DIGITAL INSIDER Keine Einigung in Sicht: Streit um Pauschalabgabe (Vorschau)

Ausgabe 94 August 2012 Digital Insider 3
Pfeifer zeichnet ein unterschiedliches
Bild der Analogabschaltung. „In den
Ballungsgebieten kam relativ schnell
Entwarnung, während in manchen ländlichen
Gebieten bis in die letzte Nacht gearbeitet
wurde“, so der ZVEH-Sprecher.
Das war auch deshalb notwendig, weil
es laut Pfeifer bei größeren Anlagen und
Kopfstationen zu Lieferengpässen kam.
„Erschwert wurde die Thematik durch
die gleichzeitige Umstellung der ARD-
HD-Sendeplätze, die uns auch Wochen
nach der Umstellung beschäftigten“, so
Pfeifer gegenüber DIGITAL INSIDER.
800 000
700 000
600 000
500 000
400 000
300 000
200 000
100 000
0
Umsatzsteigerung
Die Arbeit hat sich aber auch nach
Angaben des Fachverbands Satellit &
Kabel des Zentralverbands der Elektrotechnik-
und Elektronikindustrie (ZVEI)
gelohnt. Im letzten Jahr konnte der
Umsatz der Branche um 16 Prozent auf
720 Millionen Euro gesteigert werden.
Im ersten Halbjahr 2012 verzeichnet
der Fachverband sogar ein Plus von
25 Prozent.
Bei genauerer Betrachtung profitierten
aber nicht alle Produkttypen vom Aufschwung.
Expert-Manager Klein spricht
von einer deutlich schwächeren Entwicklung
bei Anlagenkomponenten.
„Hier zeigt sich deutlich, dass die LNBs
bereits seit etwa zehn Jahren für den Bereich
der digitalen Programme geeignet
sind“, so Klein. In den wenigen Fällen,
in denen eine Umrüstung nötig war,
reichte der Austausch des LNBs oder
des Multischalters aus. Benedict Kober,
Sprecher des Vorstands der Fachhandelskette
Euronics, erkennt zudem eine
Abschwächung bei der Nachfrage für
PVR-Receiver, die aber weniger mit der
Analogabschaltung zu tun hat. „Grund
hierfür sind Geräte im unteren Preissegment,
die durch die zu erwartende ZPÜ-
Abgabe nicht mehr in gewohntem Maß
verfügbar waren“, so Kober (lesen Sie
hierzu auch den Artikel auf Seite 10).
Nahezu geräuschlos
Fest steht auf jeden Fall, dass die Abschaltung
ohne das erwartete Chaos nahezu
geräuschlos über die Bühne ging.
„Das ist insofern bemerkenswert, als es
sich um eine bundesweite Umstellung
handelte und lange Zeit ungewiss war,
wie viele Haushalte am 30. April 2012
tatsächlich noch von der Abschaltung
betroffen sein bzw. ob alle die Umrüstung
rechtzeitig schaffen würden“, erklärt
Gerhard Schaas, Vorsitzender der
Deutschen TV-Plattform (DTVP).
Sein Dank und der der gesamten Branche
gilt dem Projektbüro Klardigital
unter der Führung von Klaus Hofmann.
Selbst die Hotlines beim Projektbüro
und den Sendern blieben ruhiger als
erwartet. Einzig die HD-Aufschaltungen
bei ARD und ZDF sowie die damit
verbundenen Transponderwechsel
lösten bei einigen Empfangsgeräten
„technische und logistische Herausforderungen“
aus, wie Schaas DIGITAL
INSIDER erzählt. Lösungen konnten aber
schnell gefunden werden.
Verkaufte Receiver von Februar bis April 2012
DVB-S gesamt DVB-S SD DVB-S HD
234 000
219 000
193 000
428 000
487 000
635 000
88 000
82 000
74 000
194 000
237 000
349 000
146 000
137 000
119 000
234 000
250 000
286 000
2011 2012 2011 2012 2011 2012
Februar März April
Quelle: GfK Retail & Technology
Benedict Kober, Sprecher des Euronics-Vorstands, geht
davon aus, dass die Nachfrage zunächst auf verhaltenem
Niveau bleibt und sich erst zum Jahresende
wieder erholt
Bild: Euronics
An Fahrt verloren
Nach dem Boom in den ersten Monaten
des Jahres wird nun mit einem
deutlichen Abschwung gerechnet. „Der
Verkauf der Receiver verlor deutlich
an Fahrt und lediglich die noch abzuarbeitenden
Umrüstungen sorgten
für deutliche Umsätze im Rahmen der
Analogabschaltung“, erklärt Klein. Laut
ZVEH-Sprecher Pfeifer sind diese Umsätze
inzwischen aber auch deutlich
zurückgegangen. Erst mit dem Weihnachtsgeschäft
rechnen die meisten
Marktteilnehmer wieder mit steigenden
Verkaufszahlen. Bis dahin könnte es für
den einen oder anderen jedoch zu spät
sein. Wer darauf vertraut hat, dass der
Boom auch nach dem 30. April unverändert
anhält, und sich dementsprechend
die Lager vollgepackt hat, könnte nun
sein blaues Wunder erleben, wenn die
Lager nicht leerer werden, die Rechnungen
aber bezahlt werden müssen.
Allein mit dem Ersatzgeschäft wird man
sich nicht über Wasser halten können.
Zukunftsaussichten
Dennoch sind die Zukunftsaussichten
nicht die schlechtesten. „Die Haushaltsausstattung
an Zweit- und Drittgeräten
wächst von 2005 von 1,5 in diesem
Jahr voraussichtlich auf 2,2 Geräte“,
erklärt BVT-Geschäftsführer Fischel.
Die Anschaffungsbereitschaft der Konsumenten
bleibt zudem weiterhin auf
hohem Niveau. So planen laut BVT bis
Ende 2013 27 Prozent die Neuanschaffung
eines TV-Gerätes. Neue technologische
Entwicklungen wie HbbTV tun
ihr Übriges dazu.
Ein neues Tätigkeitsfeld für Handel und
Handwerk eröffnet sich darüber hinaus
in Sachen Heimnetzwerk. „Auf diesem
Gebiet gibt es einigen Handlungsbedarf“,
erklärt ZVEH-Sprecher Pfeifer. Zudem
rechnet der Handel damit, dass die
Umsätze mit höherwertigen Receivern
wieder steigen werden. Davon werden
dann auf jeden Fall die profitieren, die
die nächsten Monate mit eher mageren
Umsätzen überleben werden. MH