PTB-Mitteilungen 2013 Heft 2
PTB-Mitteilungen 2013 Heft 2
PTB-Mitteilungen 2013 Heft 2
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
n Ionisierende Strahlung in der Medizin <strong>PTB</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> 123 (<strong>2013</strong>), <strong>Heft</strong> 2<br />
3<br />
International Commission<br />
on Radiation<br />
Units and Measurements,<br />
Determination<br />
of Absorbed Dose in<br />
a Patient Irradiated<br />
by Beams of X or<br />
gamma Rays in<br />
radiotherapy Procedures,<br />
ICRU Report<br />
24, 1991<br />
4<br />
International Commission<br />
on Radiation<br />
Units and Measurements,<br />
Patient<br />
Dosimetry for X-rays<br />
used in Medical<br />
Imaging, ICRU<br />
Report 74, Journal<br />
of the ICRU, Vol. 5,<br />
No.2 (2005), Oxford<br />
University Press<br />
ist „tumour matched dose distribution“. Eine der<br />
neuesten Entwicklungen in der externen Strahlentherapie<br />
ist die Intensity Modulated Radiation<br />
Therapy (IMRT), bei der der Patient aus verschiedenen<br />
Einfallsrichtungen mit einer Vielzahl von<br />
schmalen, auf die entsprechende Tumorgeometrie<br />
angepassten, irregulär geformten Strahlungsfeldern<br />
bestrahlt wird.<br />
Bei der Brachytherapie wird der Tumor direkt<br />
bestrahlt, indem kleine radioaktive Quellen,<br />
sog. Seeds, in den Patienten eingeführt und im<br />
Tumor oder in dessen Nähe plaziert werden. Der<br />
große Vorteil dieser Therapieform ist, dass vom<br />
Tumor entfernt liegendes gesundes Gewebe nicht<br />
bestrahlt wird. In der Brachytherapie werden<br />
heutzutage überwiegend radioaktive Photonenstrahlungsquellen<br />
verwendet, entweder Hochdosisleistungsquellen<br />
(Ir-192-Seeds) oder Niedrigdosisleistungsquellen<br />
(I-125 Seeds) abhängig von<br />
Tumorart, -geometrie und -position im Körper.<br />
Eine möglichst gleichmäßige und ausreichend<br />
hohe Dosisverteilung im Tumor wird durch die<br />
gleichzeitige Verwendung von mehreren Seeds<br />
erreicht. Auch bei dieser Therapieform kann nicht<br />
verhindert werden, dass gesundes Gewebe in<br />
direkter Umgebung vom Tumor bestrahlt wird.<br />
Um strahlungssensibles Gewebe in der Nähe des<br />
Tumors zu schützen, werden sog. Applikatoren<br />
unterschiedlichster Geometrie eingesetzt, die das<br />
Strahlungsfeld abschirmen und so sensible Organe<br />
geschont werden können. Eine neueste Entwicklung<br />
in der Brachytherapie ist die Verwendung von<br />
Miniatur-Röntgenanlagen. Anstatt mit radioaktiven<br />
Quellen, deren Handhabung aufwendige<br />
Strahlenschutzvorkehrungen erfordert, erfolgt die<br />
Therapie mit kleinsten Röntgenröhren (Röhrenspannungen<br />
bis 50 kV), die direkt in den Körper<br />
eingebracht werden. Auch hier kann durch die<br />
Verwendung von Applikatoren die Geometrie des<br />
Strahlungsfeldes im Patienten den Erfordernissen<br />
entsprechend angepasst werden.<br />
Bei der Anwendung ionisierender Strahlung<br />
in der Medizin spielt die Höhe der Dosis und<br />
deren Unsicherheit eine wichtige Rolle. Es gilt das<br />
sog. ALARA-Prinzip: so viel wie nötig so wenig<br />
wie möglich. In der Diagnostik ist die Herausforderung,<br />
so wenig Dosis wie möglich dem zu<br />
untersuchenden Patienten zu applizieren, aber<br />
dennoch so viel, dass eine aussagekräftige Bildgebung<br />
und damit verlässliche Diagnose möglich<br />
ist. Bei der Strahlentherapie soll eine ausreichend<br />
hohe Dosis im Tumor deponiert werden, so dass<br />
die Krebszellen absterben, gleichzeitig darf die<br />
Dosis nicht zu hoch sein, um das umliegende<br />
gesunde Gewebe nicht unnötig zu schädigen.<br />
Kurzgesagt: Zum Wohle des Patienten ist in der<br />
Diagnostik und Strahlentherapie eine verlässliche,<br />
rückführbare und qualitätsgesicherte Dosismessung<br />
mit entsprechend geringer Messunsicherheit<br />
von großer Bedeutung. Im Report 24 der ICRU<br />
(International Commission of Radiation Units and<br />
Measurements) 3 wird für eine optimale Strahlentherapie<br />
gefordert, dass im Tumor die Unsicherheit<br />
der deponierten Dosis max. +/- 2,5 % (k = 1)<br />
sein soll. In der Röntgendiagnostik fordert die<br />
ICRU im Report 74 4 eine Gesamt-Unsicherheit<br />
der Dosismessung von 7 % (k = 2). Beide Forderungen<br />
werden heutzutage leider nicht immer<br />
erreicht, insbesondere in der Strahlentherapie<br />
stellt die Messunsicherheit noch eine große<br />
Herausforderung dar. In der Strahlentherapie ist<br />
die Dosis-Messgröße die Wasser-Energiedosis, in<br />
der Röntgendiagnostik ist die Basis-Messgröße<br />
der Dosimetrie die Luftkerma. Beide Messgrößen<br />
haben die Einheit Gray (abgkürzt: Gray (Gy);<br />
Gy = J/kg).<br />
Für die Darstellung der Einheiten dieser Messgrößen<br />
betreibt die <strong>PTB</strong> verschiedene Primärnormale<br />
(siehe Beiträge in diesem <strong>Heft</strong>: „Kalorimetrische<br />
Bestimmung der Wasser-Energiedosis“ von<br />
A. Krauss; „Dosimetrie für die Brachytherapie“<br />
von U. Ankerhold und T. Schneider; „Metrologische<br />
Aspekte der Dosimetrie in der Röntgendiagnostik“<br />
von L. Büermann). Durch Kalibrierung<br />
von Sekundärnormalen werden die Einheiten<br />
weitergegeben und damit eine Rückführbarkeit<br />
in der Dosismessung sichergestellt. In der Röntgendiagnostik<br />
wird für die Qualitätssicherung<br />
für bestimmte Messzwecke die Verwendung von<br />
bauartgeprüften Dosimetern vorgeschrieben. Im<br />
Bereich der Dosimetrie in der Strahlentherapie<br />
gelten die Regelungen des Medizinproduktegesetzes<br />
(MPG) und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung<br />
(MPBV).<br />
In der Röntgendiagnostik und Strahlentherapie<br />
werden als Sekundärnormale fast ausschließlich<br />
Ionisationskammern (siehe Beitrag in diesem<br />
<strong>Heft</strong> „Dosimetrie mit Ionisationskammern in<br />
der externen Strahlentherapie“ von R.-P. Kapsch)<br />
verwendet. Diese zeigen eine hohe messtechnische<br />
Stabilität und Zuverlässigkeit, gute Mess-<br />
Charaktistika (z. B. geringe Energieabhängigkeit<br />
des Ansprechvermögens) und deren Eigenschaften<br />
lassen sich sehr gut mit Simulationsrechnungen<br />
beschreiben. Es werden Ionisationskammern<br />
unterschiedlichster Bauform (zylinderförmige,<br />
kugelförmige oder flache, planparallele Kammern)<br />
und Luftvolumina (Volumina von 0,015 cm 3 bis<br />
0,6 cm 3 in der Strahlentherapie und bis ca. 100 cm 3<br />
in der Röntgendiagnostik) entsprechend den<br />
Messanforderungen eingesetzt.<br />
Neben der direkten Dosismessung sind Strahlungstransportrechnungen<br />
auf der Basis von<br />
Monte-Carlo-Simulationen ein wichtiges Werkzeug<br />
zur Ermittlung von Dosiswerten, -verteilungen,<br />
Korrektionsfaktoren, Ansprechvermögen<br />
etc. Derartige Rechnungen können zum einen<br />
dazu dienen, Messergebnisse zu verstehen und die<br />
6