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Aussichtsloses Unterfangen?

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INNOVATION<br />

Akzeptanz von Elektrofahrzeugen<br />

<strong>Aussichtsloses</strong> <strong>Unterfangen</strong>?<br />

Das Thema Elektromobilität ist seit geraumer Zeit eines der meist diskutierten Themen in der<br />

Automobilbranche. Trotz ambitioniertem Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 eine Million<br />

Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen, zeigt sich bei Betrachtung der aktuellen Zulassungszahlen<br />

ein eher ernüchterndes Bild.<br />

Die Kaufbereitschaft für Elektrofahrzeuge<br />

stagniert. Dies deutet auf<br />

eine geringe Akzeptanz bei potenziellen<br />

Kunden hin. Zur Steigerung der Akzeptanz<br />

bedarf es zum einen Aufklärungsund<br />

Informationsarbeit und zum anderen<br />

sollte durch den Einsatz geeigneter<br />

Instrumente eine Erhöhung der Kaufbereitschaft<br />

angestrebt werden. Um<br />

genau dieses Ziel erreichen zu können,<br />

müssen die Bedürfnisse von potenziellen<br />

Bild 1: Das Untersuchungsmodell der Studie 1.<br />

Bild 2: Die Ergebnisse der Studie 1 im Überblick.<br />

Nutzern sowie deren Anforderungen an<br />

Elektromobilität untersucht und zentrale<br />

Akzeptanztreiber identifiziert werden.<br />

Die P3 Ingenieurgesellschaft mbH<br />

erbringt Beratungsleistungen unter<br />

anderem in den Disziplinen Produktionsmanagement,<br />

Qualitätsmanagement,<br />

Strategie und Wirtschaftlichkeitsbewertung.<br />

Das Kundenportfolio umfasst<br />

sowohl Automobilhersteller und Zulieferer<br />

als auch zahlreiche Unternehmen<br />

aus den Branchen Energieversorgung,<br />

Transport, Luft- und Raumfahrt und<br />

dem öffentlichen Bereich. Das Thema<br />

Elektromobilität und alternative Antriebe<br />

tangiert die oben genannten Kompetenzbereiche<br />

und wird als wichtiger<br />

Bestandteil des P3 Beratungsportfolio<br />

angesehen.<br />

In Zusammenarbeit mit dem Institut<br />

für Automobilwirtschaft und Industrielle<br />

Produktion am Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement<br />

der Technischen<br />

Universität Braunschweig von Univ.-<br />

Prof. Dr. David M. Woisetschläger wurde<br />

deutschlandweit eine repräsentative<br />

Befragung von insgesamt 1.633 Personen<br />

durchgeführt. Im Rahmen dieser<br />

Befragung wurden zwei Untersuchungen<br />

durchgeführt [1].<br />

Im Fokus der ersten Studie lagen<br />

Kundenpräferenzen und mögliche Akzeptanztreiber<br />

der Kaufbereitschaft.<br />

Darauf aufbauend wurde in der zweiten<br />

Untersuchung auf die konkrete Ausgestaltung<br />

von Geschäftsmodellen zur<br />

Vermarktung von Elektrofahrzeugen<br />

eingegangen. Beide Untersuchungen<br />

werden in Kürze veröffentlicht.<br />

Basierend auf der „Theory of Reasoned<br />

Action“ können in der ersten<br />

Studie folgende Fragestellungen beantwortet<br />

werden:<br />

• Welche Präferenzen weisen die<br />

Kunden hinsichtlich elektromobilitätsspezifischer<br />

Aspekte wie Ladetechnik,<br />

Reichweitenanforderung und Abrechnungsmodi<br />

auf?<br />

• Welche Einflussgrößen fördern die<br />

Kaufbereitschaft von Elektrofahrzeugen?<br />

Bild 1 zeigt das verwendete Untersuchungsmodell.<br />

Auf Basis von Literatur<br />

und Erkenntnissen aus vorangegangenen<br />

Untersuchungen wurden neun<br />

technologie & management 03/2013 39


INNOVATION<br />

Bild 3: Die Ergebnisse der Studie 2 im Überblick.<br />

mögliche Akzeptanztreiber in das Model<br />

aufgenommen um ihren Einfluss auf die<br />

Kaufbereitschaft von Elektrofahrzeugen<br />

untersuchen zu können.<br />

Studie 1: Kundenpräferenzen<br />

und Treiber der Kaufbereitschaft<br />

von Elektrofahrzeugen<br />

Den stärksten Einfluss weist der wahrgenommene<br />

ökonomische Vorteil auf.<br />

Ob dieser von den Befragten positiv<br />

oder negativ bewertet wird, beeinflusst<br />

die Kaufbereitschaft am stärksten.<br />

Als weitere Akzeptanztreiber konnten<br />

die Angebote an Kauf- bzw. Leasingoptionen,<br />

der empfundene soziale<br />

Den stärksten Einfluss<br />

weist der wahrgenommene<br />

ökonomische Vorteil auf.<br />

Druck des persönlichen Umfeldes, das<br />

Umweltbewusstsein des Einzelnen sowie<br />

die jeweilige Innovationsbereitschaft der<br />

potenziellen Käufer identifiziert werden.<br />

Neben den genannten Persönlichkeitsmerkmalen<br />

hat sich ebenso die<br />

wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit<br />

als weiterer Einflussfaktor herauskristallisiert.<br />

Wenn folglich potenzielle<br />

[1] Akzeptanz von Elektrofahrzeugen – <strong>Aussichtsloses</strong><br />

<strong>Unterfangen</strong>? Studie der P3 Ingenieurgesellschaft mbH<br />

in Zusammenarbeit mit dem Institut für Automobilwirtschaft<br />

und Industrielle Produktion am Lehrstuhl für<br />

Dienstleistungsmanagement der Technischen Universität<br />

Braunschweig. Autoren der Studie: Dipl.-Wirt.-Ing.<br />

Stefan Paternoga, P3 automotive GmbH, Dipl.-Kff.<br />

Nadine Pieper, Technische Universität Braunschweig,<br />

Käufer der Überzeugung sind, dass sich<br />

ein Elektrofahrzeug genauso bedienen<br />

und fahren lässt wie ein herkömmlich<br />

angetriebener Pkw, begünstigt dies die<br />

Kaufbereitschaft.<br />

Darüber hinaus wurde in dem Modell<br />

ebenso berücksichtigt, ob der Befragte<br />

gerade vor der Entscheidung steht,<br />

ein Auto zu kaufen und ob bereits ein<br />

E-Fahrzeug Probe gefahren wurde. Beide<br />

Aspekte fördern die Akzeptanz.<br />

Neben den bisher genannten positiven<br />

Wirkungszusammenhängen<br />

stellen die individuellen Mobilitäts- und<br />

Ladeanforderungen hingegen eine Akzeptanzbarriere<br />

dar. Dementsprechend<br />

weisen Personen, die gesteigerte<br />

Anforderungen an den Ladevorgang<br />

und damit an ihre persönliche<br />

Mobilität stellen, eine eher<br />

geringere Kaufabsicht auf.<br />

Bild 3 zeigt den Einfluss der<br />

Treiber absteigend sortiert nach ihrer<br />

jeweiligen Stärke.<br />

Implikationen für die Praxis<br />

Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse<br />

können Handlungsempfehlungen für<br />

Automobilhersteller, Infrastrukturbetreiber,<br />

IKT-Anbieter und für weitere Stakeholder<br />

im Bereich der Elektromobilität<br />

Prof. Dr. David M. Woisetschläger, Technische Universität<br />

Braunschweig, Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Gerald Beuscher,<br />

P3 automotive GmbH, Dipl.-Ing. Thiemo Wachalski, P3<br />

automotive GmbH.<br />

[2] Aits, R., Stanek, R.: Elektromobilität und Produktion.<br />

technologie & management, Heft 1/2013, Seiten<br />

36 – 39.<br />

gegeben werden. Das Untersuchungsmodell<br />

zeigt ganz deutlich, dass sowohl<br />

ökonomische, als auch umweltbezogene<br />

Überlegungen eine große Rolle für die<br />

Kaufbereitschaft von Elektrofahrzeugen<br />

spielen. Insbesondere die noch hohen<br />

Anschaffungskosten stellen einen Ansatzpunkt<br />

zur Akzeptanzsteigerung dar,<br />

da nur etwa 24 Prozent der befragten<br />

Personen überhaupt bereit sind, einen<br />

Aufpreis im Vergleich zu einem herkömmlich<br />

angetriebenen Pkw zu zahlen.<br />

Zudem sollte bei der Entwicklung neuer<br />

Geschäftsmodelle beachtet werden, dass<br />

es durchaus unterschiedliche Präferenzen<br />

hinsichtlich der Finanzierungsform<br />

gibt.<br />

Basierend auf diesen Ergebnissen<br />

wurden in der zweiten Untersuchung<br />

Anreizmechanismen zur Steigerung<br />

der Kauf- und Weiterempfehlungsbereitschaft<br />

getestet. Da sich der ökonomische<br />

Vorteil als der einflussreichste<br />

Treiber herausgestellt hat, setzt der Test<br />

genau in diesem Bereich an und untersucht<br />

geeignete Finanzierungsformen.<br />

Von besonderem Interesse ist dabei<br />

die Identifizierung geeigneter Maßnahmen<br />

bzw. Anreize zur Reduzierung von<br />

mit Elektromobilität einhergehenden<br />

Nachteilen wie z. B. die vergleichs-<br />

Autoren und Kontakt<br />

Stefan Paternoga, Consultant<br />

P3 automotive GmbH<br />

Porschestraße 48 – 50<br />

D – 38440 Wolfsburg<br />

Telefon +49 5361 775 92 41<br />

stefan.paternoga@p3-group.com<br />

■ www.p3-group.com<br />

Nadine Pieper, Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin des AIP<br />

Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement<br />

an der TU Braunschweig<br />

Schleinitzstraße 23a,<br />

D – 38106 Braunschweig<br />

Telefon +49 531 391 63 100<br />

aip-dlm@tu-braunschweig.de<br />

■ www.tu-braunschweig.de/aip/ad<br />

40<br />

technologie & management 03/2013


INNOVATION<br />

weise hohen Anschaffungskosten, die<br />

noch zu geringe Reichweite sowie die<br />

Unsicherheit hinsichtlich der Batterielebensdauer.<br />

Ziel dieser Ausarbeitung ist<br />

die Beantwortung der folgenden Forschungsfragen:<br />

• Besteht im Hinblick auf Elektrofahrzuge<br />

eine Präferenz für Kauf-, Leasing-<br />

oder Teilleasing-Angebote?<br />

• Kann durch geeignete anbieterspezifische<br />

Zusatzleistungen bzw. staatliche<br />

Anreize die Attraktivität von Elektrofahrzeugen<br />

gesteigert werden?<br />

Studie 2: Test von Anreizmechanismen<br />

zur Steigerung der Kaufund<br />

Weiterempfehlungsbereitschaft<br />

Die Ergebnisse der zweiten Studie (Bild<br />

2) zeigen, dass Teilleasing, also der Kauf<br />

eines E-Fahrzeugs mit geleaster Batterie,<br />

eine geeignete Finanzierungsform<br />

zu sein scheint, um die Kauf- bzw. Leasing-<br />

und Weiterempfehlungsintention<br />

zu steigern. Darüber hinaus werden<br />

diese Verhaltensintentionen auch durch<br />

anbieterspezifische und staatliche Anreize<br />

begünstigt. Im Speziellen hat sich<br />

die Möglichkeit, viermal im Monat bei<br />

seinem Autohändler kostenlos einen<br />

herkömmlich angetriebenen Pkw für<br />

längere Fahrten auszuleihen und die<br />

Gewährung einer Kfz-Steuerbefreiung<br />

für die ersten zehn Jahre als vorteilhaft<br />

erwiesen.<br />

Implikationen für die Praxis<br />

Da das Teilleasing als präferierte Finanzierungsform<br />

identifiziert werden<br />

konnte, sollte es somit von den Automobilherstellern<br />

bzw. Händlern bei dem<br />

Angebot von Elektrofahrzeugen in Betracht<br />

gezogen werden. Darüber hinaus<br />

ist es ratsam, die Kauf- bzw. Leasingbereitschaft<br />

mit ergänzenden Dienstleistungen<br />

wie z. B. kostenlose Ausleihe<br />

eines konventionell angetriebenen Pkw<br />

bzw. mit staatlichen Anreizen wie die<br />

Befreiung von der Kfz-Steuer zu fördern.<br />

Gegenstand einer Vielzahl von Diskussionen<br />

ist die Ausgestaltung der<br />

Ladeinfrastruktur. Die Ergebnisse zeigen,<br />

Personen, die gesteigerte Anforderungen an den Ladevorgang und damit an ihre persönliche<br />

Mobilität stellen, weisen eine eher geringere Kaufabsicht auf. Bild: The Mobility House<br />

dass aus Kundensicht die Ladesäule dem<br />

Batteriewechsel vorgezogen wird.<br />

Folglich sollte priorisiert in den Aufbau<br />

einer Ladesäuleninfrastruktur investiert<br />

werden. Darüber hinaus sprechen<br />

sich viermal so viele Personen für eine<br />

öffentliche Ladeinfrastruktur im Gegensatz<br />

zu einer halböffentlichen aus. Demzufolge<br />

sollte der Fokus auf den Ausbau<br />

von Lademöglichkeiten im öffentlichen<br />

Raum gelegt werden. Im Hinblick auf<br />

die öffentlichen Ladeeinrichtungen werden<br />

vielfach die Abrechnungs- und<br />

Bezahlsysteme diskutiert. Da die Ergebnisse<br />

dieser Untersuchung zeigen, dass<br />

die Bezahlung mit Bargeld sowie die<br />

Verwendung von Cash Cards von den<br />

Nutzern am ehesten gewünscht werden,<br />

sollten diese Abrechnungsmodi weiter<br />

verfolgt werden. Insbesondere die Cash<br />

Card wird von über 40 Prozent der Befragten<br />

als bevorzugtes Zahlungsmittel<br />

gesehen.<br />

Kommentar aus dem Arbeitskreis Automotive im VWI<br />

Während in der verbreiteten Diskussion<br />

die Elektromobilität vorwiegend vor dem<br />

technologischen Hintergrund behandelt<br />

wird, kann im vorliegenden Heft der t&m<br />

eine neue Sichtweise dazu eröffnet werden.<br />

Mit dem vorliegenden Artikel behandeln<br />

die Autoren der Universität Braunschweig<br />

und der Unternehmensberatung<br />

P3 Group die marktorientierte Perspektive<br />

zur Elektromobilität. Der Frage, welche Akzeptanz<br />

und Kaufbereitschaft die Elektromobilität<br />

in ihren Facetten aufweist, wird<br />

dabei in einem wissenschaftlich fundierten<br />

Vorgehen nachgegangen. Mit der Untersuchung<br />

von Anreizmechanismen widmen<br />

sich die Autoren zudem der Fragestellung,<br />

warum bereits existierende Elektromobile<br />

bisher nur eine geringe Verbreitung aufweisen.<br />

Hier können die Autoren die Wirkung<br />

verschiedener Anreizsysteme spezifisch<br />

herausarbeiten. Sie unterstreichen<br />

damit die marktorientierte Perspektive im<br />

Wirtschaftsingenieurwesen. Es wird deutlich,<br />

dass auch zentrale technische Innovationen<br />

stets dahingehend untersucht<br />

werden müssen, inwiefern der Konsument<br />

sie akzeptiert und welche Aspekte zur<br />

Steigerung der Akzeptanz genutzt werden<br />

können.<br />

Der vorliegende Artikel ist aus einer<br />

proaktiven Zusammenarbeit des AK Automotive<br />

im VWI e.V. und der P3 Group<br />

entstanden. Nachdem daraus bereits in<br />

der Januar-Ausgabe der t&m [2] ein wichtiger<br />

Artikel zu den Auswirkungen der<br />

Elektromobilität auf moderne Produktionsprozesse<br />

hervorgegangen ist, kann hier<br />

ein gänzlich anderer Aspekt zum Thema<br />

beleuchtet werden.<br />

Carsten Kißing, Leiter Arbeitskreis<br />

Automotive im VWI e.V.<br />

technologie & management 03/2013 41

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