Faschismus-Theorien (II) - Instituts für kritische Theorie (InkriT)
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niger als im gleichen Monat des Vorjahres. Die industrielle Gesamtproduktion<br />
war im gleichen Zeitraum um rund 20 °/o gestiegen.<br />
Die Initialzündung hatte funktioniert; bei weiterer staatlich^<br />
Hilfeleistung hätte der vollen Entfaltung der Unternehmerkonjunktur<br />
nichts mehr im Wege gelegen. Doch gerade dieser<br />
Anfangserfolg ließ Hitler sofort den nächsten Schritt auf sein<br />
eigentliches Ziel hin tun. Ihm lag nichts an der Erhöhung der<br />
privaten Investitionen und des privaten Verbrauchs. Seinem<br />
Griff nach der Weltmacht konnte die Wirtschaft nur dienen,<br />
wenn sie ihm die Mittel <strong>für</strong> eine gigantische Aufrüstung zur Verfügung<br />
stellte. Den vorsichtig eingesetzten Sporen der neuen<br />
Machthaber hatte sie sich 1933 sehr willig gezeigt. Schon im<br />
Spätsommer 1933 fühlte sich Hitler auch der Wirtschaft gegenüber<br />
sicher. Vom Frühjahr 1934 an wurden die auslaufenden<br />
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch rasch steigende Rüstungsaufträge<br />
des Staates ersetzt. Die Staatskonjunktur trat an die<br />
Stelle der Unternehmerkonjunktur. Ende Juni 1934 übernahm<br />
Hjalmar Schacht, seit März 1933 Reichsbankpräsident, auch das<br />
Wirtschaftsministerium. Bis zum Herbst 1936 fällte Schacht die<br />
wirtschaftspolitischen Entscheidungen des Regimes. Er hatte die<br />
Aufgabe, Vollbeschäftigung durch Rüstungsausgaben zu erreichen<br />
und Deutschland dabei durch die unvermeidliche Devisenund<br />
Rohstoffkrise zu schleusen. Zugleich war Schacht der Vertrauensmann<br />
der Industrie und der Banken, durchaus gewillt,<br />
die Interessen der Unternehmer gegenüber der Willkür von Parteiführern<br />
zu schützen. Unter Schacht entstand ein Lenkungsinstrument,<br />
das die Wirtschaft dem Staatswillen unterwarf, aber<br />
zugleich den Unternehmer, vor allem den Großunternehmer, gegenüber<br />
der Arbeiterschaft und dem Kleinunternehmer privilegierte.<br />
Ein auf Rohstoff einfuhren angewiesenes Land, das eine Depression<br />
durch Aufrüstung bekämpft, begibt sich auf einen sehr gefährlichen<br />
Weg. Volkswirtschaftlich gesehen bedeutet Rüstungsproduktion<br />
reine Verschwendung, es sei denn, man verkaufte die<br />
Rüstungsgüter ans Ausland. Eine volkswirtschaftlich sinnvolle<br />
Konjunkturpolitik hätte in den Jahren nach 1933 erstens den<br />
deutschen Export fördern, zweitens öffentliche Aufgaben wie<br />
Straßenbau, Wohnungsbau und Schulbau erfüllen und drittens<br />
die Produktion von Investitionsgütern zur Ausweitung der Konsumgütererzeugung<br />
anregen müssen. Durch eine solche Kombination<br />
der Maßnahmen hätte man die notwendigen Einfuhren<br />
bezahlen, dringende öffentliche Aufgaben erfüllen, die Einkommen<br />
erhöhen und der steigenden Kaufkraft eine entsprechende<br />
Verbrauchsgüterproduktion gegenüberstellen können. Zu einer<br />
Inflation hätte eine solche Politik nicht zu führen brauchen,<br />
auch wenn sie durch Kreditschöpfung finanziert worden wäre,<br />
da bis 1936 ungenutzte Produktionsmittel vorhanden waren.<br />
In Deutschland aber wurden durch ein riesiges Haushaltsdefizit<br />
vorwiegend Rüstungsausgaben finanziert. Von 1933 bis 1936 waren<br />
die Rüstungsausgaben höher als die Zunahme der gesamten<br />
schwebenden und konsolidierten Reichsschuld: die Reichsschuld<br />
stieg um etwa 13,5 Mrd. Mark, die reinen Rüstungsausgaben betrugen<br />
im gleichen Zeitraum über 18 Mrd. Mark. Da das Volkseinkommen<br />
1936 63 Mrd. Mark betrug, umfaßte das Defizit des<br />
Staatshaushaltes 1936 etwa 10 °/o des Volkseinkommens. Was das<br />
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