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Stellungnahme von "foraus" zur Stimmenthaltung der ... - Infosperber

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Arbeitsverweigerung ist keine Lösung –<br />

Die Schweiz muss in <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> palästinensischen Staatlichkeit endlich Farbe bekennen<br />

Die UNESCO hat diese Woche Palästina als Mitglied aufgenommen. Die Schweiz hat sich bei <strong>der</strong><br />

Abstimmung <strong>der</strong> Stimme enthalten. Die offizielle und formalistische Begründung des EDA greift zu<br />

kurz. Es ist unverständlich, dass die Schweiz in <strong>der</strong> zentralen Frage <strong>der</strong> Staatlichkeit Palästinas noch<br />

keine Position entwickelt hat. Sie sollte das dringend nachholen.<br />

Am vergangenen Montag stimmten die Mitgliedstaaten <strong>der</strong> UNESCO mit überwiegendem Mehr dem<br />

Beitrittsantrag Palästinas zu. Das Bestreben Palästinas, Mitglied <strong>der</strong> UNESCO zu werden, ist als Teil<br />

einer breit angelegten diplomatischen Initiative zu mehr internationaler Anerkennung <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>aten<br />

palästinensischen Führung unter Präsident Mahmoud Abbas zu verstehen. Da <strong>der</strong> Beitrittsprozess in<br />

die UNO stockt, streben die Palästinenser den Beitritt in den in Sachen Mitgliedschaft selbständigen<br />

UNO-Son<strong>der</strong>organisationen und weiteren internationalen Organisationen an.<br />

Die offizielle Schweiz tut sich schwer<br />

Nun hat die UNESCO als erste dieser Institutionen einen Entscheid gefällt und Palästina<br />

aufgenommen. Die Schweiz hat sich <strong>der</strong> Stimme enthalten. Ein Positionsbezug pro o<strong>der</strong> contra<br />

UNESCO-Mitgliedschaft Palästinas wäre als klares Signal zu werten gewesen ob die Schweiz Palästina<br />

als Staat betrachtet o<strong>der</strong> nicht. Die offizielle Schweizer Begründung für das Abstimmungsverhalten<br />

lautete, dass die UNESCO nicht <strong>der</strong> geeignete Ort sei, um über die Staatlichkeit Palästinas zu<br />

entscheiden. Als geeignetes Gremium für diesen Entscheid betrachtet die Schweiz wohl die UNO-<br />

Generalversammlung, wo möglicherweise im Verlauf <strong>der</strong> nächsten Wochen und Monate über eine<br />

Statusaufwertung Palästinas zum Beobachterstaat abgestimmt wird. Die Enthaltung in <strong>der</strong> UNESCO-<br />

Abstimmung sowie die fehlende inhaltlich basierte Begründung sind ein weiterer Hinweis darauf,<br />

dass die Schweiz offensichtlich nach wie vor keine Position in dieser brennenden Frage hat.<br />

Das ist einigermassen erstaunlich. Denn erstens ist <strong>der</strong> Umgang mit dem internationalen Status<br />

Palästinas seit Monaten eine breit diskutierte Frage in <strong>der</strong> internationalen und nationalen Politik. Der<br />

Bundesrat hätte Zeit genug gehabt, sich auf eine Position festzulegen. Zweitens bestand Ende<br />

September in <strong>der</strong> UNO-Vollversammlung die reale Möglichkeit, dass die Palästinenser ihren Antrag<br />

auf Statusaufwertung direkt in die UNO-Generalversammlung eingebracht hätten. In diesem Fall<br />

hätte die Schweiz innerhalb weniger Stunden eine Position aus dem Hut zaubern müssen. Dass es für<br />

dieses Szenario anscheinend keine inhaltlich begründete Strategie gab, die im jetzigen Fall hätte <strong>zur</strong><br />

Anwendung kommen können, ist befremdlich. Drittens dürften <strong>der</strong> UNESCO noch Abstimmungen<br />

über die palästinensische Mitgliedschaft in einer Reihe weiterer Organisationen folgen – unabhängig<br />

da<strong>von</strong> ob und wann sich die Palästinenser an die UNO-Generalversammlung wenden. Je länger die<br />

Schweiz sich weigert Farbe zu bekennen, desto mehr setzt sie die Glaubwürdigkeit ihrer<br />

Nahostpolitik aufs Spiel.<br />

Wo liegt das Problem?<br />

In dieser Frage dringen nur sehr spärliche Informationen über den Entscheidungsfindungsprozess des<br />

Bundes an die Öffentlichkeit. Warum sich die offizielle Schweiz so schwer tut, kann nur spekuliert<br />

werden. An sich obliegt es <strong>der</strong> Kompetenz des EDA, das Abstimmungsverhalten <strong>der</strong> Schweiz in den<br />

genannten Gremien festzulegen. Über eine dadurch präjudizierte nachfolgende bilaterale<br />

Anerkennung Palästinas als Staat müsste jedoch <strong>der</strong> Gesamtbundesrat entscheiden. Während das


EDA und seine Departements-Chefin einer Anerkennung Palästinas positiv gegenüberzustehen<br />

scheinen, ist es kein Geheimnis, dass die Mehrheitsverhältnisse im Gesamtbundesrat an<strong>der</strong>s gelagert<br />

sind.<br />

Die wahrscheinlichste Erklärung für den Nicht-Positionsbezug <strong>der</strong> Schweiz ist also folgende:<br />

Einerseits möchte sich die Bundespräsidentin und Departements-Chefin des EDA in dieser heiklen<br />

Frage nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und ihre Bundesratskolleginnen und –Kollegen durch die<br />

offene Unterstützung Palästinas vor den Kopf stossen. An<strong>der</strong>erseits will sie keinen ablehnenden<br />

Entscheid des Bundesrates riskieren und vermeidet es daher, die Diskussion in den Bundesrat zu<br />

tragen.<br />

Die Unterstützung <strong>der</strong> palästinensischen Staatlichkeit ist vordringlich<br />

Doch ob die Schweiz will o<strong>der</strong> nicht, sie wird in den nächsten Wochen Position beziehen müssen. In<br />

einem foraus-Diskussionspapier haben wir bereits vor knapp drei Monaten dargelegt, dass wer<br />

weiterhin an eine Zweistaatenlösung glaubt, Palästina als Staat anerkennen sollte. Diese Analyse hat<br />

sich in den Wochen seit dem Auftritt <strong>von</strong> Palästinenserpräsident Abbas vor <strong>der</strong> UNO Ende September<br />

durch die Entwicklungen in <strong>der</strong> Region bestätigt. Israel weitet den Siedlungsbau aus und möchte nun<br />

auch den Bau einer neuen Siedlung zwischen Jerusalem und Bethlehem vorantreiben, was die<br />

Isolation Ostjerusalems vom Rest des Westjordanlands beschleunigen würde. Gleichzeitig sind die<br />

Palästinenser und allen voran ihr Präsident frustriert über die fehlende internationale Unterstützung<br />

für ihre Anliegen. Abbas scheint den Glauben zu verlieren, dass bei Verhandlungen für Palästina mehr<br />

als eine Art Bantustan – geschweige denn ein lebensfähiger Staat – herausspringen würde und<br />

weigert sich standhaft, an den Verhandlungstisch <strong>zur</strong>ückzukehren ohne dass Israel den Siedlungsbau<br />

einstellt.<br />

In dieser scheinbar ausweglosen Situation ist eine Unterstützung <strong>der</strong> palästinensischen Bemühungen<br />

für internationale Anerkennung eine <strong>der</strong> wenigen verbleibenden Möglichkeiten, die Perspektive<br />

einer Zweistaatenlösung am Leben zu erhalten. Da ist es sekundär, ob dies nun vor <strong>der</strong> UNESCO o<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> UNO-Generalversammlung geschieht. Die Schweiz soll daher dem Beispiel Norwegens,<br />

Finnlands, Österreichs und an<strong>der</strong>er Europäischer Staaten folgen und überzeugt für eine stärkere<br />

internationale Anerkennung Palästinas einstehen - alles an<strong>der</strong>e wäre ein Armutszeugnis für die<br />

Schweizer Aussenpolitik.

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