Die novellierte DIN 19643
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Die novellierte DIN 19643
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Mikrobiologische und chemische<br />
Parameter<br />
M. Kramer (Rhein Energie) und Chr. Höller (LGL)
Gliederung<br />
• Mikrobiologische Parameter<br />
- Schwerpunkt: Einführung von Maßnahmewerten für Legionellen<br />
• Chemische Parameter<br />
- anorganische Desinfektionsnebenprodukte: Chlorit, Chlorat und Bromat<br />
-Arsen<br />
- Säurekapazität<br />
- primäres und sekundäres Füllwasser: Definitionen und Anforderungen<br />
- Bewertung der Aufbereitungsleistung: der Parameter Oxidierbarkeit<br />
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2
Tabelle 1: Mikrobiologische Anforderungen<br />
• Neu in der <strong>DIN</strong> <strong>19643</strong>-1: allen Parametern sind Nachweisverfahren zugeordnet<br />
• Parameter Koloniezahl bei 20°C entfällt<br />
• Wichtige Änderungen bei Legionellen:<br />
- Nachweis von Legionella species statt Legionella pneumophila<br />
- Einheitliches Bezugsvolumen für Filtrat- und Beckenwasserproben (100 ml)<br />
- Einführung von Maßnahmewerten (Tabellen 7 und 8)<br />
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3
Technische Ursachen für Legionellen im<br />
Beckenwasser<br />
Legionellen vermehren sich im Filterbett<br />
bei Wassertemperaturen ab 23°C<br />
Begünstigende Faktoren:<br />
• hohe Schmutzfracht und<br />
ungenügende Filterspülung<br />
(Biofilmbildung als Grundlage der<br />
Legionellenbesiedlung)<br />
• Adsorptiv wirksame Filtermaterialien<br />
mit hohem Chlorzehrungspotenzial<br />
(Abwesenheit von Desinfektionsmittel in<br />
tieferen Filterschichten und begünstigt die<br />
Verkeimung )<br />
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4
Legionellen – Nahrungsspezialisten in Biofilmen<br />
vermehren sich in Amöben<br />
… oder in Lungen-Makrophagen<br />
• In der aquatischen Umwelt<br />
vermehren sich Legionellen in<br />
Einzellern (z.B. Amöben)<br />
• In der Lunge vermehren sie sich<br />
in Makrophagen (nach dem<br />
Einatmen feiner Tröpfchen)<br />
• Virulenzfaktoren,<br />
Pathogenitätsmechanismen<br />
können eine Lungenentzündung<br />
auslösen<br />
Elektronenmikroskop.Aufnahmen:<br />
Prof. Tiefenbrunner, Insbruck<br />
Bild oben: Humane Makrophagen, mit<br />
Legionellen infiziert . Hubert Hilbi<br />
Bild unten: Röntgenbild einer von<br />
Legionellen befallenen Lunge , Quelle:<br />
Epidemiologisches Bulletin, Robert Koch-<br />
Institut, Nr 45/2003<br />
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5
2 Krankheitsformen durch Legionellen<br />
• Lungenentzündung<br />
(Legionellose)<br />
• Pontiacfieber (grippeähnliche<br />
Erkrankung)<br />
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6
Erkrankungsrisiko<br />
ab welcher Konzentration?<br />
Erkrankungsrisiko nicht nur<br />
konzentrationsabhängig,<br />
sondern<br />
• von der Virulenz der Erreger<br />
(bisher nicht erfassbar)<br />
• vom Immunstatus bzw.<br />
• der Disposition einer Person<br />
Anzahl der Mikroorganismen x Virulenz<br />
Spezifischer Immunstatus<br />
oder Abwehr-Disposition des Wirts<br />
Quelle:<br />
Exner et al. (2009): Umweltmed Forsch Prax 14 (4) 207-224<br />
Bisherige Maßnahmewerte<br />
• empirisch ermittelt<br />
• eignen sich zur Zustandsbewertung technischer System<br />
• haben sich im Rahmen des Risikomanagements bewährt<br />
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7
Bewertung von Legionellen-Konzentrationen<br />
in Abhängigkeit vom Bezugsvolumen<br />
Quelle:<br />
Kommentar zum<br />
DVGW<br />
Arbeitsblatt W 551<br />
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8
Untersuchungsgang gemäß UBA-Empfehlung<br />
(Mindestuntersuchungsumfang)<br />
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9
Unterschiedliche Probevolumina<br />
für verschiedene Konzentrationsbereiche<br />
• Direktansatz (Ausplattieren)<br />
Einsatz von maximal 0,5 ml Probe<br />
• Membranfiltration<br />
viel größeres Probevolumen möglich<br />
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10
Bestätigungsreaktion<br />
Wachstum auf<br />
Seklektivagar<br />
mit Cystein<br />
Ausstrich einer verdächtigen<br />
Kolonie auf 2 verschiedenen<br />
Agarplatten<br />
Kein<br />
Wachstum auf<br />
Seklektivagar<br />
ohne Cystein<br />
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11
Einführung von Maßnahmewerten für Legionellen<br />
Tabelle 7 – Bewertung des Beckenwassers und Maßnahmen<br />
Legionellen Bewertung Maßnahmen nach ..<br />
KBE/100 ml<br />
Erstuntersuchung Nachuntersuchung weiteren Sanierungen<br />
100<br />
bis 1000<br />
mittlere<br />
Kontamination<br />
> 1000 a hohe<br />
Kontamination<br />
Filterspülung,<br />
Desinfektionsmittelzugabe<br />
kontrollieren<br />
Nachuntersuchung,<br />
Kontrolle des Filtrats<br />
Filterspülung,<br />
Desinfektionsmittelzugabe<br />
kontrollieren<br />
aerosolproduzierende Einrichtungen<br />
abschalten<br />
Nachuntersuchung,<br />
Kontrolle des Filtrats<br />
Filterspülung,<br />
Desinfektionsmittelzugabe<br />
kontrollieren<br />
aerosolproduzierende Einrichtungen<br />
abschalten<br />
Nachuntersuchung,<br />
Kontrolle des Filtrats<br />
Filterspülung,<br />
Desinfektionsmittelzugabe<br />
kontrollieren,<br />
Nachuntersuchung,<br />
Kontrolle des Filtrats<br />
Freigabe nach einwandfreiem<br />
Befund im Beckenwasser<br />
Nutzungsverbot<br />
a Bei Legionellenkonzentrationen > 10 000 KBE/100 ml und Legionellennachweis im Filtrat<br />
www.lgl.bayern.desofortige Nutzungsuntersagung.<br />
weitergehende Maßnahmen unter<br />
Einbeziehung von Fachleuten, z. B.<br />
Hochchlorung, Austausch des<br />
Filtermaterials ...; Information der<br />
zuständigen Gesundheitsbehörde<br />
aerosolproduzierende Einrichtungen<br />
abschalten<br />
wiederholte Nachuntersuchungen<br />
von Beckenwasser und Filtrat<br />
weitergehende Maßnahmen unter<br />
Einbeziehung von Fachleuten, z. B.<br />
Hochchlorung, Austausch des<br />
Filtermaterials ... ; Information der<br />
zuständigen Gesundheitsbehörde<br />
wiederholte Nachuntersuchungen<br />
von Beckenwasser und Filtrat<br />
Freigabe nach einwandfreiem<br />
Befund im Beckenwasser<br />
Nutzungsverbot,<br />
12
Einführung von Maßnahmewerten für Legionellen<br />
Tabelle 8 – Bewertung des Filtrats und Maßnahmen<br />
Legionellen Bewertung Maßnahmen nach ..<br />
KBE/100 ml<br />
Erstuntersuchung Nachuntersuchung weiteren Sanierungen<br />
1000 hohe<br />
Kontamination<br />
Nachuntersuchung des Filtrats<br />
und des Beckenwassers<br />
Filterspülung<br />
Nachuntersuchung des Filtrats<br />
und des Beckenwassers<br />
Nachuntersuchung des Filtrats<br />
und des Beckenwassers<br />
Filterspülung,<br />
Überprüfung der Aufbereitung<br />
Nachuntersuchung des Filtrats<br />
und des Beckenwassers<br />
ggf. Nutzungseinschränkung<br />
(z.B. aerosolproduzierende<br />
Einrichtungen abschalten)<br />
Nachuntersuchung des Filtrats<br />
und des Beckenwassers<br />
weitergehende Maßnahmen unter<br />
Einbeziehung von Fachleuten, z. B.<br />
Hochchlorung, Austausch des<br />
Filtermaterials ...; Information der<br />
zuständigen Gesundheitsbehörde<br />
Nachuntersuchung des Filtrats<br />
und des Beckenwassers<br />
ggf. Nutzungseinschränkung<br />
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13
Umgang mit den Bewertungs-Tabellen für Legionellen<br />
(Beispiel)<br />
Tabelle 7 - Beckenwasser<br />
Tabelle 8 - Filtrat<br />
Erstuntersuchung Beckenwasser: 80 KBE/100 ml<br />
1. Nachuntersuchung Beckenwasser: 65 KBE/100 ml<br />
Erstuntersuchung Filtrat: 800 KBE/ 100 ml<br />
‣ Desinfizierende Filterspülung<br />
1. Nachuntersuchung Filtrat: 1 200 KBE/100 ml<br />
2. Nachuntersuchung Beckenwasser: 6 KBE/100 ml<br />
‣ Austausch des Filtermaterials; Hochchlorung<br />
2. Nachuntersuchung Filtrat: 0 KBE/100 ml<br />
3. Nachuntersuchung Beckenwasser: 0 KBE/100 ml<br />
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14
Anorganische Belastungsstoffe<br />
Übergangsregelung für Chlorit+Chlorat sowie für Bromat: 5 Jahre<br />
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15
Chlorit und Chlorat entstehen aus Hypochlorit<br />
<strong>Die</strong> Reaktion wird begünstigt durch<br />
‣ Wärme<br />
‣ UV-Strahlung (Sonnenlicht)<br />
‣ pH-Werte < 12,5<br />
‣ Wasser-Verunreinigungen<br />
‣ hohe Hypochlorit-Konzentrationen<br />
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16
Chlorat-Eintrag<br />
in das Schwimmbeckenwasser<br />
• Über Natriumhypochlorit-Lösung (Chlorbleichlauge)<br />
bei ungünstigen Lagerbedingungen<br />
• Durch Photolyse des Hypochlorits bei Sonneneinstrahlung<br />
im Freibad; auch bei Chlorgasdosierung<br />
• Über Betriebswasser Typ1<br />
(darf max. 5 mg/L Chlorat enthalten)<br />
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17
Möglichkeiten der Chlorat-Minimierung<br />
• Kein Abbau und keine Entfernung im Aufbereitungskreislauf<br />
• Austrag nur durch Verdünnung mit Frischwasser möglich<br />
(Wassersparmaßnahmen können sich ungünstig auswirken)<br />
• Sukzessive Anreicherung; Maximalkonzentrationen im Jahresverlauf<br />
abhängig vom Eintrag und vom Frischwasseraustausch<br />
‣ Chlorgasdesinfektion als Alternative zur Verwendung von Chlorbleichlauge<br />
(Herstellung auch elektrolytisch vor Ort möglich)<br />
‣ Technisches Entwicklungspotenzial bei Chlorbleichlauge aus der<br />
Membranzellenelektrolyse<br />
• Technische Vorkehrungen zur weitestgehenden Minimierung beim<br />
Herstellungsprozess erforderlich<br />
• Optimale und möglichst kurze Lagerbedingungen im Produkttank<br />
‣ Ausreichender Frischwasseraustausch !<br />
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18
Chlorat und Chlorit:<br />
Vergleichbares toxikologisches Profil<br />
• Bildet Methämoglobin<br />
Oxidation des Eisens im Hämoglobin<br />
(Fe2+ → Fe3+)<br />
bedingt eingeschränkten<br />
Sauerstofftransport im Blut und ins<br />
Gewebe<br />
• Reizt Haut und Schleimhaut<br />
‣ Menschen mit genetisch bedingtem Mangel an Glucose-6-phosphatdehydrogenase<br />
sind besonders empfindlich!<br />
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19
Toxikologische Herleitung eines Richtwerts<br />
für Chlorit und Chlorat<br />
1. Tolerierbare Tagesdosis<br />
Tolerable Daily Intake (TDI) als gesundheitlich duldbare Tagesdosis<br />
• 30 µg/kg Körpergewicht (chronisch)<br />
• 36 µg/kg Körpergewicht (akut)<br />
Körpergewicht als Bezugsgröße: 70 kg<br />
TDI-Werte für Chlorit und Chlorat<br />
nach Angaben der WHO<br />
2. Expositionsszenario<br />
Wasseraufnahme (oral) pro Tag:<br />
• 2,0 Liter Trinkwasser<br />
• 0,1 Liter Badewasser<br />
Allokation abhängig von der<br />
Chloratkonzentration im<br />
Trinkwasser !<br />
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20
Toxikologische Herleitung eines Richtwerts<br />
für Chlorit und Chlorat<br />
Konservative Herleitung (Trinkwassergrenzwert der WHO)<br />
Annahme<br />
Nr.<br />
Chlorat<br />
TW<br />
[mg/l]<br />
Allokation<br />
TW<br />
[%]<br />
Allokation<br />
BW<br />
[%]<br />
Besucher<br />
[1/a]<br />
BWLW<br />
(chron.)<br />
[mg/l]<br />
0 0,70 80 20 365 4,2<br />
(∼ 4)<br />
BWMW*<br />
(e., akut)<br />
[mg/l]<br />
8,4<br />
(∼10)<br />
BWMW<br />
(akut)<br />
[mg/l]<br />
58,8<br />
(∼ 60)<br />
Alternative Herleitung (deutsche Verhältnisse)<br />
Annahme<br />
Nr.<br />
Chlorat<br />
TW<br />
[mg/l]<br />
Allokation<br />
TW<br />
[%]<br />
Allokation<br />
BW<br />
[%]<br />
Besucher<br />
[1/a]<br />
BWLW<br />
(chron.)<br />
[mg/l]<br />
BWMW*<br />
(e., akut)<br />
[mg/l]<br />
BWMW<br />
(akut)<br />
[mg/l]<br />
1 0,47 53 47 260 14 20 72<br />
2 0,12 13 87 260 26 31 83<br />
3 0,25 29 71 260 21 27 79<br />
4 0,07 8 92 260 27 33 85<br />
5 0,35 40 60 260 18 24 76<br />
6 0,20 23 77 260 23 29 81<br />
Alle Werte nicht aufgerundet<br />
Zur Kalkulation berücksichtigt:<br />
• Anforderungen an<br />
Natriumhypochlorit-Lösung zur<br />
Desinfektion von Trinkwasser)<br />
• Anforderungen der<br />
Trinkwasserverordnung an die<br />
Chlorung<br />
• Internationale Anforderungen an<br />
Chlorat im Trinkwasser i(Schweiz)<br />
* BWMW (e, akut) = Maßnahmewert zum Schutz empfindlicher Personen vor akuttoxischer<br />
Wirkung des Beckenwassers<br />
‣ 30 mg/l Chlorat + Chlorit als oberer Wert im Badebeckenwasser<br />
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21
Toxikologisch begründete Empfehlungen bzw.<br />
Richtwerte für Chlorat in Badebeckenwasser<br />
World Health Organization (2006): Guidelines for safe recreational waters Volume 2 -<br />
Swimming pools and similar recreational-water environments.<br />
„…In order to remain within the TDI levels of chlorate and chlorite [0.03 mg/kg of body weight)<br />
(WHO, 2004)], they should be maintained below 3 mg/l (assuming a 10-kg child and an<br />
intake of 100 ml).“<br />
Schweizer Norm SIA 385/9 - 2010: „Wasser und Wasseraufbereitungsanlagen in<br />
Gemeinschaftsbädern“<br />
Chlorat + Chlorit im Beckenwasser: Toleranzwert 10 mg/l<br />
Richtwert < 4 mg/l<br />
Deutsche Norm <strong>DIN</strong> <strong>19643</strong> – 2012: „Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser<br />
Chlorat + Chlorit im Beckenwasser: oberer Wert 30 mg/l<br />
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22
Mit welchen Chlorat-Konzentrationen im Beckenwasser<br />
ist zu rechnen?<br />
Chlorat-Konzentrationen im Beckenwasser öffentlicher Bäder aus Deutschland und der Schweiz<br />
(Daten stichprobenartig und unsystematisch im Rahmen von Sonderuntersuchungenermittelt; Zeitraum 2001 – 2011)<br />
r<br />
e<br />
s<br />
a<br />
w<br />
n<br />
e<br />
k /l<br />
c g<br />
e m<br />
B<br />
in<br />
im<br />
t<br />
ra<br />
lo<br />
h<br />
C<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Anzahl der Messwerte prozentual<br />
(Gesamtauswertung; n = 383)<br />
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Dr. Kramer<br />
/ WLM<br />
23
Chloratkonzentration im Beckenwasser<br />
abhängig von der Desinfektionsmethode<br />
r<br />
e<br />
s<br />
a<br />
w<br />
n<br />
e<br />
k /l<br />
c g<br />
e<br />
B<br />
m<br />
in<br />
im<br />
t<br />
ra<br />
lo<br />
h<br />
C<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Natriumhypochlorit-Lösung / Gebinde (n = 31)<br />
Natriumhypochlorit-Lösung aus Sole-Elektrolyse (n = 110)<br />
Chlorgas (n = 225)<br />
Calciumhypochlorit (n = 17)<br />
10<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Anzahl der Messwerte prozentual<br />
(berechnet für jede Kategorie)<br />
Dr. Kramer<br />
/ WLM<br />
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24
Chloratkonzentration im Beckenwasser<br />
abhängig von der Desinfektionsmethode<br />
Chlorgasdesinfektion:<br />
Chloratbildung bei Sonneneinstrahlung<br />
Natriumhypochlorit-Dosierung<br />
Bei elektrolytischer Herstellung vor Ort<br />
100<br />
90<br />
100<br />
90<br />
Chlorat im Beckenwasser<br />
mg/l<br />
r<br />
e<br />
s<br />
a<br />
w<br />
n<br />
e<br />
k<br />
c<br />
e<br />
B<br />
im<br />
t<br />
r<br />
a<br />
lo<br />
h<br />
C<br />
/l<br />
g<br />
m<br />
in<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
min<br />
Mittelwert<br />
max<br />
Chlorat im Beckenwasser<br />
mg/l<br />
80<br />
70<br />
60<br />
a sser B eckenw min<br />
50<br />
i nmg/l Mittelwert<br />
40<br />
max<br />
Cl oratim h 30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Hallenbad<br />
(n = 121)<br />
Kombibad<br />
(n = 18)<br />
Freibad<br />
(n = 72)<br />
0<br />
Hallenbad<br />
(n = 64)<br />
Kombibad<br />
(n = 5)<br />
Freibad<br />
(n = 19)<br />
Dygutsch & Kramer: Chlorit und<br />
Chlorat. AB Archiv des<br />
Badewesens 03/2012<br />
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25
Bromat:<br />
toxikologisches Profil<br />
• Schädigt die Nierentubuli<br />
• Nicht gentoxisches Kanzerogen<br />
Einstufung der IARC: „möglicherweise<br />
kanzerogen beim Menschen“<br />
‣ TDI 3 µg/kg<br />
‣ Abgeleiteter Trinkwasser-Leitwert: 0,01 mg/l (TrinkwV)<br />
‣ Abgeleiteter Leitwert für das Badebeckenwasser: 2 mg/l<br />
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26
Ableitung des Leitwertes für Bromat<br />
LOAEL Ratte<br />
= 30 mg/ kg für unspezifische, nichtkarzinogene Wirkungen<br />
NOAEL Ratte<br />
= 3 mg/ kg (Extrapolationsfaktor EF LOAEL/NOAEL<br />
= 10)<br />
NOAEL Ratte/ Mensch<br />
= 0,3 mg/ kg (EF = 10)<br />
Ratte/ Mensch<br />
NOAEL Mensch/ mensch<br />
= 0,03 mg/ kg (EF Mensch/ mensch<br />
= 10)<br />
+ zusätzlicher Sicherheitsfaktor von 10<br />
TDI Bromat<br />
= 3 µg/KG oder K d, Bromat<br />
= 210 µg/ Person und Tag<br />
Annahme: 2 l Trinkwasser / Tag und GW TW 0,01 mg/l<br />
100 ml Badewasser/ Tag = 2 mg/l<br />
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27
Bromat-Eintrag<br />
in das Schwimmbeckenwasser<br />
• Bei Ozon-Aufbereitung (Bedingung: Bromid im Füllwasser)<br />
- Besonders in Meerwasser- oder Solebädern<br />
Br - + O 3<br />
→ BrO - + O 2<br />
BrO - + O 3<br />
→ BrO 2-<br />
+ O 2<br />
BrO 2-<br />
+ O 3<br />
→ BrO 3-<br />
+ O 2<br />
• Bei Desinfektion mit Brom<br />
Unterbromige Säure disproportioniert zu Bromat<br />
• Bei Chlorung von Bromid-haltigen Wässern<br />
- Besonders in Meerwasser- oder Solebädern<br />
• Bei Verwendung von Chlorbleichlauge aus dem Gebinde<br />
Natriumchlorid-Salze, die zur Herstellung von Chlorbleichlauge verwendet<br />
werden, können Spuren von Bromid enthalten. Bei Lagerung entsteht durch<br />
Disproportionierung unterbromiger Säure Bromat.<br />
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28
Möglichkeiten der Bromat-Minimierung<br />
‣ Kein Abbau und keine Entfernung durch Flockung oder Adsorption<br />
‣ Sukzessive Anreicherung; Maximalkonzentrationen im Jahresverlauf<br />
abhängig vom Eintrag und vom Frischwasseraustausch<br />
‣ Eventuell Abbau durch UV-Bestrahlung möglich<br />
(keine Praxiserfahrungen im Badebeckenwasser;<br />
Untersuchungsergebnisse fehlen noch)<br />
‣ Ausreichender Frischwasseraustausch !<br />
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29
Arsen<br />
Toxikologisches Profil: akut toxisch, kanzerogen<br />
Eintrag ins Badebeckenwasser über arsenhaltiges Füllwasser<br />
• Als Arsenit ([AsO 3<br />
] 3− ) und Arsenat ([AsO 4<br />
] 3− )<br />
• Geogen bedingt, relevant z.B. bei Heil- und Thermalwasser<br />
Abhilfe durch Voraufbereitung des Füllwassers<br />
• Oxidation mit anschließender Adsorption oder granuliertes Eisenoxid<br />
• Teilweise auch durch Flockungsfiltration (Mitfällungs-Reaktion) mit<br />
Eisen- und Aluminium-haltigen Flockungsmitteln und anschließender<br />
Abtrennung über Sandfiltration<br />
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30
Säurekapazität<br />
ein „alter“ Parameter; neu in Tabelle 2<br />
Definition: Fähigkeit des Wassers, den pH-Wert bei Säure- oder Baseeintrag stabil<br />
zu halten (beruht auf Hydrogencarbonat-Konzentration im Wasser)<br />
Hydrogencarbonat-Ionen werden durch Säurenzugabe abgebaut<br />
z.B. durch Chlorgasdosierung oder durch pH-Regulierung nach Zugabe von<br />
basischer Chlorbleichlauge<br />
Folge zu geringer Säurekapazität<br />
• Starke pH-Wert-Schwankungen; pH-Einstellung ist erschwert<br />
(negativ für Flockung und Desinfektion)<br />
• Korrosionserscheinungen (Fugen, Mörtel, Beton, metallische Werkstoffe)<br />
Abhilfe:<br />
• Füllwasserzugabe (bei hartem Füllwasser)<br />
• Marmorturm (besonders günstig in Kombination mit Chlorgas)<br />
• Dosierung von Natriumhydrogencarbonat<br />
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31
Säurekapazität<br />
ein „alter“ Parameter; neu in Tabelle 2<br />
Anforderungen an das Beckenwasser<br />
<strong>DIN</strong> <strong>19643</strong> (1997)<br />
• Allgemein: 0,7 mmol/l<br />
• Sonderregelung für Warmsprudelbecken mit eigener Aufbereitung: 0,3 mmol/l<br />
<strong>DIN</strong> <strong>19643</strong> (2012)<br />
• Bei Flockung mit Produkten der Basizität ≤ 65%: 0,7 mmol/l<br />
• Bei Flockung mit Produkten der Basizität > 65%: 0,3 mmol/l<br />
• Sonderregelung für Warmsprudelbecken mit eigener Aufbereitung: 0,3 mmol/l<br />
• Ohne Flockung: 0,3 mmol/l<br />
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32
Oxidierbarkeit<br />
Summenparameter für die organische Belastung<br />
Forderung der <strong>DIN</strong> <strong>19643</strong>: Minimierung von Desinfektionsnebenprodukten<br />
Möglichst geringe organische Belastung ermöglicht geringe Chlorzugabe<br />
• Bewertung des Aufbereitungserfolgs (Füllwasserbezug)<br />
<strong>DIN</strong> <strong>19643</strong> (1997)<br />
Beckenwasser<br />
Filtrat<br />
Reinwasser<br />
<strong>DIN</strong> <strong>19643</strong> (2012)<br />
0,75 mg/L O2 über Füllwasserkonzentration<br />
Füllwasserkonzentration<br />
Füllwasserkonzentration<br />
Beckenwasser 0,75 mg/l O2 über Füllwasserkonzentration **<br />
Filtrat*<br />
0,50 mg/l O2 über Füllwasserkonzentration**<br />
Reinwasser 0,50 mg/l O2 über Füllwasserkonzentration**<br />
* Filtratwert berücksichtigen, falls niedriger als Füllwasserwert<br />
** Ggf. Mischung aus primärem und sekundärem Füllwasser berücksichtigen<br />
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33
Füllwasser<br />
neue Definitionen und Vorgaben<br />
Primäres Füllwasser<br />
• Trinkwasser oder Brunnenwasser<br />
- Eisen: 0,1 mg/ l<br />
- Mangan: 0,05 mg/l<br />
- Ammonium: 0,5 mg/l (früher 2 mg/l)<br />
- Phosphat: bekannt u. gering<br />
- Arsen: gering<br />
- Huminstoffe: gering<br />
- Bromid: gering<br />
- Mikrobiologie: gem. TrinkwV<br />
Sekundäres Füllwasser<br />
• Betriebswasser Typ1, aufbereitet aus<br />
Filterspülabwasser gemäß <strong>DIN</strong> 19645<br />
- Freies Chlor: ≥ 0,3 mg/ l<br />
- Chlorat: ≤ 5 mg/l<br />
- Bromat: ≤ 0,2 mg/l<br />
- THM: ≤ 0,020 mg/l<br />
- AOX: ≤ 0,1 mg/l<br />
- Oxidierbarkeit: ≤ 5 mg/l O 2<br />
- K s4,3 : mind. 0,7 mmol/l<br />
- Trübung: ≤ 0,2 FNU<br />
- Mikrobiologie: gem. TrinkwV<br />
‣ Sekundäres Füllwasser darf maximal einen Anteil von 80% am gesamten<br />
Füllwasser haben!<br />
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Zusammenfassung – Teil 1<br />
• Allen Untersuchungsparametern sind Analysemethoden zugeordnet<br />
(analog zur TrinkwV )<br />
Mikrobiologische Parameter<br />
• Der Parameter Koloniezahl bei 20°C entfällt<br />
• Für Legionellen wurden Maßnahmewerte eingeführt, die bei Auffälligkeiten im<br />
Beckenwasser eine Ursachenbehebung notwendig machen (i.d.R. Filtersanierung),<br />
Badbetreiber aber vor einer kurzfristigen Schließung bewahren.<br />
• <strong>Die</strong> Analytik der Legionellen im Badewasser erfolgt nun analog zur Trinkwasseranalytik<br />
(u.a. einheitliches Bezugsvolumen von 100 ml; Nachweis von Legionella species)<br />
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Zusammenfassung – Teil 2<br />
Drei neue chemische Parameter<br />
Chlorit+Chlorat und Bromat wurden als anorganische Desinfektionsnebenprodukte in Tabelle 2<br />
aufgenommen. Für die Einhaltung der oberen Werte im Beckenwasser gilt eine<br />
Übergangsfrist von 5 Jahren.<br />
Chlorat reichert sich bei Verwendung von Chlorbleichlauge im Beckenwasserkreislauf an.<br />
Kritische Zusatzfaktoren sind direkte Sonneneinstrahlung (Freibad) und/oder Maßnahmen<br />
zur Einsparung von Frischwasser.<br />
Bromat entsteht bei der Oxidation von Bromid. Richtwertüberschreitungen sind möglich bei<br />
Aufbereitung mit Ozon, in Sole- und Meerwasserbädern, bei Desinfektion mit Brom oder bei<br />
Verwendung von Chlorbleichlauge aus Gebinden.<br />
Arsen kann geogen bedingt über das Füllwasser ins Beckenwasser gelangen. Abhilfe schafft<br />
die Voraufbereitung des Füllwassers.<br />
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Zusammenfassung – Teil3<br />
Änderungen, Neueinstufungen<br />
Der altbekannte Parameter „Säurekapazität“ wurde in Tabelle 2 aufgenommen. Der früher<br />
geforderte Mindestwert von 0,7 mmol/l gilt nur noch bei Verwendung von Flockungsmitteln<br />
mit geringer Basizität. Ansonsten gilt ein Wert von 0,3 mmol als ausreichend.<br />
<strong>Die</strong> Oxidierbarkeit als Parameter zur Bewertung des Aufbereitungserfolgs wurde an aktuelle<br />
Erkenntnisse angepasst. Der Wert im Reinwasser darf nun höher sein als im Füllwasser<br />
(0,50 mg/l O2 + Füllwasserwert). Im Beckenwasser bleibt der obere Wert von 0,75 mg/l O2<br />
über dem Füllwasserwert.<br />
<strong>Die</strong> Begriffe primäres und sekundäres Füllwasser wurden eingeführt. Bei sekundärem<br />
Füllwasser handelt es sich um Betriebswasser Typ 1, das gem. <strong>DIN</strong> 19645 aufbereitet<br />
wurde. Sekundäres Füllwasser darf maximal 80% des gesamten Füllwassers stellen.<br />
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