Kuhstall dient als Hi-Fi-Klangstudio - doerr-heinevetter.de
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<strong>Kuhstall</strong> <strong>dient</strong> <strong>als</strong> <strong>Hi</strong>-<strong>Fi</strong>-<strong>Klangstudio</strong><br />
Zwei junge Ingenieure aus A<strong>de</strong>ndorf stellen Lautsprechergehäuse aus Ton her - Die<br />
handgefertigten Produkte sind auch <strong>als</strong> Design-Objekte gedacht - Oberfläche nach Wahl<br />
Von Mathias Nofze<br />
Ihre tönernen Lautsprecher präsentieren Joachim Dörr und Peter Heinevetter (rechts) in ihrem<br />
"Tonstudio". Foto: Friese<br />
Wachtberg-A<strong>de</strong>norf. "Der gute Ton aus<br />
A<strong>de</strong>ndorf" - so knapp lässt sich die 250jährige<br />
Töpfertradition zusammenfassen.<br />
Seit einigen Monaten hat <strong>de</strong>r Satz jedoch<br />
einen Doppelsinn erhalten. Neben<br />
salzglasierten Töpfen verlassen jetzt<br />
auch Lautsprecher <strong>de</strong>r Spitzenklasse die<br />
A<strong>de</strong>ndorfer Produktionsstätten, genauer:<br />
die Werkstatt <strong>de</strong>r Töpferei Dörr und<br />
Heinevetter.<br />
Lautsprecher aus Ton? Da wer<strong>de</strong>n<br />
eingefleischte <strong>Hi</strong>-<strong>Fi</strong>-Fans vermutlich die<br />
Stirn runzeln. Aber für Peter Heinevetter,<br />
Juniorchef <strong>de</strong>r gleichnamigen<br />
alteingesessenen Töpferei, liegt nichts<br />
näher. Schließlich geht es um<br />
Lautsprechergehäuse und nicht um<br />
Hoch- o<strong>de</strong>r Tieftöner. Letztere bezieht die<br />
<strong>Fi</strong>rma von renommierten Herstellern. Aber für die Gehäuse sei Ton <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ale Werkstoff, <strong>de</strong>nn "die<br />
hohe Dichte und kristalline Struktur <strong>de</strong>s gesinterten Materi<strong>als</strong> verhin<strong>de</strong>rn stören<strong>de</strong> Eigenresonanzen",<br />
wie es im Prospekt <strong>de</strong>r <strong>Fi</strong>rma heißt.<br />
Um ihre Produkte in angemessenem Rahmen vorführen zu können, haben die bei<strong>de</strong>n Tüftler einen<br />
ehemaligen <strong>Kuhstall</strong> in <strong>de</strong>r Kirchstraße zum <strong>Hi</strong>-<strong>Fi</strong>-<strong>Klangstudio</strong> umgebaut. Dort stehen die fertigen<br />
Lautsprecher "Lunatus" und "Turris" auf massiven Stän<strong>de</strong>rn vor <strong>de</strong>n alten Backsteinwän<strong>de</strong>n und<br />
wirken auf <strong>de</strong>n ersten Blick wie rätselhafte Kunstobjekte einer frem<strong>de</strong>n Kultur. Der kugelförmige<br />
"Sonus", <strong>de</strong>r Sub-Woofer in <strong>de</strong>r Lautsprecherfamilie, schwebt wie ein Planet unter <strong>de</strong>r Decke.<br />
Ein echter "<strong>Hi</strong>ngucker", so Joachim Dörr, sei <strong>de</strong>r "Lunatus", ein circa 50 Kilogramm schwerer und ein<br />
Meter hoher Lautsprecher in Sichelform, Nennleistung 80 Watt, zum Preis von 4 100 Euro pro Paar<br />
(kleines Paar 2000 Euro). Er ist so gelagert, dass <strong>de</strong>r oben angebrachte Hochtöner nicht mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>m<br />
unten montierten Tieftöner in einer Ebene liegt, son<strong>de</strong>rn um einige Zentimeter zurückspringt. Hohe<br />
Frequenzen, so Dörr, die sich schneller bewegen, treffen auf diese Weise zeitgleich mit <strong>de</strong>n<br />
langsameren tiefen Frequenzen auf das Ohr <strong>de</strong>r Hörers. Ziel sei eine möglichst "natürliche<br />
Wie<strong>de</strong>rgabe".<br />
Und einmal in Fahrt gekommen, schwärmt <strong>de</strong>r <strong>Hi</strong>-<strong>Fi</strong>-Tüftler auch von <strong>de</strong>r Halbmondform <strong>de</strong>s<br />
"Lunatus", durch die sich <strong>de</strong>r Klang rund um die Membranen beinahe kugelförmig entfalten kann. Der<br />
Hörer müsse <strong>als</strong>o nicht wie angewurzelt im "I<strong>de</strong>alpunkt" hocken bleiben. "Lunatus" war das erste<br />
Produkt, das die bei<strong>de</strong>n Jungunternehmer entwickelten.<br />
Dam<strong>als</strong> waren sie noch Stu<strong>de</strong>nten am Fachbereich Keramik <strong>de</strong>r FH Koblenz in Höhr-Grenzhausen. Im<br />
Seminar "Industrielle Formgestaltung" ließ ihre I<strong>de</strong>e, ein Lautsprechergehäuse aus Ton zu bauen,<br />
aufhorchen. Doch <strong>de</strong>r Sinn <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n <strong>Hi</strong>-<strong>Fi</strong>-Freaks für guten Ton im doppelten Sinn führte nicht direkt<br />
zur eigenen <strong>Fi</strong>rma.<br />
Zunächst sammelten sie Berufserfahrung in verschie<strong>de</strong>nen <strong>Fi</strong>rmen. Erst <strong>als</strong> sich für Peter Heinevetter<br />
die Chance bot, <strong>de</strong>n elterlichen Betrieb zu übernehmen, wagten die bei<strong>de</strong>n 2003 <strong>de</strong>n Sprung in die<br />
Selbstständigkeit. Dass Produktionsmaschinen vorhan<strong>de</strong>n waren, habe die Entscheidung natürlich<br />
erleichtert, so Heinevetter, <strong>de</strong>nn an <strong>de</strong>r Verarbeitung <strong>de</strong>s Tons vom Rohstoff bis zum fertigen<br />
Werkstoff habe sich schließlich nichts geän<strong>de</strong>rt. Allerdings haben die bei<strong>de</strong>n Ingenieure spezielle<br />
Gipsformen und eine raffinierte Drehbank entwickelt. Nähere Einzelheiten bleiben Betriebsgeheimnis.<br />
Die technisch-akustische Qualität ihrer "<strong>Hi</strong>gh-End Produkte" hat sich das Duo von einem neutralen
Labor bestätigen lassen, über die Ästhetik <strong>de</strong>r Kreationen müssen die Kun<strong>de</strong>n entschei<strong>de</strong>n. Denn die<br />
Lautsprecher, je<strong>de</strong>r ein handgefertigtes Produkt, mel<strong>de</strong>n auch Anspruch <strong>als</strong> Design-Objekte an,<br />
brauchen in einem großzügig dimensionierten Wohnzimmer entsprechen<strong>de</strong>n Freiraum.<br />
Bei <strong>de</strong>r Oberflächengestaltung können die Kun<strong>de</strong>n mitbestimmen und unter verschie<strong>de</strong>nen<br />
Glasurvarianten wählen. "Wer seinen Lautsprecher unbedingt in Glanzlack haben möchte, bekommt<br />
ihn", verspricht Dörr, macht aber keinen Hehl daraus, dass die Naturtöne ihm passen<strong>de</strong>r erscheinen.<br />
"Wir erleben auf Ausstellungen oft, dass die Leute die Oberfläche streicheln, weil sie glauben, es sei<br />
Holz." Die Jungunternehmer hoffen, 2004 "30 bis 40" Stück absetzen zu können.<br />
Weitere Informationen unter <strong>de</strong>r Rufnummer (0 22 25) 78 90 und www.<strong>doerr</strong>-<strong>heinevetter</strong>.<strong>de</strong>.<br />
(21.01.2004)