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Die Gesundarbeiter - Interena

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Ausgabe Nr. 296/2011<br />

Buchbesprechung<br />

„<strong>Die</strong> <strong>Gesundarbeiter</strong>“<br />

Von Frank Freimuth und Monika Freimuth<br />

Ganz zweifellos ist die<br />

Gestaltung der Zukunft<br />

des Gesundheitswesens<br />

eines der die Politik<br />

in diesem Jahr<br />

beherrschenden<br />

Themen. Dabei besteht<br />

die Gefahr, dass die<br />

Gesundheitsdebatte<br />

wieder einmal unter<br />

kurzsichtigen oder<br />

interessengeleiteten<br />

Gesichtspunkten<br />

geführt wird.<br />

Dass es auch anders geht, zeigt das jetzt<br />

im Murmann Verlag erschienene Buch „<strong>Die</strong><br />

<strong>Gesundarbeiter</strong>“ von Siegfried Gänsler und<br />

Thorsten Bröske. Es beleuchtet die Frage<br />

der Gesundheitsförderung unter einem bisher<br />

eher wenig beachteten, über den Tag<br />

hinausweisenden Gesichtspunkt: Gesundheit<br />

und nachhaltiges Wirtschaften gehören nämlich<br />

außerordentlich eng zusammen.<br />

Neues Denken: Gesundheit und<br />

erfolgreiches Wirtschaften<br />

Dadurch wird einer der wichtigsten Megatrends<br />

des 21. Jahrhunderts und gleichzeitig<br />

eine zentrale Nachhaltigkeitsfrage aufgegriffen<br />

- erschienen doch lange Zeit Wirtschaft<br />

und Gesundheit als nahezu vollkommen voneinander<br />

getrennte Sphären. Denkt man z.B.<br />

an die Arbeitsverhältnisse der Industrialisierung<br />

werden die eigentlichen Dimensionen<br />

dieses Zusammenhangs klar - standen sich<br />

doch Erwerbsarbeit und gute Gesundheit<br />

eine ganze historische Periode lang offenbar<br />

nahezu diametral gegenüber. Und obwohl<br />

sich in dieser Frage zweifellos ein Paradigmenwechsel<br />

vollzieht, gilt es zu konstatieren,<br />

dass wirksame Gesundheitsförderung<br />

in der Wirtschaft heute faktisch noch immer<br />

eher ein „Schattendasein“ führt. Natürlich<br />

entspricht es der moralischen Verpflichtung<br />

verantwortungsbewusster, insbesondere<br />

nachhaltig ausgerichteter Unternehmensführungen<br />

sich auch um die Gesundheit ihrer<br />

Mitarbeiter zu kümmern. Mit Blick auf den<br />

eigentlichen Stellenwert der Gesundheit wird<br />

das aber zukünftig bei Weitem nicht mehr<br />

ausreichen. Neues Denken ist gefordert.<br />

Gesundheit der Mitarbeiter<br />

wird zu einem „knallharten“<br />

Erfolgsfaktor für Unternehmen<br />

Gänsler und Bröske, die als Unternehmensvorstände<br />

im Gesundheitswesen an verantwortlicher<br />

Stelle tätig sind und deshalb auch aus<br />

der Praxis wissen, wovon sie reden, machen<br />

anhand nüchterner Fakten klar: Allein schon<br />

wegen der demografischen Entwicklung in<br />

Deutschland ist eine grundlegende Veränderung<br />

des Stellenwerts der Gesundheit absehbar.<br />

Das zeigt bereits ein flüchtiger Blick auf<br />

die Bevölkerungsentwicklung. Bis zum Jahr<br />

2030 wird ja bekanntlich die Gruppe der<br />

55- bis 60 jährigen um mindestens 40 Prozent<br />

steigen – in einigen Teilen Deutschlands<br />

sogar auf bis zu 75 Prozent. Und der bereits<br />

heute bestehende Mangel an qualifizierten<br />

Arbeitskräften in einigen Bereichen der Wirtschaft<br />

wird weiter zunehmen. Das führt zu<br />

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Ausgabe Nr. 296/2011<br />

Buchbesprechung<br />

einem vollkommen neuen Stellenwert<br />

der Arbeit. „Bei knapper werdendem<br />

Angebot an qualifizierten Arbeitskräften<br />

und einem Wettbewerb um gute Mitarbeiter<br />

wird auch beim Faktor Arbeit<br />

aus einem Käufermarkt ein Verkäufermarkt.<br />

Das hat nicht nur Auswirkungen<br />

auf die Preise für die Arbeit, also steigende<br />

Löhne und Gehälter. Das bedeutet<br />

auch neu gemischte Karten in einem<br />

alten Spiel, das auf einen Rollenwechsel<br />

hinausläuft. Aus dem Arbeitnehmer<br />

wird eine Art “Arbeitgeber“ – er gibt<br />

seine Arbeit demjenigen Unternehmen,<br />

das für ihn die meisten Chancen bietet.<br />

Der neue Sozialkontrakt beruht<br />

auf Gegenseitigkeit: Der Mitarbeiter<br />

der Zukunft arbeitet für das Unternehmen,<br />

das für ihn mehr tut als andere.“ (<strong>Die</strong> <strong>Gesundarbeiter</strong>,<br />

S. 53) Demnach kann die Einsicht, dass Mitarbeiter zu wertvoll<br />

sind, als dass Arbeit ungesund sein oder krank machen<br />

darf, nicht mehr allein als eine in humanen und verantwortungsbewussten<br />

Auffassungen der Gestaltung der Arbeitswelt<br />

begründete unternehmerische Aufgabe gesehen werden: <strong>Die</strong><br />

Gesundheit der Mitarbeiter wird von einem „weichen“ Faktor<br />

zu einem „knallharten“ Erfolgsfaktor für Unternehmen.<br />

Siegfried Gänsler &<br />

Thorsten Bröske<br />

„<strong>Die</strong> <strong>Gesundarbeiter</strong>“<br />

Murmann Verlag, 2010<br />

ISBN: 978-3-86774-097-5<br />

Gesundheit als Führungsaufgabe –<br />

geändertes Führungsverhalten<br />

Untermauert wird dies durch die nüchterne Tatsache, dass<br />

- entgegen verbreiteter Vorurteile gegenüber der Messbarkeit<br />

und Überprüfbarkeit betrieblicher Gesundheitsförderung<br />

– ihre Rentabilität längst valide belegt ist. Auf Grundlage der<br />

Auswertung internationaler Studien zur Wirksamkeit und zum<br />

Nutzen der Gesundheitsförderung kommen Siegfried Gänsler<br />

und Thorsten Bröske deshalb zu der einfachen wie vielleicht<br />

etwas verblüffenden Feststellung, dass der „Return on Invest“<br />

betrieblicher Gesundheitsförderung höhere Zinsen bringt als<br />

so mancher Hedge Fond. Und die Antwort auf die Frage, welche<br />

Investition dann die sinnvollere ist<br />

dürfte ja nicht besonders schwer fallen.<br />

<strong>Die</strong> Gesundheit von Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern kann zukünftig also<br />

auch aus ökonomischen Gründen keineswegs<br />

mehr als bloße Nebensache<br />

betrachtet werden. Gesundheit und<br />

Wirtschaft gehören nicht nur eng<br />

zusammen, sondern gute Gesundheit<br />

und unternehmerischer Erfolg stehen<br />

in einem unmittelbaren Bedingungsverhältnis.<br />

Damit ist unserer Auffassung<br />

nach eine wichtige Richtschnur<br />

nachhaltigen Wirtschaftens formuliert.<br />

Das macht neues Denken auch<br />

für Führungskräfte in der Wirtschaft<br />

erforderlich.<br />

An diese Einsicht anknüpfend ziehen Bröske und Gänsler eine<br />

einleuchtende Konsequenz: Gesundheit und Arbeitsfähigkeit<br />

der Mitarbeiter sind so wichtig, dass sie künftig zur Kernaufgabe<br />

von Führungskräften gehören müssen - ja sie halten es<br />

für wahrscheinlich, dass mit der Demografie auch eine Veränderung<br />

des Führungsverhaltens jeder Führungskraft geradezu<br />

erzwungen wird.<br />

Kam es bisher für Führungskräfte darauf an, die eigene<br />

Gesundheit zu erhalten, ist jetzt eine grundlegende Änderung<br />

des Führungsverhaltens erforderlich. Doch erst wenn<br />

Managern klar ist, dass nicht nur die eigene Gesundheit für<br />

den Aufstieg zählt, sondern auch die ihrer Mitarbeiter, wird<br />

sich letztlich daran etwas ändern. Insofern z.B. bei Führungskräften<br />

der nächste Bonus und die nächste Beförderung auch<br />

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Ausgabe Nr. 296/2011<br />

Buchbesprechung<br />

mit davon abhingen, wie sich der Gesundheitszustand ihrer<br />

Teammitglieder entwickelt, hätte Gesundheit als gelebter<br />

Unternehmenswert wohl eine reale Chance. Mit Blick auf den<br />

seit Langem bekannten Zusammenhang zwischen Fehlzeiten<br />

von Arbeitnehmern und Führungsverhalten folgt daraus,<br />

dass Unternehmensführungen eine ganze Reihe von Gepflogenheiten<br />

und Praktiken nicht wie bisher betreiben können.<br />

Wenn für Mitarbeiter lange Jahre die Devise galt: „wer zu viel<br />

krank ist, fliegt“, so kann schon in ein paar Jahren durch die<br />

Demografie dann für die Chefs die neue Devise gelten: „Wer<br />

zu viele krank macht, fliegt.“ Auch hier wird wiederum deutlich:<br />

Neues Denken auf breiter Front ist erforderlich.<br />

Autorennotiz: Dr. Frank Freimuth und Monika<br />

Freimuth leben in Berlin und sind Spezialisten für<br />

nachhaltiges Wirtschaften.<br />

■<br />

Aufbauend auf ihrer Analyse der grundlegenden Veränderungserfordernisse<br />

diesseits ideologischer Scheingefechte<br />

haben Gänsler und Bröske eine ganze Anzahl konkreter und<br />

substantieller Anregungen zur Gestaltung von Wirtschaft,<br />

Gesellschaft und Politik formuliert – etwa zu Prävention,<br />

Gesundheitsmanagement oder Weiterbildung. Und mit teilweise<br />

außerordentlich weitsichtigen Stellungnahmen kommen<br />

neben den Autoren weitere Persönlichkeiten aus Wirtschaft,<br />

Gesellschaft und Politik zu Wort, unter anderem Familienministerin<br />

Dr. Christina Schröder oder der Vorsitzende der<br />

Wuppertaler Barmenia, Prof. Dr. Josef Beutelmann, der mit<br />

Blick auf den eigentlichen Stellenwert der Gesundheit mit<br />

der einfachen, wie einleuchtenden Überlegung zitiert wird<br />

„Kleinerer <strong>Die</strong>nstwagen, dafür zusätzliche Gesundheitsleistungen<br />

– das könnte für Mitarbeiter eine Wahl werden.“<br />

Insgesamt sind „<strong>Die</strong> <strong>Gesundarbeiter</strong>“ ein lesenswertes Buch,<br />

das auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung Neues mutig<br />

vorausdenkt und zeigt, wie man das Thema mit Weitsicht,<br />

politischem Gespür und Realitätssinn angehen kann. <strong>Die</strong><br />

Honorare für das Buch werden übrigens der gemeinnützigen<br />

Arbeit in der Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

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