Mein Platz im Team - Kommunikation & Seminar
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Der junge Mann antwortete, der Schle<strong>im</strong>er solle das Ganze<br />
mal ein bisschen ruhiger angehen, so wie „er“, das Komplement,<br />
es mache. Und „der hier“, gemeint war der Symp -<br />
tomträger, solle gefälligst mehr Biss entwickeln, so wie das<br />
Komplement ihn habe.<br />
Wir sprachen noch ein bisschen allgemein über Biss und<br />
motivierende Tritte in den Hintern, danach wurde er in die<br />
Werkstatt entlassen, um niemandem die Gelegenheit zu geben,<br />
das Ganze zu zerreden. Für diesen Tag überließ ich dem<br />
jungen Mann den Stock. Er sollte ihn auf seine Werkbank legen<br />
und mit niemandem darüber reden. Be<strong>im</strong> Follow up<br />
nach zwei Monaten stellte sich heraus, dass sich das Verhalten<br />
des jungen Mannes stark verbessert hat. Der Stock<br />
lag auf seinen Wunsch hin <strong>im</strong>mer noch auf seiner Werkbank.<br />
Der junge Mann hatte, wahrscheinlich zu seiner eigenen<br />
Überraschung, sehr ernsthaft mitgearbeitet, obgleich er sich<br />
in keiner tiefen Trance befand. Ihm war nicht bewusst, inwieweit<br />
er dabei Informationen über sich preisgab und sich<br />
offenbarte. Wir hatten ja nicht über ihn gesprochen oder<br />
Teile von ihm, nur über einen Stock, ein Gedankenspiel.<br />
Der junge Mann hatte auch vor dieser Intervention alle Informationen,<br />
die er brauchte, ließ sie aber nie wirklich an<br />
sich ran. Er glaubte, Pädagogen, Anleiter und Eltern über<br />
„richtige“ Antworten zufrieden stellen zu müssen, um so<br />
kurzfristig seine Ruhe zu haben. Langfristige, nachhaltige<br />
Planung kannte er nicht, sondern nur kurzfristige Bedürfnisbefriedigung.<br />
Obgleich er langfristige Wünsche hegte,<br />
wäre die Arbeit über mittelfristige Ziele wenig Erfolg versprechend<br />
gewesen. Ehrlichen Gesprächen verweigerte er<br />
sich passiv, vielleicht aus Angst, dass sie zu schmerzhaft<br />
sein oder zu starken Einschränkungen seiner „Freiheit“ führen<br />
könnten. Dieser Widerstand lässt sich über die Methode<br />
des Komplements sehr schön umgehen. Dafür ist es meines<br />
Erachtens wichtig, nicht mit dem ganzen Modell ins Haus<br />
zu fallen, sondern einen Schritt nach dem anderen zu machen.<br />
Hätte ich dem jungen Mann vorher erklärt, was ich<br />
vorhabe, so hätte er wieder seine Schein-Antworten gegeben<br />
oder sich schlichtweg verweigert.<br />
Das „Absolute Komplement“ eignet sich gut für Klienten,<br />
die schon viel Erfahrung in therapeutischen oder pädagogischen<br />
Modellen haben, sich sehr stark kontrollieren oder<br />
einfach nicht gewillt sind mitzuarbeiten. Es ließe sich ein<br />
Buch darüber schreiben, ob ein solches Vorgehen ethisch zu<br />
rechtfertigen ist, Klienten, die „nichts wollen“, ein solches<br />
Modell „aufzuzwingen“. Es gibt eben diese Kontexte, in der<br />
ein außenstehender Dritter der Auftraggeber ist und in denen<br />
trotzdem mit den Klienten gearbeitet werden muss und, wie<br />
ich meine, auch gearbeitet werden sollte. Für die Kollegen<br />
ist es dann nicht möglich, sich hinter dem Unwillen ihrer<br />
Klientel zu verstecken. Der Auftrag des Dritten ist mehr<br />
oder minder klar definiert; der Auftrag, den der Klient erteilt,<br />
nicht (oder er ist sehr verschieden von dem des Dritten).<br />
Das Komplement bietet die Möglichkeit, dem Klienten<br />
einen Spiegel vorzuhalten, den er als solchen nicht erkennt<br />
– und der daher umso tiefer wirken kann. Die Würde und<br />
die Selbstbest<strong>im</strong>mtheit der Klientel bleiben stets gewahrt.<br />
Literatur:<br />
Burkhard Peter: Schmerzgestalt und Symptomträger. Zwei hypnotherapeutische<br />
Strategien bei chronischen Schmerzpatienten.<br />
In Psychotherapie von CIP/BAP; S.Sulz, München.<br />
12. Jahrgang 2007 S. 116-122<br />
Ingo Kröll, Diplom-Sozialpädagoge, ist in der<br />
Jugendarbeit tätig. NLP-Master und ausge -<br />
bildet in der Gesprächsführung nach<br />
Erickson (GFE).<br />
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