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DIGITAL INSIDER Nur noch sieben Jahre: Naht das Ende für SDTV? (Vorschau)

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Ausgabe 95 September 2012 www.digital-insider.de<br />

Gesprächsbereit<br />

Attraktiv<br />

Rentabel?<br />

Lutz Schüler hätte ARD<br />

und ZDF gerne als Partner<br />

mit an Bord.<br />

Jens Scheidemann weiß,<br />

warum auf illegalen Portalen<br />

geworben wird.<br />

Seite 4 Seite 11<br />

Seite 19<br />

Guido Schwarzfeld von<br />

der Telekom glaubt nicht<br />

an Open Access.<br />

<strong>Nur</strong> <strong>noch</strong> <strong>sieben</strong> <strong>Jahre</strong>:<br />

<strong>Naht</strong> <strong>das</strong> <strong>Ende</strong> <strong>für</strong> <strong>SDTV</strong>?<br />

SD/HD-Simulcast von ARD/ZDF soll laut KEF 2019 beendet werden<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Tatsächlich flacher: Die<br />

Neuheiten der IFA 2012 Seite 02<br />

Fällt der §20 UrhG? Seite 03<br />

Nach der Abschaltung ist vor der Abschaltung.<br />

Das wird sich die Kommission<br />

zur Ermittlung des Finanzbedarfs<br />

der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />

(KEF) gedacht haben, als sie<br />

in ihren 18. Bericht schrieb, <strong>das</strong>s die<br />

Simulcast-Phase von SD- und HDTV auf<br />

zehn <strong>Jahre</strong> begrenzt werden kann und<br />

demnach „die <strong>SDTV</strong>-Ausstrahlungen<br />

[...] per Satellit mit dem Jahr 2019 zu<br />

<strong>Ende</strong> gehen werden.“<br />

In <strong>sieben</strong> <strong>Jahre</strong>n soll also mit Standard-<br />

TV via Satellit <strong>für</strong> ARD und ZDF Schluss<br />

sein. Dann soll es die öffentlich-rechtlichen<br />

TV-Programme nur <strong>noch</strong> hochauflösendend<br />

geben. Davon unberührt<br />

bleiben zunächst die Pläne der privaten<br />

Sender <strong>für</strong> eine SD-Abschaltung.<br />

Es liegt jedoch auf der Hand, <strong>das</strong>s sie<br />

diese lieber heute als morgen in die<br />

Tat umsetzen würden, wenn die HD-<br />

Reichweite stimmt. Diese Abschaltung<br />

wird sich wie bei der Beendigung der<br />

analogen Sat-Verbreitung auch auf <strong>das</strong><br />

Kabel auswirken. Natürlich wollen die<br />

Beteiligten heute <strong>noch</strong> nichts von einem<br />

Abschalttermin wissen, aber was bei der<br />

KEF schwarz auf weiß geschrieben steht,<br />

hat Gewicht.<br />

Lesen Sie weiter ab Seite 10<br />

Lutz Schüler im Interview:<br />

„Haben <strong>noch</strong> Potenzial“ Seite 04<br />

3-Strikes-Modell: eine<br />

deutsche Totgeburt? Seite 06<br />

Multiscreen: Wer im Markt<br />

die besten Karten hält Seite 08<br />

Produkt des Monats:<br />

Xperia Smartwatch Seite 09<br />

Abschaltung reloaded:<br />

Wann ist SD am <strong>Ende</strong>? Seite 10<br />

Werbung finanziert<br />

illegale Online-Portale Seite 11<br />

Trotz positiver Zahlen:<br />

DAB braucht langen Atem<br />

Digitalradioverkäufe ziehen an – Umstieg dauert <strong>noch</strong> bis 2025<br />

Es gibt nur wenige Programme und Sie<br />

benötigen ein neues Empfangsgerät,<br />

deren Auswahl ebenfalls überschaubar<br />

ist. Schlechte Voraussetzungen also,<br />

um eine neue Technologie im Markt<br />

zu etablieren. Hört sich ganz nach DAB<br />

an, trifft aber auch auf die Einführung<br />

von UKW um 1950 zu. Es hat <strong>Jahre</strong><br />

gedauert, bis die Ultrakurzwelle beim<br />

Zuhörer „ankam“. Das scheint sich bei<br />

DAB zu wiederholen, womit sich die<br />

Frage stellt, ob aus der Vergangenheit<br />

nichts gelernt wurde.<br />

Die Frage kann man mit Ja beantworten,<br />

ansonsten wäre wohl der Neustart<br />

mit DAB Plus vor einem Jahr nicht nötig<br />

gewesen. Immerhin: Bis <strong>Ende</strong> 2011<br />

wurden 200 000 Digitalradios verkauft.<br />

In diesem Jahr sollen es über 1,1 Millionen<br />

sein. Hört sich zunächst viel<br />

an, angesichts der über 300 Millionen<br />

UKW-Empfänger in deutschen Haushalten<br />

wird jedoch klar, <strong>das</strong>s es <strong>noch</strong> ein<br />

langer Weg ist, bis <strong>das</strong> Radio komplett<br />

digital ist. 2025 soll es soweit sein. Bis<br />

dahin müssen vom Verbraucher über<br />

Radioveranstalter bis hin zur Automobilindustrie<br />

<strong>noch</strong> viele vom Digitalradio<br />

überzeugt werden.<br />

Lesen Sie weiter ab Seite 16<br />

Patentanmeldungen Seite 12<br />

Google TV kommt<br />

nach Deutschland Seite 13<br />

IBC 2012: Wo es sich<br />

lohnt vorbeizuschauen Seite 14<br />

Extrascharf: Olympia in 4k Seite 15<br />

DAB Plus – endlich in der<br />

Erfolgsspur angekommen? Seite 16<br />

White Spaces: <strong>noch</strong> zu<br />

viele Praxisprobleme Seite 18<br />

Open Access auf der NE4 Seite 19<br />

Kolumne: Abgewatscht Seite 20<br />

Termine Seite 20<br />

Impressum Seite 20


2 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Flacher, schärfer, größer<br />

IFA: absolute Neuheiten sind nicht zu erwarten – Blick in die Zukunft der Fernsehtechnologie<br />

Die IFA-Veranstalter dürften nach dem<br />

erstmalig durchgeführten IFA Innovations<br />

Media Briefing tief durchatmet<br />

haben. Das Event kann als gelungen<br />

bezeichnet werden womit den Preview-<br />

Events in Hamburg und München auch<br />

<strong>das</strong> letzte Stündlein geschlagen haben<br />

dürfte, zumal auf dem Briefing in Berlin<br />

<strong>noch</strong>mals betont wurde, <strong>das</strong>s dies<br />

die einzige offizielle Preview-Veranstaltung<br />

der IFA sei.<br />

Das hat sich der Veranstalter der<br />

Events in Hamburg und München allerdings<br />

auch selbst zuzuschreiben.<br />

Laut <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong> wollten einige<br />

der ausstellenden Unternehmen <strong>das</strong><br />

Konzept der Events ändern. Der Veranstalter<br />

ließ aber allem Anschein nach<br />

nicht mit sich reden und trieb damit<br />

die Aussteller geradezu nach Berlin.<br />

Damit sich die IFA-Verantwortlichen<br />

mit dem neuen Briefing nicht blamieren,<br />

wurde gleichzeitig im Hintergrund<br />

kräftig um die Aussteller<br />

geworben. Zwar stöhnten einige Unternehmen<br />

über die hohen Standpreise<br />

des Briefings, jedoch dürften eingeräumte<br />

Vergünstigen als Trostpflaster<br />

gewirkt haben.<br />

Solche umwälzenden Neuerungen sind<br />

auf der IFA jedoch nicht zu erwarten.<br />

Flachbildschirme können tatsächlich <strong>noch</strong> flacher werden.<br />

Für die Steuerung werden wie hier mit Panasonics<br />

Eluga-Handy immer häufiger Smartphones und Tablets<br />

eingesetzt<br />

Bild: IFA Berlin<br />

Themen wie OLED, 4 k oder brillenloses<br />

3D sind schon länger in der Diskussion,<br />

die auch in Berlin keinen neuen<br />

Schwung erhält. Immerhin: Wer dachte,<br />

bei Fernsehern geht es nicht mehr<br />

flacher, wird eines Besseren belehrt –<br />

dank OLED. Der 55-Zoller von Samsung<br />

misst in der Tiefe nur <strong>noch</strong> 7,6 mm,<br />

der gleich große OLED-Fernseher von<br />

LG ist sogar nur halb so tief. Damit fällt<br />

auch <strong>das</strong> Gewicht. Die OLED-Fernseher<br />

von Samsung und LG wiegen jeweils<br />

unter 10 kg.<br />

Immer größer<br />

Auf der einen Seite werden Displays<br />

immer flacher und leichter, auf der<br />

anderen Seite werden sie größer. In<br />

Berlin zeigt Sharp einen 90-Zoll-Flachbildfernseher,<br />

der allerdings bislang<br />

nur in den USA erhältlich ist. Neben<br />

diesem Riesen präsentiert Sharp in<br />

Berlin auch Displays mit einer 70- und<br />

80-Zoll-Diagonalen. Im 70-Zoll-Segment<br />

kann nur <strong>noch</strong> Samsung mit dem<br />

75ES9090 mithalten.<br />

Neben OLED verspricht auch 4 k brillantere<br />

Bilder. Für die vierfache HD-<br />

Auflösung steht aber <strong>noch</strong> nicht allzu<br />

viel Hardware zur Verfügung. Sony<br />

stellt den Blu-ray-Player BDP-S790 und<br />

den Projektor VPL-VW1000ES vor, die<br />

Bilder in 4 k-Auflösung wiedergeben<br />

können. Bislang ist Toshibas 55ZL2G der<br />

einzige Fernseher mit einem 4 k-Panel.<br />

Ebenso wie viele andere kehrte auch Loewe-<br />

Pressesprecher Roland Raithel den IFA-Previews in<br />

Hamburg und München den Rücken zu Bild: IFA Berlin<br />

Hohe Preise<br />

Ohnehin sind OLED und 4 k zunächst<br />

dem oberen Preissegment vorbehalten.<br />

Entsprechend klein sind die<br />

Stückzahlen. Die OLED-Fernseher von<br />

Samsung und LG sind jeweils <strong>für</strong> etwas<br />

weniger als 10 000 Euro erhältlich.<br />

Der 90-Zoller von Sharp kostet in den<br />

USA 10 999 US-Dollar, der LC80LE645E<br />

mit 80-Zoll-Diagonale 5 499 Euro und<br />

der 4k-Projektor von Sony schlägt mit<br />

189 000 Euro zu Buche.<br />

Toshibas 4 k-Fernseher kostet 7 999<br />

Euro. Das Display ist bislang die einsame<br />

Speerspitze des 3D-Fernsehens<br />

ohne Brille. Der 55ZL2G konnte in Test<br />

hinsichtlich Auflösung und Betrachtungswinkel<br />

bislang nicht so recht<br />

überzeugen. Daher dürfte es interessant<br />

sein, was der Seecube von Stream<br />

TV Networks an autostereoskopischen<br />

Bildern erzeugen kann. Der Konverter<br />

wird in Berlin an einem 42-Zoller des<br />

chinesischen Herstellers Hisense präsentiert.<br />

Stream TV Networks nennt<br />

<strong>das</strong> Ganze Ultra-D. Es fällt aber schwer<br />

zu glauben, <strong>das</strong>s mit einem Konverter<br />

die Ära des brillenlosen 3D-Fernsehens<br />

eingeläutet wird.<br />

Dem Fernseher winken<br />

Auch die Sprach- und Gestensteuerung<br />

lockte bislang <strong>noch</strong> keinen Hund<br />

hinterm Ofen hervor. Insbesondere<br />

die Gestensteuerung blieb bislang den<br />

Beweis schuldig, die Bedienung eines<br />

Fernsehers zu vereinfachen. Hier müssen<br />

Samsung und LG <strong>noch</strong> einiges an<br />

Entwicklungsarbeit leisten.<br />

Auch Sony setzt auf eine Sprach- und<br />

Gestensteuerung, zumindest beim<br />

Netzwerkplayer NSZ-GS7 und dem Bluray-Player<br />

NSZ-GP9. Beide Geräte sind<br />

mit Google TV ausgestattet, so <strong>das</strong>s es<br />

zur breiten Diskussion um die Suchmaschine<br />

<strong>für</strong> TV-Inhalte ab September<br />

endlich auch greifbare Hardware<br />

geben wird. Die Sprach- und Gestensteuerung<br />

ist in der Fernbedienung<br />

integriert, die zusätzlich ein Touchpad<br />

zur Steuerung eines Cursors sowie auf<br />

der Rückseite eine Tastatur besitzt,<br />

um Web-Adressen bequem eingeben<br />

zu können.<br />

Ebenso wenig wie OLED ist Smart TV<br />

ein neuer Begriff. Den<strong>noch</strong> wird er auf<br />

der IFA überall präsent sein. Interessant<br />

dürften dabei die Entwicklungen<br />

im Bereich Cloud Gaming sein. Sony<br />

hat sich die Übernahme des Cloud-<br />

Gaming-Dienstes Gaikai 380 Millionen<br />

US-Dollar kosten lassen. Aber auch LG<br />

und Samsung sind hier unterwegs. Die<br />

großen Marken der CE-Industrie interessieren<br />

sich zunehmend <strong>für</strong> Inhalte.<br />

Das wird in diesem Jahr auf der IFA<br />

mehr als deutlich. MH


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 3<br />

Wackelt der Paragraf 20b?<br />

Petitionsausschuss widerspricht im Streit um die Kabelweitersendung dem Bundesjustizministerium<br />

Als wäre die Novelle des Urheberrechts<br />

nicht schon kompliziert genug, geht<br />

es <strong>für</strong> Bundesjustizministerin Sabine<br />

Leutheusser-Schnarrenberger nun ins<br />

Detail. <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong> berichtete<br />

bereits mehrfach über die Petitionen<br />

zur Änderung des Paragrafen 20 des<br />

Urheberrechts, der die Kabelweitersendung<br />

regelt. Der Petitionsausschuss<br />

des Bundestags hat nun 28 Petitionen<br />

zum Urheberrecht an <strong>das</strong> Bundesjustizministerium<br />

(BMJ) „zur Erwägung<br />

überwiesen“, wie es im Beamtendeutsch<br />

heißt. Darüber hinaus werden diese<br />

Petitionen auch den Bundestagsfraktionen<br />

vorgelegt.<br />

Die Petenten sehen in der Regelung zur<br />

Kabelweitersendung eine Ungleichbehandlung<br />

zu Ungunsten der Betreiber<br />

von Gemeinschaftsantennenanlagen<br />

(GAA). GAA-Betreiber müssen ebenso<br />

wie regionale Kabelnetzbetreiber Abgaben<br />

an die Verwertungsgesellschaften<br />

zahlen, können aber im Gegensatz<br />

zu Kabel Deutschland und Co. keine<br />

Einspeisegebühren von den TV-<br />

Sendern verlangen.<br />

Staatssekretär Max Stadler hält eine Änderung oder<br />

Streichung des Paragrafen 20b <strong>für</strong> verfassungsrechtlich<br />

bedenklich<br />

Bild: FDP<br />

Inländerdiskriminierung<br />

Die rechtliche Lage ist jedoch kompliziert.<br />

Die Satelliten- und Kabelrichtlinie<br />

der EU regelt lediglich die grenzüberschreitende<br />

Kabelweitersendung. Hätte<br />

der Gesetzgeber aber nicht ebenfalls<br />

eine Regelung <strong>für</strong> die nationale Kabelweitersendung<br />

getroffen, stünde Ärger<br />

mit Brüssel ins Haus, denn dann käme<br />

es zur sogenannten Inländerdiskriminierung,<br />

also zu einer Ungleichbehandlung<br />

zwischen grenzüberschreitender<br />

und inländischer Kabelweitersendung.<br />

Um eine unmäßige Belastung zu Ungunsten<br />

der inländischen Kabelweitersendung<br />

zu vermeiden, wurde die<br />

Formulierung der nachbarschaftlichen<br />

Weitersendung mit ins Gesetzt aufgenommen.<br />

Die Grenze, aber der eine GAA<br />

an die Verwertungsgesellschaften abgabepflichtig<br />

wird, sank jedoch in den<br />

letzten <strong>Jahre</strong>n stetig, wenngleich den<br />

GAA-Betreiber da<strong>für</strong> an anderer Stelle<br />

Vergünstigungen eingeräumt wurden.<br />

Die Zeit drängt<br />

Anfang November 2011 tagte der Petitionsausschuss<br />

zu diesem Thema. Gefordert<br />

wurde die Streichung des Paragrafen<br />

20b oder, so <strong>das</strong> nicht möglich<br />

ist, eine Ergänzung durch einen dritten<br />

Satz: 㤠20 b (1) und (2) finden keine<br />

Anwendung auf im Beitrittsgebiet<br />

vor dem 3.10.1990 betriebenen und<br />

behördlich genehmigte Gemeinschaftsantennenanlagen.“<br />

BMJ-Staatsekretär<br />

Max Stadler machte den anwesenden<br />

Petenten aufgrund der Inländerdiskriminierung<br />

jedoch wenig Hoffnung auf<br />

eine Änderung des Paragrafen.<br />

Dabei drängt <strong>für</strong> GAA-Betreiber die Zeit.<br />

Inzwischen müssen sie nicht nur mit<br />

der VG Media einen Vertrag über die<br />

Kabelweitersendung von privaten TV-<br />

Sendern abschließen, sondern auch mit<br />

der Mediengruppe RTL Deutschland,<br />

die aus der VG Media ausgetreten ist.<br />

Zudem fordert die Gema rückwirkend<br />

bis 2007 5,95 Euro pro angeschlossener<br />

Wohneinheit von den Betreibern.<br />

Der Einzelempfang via Satellit ist kostenlos. Sobald sich<br />

aber mehrere Haushalte zu einer Gemeinschaftsanlage<br />

zusammenschließen, werden Abgaben an Verwertungsgesellschaften<br />

fällig<br />

Bild: watchsmart<br />

Vage Hoffnung<br />

Doch nun zeigt sich ein Silberstreif am<br />

Horizont. Am 28. Juni hat der Petitionsausschuss<br />

beschlossen, 28 Petitionen,<br />

die sich um <strong>das</strong> Thema Kabelweitersendung<br />

drehen, dem Justizministerium<br />

und den Bundestagsfraktionen<br />

vorzulegen. Der Ausschuss teilt nicht<br />

die Meinung des BMJ und verweist auf<br />

<strong>das</strong> Ausland. In einigen EU-Mitgliedsstaaten<br />

wurden lediglich die Vorgaben<br />

zur grenzüberschreitenden Kabelweitersendung<br />

der Satelliten- und Kabelrichtlinie<br />

übernommen und keine weiteren<br />

Regelungen zur inländischen Kabelweitersendung<br />

getroffen. Eine Inländerdiskriminierung<br />

wird in diesen Ländern als<br />

nicht relevant eingestuft.<br />

Der zusätzliche dritte Satz <strong>für</strong> den<br />

Paragrafen 20b, der in der DDR genehmigte<br />

GAA entlasten würde, dürfte jedoch<br />

den Betreibern wenig schmecken,<br />

deren Anlagen in den letzten 20 <strong>Jahre</strong>n<br />

installiert wurden, denn bei einer<br />

Änderung wären sie weiterhin abgabepflichtig.<br />

Deshalb sieht Staatssekretär<br />

Stadler in dieser Änderung einen<br />

Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz<br />

des Grundgesetzes. Aus seiner<br />

Sicht bliebe lediglich die ersatzlose<br />

Streichung des Paragrafen 20b, was<br />

er wiederum <strong>für</strong> verfassungsrechtlich<br />

bedenklich hält.<br />

Die Meinung des Bundesjustizministerium<br />

ist klar. Es bleibt jedoch abzuwarten,<br />

wie sich die einzelnen Fraktionen<br />

des Bundestages zu diesem Thema positionieren<br />

werden. Hierbei dürfte auch<br />

die anhaltende Diskussion rund um<br />

die Gema eine Rolle spielen, in der den<br />

Münchenern bereits aus den Reihen<br />

der Politik Zurückhaltung empfohlen<br />

wurde. Im Streit um die Kabelweitersendung<br />

manifestiert sich <strong>das</strong> verzerrte<br />

Bild der Verwertungsgesellschaften als<br />

böser Wolf auf der Jagd nach unschuldigen<br />

Lämmern, die lediglich ihre Nachbarn<br />

mit Fernsehen versorgen wollen –<br />

<strong>für</strong> populistische Politiker ein gefundenes<br />

Fressen im Wahlkampf. MH


4 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

„Wir haben <strong>noch</strong> Potenzial“<br />

Lutz Schüler über die Fusion, den Wettbewerb zur Telekom und einer Partnerschaft mit ARD und ZDF<br />

Über zu wenig Arbeit dürfte sich Lutz<br />

Schüler nicht beklagen. Der neue Chef<br />

des Kabelnetzbetreibers Unitymedia Kabel<br />

BW muss nicht nur zwei Unternehmen<br />

zusammenführen, er muss zudem<br />

die Auflagen des Bundeskartellamts umsetzen<br />

und sich gegen den aggressiven<br />

Wettbewerber Telekom behaupten. ARD<br />

und ZDF hätte er gerne als Partner mit<br />

im Boot.<br />

Herr Schüler, seit dem 1. Juli sind Sie offiziell<br />

CEO des zusammengeschlossenen<br />

Kabelnetzbetreibers Unitymedia Kabel<br />

BW. Wie weit ist der Zusammenschluss<br />

bislang fortgeschritten?<br />

Nach der Genehmigung des Erwerbs<br />

von Kabel BW durch unsere Mutter<br />

Liberty Global Inc. im Dezember vergangenen<br />

<strong>Jahre</strong>s haben wir direkt mit<br />

dem Prozess des Zusammenwachsens<br />

begonnen. Dadurch konnten wir zum<br />

1. Juli die Arbeit unter einem gemeinsamen<br />

Dach als Unitymedia Kabel BW<br />

aufnehmen. Ein solches Mammutprojekt<br />

in so kurzer Zeit so weit voranzutreiben<br />

funktioniert nur, wenn alle –<br />

vom Management bis hin zu jedem einzelnen<br />

Mitarbeiter – an einem Strang<br />

ziehen. Das haben wir erreicht. Und<br />

darauf sind wir stolz. Vor allem, weil<br />

wir es gleichzeitig geschafft haben, den<br />

Wachstumskurs weiter fortzusetzen. So<br />

haben wir schon im vierten Quartal<br />

in Folge mehr Breitbandkunden gewonnen<br />

als jeder unserer Wettbewerber.<br />

Und <strong>das</strong>, obwohl wir nur in drei<br />

Bundesländern tätig sind. Und: Jeder<br />

vierte Kunde abonniert mittlerweile ein<br />

kombiniertes Produkt aus Internet, Telefon<br />

und TV, also Triple Play. Das entspricht<br />

einem Zuwachs von 4,2 Prozent<br />

zum Vorjahreszeitraum.<br />

Welche Schritte werden Sie als nächstes<br />

unternehmen, um die Zusammenführung<br />

weiter voranzutreiben?<br />

Der Prozess des Zusammenwachsens<br />

ist natürlich <strong>noch</strong> nicht abgeschlossen<br />

– auch wenn wir jetzt in einer<br />

gemeinsamen Organisation agieren.<br />

Wichtig war und ist uns, <strong>das</strong>s unsere<br />

Kunden ihren Kabelnetzbetreiber kennen<br />

und sich mit ihm identifizieren.<br />

Diese emotionale Komponente haben<br />

wir im Frühjahr mit einem umfassenden<br />

Marken- und Produkt-Relaunch<br />

von Unitymedia betont. Ein nächster<br />

Ist von der technischen Überlegenheit des Kabels gegenüber<br />

anderen TV-Verbreitungswegen überzeugt: Lutz<br />

Schüler, CEO von Unitymedia Kabel BW Bild: Unitymedia<br />

großer Schritt wird im Herbst die optische<br />

und inhaltliche Angleichung der<br />

Marke Kabel BW an die gemeinsame<br />

Corporate Identity unter der „Liberty<br />

Global Blume“ sein. Dabei tragen wir<br />

jedoch der Stärke beider Kundenmarken<br />

Rechnung und werden in der<br />

Kundenansprache weiter als Kabel BW<br />

und Unitymedia auftreten.<br />

Wo ergeben sich Synergien zwischen<br />

beiden Kabelnetzbetreibern?<br />

Klar ist: Unsere Wettbewerber im Telekommunikations-<br />

bzw. Triple-Play-<br />

Bereich sind große national oder gar<br />

international agierende Konzerne. Aufgrund<br />

der fragmentierten Struktur des<br />

Kabelmarktes in Deutschland konnten<br />

wir anders als unsere Wettbewerber<br />

gegenüber unseren Kunden kaum einheitlich<br />

auftreten. Durch <strong>das</strong> Zusammenwachsen<br />

von Unitymedia und Kabel<br />

BW können wir künftig effizienteres<br />

Marketing betreiben und <strong>noch</strong> mehr<br />

Menschen <strong>für</strong> uns als Unternehmen und<br />

unsere Produkte begeistern. Denn letztendlich<br />

geht es darum, die unbestreitbaren<br />

Vorteile unserer Infrastruktur,<br />

wie die überlegenen Bandbreiten von<br />

derzeit bis zu 150 MBit/s, dem Endkunden<br />

<strong>noch</strong> stärker zu kommunizieren. Bei<br />

den Produkten haben Unitymedia und<br />

Kabel BW daher auch nicht von ungefähr<br />

vieles gemeinsam. Auch hier werden<br />

wir uns inhaltlich weiter annähern.<br />

Gibt es eine Zielsetzung <strong>für</strong> die Netzzusammenführung<br />

oder wird es bei zwei<br />

verschiedenen Netzen bleiben, die autark<br />

nebeneinander betrieben werden?<br />

Bei unserem Netz – ob in Baden-Württemberg,<br />

in Hessen oder NRW – setzen<br />

wir auf ein hybrides Glasfasernetz. Das<br />

heißt: Überregional werden TV-Signale<br />

und Internetinhalte per Glasfaser transportiert.<br />

Im Haus der Kunden ist <strong>das</strong> bekannte<br />

Koaxialkabel der Standard. Aber<br />

zukünftig werden wir mit der Glasfaser<br />

immer näher zum Kunden kommen. So<br />

ist bei Netzerweiterungen die Glasfaser<br />

die Regelbauweise – etwa in Neubaugebieten<br />

oder bei Modellprojekten wie<br />

in der kleinen Gemeinde Tuningen in<br />

Baden-Württemberg, in der wir unsere<br />

Kunden mit unseren Diensten direkt<br />

per Glasfaser versorgen. Da wir bereits<br />

heute mit unserem leistungsfähigen<br />

Glasfasernetz natürlich auch international<br />

angebunden sind, um beispielsweise<br />

den Internet-Traffic zu transportieren,<br />

liegt eine Zusammenführung bzw.<br />

Verbindung der (Glasfaser-)Netze auf<br />

der Hand. Allerdings ist <strong>das</strong> eher eine<br />

technische Integration im Hintergrund,<br />

die <strong>für</strong> den Kunden zunächst keine Auswirkung<br />

hat.<br />

In welchen Marktsegmenten sehen Sie<br />

Wachstumspotenzial <strong>für</strong> Unitymedia<br />

Kabel BW?<br />

Gerade im Bereich der kombinierten<br />

Produktangebote, also Paketen aus Internet,<br />

Telefon und Digital-TV bzw.<br />

HD-Empfang verzeichneten wir in den<br />

vergangenen Monaten starkes Wachstum.<br />

Es freut uns, <strong>das</strong>s unsere Kunden<br />

damit <strong>für</strong> sämtliche Telekommunikations-<br />

und Multimediadienstleistungen<br />

auf Lösungen von Unitymedia bzw.<br />

Kabel BW setzen. Aktuell nutzen bereits<br />

25 Prozent unserer Kunden solche kombinierten<br />

Angebote. Das bedeutet aber<br />

auch, <strong>das</strong>s 75 Prozent der Kundenbasis<br />

diese Entscheidung <strong>noch</strong> nicht getroffen<br />

„Wir bieten <strong>das</strong> leistungsfähigste<br />

Netz, über <strong>das</strong> die<br />

Öffentlich-Rechtlichen die<br />

Hälfte ihrer Zuschauer erreichen,<br />

<strong>das</strong> kann es nicht zum<br />

Nulltarif geben.“


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 5<br />

haben. Diese Kunden wollen wir mit den<br />

Vorteilen unseres Hochleistungsnetzes<br />

und unserem hervorragenden Preis-<br />

Leistungs-Verhältnis überzeugen. Ein<br />

Blick zu unseren Kollegen ins benachbarte<br />

Ausland zeigt, <strong>das</strong>s wir hier <strong>noch</strong><br />

großes Potenzial haben. Darüber hinaus<br />

buchen immer mehr Kunden unsere<br />

mobilen Produkte, also Mobiltelefonie<br />

oder mobiles Internet hinzu. Auch diesen<br />

Bereich werden wir in den nächsten<br />

Monaten weiter ausbauen.<br />

In einem Feldtest wurden Bandbreiten<br />

von 4,7 GBit/s in einem Kabelnetz<br />

erreicht. Was halten Sie von solchen<br />

Tests?<br />

Wir hören häufig skeptische Fragen,<br />

wer denn eigentlich so viel Bandbreite<br />

benötigt. Die Erfahrung zeigt aber:<br />

Wenn Bandbreite verfügbar ist, wird sie<br />

auch genutzt. Hier liegt nicht zuletzt die<br />

Basis <strong>für</strong> neue Geschäftsideen bzw. Optimierungen<br />

in Geschäftsabläufen, um<br />

wettbewerbsfähig zu bleiben. Deutschland<br />

droht als digitaler Wirtschaftsstandort<br />

den Anschluss zu verlieren,<br />

wenn wir nicht all unsere Kraft in den<br />

Breitbandausbau stecken. Hier sind Kabelnetzbetreiber<br />

in den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />

mit Investitionen von durchschnittlich<br />

25 Prozent ihres Umsatzes deutlich<br />

in Vorleistung gegangen. Daher kann<br />

<strong>das</strong> hybride Kabelnetz heute technisch<br />

schon bis zu 5 GBit/s, also 5 000 MBit/s<br />

anbieten. In einem eigenen Test, den<br />

wir im Rahmen der diesjährigen Anga<br />

Cable mit unserem Technikpartner Cisco<br />

Systems durchgeführt haben, konnten<br />

wir im Live-Betrieb eine Bandbreite<br />

von 1,5 GBit/s über unser Kabelnetz realisieren.<br />

Und <strong>das</strong> mit heutiger Technik<br />

und unter realen Bedingungen, denn<br />

parallel haben wir über denselben Anschluss<br />

auch Telefonie und Digital-TV<br />

übertragen. Dieser Test zeigt ganz deutlich,<br />

was über <strong>das</strong> Kabel möglich ist und<br />

welche Bedeutung diese Infrastruktur<br />

<strong>für</strong> Deutschland hat.<br />

ARD und ZDF haben die Einspeiseverträge<br />

mit Ihnen gekündigt und laut<br />

KEF-Bericht keine Einspeisegebühren<br />

ab 2013 veranschlagt. Können Sie sich<br />

ein Einspeisemodell mit den Öffentlich-<br />

Rechtlichen vorstellen, bei dem Sie kein<br />

Geld erhalten?<br />

Vom Network Operation Center in Kerpen wird <strong>das</strong> Unitymedia-Netz gesteuert. Eine technische Zusammenlegung<br />

mit dem Kabel-BW-Netz liegt laut Schüler auf der Hand<br />

Bild: Unitymedia<br />

Diese Diskussion möchten wir mit den<br />

öffentlich-rechtlichen Sendern gerne<br />

am Verhandlungstisch führen. Ich<br />

denke, <strong>das</strong>s alle Beteiligten gut daran<br />

täten, über zukünftige Geschäftsmodelle<br />

und Kooperationen nachzudenken.<br />

Die Mediatheken und Portale der<br />

Öffentlich-Rechtlichen stehen künftig<br />

in Konkurrenz zu internationalen Plattformen<br />

wie Netflix oder Hulu – da<br />

brauchen sie einfach einen starken<br />

Partner, mit dem sie ihre eigenen innovativen<br />

Angebote zu den Zuschauern<br />

bringen. Politik, Wirtschaft und Bürger,<br />

aber auch die Programmveranstalter<br />

selbst, verlangen nach einem<br />

zukunftssicheren Netz <strong>für</strong> TV-und<br />

Mehrwertdienste bis in den ländlichen<br />

Raum. <strong>Nur</strong> mit hohen Investitionen<br />

und in partnerschaftlicher Zusammenarbeit<br />

kann diese Plattform <strong>für</strong> Dienste<br />

und Anwendungen wie HDTV, Interaktivität,<br />

Video auf Abruf und die<br />

voranschreitende Verschmelzung von<br />

TV- und Online-Inhalten betrieben werden.<br />

Das leistungsfähige Kabel kann<br />

den Sendern zukünftig große Wachstumschancen<br />

eröffnen – diese Chance<br />

sollte man nicht verpassen. Dazu gehört<br />

allerdings ein fairer Umgang –<br />

mehr verlangen wir nicht. Wir bieten<br />

<strong>das</strong> leistungsfähigste Netz, über <strong>das</strong> die<br />

Öffentlich-Rechtlichen die Hälfte ihrer<br />

Zuschauer erreichen, <strong>das</strong> kann es nicht<br />

zum Nulltarif geben. Schon gar nicht,<br />

wenn etwa <strong>für</strong> Satellit oder gar DVB-T,<br />

<strong>das</strong> ca. 4 Prozent aller TV-Haushalte<br />

erreicht und technisch dem Kabel weit<br />

unterlegen ist, weiterhin bei geringerer<br />

Leistung sehr viel höhere Beträge gezahlt<br />

werden und <strong>das</strong> Kabel so einseitig<br />

diskriminiert wird.<br />

Oder werden die Einnahmeverluste von<br />

der einen Seite des Kabels mit den Umsätzen<br />

auf der andere Seite, also beim<br />

Endkunden, wett gemacht?<br />

Aus unserer Sicht ist unser Finanzierungsmodell<br />

angemessen, zumal es<br />

dazu beiträgt, <strong>das</strong>s die Kabelentgelte<br />

bei den Endkunden im internationalen<br />

Vergleich sehr niedrig ausfallen. Daher<br />

setzen wir wie gerade dargelegt auf konstruktive<br />

Gespräche mit ARD und ZDF<br />

und halten Spekulationen zum jetzigen<br />

Zeitpunkt <strong>für</strong> nicht hilfreich.<br />

Betrachtet man die versorgten Haushalte,<br />

sind Sie fast gleichauf mit Kabel<br />

Deutschland. Die Münchener werden<br />

sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach<br />

durch den Kauf von Tele Columbus<br />

<strong>noch</strong> vergrößern. Wo sehen Sie Chancen<br />

<strong>für</strong> Ihr Unternehmen, durch Zukäufe<br />

weiter zu wachsen?<br />

Selbstverständlich beobachten wir<br />

aktuelle Marktentwicklungen immer<br />

genau und prüfen Optionen. Aktuell<br />

konzentrieren wir uns gerade auf<br />

den Zusammenführungsprozess von<br />

Unitymedia und Kabel BW zu einem gemeinsamen<br />

Unternehmen. Wachstum<br />

wollen wir aktuell über unsere bestehende<br />

Kundenbasis, insbesondere im<br />

Bereich der Triple-Play-Produkte, generieren.<br />

Hier haben wir <strong>noch</strong> starkes<br />

Wachstumspotenzial.<br />

<strong>Ende</strong> des <strong>Jahre</strong>s fällt im Kabel in NRW<br />

und Hessen die Grundverschlüsselung.<br />

Welche Folgen wird <strong>das</strong> <strong>für</strong> Ihr Unternehmen<br />

haben?<br />

Viele unserer Kunden in Hessen und in<br />

NRW setzen bereits heute auf den Digitalempfang<br />

und haben sich <strong>für</strong> einen<br />

Digitalreceiver von Unitymedia entschieden.<br />

Durch die zukünftige unverschlüsselte<br />

Verbreitung der privaten<br />

Digitalsender kommen <strong>noch</strong> mehr Kunden<br />

– etwa über integrierte Digitalempfänger<br />

in Flachbildfernsehern – in den


6 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Genuss von digitalem Fernsehen. Aus<br />

Kundensicht ist <strong>das</strong> eine prima Sache,<br />

denn sie sind bei uns maximal flexibel:<br />

Ob digital im Wohnzimmer oder analog<br />

an weiteren TV-Geräten im Haushalt –<br />

ganz komfortabel können sie ohne Zusatzgeräte<br />

ihren TV-Konsum gestalten.<br />

Der wichtigste Trend ist aktuell jedoch<br />

HD. Immer mehr Menschen haben HDfähige<br />

Flachbildfernseher und wollen<br />

diese auch nutzen. Da ist der Schritt<br />

nicht weit, auch über Komfortfunktionen<br />

wie etwa zeitversetztes Fernsehen<br />

nachzudenken. Daher entscheiden sich<br />

viele Kunden inzwischen <strong>für</strong> HD und<br />

unseren HD-Rekorder. Das Angebot<br />

„Unsere Partner schätzen die<br />

vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

und den großen Erfahrungsvorsprung,<br />

den wir<br />

in der Medienversorgung<br />

von Wohnungsbauunternehmen<br />

haben.“<br />

halten wir auch hier flexibel: So bieten<br />

wir neben dem HD DVR auch HD-Receiver<br />

oder HD-Module (CI Plus) an.<br />

Eine weitere Auflage <strong>für</strong> die Genehmigung<br />

des Zusammenschlusses war <strong>das</strong><br />

Sonderkündigungsrecht <strong>für</strong> Verträge,<br />

die Kabel BW und Unitymedia mit der<br />

Wohnungswirtschaft besitzen. Haben<br />

viele Ihrer Kunden von dem Recht Gebrauch<br />

gemacht?<br />

In den vergangenen Monaten haben wir<br />

intensiv mit unseren Partnern aus der<br />

Wohnungswirtschaft gesprochen. Wir<br />

sehen die Zusammenarbeit als partnerschaftliches<br />

Engagement – schließlich<br />

profitieren sowohl Wohnungswirtschaft<br />

als auch Unitymedia Kabel BW von einer<br />

intensiven Zusammenarbeit. Bitte<br />

haben Sie Verständnis da<strong>für</strong>, <strong>das</strong>s wir<br />

uns zu einzelnen Vertragsverhältnissen<br />

nicht äußern. So viel sei gesagt: Unsere<br />

Partner schätzen die vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit und den großen Erfahrungsvorsprung,<br />

den wir in der Medienversorgung<br />

von Wohnungsbauunternehmen<br />

haben. Experimente wollen sich<br />

die wenigsten leisten. Das haben auch<br />

intensive Gespräche der vergangenen<br />

Monate bestätigt.<br />

In letzter Zeit macht Ihnen die Deutsche<br />

Telekom Konkurrenz um die Wohnungswirtschaft.<br />

Wie reagieren Sie auf den in<br />

diesem Segment neuen Wettbewerber?<br />

Unsere Partner aus der Wohnungswirtschaft<br />

wissen, <strong>das</strong>s sie mit dem Kabelanschluss<br />

auf eine besonders leistungsfähige<br />

Infrastruktur, maßgeschneiderte<br />

Lösungen und umfangreiche Erfahrung<br />

setzen. Das bestätigt sich in den zahlreichen<br />

Gesprächen, die wir führen.<br />

Selbstverständlich arbeiten wir kontinuierlich<br />

an weiteren Optimierungen, bei<br />

denen wir all unser Know-how und die<br />

Überlegenheit unseres Breitbandnetzes<br />

einbringen. Schließlich wird die Verfügbarkeit<br />

von leistungsfähigen Internetzugängen<br />

oder attraktiven Multimediadiensten<br />

immer mehr zum Argument –<br />

auch bei der Vermietung oder dem Kauf<br />

von Immobilien.<br />

Vielen Dank <strong>für</strong> <strong>das</strong> Gespräch.<br />

Im Kielwasser der Piraten<br />

Vorgerichtliches Mitwirkungsmodell gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet erntet viel Kritik<br />

Das vorgerichtliche Mitwirkungsmodell wird unter anderem deswegen kritisiert, weil Urheberrechtsverletzungen nur<br />

bei Filesharern wie etwa eMule identifiziert werden können Bild: www.emule-project.net, Stock.xchng/Monatage: Auerbach Verlag<br />

Die Anwaltskanzlei U+C will die Namen<br />

von Personen, die illegal urheberechtlich<br />

geschützte Werke aus dem Internet<br />

heruntergeladen haben, veröffentlichen.<br />

Das Pikante dabei: Es handelt<br />

sich ausschließlich um pornografische<br />

Werke. Abgesehen von der rechtlichen<br />

und moralischen Diskussion eines solchen<br />

Online-Prangers wird deutlich,<br />

welche Blüten die Maßnahmen gegen<br />

Urheberrechtsverletzungen im Internet<br />

treiben. Daher wird fieberhaft nach<br />

adäquaten Lösungen gesucht. Eine davon<br />

soll <strong>das</strong> sogenannte vorgerichtliche<br />

Mitwirkungsmodell sein, <strong>das</strong> aber insbesondere<br />

aus den Reihen der Internet<br />

Service Provider (ISP) viel Kritik erfährt.<br />

Das vom Bundeswirtschaftsministerium<br />

(BMWi) vorgelegte Warnhinweismodell<br />

ist quasi eine Effektivierung des Auskunftsanspruchs<br />

der Rechteinhaber, so<br />

<strong>das</strong>s keine neuen Gesetze nötig wären.<br />

Es soll zudem verhindern, <strong>das</strong>s sofort<br />

mit der Abmahnkeule zugeschlagen<br />

wird. Trotzdem bedeutet es zumindest<br />

<strong>für</strong> die ISPs einen erheblichen Mehraufwand,<br />

weshalb sie <strong>das</strong> bestehende<br />

Auskunftsverfahren auch <strong>für</strong> völlig ausreichend<br />

halten. Bei einem möglichen<br />

Rechtsverstoß ermittelt der Rechteinhaber<br />

die dazugehörige IP-Adresse und<br />

übersendet diese an den ISP, der wiederum<br />

eine aufklärende Warnung an den<br />

zur IP-Adresse gehörenden Anschlussinhaber<br />

verschickt. Gleichzeitig speichert<br />

der ISP den Namen des Anschlussinhabers<br />

sowie den Verstoßvorwurf in<br />

einer Liste. Bei einer bestimmten Anzahl<br />

an Verstößen übermittelt der ISP dem<br />

Rechteinhaber die dann anonymisierte


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 7<br />

Liste, so <strong>das</strong>s der Rechteinhaber seinen<br />

Auskunftsanspruch auf Herausgabe<br />

des Namens und der Adresse geltend<br />

machen kann.<br />

Datenschutz<br />

Auf die ISPs kommt also einiges an<br />

Arbeit und damit auch Kosten zu. Kein<br />

Wunder also, <strong>das</strong>s der Verband der<br />

deutschen Internetwirtschaft Eco <strong>das</strong><br />

vorgerichtliche Mitwirkungsmodell ablehnt.<br />

Es verstoße gegen <strong>das</strong> Datenschutzgesetz,<br />

<strong>das</strong> Fernmeldegeheimnis<br />

sowie <strong>das</strong> Grundrecht auf informelle<br />

Selbstbestimmung, so die Kritik. „Zudem<br />

hebelt dieses Modell den Richtervorbehalt<br />

aus und schadet massiv die<br />

Kundenbindung“, erklärt Oliver Süme,<br />

Vorstand Politik, Recht & Regulierung<br />

beim Eco. Kein Unternehmen spielt<br />

gerne den Buhmann bei den eigenen<br />

Kunden, indem es ihm mit erhobenen<br />

Zeigefinger droht.<br />

Die Kritik ist inzwischen auch beim<br />

Wirtschaftsministerium angekommen.<br />

„Im Rahmen der Prüfungen und in der<br />

laufenden Diskussion ist auch deutlich<br />

geworden, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> vorgeschlagene<br />

Warnhinweismodell zum Einen nur bei<br />

einem Teil der Urheberrechtsverletzungen<br />

greifen würde und zum Anderen<br />

nicht unabhängig von grundlegenden<br />

Entscheidungen des Datenschutz zu beschließen<br />

ist“, gibt BMWi-Staatssekretär<br />

Hans-Joachim Otto zu bedenken.<br />

Schwarze Schafe<br />

Derzeit lässt der Stand der Technik lediglich<br />

bei Peer-to-Peer-Netzwerken die<br />

Ermittlung von IP-Adressen zu. Rund<br />

ein Fünftel der im Internet begangenen<br />

Urheberrechtsverstöße geschehen<br />

in solchen Netzwerken. Zwar gelten<br />

die Verfahren zu Ermittlung von IP-<br />

Adressen unter Experten als gesichert,<br />

aber es gibt schwarze Schafe unter den<br />

Anbietern. Ein im letzten Jahr viel diskutierter<br />

Fall drehte sich um die Firma<br />

Guardaley Ltd. aus Karlsruhe, der vorgeworfen<br />

wurde, Fehler bei der Datenermittlung<br />

gemacht zu haben. Das Landgericht<br />

Berlin sah es als erwiesen an,<br />

<strong>das</strong>s Guardaley „unzuverlässige Recherchedienstleistungen“<br />

erbracht habe. Die<br />

Folge: Abmahnungen aufgrund falscher<br />

Daten werden rechtlich unwirksam.<br />

Für den Anschlussinhaber ist es bei<br />

einer fälschlich erhobenen Abmahnung<br />

schwer, seine Unschuld zu beweisen.<br />

Das gilt auch beim vorgerichtlichen Mitwirkungsmodell,<br />

wenn ein Nutzer einen<br />

Warnhinweis von seinem ISP erhält. Naturgemäß<br />

wird er sich bei seinem Internet<br />

Service Provider beschweren. „Dieser<br />

kann jedoch nicht beurteilen, ob der<br />

Vorwurf zutreffend ist oder überhaupt<br />

eine Urheberrechtsverletzung begangen<br />

wurde“, erklärt Süme.<br />

Steigende Kosten<br />

Darüber hinaus kommen auf Internet<br />

Service Provider und Rechteinhaber<br />

erhebliche Kosten zu. Derzeit verlangt<br />

ein ISP <strong>für</strong> die Herausgabe von IP-Daten<br />

rund 5 Euro. Laut Eco werden monatlich<br />

300 000 IP-Adressen herausgegeben.<br />

Eine Überwachung, wie sie beim<br />

Mitwirkungsmodell notwendig wäre,<br />

würde den Preis erhöhen. Eine gesetzliche<br />

Grundlage existiert zwar, so <strong>das</strong>s<br />

der Rechteinhaber diese Kosten geltend<br />

machen könnte, jedoch müssten<br />

auch diese Kosten erst durchgesetzt<br />

werden. Letzten <strong>Ende</strong>s wird der Rechtsverletzer<br />

zur Kasse gebeten. Angesichts<br />

der Tatsache, <strong>das</strong>s die IP-Ermittlung<br />

nur in Peer-to-Peer-Netzwerken eingesetzt<br />

werden kann, stellt sich ohnehin<br />

die Frage nach dem Verhältnis von<br />

Kosten und Nutzen. Filesharing über<br />

solche Netzwerke befindet sich auf<br />

dem Rückzug, sicherlich auch wegen<br />

der unzähligen Abmahnungen, aber<br />

hauptsächlich deshalb, weil <strong>das</strong> Filehosting<br />

<strong>das</strong> lukrativere Geschäftsmodell<br />

<strong>für</strong> Internetpiraten ist. In Frankreich<br />

hat <strong>das</strong> 3-Strikes-Modell zu einem Anstieg<br />

der Nutzung illegaler Streaming-<br />

Portale geführt.<br />

„Von Anfang an Totgeburt“<br />

Darüber hinaus erkennen Experten bereits<br />

jetzt, <strong>das</strong>s Nutzer zu solchen ISPs<br />

wechseln, die nicht beauskunften. Dieser<br />

Trend könnte sich verstärken, sobald<br />

Nutzern rechtliche Konsequenzen<br />

drohen. Um einem solchen Nomadentum<br />

zu entgehen, müsste eine ISP-übergreifende<br />

Verstoßliste angelegt werden.<br />

Konkrete Überlegungen gibt es hierzu<br />

laut Eco-Vorstand Süme aber nicht. „Für<br />

die deutschen ISPs ist <strong>das</strong> Warnhinweismodell<br />

keine Option“, resümiert daher<br />

Süme. Rechteinhaber könnten bereits<br />

jetzt Warnhinweise anstelle von teuren<br />

Abmahnungen versenden.<br />

Das vorgerichtliche Mitwirkungsmodell<br />

wirft viele Detailfragen auf. Das weiß<br />

auch Staatssekretär Otto. Er geht nicht<br />

davon aus, <strong>das</strong>s diese Fragen in der laufenden<br />

Legislaturperiode geklärt werden<br />

können. „Das Otto-Modell ist von<br />

Anfang an eine Totgeburt“, glaubt ein<br />

Branchenexperte gegenüber <strong>DIGITAL</strong><br />

<strong>INSIDER</strong> nicht mehr an dieses Warnhinweismodell.<br />

Man wird also weiter nach<br />

gangbaren Lösungen suchen müssen,<br />

um Urheberrechtsverletzungen im Internet<br />

einzudämmen. MH<br />

Kompakt<br />

EPG-Streit wieder vorm OLG<br />

Die VG Media und der EPG-Anbieter<br />

TVTV treffen sich erneut vor dem OLG<br />

Dresden. Der BGH verwies den Fall wieder<br />

ans Berufungsgericht, da bislang keine<br />

hinreichende Feststellung zum Einwand<br />

von TVTV erfolgt sei, Verlage und<br />

EPG-Anbieter würden ungleich behandelt.<br />

Während Zeitschriften Programminformationen<br />

kostenfrei erhalten,<br />

soll TVTV <strong>für</strong> deren Nutzung bezahlen.<br />

Darüber hinaus urteilte <strong>das</strong> BGH, <strong>das</strong>s<br />

EPG-Daten urheberrechtlichen Schutz<br />

genießen und nicht ohne Zustimmung<br />

der Sender genutzt werden dürfen. MH<br />

On-Demand-Erlöse steigen<br />

On-Demand-Erlöse <strong>für</strong> Filme und Fernsehsendungen<br />

werden laut einer Studie<br />

von Digital TV Research bis 2017 um<br />

54 Prozent auf 6 Milliarden US-Dollar<br />

ansteigen. Im letzten Jahr wurden in<br />

diesem Segment 3,9 Milliarden Dollar<br />

umgesetzt. Spitzenreiter sind und<br />

bleiben die USA, gefolgt von Italien. In<br />

fünf <strong>Jahre</strong>n werden China und Japan zu<br />

ihnen aufschließen. Deutschland nahm<br />

2011 mit Umsätzen von 132 Millionen<br />

US-Dollar den siebten Rang ein. In fünf<br />

<strong>Jahre</strong>n sollen die Einnahmen auf 266<br />

Millionen US-Dollar steigen. MH<br />

Save TV ohne Pro Sieben Sat 1<br />

Der Online-Recording-Dienst Save TV<br />

muss auf die Sender der Pro Sieben Sat<br />

1 Media AG verzichten. Das Landgericht<br />

München I entsprach einer Unterlassungsklage<br />

des TV-Konzerns, nach der<br />

die Programme nicht ohne Genehmigung<br />

<strong>für</strong> Aufzeichnungen angeboten<br />

werden dürfen. Save TV argumentierte,<br />

es handele sich dabei um die Erstellung<br />

von Privatkopien, weshalb <strong>das</strong> Vervielfältigungsrecht<br />

des Sendeunternehmens<br />

nicht verletzt werde. Im Streit mit der<br />

Mediengruppe RTL entschied <strong>das</strong> OLG<br />

Dresden hingegen <strong>für</strong> Save TV. MH


8 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Keine Chance ohne Risiko<br />

Lukrativer Markt <strong>für</strong> Multiscreen-Lösungen – Innovations- und Investitionskraft wichtige Faktoren<br />

Die Medienwelt wird komplexer, bewegte<br />

Bilder werden auf allen möglichen<br />

Screens dargestellt. Ebenso wird<br />

der Weg zum Kunden vielfältiger. Wer<br />

ihn nicht verlieren will, muss sich der<br />

Realität stellen und seinen Platz in<br />

Zeiten von TV Everywhere und Overthe-Top<br />

(OTT) suchen. Lösungen <strong>für</strong><br />

Multiscreen-Szenarien gibt es dabei zuhauf,<br />

wie die Aussteller der diesjährigen<br />

Anga Cable eindrucksvoll bewiesen haben.<br />

Doch wer benötigt eigentlich was,<br />

um den Kunden bei sich zu halten?<br />

Das sich hier ein Markt <strong>noch</strong> in seiner<br />

Orientierung befindet, bemerken auch<br />

die Inhalteanbieter, die unisono die<br />

Schieflage zwischen stark regulierter<br />

Fernseh- und wenig regulierter Online-Welt<br />

kritisieren. „Es darf in Zukunft<br />

aber keinen Unterschied mehr<br />

machen, über welches Gerät welcher<br />

Inhalt kommt“, sagt Jörg Allgäuer, Vice<br />

President Corporate Communications<br />

bei Sky Deutschland. Er fordert eine<br />

einheitliche Regulierung <strong>für</strong> alle Inhalte.<br />

„Diese Aufgabe müssen Bund und<br />

Länder gemeinsam angehen und lösen“,<br />

so Allgäuer.<br />

Kundenbindung<br />

Die Inhalteanbieter nutzen die Möglichkeiten,<br />

auf allen Screens präsent zu<br />

sein, intensiv. Vieles wird ausprobiert.<br />

So ganz will man sich von alteingesessenen<br />

Strukturen nicht vermeiden,<br />

denn allen ist klar, woher <strong>das</strong> Geld<br />

<strong>für</strong> Inhalte kommt. „Den Löwenanteil<br />

der Finanzierung übernehmen immer<br />

<strong>noch</strong> Free-TV und Pay-TV, nicht der<br />

OTT-Anbieter“, erklärt Mirjam Laux,<br />

Managing Director Fox International<br />

Channels Germany.<br />

Aber die OTT-Anbieter drängen in den<br />

Markt. Genannt werden stets die großen<br />

Fünf des Internets: Apple, Amazon,<br />

Google, Microsoft und Facebook. Sie<br />

entfalten ihre Marktmacht in Hardware-Ökosystemen<br />

wie Microsofts Xbox<br />

oder Sonys Playstation. Wo bleibt da<br />

der Infrastrukturbetreiber? Seine Chance<br />

besteht darin, den Kunden durch<br />

Multiscreen-Angebote enger an sich<br />

zu binden. „Unsere Erfahrung zeigt,<br />

<strong>das</strong>s über 20 Prozent der Bestandskunden<br />

diese Angebote regelmäßig nutzen“,<br />

erklärt Axel Meiling, Principal<br />

beim Beratungsunternehmen Mücke,<br />

Sturm & Company.<br />

Unübersichtlich<br />

Aufgrund der geringen Markteintrittshürden<br />

<strong>für</strong> Wettbewerber ist Meiling<br />

jedoch der Ansicht, <strong>das</strong>s die Bedeutung<br />

von anbieterspezifischen Set-Top-Boxen<br />

schrumpfen wird, da sie mit der Innovations-<br />

und Investitionskraft der<br />

OTT-Anbieter nicht mithalten können.<br />

„Infrastrukturanbieter stehen am Scheideweg,<br />

ob sie in Zukunft auf exklusive<br />

Inhalte und Services setzen werden,<br />

oder ob Sie die Inhalte- und Servicevielfalt<br />

‚umarmen‘ und durch Kooperation<br />

mit großen Hardware- und Service-<br />

Anbietern auf Ihre Netze, Plattformen<br />

und Angebote geschickt integrieren“,<br />

so Meiling gegenüber <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong>.<br />

Wichtig ist jedoch, <strong>das</strong>s sowohl Netz- als<br />

auch Plattformbetreiber die Kundenperspektive<br />

nicht aus den Augen verlieren.<br />

Die Angebote werden komplexer und<br />

unübersichtlicher. „Hier müssen die<br />

Kabelnetzbetreiber den Markt mit entwickeln<br />

und dem Kunden die neuen Angebote<br />

erklären“, meint Philipp Leutiger<br />

vom Competence Center Infocom bei<br />

Roland Berger zu den Möglichkeiten <strong>für</strong><br />

Kabelgesellschaften. „Sie haben dann<br />

die Chance, mit einem differenzierten<br />

Produkt nicht nur einen höheren Umsatz,<br />

sondern auch eine größere Wahrnehmung<br />

beim Kunden zu erreichen“,<br />

so Leutiger.<br />

CA-Anbieter vorne?<br />

Die Anbieter <strong>für</strong> Multiscreen-Lösungen<br />

stammen aus den unterschiedlichsten<br />

Märkten. Sicherlich werden diejenigen<br />

die besten Chancen haben, die bereits<br />

einen Fuß zwischen Tür und Angel<br />

haben, sprich: deren Produkte, bereits<br />

bei potenziellen Kunden installiert sind<br />

und die leicht in Multiscreen-Lösungen<br />

integriert werden können. Da hierbei<br />

die Sicherheit der Inhalte eine große<br />

Rolle spielt, sind zunächst die CA-Anbieter<br />

zu nennen.<br />

So ist es kein Wunder, <strong>das</strong>s zum Beispiel<br />

Nagra seine Multiscreen-Lösung<br />

in erster Linie den Bestandskunden wie<br />

etwa Prisa TV offeriert. Das TV-Angebot<br />

der Spanier wird dank Nagra über <strong>das</strong><br />

Breitbandnetzwerk des Internet Service<br />

Providers Jazztel als OTT-Lösung verbreitet.<br />

Neben Live-TV in HD wird dabei<br />

auch Video on Demand (VoD) angeboten.<br />

Laut Nagra wird an einer Erweiterung<br />

des Angebots gearbeitet.<br />

Pay-TV-Anbieter Sky hat mit Sky Go eine Multiscreen-Plattform im Markt, die Deutsche Telekom will nachziehen. Wie<br />

können jedoch Kabelnetzbetreiber von diesem Markt profitieren?<br />

Bild: Sky<br />

Marktentwicklung<br />

Global betrachtet ist der asiatische<br />

Markt <strong>für</strong> Multiscreen-Lösungen am<br />

weitesten entwickelt. Anbieter wie Cisco,<br />

Ericsson oder auch Alticast aus Südkorea<br />

sind hier aktiv. Für Europa erwarten<br />

Experten ein großes Potenzial. „Auch<br />

weil sich der VoD-Bereich in Europa<br />

nicht so stark entwickelt hat wie zum<br />

Beispiel in den USA, wird es in diesem<br />

Bereich sicherlich eine hohe Nachfrage<br />

geben“, erklärt Sarah Kavanagh, Pressesprecherin<br />

von Harmonic.<br />

Auch im osteuropäischen Raum ist Bewegung<br />

im Markt. Nangu aus Tschechien<br />

ist beispielsweise neben dem Hei-


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 9<br />

matland auch in der Slowakei, Georgien,<br />

Ukraine oder Albanien tätig. „Wir haben<br />

auch in Deutschland Vertriebspartner<br />

und setzen in diesen Markt hohe Erwartungen“,<br />

erklärt Tereza Sehor, Marketing-Managerin<br />

bei Nangu.<br />

Großes Potenzial<br />

Im Allgemeinen wird dem deutschen<br />

Markt viel Potenzial <strong>für</strong> Multiscreen-<br />

Lösungen nachgesagt. Die Deutsche<br />

Telekom hat den ersten Schritt gemacht<br />

und arbeitet zusammen mit Mobi TV<br />

an einer Multiscreen-Lösung, mit der<br />

Entertain auch auf Tablets und Smartphones<br />

empfangen werden kann. Jedoch<br />

steckt der Markt <strong>noch</strong> in den<br />

Kinderschuhen. „Zurzeit können Multiscreen-Lösungen<br />

<strong>noch</strong> nicht mit den<br />

passenden Geschäftsmodellen monetarisiert<br />

werden“, meint Sangwon Kim<br />

von Alticast. Das mag der Grund da<strong>für</strong><br />

gewesen sein, <strong>das</strong>s auf der Anga Cable<br />

einige Aussteller darauf verzichteten,<br />

ihre Multiscreen-Lösungen zu demonstrieren.<br />

Arris beispielsweise hat nur einige<br />

Dienste als Stand-alone aus seiner<br />

Lösung vorgestellt. Das Unternehmen<br />

setzt auf die IBC.<br />

Abgesehen von den Plänen der Deutschen<br />

Telekom ist bislang nur der<br />

Pay-TV-Anbieter Sky mit einem Multiscreen-Angebot<br />

namens Sky Go unterwegs.<br />

Je intensiver jedoch Kabelnetzbetreiber<br />

und Telcos auf IP-basierte<br />

Dienste setzen, desto schneller wird<br />

der Markt wachsen. „Wir glauben, <strong>das</strong>s<br />

der deutsche Markt groß genug <strong>für</strong><br />

einige große sowie kleine Nischenanbieter<br />

sein wird“, meint Stuart Sanders,<br />

Programme Director bei Kit Digital. Die<br />

Technologie der Amerikaner steckt in<br />

Sky Go. „Wir sehen eine Nutzungsrate<br />

von fünf Prozent der Kunden“, erklärt<br />

Thomas Christensen, CEO von Nordija,<br />

einem dänischen Anbieter.<br />

Dynamisch und diversifiziert<br />

Die Marktentwicklung in Deutschland<br />

wird nach Ansicht vieler Unternehmen<br />

zunächst über den Second Screen als<br />

zusätzlichen Bildschirm zum TV-Gerät<br />

laufen. Sicher ist aber, <strong>das</strong>s der Markt<br />

sehr diversifiziert sein wird und sowohl<br />

Inhaltanbieter als auch technische<br />

Dienstleister und Endgerätehersteller<br />

betrifft. „Im Bereich der technischen<br />

Dienstleister sind es vor allem Anbieter<br />

entsprechender Software-Lösungen im<br />

Playout-Umfeld, also im Bereich des<br />

intelligenten Content Managements“,<br />

erklärt Hans-Jörg Wehner, Leiter Strategisches<br />

Projekt Multimedia bei Media<br />

Broadcast (MB). MB selbst positioniert<br />

sich als Anbieter, der alles aus einer<br />

Hand liefern kann. „Wir sind derzeit<br />

in Vorbereitung diverser Projekte, wobei<br />

sich hierbei die Dienstleistung der<br />

Media Broadcast auf die Verteilung der<br />

Inhalte fokussiert“, so Wehner weiter.<br />

Da der Markt jedoch sehr dynamisch<br />

ist, wird die Innovationskraft ein wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor sein. Hier<br />

braucht man als Anbieter eine gewisse<br />

Sieht <strong>für</strong> Multiscreen-Lösungen eine sehr diversifizierten<br />

Markt mit unterschiedlichen Playern: Jörg Wehner von<br />

Media Broadcast<br />

Bild: Media Broadcast<br />

Größe und Investitionsbereitschaft. Zudem<br />

muss man gleichzeitig schnell und<br />

innovativ sein. Zumindest die regionalen<br />

Kabelnetzbetreiber haben diese<br />

Größe, um mit entsprechenden Partner<br />

eine gewichtige Rolle beim Thema Multiscreen<br />

zu spielen. Gegenüber der Innovationskraft<br />

von Apple oder Google<br />

müssen sie sich allerdings <strong>noch</strong> behaupten.<br />

Und auch die Deutsche Telekom<br />

ist ihnen im Bereich Multiscreen<br />

zumindest einen Schritt voraus. MH<br />

Produkt des Monats<br />

Smartphone am Handgelenk<br />

Xperia Smartwatch informiert über Anrufe und Termine und kann an der Kleidung befestigt werden<br />

Jedes Mal wenn sich <strong>das</strong> Handy meldet,<br />

folgt der Griff zur Brust. Das wird<br />

mit der Zeit nervig, doch eine wichtige<br />

E-Mail oder einen dringenden Anruf<br />

möchte man schließlich nicht verpassen.<br />

Mit der Xperia Smartwatch von<br />

Sony Mobile erübrigt sich der Griff<br />

zur Innentasche des Sakkos. Die Uhr<br />

verbindet sich via Bluetooth mit dem<br />

Android-Handy und informiert dadurch<br />

über wichtige Termine und eingehende<br />

Anrufe oder E-Mails.<br />

Fitness und Musik<br />

Natürlich zeigt die Uhr zuallererst die<br />

Uhrzeit an. Mit einer Berührung des<br />

1,3 Zoll großen Amoled-Displays können<br />

jedoch die wichtigsten Apps des<br />

Smartphones angesteuert werden. Dazu<br />

zählen auch Twitter- oder Facebook-<br />

Nachrichten. Über Google Play werden<br />

ständig weitere Applikationen <strong>für</strong> die<br />

Smartwatch angeboten, so <strong>das</strong>s mit<br />

der Uhr auch Fitness-Übungen gemacht<br />

oder Musik abgespielt werden kann.<br />

Damit die Smartwatch mit dem Handy<br />

kommunizieren kann, muss <strong>das</strong><br />

Smartphone mindestens über Android<br />

2.1 verfügen. Die staub- und wasserdichte<br />

Uhr wird mit einem schwarzen<br />

Gummiarmband, <strong>das</strong> aber zusätzlich<br />

in fünf weiteren Farben erhältlich ist,<br />

<strong>Ende</strong> August ausgeliefert. Mit dabei<br />

ist ein Clip, mit dem <strong>das</strong> Display der<br />

Uhr an der Kleidung oder einen Gürtel<br />

befestigt werden kann. Sonys Xperia<br />

Smartwatch kostet 149,99 US-Dollar<br />

und ist derzeit nur im Online-Shop von<br />

Sony erhältlich. MH<br />

Das Display der Xperia Smartwatch kann dank des mitgelieferten<br />

Clips auch am Hosengürtel oder dem Sakko<br />

befestigt werden<br />

Bild: Sony


10 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

SD-Abschaltung rückt näher<br />

HD-Verbreitung läuft schneller als Analog-Digital-Umstieg – Diskussion um Termin wird vermieden<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Egal wen man fragt, ob Hersteller, Programmanbieter<br />

oder Infrastrukturbetreiber,<br />

alle ziehen ein positives Zwischenfazit,<br />

wenn es um die Verbreitung<br />

von HDTV in Deutschland geht. Der Absatz<br />

HD-fähiger Fernseher und Set-Top-<br />

Boxen boomt, wenngleich erstere unter<br />

hohem Preisdruck stehen und Boxen<br />

vom Einmaleffekt der analogen Sat-Abschaltung<br />

profitieren, Sky wächst vornehmlich<br />

dank HD-Abonnenten und die<br />

Privaten freuen sich über den Erfolg der<br />

HD-Plus-Plattform. Seit Anfang 2009, als<br />

ARD und ZDF den HDTV-Regelbetrieb<br />

aufnahmen, wurden nach Angaben<br />

der Gesellschaft <strong>für</strong> Konsumforschung<br />

(GfK) 24 Millionen HD-fähige Fernseher<br />

und Set-Top-Boxen verkauft. Je nachdem,<br />

welche Erhebung man nimmt, liegt<br />

der Anteil der deutschen Haushalte,<br />

die bereits hochauflösendes Fernsehen<br />

schauen, zwischen 23 (Digitalisierungsbericht<br />

der Landesmedienanstalten)<br />

und 24 Prozent (Astra TV-Monitor).<br />

Während der Digitalisierungsbericht bei<br />

den Haushalten mit Sat-Empfang eine<br />

HD-Quote von 26,5 Prozent ermittelt,<br />

liegt sie in Astras TV-Monitor sogar bei<br />

34 Prozent – Tendenz steigend.<br />

Dynamischer Verlauf<br />

Der Eindruck, die „HD-isierung“ verlaufe<br />

wesentlich dynamischer als die<br />

Digitalisierung, täuscht nicht. Das liegt<br />

einerseits an der Vielzahl erschwinglicher<br />

HDTV-Fernseher und Set-Top-<br />

Boxen, ihrer relativ komfortablen Bedienung<br />

und einfachen Verkabelung mit<br />

anderen Geräten sowie andererseits am<br />

enorm gewachsenen hochauflösenden<br />

10 Mio.<br />

8 Mio.<br />

6 Mio.<br />

4 Mio.<br />

2 Mio.<br />

0 Mio.<br />

Programmangebot. Der HD-Tuner wird<br />

zum Standard in modernen Flachbildfernsehern.<br />

Neuaufschaltungen geschehen<br />

fast ausschließlich nur <strong>noch</strong><br />

im HD-Format. Über Astra 19,2 Grad<br />

Ost werden über 50 HD-Kanäle ausgestrahlt.<br />

„Die Zahl der deutschsprachigen<br />

HD-Sender über Astra hat sich seit 2010<br />

mehr als vervierfacht“, erklärt Astra-<br />

Deutschland-Sprecher Stefan Vollmer,<br />

„man kommt als Zuschauer praktisch<br />

nicht mehr an HD vorbei.“ Da ist die<br />

Frage nach einem Abschalttermin <strong>für</strong><br />

<strong>SDTV</strong> schon erlaubt.<br />

Realistisch?<br />

Die Simulcast-Phase mit analogem und<br />

digitalem Satellitenfernsehen dauerte<br />

etwas mehr als 14 <strong>Jahre</strong>. Würde der<br />

SD/HD-Simulcast ebenso lang dauern,<br />

wäre <strong>das</strong> <strong>Ende</strong> dieser Phase erst im Jahr<br />

2022 erreicht. Doch aufgrund der dynamischeren<br />

Verbreitung von HDTV hält<br />

es die ARD <strong>für</strong> „sehr wahrscheinlich“,<br />

<strong>das</strong>s die <strong>SDTV</strong>-Verbreitung zu einem<br />

früheren Zeitpunkt eingestellt werden<br />

kann. Auf Anfrage von <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong><br />

bezeichnet die ARD die Fristsetzung der<br />

KEF bis 2019 als „gute Orientierung“.<br />

Sie hält eine Abschaltung in <strong>sieben</strong> <strong>Jahre</strong>n<br />

<strong>für</strong> realistisch. Konkreter will man<br />

sich aber nicht festlegen. Von einen<br />

genauen Termin kann derzeit sowieso<br />

<strong>noch</strong> keine Rede sein.<br />

Das Jahr 2019 könnte auch <strong>für</strong> die Privaten<br />

eine Option zur SD-Abschaltung<br />

sein, zumal die gemeinsam mit den<br />

Öffentlich-Rechtlichen organisierte Beendigung<br />

der analogen Sat-Verbreitung<br />

erfolgreich durchgeführt wurde. Davon<br />

will man aber nichts wissen. „Die SD-<br />

Ausstrahlung verläuft unabhängig von<br />

Verkauf von HD-Fernsehern und -Set-Top-Boxen<br />

3,9 Mio.<br />

1,1 Mio.<br />

7,3 Mio.<br />

3,0 Mio.<br />

2009<br />

2010 2011 1. HJ 2012<br />

Fernseher Set-Top-Boxen<br />

Quelle: GfK Retail and Technology<br />

8,3 Mio.<br />

3,7 Mio.<br />

4,5 Mio.<br />

2,3 Mio.<br />

der HD-Ausstrahlung“, erklärt Jasmin<br />

Mittenzwei aus der Unternehmenskommunikation<br />

der Pro Sieben Sat 1 Media<br />

AG, „wir planen derzeit keine Einstellung<br />

unseres SD-Signals.“<br />

Die Mediengruppe RTL zog es vor, trotz<br />

Nachfragens nicht auf unsere Anfrage<br />

zu reagieren. Immerhin prognostizierte<br />

Marc Schröder, Geschäftsführer von<br />

RTL Interactive und Mitglied der Geschäftsleitung<br />

der Mediengruppe RTL<br />

Deutschland, vor zwei <strong>Jahre</strong>n, <strong>das</strong>s die<br />

SD-Verbreitung bis 2020 eingestellt<br />

werden könne. Die Privaten werden<br />

dies an der HD-Reichweite festmachen.<br />

Kritische Masse<br />

Allerdings vermag derzeit niemand zu<br />

sagen, wann über Satellit eine kritische<br />

Masse an HD-Haushalten erreicht sein<br />

wird. Sicher ist, <strong>das</strong>s man erst ab einem<br />

Anteil von 75 bis 80 Prozent über einen<br />

konkreten Abschalttermin <strong>für</strong> SD-<br />

Fernsehen reden wird. Der VPRT hält<br />

deshalb eine Diskussion über <strong>das</strong> Erreichen<br />

solcher HD-Quoten <strong>für</strong> verfrüht.<br />

Eine Abschaltung der <strong>SDTV</strong>-Signale sei<br />

derzeit nicht in der Diskussion, heißt es<br />

aus Verbandskreisen.<br />

Auch <strong>für</strong> den Kabelverband Anga ist <strong>das</strong><br />

Thema <strong>noch</strong> zu spekulativ, wenngleich<br />

die SD-Abschaltung ähnlich wie die Beendigung<br />

der analogen Sat-Verbreitung<br />

Auswirkungen auf die Kabelnetzbetreiber<br />

haben wird. Deren HD-Quote liegt<br />

derzeit bei 19 (TV-Monitor) bzw. 15,6<br />

Prozent (Digitalisierungsbericht). Wann<br />

auch immer die SD-Verbreitung über<br />

Satellit eingestellt wird, die Kabelnetzbetreiber<br />

werden sicherlich die über Satellit<br />

empfangen HD-Signale in SD, wenn<br />

nicht sogar in analoge Signale umwandeln<br />

müssen. Die Netzausrüster können<br />

sich schon einmal die Hände reiben.<br />

Das können auch RTL und Pro Sieben<br />

Sat 1, denn bei einer SD-Abschaltung<br />

könnten ihre Programme nur <strong>noch</strong> verschlüsselt<br />

über HD Plus empfangen<br />

werden. Bei jeder Smartcard, die kostenpflichtig<br />

aktiviert wird, verdienen<br />

die Sender mit. Sobald sich dieses Szenario<br />

abzeichnet, dürfte ihnen jedoch<br />

kräftiger Gegenwind aus den Reihen<br />

der Verbraucherschützer ins Gesicht<br />

blasen, die bereits jetzt kein gutes Haar<br />

an HD Plus lassen. Wann auch immer<br />

die SD-Abschaltung kommt, es wird in<br />

Anlehnung an einen bekannten Fußballerspruch<br />

laufen: Die nächste Abschaltung<br />

ist die schwerste.<br />

MH


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 11<br />

Illegal, aber attraktiv<br />

Portale wie Kino.to finanzieren sich über Werbung – Werbeindustrie kündigt Gegenmaßnahmen an<br />

Im Zuge der Verhaftungen rund um die<br />

illegale Online-Plattform Kino.to gerät<br />

die Werbeindustrie immer mehr ins<br />

Fadenkreuz. „Kino.to war ein wirtschaftlich<br />

profitables System durch Werbung“,<br />

erklärt Matthias Leonardy, Geschäftsführer<br />

der Gesellschaft zur Verfolgung<br />

von Urheberrechtsverletzungen (GVU).<br />

Solche illegalen Portale bezeichnet er<br />

als werbefinanzierte Straftaten im Internet.<br />

Stieß Leonardy anfangs bei der<br />

Werbeindustrie auf taube Ohren, kommt<br />

diese nunmehr nicht mehr umhin, sich<br />

dieses Themas anzunehmen. Weitere<br />

Verhaftungen dürften ihr Übriges dazu<br />

getan haben.<br />

Bereits im Juni berichtete <strong>DIGITAL</strong><br />

<strong>INSIDER</strong> von der Razzia bei einem Werbedienstleister,<br />

der unter anderem auf<br />

Kino.to Erotikwerbung verkauft hat.<br />

Anfang Juli erfolgten dann weitere<br />

Durchsuchungen sowie zwei Verhaftungen,<br />

die sich gegen ein Netzwerk<br />

von Werbediensten richteten, die angeblich<br />

gezielt illegale Portale mit Werbung<br />

beliefert haben sollen. Laut GVU<br />

sollen Kontakte zu mindestens zehn<br />

illegalen Filehoster- und Streaming-<br />

Portalen bestanden haben.<br />

Branchendialog<br />

Die Werbeindustrie kann sich auch deshalb<br />

nicht mehr aus der Verantwortung<br />

stehlen, weil eine Studie von Google und<br />

der britischen Verwertungsgesellschaft<br />

PRS ihren Einfluss auf illegale Online-<br />

Angebote untermauert. Die Studie macht<br />

sechs Online-Geschäftsmodelle aus, von<br />

denen <strong>das</strong> Live-TV- und <strong>das</strong> Peer-to-<br />

Peer-Modell am schnellsten wachsen.<br />

Sie finanzieren sich zu 67 bzw. 86 Prozent<br />

aus Werbung. Streaming-Portale wie<br />

Laut Batch-Media-Geschäftsführer Jens Scheidemann<br />

werben auf illegalen Portalen auch Versandhändler,<br />

Autohersteller und Handyprovider Bild: Batch Media<br />

Kino.to machen laut der Analyse nur 12<br />

Prozent aus, jedoch erzielen 89 Prozent<br />

dieser illegalen Websites ihre Einnahmen<br />

durch Werbung.<br />

Das Thema ist inzwischen beim Zentralverband<br />

der Deutschen Werbewirtschaft<br />

(ZAW) angekommen. „Wir haben<br />

einen Branchendialog eingerichtet, an<br />

dem sich Vertreter der digitalen Werbewirtschaft,<br />

der Werbungtreibenden,<br />

der Agenturen und der Rechteinhaber<br />

beteiligen“, erklärt ZAW-Geschäftsführer<br />

Bernd Nauen gegenüber <strong>DIGITAL</strong><br />

<strong>INSIDER</strong>. Das Ziel sind eigenverantwortliche<br />

Maßnahmen, um die Werbefinanzierung<br />

von Piraterie-Angeboten einzudämmen.<br />

„Der Auftakt ist vielversprechend<br />

verlaufen“, sagt Nauen. Das<br />

Problembewusstsein sei vorhanden.<br />

Schaltungsroutinen<br />

Nauen hofft auf breite Unterstützung<br />

aus der Industrie, wenngleich <strong>das</strong> Thema<br />

aufgrund der internationalen Verflechtungen<br />

rechtlich komplex ist. Das Werbedienste-Netzwerk,<br />

dessen Büros Anfang<br />

Juli durchsucht wurden, hatte seinen<br />

Hauptsitz beispielsweise in Panama und<br />

seine Domains auf Tonga registriert.<br />

Hinzu kommt die technische Komponente.<br />

„Beim sogenannten Affiliate-Marketing<br />

haben wir es oftmals mit einer<br />

Kaskade von Schaltungs- und Auslieferungsprozessen<br />

zu tun, die über viele<br />

Stationen laufen“ verdeutlich der ZAW-<br />

Geschäftsführer. Hierbei können durch<br />

die oftmals rein technisch bedingte Optimierung<br />

von Performance-Raten Werbeplätze<br />

belegt werden, die <strong>für</strong> Werbetreibende<br />

und deren Dienstleister am Beginn<br />

der Kette nicht absehbar sind. „Insofern<br />

besteht wohl <strong>noch</strong> Raum, die Schaltungsroutinen<br />

in bestimmten Bereichen der<br />

digitalen Wertschöpfungskette zu optimieren,<br />

um Fehlschaltungen von vorneherein<br />

spürbar einzudämmen“, räumt<br />

Nauen ein.<br />

Um solchen Fehlplatzierungen entgegenzuwirken,<br />

hat <strong>das</strong> Interactive Advertising<br />

Bureau (IAB), die Quasi-Vertretung<br />

der US-amerikanischen Online-Werbeindustrie,<br />

Mitte Februar Richtlinien<br />

zur Werbeverifizierung veröffentlicht,<br />

die sich auch der ZAW anschauen will.<br />

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft<br />

(BVDW) will unter der Führung von Jens<br />

Scheidemann ein „Lab Ad-Verifizierung“<br />

gründen, um ähnliche Methoden zu entwickeln,<br />

mit denen die Online-Vermarktung<br />

besser kontrolliert werden kann.<br />

Scheidemann bietet über sein Unternehmen<br />

Batch Media bereits eine Ad-Verifizierung<br />

an. Er weiß, <strong>das</strong>s auf illegalen<br />

Portalen nicht nur <strong>für</strong> Abo-Fallen und<br />

Pornografie geworben wird. In letzter Zeit<br />

tauchen auch Versandhändler und Autohersteller<br />

auf, die Probefahrten genieren<br />

möchten. „Aber auch Handyprovider<br />

sind keine Seltenheit mehr“, so Scheidemann<br />

gegenüber <strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong>.<br />

Besonders häufig werben Browsergame-<br />

Hersteller auf Seiten wie <strong>das</strong> einstige<br />

Kino.to. „Zum einen sind Browsergames-<br />

Anbieter sehr Performance-getrieben<br />

und zum anderen haben diese sehr<br />

zeitnah angefangen über automatisierte<br />

Systeme zu buchen“, erklärt Scheidemann.<br />

Hierzu wollte sich der Bundesverband<br />

der Computerspielindustrie auf<br />

DI-Anfrage leider nicht äußern.<br />

Klare Ansagen<br />

Zudem ist wegen der Download-Zeiten<br />

der Werbemittelkontakt sehr lang, was<br />

die Conversion Rate, also <strong>das</strong> Verhältnis<br />

zwischen Werbekonsument und tatsächlichem<br />

Käufer, illegaler Online-Portale<br />

in die Höhe treibt. Das macht Angebote<br />

wie Kino.to <strong>für</strong> Werbetreibende attraktiv.<br />

Laut Scheidemann gibt es aus den<br />

Reihen der Werbetreibenden aber klare<br />

Ansagen, <strong>das</strong>s sie ihre Werbung nicht in<br />

solchen Umfeldern sehen wollen. Sie verlassen<br />

sich aber zu sehr auf ihre Agenturen.<br />

Sollte es den Verbänden gelingen,<br />

ihre Mitglieder davon zu überzeugen,<br />

mit geeigneten Maßnahmen, seien es<br />

Selbstverpflichtungen oder Werbeverifizierungssysteme,<br />

auf illegale Portale<br />

zu verzichten, würde eine wichtige Einnahmequelle<br />

<strong>für</strong> Piraterie-Angebote im<br />

Internet versiegen.<br />

MH<br />

„Profitables System durch Werbung“. GVU-Chef<br />

Matthias Leonardy will der Finanzierung illegaler Online-<br />

Portale durch Werbung den Garaus machen Bild: GVU


12 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Ausgewählte Patentneuveröffentlichungen<br />

Titel Anmelder Erfinder VN 1 VD 2<br />

Gruppengetriebene automatisierte<br />

Echtzeit-Medieninhaltsauswahl<br />

Mobi TV Stiers, Todd, US DE 112 010 002 621 T5 23. 08. 2012<br />

Stereoskopische Bildanzeigevorrichtung<br />

und Übersprech-Kompensationsverfahren<br />

<strong>für</strong> dieselbe<br />

LG Display Kim, Kiltae, KR DE 102 011 088 627 A1 23. 08. 2012<br />

Fernsehgerät Ehntholt, Jörg Ehntholt, Jörg, DE DE 102 011 011 350 A1 23. 08. 2012<br />

Brille zum Betrachten stereoskopischer<br />

Bilder<br />

Panasonic k. A. DE 212 010 000 096 U1 16. 08. 2012<br />

Gebührenfernsehgerät mit Kopierschutz<br />

Thomson Licensing<br />

Bassett, Jean-Claude, FR;<br />

Birebent, Guy, FR; Gigante,<br />

Claude, FR<br />

EP 000 000 954 177 B1 15. 08. 2012<br />

Schlüsselverteilungssystem<br />

NDS<br />

Solow, Hillel, IL; Waisbard,<br />

Erez, IL<br />

EP 000 002 225 848 B1 15. 08. 2012<br />

Vorrichtung, System und Verfahren<br />

zur Vorabstimmung eines zweiten<br />

Tuners vor dem Umschalten auf einen<br />

anderen Kanal<br />

System und Verfahren zur Synchronisierung<br />

eines laufenden Werbeprogramms<br />

mit interaktiven Applikationen<br />

Echostar Broadcasting Yao, Kevin, US EP 000 002 398 233 A3 15. 08. 2012<br />

Disney Cheng, Albert, US EP 000 002 487 912 A2 15. 08. 2012<br />

Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung<br />

eines Sendeprogramms <strong>für</strong> ein<br />

Anzeigegerät<br />

Media-Saturn Holding<br />

Knöbel, Florian, DE; Witken,<br />

Ingolf, DE<br />

DE 102 011 000 483 A1 09. 08. 2012<br />

Mediendekodierer und Dekodierverfahren<br />

zur Ermöglichung der Verfolgung<br />

des Mediendekodierers<br />

Nagravision<br />

Bodo, Yann, FR; Le Buhan,<br />

Corinne, CH;<br />

EP 000 002 485 488 A1 08. 08. 2012<br />

Geschaltete Inhaltsverschlüsselung auf<br />

Abruf<br />

Sony<br />

Candalore, Brant L., US;<br />

LeJeune, Stephanie, US<br />

EP 000 002 472 890 A3 08. 08. 2012<br />

Kontrolle der Gültigkeitsdauer eines<br />

Entschlüsselungsschlüssels<br />

Irdeto Access Huin, Steeve, NL EP 000 002 259 544 B1 08. 08. 2012<br />

Anzeige von erweitertem Dateninhalt UPC Broadband Operations Van, Noetsele, NL EP 000 001 343 323 B1 08. 08. 2012<br />

Verfahren und Vorrichtung zur Analyse<br />

von Programmdaten<br />

Microsoft<br />

Potrebic, Peter J., US; Taylor,<br />

Thomas H., US<br />

EP 000 002 482 547 A1 01. 08. 2012<br />

Verfahren, Vorrichtung und System zur<br />

implementierungvon Rundfunkdienstegruppierungen<br />

Huawei Fan, Yunsong, CN EP 000 002 482 551 A1 01. 08. 2012<br />

erfahren zur Umwandlung eines<br />

Video-und /oder Audio-Datenstromes<br />

Robert Bosch GmbH<br />

Lietz, Stephan, DE;<br />

Romanowski, Alexander, DE<br />

DE 000 010 146 036 B4 26. 07. 2012<br />

System zum Kaufen von Sendezeit Google k. A. DE 202 006 021 056 U1 26. 07. 2012<br />

Alle Angaben ohne Gewähr<br />

¹ Veröffentlichungsnummer, ² Veröffentlichungsdatum


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 13<br />

Google TV <strong>für</strong> Deutschland<br />

Internet Player von Sony liest keine EPG-Daten aus – optimierte Apps <strong>für</strong> die Nutzung am Fernseher<br />

Der Eingangsbereich der Google-<br />

Deutschland-Zentrale ist <strong>für</strong> einen Weltkonzern<br />

dieser Größe eher klein und<br />

lässt nicht vermuten, <strong>das</strong>s sich der Suchmaschinengigant<br />

im Hamburger ABC-Bogen<br />

über drei Stockwerke ausdehnt. Das<br />

Understatement passt zur Präsentation<br />

der deutschen Version von Google TV<br />

<strong>Ende</strong> August. Im Raum „Klönschnack“<br />

stellte Google zusammen mit Sony vor<br />

einer Handvoll Journalisten den NSZ-<br />

GS7 vor, oder wie beide ihn lieber nennen<br />

den Internet Player mit Google TV.<br />

Man macht aus dem Player keine große<br />

Sache. Er birgt auch nicht die Brisanz<br />

seines amerikanischen Pendants.<br />

Sony will mit dem Internet Player diejenigen,<br />

die vor dem Fernseher den<br />

Laptop oder <strong>das</strong> Tablet nutzen, <strong>das</strong> soll<br />

knapp die Hälfte aller Deutschen sein,<br />

auf den großen TV-Bildschirm locken.<br />

Um auch Besitzer eines Smart-TV-Gerätes<br />

anzusprechen, hat sich Sony <strong>für</strong> einen<br />

Stand-alone-Player entschieden, der<br />

ab September <strong>für</strong> 199 Euro erhältlich ist.<br />

TV-Signal durchgeschliffen<br />

Der Internet Player kann an jedes Fernsehgerät<br />

per HDMI angeschlossen werden.<br />

Aktuelle Sony-Modelle aus diesem<br />

Jahr werden die Funktionen des Players<br />

direkt im Menü integriert anzeigen,<br />

insofern <strong>das</strong> TV-Signal durch die Box<br />

durchgeschliffen wird. Google beteuert,<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> TV-Signal nur <strong>für</strong> die<br />

leichtere Integration in die Navigation<br />

des Fernsehers durchgeschliffen wird.<br />

Etwaige Nutzerdaten über die Sehgewohnheiten<br />

werden nicht erhoben. Auf<br />

<strong>das</strong> Durchschleifen des TV-Signals kann<br />

Die Statusleiste des Internet Players von Sony mit<br />

Chrome-Browser, Play Store und Suche. 2012er-Fernseher<br />

von Sony haben diese Funktionen im Menü<br />

integriert<br />

Bild: Sony<br />

Im Gegensatz zur Review-Box aus den USA kann Sonys Internet Player mit Google TV komplett ausgeschaltet werden.<br />

Die Fernbedienung verfügt über ein Touchpad und eine Tastatur auf der Rückseite<br />

Bild: Sony<br />

auch verzichtet werden, allerdings muss<br />

dann im Menü des TV-Gerätes jedes Mal<br />

der entsprechende Anschluss gewählt<br />

werden, wenn der Internet Player angesteuert<br />

wird.<br />

Auf der Box läuft die Android-Version<br />

3.2 (Honeycomb). Zum Internet Player<br />

gehört der Chrome-Browser, der Google<br />

Play Store sowie eine Suchfunktion. Der<br />

Browser ist <strong>für</strong> die Anzeige von Webseiten<br />

auf großen TV-Bildschirmen optimiert.<br />

Ähnlich wie bei Handys erhofft<br />

sich Google, <strong>das</strong>s Inhalteanbieter über<br />

den Chrome-Browser ihre Webseiten auf<br />

die TV-Darstellung anpassen.<br />

Der Play Store verfügt lediglich über<br />

eine Auswahl an Apps. Solche, die <strong>für</strong><br />

die Nutzung auf einen TV-Bildschirm<br />

wenig Sinn machen, wie etwa Navigations-Apps,<br />

hat Google gleich außen vor<br />

gelassen. Darüber hinaus sollen neue<br />

<strong>für</strong> den Fernseher optimierte Apps hinzukommen.<br />

Näheres will Google hierzu<br />

auf der IFA bekannt geben. Sollten die<br />

internen 4 Gigabyte nicht ausreichen,<br />

kann der Speicher mit einem externen<br />

USB-Datenträger erweitert werden.<br />

Kaum mit TV verzahnt<br />

Im Gegensatz zur Review-Box aus den<br />

USA basiert die Suche des Sony-Players<br />

auf der normalen Web-Suche von Google.<br />

EPG-Daten werden nicht ausgelesen und<br />

als Suchergebnisse gelistet. Stattdessen<br />

führt ein Klick auf eines der Ergebnisse<br />

der TV-Suche direkt zu den Ergebnissen<br />

der Google.de-Seite. Google TV durchsucht<br />

jedoch gleichzeitig <strong>das</strong> Angebot<br />

von Youtube und bietet eine Suche im<br />

Heimnetzwerk an.<br />

Da keine Daten aus dem EPG gelistet<br />

werden, wurde auch auf Recording-<br />

Funktionen verzichtet. Im Gegensatz zur<br />

Review-Box ist Sonys Internet Player also<br />

wenig mit dem Live-TV verzahnt. Das ist<br />

einerseits sicherlich dem zersplitterten<br />

europäischen Markt geschuldet. Andererseits<br />

dürfte jedoch auch die Diskussion<br />

um eine potenzielle Einflussnahme<br />

Googles auf die Suchergebnisse dazu<br />

beigetragen haben, <strong>das</strong>s der Internet<br />

Player keine echte TV-Suchmaschine ist.<br />

Google lässt es auch <strong>noch</strong> offen, ob eine<br />

tiefere Verzahnung mit dem Fernsehen<br />

geplant ist; die typische „Schaun mer<br />

mal“-Haltung des Unternehmens, wenn<br />

neue Produkte präsentiert werden.<br />

Diese Haltung hat auch Sony weitgehend<br />

übernommen. Ob die Funktionen<br />

des Players in Zukunft komplett in den<br />

Fernseher wandern, so <strong>das</strong>s eine Box<br />

überflüssig wird, werde man auch hier<br />

sehen. Im Mai nächsten <strong>Jahre</strong>s wird es<br />

den ersten Blu-ray-Player mit Google<br />

TV geben, der mehr über die Akzeptanz<br />

solcher integrierter Funktionen verraten<br />

wird. Dann wird man auch mehr<br />

über die TV-Apps im Play Store sagen<br />

können. Zunächst bleibt Sonys Internet<br />

Player mit Google TV somit eine auf Android<br />

basierende Web-TV-Box mit Apps<br />

und Suchfunktion. Und davon gibt es<br />

ja bereits ein paar, die zum Teil sogar<br />

günstiger sind. MH


14 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

IBC: Dem Chaos entkommen<br />

Multiscreen und Connected TV im Fokus – Ausstellung und Konferenz: Wo lohnt sich ein Besuch?<br />

Einen Tag Verschnaufpause gibt es <strong>für</strong><br />

diejenigen Aussteller, die bis zum 5.<br />

September auf der IFA und dann ab dem<br />

7. September auf der IBC in Amsterdam<br />

sind. Hier werden über 50 000 Besucher<br />

in 14 Hallen die neuesten Medientechnologien<br />

und –produkte begutachten.<br />

Wer als Besucher nicht die Übersicht<br />

verlieren will, folgt den Tipps von<br />

<strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong>.<br />

Bereits einen Tag bevor die Messe in der<br />

niederländischen Metropole ihre Pforten<br />

öffnet, beginnt die IBC-Konferenz.<br />

Stand in der Vergangenheit häufig die<br />

Medientechnologie im Vordergrund,<br />

legt die Konferenz in diesem Jahr den<br />

Schwerpunkt deutlich auf den Content.<br />

Neben Sky-CEO Brian Sullivan zählen<br />

Mark Hollinger, CEO von Discovery Networks<br />

International und Kevin Mayer,<br />

oberster Business-Stratege von Walt<br />

Disney zu den Keynote-Speakern. Wer<br />

ihnen zuhören will, sollte am 6. September<br />

um 9.30 Uhr in Halle 10 sein.<br />

Neue Einnahmequellen<br />

Im Zentrum der Diskussion steht <strong>das</strong><br />

Thema Multiscreen, zu dem auch BSkyB-<br />

COO Mike Darcey seine Meinung beisteuern<br />

wird. Er will am 7. September<br />

ab 9.30 Uhr erklären, wie <strong>das</strong> sich<br />

wandelnde Nutzerverhalten zu neuen<br />

Einnahmequellen führen kann.<br />

Wer <strong>für</strong> 20 Prozent des Exports eines<br />

Landes verantwortlich ist und als einer<br />

der größten Elektronikkonzerne der<br />

Welt gilt, hat sicherlich eine Menge zu<br />

den heißen Themen der Medienindustrie<br />

beizutragen. David Eun, Executive<br />

Vice President Global Media und CEO<br />

Advisor von Samsung Electronics, wird<br />

am 9. September um 9.45 Uhr auf der<br />

IBC-Konferenz Rede und Antwort stehen<br />

Wer seine Füße schonen will, begibt sich auf der IBC<br />

ins Demonstration Area. Dort präsentieren Aussteller<br />

ihre Produkte in 15-minütigen Vorträgen vor den<br />

Messebesuchern Bild: IBC<br />

Leider typisch <strong>für</strong> die IBC: lange Schlangen vor dem Einlass. Wer clever ist, registriert sich bereits vor der Messe im<br />

Internet und holt sich per Barcode vor Ort sein Ticket ab<br />

Bild: IBC<br />

Eun kennt zudem die Content-Seite. Vor<br />

seinem Engagement bei den Südkoreanern<br />

war er unter anderem <strong>für</strong> Google,<br />

Time Warner und NBC tätig.<br />

Wer die Diskussion näher an den Ausstellern<br />

führen will, ist im Demonstration<br />

Area in Halle 14 bestens aufgehoben.<br />

Hier können die Aussteller in<br />

15-minütigen Vorträgen ihre Produkte<br />

präsentieren. So stellt zum Beispiel Philips<br />

die neue Fernbedienung uWand<br />

vor, die die Bedienung eines Smart-TV<br />

erleichtern soll. Mit uWand wird einerseits<br />

ein Cursor auf dem Fernseher gesteuert,<br />

andererseits können bestimmte<br />

Funktionen des TV-Gerätes mit einer<br />

kleinen Handbewegung aufgerufen werden.<br />

In der Mittagszeit werden die Präsentationen<br />

durch kurze Diskussionsrunden<br />

abgelöst, an der auch die Messebesucher<br />

teilnehmen können. Auch<br />

hier stehen Begriffe wie „Connected TV“<br />

und „TV Everywhere“ im Fokus.<br />

Für etwas Entspannung empfiehlt<br />

<strong>DIGITAL</strong> <strong>INSIDER</strong> einen Besuch im 1 700<br />

Sitze fassenden Auditorium im Zentrum<br />

des RAI-Messegeländes. Wie in<br />

jedem Jahr werden auch diesmal in<br />

verschiedene Vorführungen die neuesten<br />

Kino- und Displaytechnologien vorgestellt.<br />

Ganz abgesehen davon bietet<br />

der „Big Screen“ der IBC exklusive <strong>Vorschau</strong>en<br />

auf die nächsten Hollywood-<br />

Blockbuster. Im letzten Jahr wusste<br />

James Cameron persönlich mit einem<br />

Ausschnitt aus Titanic 3D zu begeistern.<br />

Da viele der rund 1 400 Aussteller auf<br />

der IBC aus dem Bereich Produktion<br />

kommen, ist es nicht weiter verwunderlich,<br />

<strong>das</strong>s die Übertragung von Sportereignissen<br />

auf der Messe eine große Rolle<br />

spielt. Auf der Konferenz wird über die<br />

Ausstrahlung der Olympischen Sommerspiele<br />

resümiert werden. Roger Mosey<br />

war bei der BBC der führende Kopf<br />

<strong>für</strong> die Übertragung der Wettkämpfe<br />

aus London. Er wird am 8. September<br />

um 9.30 Uhr über seine Erfahrungen<br />

berichten.<br />

Unternehmen wie beispielsweise Sony<br />

Professional zeigen, wo sie auch abseits<br />

der bewegten Sportbilder aktiv<br />

sind, denn der Spitzensport kommt<br />

ohne High Tech nicht mehr aus. Als<br />

Beispiel präsentiert Sony Professional<br />

zusammen mit Hawk-Eye Innovations<br />

die gleichnamige Hawk-Eye-Technologie,<br />

mit der im Tennis die Flugbahn des<br />

Balls verfolgt wird und die erst kürzlich<br />

vom Weltfußballverband Fifa als Torlinientechnologie<br />

zugelassen wurde.<br />

Zum Schluss <strong>noch</strong> eine Warnung <strong>für</strong> all<br />

diejenigen die zum ersten Mal auf der<br />

IBC sind und mit dem Auto zum RAI-<br />

Messegelände fahren wollen. Kalkulieren<br />

Sie sich <strong>für</strong> dieses Vorhaben viel Zeit,<br />

sehr viel Zeit ein, denn Amsterdam ist<br />

berüchtigt <strong>für</strong> sein Verkehrschaos. Es<br />

gibt nichts Schlimmeres, als gestresst<br />

und mit einem durchgeschwitztem Hemd<br />

einen mehrtätigen Messebesuch zu beginnen.<br />

Sollte <strong>das</strong> nicht klappen, hier ein<br />

kleiner Trost: Die ganz Harten unter den<br />

Ausstellern sind ab dem 18. September<br />

in Köln auf der Photokina – <strong>das</strong> ist auch<br />

kein Zuckerschlecken. MH


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 15<br />

Wirklich große TV-Bilder<br />

BBC und NHK übertragen Olympische Spiele in Ultra-HD – Bilder füllen Sichtfeld des Menschen aus<br />

Während wir mit den Olympioniken<br />

auf ARD und ZDF in HDTV mitfiebern<br />

konnten, bastelte eine kleine Schar Ingenieure<br />

bereits an der <strong>noch</strong> schärferen<br />

Zukunft: Mitarbeiter der BBC und des<br />

japanischen Broadcasters NHK nutzten<br />

<strong>das</strong> Sportereignis, um bewegte Bilder mit<br />

einer Auflösung von 7 680 × 4 320 Pixel<br />

zu präsentieren: Ultra High Definition,<br />

kurz Ultra-HD. Genutzt wurde ein von<br />

NHK entwickeltes System namens Super<br />

Hi-Vision (SHV).<br />

Mit SHV sind die Bilder so groß, <strong>das</strong>s sie<br />

<strong>das</strong> Sichtfeld des menschlichen Auges<br />

komplett ausfüllen. Die Ingenieure saßen<br />

im BBC Broadcasting House vor einem<br />

8 m großen Bildschirm. Ein dreidimensionales<br />

22.2 Multikanaltonsystem sorgte<br />

<strong>für</strong> den richtigen Klang – Stadion-Feeling<br />

<strong>für</strong> den Kinosaal.<br />

Große Datenmenge<br />

SHV war zwar schon öfters im Einsatz,<br />

jedoch nie in solch großem Umfang wie<br />

bei den Olympischen Sommerspielen in<br />

London. In England, Japan und den USA<br />

wurden einen Handvoll Kinosäle mit<br />

dem System ausgestattet. Die einzigen<br />

drei existierenden SHV-Kameras wurden<br />

im Londoner Olympiapark installiert.<br />

Die produzierte Datenmenge betrug<br />

<strong>das</strong> 16-fache eines normalen HDTV-<br />

Signals. Das Audiosignal wurde mit AAC<br />

bei 384 KBit/s und <strong>das</strong> Videosignal mit<br />

H.264 bei 280 MBit/s enkodiert. Letzten<br />

<strong>Ende</strong>s wurde zwei Transportströme produziert,<br />

da die Datenmenge <strong>für</strong> einen<br />

allein zu groß gewesen wäre. Aus den<br />

Transportströmen wurden zwei IP-Ströme<br />

bei 350 MBit/s konvertiert, die dann<br />

an die angeschlossenen Kinosäle verbreitetet<br />

wurden. In den Sälen wurde <strong>das</strong><br />

Bild von 8 k-Projektoren wiedergegeben.<br />

Zwei <strong>Jahre</strong> Vorbreitung<br />

Die Ultra-HD-Übertragung während der<br />

Olympischen Spiele ging eine Vorbereitungszeit<br />

von zwei <strong>Jahre</strong>n voraus. Insbesondere<br />

<strong>das</strong> Netzwerk musste ausführlich<br />

getestet werden. In einigen Fällen<br />

war es nötig, die Bandbreite einzelner<br />

Netze zu erhöhen. Die ersten Übertragungen<br />

fanden im September 2010 statt.<br />

Im Winter 2011/2012 wurden dann erste<br />

Nicht gerade ein Leichtgewicht: eine der drei SHV-<br />

Kameras, die <strong>für</strong> die Ultra-HD-Übertragungen in<br />

London eingesetzt wurden<br />

Bild: BBC<br />

Tests <strong>für</strong> die Übertragungen zwischen<br />

Großbritannien und Japan durchgeführt.<br />

Zwar waren die Netze nicht zu 100<br />

Prozent stabil, aber die Übertragung<br />

in Ultra-HD kann als Erfolg gewertet<br />

werden. Sicherlich muss die Zahl der<br />

Kameras <strong>noch</strong> erhöht werden. Niemand<br />

will <strong>das</strong> 100-m-Finale als Lauf vom linken<br />

zum rechten Bildschirmrand sehen,<br />

auch wenn <strong>das</strong> mit den SHV-Kameras<br />

möglich wäre. MH<br />

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(Poststempel genügt).


16 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Unter großen Mühen<br />

DAB-Abdeckung soll ausgebaut werden – Kritik am Marketing – Nord-Süd-Gefälle macht zu schaffen<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Inzwischen sind über 240 DAB-Radios<br />

im Handel erhältlich, deren Preisspanne<br />

bei rund 40 Euro beginnt. Bei der UKW-<br />

Einführung kostete <strong>das</strong> günstigste Gerät<br />

etwas mehr als 100 Mark. Der Bruttolohn<br />

eines Angestellt lag damals bei ungefähr<br />

350 Mark. Zum Vergleich: Heute<br />

muss man <strong>für</strong> ein DAB-Gerät rund 100<br />

Euro hinblättern, der Bruttoverdienst<br />

ist jedoch über 3 000 Euro gestiegen.<br />

Über die bundesweite Abdeckung werden<br />

13 Programme verbreitet. Dazu<br />

kommen über 60 Radiosender der ARD,<br />

die zum Teil nicht über UKW ausgestrahlt<br />

werden. Hört sich alles also nach<br />

einer echten Erfolgsstory an. Doch ein<br />

genauerer Blick entlarvt ein Nord-Süd-<br />

Gefälle. Während Länder wie Bayern<br />

und Baden-Württemberg wahre DAB-<br />

Pioniere sind, hier ist die Abdeckung<br />

nahezu flächendeckend, sind Länder<br />

wie Brandenburg, die Region um Berlin<br />

einmal ausgenommen, oder Mecklenburg-Vorpommern<br />

fest in UKW-Hand.<br />

Analog dazu gestaltet sich die Programmvielfalt.<br />

Während in Bayern über<br />

30 DAB-Programme ausgestrahlt werden,<br />

hat die Landesanstalt <strong>für</strong> Medien<br />

(LfM) in Nordrhein-Westfalen vergeblich<br />

nach Interessenten <strong>für</strong> ein Privatradiobouquet<br />

gesucht. Auf ähnliches<br />

Desinteresse stieß auch die Medienanstalt<br />

Hamburg/Schleswig Holstein sowie<br />

deren Kollegen aus Niedersachsen.<br />

Keine Geschäftsmodelle?<br />

Es sind die bekannten Probleme, die<br />

den Programmveranstaltern zu schaffen<br />

machen. Gerade werbefinanzierte Radiosender<br />

<strong>für</strong>chten die wirtschaftliche<br />

Belastung, wenn sie neben dem UKWauch<br />

den digitalen Verbreitungsweg<br />

„Muss <strong>noch</strong> ein dickes Brett gebohrt werden“ –<br />

Michael Reichert, Leiter des Projektbüros Digitalradio,<br />

will keine Mühen scheuen, um die Automobilindustrie<br />

von DAB zu begeistern<br />

Bild: SWR<br />

So macht Gartenarbeit erst richtig Spaß: mit einem Digitalradio. Inzwischen sind über 240 Modelle erhältlich. In<br />

diesem Jahr sollen über 1,1 Millionen Stück verkauft werden<br />

Bild: Projektbüro Digitalradio<br />

finanzieren müssen, ohne zu wissen, ob<br />

die Werbepartner diesen Weg gleichermaßen<br />

mitgehen, denn trotz des immer<br />

wieder betonten bundesweiten Starts<br />

von DAB+ war die Abdeckung zunächst<br />

auf Ballungsräume und entlang von<br />

Hauptverkehrsstraßen begrenzt. Eine<br />

eingeschränkte Reichweite ist <strong>das</strong> Letzte,<br />

was Werbetreibende hören wollen.<br />

Ohnehin wird der Mangel an tragfähigen<br />

Geschäftsmodellen kritisiert. Wie<br />

sensibel <strong>das</strong> Thema ist, zeigte unlängst<br />

der Streit zwischen dem WDR und dem<br />

Digitalradio 90elf zur Fußball-EM. Der<br />

WDR wollte über DAB Plus einen eigenen<br />

Fußballkanal ausstrahlen. Die<br />

Macher von 90elf sahen ihr fußballorientiertes<br />

Angebot bedroht. Der WDR<br />

zog sich daraufhin zurück.<br />

Mut ist gefordert<br />

Hinzu kommt, <strong>das</strong>s es wie so oft bei der<br />

Digitalisierung nicht ausreicht, einfach<br />

<strong>das</strong> analoge Angebot 1 : 1 in die digitale<br />

Welt zu übersetzen. Wenn der Zuhörer<br />

<strong>das</strong> UKW-Radio hinter sich lassen soll,<br />

muss er einen handfesten Vorteil in<br />

DAB sehen. Bei den Radioveranstaltern<br />

ist daher Mut zur Strukturveränderung<br />

gefragt, sowohl was <strong>das</strong> Programm angeht<br />

als auch Mut <strong>für</strong> eine neue Radiolandschaft.<br />

Kostenvorteile ergeben<br />

sich erst, wenn genügend Programme<br />

digital auf Sendung gehen. Aber wer<br />

ist schon bereit, mit der Konkurrenz<br />

zu kooperieren?<br />

Die Privatradios, die mit im Boot sitzen,<br />

erhöhen jedenfalls die Schlagzahl. Seit<br />

dem Start im August 2011 haben die<br />

privaten Radioveranstalter etwas mehr<br />

als 9 Millionen Euro ausgegeben, um <strong>für</strong><br />

ihre Digitalsender zu werben. Gegenüber<br />

2011 wird die Summe in diesem Jahr um<br />

rund 600 000 Euro steigen. Doch reicht<br />

<strong>das</strong> aus, damit DAB ins Bewusstsein der<br />

Verbraucher vordringen kann? Die Argumente<br />

besserer Ton und Zusatzdienste<br />

gab es auch vor dem DAB-Plus-Start und<br />

sie zündeten keineswegs.<br />

Zumindest vor dem DAB-Plus-Start hat<br />

man die Fehler, die bereits bei der UKW-<br />

Einführung gemacht wurde, schlicht<br />

wiederholt. Die Gründe, warum UKW-<br />

Radio auch <strong>Jahre</strong> nach dem Start in<br />

Deutschland <strong>noch</strong> ein Nischenleben<br />

führte, waren damals die gleichen wie<br />

seinerzeit bei DAB: Der Verbraucher<br />

wurde nicht ausreichend informiert,


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 17<br />

Sehr trendy wird Digitalradio in dieser Saturn-Filiale<br />

nicht gerade präsentiert. Kritik gibt es zudem am<br />

Marketing. Experten raten zu mehr Emotionalität in<br />

der Werbung<br />

Bild: Auerbach Verlag<br />

Sender warben in ihrem Programmen<br />

nicht <strong>für</strong> ihre digitale Variante, Händler<br />

wurden nicht geschult, <strong>das</strong> neue Programmangebot<br />

war nicht attraktiv genug<br />

und die Preise <strong>für</strong> Empfangsgeräte<br />

waren zu hoch.<br />

Mehr Emotionen<br />

Das Marketing <strong>für</strong> Digitalradio setzt<br />

<strong>noch</strong> zu sehr auf die Mehrwerte, die<br />

USP. Bei den Zusatzdiensten werden gerne<br />

Funktionen wie Verkehrsmeldungen<br />

über TPEG, Slideshows oder ein elektronischer<br />

Programmführer genannt. Wozu<br />

man beim Radiohören jedoch eine Programmvorschau<br />

benötigt, bleibt schleierhaft.<br />

Die heutige Nutzung bezieht sich<br />

auf <strong>das</strong> Hier und Jetzt. Der Hörer schaltet<br />

<strong>das</strong> Radio ein und hört seinen bevorzugten<br />

Sender oder er zappt durch<br />

<strong>das</strong> Angebot, bis er etwas interessantes<br />

findet. Die wenigsten dürften <strong>das</strong> Radio<br />

aufgrund einer bestimmten Sendung<br />

einschalten – die Fußballübertragung<br />

am Samstag Nachmittag mal ausgenommen.<br />

Diese Zuhörer dürften die Anstoßzeiten<br />

aber auch ohne EPG kennen.<br />

Marketingexperten raten zur Abkehr<br />

2011 0,336 Mio.<br />

2012 1,131 Mio.<br />

2013 3,072 Mio.<br />

2014 6,466 Mio.<br />

Verkaufsprognose Digitalradios<br />

2015 10,99 Mio.<br />

2016 15,365 Mio.<br />

Digitalradio ist nur etwas <strong>für</strong> die Ohren. Welchen<br />

Vorteil jedoch eine Programmvorschau <strong>für</strong> ein<br />

„Nebenbei-Medium“ wie <strong>das</strong> Radio bringen soll, bleibt<br />

fraglich<br />

Bild: msdeegan<br />

vom technischen Mehrwert und empfehlen,<br />

auf Emotionen zu setzen und Begehrlichkeit<br />

durch attraktive Endgeräte<br />

beim Verbraucher zu wecken. Danach<br />

sieht es in den Regalen der großen Elektronikketten<br />

jedoch nicht gerade aus.<br />

Zum Teil macht <strong>das</strong> Angebot einen biederen<br />

Eindruck und wirkt keineswegs<br />

wie ein neuer Trend. „DAB-Geräte im<br />

Retrodesign schaffen keine Kauflust“,<br />

erklärte Josef Thaler, Geschäftsführer<br />

der Werbeagentur Sternthaler, den<br />

Teilnehmer des Forums „Digitalradio<br />

2012 auf Plus-Kurs“ der Bayerischen<br />

Landeszentrale <strong>für</strong> neue Medien (BLM).<br />

Es sollte die einzige Kritik an diesem<br />

Tag sein, denn die übrigen Referenten<br />

stammten allesamt aus dem DAB-Lager,<br />

so <strong>das</strong>s die Veranstaltung den Beigeschmack<br />

eines Sich-gegenseitig-auf-die-<br />

Schulter-Klopfens erhielt.<br />

Der Radiokiller<br />

Doch die steigenden Verkaufszahlen lassen<br />

den Schluss zu, <strong>das</strong>s DAB langsam<br />

an Fahrt gewinnt. Die Beteiligten setzen<br />

auf jeden Fall alles daran, die Netzabdeckung<br />

zu verbessern. Bis <strong>Ende</strong> des<br />

2017 20,718 Mio.<br />

2018 25,052 Mio.<br />

2019 29,672 Mio.<br />

0 5 10 15 20 25 30<br />

Quelle: Regiocast F&E<br />

<strong>Jahre</strong>s wird <strong>das</strong> DAB-Netz auf 46 Senderstandorte<br />

erweitert. Eine zweite bundesweite<br />

Abdeckung, allerdings aus drei<br />

Kanälen bestehend, ist im Gespräch.<br />

Mit dem Ausbau wird aber erst im<br />

kommenden Jahr gerechnet. Ab 2014<br />

sollen dann über den Inhouse-Empfang<br />

bundesweit 50 Millionen Einwohner erreicht<br />

werden, die mobile Abdeckung<br />

soll bei 76 Prozent liegen.<br />

Damit wäre die Grundlage gelegt, jedoch<br />

der Erfolg nicht garantiert, denn<br />

die Zahl an Empfangsgeräten <strong>für</strong> digitales<br />

Radio steigt auch abseits von DAB-<br />

Empfängern. Das Internet gilt als DAB-<br />

Killer. Der mobile Datenverkehr über<br />

Smartphones, Tablets und Netbooks<br />

nimmt zwar in erster Linie wegen des<br />

steigenden Videokonsums zu, jedoch<br />

bietet jeder Sender sein Programm auch<br />

als IP-Stream auf seiner Homepage an<br />

und ist so auch über WLAN-Radios empfangbar.<br />

Die Hoffnungen ruhen daher<br />

unter anderem auf hybriden Endgeräten,<br />

die den günstigsten oder technisch<br />

möglichen Empfangsweg auswählen<br />

oder im besten Fall beide Übertragungswege<br />

sinnvoll verknüpfen.<br />

Hoffnungsträger Autobranche<br />

Für den endgültigen Durchbruch des Digitalradios<br />

soll die Automobilindustrie<br />

sorgen. Serienmäßig bietet jedoch kein<br />

einziger Hersteller einen DAB-Empfänger<br />

in seinen Autos an. Stattdessen setzen<br />

Audi und BMW auf Webradio im Wagen.<br />

Doch im Zuge dieser Produkte werden<br />

auch immer wieder Gerüchte um eine<br />

serienmäßige DAB-Ausstattung laut. Die<br />

Option, <strong>das</strong> Auto mit einem Digitalradio<br />

ab Werk auszurüsten, kostet derzeit<br />

um die 300 Euro. Dies können immerhin<br />

41 Prozent der Hersteller anbieten,<br />

darunter neben BMW und Audi auch<br />

Mercedes oder Opel. Bei 21 Prozent,<br />

zum Beispiel Citroen, Renault, Porsche<br />

oder Mazda, ist Digitalradio in Planung<br />

und <strong>für</strong> 38 Prozent ist DAB aber ein<br />

unbeschriebenes Blatt (u. a. Fiat, Skoda,<br />

Peugeot oder Nissan). Kein Wunder also,<br />

<strong>das</strong>s Michael Reichert, Leiter des Projektbüros<br />

Digitalradio, auf dem BLM-Forum<br />

sagte, <strong>das</strong>s hier <strong>noch</strong> „ein dickes Brett<br />

gebohrt werden“ müsse.<br />

Das dürfte trotz der Erfolge, die DAB<br />

Plus nach einem Jahr verzeichnen kann,<br />

auch <strong>für</strong> andere Bereiche gelten. Jedoch<br />

geben die ersten zwölf Monate nach<br />

dem Neustart Anlass zur Hoffnung,<br />

<strong>das</strong>s der berühmte Hockey-Stick-Effekt<br />

nicht mehr allzu weit enternt ist. UKW<br />

hat sich nach anfänglicher Missachtung<br />

schließlich auch durchgesetzt; so gut<br />

sogar, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Digitalradio heute darunter<br />

zu leiden hat. MH


18 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Weiße Flecken im Spektrum<br />

TV White Spaces: Lösung <strong>für</strong> eine effizientere Nutzung des Frequenzspektrums mit Funktechnologien?<br />

Dass die Bedeutung der mobilen Datenkommunikation<br />

zunimmt, weiß der<br />

Rundfunk bereits seit der Digitalen Dividende<br />

1. Spätestens die WRC-12 hat den<br />

letzten Optimisten wachgerüttelt. Ericsson<br />

geht davon aus, <strong>das</strong>s der mobile Datenverkehr<br />

bis 2016 um <strong>das</strong> Zehnfache<br />

zunehmen wird. Kurioserweise liegt <strong>das</strong><br />

vornehmlich an der Übertragung von<br />

Bewegtbildern. Laut Cisco macht die<br />

mobile Übertragung von Videos bereits<br />

heute 50 Prozent aus. Der Trend ist<br />

unübersehbar: Die mobile Datenübertragung<br />

wird in Zukunft weitere Frequenzkapazitäten<br />

benötigen und zwar<br />

weit über die Digitale Dividende 1 und<br />

2 hinaus.<br />

Lokale Lücken<br />

Natürlich stehen die attraktiven Rundfunkfrequenzen<br />

im Fokus der Mobilfunker.<br />

Je mehr die Übertragung im<br />

Frequenzband nach oben steigt, desto<br />

teurer wird es. Der Rundfunk tut also<br />

gut daran, einerseits sein „Territorium“<br />

zu verteidigen, andererseits nach einer<br />

effizienteren Nutzung des Frequenzspektrums<br />

Ausschau zu halten. Eine<br />

Methode ist die lokale Nutzung nicht<br />

benötigter TV-Frequenzen mit geringer<br />

Sendeleistung, sogenannte „TV White<br />

Spaces“ (TVWS).<br />

Für die Rundfunkübertragung werden<br />

nicht alle Frequenzen in allen Regionen<br />

gleichermaßen genutzt, wodurch lokale<br />

Lücken entstehen, die TV White Spaces.<br />

Unter der Voraussetzungen, <strong>das</strong>s eine<br />

Sekundärnutzung der TVWS nicht zu<br />

Interferenzen mit der Rundfunkübertragung<br />

führt, könnten diese Lücken<br />

von anderen Funktechnologien genutzt<br />

werden. Dadurch wäre es beispielsweise<br />

möglich, ländliche Gebiete über Richtfunk<br />

ans Internet anzubinden, um so<br />

den Zielen der Breitbandstrategie der<br />

Bundesregierung ein Stückchen näher zu<br />

kommen. Darüber hinaus könnten TVWS<br />

auch zur Entlastung des 2,4-GHz-Bandes,<br />

<strong>das</strong> <strong>für</strong> Hotspots genutzt wird, eingesetzt<br />

werden. Die Folgen wären eine bessere<br />

Servicequalität und höhere Datenraten.<br />

Das Institut <strong>für</strong> Nachrichtentechnik<br />

der Universität Braunschweig hat zur<br />

Nutzung der „Weißen Flecken“ einige<br />

Szenarien analysiert. Bei einem Empfangsgrenzwert<br />

von durchschnittlich<br />

–65 dBm wären etwa drei Viertel des<br />

TV-Spektrums im Gleichkanal und 43<br />

Prozent im Nachbarkanal als TVWS verfügbar.<br />

Das hört sich im ersten Moment<br />

Über TV White Spaces könnten ländliche Regionen per Richtfunk mit Breitbandinternet versorgt werden. Doch ganz<br />

so einfach, wie es klingt, ist es nicht<br />

Bild: holisticmonkey<br />

nach eine großen Potenzial an, doch der<br />

Schein trügt, denn die Anzahl der White<br />

Spaces variiert stark. In dicht besiedelten<br />

Gebieten ist sie wesentlich geringer<br />

als in ländlichen Regionen.<br />

Ohnehin verringert sich ihre Zahl dramatisch,<br />

wenn ein höher Empfangsgrenzwert<br />

gewählt wird. Bei einem<br />

Grenzwert von –72 dBm steht im Gleichkanal<br />

nur <strong>noch</strong> rund die Hälfte und im<br />

Nachbarkanal nur <strong>noch</strong> 17 Prozent des<br />

Spektrums als TVWS zur Verfügung. Für<br />

beide Szenarien wurden zudem keine<br />

Schutzabstände berücksichtigt. Bei einer<br />

Schutzdistanz von 1 km und einem<br />

Empfangsgrenzwert von –65 dBm fällt<br />

<strong>das</strong> als TVWS verfügbare Spektrum im<br />

Gleichkanal von drei Viertel auf 55 Prozent,<br />

wird ein Schutzabstand von 5 km<br />

gewählt, sinkt es sogar auf 40 Prozent.<br />

Die Unterschiede zwischen urbanen<br />

und ländlichen Regionen nehmen dabei<br />

<strong>noch</strong> zu.<br />

Praktische Probleme<br />

Soweit die Theorie. Hinzu kommt, <strong>das</strong>s<br />

es bislang keine klare Definition zu<br />

White Spaces gibt, um Interferenzen<br />

zu vermeiden. Störstrahlung lässt sich<br />

in der Praxis ohnehin nicht vollständig<br />

vermeiden, so <strong>das</strong>s Toleranzgrenzen<br />

definiert werden müssen.<br />

Zudem kann durch ein Abtasten des<br />

Frequenzspektrums nicht mit absoluter<br />

Sicherheit gesagt werden, wo sich TVWS<br />

befinden. Daher sollen Geolocation-Datenbanken<br />

aufgebaut werden, die vom<br />

jeweiligen Endgerät, <strong>das</strong> zusätzlich seine<br />

eigene Position bestimmen können<br />

muss, abgefragt werden, um zu erkennen,<br />

ob TVWS zur Verfügung stehen.<br />

Der Nachteil dieser Idee: Die Verbindung<br />

zu den Datenbanken muss über<br />

eine Funktechnologie stattfinden. Daher<br />

muss <strong>das</strong> Endgerät eine Verbindung<br />

zu einem WLAN- oder Mobilfunknetz<br />

herstellen können. Dies verkompliziert<br />

die Sache ungemein, da ja gerade am<br />

Standort des Endgerätes nach einer<br />

Alternativnutzung zu diesen Technologien<br />

gesucht werden soll.<br />

Kosten und Nutzen<br />

Kein Wunder also, <strong>das</strong>s Mobilfunker<br />

wegen mangelnder Planungsunsicherheit<br />

und unklarer Regulierung TVWS<br />

nicht als Alternative <strong>für</strong> Mobilfunknetze<br />

ansehen. Sie hoffen auf weitere Möglichkeiten,<br />

Frequenzen exklusiv nutzen<br />

zu können.<br />

Es liegt der Schluss nahe, <strong>das</strong>s die<br />

Verwendung von White Spaces die<br />

Anbindung ländlicher Gebiete an<br />

Breitbandinfrastrukturen erleichtern<br />

könnte, wohingegen ihre geringe Verfügbarkeit<br />

in Städten schnell die Frage<br />

aufwirft, ob die entstehenden Kosten<br />

<strong>für</strong> die Einführung einer TVWS-Technologie<br />

in einem sinnvollen Verhältnis<br />

zum Nutzen steht. MH


Ausgabe 95 September 2012 Digital Insider 19<br />

Knackpunkt letzte Meile<br />

Unrentabel oder lohnend: Wohnungswirtschaft will Wettbewerb auf Netzebene 4 durch Open Access<br />

Die Wohnungswirtschaft müsste sich<br />

eigentlich über die Aktivitäten der<br />

Telekom Deutschland auf der Netzebene<br />

4 freuen, entsteht auf diese Weise<br />

doch Wettbewerb um die Gunst der<br />

Wohnungsgesellschaften. Doch die sind<br />

mehrheitlich der Meinung, <strong>das</strong>s lediglich<br />

ein Monopol durch ein anderes<br />

ersetzt wird. Sie hätten am liebsten die<br />

Infrastruktur in ihrem Besitz, auf der<br />

dann die unterschiedlichen Anbieter<br />

ihre Produkte offerieren könnten. Doch<br />

dem Open Acces haftet die Kritik an,<br />

unrentabel zu sein.<br />

„Abbau von Wettbewerb“<br />

Mit dem neu gegründeten Competence<br />

Center Wohnungswirtschaft stürmt<br />

die Telekom in <strong>das</strong> Geschäft auf der<br />

sogenannten letzten Meile, um den<br />

Kabelnetzbetreiber Konkurrenz zu machen.<br />

So bieten die Bonner Telefonie<br />

und Internetzugänge auch über Docsis-<br />

Technologie an. „Für die Wohnungswirtschaft<br />

fällt dadurch die Umschaltung<br />

weg und der Umstieg wird erleichtert“,<br />

erklärt Guido Schwarzfeld, Leiter<br />

Produktmanagement im Competence<br />

Center von Telekom Deutschland.<br />

Doch viele Wohnungsgesellschaften<br />

sehen den Markteintritt der Telekom<br />

kritisch, insbesondere die Kooperation<br />

mit der Deutschen Annington. „Aus<br />

meiner Sicht bedeutet dies ein Abbau<br />

von Wettbewerb“, sagte Wolfram Leitsmann,<br />

Bereichsleiter Informations- und<br />

Kommunikationstechnik bei der Stadt<br />

und Land Wohnbauten-Gesellschaft<br />

Wolfram Leitsmann von der Stadt und Land Wohnbauten-<br />

Gesellschaft will mehr Wettbewerb auf der letzten<br />

Meile durch Open Access. Da<strong>für</strong> will er eine passive<br />

Infrastruktur aufbauen und verpachten Bild: Auerbach Verlag<br />

mbH, Mitte Juni auf der Anga Cable<br />

Convention. Er strebt eine bessere Versorgung<br />

<strong>für</strong> Immobilien an und setzt<br />

dabei auf Glasfaser.<br />

Wirtschaftlicher Unsinn?<br />

Jedoch sehen die Wohnungsgesellschaften<br />

auch die Konsolidierung im<br />

Kabel mit Argwohn, die gerade in<br />

jüngster Zeit durch den Zusammenschluss<br />

von Kabel Bw und Unitymedia,<br />

der Übernahme von Tele Columbus<br />

durch Kabel Deutschland und dem Interesse<br />

von Unitymedia und Deutsche<br />

Telekom an Primacom enorm an Fahrt<br />

aufgenommen hat.<br />

Leitsmanns Unternehmen arbeitet daher<br />

am Aufbau einer passiven Infrastruktur,<br />

die er dann verpachten will<br />

und über die verschiedene Anbieter<br />

ihre Angebote <strong>für</strong> TV, Telefonie, Internet<br />

und <strong>für</strong> sonstige Dienste rund um<br />

Haus und Wohnung verbreiten können.<br />

„So bekommen wir die Kosten <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

Invest wieder“, erklärt Leitsmann. Dabei<br />

setzt er auf Glasfaser. Eine derartige<br />

Inhouse-Versorgung soll seinen Worten<br />

zufolge zwischen 200 und 250 Euro<br />

pro Haushalt kosten. Im Rahmen einer<br />

Haussanierung fielen die Kosten auf 80<br />

bis 100 Euro.<br />

Ob ein solches Open-Access-Geschäftsmodell<br />

auf der letzen Meile jedoch wirtschaftlich<br />

tragbar ist, wird bezweifelt.<br />

Dienste wie etwa Smart Meter benötigen<br />

nur eine geringe Bandbreite. „Den Ausbau<br />

mit zwei oder drei Netzen, die dann<br />

vielleicht nur zu 20 Prozent ausgelastet<br />

sind, halte ich <strong>für</strong> unrentabel“, erklärt<br />

Willy-Tel-Geschäftsführer Bernd<br />

Thielk. Seiner Meinung nach nützt<br />

die Glasfaser auf der letzten Meile<br />

nichts, wenn niemand in die vorgeschalteten<br />

Netze auf öffentlichem<br />

Grund investiert.<br />

Telekom will FTTH<br />

Die Telekom will ebenfalls zusammen<br />

mit der Deutschen Annington den<br />

Glasfaserausbau vorantreiben. „Momentan<br />

versorgen wir die Übergabepunkte<br />

der Annington und nutzen ihre<br />

Netze so wie wir sie vorfinden“, erklärt<br />

Schwarzfeld. In der zweiten Stufe soll<br />

dann der FTTH-Roll-out beginnen. Jedoch<br />

bezweifelt auch er, <strong>das</strong>s sich<br />

mehrere Anbieter die letzte Meile teilen<br />

werden. Die Refinanzierungschancen<br />

liegen nur bei 50 Prozent, wenn<br />

zwei Anbieter auf der letzten Meile<br />

Guido Schwarzfeld vom Competence Center<br />

Wohnungswirtschaft der Telekom Deutschland bezweifelt,<br />

<strong>das</strong>s ein Wettbewerb zwischen mehreren Anbietern<br />

auf der letzten Meile rentabel sein wird Bild: Auerbach Verlag<br />

im Wettbewerb stehen. „Bei den heutigen<br />

Margen ist <strong>das</strong> zu risikoreich“, so<br />

Schwarzfeld. Für Dienste mit geringem<br />

Breitbandbedarf sieht der Telekom-<br />

Manager die Anbieter im Vorteil, die<br />

solche Dienste auch über Mobilfunk<br />

lösen können.<br />

Gestattungsverträge<br />

Einigkeit herrscht hingegen über die<br />

Laufzeiten <strong>für</strong> Gestattungsverträge.<br />

„Daran muss sich nichts ändern“, erklärt<br />

Leitsmann. Er will den Aufbau einer<br />

passiven Infrastruktur über 20 bis<br />

25 <strong>Jahre</strong> refinanzieren. Den Kabelnetzbetreibern<br />

wirft er hingegen vor, lange<br />

Vertragslaufzeiten zu fordern, um den<br />

Wettbewerb auf der letzten Meile zu<br />

verhindern. „Wir reden alle von Open<br />

Access, aber keiner will es“, resümiert<br />

er deshalb leicht verärgert. Thielk hingegen<br />

be<strong>für</strong>chtet, <strong>das</strong>s durch <strong>das</strong> Einzelinkasso,<br />

<strong>das</strong> bei einer Wahlfreiheit<br />

des Mieters <strong>für</strong> unterschiedliche Diensteangebote<br />

notwendig wäre, die Preise<br />

in die Höhe schnellen werden.<br />

Letzten <strong>Ende</strong>s bedeutet Wettbewerb<br />

auf der letzten Meile eine Verkürzung<br />

der Wertschöpfungskette <strong>für</strong> diejenigen,<br />

die derzeit als einzige auf der<br />

Netzebene 4 tätig sind. Das sich die<br />

Kabelnetzbetreiber dagegen sperren,<br />

ist nachvollziehbar, auch wenn die<br />

Vorteile <strong>für</strong> den Endkunden dabei zunächst<br />

in den Hintergrund rutschen. Es<br />

hängt also davon ab, ob die Kabelnetzbetreiber<br />

im entstehenden Wettbewerb<br />

einen Vorteil <strong>für</strong> sich sehen. MH


20 Digital Insider www.digital-insider.de<br />

Veranstaltungskalender<br />

Messen/Veranstaltungen Termin Ort<br />

Internationaler Medienkongress<br />

Medienboard Brandenburg<br />

www.medienboard.de<br />

2. IEEE Internationale Konferenz <strong>für</strong><br />

Consumer Electronics<br />

Institute of Electrical and Electronics Engineers<br />

www.icce-berlin.org<br />

Medientreff NRW<br />

Landesanstalt <strong>für</strong> Medien<br />

www.lfm-nrw.de<br />

International Broadcasting Convention<br />

IBC<br />

www.ibc.org<br />

World Satellite Business Week<br />

Euroconsult<br />

www.satellite-business.com<br />

Demexco 2012<br />

Koelnmesse<br />

www.demexco.de<br />

Photokina<br />

Koelnmesse<br />

www.photokina.de<br />

Media Night Hannover<br />

Niedersächsische Landesmedienanstalt<br />

www.medianighthannover.de<br />

Future Media Summit<br />

Kongress Media GmbH<br />

www.future-media-summit.de<br />

LED professional Symposium<br />

Institute for Innovation and Technology<br />

www.led-professional-symposium.com<br />

Österreichische Medientage<br />

Manstein Verlag<br />

www.medien-tage.at<br />

ZVEI-Innovationskongress<br />

Zentralverband der Elektro- und Elektronikindustrie<br />

www.zvei.org<br />

3. – 4. September 2012 Berlin<br />

3. – 5. September 2012 Berlin<br />

4. – 5. September 2012 Bad Honnef<br />

6. – 11. September 2012 Amsterdam<br />

10. – 14. September 2012 Paris<br />

12. – 13. September 2012 Köln<br />

18. – 23. September 2012 Köln<br />

20. September 2012 Hannover<br />

25. – 26. September 2012 Hamburg<br />

25. – 27. September 2012 Bregenz<br />

25. – 27. September 2012 Wien<br />

27. – 28. September 2012 Wiesbaden<br />

Kolumne<br />

Abgewatscht<br />

von Marc Hankmann<br />

Autsch, <strong>das</strong> tat weh! Dass 33 000 Kabelhaushalte<br />

vor seiner Nase an den<br />

Bonner Erzfeind gehen, dürfte auch<br />

einen alten Hasen wie Anga-Präsident<br />

Thomas Braun nicht kalt lassen. Wenn<br />

Deutschlands oberster Kabellobbyist<br />

demnächst durch die Straßen Hannovers<br />

fährt, werden ihm also Telekom-<br />

Mitarbeiter zuwinken, während sie ihr<br />

Glasfasernetz an die Übergabepunkte<br />

des NE4-Betreibers Antec anschließen.<br />

Der Pakt mit dem TK-Riesen wird<br />

wahrscheinlich auch die Position des<br />

langjährigen Anga-Schatzmeisters und<br />

Antec-Mitarbeiters Jürgen Sommer im<br />

Vorstand des Kabelverbands nicht gerade<br />

gefestigt haben. Zumindest bei<br />

Kabel Deutschland dürfte Sommer eine<br />

persona non grata sein, denn die<br />

33 000 Antec-Haushalte wurden zuvor<br />

vom Kabelnetzbetreiber aus München<br />

versorgt. Sommer ist zudem Mitglied im<br />

Aufsichtsrat der Deutschen Netzmarketing<br />

GmbH.<br />

Nach der Deutschen Annington als erstes<br />

Unternehmen der Wohnungswirtschaft<br />

ist es der Telekom nun mit Antec<br />

gelungen, einen ersten Kabelnetzbetreiber<br />

zu gewinnen. Lauter können die<br />

Glocken nicht mehr läuten. Inzwischen<br />

dürfte auch der Letzte in der Kabelbranche<br />

mitbekommen haben, <strong>das</strong>s die<br />

Bonner ihnen die Wohnungswirtschaft<br />

streitig machen.<br />

Da<strong>für</strong> hat die Telekom in Bonn <strong>das</strong> Competence<br />

Center Wohnungswirtschaft gegründet.<br />

Die Mitarbeiter sitzen aber<br />

nicht im repräsentativen Hauptsitz der<br />

Telekom, sondern in der Graurheindorfer<br />

Straße, die genauso aussieht, wie sie<br />

klingt: grau. Doch <strong>das</strong> passt, denn man<br />

macht nicht viel Aufhebens um den Außenposten.<br />

An der Zentrale erhält man<br />

keine Telefonnummern des Centers. Es<br />

wirkt fast losgelöst, wie ein selbstständig<br />

agierender Arm. Immerhin: Dem<br />

Arm ist es gelungen, dem Kabel eine<br />

Watsch’n zu verpassen.<br />

Digital Insider<br />

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Herausgeber: Stefan Goedecke (SG), Torsten Herres (TH),<br />

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Chefredaktion (ViSdP): Marc Hankmann (MH)<br />

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