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4.3 Das Trägheitsmoment eines starren Körpers

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<strong>4.3</strong>- 1<br />

<strong>4.3</strong> <strong>Das</strong> <strong>Trägheitsmoment</strong> <strong>eines</strong><br />

<strong>starren</strong> <strong>Körpers</strong><br />

<strong>4.3</strong>.1 Der Trägheitstensor<br />

Man kann einen <strong>starren</strong> Körper als eine Gesamtheit von Teilchen ansehen,<br />

deren Abstände unveränderlich sind. Dieses spezielle System bewahrt während<br />

der Bewegung seine Gestalt. Wenn dieses System („starrer Körper“) sich um<br />

eine starre Achse dreht, beschreiben alle seine „Teilchen“ Kreise mit gleichen<br />

Winkelgeschwindigkeiten.<br />

Der gesamte Drehimpuls des <strong>Körpers</strong> ist<br />

Schon im letzten Abschnitt sprachen wir vom Drehimpuls <strong>eines</strong> Teilchensystems,<br />

aber mit der Einschränkung, dass sich alle Teilchen um die z-Achse<br />

drehen sollen. Im allgemeinen Fall, wenn die Drehung um eine beliebige Achse<br />

stattfindet, haben wir die beiden Vektorprodukte in Gl. (1) auszuwerten. Mit<br />

MuPAD erhalten wir<br />

(1)<br />

<br />

reset():<br />

mat:=Dom::Matrix():export(linalg):<br />

r:=mat([[x[i],y[i],z[i]]])://Vektor r<br />

w:=mat([[wx,wy,wz]])://Vektor omega<br />

lo:=crossProduct(r,crossProduct(w,r));//ohne die<br />

Massen mi<br />

lox:=lo[1,1]://Komponente-x von lo<br />

loy:=lo[1,2]:<br />

loz:=lo[1,3]:<br />

factor(lox);<br />

factor(loy);<br />

factor(loz)<br />

1


<strong>4.3</strong>- 2<br />

Ergebnisse:<br />

array(1..1, 1..3,<br />

(1, 1) = - (wy x[i] - wx y[i]) y[i] - (wz x[i] - wx z[i])<br />

z[i],<br />

(1, 2) = (wy x[i] - wx y[i]) x[i] - (wz y[i] - wy z[i])<br />

z[i],<br />

(1, 3) = (wz x[i] - wx z[i]) x[i] + (wz y[i] - wy z[i])<br />

y[i])<br />

vereinfacht:<br />

wx y[i] 2 + wx z[i] 2 - wy x[i] y[i] - wz x[i] z[i]<br />

wy x[i] 2 + wy z[i] 2 - wx x[i] y[i] - wz y[i] z[i]<br />

wz x[i] 2 + wz y[i] 2 - wx x[i] z[i] - wy y[i] z[i]<br />

Diese Ausdrücke müssen wir mit den Massen multiplizieren und anschließend<br />

addieren. Wenn wir die folgenden Terme einführen, vereinfacht sich das<br />

Ergebnis beträchtlich:<br />

I xx = ∑ m i (y i 2 + z i 2 ) I yy = ∑ m i (x i 2 + z i 2 ) I zz = ∑ m i (x i 2 + y i 2 )<br />

I xy = I yx = - ∑ m i x i y i I yz = I zy = - ∑ m i y i z i I zx = I xz = - ∑ m i x i z i<br />

Die drei Komponenten von L schreiben sich mit diesen Summen folgendermaßen:<br />

(2)<br />

L x = I xx ω x + I xy ω y + I xz ω z<br />

L y = I yx ω x + I yy ω y + I yz ω z<br />

L z = I zx ω x + I zy ω y + I zz ω z (3)<br />

2


<strong>4.3</strong>- 3<br />

Die neun Terme (2) können wir als Elemente der folgenden Matrix betrachten:<br />

(4)<br />

Die sechs Gleichungen (2) lassen sich durch eine Gleichung ausdrücken:<br />

(5)<br />

x 1 (k) , x 2 (k) , x 3 (k) sind die x-y-z-Koordinaten des k-ten Teilchens. <strong>Das</strong> Symbol ij<br />

ist das Kronecker-Delta. Für i ≠ j ist sein Wert 0, sonst ist er 1.<br />

Je nach Kontext nennt man eine Struktur wie (4) Matrix, Operator, Dyade oder<br />

Tensor (zweiter Ordnung). Ein Tensor 2. Ordnung ist demnach eine Größe, zu<br />

deren Darstellung neun Komponenten benötigt werden.<br />

In unserem Fall handelt es sich um einen symmetrischen Tensor, wie man an<br />

den Ausdrücken (2): I xy = I yx usw. sehen kann. Man kann einen Tensor auch<br />

definieren als eine Verallgemeinerung <strong>eines</strong> Vektors, den man als Tensor 1.<br />

Ordnung ansehen kann. Einen Vektor können wir geometrisch durch einen Pfeil<br />

darstellen. Später werden wir sehen, dass ein Tensor durch ein Ellipsoid dargestellt<br />

werden kann.<br />

Die Größen I xx , I yy , I zz sind die <strong>Trägheitsmoment</strong>e des <strong>Körpers</strong> in Bezug auf die<br />

angegebenen Achsen. Die Ausdrücke I xy , I xz , I yz heißen Trägheitsprodukte in<br />

Bezug auf die Koordinatenachsen. Eine Achse heißt Hauptträgheitsachse,<br />

wenn das zugehörige Trägheitsprodukt Null ist. I xx , I yy und I zz werden dann<br />

Hauptträgheitsmomente genannt.<br />

Die drei Gleichungen (3) können wir nun folgendermaßen schreiben:<br />

L A = I A·ω (6)<br />

A ist ein beliebiger Refernzpunkt, der mit dem Körper in Verbindung steht, z.B.<br />

das Massenzentrum (CM). Wir können diese Gleichung wie folgt interpretieren:<br />

Der Operator I wird auf den Vektor ω angewandt und erzeugt einen neuen<br />

Vektor L, dessen Richtung normalerweise nicht mit der von ω zusammenfällt,<br />

d.h. i. Allg. haben L und ω verschiedene Richtungen.<br />

Die Elemente I ij von (5) sind die Matrixelemente des Operators I.<br />

3


<strong>4.3</strong>- 4<br />

(Oft ist es sehr nützlich, die folgende Notation zu benutzen, die von Dirac in die<br />

Quantenmechanik eingeführt wurde. Wir schreiben dann statt (6) folgende<br />

Gleichung<br />

|L A > = I A |ω> (7)<br />

Die Symbole |L> und |ω> heißen Ket-Vektoren. Wir kommen auf diese<br />

Schreibweise zurück.)<br />

Für jeden Körper existieren wenigsten drei senkrechte Achsen, die Hauptachsen,<br />

die die Eigenschaft haben, dass L und ω parallel sind, falls die<br />

Drehung um eine dieser Hauptachsen erfolgt. Der Vektor ω der Winkelgeschwindigkeit<br />

liegt immer in der Drehachse. Bei einem symmetrischen Körper<br />

fallen die Hauptachsen mit einigen der Symmetrieachsen zusammen. Bei einer<br />

Kugel ist jede Achse, die durch ihren Mittelpunkt geht, eine Hauptachse. Bei<br />

einem zylindersymmetrischen Körper ist die Symmetrieachse eine Hauptachse.<br />

Die technische Bedeutung der Hauptachsen liegt darin, dass kein äußeres<br />

Drehmoment vorhanden sein muss, um den Körper in Rotation zu halten, falls<br />

seine Drehachse mit einer der Hauptachsen zusammenfällt. Ein starrer Körper,<br />

der sich um eine Hauptachse dreht, bewegt sich mit konstanter Winkelgeschwindigkeit,<br />

wenn kein äußeres Drehmoment wirkt.<br />

Wir können diesen Sachverhalt ansehen als Trägheitsgesetz der Drehbewegung.<br />

L = I · ω ist bei Drehbewegungen das, was p = m v bei der Translation ist.<br />

Der Tensor I stellt eine Art „Drehmasse“ dar. Aber I enthält nicht nur die träge<br />

Masse des rotierenden <strong>Körpers</strong>, er enthält auch Information über die Verteilung<br />

der Masse im Körper. Wenn der Körper nicht starr wäre, würde sich die Masseverteilung<br />

ändern, und die Bedingung I ω = konst. verlangt, dass dann, wenn<br />

I zu- oder abnimmt, ω ab- oder zunimmt. Dieser Tatbestand findet vielfache Anwendungen.<br />

Z.B. kann eine Schlittschuhläuferin (trifft auch auf Läufer zu) ihre<br />

Arme und Beine anlegen, um ihr <strong>Trägheitsmoment</strong> zu reduzieren und dadurch<br />

ihre Winkelgeschwindigkeit zu erhöhen. Wenn sie ihre Arme ausstreckt, vergrößert<br />

sich ihr <strong>Trägheitsmoment</strong>, und ihre Winkelgeschwindigkeit verringert sich.<br />

In Abschnitt 4.2 sahen wir die Beziehung M = dL/dt für das Drehmoment der<br />

äußeren Kräfte. Im Falle <strong>eines</strong> <strong>starren</strong> <strong>Körpers</strong> nimmt sie die folgende Form an<br />

M = dL/dt = d(I·ω)/dt = dI/dt · ω + I · dω/dt (8)<br />

Wenn die Komponenten des Trägheitstensors nicht von der Zeit abhängen,<br />

erhalten wir die folgende Gestalt des zweiten Newton´schen Gesetzes für einen<br />

<strong>starren</strong> Körper:<br />

(9)<br />

4


<strong>4.3</strong>- 5<br />

Im folgenden Beispiel werden wir den Trägheitstensor für ein Wassermolekül<br />

berechenen, das wir als <strong>starren</strong> Körper ansehen wollen.<br />

Die Entfernung H-O beträgt 0,96·10 -10 m = 0,096 nm. Der Winkel zwischen den<br />

beiden H-O-Bindungen beträgt 105 o .<br />

Bestimme die <strong>Trägheitsmoment</strong>e des Moleküls in Bezug auf sein Massenzentrum<br />

CM.<br />

Lösung:<br />

Zunächst bestimmen wir die Ortsvektoren der Atome in Bezug auf CM, den wir<br />

zugleich als Ursprung des Koordinatensystems ansehen wollen.<br />

Fig.: <strong>4.3</strong>-1<br />

Wir benutzen die Definition des CM, nämlich r cm = ∑m i r i / ∑m i := 0, und ein<br />

wenig Geometrie, z.B.: x/0,96 =sin 52,5 usw., und erhalten für die Ortsvektoren<br />

r(O) = (0, 0.065)·10 -10 m<br />

r(H links ) = (-0.76, -0.52)·10 -10 m<br />

r(H rechts ) = (0.76, -0.52)·10 -10 m<br />

Die y-Koordinate des Sauerstoffatoms beträgt –y/8, worin y die Koordinate des<br />

H-Atoms ist. Die Komponenten des Trägheitstensors berechnen wir mit<br />

MuPAD, indem wir die Beziehungen (2) benutzen.<br />

Der Faktor u enthält die Masse des Protons, 1,67·10 -24 g, und die Potenz<br />

(10 -8 cm) 2 = 10 -16 cm 2 .<br />

5


<strong>4.3</strong>- 6<br />

Die Trägheitsprodukte verschwinden, d.h. der Tensor hat Diagonalform, und<br />

man sagt, dass seine Matrix diagonalisiert ist. Die x-y-z-Achsen, für die die<br />

Trägheitsprodukte Null sind, sind die Hauptträgheitsachsen. Die Diagonalelemente<br />

I xx , I yy und I zz heißen Hauptträgheitsmomente oder auch Eigenwerte<br />

des Operators I.<br />

In unserem Fall sehen wir, dass die Koordinatenachsen Hauptträgheitsachsen<br />

sind. Ich wiederhole, dass es immer möglich ist, die Hauptträgheitsachsen für<br />

einen beliebigen dreidimensionalen <strong>starren</strong> Körper zu finden.<br />

<br />

reset()://H2O-Traegheitstensor<br />

DIGITS:=5:<br />

1.016e-40 cm 2 g<br />

1.9292e-40 cm 2 g<br />

2.9452e-40 cm 2 g<br />

0<br />

0<br />

0<br />

u:=1.67*10^(-40)*g*cm^2://Umwandlungsfaktor<br />

m[1]:=16:m[2]:=1:m[3]:=1://Massen<br />

r[1]:=matrix([[0,0.065,0]])://Lage des O-Atoms<br />

r[2]:=matrix([[-0.76,-0.52,0]]):// H-Atom<br />

r[3]:=matrix([[0.76,-0.52,0]]):// H-Atom<br />

Ixx:=(sum(m[i]*(r[i][2]^2+r[i][3]^2), i=1..3)*u);<br />

Iyy:=(sum(m[i]*(r[i][1]^2+r[i][3]^2), i=1..3)*u);<br />

Izz:=(sum(m[i]*(r[i][1]^2+r[i][2]^2), i=1..3)*u);<br />

Ixy:=-(sum(m[i]*(r[i][1]*r[i][2]), i=1..3)*u);<br />

Iyz:=-(sum(m[i]*(r[i][2]*r[i][3]), i=1..3)*u);<br />

Izx:=-(sum(m[i]*(r[i][3]*r[i][1]), i=1..3)*u);<br />

6


<strong>4.3</strong>- 7<br />

<strong>4.3</strong>.2 Der homogene symmetrische Körper<br />

Wenn der Körper eine homogene Massenverteilung hat, z.B. eine Billardkugel,<br />

haben wir die Summe durch ein Integral zu ersetzen (vgl. vorigen Abschnitt, Gl.<br />

(22) ). Statt der Summe (5)<br />

verwenden wir das Integral (10)<br />

(5)<br />

(10)<br />

Gl. (10) bezieht sich auf das Massenzentrum des <strong>Körpers</strong>, was durch den Index<br />

s bezeichnet wurde. So erhalten wir zum Beispiel<br />

I 11 := I xx = ∫dm(r 2 s - x 2 s,1) (11)<br />

Mit r 2 s := r 2 = x 2 1 + x 2 2 + x 2 3 := x 2 + y 2 + z 2 e x 2 s,1 := x 2 1 := x 2 , ergibt sich<br />

I xx = ∫(y 2 + z 2 ) dm (12)<br />

<strong>Das</strong> Massenelement dm ersetzen wir durch dm = ρ dV, wo ρ die Dichte ist.<br />

Wenn der Körper eine einfache Symmetrie hat, ist auch die Berechnung der<br />

Integrale einfach, vgl. 3.4.11, wo wir das Dreifachintegral I zz = ∫(x 2 + y 2 )ρdV für<br />

eine Kugel berechneten. Mit ρ = 1 erhielten wir das Resultat I zz = 8πR 5 /15.<br />

Ich wiederhole kurz, was ich schon 3.4.11 sagte:<br />

<strong>Das</strong> zu berechnende Integral war I zz = ∫(x 2 + y 2 )ρdxdydz, oder in Kugelkoordinaten:<br />

R 2<br />

4 3<br />

I<br />

zz<br />

r sin ( )<br />

dddr<br />

0 0 0<br />

(13)<br />

Mit der Schreiweise von MuPAD haben wir<br />

<br />

Izz:=rho*int(int(int(r^4*(sin(theta))^3,<br />

phi=0..2*PI),theta=0..PI),r=0..R)<br />

7


<strong>4.3</strong>- 8<br />

Wir erhielten also dasselbe Resultat, obgleich die Reihenfolge der Integration<br />

umgekehrt war.<br />

Im Falle einer Kugel mit ihrer vollkommenen Symmetrie können wir ein<br />

Dreifachintegral durch ein einfaches über r ersetzen. Um dies zu bewerkstelligen,<br />

müssen wir die Kugel in dünne Schalen zerlegen (vgl. Zwiebel!), wobei dr<br />

die Schalendicke ist. <strong>Das</strong> Volumenelement ist gleich dem Volumen einer<br />

Schale, d.h. dV = 4πr 2·dr.<br />

Wir schreiben I o := I xx = I yy = I zz und erhalten<br />

3I o = ρ∫(y 2 + z 2 )dV + ρ∫(x 2 + z 2 )dV + ρ∫(x 2 + y 2 )dV, d.h.<br />

I o = [2ρ∫(x2 + y2 + z 2 )dV]/3.<br />

Wir integrieren und erhalten:<br />

R<br />

<br />

4 5<br />

(14),<br />

0<br />

2 8<br />

I0<br />

4<br />

r dr R<br />

3 15<br />

also dasselbe Ergebnis wie vorher. I o ist das <strong>Trägheitsmoment</strong> in Bezug auf<br />

eine Achse, die durch CM geht. Alle Entfernungen müssen von dieser Achse<br />

aus gemessen werden.<br />

Wir berechnen jetzt das <strong>Trägheitsmoment</strong> <strong>eines</strong> homogenen Balkens in Bezug<br />

auf eine Achse, die senkrecht auf dem Balken steht und durch CM geht.<br />

Die Länge des Balkens sei L und überall vom gleichen Querschnitt S. Wenn M<br />

seine Masse ist, haben wir ρ = dm/dV = M/V = M/(SL).<br />

Wir schneiden den Balken in dünne Scheiben der Dicke dx mit dem Abstand x<br />

von der Achse. Mit dV = S dx haben wir dm = Mdx/L. <strong>Das</strong> Integral reicht von -<br />

L/2 bis +L/2:<br />

L/2 L/2<br />

2 M 2<br />

I0<br />

x dm 2<br />

x dx<br />

L<br />

D.h.: I o = ML 2 /12.<br />

L/2 0<br />

Wenn die Achse durch den Endpunkt A geht, müssen wir von 0 bis L integrieren,<br />

und das Ergebnis ist I A = ML 2 /3, d.h. viermal so groß wie vorhin.<br />

Die Berechnung von <strong>Trägheitsmoment</strong>en in Bezug auf parallele Achsen ist sehr<br />

einfach, wenn man den Satz von Steiner benutzt: I A = I o + M a 2 , mit a = Achsenabstand.<br />

In unserem Fall mit a = L/2 erhalten wir ohne Integration<br />

I A = ML 2 /12 + M L 2 /4 = ML 2 /3.<br />

(Später werden wir den Steiner’schen Satz beweisen.)<br />

8


<strong>4.3</strong>- 9<br />

Die nächste Figur zeigt eine Ecke (Tetraeder = Körper mit vier Flächen),<br />

beschränkt durch die Koordinatenebenen und von der Ebene z(x,y) = a(1-x/b -<br />

y/c). Berechne die Komponenten des Trägheitstensors in Bezug auf den<br />

Koordinatenursprung O.<br />

<br />

a:=3:b:=3:c:=3:<br />

plot(plot::Implicit3d(z+a*x/b+a*y/c-a,<br />

x=0..4,y=0..4,z=0..4))<br />

Fig.: <strong>4.3</strong>-2<br />

Die direkte Berechnung ist möglich, aber mühsam, vgl. Mit Bleistift und Papier.<br />

Um uns zu orientieren, schauen wir uns nochmals die Gleichungen (2) an:<br />

I xx = ∑ m i (y i 2 + z i 2 ) I yy = ∑ m i (x i 2 + z i 2 ) I zz = ∑ m i (x i 2 + y i 2 )<br />

I xy = I yx = - ∑ m i x i y i I yz = I zy = - ∑ m i y i z i I zx = I xz = - ∑ m i x i z i<br />

Um I xx zu berechnen, brauchen wir die Summe y 2 + z 2 , wir wählen ρ = 1.<br />

9


<strong>4.3</strong>- 10<br />

Die x-Werte laufen von x 1 = 0 bis x 2 = b, die y-Werte gehen von y 1 = 0 bis y 2 =<br />

c(1-x/b).<br />

<br />

reset():<br />

int(int(int(y^2+z^2,z=0..a*(1-x/b-y/c)),<br />

y=0..c*(1-x/b)),x=0..b):<br />

simplify(%)<br />

a b c (a 2 + c 2 )<br />

---------------<br />

60<br />

Um dieses Ergebnis manuell zu erhalten, brauchen wir einige Seiten Papier und<br />

dürfen uns nicht verrechnen!<br />

<strong>4.3</strong>.3 Mit Bleistift und Papier.<br />

Wir berechnen nun I yz von Hand.<br />

Um die Rechnung zu vereinfachen, schreiben wir I yz = ρ∫ x dx ∫ y ydy ∫ z zdz.<br />

Wir werten das letzte Integral aus und erhalten<br />

I yz = ρ∫ x dx ∫ y ydy [a 2 (1-x/b-y/c) 2 /2]<br />

Nun haben wir y(1-x/b-y/c) 2 = y(1-2x/b+x 2 /b 2 ) + y 2 (2x/(bc) - 2/c) + y 3 /c 2 , und die<br />

Rechnung geht wie folgt weiter:<br />

I yz = a 2 ρ/2· ∫ x (1-2x/b+x 2 /b 2 )dx ·∫ y ydy + a 2 ρ/2· ∫ x dx· ∫ y y 3 /c 2 dy +<br />

+a 2 ρ/2· ∫ x (2x/(bc)-2/c)dx · ∫ y y 2 dy ,<br />

= a 2 ρc 2 /4· ∫ x (1-x/b) 4 dx + a 2 ρc 2 /8 ∫ y (1-x/b) 4 dx +<br />

10


<strong>4.3</strong>- 11<br />

+ a 2 ρc 3 /6· ∫ x (2x/(bc) -2/c)(1-x/b) 3 dx,<br />

= a 2 bc 2 ρ/20 + a 2 bc 2 ρ/40 - a 2 bc 2 ρ/15 = a 2 bc 2 ρ/120<br />

Ich habe einige Schritte übersprungen, um auch Ihnen etwas Freude zu<br />

lassen.<br />

Mit MuPAD erhält man dasselbe Ergebnis, nur etwas billiger:<br />

<br />

<br />

reset():<br />

int(int(int(rho*y*z,z=0..a*(1-x/b-y/c)),<br />

y=0..c*(1-x/b)),x=0..b):<br />

simplify(%)<br />

Fig.:<strong>4.3</strong>-3<br />

Wie schon angekündigt, schauen wir uns jetzt den Beweis <strong>eines</strong> einfachen<br />

Satzes an, der von großer praktischer Bedeutung ist, wenn es um die<br />

Berechnung des <strong>Trägheitsmoment</strong>es geht, nämlich den Satz von Steiner (J.<br />

Steiner, 1796 bis 1863), auch Satz der parallelen Achsen.<br />

11


<strong>4.3</strong>- 12<br />

Betrachten wir zwei parallele Rotationsachsen <strong>eines</strong> <strong>starren</strong> körpers, Fig. <strong>4.3</strong>-3.<br />

Wir wollen annehmen, dass die Achse AA durch den Schwerpunkt CM des<br />

<strong>Körpers</strong> geht. Der senkrechte Abstand zwischen den beiden Achsen sei a.<br />

In <strong>4.3</strong>-3 lesen wir ab r i = r c + r ' i , worin r i der Ortsvektor der Masse m i in Bezug<br />

auf den Ursprung O ist. a o ist ein zu den Achsen senkrechter Einheitsvektor, r c<br />

ist der Ortsvektor von CM bezüglich O. r i´ ist der Ortsvektor vom m i in Bezug<br />

auf CM. Der Abstand der Masse m i von der Achse BB ist gegeben durch die<br />

Projektion des Vektors r i auf den Vektor a o . (Bei der Berechnung des <strong>Trägheitsmoment</strong>es<br />

interessieren nur die senkrechten Koordinaten bezüglich der<br />

betrachteten Achse.)<br />

<strong>Das</strong> <strong>Trägheitsmoment</strong> aller Teilchen in Bezug auf BB ist gegeben durch<br />

I BB = ∑m i (r i · a o ) 2 , (15)<br />

r i · a o ist die Projektion des Vektors r i auf a o , ist also der Abstand des Teilchens<br />

m i von der Achse BB. r i' · a o ist der Abstand von m i von der Achse AA, die<br />

durch CM geht.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Trägheitsmoment</strong> der Teilchen in Bezug auf AA ist<br />

I CM = ∑m i (r i' · a o ) 2 . (16)<br />

Substituiert man in (15) r i durch r c + r ' i, so erhält man<br />

I BB = ∑ m i [(r c + r ' i)·a o ] 2<br />

= ∑ m i (r c·a o + r i '·a o ) 2<br />

= ∑m i (r c · a o ) 2 +∑m i (r i' · a o ) 2 +2∑m i (r c · a o )·(r i' · a o )<br />

=a 2 ∑m i + I c + 2a(∑m i r i ' )·a o = I c + M a 2<br />

∑m i r i ' = 0, da r c = ∑m i (r i ' + r c )/M. Es gilt also M r c = r c ∑m i + ∑m i r i ' , woraus<br />

folgt, dass ∑m i r i ' = 0.<br />

Um das <strong>Trägheitsmoment</strong> in Bezug auf eine beliebige Achse zu berechnen,<br />

ermitteln wir zunächst das Moment in Bezug auf eine parallele Achse, die durch<br />

CM geht. Dann addieren wir hierzu das Trägeitsmoment in Bezug auf die gegebene<br />

Achse, wobei wir so tun, als wäre die Gesamtmasse in CM konzentriert.<br />

Wenn der Körper keinerlei Symmetrie haben sollte, müssen wir das <strong>Trägheitsmoment</strong><br />

auf experimentelle Art bestimmen.<br />

12

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