Ernährungstherapeutische Perspektiven bei ADHS
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<strong>Ernährungstherapeutische</strong> <strong>Perspektiven</strong><br />
<strong>bei</strong> der Begleitung von <strong>ADHS</strong>-Betroffenen<br />
Im folgenden Artikel soll der Einfluss der Ernährung<br />
auf die Verhaltensauffälligkeiten und<br />
weiteren Symptome von <strong>ADHS</strong>-Betroffenen<br />
betrachtet werden. Hier<strong>bei</strong> sollen vor allem<br />
neuere wissenschaftliche Untersuchungen herangezogen<br />
werden, um Eltern und Praktikern<br />
eine Hilfestellung <strong>bei</strong> der Zusammenstellung<br />
effektiver Diäten an die Hand zu geben.<br />
<strong>ADHS</strong> – eine fabrizierte Erkrankung?<br />
Schreiende und tobende Kinder<br />
außer Rand und Band, verzweifelte Eltern,<br />
ohnmächtige Pädagogen: Keine andere Erkrankung<br />
des Kindes- und Jugendalters rückte<br />
in der Vergangenheit so stark in den Fokus<br />
der breiten Öffentlichkeit wie das sogenannte<br />
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom,<br />
kurz <strong>ADHS</strong>.<br />
Eine wahre Flut an <strong>ADHS</strong>-Diagnosen brachte<br />
das Fass vor einigen Jahren endgültig zum<br />
Überlaufen und erste kritische Psychiater und<br />
Psychotherapeuten meldeten sich zu Wort.<br />
Sie bemängelten nicht nur die inkonsistenten<br />
Diagnosekriterien, sondern vermuteten<br />
auch einen nicht unerheblichen Anteil an<br />
Fehldiagnosen.<br />
Damit lagen sie höchstwahrscheinlich richtig,<br />
denn Forscher der Ruhr-Universität Bochum<br />
konnten zeigen, dass es häufig zu Fehldiagnosen<br />
aufgrund der von Kinder- und Jugendpsychotherapeuten<br />
benutzten Faustregeln<br />
kommt. Die Experten verwenden zur Diagnosestellung<br />
also eher Heuristiken, anstatt sich<br />
an wissenschaftlichen Kriterien zu orientieren.<br />
In einer weiteren Studie der Universität Köln<br />
legten die Forscher dar, dass auch ein Großteil<br />
der nicht an <strong>ADHS</strong> leidenden Jungen in<br />
bestimmten Entwicklungsphasen einzelne<br />
<strong>ADHS</strong>-Symptome zeigt, wodurch eine klare<br />
Differenzierung von der Norm noch erheblich<br />
erschwert wird.<br />
Der „wissenschaftliche Vater“ des <strong>ADHS</strong>, der<br />
amerikanische Kinderpsychiater Leon Eisenberg,<br />
sprach 2009 von einem „Parade<strong>bei</strong>spiel<br />
für eine fabrizierte Krankheit“. Im Zuge dieser<br />
Kritik bezeichneten wichtige Wortführer<br />
<strong>ADHS</strong> als „gesellschaftliches Konstrukt“. Die<br />
Symptomatik wird da<strong>bei</strong> als Folge der aktuellen<br />
Lebensumstände verstanden, was gerade<br />
vielen Pädagogen aus dem Herzen spricht.<br />
Auch Eisenberg hatte kurz vor seinem Tod angemerkt,<br />
dass „die genetische Veranlagung<br />
für <strong>ADHS</strong> vollkommen überschätzt wird“ und<br />
„psychosozialen Aspekten mehr Beachtung<br />
geschenkt werden sollte“.<br />
<strong>ADHS</strong> – eine gekaufte Diagnose?<br />
Das Thema ist noch aus einem weiteren Grund<br />
so brenzlig, denn mit der Diagnose <strong>ADHS</strong><br />
wird sehr viel Geld verdient: Das Nürnberger<br />
Pharmaunternehmen Novartis, welches das<br />
Medikament Ritalin herstellt, machte damit<br />
im Jahr 2010 einen weltweiten Umsatz von<br />
464 Millionen US-Dollar.<br />
Nach der Neuauflage des Diagnose-Handbuchs<br />
der American Psychiatric Association kam ans<br />
Licht, dass mehr als die Hälfte der Autoren<br />
der <strong>ADHS</strong>-relevanten Kapitel Einkünfte von<br />
der Pharmaindustrie erhielt. Neben Novartis<br />
und weiteren Pharmaunternehmen verdient<br />
am <strong>ADHS</strong> eine ganze Industrie, die Literatur,<br />
spezielles Spielzeug und weitere Produkte an<br />
die Eltern betroffener Kinder vertreibt.<br />
Doch selbst wenn die genetischen Veranlagungen<br />
nur eine untergeordnete Rolle <strong>bei</strong> der<br />
Genese des <strong>ADHS</strong> spielen sollten und die Pharmaindustrie<br />
<strong>bei</strong> der Verbreitung der populären<br />
© djama - Fotolia.com<br />
Diagnose kräftig mitmischte, so bleibt dennoch<br />
ein hoher Leidensdruck <strong>bei</strong> den betroffenen<br />
Kindern und die Ohnmacht ihrer Eltern und<br />
Betreuer, denn die Verhaltensauffälligkeiten<br />
sind, kulturelles Phänomen hin oder her,<br />
durchaus real.<br />
Es ist nicht zielführend, dem <strong>ADHS</strong> seinen Stellenwert<br />
als Erkrankung abzusprechen und zu<br />
glauben, dass damit alle Probleme vom Tisch<br />
seien. Aktuell wird die Debatte auf dem Rücken<br />
der Betroffenen ausgetragen, anstatt<br />
nach möglichen Lösungsansätzen zu suchen.<br />
Methylphenidat Standardmedikation mit<br />
zahlreichen Nebenwirkungen. Heute im öffentlichen<br />
Bewusstsein mindestens genauso<br />
verankert wie die Diagnose <strong>ADHS</strong>, ist das stimulierende<br />
Arzneimittel Methylphenidat, besser<br />
bekannt unter dem Handelsnamen Ritalin.<br />
Die Nebenwirkungen des Präparates sind nicht<br />
nur zahlreich, sondern teilweise schwerwiegend.<br />
Unter den psychischen und neurologischen<br />
Nebenwirkungen treten verminderter<br />
Appetit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen,<br />
Mundtrockenheit, Nervosität und Übelkeit<br />
sehr häufig (>1:10) auf. Appetitlosigkeit,<br />
Angstgefühle, anfängliche Schlafstörungen,<br />
depressive Verstimmung, Nervosität, Unruhe,<br />
Agitiertheit, Aggression, Zähneknirschen, Depressionen,<br />
Verwirrung, Spannung, Schwindel,<br />
Zittern, Kribbeln, Sedierung, Spannungskopfschmerz,<br />
verschwommenes Sehen, Dyspepsie,<br />
Erbrechen, Verstopfung, übermäßiges Schwitzen,<br />
Muskelspannung, Reizbarkeit, Gewichtsverlust,<br />
Muskelzuckungen, emotionale Labilität<br />
treten häufig (1:100 bis 1:10) auf.<br />
Diese imposante Liste könnte noch ohne<br />
Weiteres um zahlreiche Nebenwirkungen an<br />
Haut bzw. Unterhaut (bspw. Dermatitis oder<br />
Haarausfall) oder am Herz-Kreislauf-System<br />
(u.a. Herzrasen und Herzrhythmusstörungen)<br />
ergänzt werden. Viele Eltern berichten<br />
besorgt, dass sich das Verhalten ihrer Kinder<br />
mit der Gabe von Methylphenidat wirklich<br />
bessert, die damit einhergehende gravierende<br />
Persönlichkeitsänderung sie aber zutiefst<br />
ängstige. Daher ist es nachvollziehbar, dass<br />
Eltern betroffener Kinder nach verträglicheren<br />
Alternativen suchen.<br />
Von Anfang an standen, vor allem <strong>bei</strong> den<br />
Praktikern, bestimmte Ernährungsfaktoren<br />
im Verdacht, <strong>ADHS</strong> auszulösen bzw. dessen<br />
Symptome zu verstärken. Doch auch die wissenschaftliche<br />
Forschung widmete sich diesem<br />
brisanten Thema, welches immer wieder zu<br />
hitzigen Diskussionen führte.<br />
Erste ernährungstherapeutische Ansätze<br />
In den 1970er-Jahren entwickelte Dr.<br />
Ben Feingold, ein amerikanischer Kinderarzt<br />
und Allergologe, erstmals eine spezielle Diät<br />
zur Behandlung von <strong>ADHS</strong>-Symptomen. Die<br />
Methode beruht auf der Vermeidung von<br />
synthetischen Zusatzstoffen (Farb-, Geschmacks-<br />
und Konservierungsstoffe) sowie<br />
von synthetischen Süßstoffen (z.B. Aspartam).<br />
Erste Studien mit oft geringen Teilnehmerzahlen<br />
berichteten Erfolgsquoten von teilweise<br />
über 70% und rückten Dr. Feingolds Ansatz<br />
in den Fokus weiterer Forscher. Doch leider<br />
waren die Ergebnisse der folgenden Untersuchungen<br />
<strong>bei</strong> Weitem nicht so beeindruckend,<br />
wie die faszinierenden Fallberichte. Die Diät<br />
half also einzelnen Kindern auf ganz erstaunliche<br />
Weise und einige konnten sich sogar ihrer<br />
Medikamente entledigen. Doch dem größeren<br />
Teil konnte nicht geholfen werden.<br />
Trotz des eher enttäuschenden Fazits konnten<br />
durch die durchgeführten Folgeuntersuchungen<br />
einige neue Erkenntnisse gewonnen<br />
werden. Die wissenschaftlichen Publikationen<br />
zu Feingolds Diätansatz gingen aber über die<br />
Jahre konstant zurück.<br />
Interessanterweise schaltete sich 1974 die<br />
Nutrition Foundation of New York in die Diskussion<br />
ein, eine Organisation, der u.a. Coca<br />
Cola angehörte. Obwohl sie ebenfalls weitere<br />
Untersuchungen angekündigt hatte, erklärte<br />
die Nutrition Foundation schon wenige Tage<br />
später, dass es „keine Hinweise aus kontrollierten<br />
Studien gäbe, die auf einen Zusammenhang<br />
zwischen künstlichen Zusatzstoffen<br />
und Hyperaktivität schließen lassen“. Dieser<br />
Satz wurde lange und oft von den Medien<br />
wiederholt und bekam dadurch leider für viele<br />
Eltern, aber auch zahlreiche Ärzte und Wissenschaftler,<br />
einen Wahrheitswert.<br />
Die Southhampton-Studie Im Jahr<br />
2007 griff ein britisches Forscherteam die Ideen<br />
von Dr. Feingold auf. Die Wissenschaftler<br />
untersuchten 300 Kinder ihrer Gemeinde. Ein<br />
Teil der Kinder bekam ein Getränk, welches<br />
synthetische Zusätze in Form von Farb- und<br />
Konservierungsstoffen enthielt, während der<br />
Rest nur eine Placebolösung trank. Die Kinder,<br />
welche die Zusatzstoffe konsumierten, wurden<br />
in den Urteilen von Eltern, Lehrern und<br />
zusätzlichen unabhängigen Beobachtern als<br />
deutlich hyperaktiver eingeschätzt. Die Art und<br />
Dosis der synthetischen Zusatzstoffe findet<br />
sich regulär in zahlreichen, vor allem bunten,<br />
„Kinderlebensmitteln“.<br />
Doch die britischen Forscher ließen es damit<br />
nicht beruhen. 2010 publizierten sie einen Artikel,<br />
in dem sie sich mit der Genetik jener Kinder<br />
beschäftigten, welche in der Southampton-<br />
Studie besonders hyperaktiv reagiert hatten.
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Sie konnten dadurch nachweisen, dass diese<br />
Kinder Probleme mit der Regulation ihres Histaminhaushalts<br />
hatten. Es scheint also, als sei<br />
<strong>ADHS</strong> in vielen (aber nicht allen) Fällen eine<br />
Folge einer Lebensmittelallergie.<br />
Spätestens die Publikationen dieser neuen<br />
Befunde sollten dem oben zitierten Fazit der<br />
Nutrition Foundation of New York den finalen<br />
Streich versetzen.<br />
Die bahnbrechende INCA-Studie<br />
Diesmal waren es belgische Wissenschaftler,<br />
welche sich 2011 der Verbindung zwischen<br />
Ernährung und <strong>ADHS</strong> widmeten. Sie untersuchten<br />
insgesamt 100 Kinder, welche bereits<br />
in der Vergangenheit eine <strong>ADHS</strong>-Diagnose erhalten<br />
hatten. Die jungen Probanden aßen<br />
über neun Wochen eine sogenannte Eliminationsdiät<br />
(weißer Reis, Fleisch, Gemüse und<br />
Birnen) oder eine „gesunde Kontrolldiät“ (u. a.<br />
Vollkorngetreide, Pflanzenöle, Milchprodukte,<br />
Nüsse und Samen, Obst und Gemüse). Ziel der<br />
Eliminationsdiät war es, alle Lebensmittel mit<br />
potenziell allergenen Eigenschaften aus dem<br />
Speiseplan der Kinder zu verbannen.<br />
Die Ergebnisse der Studie waren im wahrsten<br />
Sinne des Wortes beeindruckend: Etwa 60 %<br />
der Kinder zeigten mit der Eliminationsdiät<br />
enorme Fortschritte <strong>bei</strong> den <strong>ADHS</strong>-relevanten<br />
Verhaltensauffälligkeiten. Diese Fortschritte<br />
verschwanden, sobald sie wieder zu einer „gesunden<br />
Kontrolldiät“ zurückkehrten.<br />
(Es gab auch eine „sanftere“ Form der Eliminationsdiät,<br />
welche geringe Mengen Getreide<br />
<strong>bei</strong>nhaltete. Doch nach zwei Wochen hatten<br />
41% der Kinder überhaupt keine Reaktion auf<br />
diesen Ansatz gezeigt und wurden somit der<br />
eigentlichen Eliminationsdiät zugeordnet.)<br />
Der negative Einfluss von vor allem glutenhaltigem<br />
Getreide auf die Verbesserung der Symptome<br />
scheint nicht wirklich verwunderlich.<br />
So zeigten zahlreiche Studien in der Vergangenheit<br />
mögliche Zusammenhänge zwischen<br />
Weizen und Schizophrenie, den depressiven<br />
Störungen und Autismus.<br />
<strong>ADHS</strong>-spezifische Mikronährstofftherapie<br />
Neben den eigentlichen diätetischen<br />
Ansätzen gerieten in den letzten Jahren<br />
auch einige Mikronährstoffe in den Fokus der<br />
Wissenschaftler. Es wurde u.a. festgestellt,<br />
dass die Konzentration von langkettigen<br />
Omega-3-Fettsäuren in den Zellmembranen<br />
von <strong>ADHS</strong>-Betroffenen dauerhaft herabgesetzt<br />
ist. In der sogenannten Oxford-Durham-Studie<br />
erhielten Kinder mit Koordinationsproblemen<br />
ein Supplement mit einer hohen Omega-3-<br />
Konzentration. Die meisten Kinder zeigten eine<br />
deutliche Verbesserung der <strong>ADHS</strong>-Symptome,<br />
während die Kinder der Kontrollgruppe keine<br />
signifikante Linderung erfuhren. Auch die<br />
Buchstabier- und Lesefähigkeit verbesserte<br />
sich weitaus deutlicher in der Supplementgruppe.<br />
In weiteren Studien konnte gezeigt werden,<br />
dass Kinder mit einem Zinkmangel mehr hyperaktives<br />
Verhalten zeigen. Eine Supplementation<br />
mit Zink ließ die benötigte Medikamentenmenge<br />
im Gegensatz zur Kontrollgruppe<br />
um ca. 30% sinken.<br />
Des Teufels liebster Dämon? Der<br />
Zucker ... Zucker stand schon frühzeitig<br />
<strong>bei</strong> Praktikern und Eltern im Verdacht, der<br />
Hauptschuldige am <strong>ADHS</strong>-Dilemma zu sein.<br />
Im Zuge der ersten Veröffentlichungen entspann<br />
sich eine der hitzigsten Debatten im<br />
Zusammenhang mit Ernährung und <strong>ADHS</strong>.<br />
Die gesammelten Erfahrungen tausender<br />
Eltern und Lehrer standen den statistischen<br />
Daten einiger Forschergruppen gegenüber.<br />
Zahlreiche Wissenschaftler verwiesen immer<br />
wieder darauf, dass Zucker in den durchgeführten<br />
Studien niemals konsistent zu aggressiverem<br />
oder hyperaktiverem Verhalten gegenüber<br />
Placebo geführt hatte.<br />
Allerdings zeigen Kinder signifikante Änderungen<br />
im Elektroenzephalogramm und im<br />
Verhalten, wenn ihre Blutzuckerwerte rapide<br />
unter 75 mg/dl fallen. Dieses Phänomen, auch<br />
reaktive Hypoglykämie genannt, kann leicht<br />
durch eine zuckerreiche Mahlzeit provoziert<br />
werden. Es treten hier<strong>bei</strong> die für die Hypoglykämie<br />
typischen zentralnervösen Symptome<br />
auf, wie etwa Verwirrtheit, Konzentrationsund<br />
Koordinationsstörungen.<br />
In einem wahren Mammutprojekt wurden Daten<br />
von über einer Million Schülern an öffentlichen<br />
New Yorker Schulen über sieben Jahre<br />
erfasst. Da<strong>bei</strong> wurde der Zuckerkonsum dieser<br />
Kinder stark reduziert und einige synthetische<br />
Farbstoffe aus der Ernährung verbannt,<br />
woraufhin sich die schulischen Testleistungen<br />
bedeutend verbesserten.<br />
Weitere Unterstützung für die Eltern kommt<br />
durch Studien der Universitäten in South Carolina<br />
und Yale. Umso höher die zugeführte<br />
Menge an Zucker in den Untersuchungen mit<br />
<strong>ADHS</strong>-Kindern wurde, desto häufiger zeigten<br />
sie zerstörerisches bzw. aggressives Verhalten<br />
und Ruhelosigkeit. Auch der Grad der Unaufmerksamkeit<br />
stieg mit höherer Dosis an.<br />
Ein weiteres Problem mit dem Zucker sind die<br />
vielen leeren Kalorien, welche dieser liefert.<br />
Mit anwachsendem Zuckerkonsum kommt es<br />
häufig zu einer mangelnden Zufuhr essenzieller<br />
Mikronährstoffe, u.a. auch den für die<br />
<strong>ADHS</strong>-Symptomatik so wichtigen Omega-3-<br />
Fettsäuren.<br />
Ein Fazit und die brennende Frage:<br />
Was ist zu tun? Dieser riesige Berg an<br />
Forschungsergebnissen scheint <strong>bei</strong>nahe erdrückend.<br />
Doch nach dem Ordnen der Ergebnisse<br />
und Gedanken sollte eindeutig die Hoffnung<br />
überwiegen, dass eine Ernährungsumstellung<br />
vielen <strong>ADHS</strong>-Betroffenen helfen kann,<br />
ihre Symptome deutlich zu reduzieren – ganz<br />
ohne chemische Medikamente mit teilweise<br />
verheerenden Nebenwirkungen. Doch wo<br />
sollten Therapeuten und interessierte Eltern<br />
beginnen?<br />
Inzwischen behandeln viele <strong>ADHS</strong>-Experten<br />
ihre Klienten mit Mischformen der oben vorgestellten<br />
Ansätze und das teilweise mit durchschlagendem<br />
Erfolg! Dr. Sandy Newmark z.B.<br />
empfiehlt eine zuckerarme Diät basierend auf<br />
unveränderten Lebensmitteln und unter Einbeziehung<br />
von Fischöl (Omega-3-Lieferant)<br />
und Zink.<br />
Eine Weiterentwicklung der Specific Carbohydrate<br />
Diet, einer Diät zur Behandlung chronisch<br />
entzündlicher Darmkrankheiten, die sogenannte<br />
Gut and Psychology Syndrome Diet (GAPS),<br />
führt als eine Hauptindikation <strong>ADHS</strong> auf.<br />
Entwickelt bzw. weiterentwickelt wurde dieser<br />
Diätansatz von Dr. Natasha Campbell-McBride.<br />
Interessanterweise eliminiert die GAPS-<br />
Diet alle gängigen und oben erwähnten negativen<br />
Einflussfaktoren, obwohl sie zeitlich vor<br />
den bedeutenden aktuellen Untersuchungen<br />
konzipiert wurde.<br />
GAPS beruht auf unverar<strong>bei</strong>teten Lebensmitteln,<br />
vor allem Gemüse, Obst, Nüssen und Samen,<br />
Olivenöl, Seefisch, Fleisch und Eiern. Der<br />
Diätansatz ist frei von Zucker und Getreide und<br />
liefert durch den Verzehr von fettem Seefisch<br />
wichtige Omega-3-Fettsäuren.<br />
Obwohl zur Effektivität von GAPS in Bezug<br />
auf <strong>ADHS</strong> nur Fallberichte und keine klinischen<br />
Studien existieren, scheinen die oben aufgeführten<br />
Untersuchungen den Nutzen dieser<br />
Diät zu unterstreichen. Als besonders positiv<br />
kann natürlich auch das Vorhandensein von<br />
Literatur, Rezepten usw. gesehen werden, was<br />
den Einstieg und die praktische Umsetzung<br />
einer solchen Diät erheblich erleichtern kann.<br />
In einer der kommenden Ausgaben des Paracelsus<br />
Magazins möchte ich Ihnen gern einige<br />
praktische Ratschläge zur Umsetzung der vorgestellten<br />
Ernährungsansätze geben.<br />
Thomas Struppe<br />
Psychologische Beratung<br />
th.struppe@t-online.de