Der Charme einer Insel

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Atrium im Mai/Juni 2011 „Berlin Spezial“ Durchdacht: «Trapezium» von Robert Hoffmann überzeugt mit dem Spannungsverhältnis von direktem und indirektem Licht. Farbenfroh: Die «Modrobe» von Matthias Ries mutet dank unterschiedlich hohen Füssen und fl exiblen Containern leicht und licht an. → Von Bastlern und Profi s An dem oft kolportierten Vorurteil, dass in Berlin zwar viel gebastelt und ausprobiert werde – die im Vergleich zu anderen Metropolen relativ geringen Lebenskosten machen es möglich –, man hier aber keine Geschäfte machen könne, ist leider etwas Wahres dran. Schliesslich war Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang abgeschnitten von der Aussenwelt, und produzierende Unternehmen etablierten sich lieber anderswo. Doch es ist Land in Sicht: Nicht nur hat Berlin international erfolgreiche Designer wie Werner Aisslinger oder Axel Kufus hervorgebracht, auch im Veranstaltungsbe- 42 Schlau: Le Van Bo dachte sich den 24-Euro-Sessel aus – Teil einer Eigenbau- Möbelserie namens «Hartz IV». reich tut sich etwas. Einmal im Jahr lockt der Lucky Strike Designer Award die Kreativelite nach Berlin, und für Oktober dieses Jahres steht die neue Design- und Möbelmesse Qubique im Kalender eines jeden Design-Afi cionados. Die Messe will sich parallel zur erfolgreich positionierten Designplattform DMY etablieren – mit dem Fokus auf herstellende Unternehmen des High-End-Segments. Homebase Berlin: Messen, Galerien, Events Auch wenn hier und da Anlass zur Freude besteht, sieht es in der Galerienszene eher düster aus. Denn nur wenige Galerien von Ambitioniert: Die Galerie Karena Schuessler mit einer Installation von Lutz Hüning im Vordergrund. internationalem Format fokussieren sich in Berlin auf zeitgenössisches Design – zu nennen sind hier vor allem Karena Schuessler, Appel Design Gallery und Helmrinderknecht. Letztere allerdings hat im März ihre Galerieräume in der Linienstrasse aufgegeben und agiert seitdem als temporäre Pop-up-Galerie an verschiedenen Orten. Karena Schuessler wird im Juni zeitgleich zum DMY die erste europäische Solo-Show des Südkoreaners Kwangho Lee in den eigenen Galerieräumen in der Uhlandstrasse im alten Berliner Westen zeigen. Die Galerie hat sich auf den Verkauf von Unikaten und Produkten in kleiner Aufl age spezialisiert, → Foto: Cem Guenes (1) Karena Schuessler: „Es ist positiv, wenn eine zweite Messe zusätzliche Aufmerksamkeit auf Berlin lenkt.“ Klassik: «Bureau Offi ce» von Martin Holzapfel mit viel Ablagefl äche und Stauraum und der Ausstrahlung eines Bauhaus-Entwurfs. Humorvoll: Für den namhaften Hersteller Pallucco schuf Susanne Philippson «Crinolina», zu haben als Hänge-, Boden- oder Stehlampe. Aufgeblüht: Beistelltisch «Loll» von e27, aus pulverbeschichtetem Stahl und in Blau, Weiss oder Braun erhältlich. Cornelia Horsch, Leiterin des Internationalen Designzentrums, über … ... das Potenzial der Berliner Designszene Die Berliner Designer sind mit Herausforderungen konfrontiert, die aus einem Ungleichgewicht von angebotenen Kreativleistungen und produzierender Industrie resultieren. Für die Erschliessung neuer Märkte fehlen häufi g das unternehmerische Know-how oder auch die Vertriebsplattformen, die die vielen guten Ideen produzieren und erfolgreich vermarkten. Zudem sind Schnittstellen zur Forschung und zur Technologieentwicklung in Berlin noch viel zu wenig genutzt. Design ist als prozessorientierte Disziplin ein enormer Innovationsfaktor – dieses Potenzial gilt es für Berlin noch zu entwickeln. ... eine Stadt der Brüche und Widersprüche Die Stadt hat eine grosse Anziehungskraft, sie ist ein Melting Pot verschiedenster Kulturen. Berlin ist geschichtsträchtig, komplex und widersprüchlich. Berlin ist eine Stadt der Brüche und des Wandels – die Spuren sind allgegenwärtig. Es ist hier nicht alles glatt, geleckt und präsentabel, vielmehr machen Vielfalt und Offenheit den Reiz Berlins aus. Die Stadt bietet viele Ansatzpunkte, sein persönliches Umfeld mitzugestalten. Diese Möglichkeit inspiriert, erschafft stetig Neues und bietet Raum zur Entfaltung. ... den DMY Der DMY bietet als junges internationales Festival Sichtbarkeit, Austausch und Gestaltungsfreiräume für die nationale und internationale Designszene. Das Profi l ist in seinem experimentellen Charakter einzigartig, in seiner Art typisch für Berlin und setzt sich klar von existierenden internationalen Formaten ab. Gerade für den gestalterischen Nachwuchs ist der DMY als Plattform interessant. ... die neue Designmesse Qubique Das kreative Potenzial Berlins wird auch durch die Vielseitigkeit der angebotenen Messen und Festivals refl ektiert. Ob Fashion Week, Typo oder Transmediale: Berlin ist Impulsgeber. Die Stadt um eine Messe für Möbel und Design zu ergänzen, ist ein konsequenter Schritt. Sowohl das Umfeld am Tempelhofer Flughafen als auch das Konzept der Messe überzeugen. Wenn Berlin sich durch die neue Messe langfristig auf der Agenda der internationalen Möbelszene etabliert, wäre dadurch viel gewonnen. Foto: Heike Steinweg
Atrium im Mai/Juni 2011 „Berlin Spezial“ Harmonisch: Das aufwändig in Handarbeit gefertigte «Accordion Cabinet» von Elisa Strozyk und Sebastian Neeb. Relax: Sofa von Designerin Yasmine Benhadj- Djilali im Showroom ihres Labels Ybdd. → die «stark der künstlerischen Idee unterliegen», so die Galeristin. Die Designplattform DMY und die neue Möbelmesse Qubique beurteilt Schuessler positiv: «Den DMY halte ich für eine gute und sehr ambitionierte Veranstaltung, vielversprechend für junge, aussergewöhnliche Kreative.» Der DMY sei jedoch noch nicht so weit gereift, dass er ein grosses Publikum anziehen würde. «Eine Designmesse wie Qubique ist daher sehr willkommen, um noch mehr Augenmerk auf das Thema Design zu lenken.» Künstler, Designer, Kuratoren und Galeristen sind sich einig, was den Reiz Berlins ausmacht, und Petra Maendler Helm von der 44 Galerie Helmrinderknecht bringt es auf den Punkt: «Die ehrliche (etwas raue) Art, viel Kreativvolk, eine hohe Lebensqualität für wenig Geld und viel Individualismus. Die Stadt hat eine grossartige weltweite Ausstrahlung und zieht ein internationales Publikum an, wovon auch wir profi tieren.» Alles neu in Berlin Profi tieren von den Möglichkeiten und dem Flair einer Stadt, die immer in Bewegung zu sein scheint, tun jedoch vor allem die Designer. Namen wie Adam + Harborth, Susanne Philippson, Osko + Deichmann, Mark Braun, ett la benn, Elisa Strozyk, Böttcher + Henss- Praktisch: ett la benn kreierten «Valet» aus Eichenholz, Kunstobjekt und stummer Diener zugleich. ler, Uli Budde, Formfjord, llot llov oder Studio Hausen sind keine lokalen Geheimtipps mehr. Sie haben den Sprung über die Grenzen der Stadt geschafft und haben den Status etablierter Büros erreicht. Gut, dass sie als Beispiele für hoffentlich noch viele andere Kreative fungieren, die vom reichlich vorhandenen Platz für Innovationen und neue Denkmodelle profi tieren möchten. Auf die Designzukunft der Kapitale kann man sich jedenfalls freuen! ■ Mehr Infos auch für Reisende unter http://www.creative-germany.travel Fotos: Sebastian Neeb (1), Patricia Parinejad (1), Ender Suenni (1) So hip: Das Mode- und Designgeschäft «Baerck» wurde vom Designkollektiv llot llov mit mobilen Möbeln eingerichtet. Petra Maendler Helm: „Die Stadt zieht ein internationales Publikum an, wovon alle profi tieren.“ Charmant: Die Leuchte «Balloon» entwarf Designer Uli Budde für Vertigo Bird. Bekenntnis: Der Hochstapler «Krull» aus massivem Tannenholz mit Holmen aus MDF erscheint bei «Siebensachen», dem Label von Adam+Harborth. Andrej Kupetz, Hauptgeschäfts - führer des Rats für Formgebung, über … ... Berliner Autorendesign und Innovationskultur Es hat sich in den letzten fünfzehn Jahren eine sehr vitale, aber vor allem kleinteilige Designszene in Berlin entwickelt. Die Schwerpunkte liegen zum einen im Kommunikationsdesign und zum anderen im Autorendesign, das sich dadurch auszeichnet, dass Designer vor allem im Möbelbereich ohne Auftrag Prototypen entwickeln und erst anschliessend einen Produzenten dafür suchen. Das lässt eine hochgradige Innovationskultur entstehen, die aber aufgrund der fehlenden Industriestruktur in Berlin viel zu selten Marktreife erlangt. ... die Stadt Berlin Berlin ist ein Ort der ständigen Entwicklung. Die Stadt ist nie fertig und befi ndet sich in einem permanenten Veränderungsprozess. Berlin erzeugt dadurch ein spezielles Klima der Kreativität – und auch den Raum für die Gestaltung eines eigenen Lebensentwurfs. ... den DMY im Vergleich zum Salone Satellite in Mailand Sollte sich mittelfristig nicht eine Messe oder eine andere grosse Veranstaltung parallel zum DMY in Berlin etablieren, so bleiben die Wachstumsmöglichkeiten für die Veranstaltung vermutlich begrenzt. Foto: Giovanni Castel Piero Lissoni, italienischer Designer mit Zweitwohnsitz in Berlin, über … ... das Spannende an Berlin Berlin ist zurzeit die anregendste Stadt Europas, was Kunst, Lebensqualität und Leute betrifft. Jetzt wird Berlin auch der wichtigste Ort der Welt für Kunstgalerien und Projekte aus den Bereichen Musik, Grafi k und Film. ... Berliner und Mailänder Kreative Ich kenne die Berliner Kreativszene nicht gut genug. Ich vermute, dass im Gegensatz zu Mailand hier die Nähe zu den industriellen Möbelherstellern fehlt – das würde die Berliner Designer pushen. ... die neue Messe Qubique Qubique ist anders aufgestellt als andere Designmessen. Tempelhof ist ein unglaublicher Veranstaltungsort und die Energie des Umfelds pulsiert in die Messe hinein. Ich wünsche viel Erfolg und werde mir die Messe ansehen.
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Seite 5 und 6: Atrium im Mai/Juni 2011 „Berlin S

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