Vinomed Ausgabe 25, 2013 - Deutsches Weininstitut
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vinomed <strong>25</strong><br />
MAGAZIN FÜR WEIN,GENUSS &GESUNDHEIT Juni <strong>2013</strong><br />
Moderater Genuss<br />
schützt vor<br />
metabolischem Syndrom<br />
„Geschenk des Himmels<br />
und der Erde“<br />
Wein-Symposium auf<br />
dem Internistenkongress<br />
Wiesbaden<br />
Update Resveratrol<br />
1
vinomed Aktuell<br />
Wein hat Zusatznutzen<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
viele Geschichten ranken sich um den Gründer<br />
des Benediktinerordens, Benedikt von<br />
Nursia. Geboren um 480 als Sohn eines reichen<br />
Landbesitzers studierte er in Rom,<br />
lebte als Eremit in den Bergen und war<br />
schon früh bestrebt, das Klosterleben besser<br />
zu regeln und sich auch körperlich anzustrengen.<br />
Das ihm oft zugesprochene „bete<br />
und arbeite“ kam jedoch erst im Spätmittelalter<br />
als benediktinischer Grundsatz auf.<br />
529 gründete Benedikt auf dem Monte<br />
Cassino jenes Kloster, das als Mutterkloster<br />
der Benediktiner gilt. Hier entstanden seine<br />
später berühmt gewordenen Regeln für die<br />
Mönche: die „Regula Benedicti“. Sie ordnet<br />
bis heute das Leben der Klostergemeinschaften,<br />
ruft zu regelmäßigem Gebet,<br />
Arbeit und Schlaf, aber auch zu einer einfachen<br />
Ernährung und maßvollem Weinkonsum<br />
auf.<br />
Zumindest was den Wein angeht ist das<br />
Regelwerk hochaktuell. Das zeigen nicht nur<br />
die wissenschaftlichen Studien, sondern auch<br />
das Buch über den Wein des Benediktinermönches<br />
Pater Anselm,<br />
das wir Ihnen in dieser<br />
vinomed vorstellen.<br />
In diesem Sinne<br />
auf Ihr Wohl!<br />
Ihre Ulrike Gonder<br />
Editorial<br />
Während Alkohol per se sich<br />
bei maßvollem Genuss positiv<br />
auf das Lipidprofil auswirkt,<br />
beeinflussen die nichtalkoholischen<br />
Inhaltsstoffe von Rotwein<br />
(hauptsächlich Polyphenole) die Insulinresistenz<br />
günstig. Zudem scheint<br />
Rotwein in der Lage, das Lp(a) zu<br />
senken, ein kardiovaskulärer Risikofaktor,<br />
der lange als diätetisch nicht beeinflussbar<br />
galt. Zu diesen Ergebnissen<br />
kommt eine spanische Forschergruppe<br />
(Chiva-Blanch, G et al.: Clinical Nutrition,<br />
doi. 10.1016/j.clnu.2012.08.022),<br />
die in einem Crossover-Versuch 67<br />
Männern mit hohem kardiovaskulärem<br />
Risiko vier Wochen lang drei Getränke<br />
verabreichte: Gin und Rotwein, entsprechend<br />
30 g Alkohol täglich, sowie<br />
die gleiche Menge entalkoholisierten<br />
Rückantwort<br />
an Deutsche Weinakademie<br />
per Fax: 06131/282910 oder<br />
E-Mail: info@deutscheweinakademie.de<br />
Rotwein. Zu Beginn und nach jeder<br />
Intervention wurden Nüchternglukose<br />
und -insulin, Insulinresistenz (HOMA-<br />
IR), Lipoproteine, Apolipoproteine und<br />
Adipokine bestimmt.<br />
Sowohl normaler als auch entalkoholisierter<br />
Rotwein verminderte die<br />
Insulinresistenz und das Nüchterninsulin.<br />
Die Apolipoproteine A-I und A-II<br />
sowie das HDL-Cholesterin stiegen<br />
nach Gin und normalem Rotwein an.<br />
Das Lp(a) sank ausschließlich nach<br />
üblichem Rotwein. Fazit der Autoren:<br />
Rotwein übt offenbar einen deutlicheren<br />
Schutzeffekt auf das Herz-Kreislauf-<br />
System aus als andere alkoholische<br />
Getränke, wobei sowohl der Alkohol als<br />
auch die nichtalkoholischen Komponenten<br />
von Bedeutung sind.<br />
❑ Bin an aktuellen Informationen zum Thema Wein<br />
und Gesundheit interessiert.<br />
Senden Sie Infomaterial und weitere vinomed-<strong>Ausgabe</strong>n an:<br />
Vorname Name:___________________________________________________<br />
Straße Nr.: ______________________________________________________<br />
PLZ Ort: _______________________________________________________<br />
E-Mail: ________________________________________________________<br />
2<br />
vinomed
Wissenschaft vinomed<br />
Alkoholische Getränke<br />
Moderater Konsum schützt<br />
vor metabolischem Syndrom<br />
Im Zentrum des metabolischen Syndroms steht die Insulinresistenz.<br />
Sie führt dazu, dass mehrere Stoffwechselstörungen<br />
zusammentreffen. Diagnostisch sind insbesondere<br />
ein bauchbetontes Übergewicht (Bauchumfang),<br />
geringe HDL-Cholesterinspiegel, Hypertonie, Hypertriglyzeridämie<br />
sowie ein gestörter Zuckerstoffwechsel (erhöhte<br />
Nüchternglukose oder postprandiale Blutzuckerspitzen) von<br />
Bedeutung. Diese Konstellation häuft sich nicht nur in den<br />
USA, wo inzwischen schätzungsweise jeder vierte Bürger<br />
betroffen ist. Auch bei uns droht das metabolische Syndrom<br />
zur Volkskrankheit zu werden, was besorgniserregend ist,<br />
weil es erheblich zum Herzinfarkt-, Apoplex- und Typ-2-<br />
Diabetesrisiko beiträgt.<br />
Die gute Nachricht lautet, dass sich das metabolische Syndrom<br />
sehr gut durch eine gesunde Lebensweise, das heißt,<br />
durch angemessene Bewegung, ausreichend Sonnenlicht und<br />
eine gute Ernährung verhindern oder zurückbilden lässt.<br />
Aber hat auch ein maßvoller Genuss alkoholischer Getränke<br />
einen günstigen Einfluss?<br />
Dieser Frage ging ein US-Forscherteam nun bei Männern<br />
nach (Stoutenberg, M et al., British Journal of Nutrition,<br />
online publiziert am 23.01.<strong>2013</strong>). Im Rahmen einer prospektiven<br />
Beobachtungsstudie untersuchte man von 1979<br />
bis 2005 rund 7.500 Männer kaukasischer Herkunft. Zu<br />
Studienbeginn litten sie weder an einer kardiovaskulären<br />
Erkrankung noch an einem metabolischen Syndrom. Die<br />
Forscher erhoben Daten zu den Trinkmengen, über den<br />
Gesundheitszustand und die körperliche Fitness der Teilnehmer.<br />
Am Ende verglichen sie das Auftreten eines metabolischen<br />
Syndroms unter den Abstinenzlern mit dem bei<br />
Männern, die regelmäßig alkoholische Getränke konsumierten<br />
(siehe Tabelle).<br />
Das relative Risiko, ein metabolisches Syndrom zu entwickeln,<br />
lag bei bis zu zwei Drinks täglich signifikant um<br />
rund 30 % niedriger als bei Abstinenzlern. Vor allem das<br />
HDL-Cholesterin fiel hier günstiger aus. Die positiven<br />
Effekte zeigten sich in allen Altersgruppen und insbesondere<br />
dann, wenn die Teilnehmer übergewichtig waren oder<br />
bereits Risikofaktoren für das metabolische Syndrom aufwiesen.<br />
Zwischen Bier und Wein fanden sich keine Unterschiede,<br />
allerdings erwies sich ein hoher Spirituosenkonsum<br />
als ungünstig.<br />
Wie bei allen beobachtenden Studien bleiben auch hier<br />
methodische Probleme ungelöst, und es kann auch keine<br />
ursächliche Beziehung belegt werden. Allerdings stimmen<br />
die Ergebnisse dieser Arbeit mit anderen Daten und Interventionsstudien<br />
zu Risikofaktoren überein, sodass sie<br />
als weiterer Hinweis auf einen günstigen Effekt des moderaten<br />
Genusses alkoholischer Getränke gewertet werden<br />
können.<br />
abstinent* 1–3 Drinks/Woche 4–7 Drinks/Woche 8–13 Drinks/Woche > 14 Drinks/Woche<br />
Anzahl Teilnehmer 870 1.541 1.795 1.509 1.768<br />
Krankheitsfälle 248 322 333 298 377<br />
relatives Risiko, am metabolischen<br />
Syndrom zu erkranken<br />
HR 1,0<br />
(Referenzgruppe)<br />
HR 0,81<br />
(95 % CI 0,68–0,95)<br />
HR 0,68<br />
(95 % CI 0,57–0,80)<br />
HR 0,70<br />
(95 % CI 0,59–0,83)<br />
HR 0,78<br />
(95 % CI 0,66–0,91)<br />
* einschließlich ehemaliger Konsumenten<br />
1 Drink entsprach in dieser Studie 360 ml Bier, 150 ml Wein oder 22,5 ml Spirituosen, d. h. umgerechnet ca. 12 g Alkohol.<br />
Magazin für Wein, Genuss & Gesundheit 3
vinomed Kongressbericht<br />
DWA-Symposium auf dem 119. Internistenkongress in Wiesbaden<br />
Wein und Stoffwechsel –<br />
Wein und Gehirn – Wein und Herz<br />
Alljährlich im April zieht es die<br />
Internisten aus ganz Deutschland<br />
in die Rhein-Main-Hallen<br />
nach Wiesbaden zum Kongress der<br />
Deutschen Gesellschaft für Innere<br />
Medizin. Im Rahmen dieser renommierten<br />
Veranstaltung luden DWA und<br />
WINEinMODERATION (WiM) die<br />
Mediziner zu einer zertifizierten Fortbildungsveranstaltung<br />
ein. Das Thema<br />
„Aktuelles zum Lebensstilfaktor Wein“<br />
zog rund 200 Zuhörer an.<br />
Wein in Maßen: Auch<br />
für Diabetiker geeignet<br />
Unter dem Vorsitz von Prof. Markus<br />
Flesch und Prof. Gustav Belz begann<br />
Prof. Kristian Rett, Chefarzt der Endokrinologie<br />
und Diabetologie im Krankenhaus<br />
Sachsenhausen zum Thema<br />
„Einfluss des Alkoholkonsums auf Entstehung,<br />
Verlauf und Therapie des Diabetes“.<br />
Ausgehend von dem Diabetologen<br />
Carl von Noorden, der vor über<br />
100 Jahren seinen Patienten in Frankfurt<br />
bereits eine fett- und eiweißreiche,<br />
kohlenhydratreduzierte Kost empfahl,<br />
erläuterte Rett, dass damals auch alkoholische<br />
Getränke fester Bestandteil der<br />
Diabetesdiät waren. Sie wurden empfohlen,<br />
weil der Alkohol half, Fett in<br />
der Diät einzusparen und die Zuckerausscheidung<br />
im Harn zu senken.<br />
Die moderne Forschung bestätigte<br />
seither viele der durch klinische Erfahrung<br />
und präzise Beobachtung gewonnenen<br />
Erkenntnisse. So wissen wir<br />
heute, dass Alkohol die Nährstoffverwertung<br />
in den Organen ändert: Alkohol<br />
wird stets zuerst oxidiert und verdrängt<br />
damit die anderen Substrate. Er<br />
greift in den Fett- und Zuckerstoffwechsel<br />
der Leber ein, wo er die Lipidsynthese<br />
fördert und die Glukoneogenese<br />
hemmt. Am Muskel wirkt Alkohol<br />
ähnlich wie Insulin: Er führt über<br />
eine vermehrte Translokation der<br />
Glut4-Transporter zu einem gesteigerten<br />
Glukosetransport in die Muskelzellen.<br />
Ein moderater Konsum alkoholischer<br />
Getränke, auch das haben neue<br />
Studien gezeigt, geht insbesondere<br />
bei Frauen mit einer verbesserten Insulinwirkung<br />
einher (Baliunas, 2009;<br />
Beulens, 2012), was dem Diabetes vorbeugt.<br />
Als „rechtes Maß“ nannte Rett<br />
10 bis 20 g Alkohol täglich für Frauen<br />
und 20 bis 30 g für Männer. Carl von<br />
Noorden wusste vor 100 Jahren auch<br />
schon, dass sich Alkoholmengen ab 50 g<br />
täglich nicht mehr günstig auswirken.<br />
Alter kein Grund<br />
für Abstinenz<br />
Der zweite Redner, Prof. Siegfried<br />
Weyerer vom Zentralinstitut für Seelische<br />
Gesundheit in Mannheim, befasste<br />
sich mit dem Thema „Alkoholkonsum<br />
und demenzielle Erkrankungen“.<br />
Jährlich kommt es in Deutschland<br />
zu 300.000 neuen Demenzerkrankungen.<br />
Weil es nur wenige wirksame<br />
Medikamente gibt und weil aufgrund<br />
des demografischen Wandels mit<br />
einem weiteren Anstieg der Fallzahlen<br />
zu rechnen ist, kommt dem Lebensstil<br />
und damit auch dem Essen und Trinken<br />
als Einflussfaktor eine zunehmende<br />
Bedeutung zu. In einer sorgfältig<br />
angelegten eigenen Untersuchung<br />
(AgeCoDe-Studie) mit mehr als 3.000<br />
über 75-Jährigen in Deutschland<br />
untersucht Prof. Weyerer seit über<br />
4<br />
Prof. Kristian Rett<br />
Prof. Siegfried Weyerer<br />
vinomed
Kongressbericht vinomed<br />
zehn Jahren auch den Einfluss alkoholischer<br />
Getränke (Weyerer et al., 2011).<br />
Bei Konsumenten von Alkohol fand<br />
er – auch nach Kontrolle soziodemografischer,<br />
klinischer und genetischer<br />
Einflussfaktoren – ein um rund 30 %<br />
vermindertes relatives Demenzrisiko.<br />
Das relative Risiko, an Alzheimer zu<br />
erkranken, lag sogar um 42 % niedriger<br />
als bei Abstinenzlern. Diese Ergebnisse<br />
stimmen mit internationalen Studien<br />
überein (Neafsey und Collins, 2011).<br />
Prof. Weyerer schloss mit einem Zitat<br />
von Harvey Finkel, der befand: „Alter<br />
ist kein Grund für Abstinenz.“<br />
dass ein moderater Konsum alkoholischer<br />
Getränke auch bei gesund lebenden<br />
Menschen für zusätzlichen Benefit<br />
sorgt (Mukamal, 2006). Daher ist<br />
regelmäßiger, aber mäßiger Weingenuss<br />
inzwischen als Bestandteil<br />
eines gesunden Lebensstils anerkannt<br />
(Ford, 2011).<br />
Gesunder Lebensstilfaktor<br />
Wein<br />
Prof. Nicolai Worm, Ernährungswissenschaftler<br />
und Publizist aus München,<br />
versorgte das Auditorium mit einem<br />
wissenschaftlichen Update zum Thema<br />
„Alkoholische Getränke bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen“.<br />
Dazu hob Worm<br />
die besondere Bedeutung der Insulinresistenz<br />
als Auslöser verschiedenster<br />
Stoffwechselstörungen wie erhöhten<br />
Insulin-, Blutzucker-, Blutdruck und<br />
Harnsäurewerten sowie einem verminderten<br />
HDL-Cholesterin hervor. Anhand<br />
aktueller Studien (z. B. Costanzo,<br />
2010; Brien, 2011) konnte Worm zeigen,<br />
dass ein regelmäßiger, moderater<br />
Konsum alkoholischer Getränke das<br />
HDL-Cholesterin bessert, den Blutdruck<br />
und – im Austausch gegen<br />
Kohlenhydrate verzehrt – auch die<br />
Blutfette senkt. Damit übereinstimmend<br />
gehen vernünftige Trinkmuster<br />
auch mit signifikant verminderten<br />
Risiken für das metabolische Syndrom<br />
(siehe Seite 3) und die Zuckerkrankheit<br />
einher sowie mit einer verminderten<br />
Sterblichkeit (Ronksley, 2011).<br />
Von den günstigen Effekten alkoholischer<br />
Getränke profitieren auch Menschen,<br />
die sich gesund ernähren, nicht<br />
rauchen und sportlich aktiv sind. Beispielsweise<br />
fand die amerikanische<br />
Health Professionals Follow-up Studie,<br />
Magazin für Wein, Genuss & Gesundheit<br />
Prof. Nicolai Worm<br />
Zusammenhang zwischen aktuellem Konsum alkoholischer Getränke, inzidenter Demenz<br />
(insgesamt) und Alzheimerkrankheit bei 3.202 über 75-Jährigen in sechs deutschen Großstädten<br />
Multivariate HR (95 % CI)<br />
2,0<br />
1,8<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,0<br />
1–9 10–19 20–29 30–39 40 +<br />
1–9 10–19 20–29 30–39 40 +<br />
Inzidente Demenzen (insgesamt)<br />
Inzidente Alzheimerkrankheit<br />
Art des alkoholischen Getränks (Baseline) Multivariate HR (95 % CI) p-Wert<br />
Inzidente Demenzen (insgesamt)<br />
abstinent<br />
nur Wein<br />
nur Bier<br />
mehrere alkoholische Getränke<br />
(Wein, Bier und andere)<br />
Inzidente Alzheimerkrankheit<br />
abstinent<br />
nur Wein<br />
nur Bier<br />
mehrere alkoholische Getränke<br />
(Wein, Bier und andere)<br />
signifikante Risikosenkung<br />
1 (Referenzgruppe)<br />
0,79 (0,55–1,13)<br />
0,87 (0,56–1,35)<br />
0,35 (0,17–0,69)<br />
1 (Referenzgruppe)<br />
0,76 (0,46–1,23)<br />
0,60 (0,30–1,21)<br />
0,14 (0,03–0,56)<br />
abstinent<br />
1 (Referenzgruppe)<br />
Alkoholkonsum (Baseline)<br />
Gramm pro Tag<br />
0,196<br />
0,528<br />
0,003<br />
0,<strong>25</strong>9<br />
0,152<br />
0,006<br />
Multivariate Hazard Ratios (HR) kontrolliert nach Geschlecht, Alter, Bildung,<br />
Lebenssituation, instrumentellen Einschränkungen der Alltagsaktivitäten, somatischer<br />
Komorbidität, Depression, apoE4, leichte kognitive Einschränkungen und Rauchen<br />
(Fettdruck = signifikante Werte).<br />
5
vinomed Buchbesprechung<br />
Geschenk des Himmels und der Erde<br />
wie unmöglich, auf den Wein zu verzichten, wie es die frühen<br />
Wüsten-Mönche zwischen 300 und 500 nach Christus getan<br />
hatten. Benedikt warnte jedoch auch davor, den Wein<br />
„bis zur Sättigung“ zu trinken, dann bringe er „selbst die<br />
Weisen zum Abfall“. Um Missbrauch zu verhindern, genehmigte<br />
Benedikt seinen Mönchen täglich „eine Hemina“<br />
Wein. Wie man sich vorstellen kann, wird seither darüber<br />
gestritten, wie groß so eine Hemina wohl ist. Pater Anselm<br />
geht davon aus, dass sie etwas mehr als einen viertel Liter<br />
umfasst – und das stimmt erfreulicherweise gut mit den<br />
Mengen überein, die auch von der modernen Wissenschaft<br />
als zuträglich erachtet werden.<br />
Über 200 Bücher hat er bereits geschrieben und<br />
Zehntausende hören jährlich seine Vorträge. Keine<br />
Frage, der Benediktinermönch Anselm Grün ist ein<br />
gefragter Mann, einer, dessen Rat gesucht wird, dessen Wort<br />
zählt. Obwohl der Pater bekannte, er trinke zwar gerne Wein,<br />
verstünde aber nicht viel davon, legte er mit seinem neuen<br />
Buch ein beredtes Zeugnis über das seit mehr als 6.000<br />
Jahren geschätzte Kulturgut ab: „Der Wein: Geschenk des<br />
Himmels und der Erde“ (Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach<br />
2012).<br />
Die Deutsche Weinakademie (DWA) in Mainz hatte im<br />
Dezember das Vergnügen, Pater Anselms Buch über den<br />
Wein in Form einer DWA- Sonderausgabe vorstellen zu dürfen.<br />
Es schenke den Menschen auf äußerst angenehme Weise<br />
Zugang zum kulturhistorischen Blick auf dieses „Geschenk<br />
des Himmels und der Erde“, der zuweilen unter Begriffen<br />
wie Qualitätsoffensive oder Herstellungs- und Vermarktungsoptimierung<br />
verloren gehe, schrieb Claudia Stein-<br />
Hammer von der DWA im Vorwort. Weinfreunde wüssten<br />
sehr wohl, dass Wein mehr ist als ein alkoholisches Getränk.<br />
Er verbinde Menschen und sei schon deshalb ein Geschenk.<br />
6<br />
In allen Religionen und Kulturen gibt es Mythen und<br />
Geschichten, die den Wein und den Weinbau thematisieren.<br />
Und von Beginn an wurde der Wein als Zeichen göttlicher<br />
Gewogenheit den Menschen gegenüber angesehen.<br />
Auch im Christentum spielt der Wein eine herausragende<br />
Rolle. So berichtet das Alte Testament beispielsweise wie<br />
Noah zum ersten Ackerbauern wurde und einen Weinberg<br />
pflanzte. Der damals meist rote Wein galt als „Blut der Erde“.<br />
Dass Genuss und Freude zum Weintrinken gehören,<br />
betonte schon das biblische Buch Kohelet, wo geschrieben<br />
steht: „Iss freudig dein Brot und trink vergnügt deinen Wein;<br />
denn das, was du tust, hat Gott längst so festgelegt, wie es<br />
ihm gefiel.“ Pater Anselm erfreut sich jedoch nicht nur an<br />
Gottes Segen zum Weingenuss und am Geschmack eines<br />
guten Weines. Er schätzt zudem in großer Dankbarkeit, dass<br />
ihm beim Schmecken bewusst wird, „dass dieser Wein durch<br />
vieler Hände Arbeit entstanden“ und somit eben auch ein<br />
Geschenk der Erde ist.<br />
Dass der Wein im Leben vieler Menschen einen festen Platz<br />
einnimmt, musste auch der Ordensgründer Benedikt von<br />
Nursia eingestehen. Wo er Klöster gründete, war es so gut<br />
Pater Anselm mit Claudia Stein-Hammer und Monika Reule<br />
(DWA) bei der Buchvorstellung in Mainz.<br />
Der Wein:<br />
Geschenk des Himmels und der Erde<br />
Vier-Türme-Verlag<br />
Münsterschwarzach 2012<br />
135 Seiten, gebunden,<br />
mit Schutzumschlag, 22,5 x 26,5 cm<br />
ISBN 978-3-89680-802-8<br />
24,90 €<br />
vinomed
Update Resveratrol<br />
Fokus Weininhaltsstoffe vinomed<br />
Resveratrol ist einer der am<br />
besten untersuchten Weininhaltsstoffe.<br />
Das Stilben gelangt<br />
aus den Traubenschalen in den<br />
Wein und kommt folglich in Rotweinen<br />
in größerer Menge vor als in<br />
Weißweinen. Resveratrol beeinflusst<br />
nicht nur die Blutgefäße günstig,<br />
sondern wirkt auf mehreren Ebenen<br />
positiv auf die Gesundheit und die<br />
Lebenserwartung (bei niederen Organismen)<br />
ein.<br />
HO<br />
Strukturformel Resveratrol<br />
OH<br />
OH<br />
Anlässlich der diesjährigen Sitzung<br />
des Wissenschaftlichen Beirats der<br />
DWA in Stuttgart referierte Prof.<br />
Huige Li vom Pharmakologischen<br />
Institut der Universität Mainz über den<br />
aktuellen Stand der Wissenschaft zu<br />
Resveratrol. Das bereits 1940 entdeckte<br />
trans-3,5,4´-Trihydroxystilben Resveratrol<br />
erfährt seit den 1990er-Jahren ein<br />
steigendes wissenschaftliches Interesse.<br />
Im Rahmen des „Französischen Paradoxons“<br />
schrieb man ihm erstmals<br />
herz- und gefäßschützende Wirkungen<br />
zu. Der Boom ist seither ungebrochen,<br />
zumal 1997 noch Hinweise auf krebsschützende<br />
und 2003 auf lebensverlängernde<br />
Wirkungen hinzukamen.<br />
Mittlerweile konnten in Labor- und<br />
Tierstudien einige der molekularen<br />
Mechanismen der Resveratrolwirkungen<br />
aufgeklärt werden. So ist beispielsweise<br />
bekannt, dass es über eine bessere<br />
Stickstoffmonoxid-(NO)-Bildung in<br />
der Gefäßwand den Blutdruck senken<br />
und antioxidativ und entzündungshemmend<br />
wirken kann. Zudem greift<br />
Resveratrol in die gleichen Stoffwechselwege<br />
ein wie eine Kalorienrestriktion,<br />
die (bei ausreichender Mikronährstoffversorgung)<br />
etliche Spezies länger<br />
leben ließ.<br />
Allerdings gibt es erst sehr wenige Studien<br />
am Menschen, sodass endgültige<br />
Beweise für etliche der gesundheitsfördernden<br />
Effekte des Resveratrols noch<br />
ausstehen. Derzeit laufen jedoch mindestens<br />
49 klinische Studien, von denen<br />
man sich klare Belege verspricht.<br />
SIRT1-abhängige Effekte<br />
von Kalorienrestriktion und Resveratrol<br />
antiproliferativ<br />
Kalorienrestriktion<br />
SIRT1<br />
Lebensspanne ·<br />
Resveratrol<br />
SIRT1 ist die Abkürzung für Sirtuin 1,<br />
einem von sieben menschlichen Sirtuinen.<br />
Diese entwicklungsgeschichtlich sehr alten<br />
Enzyme modifizieren durch Komplexbildung<br />
oder Deacetylierung wichtige<br />
Regulationsproteine. Die in Tierversuchen<br />
gezeigte lebensverlängernde Wirkung<br />
einer Kalorienrestriktion wird zumindest<br />
teilweise durch Sirtuine vermittelt.<br />
Resveratrol kann SIRT1 aktivieren.<br />
Diskutiert werden auch Sirtuinähnliche,<br />
direkte Effekte des Weininhaltsstoffes.<br />
In der Diskussion steht auch immer die<br />
Frage der Bioverfügbarkeit. Da Resveratrol<br />
schnell metabolisiert wird,<br />
erreicht von der Ursprungssubstanz nur<br />
wenig den zellulären Wirkort. Da die<br />
Wirkungen jedoch unbestritten sind,<br />
werden die zahlreichen Metabolite als<br />
eigentlich wirksame Substanzgruppe<br />
postuliert.<br />
Resveratrol kann der Entstehung<br />
einer Atherosklerose auf verschiedenen<br />
Stufen entgegenwirken:<br />
Eine erhöhte Stickstoffmonoxid-<br />
(NO)-Bildung verhindert die<br />
endotheliale Dysfunktion und<br />
Entzündungen in den Gefäßen.<br />
Dazu kommen entzündungshemmende<br />
Effekte des Resveratrols,<br />
die ebenso wie seine antioxidativen<br />
Wirkungen die Aktivierung<br />
von Makrophagen verhindert.<br />
Dies wiederum schützt das<br />
LDL-Cholesterin vor Oxidation,<br />
die lipidsenkende Wirkung sorgt zudem für weniger oxidierbares LDL. Die antiproliferative<br />
Wirkung verhindert die Vermehrung von glatten Muskelzellen in der Gefäßwand,<br />
die als wichtiger Schritt in der Atheroskleroseentstehung gilt.<br />
Magazin für Wein, Genuss & Gesundheit<br />
Endotheliale Dysfunktion<br />
Gefäßentzündung<br />
LDL-Oxidation<br />
Makrophagenaktivierung<br />
NO ·<br />
Atherosklerose-Entwicklung (Wikipedia)<br />
Resveratrol<br />
antiinflammatorisch<br />
antioxidativ<br />
Plasmalipide<br />
‚<br />
Proliferation<br />
glatter Muskelzellen<br />
Prof. Dr. Huige Li<br />
(geb. 1967);<br />
1985–1991<br />
Studium der<br />
Humanmedizin<br />
am Tongji<br />
Medical College<br />
(Wuhan, China);<br />
1995–1997<br />
experimentelle<br />
Doktorarbeit im Arbeitskreis von Prof.<br />
Ulrich Förstermann an der Johannes-<br />
Gutenberg-Universität Mainz;<br />
2007 Habilitation für das Fach Pharmakologie;<br />
seit 2011 Universitätsprofessor<br />
(W2) am Institut für Pharmakologie der<br />
Universitätsmedizin Mainz.<br />
7
vinomed kurz gemeldet<br />
Gut ausgebaut: Sehenswerte Architektur und deutscher Wein<br />
Weinfreunde beweisen nicht nur bei ihrem Getränk einen guten Geschmack,<br />
sie erfreuen sich auch an schönen Gebäuden und Räumlichkeiten. Und wer gute<br />
Weine herstellt, möchte seine Erzeugnisse auch ästhetisch präsentieren und den<br />
Gästen beim Genießen ein ansprechendes Ambiente bieten. Das Deutsche<br />
<strong>Weininstitut</strong> zeichnete <strong>2013</strong> zwölf neue „Höhepunkte der Weinkultur <strong>2013</strong>“ aus<br />
– besonders schöne Beispiele für Vinotheken, Weingüter und Winzerhöfe, die<br />
für das moderne, fortschrittliche „Weinland Deutschland“ stehen. Ob durchbrochene<br />
Holzfassaden oder<br />
futuristische Stahl-Glas-Konstruktionen,<br />
ob klassisch oder<br />
modern, ob kompromisslos<br />
oder die architektonischen<br />
Gegensätze verbindend: hier<br />
entstand Sehenswertes.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.deutscheweine.de<br />
Kunst aus dem Weinberg: Erdgeschichte im Profil<br />
Der Boden prägt den Charakter eines Weines ebenso wie<br />
Klima, Rebsorte und die Hand des Winzers. Die Summe<br />
dieser Faktoren kondensieren im weiteren Sinne zum<br />
„Terroir“.<br />
Böden erzählen Geschichten, bildet ihr Profil doch die<br />
Landschafts- und Klimaentwicklung von Millionen Jahren<br />
ab. Wo der Boden sein (vertikales) Profil zeigt, erfährt<br />
man viel über wichtige Standorteigenschaften wie Mineralität,<br />
Wasserspeichervermögen und Erwärmbarkeit,<br />
welche dem Wein zu seiner Individualität verhelfen.<br />
Ein spezielles Präparationsverfahren erlaubt es, diese<br />
faszinierenden „Erdgeschichten“ zu bergen und zu konservieren.<br />
Nicht nur zu Präsentationszwecken in Vinotheken oder<br />
auf Messen etablieren sich diese Kunstwerke der Erde, auch<br />
im privaten Bereich finden sie Liebhaber, die Ästhetik, Natur<br />
und Wissenschaft in einer Einheit schätzen und lieben.<br />
3-D-Kunstwerk:<br />
Roter Hang –<br />
Steillage aus rotem<br />
Tonschiefer im rheinhessischen<br />
Nierstein.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.terraimago.de und www.terravinosa.de<br />
Typisches Schieferprofil der Weinberge an der Mittelmosel.<br />
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Herausgeber<br />
Deutsche Weinakademie GmbH<br />
Gutenbergplatz 3–5, 55116 Mainz<br />
info@deutscheweinakademie.de<br />
www.deutscheweinakademie.de<br />
Verlag<br />
systemed GmbH<br />
Kastanienstr.10, 44534 Lünen<br />
info@systemed.de<br />
www.systemed.de<br />
Redaktion<br />
Ulrike Gonder, Freie Wissenschaftsjournalistin<br />
(v.i.S.d.P.)<br />
Gestaltung<br />
www.creative-vision.de<br />
Fotohinweis<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Weininstitut</strong> (DWI);<br />
Druck<br />
Dierichs Druck + Media<br />
GmbH & Co. KG, Kassel<br />
Die redaktionellen Texte basieren auf Informationen,<br />
die wir als zuverlässig ansehen. Eine Haftung ist<br />
jedoch ausgeschlossen. Nachdruck, auch auszugsweise,<br />
nur mit schriftlicher Genehmigung<br />
des Verlages.<br />
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