br />
die Jugend einzuwirken, bis das olympische<br />
Ideal 1894 wieder belebt wurde. Als im übrigen<br />
Europa der Erste Weltkrieg wütete, beschloss<br />
Coubertin, den Sitz des Internationalen<br />
Olympischen Komitees (IOC) in<br />
Lausanne einzurichten. So findet sich der<br />
Besucher mitten in der Geschichte und den<br />
Anfängen der Olympischen Spiele wieder. Auf<br />
den meisten olympischen Medaillen ist Nike,<br />
die Göttin des Sieges, abgebildet. Es sind<br />
sämtliche Fackeln ausgestellt, die seit dem ersten<br />
Staffellauf von Olympia nach Berlin im<br />
Jahre 1936 bis zu den Winterspielen 2006 in<br />
Turin bei den olympischen Fackelläufen durch<br />
die Welt getragen wurden. Die olympische<br />
Flamme, eine Hommage an die antiken Spiele,<br />
bei denen die Griechen ein grosses Feuer zu<br />
Ehren von Zeus anzündeten, vermittelt eine<br />
Botschaft des Friedens, der Solidarität und<br />
der Verbundenheit der Völker.<br />
Kunst und Sport sind hier immer eng miteinander<br />
verknüpft; ein Beispiel dafür ist die<br />
Bronzestatue von Auguste Rodin aus dem<br />
Jahr 1904 mit dem Titel «L’athlète américain».<br />
Die Symbole der Spiele, die Hauptinitianten<br />
und interaktive Installationen prägen<br />
die Ausstellung: die fünf Ringe, welche<br />
die fünf Kontinente symbolisieren und zum<br />
ersten Mal 1920 in Antwerpen auftauchten,<br />
die Ausbreitung der olympischen Bewegung<br />
über die Welt, die wirtschaftlichen Details,<br />
die Medaillen, Stempel, Münzen, Briefmarken,<br />
alle IOC-Präsidenten usw. Die zweite<br />
Dauerausstellung «Die Athleten und die<br />
Spiele» zeigt, wie sich die Sportgeräte der<br />
verschiedenen Disziplinen der Olympischen<br />
Sommer- und Winterspiele entwickelten.<br />
Der weitläufig angelegte Museumsgarten<br />
empfängt den Besucher mit seinen imposanten<br />
Skulpturen grosser Künstler. Modern<br />
und interaktiv, das sind die Attribute der<br />
Dauerausstellungen, denn es können sogar<br />
MP3-Player ausgeliehen werden, die in zahlreichen<br />
Sprachen die verschiedenen Stationen<br />
kommentieren.<br />
Die Ausstellung über die Olympischen<br />
Spiele in Peking<br />
Am 8. August <strong>2008</strong>, exakt um 8 Sekunden<br />
nach 8.08 Uhr, werden in Peking die<br />
29. Olympischen Sommerspiele eröffnet.<br />
Blick in die temporäre Ausstellung zu den Olympischen Spielen in Peking: das Olympiastadion, die Piktogramme
15<br />
Das Olympische Museum in Lausanne liegt in einem 22 000 m 2 grossen Park.<br />
Acht ist in China eine Glückszahl. Aus diesem<br />
Anlass zeigt die temporäre Ausstellung<br />
«Beijing <strong>2008</strong>» (Februar bis Oktober) in vier<br />
grossen Räumen verschiedene Facetten der<br />
Olympiade und der chinesischen Kultur.<br />
Auch der Aberglaube spielt mit.<br />
Der Ostteil zeigt die Symbole der Spiele:<br />
die mit Glückswolken verzierte Fackel, die<br />
Medaillen mit der eingelassenen Jadescheibe<br />
auf der Rückseite, welche die bösen Geister<br />
vertreiben soll, die 35 Piktogramme der<br />
Sportdisziplinen und die fünf Maskottchen<br />
in der Farbe der fünf olympischen Ringe. Im<br />
Westteil werden die architektonischen Veränderungen<br />
in Peking gezeigt, die im Hinblick<br />
auf die Spiele vorgenommen wurden.<br />
Zwei Olympiastätten werden näher betrachtet:<br />
der Water Cube und das Bird’s Nest. Die<br />
Fassendengestaltung des Water Cube erinnert<br />
an Wassermoleküle und passt bestens zu<br />
den Schwimm- und Springwettbewerben.<br />
Das Bird’s Nest, das Olympiastadion, wurde<br />
von den beiden <strong>Schweizer</strong> Architekten Herzog<br />
& de Meuron entworfen und gleicht einem<br />
Vogelnest – für die Chinesen zum einen<br />
ein kulinarisches Gericht, zum anderen aber<br />
auch ein mit den Bäumen, der Luft und der<br />
aller Sportarten und die mit Jade eingelassenen Medaillen.<br />
Natur verbundenes Symbol. Weiter werden<br />
vorgestellt: die Oper von Peking, die eine aus<br />
dem Wasser ragende Perle darstellt, die<br />
Türme des chinesischen Zentralfernsehens,<br />
die zwei sich gegenseitig stützenden Türmen<br />
von Pisa gleichen, und der Pekinger Flughafen,<br />
der an einen Drachen mit gespreizten<br />
Flügeln erinnert.<br />
Der Nordteil befasst sich mit der chinesischen<br />
Kultur, mit den traditionellen Sportarten<br />
Chinas und ihrer Vermischung mit modernem<br />
Sport. Das Emblem der Spiele heisst<br />
«Tanzendes Peking». Die Werke des Künstlers<br />
Li Wei zeigen die Aspekte Bewegung und<br />
Originalität des Sports. Man entdeckt auch<br />
die Vielfältigkeit Chinas mit seinen 56 Ethnien,<br />
seinen kulinarischen und medizinischen<br />
Traditionen und seinen Gegensätzen. Der<br />
Südteil bildet den Abschluss des Museumsbesuchs:<br />
Ein chronologischer Vergleich zwischen<br />
der chinesischen und der europäischen<br />
Geschichte begleitet den Besucher auf dem<br />
sich durch den Park windenden Weg zum<br />
Ausgang. Während der ganzen Dauer der<br />
Ausstellung wird den Besuchern die chinesische<br />
Kultur mit Events und Vorführungen<br />
nahegebracht und zudem werden die Wettbewerbe<br />
auf Grossleinwand übertragen. Sobald<br />
der Besucher aus dem Museum tritt und<br />
vor dem Seepanorama die acht griechischen<br />
Säulen betrachtet, auf denen die 28 Sommerund<br />
die 20 Winterspiele verewigt sind, wird<br />
er zwangsläufig daran denken, dass sechs der<br />
Säulen für die kommenden Jahrhunderte reserviert<br />
sind. Genau wie das olympische<br />
Motto wird auch der Mensch, mit dem Besten,<br />
das in ihm steckt, Jahrhunderte überstehen<br />
und seine Grenzen überwinden können,<br />
nicht im Kampf gegen andere, sondern im<br />
Kampf mit sich, um sich selbst zu übertreffen<br />
und letztlich ein besserer Mensch zu<br />
werden.<br />
EINIGE ZAHLEN ZUM MUSEUM<br />
Vor der Eröffnung des Olympischen Museums<br />
am 23. Juni 1993 wurden die Sammlungen<br />
zunächst in Lausanne, in der Villa Mon-<br />
Repos (1922-1970), später dann in einem<br />
provisorischen Museum ausgestellt. Auf<br />
Anregung von Juan Antonio Samaranch,<br />
IOC-Präsident von 1980 bis 2001, wurde das<br />
neue Museum von den Architekten Pedro<br />
Ramirez Vazquez aus Mexiko und Jean-Pierre<br />
Cahen aus Lausanne gebaut. Es ist das<br />
viertgrösste Museum der Schweiz und wurde<br />
bereits von über 2,5 Millionen Menschen<br />
besucht, 50 Prozent davon aus dem Ausland.<br />
Das sind rund 200 000 Besucher pro Jahr,<br />
darunter 30 000 Schüler. Seine Gesamtfläche<br />
von 11 000 m 2 ist auf fünf Stöcke verteilt,<br />
der Park ist 22 000 m 2 gross. Das Museum<br />
besitzt auch ein Auditorium mit 180 Plätzen,<br />
fünf Konferenzräume, ein Restaurant, eine<br />
Bibliothek, eine Videothek und bietet<br />
Führungen und Workshops für Schulen an.<br />
Zudem ist Lausanne auch der Hauptsitz des<br />
IOC und der Sitz der Olympischen Solidarität.<br />
www.olympic.org
16 A U S L A N D S C H W E I Z E R - O R G A N I S A T I O N<br />
Skilager einst und jetzt: Engelberg 1942 Hasliberg 2006<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Swiss-Ski<br />
Kostenloses Juskila für<br />
13- und 14-jährige <strong>Schweizer</strong>und<br />
Auslandschweizer-Kinder<br />
280 <strong>Schweizer</strong> Kinder und 20<br />
Auslandschweizer-Kinder mit<br />
Jahrgang 1994 und 1995 können<br />
kostenlos am grossen Skilager<br />
des <strong>Schweizer</strong>ischen Skiverbandes<br />
in der Lenk teilnehmen.<br />
Dieses findet vom 2. bis 9. Januar<br />
2009 statt. Um am Juskila<br />
teilnehmen zu können, sollten<br />
die Auslandschweizer-Kinder<br />
sich wenigstens in einer der<br />
drei schweizerischen Landessprachen<br />
(Deutsch, Französisch<br />
oder Italienisch) verständigen<br />
können. Wer dabei sein<br />
kann, wird Mitte Oktober<br />
durch das Los entschieden.<br />
Stiftung für junge<br />
Auslandschweizer<br />
Winterlager <strong>2008</strong>/2009<br />
für 8- bis 14-Jährige<br />
Ob Skifahrer oder Snowboarder,<br />
Anfänger oder Fortgeschrittener,<br />
in unseren<br />
Winterlagern können 8- bis<br />
14-jährige Auslandschweizer-<br />
Kinder eine tolle Zeit verbringen!<br />
Winterlager Sedrun (GR)<br />
Datum:<br />
Freitag, 26. Dezember <strong>2008</strong> bis<br />
Sonntag, 4. Januar 2009<br />
Anzahl Teilnehmer: 48<br />
Kosten: CHF 900.–<br />
Ski- oder Snowboardmiete<br />
ca. CHF 150.–<br />
ANMELDETALON FÜR DIE TEILNAHME AN DER AUSLOSUNG JUSKILA<br />
Vorname:<br />
Strasse:<br />
Land:<br />
Name der /des Erziehungsberechtigten:<br />
❑ Mädchen ❑ Knabe<br />
Heimatgemeinde in der Schweiz (siehe Pass / ID):<br />
E-Mail Eltern:<br />
Name:<br />
PLZ, Ort:<br />
Geburtsdatum:<br />
Telefon:<br />
Sportart: ❑ Ski alpin ❑ Langlauf ❑ Snowboard<br />
Sprache Kind: ❑ Deutsch ❑ Französisch ❑ Italienisch<br />
Bitte nur ein Feld ankreuzen, nach der Verlosung kann die Sportart nicht mehr gewechselt werden!<br />
Unterschrift der/des Erziehungsberechtigten:<br />
Unterschrift des Jugendlichen:<br />
Talon bis 15. Oktober <strong>2008</strong> an: Stiftung für junge Auslandschweizer, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +41 31 356 61 16,<br />
Fax +41 31 356 61 01, E-Mail: sjas@aso.ch, www.aso.ch (Rubrik Angebote / Kinder- und Jugendangebote / Entdecke die<br />
Schweiz / Ferienlager und Reisen)<br />
Anmeldeschluss:<br />
15. Oktober <strong>2008</strong><br />
Winterlager Unterwasser (SG)<br />
Datum:<br />
Samstag, 31. Januar 2009 bis<br />
Samstag, 7. Februar 2009<br />
Anzahl Teilnehmer: 24<br />
Kosten: CHF 700.–<br />
Ski- oder Snowboardmiete<br />
ca. CHF 140.–<br />
Anmeldeschluss:<br />
15. Dezember <strong>2008</strong><br />
Anmeldung<br />
Die genauen Angaben zu den<br />
Winterlagern und das Anmeldeformular<br />
finden Sie ab<br />
15. September <strong>2008</strong> unter<br />
www.aso.ch (Rubrik Angebote /<br />
Kinder- und Jugendangebote /<br />
Entdecke die Schweiz / Ferienlager<br />
und Reisen). In berechtigten<br />
Fällen werden Beitragsreduktionen<br />
gewährt. Auf<br />
Anfrage stellen wir Ihnen unsere<br />
Informationsbroschüre<br />
gerne auch per Post zu.<br />
Kontakte um<br />
die ganze Welt<br />
Junge Auslandschweizerinnen<br />
und Auslandschweizer kennen<br />
sich aus den Angeboten der<br />
Auslandschweizer-Organisation<br />
(ASO). Sie verbrachten<br />
zusammen Ferien in der<br />
Schweiz. Im Skilager, im Sommer-Camp,<br />
in einem Sprachkurs<br />
oder in einer gemeinsamen<br />
Gastfamilie haben sie sich<br />
kennengelernt und pflegen<br />
seither den Kontakt über Tausende<br />
von Kilometern. Bei einigen<br />
gibt es ein Wiedersehen<br />
in den Jugendangeboten der<br />
ASO im kommenden Jahr.<br />
Junge Auslandschweizerinnen<br />
und Auslandschweizer, welche<br />
das erste Mal dabei sind, werden<br />
mit offenen Armen empfangen.<br />
Was steht denn als<br />
Nächstes an?<br />
Eidgenössische<br />
Jugendsession<br />
(17.11.08 bis 23.11.08)<br />
In der Schweiz wird die Zusammenkunft<br />
des Jugendparlaments<br />
ausschliesslich von Jugendlichen<br />
organisiert.<br />
Alljährlich findet im Bundeshaus<br />
eine Session statt, an der<br />
die Jugend ihre Ansichten und
17<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Forderungen an die Entscheidungsträger<br />
der Schweiz formuliert.<br />
Die Teilnahme an<br />
derJugendsession ist eine einzigartige<br />
Möglichkeit, hinter<br />
die Kulissen der Politik zu<br />
schauen. Die ASO führt die<br />
Jugendlichen ins Politsystem<br />
Schweiz ein und behandelt die<br />
Themen der Jugendsession mit<br />
den Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
im Vorfeld, damit<br />
sie sich aktiv an den Debatten<br />
beteiligen können. Willst du<br />
die Welt verändern? Jede Meinung<br />
zählt.<br />
Neujahrsskilager<br />
in Lantsch (GR)<br />
26.12.<strong>2008</strong> bis 04.01.2009<br />
Der beliebte Skiort Lenzerheide<br />
in den Bündner Bergen<br />
liegt nur vier Kilometer von<br />
Lantsch entfernt. Wir sind in<br />
einem geräumigen Lagerdorf<br />
einquartiert und treiben täglich<br />
Wintersport auf der Lenzerheide.<br />
Ausgebildete Skiund<br />
Snowboardleiter helfen<br />
den Jugendlichen, ihre Technik<br />
auf dem Schnee zu verbessern.<br />
An der Silvesterparty lassen<br />
wir die Korken knallen und<br />
starten mit viel Elan ins 2009.<br />
Bildungsangebote<br />
Junge Auslandschweizerinnen<br />
und Auslandschweizer profitieren<br />
von unseren Sprachlehrkräften<br />
in der Schweiz. Wir ermöglichen<br />
ihnen einen Einblick<br />
in die <strong>Schweizer</strong> Bildungslandschaft.<br />
Unsere aufgestellten<br />
Gastfamilien erwarten die Jugendlichen<br />
und sie können mit<br />
dem Generalabonnement der<br />
SBB die Schweiz auf eigene<br />
Faust bereisen. Willkommen<br />
im Ferienland Schweiz.<br />
Jugenddienst<br />
Telefon +41 31 356 61 00<br />
youth@aso.ch, www.aso.ch<br />
Die Auslandschweizer<br />
und die<br />
Ausübung ihrer<br />
politischen Rechte<br />
Am 22. Mai <strong>2008</strong> haben ASO-<br />
Repräsentanten die Staatspolitische<br />
Kommission des<br />
Nationalrats näher über die<br />
Schwierigkeiten informiert,<br />
mit denen Auslandschweizerinnen<br />
und Auslandschweizer<br />
im Zusammenhang mit der<br />
Ausübung ihrer politischen<br />
Rechte konfrontiert sind.<br />
Resolution der Auslandschweizer zugunsten<br />
der «<strong>Schweizer</strong> <strong>Revue</strong>»<br />
Die Auslandschweizerinnen und -schweizer setzen sich für die<br />
«<strong>Schweizer</strong> <strong>Revue</strong>» ein. An den Jahrestreffen in ihren Wohnsitzländern<br />
haben die in Frankreich, Deutschland, Italien und Grossbritannien<br />
niedergelassenen <strong>Schweizer</strong>innen und <strong>Schweizer</strong><br />
ihrer Besorgnis über die Sparpläne Ausdruck gegeben, welche<br />
die Abgabe der «<strong>Schweizer</strong> <strong>Revue</strong>» in ihrer heutigen Form in<br />
Frage stellen.<br />
Sie betonten die Bedeutung dieses Kommunikationsmediums,<br />
das als einziges alle Auslandschweizer-Haushaltungen erreicht.<br />
Ihrer Ansicht nach ist es wichtig, dass es systematisch an alle im<br />
Ausland immatrikulierten Landsleute abgegeben wird, damit<br />
diese einen starken Bezug zu ihrer Heimat bewahren. Die verabschiedeten<br />
Resolutionen appellieren an die Vorsteherin des EDA,<br />
Frau Micheline Calmy-Rey, alles zu unternehmen, damit die<br />
«<strong>Schweizer</strong> <strong>Revue</strong>» in der jetzigen Form bestehen bleibt und<br />
weiterhin an alle in einem Register für Auslandschweizer eingetragenen<br />
<strong>Schweizer</strong>innen und <strong>Schweizer</strong> abgegeben wird.<br />
ASO-Präsident Jacques-Simon<br />
Eggly und ASO-Direktor Rudolf<br />
Wyder berichteten der Kommission<br />
von zahlreich eingegangenen<br />
Auslandschweizer-<br />
Beschwerden im Anschluss<br />
an die eidgenössischen Parlamentswahlen<br />
vom Herbst 07.<br />
Die Vertreter der Auslandschweizer-Organisation<br />
schnitten<br />
als Erstes das Problem des<br />
Abstimmungsunterlagenversands<br />
an, der unseren Landsleuten<br />
im Ausland die Beteiligung<br />
am demokratischen Prozess erschwert<br />
oder gar verunmöglicht.<br />
Kritisiert werden dabei<br />
etwa verspätetes Eintreffen,<br />
falsch zugewiesene Sprachversionen,<br />
unvollständige Unterlagen<br />
oder gar das schlichte<br />
Streichen aus den Stimmregistern.<br />
Da die Ursachen dieser<br />
Probleme in den gesetzlichen<br />
Bestimmungen liegen, betonten<br />
Jacques-Simon Eggly und<br />
Rudolf Wyder die Dringlichkeit<br />
der Einführung des E-Voting.<br />
Darüber hinaus setzten sie sich<br />
dafür ein, dass die Auslandschweizer<br />
im Kanton, in dem<br />
sie im Stimmregister eingetragen<br />
sind, auch die Ständeräte<br />
wählen können. Ein weiteres<br />
Anliegen bildete schliesslich die<br />
separate Erfassung der Auslandschweizer-Stimmen.<br />
Die<br />
Kommission lehnte schliesslich<br />
mit acht gegen sieben Stimmen<br />
den Antrag ab, den Versand der<br />
Abstimmungsunterlagen an die<br />
Auslandschweizer dem Bund zu<br />
übertragen. Sie erachtete das<br />
«Sensibilisierungsrundschreiben»<br />
der Bundeskanzlei an die heute<br />
mit dieser Aufgabe betrauten<br />
Kantone und Gemeinden als<br />
ausreichend. Nach Ansicht der<br />
ASO ist die heutige Situation<br />
nicht länger haltbar. Unsere<br />
Landsleute im Ausland müssen<br />
ihre politischen Rechte genau<br />
gleich wie die Inlandschweizer<br />
wahrnehmen können. Deshalb<br />
wird sich die ASO weiterhin für<br />
eine Sensibilisierung der Parlamentarier<br />
zur Etablierung eines<br />
tragfähigen Systems und zur Gewährleistung<br />
eines hohen Dienstleistungsstandards<br />
für die Auslandschweizer<br />
einsetzen. Das<br />
Hauptanliegen hinter all diesen<br />
Forderungen ist und bleibt die<br />
Anerkennung der politischen,<br />
wirtschaftlichen und kulturellen<br />
Bedeutung der Fünften Schweiz.<br />
Die Anhörung der ASO-Repräsentanten<br />
war im Zuge der Vernehmlassung<br />
zur parlamentarischen<br />
Initiative von Carlo<br />
Sommaruga anberaumt worden,<br />
welche eine direkte Vertretung<br />
der Auslandschweizer in den eidgenössischen<br />
Räten fordert. Bei<br />
dieser Gelegenheit erinnerten<br />
Eggly und Wyder daran, dass<br />
zum Artikel 40 der Bundesverfassung<br />
noch immer kein allgemeines<br />
Ausführungsgesetz existiert,<br />
das eine solide gesetzliche<br />
Grundlage für die Politik des<br />
Bundes in Bezug auf die Auslandschweizer<br />
bilden würde. Eine<br />
wahrlich bedauernswerte Unterlassung!<br />
AUSLANDSCHWEIZER-ORGANISATION<br />
Unsere Dienstleistungen:<br />
■ Rechtsdienst<br />
■ Jugenddienst<br />
■ AJAS<br />
Der Verein zur Förderung der Ausbildung junger Auslandschweizer<br />
■ KSA<br />
Das Komitee für <strong>Schweizer</strong> Schulen im Ausland<br />
■ SJAS<br />
Die Stiftung für junge Auslandschweizer<br />
Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, CH–3006 Bern<br />
Telefon +41 31 356 61 00, Fax +41 31 356 61 01, www.aso.ch
18 E U R O 0 8<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Foto: Keystone / Illustration: Aus dem «Tages-Anzeiger»<br />
Es lebe der Fussball<br />
Ein Turnier mit vielen unerwarteten Wendungen, ein Fussballfest<br />
und eine Schweiz, die drei Wochen lang im Scheinwerferlicht<br />
der Öffentlichkeit stand: Mit mehr als vier Millionen Zuschauern<br />
in den <strong>Schweizer</strong> Gaststädten war die Euro <strong>2008</strong> ein Riesenerfolg.<br />
Ein Stimmungsbild nach dem Schlusspfiff. Von Alain Wey<br />
Die Fanzone auf dem Bundesplatz in Bern fest in holländischer Hand.<br />
«Lo, lo, lo, lo, lo, lo … Lo!» Die Krönung der<br />
Spanier in Wien bildete den Schluss- und<br />
Höhepunkt der Euro <strong>2008</strong>. Wie beim Sieg<br />
eines Teams aus dem Mittelmeerraum üblich,<br />
füllten sich auch in der Schweiz die<br />
Strassen der Städte mit Autos und Hupkonzerten.<br />
Und in den Herzen so mancher<br />
<strong>Schweizer</strong> Fans stieg nach drei faszinierenden<br />
Fussballwochen leise Melancholie auf. Es<br />
ist vorbei – aber schön ist es gewesen! Auch<br />
abseits der «Fanzonen» und der Stadien in<br />
den grossen Städten huldigten Stadt und<br />
Land gleichermassen dem runden Leder. Das<br />
Fri-Son in Freiburg beispielsweise verwandelte<br />
sich in einen Fussballtempel mit drei<br />
Grossleinwänden und unerschütterlich guter<br />
Laune, der auch Niederlagen nichts anhaben<br />
konnten. Wird die Schweiz eines Tages<br />
zu einer grossen Fussballnation? Die<br />
Voraussetzungen sind gut: Fans gibt es zur<br />
Genüge. Nachwuchstalente auch. Viele<br />
<strong>Schweizer</strong> haben nach dem Ausscheiden der<br />
Nati klein beigegeben. Und dennoch – es<br />
fehlte nur wenig und alles hätte ganz anders<br />
kommen können. Zahlreiche Glanzleistungen<br />
und Begeisterungsstürme, eine einzige<br />
Volksfeststimmung: All das wird von der EM<br />
im Land der Berge und Seen ebenso in Erinnerung<br />
bleiben wie die Gastfreundschaft und<br />
die perfekte Organisation im Hintergrund.<br />
Ein Rückblick.<br />
«Die Atmosphäre in den Stadien und auf<br />
den Strassen, die Zeitungsartikel und die<br />
Fernsehbeiträge zeigten<br />
es deutlich: Das<br />
völkerverbindende<br />
Volksfest Euro <strong>2008</strong><br />
ist gelungen», erklärten<br />
Samuel Schmid,<br />
Minister für Verteidigung,<br />
Bevölkerungsschutz<br />
und<br />
Sport, und Benedikt<br />
Weibel, Delegierter<br />
des Bundesrates für<br />
die Euro <strong>2008</strong>. Nach<br />
ersten Schätzungen<br />
sind für die 15 in der<br />
Schweiz ausgetragenen Spiele mehr als vier<br />
Millionen Fans nach Basel, Genf, Zürich und<br />
Bern gereist. Insgesamt haben 930 000 Zuschauerinnen<br />
und Zuschauer die Spiele in<br />
Bern verfolgt, 150 000 allein am 13. Juni, als<br />
die Hauptstadt anlässlich des Spiels Holland-<br />
Frankreich von einer orangen Flut überschwemmt<br />
wurde (Fotos und Videoclips<br />
dazu auf www.oranjebern.ch). In Basel wurden<br />
1 050 000, in Genf 700 000 und in Zürich<br />
rund 2 000 000 Besucher gezählt<br />
(700 000 allein in der Zürcher Fanzone). Die<br />
16 UBS-Arenen in der ganzen Schweiz wurden<br />
von rund einer Million Zuschauern besucht.<br />
Trotz nicht idealer Witterungsbedingungen<br />
waren das Fest schön und die<br />
Atmosphäre gut. Ein deutscher Fan formulierte<br />
es so: «Einzig das Wetter konnten die<br />
<strong>Schweizer</strong> für uns nicht planen!» Dem Ansturm<br />
auf die öffentlichen Verkehrsmittel –<br />
sie wurden von 85 Prozent der Fans genutzt<br />
– war die Schweiz problemlos gewachsen. Fast<br />
zwei Millionen Fussballbegeisterte reisten in<br />
einem der 4000 Sonderzüge an die Spiele<br />
der Euro <strong>2008</strong>.<br />
Mit seiner Nati konnte das <strong>Schweizer</strong> Publikum<br />
zwar nicht sehr lange mitfiebern, aber<br />
es begeisterte sich für neue Favoriten und<br />
erlag der ungeheuren Spannung dieser Euro.<br />
Der alte Groll gegen die Türkei verwandelte<br />
sich im Verlaufe des Turniers in Respekt für<br />
den Kampfgeist dieser Mannschaft, der es<br />
dreimal gelang, das Spiel in den letzten Spielminuten<br />
noch zu wenden. Es scheint, dass<br />
der Fussball in solchen Momenten das ganze<br />
Spektrum der menschlichen Emotionen intensiviert,<br />
von den niedrigsten bis zu den nobelsten.<br />
Die Oranjes und ihr improvisiertes<br />
Camping wird man ebenso wenig vergessen<br />
wie das Granatrot Portugals. Unvergesslich<br />
bleibt der Empfang, den die portugiesische<br />
Gemeinde in der Schweiz ihrer Nationalelf<br />
bereitete: 2000 Motorradfahrer folgten dem<br />
Teambus vom Flughafen Genf-Cointrin bis<br />
nach Neuenburg.<br />
Die Euro <strong>2008</strong> war für die Schweiz zweifellos<br />
das bedeutendste internationale Ereignis<br />
der letzten 50 Jahre. Man kann sich gut<br />
vorstellen, dass ihr Erfolg bei den internationalen<br />
Sportgremien in Bezug auf die Organisation<br />
anderer Grossveranstaltungen in<br />
unserem Land Wirkung zeigen wird. Selten<br />
wurden an einer EM in den Viertel- und<br />
Halbfinals so viele Tore geschossen; dieses<br />
Turnier wird also in ausgezeichneter Erinnerung<br />
bleiben. Die Zukunft wird uns zeigen,<br />
welche «Euro-Effekte» die Zusammenarbeit<br />
mit Österreich und die Hunderttausenden<br />
Fans, die dem Charme unseres schönen Landes<br />
erlegen sind, bringen werden. Auch wenn<br />
die Nati eine goldene Gelegenheit verpasst<br />
hat, so zeigten die <strong>Schweizer</strong> doch Fairplay<br />
und einen Willen, den Kopf wieder zu erheben<br />
und die guten Teams anzufeuern, dass es<br />
das Herz erfreute. Die Herzlichkeit der<br />
Holländer, die Virtuosität der Spanier und<br />
der Torriecher von Fernando Torres werden<br />
den <strong>Schweizer</strong> und Österreicher Fussballfans<br />
unvergesslich bleiben. Während Mexiko<br />
1986 «olé» schrie und Frankreich 1998 «I will<br />
survive» sang, gaben bei der Euro <strong>2008</strong><br />
die Rhythmen der Rockmelodie «Seven<br />
Nation Army» der White Stripes den Ton an.<br />
Bei jedem Match skandierte das Publikum<br />
unermüdlich und euphorisch: «Lo, lo, lo, lo,<br />
lo, lo … Lo!» Mit anderen Worten: Es lebe<br />
der Fussball!<br />
Spaniens Trainer Aragonés als Torero.
E C H O<br />
19<br />
SC HWEIZER REVUE August <strong>2008</strong> / Nr. 4<br />
Fotos: Keystone<br />
■ Zum ersten Mal seit sechs Jahren<br />
sank die Zahl der Arbeitslosen<br />
in der Schweiz unter<br />
100 000. Die Arbeitslosenrate<br />
betrug im Mai schweizweit<br />
2,4 Prozent, 3,7 Prozent in der<br />
Westschweiz und 1,9 Prozent<br />
in der Deutschschweiz.<br />
■ Mit fast 16,8 Millionen Logiernächten<br />
– 6,2 Prozent mehr<br />
als im Vorjahr – erzielte die<br />
letzte Wintersaison das beste<br />
Ergebnis in der Geschichte des<br />
<strong>Schweizer</strong> Tourismus.<br />
■ Mit der Einführung des neuen<br />
biometrischen Passes verschwindet<br />
auch die herkömmliche<br />
Identitätskarte ohne biometrische<br />
Daten.<br />
Dies hat im Juni nun auch der<br />
Nationalrat entschieden.<br />
■ Fünf <strong>Schweizer</strong> Soldaten<br />
sind bei einer Raftingübung<br />
in den Stromschnellen der<br />
Kander bei Wimmis (BE)<br />
ertrunken. Der Kompaniekommandant<br />
ist im Visier der<br />
Militärjustiz.<br />
■ <strong>Schweizer</strong> Unternehmen:<br />
Mehr als die Hälfte der neuen<br />
Topmanager (53 Prozent) stammen<br />
aus dem Ausland. Gemäss<br />
dem Personalberatungsunternehmen<br />
Guido Schilling &<br />
Partner ist bei den CEO der<br />
Anteil der Ausländer/innen innerhalb<br />
eines Jahres von 32 Prozent<br />
auf 38 Prozent gestiegen.<br />
Der Anteil der Deutschen unter<br />
den ausländischen Führungskräften<br />
ist von 30 Prozent auf<br />
34 Prozent angewachsen, weiter<br />
stammen 12 Prozent aus den<br />
USA und 10 Prozent aus Grossbritannien.<br />
■ Ab 2010 werden die Mieten<br />
nur noch der Teuerung angepasst.<br />
Weil bei der Berechnung<br />
„Ich wünsche Christoph Blocher, dass er den Zeitpunkt nicht verpasst,<br />
sich zurückzuziehen. Sonst kann er zur Hypothek für die Partei werden.“<br />
Peter Spuhler, führender SVP-Politiker und Unternehmer<br />
„Viele <strong>Schweizer</strong> bringen es fertig, bei jedem freudigen Ereignis vor<br />
allem Probleme zu sehen. Was ist los mit unserem Land, können wir uns<br />
nicht mehr freuen?“<br />
Filippo Leutenegger, freisinniger Nationalrat aus dem Kanton Zürich<br />
„Die <strong>Schweizer</strong> sind sehr unabhängig. Sie sind stolz auf ihr Land und<br />
ihre Demokratie. Wir respektieren, dass sie zurzeit den bilateralen Weg<br />
nach Europa gehen.“<br />
Benita Ferrero-Walder, Aussenkommissarin der Europäischen Union<br />
„Wenn wir ein wunderschönes Auto bauen, das nicht teuer ist und mit<br />
Wasserstoff fährt, werden es die Leute kaufen.“<br />
Nicolas G. Hayek zu seinem Projekt eines emissionsfreien Autos mit Brennstoffzellen<br />
„Nicht alle schweizerischen Agrarprodukte haben auf dem internationalen<br />
Markt die gleichen Chancen. Käse und Würste haben die besseren<br />
Chancen als Äpfel und Rüebli.“<br />
Rolf Büttiker, Präsident des <strong>Schweizer</strong> Fleisch-Fachverbandes<br />
„Die Schweiz hat sich verpflichtet, den Verlust der Artenvielfalt an<br />
Pflanzen und Tieren bis 2010 signifikant zu senken. Doch leider läuft in<br />
unserem Land nicht viel.“<br />
Kurt Eichenberger, Projektleiter Biodiversität beim WWF<br />
„50 Spitäler der über 300 Spitäler in der Schweiz würden genügen. Heute<br />
macht man in fast jedem kleinen Spital alles – nicht immer so gut, wie es<br />
möglich wäre.“<br />
Manfred Manser, Chef der grössten Krankenkasse Helsana<br />
„Alkohol hat sich zu einem alltäglichen Jugendthema entwickelt. Dazu<br />
nehmen die Gewaltdelikte alkoholisierter Jugendlicher stetig zu.“<br />
Esther Maurer, Stadträtin in Zürich<br />
„Wir <strong>Schweizer</strong> Spieler sind zu lieb. Doch an der Fussball-Europameisterschaft<br />
ist etwas anderes gefragt. Du darfst dem Gegner keine Chance<br />
lassen, ins Spiel zu kommen.“<br />
Patrick Müller, Abwehrspieler in der Nati, nach dem Ausscheiden der Schweiz<br />
„In der Schweiz ist die Nationalmannschaft etwas Besonderes. Der<br />
Rückhalt in der Bevölkerung ist grösser als in Deutschland. Die <strong>Schweizer</strong><br />
sind patriotischer.“<br />
Ottmar Hitzfeld, Startrainer und neuer Coach der <strong>Schweizer</strong> Fussball-Nati<br />
der Teuerung auch die Mietzinse<br />
berücksichtigt werden,<br />
befürchtet der <strong>Schweizer</strong>ische<br />
Mieterinnen- und Mieterverband<br />
die Entstehung einer<br />
Inflationsspirale.<br />
■ Der <strong>Schweizer</strong>ische Nationalfonds<br />
hat im vergangenen<br />
Jahr 40 Millionen Franken<br />
mehr für die Förderung der<br />
wissenschaftlichen Forschung<br />
ausgegeben als im Jahr zuvor,<br />
nämlich insgesamt 531 Millionen<br />
Franken – ein neuer Rekord.<br />
■ Der Prozess zum Flugzeugabsturz<br />
in Bassersdorf<br />
(ZH), der 2001 24 Todesopfer<br />
forderte, entlastete die Crossair.<br />
Die damaligen Führungskräfte<br />
der Fluggesellschaft,<br />
Moritz Suter und André Dosé,<br />
wurden vom <strong>Schweizer</strong>ischen<br />
Bundesstrafgericht freigesprochen.<br />
■ Zum ersten Mal gehört ein<br />
ausländisches Team zur Elite<br />
des <strong>Schweizer</strong> Fussballs. Als<br />
Tabellenerster der Challenge<br />
League stieg Vaduz (Liechtenstein)<br />
in die <strong>Schweizer</strong> Super<br />
League auf.<br />
■ Nach einem Verlust von<br />
11,5 Milliarden Franken im ersten<br />
Quartal kündigt die UBS<br />
an, dass sie bis Mitte 2009<br />
5500 Stellen abbauen will, 1500<br />
davon in der Schweiz. Gleichzeitig<br />
steht die Bank im Verdacht,<br />
reichen amerikanischen<br />
Kunden geholfen zu haben, ihr<br />
Einkommen am Fiskus vorbeizuschmuggeln.<br />
■ Jean-Paul Clozel, Gründer<br />
des Biotechunternehmens<br />
Actelion, wurde unter 48 Konkurrenten<br />
aus mehr als 40<br />
Ländern zum «World Entrepreneur<br />
of the Year» gewählt.<br />
Es ist das erste Mal, dass ein<br />
<strong>Schweizer</strong> diese vom Wirtschaftsprüfungs-<br />
und Beratungsunternehmen<br />
Ernst &<br />
Young verliehene Auszeichnung<br />
erhält.<br />
■ Nach dem Tessin, Solothurn,<br />
Graubünden, Appenzell Ausserrhoden,<br />
St. Gallen und Genf<br />
ist Uri der siebte Kanton, der<br />
das Rauchen in öffentlichen<br />
Räumen verbietet. Das Wallis<br />
wird nächstens über eine solche<br />
Vorlage abstimmen.<br />
■ Pascal Couchepin musste erklären,<br />
warum der Bundesrat<br />
2007 beschloss, 100 Bundesordner<br />
mit heiklen Dokumenten<br />
im Zusammenhang mit<br />
einem mutmasslichen Atomschmuggel<br />
heimlich zu vernichten.<br />
Es bestehen starke<br />
Zweifel an der Legalität dieser<br />
Aktion: Der Präsident der Aussenpolitischen<br />
Kommission<br />
des Nationalrats, Geri Müller,<br />
verlangt eine Untersuchung,<br />
denn er vermutet, dass die<br />
USA Druck auf die Schweiz<br />
ausgeübt haben.<br />
AW/RR