Das Kundenmagazin der Chromos AG - Mediaforum
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Trends + Wandel | Panelgespräch 2013 4 | 5<br />
Wandel war immer –<br />
Radikalität ist heute<br />
<strong>Chromos</strong> Roundtable 2013:<br />
Daniel Broglie, Raphael Gasser und Christian Wipf<br />
im Gespräch (v.l.)<br />
Wandel nimmt manchmal radikale Formen<br />
an. So wie heute, wo Digitalisierung<br />
und das Internet Strukturen gnadenlos<br />
aufbrechen. Wie geht man mit einer solchen<br />
Situation um? Was bewegt die Verantwortlichen?<br />
Am <strong>Chromos</strong>-Panel 2013<br />
diskutierte Paul Fischer, Chefredaktor<br />
viscom, mit prominenten Vertretern <strong>der</strong><br />
Branche Print und Verpackung.<br />
// Paul Fischer: Wie gehen Sie mit dieser<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung um, und für was steht<br />
Ihr Unternehmen in zehn Jahren?<br />
Raphael Gasser: Die einzige Kontinuität ist<br />
<strong>der</strong>zeit <strong>der</strong> permanente Wandel. Die grafische<br />
Branche, wie sie bis anhin existiert, stammt<br />
noch aus dem Zeitalter <strong>der</strong> «Materialisation».<br />
Mit Papier als Informationsträger hat man<br />
eine Welt mit festen Strukturen. Doch nun<br />
treten wir in eine Phase <strong>der</strong> «Dematerialisation».<br />
In einer solchen Welt ist die Kommunikation<br />
sehr viel komplexer. Es geht nicht<br />
mehr nur um «wie kommuniziere ich?», son<strong>der</strong>n<br />
auch um «an wen kommuniziere ich?».<br />
Die alte Welt <strong>der</strong> «Materialisation» war wie<br />
ein Uhrwerk: hoch komplex zwar, doch mit<br />
<strong>der</strong> nötigen Sorgfalt kann man ein Uhrwerk<br />
auseinan<strong>der</strong>bauen und wie<strong>der</strong> zusammensetzen.<br />
Die neue Welt <strong>der</strong> virtuellen «Dematerialisation»<br />
ist viel komplexer. So komplex, dass ein<br />
Einzelner gar nicht mehr alles verstehen<br />
kann. Darum setze ich in meinem Unternehmen<br />
auf ein breit abgestütztes Management,<br />
welches verschiedenste Kompetenzen mitbringt,<br />
die ich selber unmöglich alle haben<br />
könnte.<br />
Für was steht das Unternehmen Gasser in<br />
zehn Jahren? Realistischerweise nur für den<br />
Namen! Denn angesichts <strong>der</strong> gewaltigen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
muss man bereit sein, alles an<strong>der</strong>e<br />
über Bord zu werfen.<br />
Steffen Tomasi: Radikaler Wandel ist die eigentliche<br />
Grundlage meines Schaffens. Ich<br />
komme aus <strong>der</strong> kaufmännischen Branche<br />
und arbeitete lange in <strong>der</strong> Musikindustrie.<br />
Ich hatte also keinen Bezug zur Druckbranche.<br />
Mein Einstieg war etwas speziell: Als<br />
Einkäufer eines Musikverlages fiel mir auf,<br />
wie <strong>der</strong> Druckereibesitzer bei dem wir unsere<br />
Drucksachen bezogen, praktisch jedes Jahr<br />
mit einem grösseren und schöneren Dienstwagen<br />
vorfuhr. «Da kann doch etwas nicht<br />
stimmen», dachte ich mir. <strong>Das</strong> war mein Einstieg<br />
ins Druckgeschäft. Ich realisierte, dass<br />
man mit Sammelformen und Konzentration<br />
<strong>der</strong> Druckaufträge die Herstellkosten radikal<br />
senken kann.<br />
Mit dieser Idee machte ich mich selbständig.<br />
Bei <strong>der</strong> Gründung waren wir zwei Leute, heute<br />
sind es 50. <strong>Das</strong> Geschäft wuchs dank dem<br />
Internet und <strong>der</strong> Digitalisierung enorm. Darum<br />
teile ich auch nicht die Bedenken um die<br />
Olivier Neidhart: Mitinhaber und CEO,<br />
Neidhart + Schön Group<br />
Zukunft des Druckproduktes. In unserem Bereich<br />
ist das Marktvolumen da. Was sich völlig<br />
geän<strong>der</strong>t hat, sind die Wege, wie man an<br />
dieses Volumen herankommt. <strong>Das</strong> Internet<br />
verän<strong>der</strong>t ja nicht nur die Printbranche. Denken<br />
Sie nur mal an den Autokauf! Ich kann<br />
mich noch gut erinnern, wie mein Vater für<br />
einen Neukauf unsere ganze Familie viele<br />
Wochenenden zu den verschiedensten Autohäusern<br />
schleppte. Heute weiss <strong>der</strong> Kunde,<br />
<strong>der</strong> sich intensiv im Internet vorinformiert,<br />
ganz genau, was er kaufen möchte, bevor er<br />
ein Autogeschäft betritt. <strong>Das</strong> eigentliche<br />
«Verkaufen» tritt in den Hintergrund. Heute<br />
geht es um Bedürfniserkennung und massgeschnei<strong>der</strong>te<br />
Lösungen.<br />
Nachgefragt – Olivier Neidhart,<br />
Neidhart + Schön-Group<br />
Die Übernahme des Bogengeschäftes<br />
<strong>der</strong> Swissprinters<br />
<strong>AG</strong> mit <strong>der</strong> ehemaligen NZZ<br />
Fretz aus Schlieren war für<br />
mich sehr beeindruckend. Vor 20 Jahren<br />
entschieden wir uns, den Bereich<br />
Geschäftsberichte zu forcieren. Damals<br />
war die NZZ Fretz in diesem Bereich <strong>der</strong><br />
absolute Platzhirsch, und ich hätte es<br />
mir selbst in meinen kühnsten Träumen<br />
nicht vorstellen können,<br />
diesen Mitbewerber einmal<br />
bei uns zu integrieren.<br />
Andreas Schaffner: Wandel hat immer eine<br />
positive und eine negative Komponente. Ich<br />
denke da an meine persönlichen Erfahrungen:<br />
Ich war immer jemand, <strong>der</strong> den Wandel<br />
suchte. Neue Tätigkeiten, die mir auch eine<br />
Befriedigung geben. Ich freute mich auf das<br />
Neue. Doch da gibt es auch die an<strong>der</strong>e Seite.<br />
Wenn man eine neue, spannende Tätigkeit<br />
in einem an<strong>der</strong>en Unternehmen aufnimmt,<br />
geht auch etwas verloren. <strong>Das</strong> vertraute Umfeld<br />
fällt weg, man verliert den Kontakt zu<br />
Leuten, mit denen man gut zusammengearbeitet<br />
hat. Und man weiss nie genau, was das<br />
neue Umfeld bringt.<br />
Eine ähnliche Situation haben wir in <strong>der</strong> Zeitungsbranche.<br />
Die Branche ist gezwungen,<br />
sich zu wandeln. Erodierende Auflagen, zurückgehende<br />
Umfänge, enorme Überkapazitäten<br />
in <strong>der</strong> Produktion zwingen uns dazu,<br />
uns zu wandeln, neue Wege zu gehen, sich<br />
neu zu orientieren. Ausnahmslos alle im Un-<br />
Andreas Schaffner: Verantwortlicher Verlagsservices<br />
Tamedia <strong>AG</strong> und Mitglied <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />
ternehmen sind gefor<strong>der</strong>t. Ein gutes Beispiel<br />
sind unsere Drucker an <strong>der</strong> Zeitungsrotation.<br />
Früher arbeiteten sie nur für die eigenen Verlagsobjekte.<br />
Jetzt müssen sie jede Nacht mit<br />
<strong>der</strong> Basler Zeitung, dem Bieler Tagblatt o<strong>der</strong><br />
dem Journal du Jura zusätzliche regionale Tageszeitungen<br />
als Kundenauftrag produzieren.<br />
<strong>Das</strong> ist eine grosse Umstellung. Die Prozesse<br />
an die man sich gewöhnt hat und die praktisch<br />
bis zu je<strong>der</strong> Handbewegung eingespielt<br />
waren, sehen jetzt auf einmal ganz an<strong>der</strong>s<br />
aus. Noch beeindrucken<strong>der</strong> ist die Entwicklung<br />
im Lesermarkt. Früher dauerte das<br />
durchschnittliche Telefongespräch eines Mitarbeiters<br />
des Lesermarkts mit einem Kunden<br />
einige zehn Sekunden. Heute sind es bei <strong>der</strong><br />
Betreuung eines App-Kunden oft mehrere<br />
Minuten! Denn es geht in vielen Gesprächen<br />
nicht mehr um Adressumleitungen o<strong>der</strong><br />
Rechnungsfragen, son<strong>der</strong>n neu um iPad-Beratung.<br />
Damit verän<strong>der</strong>t sich das Stellenprofil<br />
Nachgefragt –<br />
Andreas Schaffner, Tamedia<br />
Radikaler Wandel ist ja nichts<br />
Neues. Erinnern wir uns an<br />
den Bau <strong>der</strong> Eisenbahnen,<br />
womit Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
begonnen wurde. Alle wussten<br />
damals, dass die Anbindung an eine<br />
Eisenbahnlinie für die Entwicklung des<br />
eigenen Standortes zentral war. Doch<br />
welche Auswirkungen die Eisenbahnlinien<br />
auf die Wirtschaft und das Leben <strong>der</strong><br />
Menschen haben würden, erkannte man<br />
erst mit <strong>der</strong> Zeit. In einer<br />
ähnlichen Situation befinden<br />
wir uns heute mit dem<br />
Internet.<br />
unserer Kundeberater im Lesermarkt völlig.<br />
In Zukunft wird das traditionelle Printgeschäft<br />
weiter zurückgehen, während das digitale<br />
Geschäft deutlich wachsen wird. Worin<br />
liegt da die spezifische Stärke eines Unternehmens<br />
wie Tamedia? Die Stärke liegt bei<br />
den Prozessen. Nur wenige Unternehmen<br />
sind wirklich in <strong>der</strong> Lage, verschiedenste<br />
Daten in dieser Menge zu übernehmen, professionell<br />
zu bearbeiten, um sie dann den<br />
verschiedenen Kommunikationskanälen zuzuteilen.<br />
Christian Wipf: Als Unternehmer hat man<br />
den Wandel und die damit verbundenen Kri-<br />
Christian Wipf: Inhaber und Delegierter des<br />
Verwaltungsrates <strong>der</strong> Wipf Gruppe<br />
Nachgefragt –<br />
Christian Wipf, Wipf Gruppe<br />
In Asien sehen wir, wie sich<br />
die Verpackungswelt in den<br />
nächsten Jahren entwickeln<br />
wird. Dort ist man sehr<br />
experimentierfreudig und neue Ideen<br />
werden schnell umgesetzt. Dies im<br />
Gegensatz zu Europa und Nordamerika,<br />
wo man ziemlich konservativ agiert.<br />
Darum bin ich auch davon überzeugt,<br />
dass auch bei uns die flexible Verpackung,<br />
welche beispielsweise in Japan<br />
bereits heute dominiert, zum Standard<br />
wird. Diese eröffnet innovativen<br />
Anbietern natürlich viele<br />
Möglichkeiten.<br />
sen schon oft erlebt. Beispielsweise die Nachfolgeregelung,<br />
die immer eine Zäsur darstellt<br />
– auch wenn sie rückblickend erfolgreich ist.<br />
Jedes Produkt hat seinen Lebenszyklus, und<br />
die wichtigste Aufgabe des Unternehmers ist<br />
es, den Zeitpunkt, an dem ein Produkt im<br />
Markt nicht mehr nachgefragt wird, voraus-