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Fälle zum Fürsorgerecht (SGB II und SGB XII)

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Prof. Dr. E. - W. Luthe, Fakultät Sozialwesen Stand 2013<br />

Fälle <strong>zum</strong> Fürsorgerecht (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)


Inhalt:<br />

Seitenzahl<br />

. Einleitung 4<br />

. Zuordnung des Personenkreises 8<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung für Arbeitssuchende (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

. Berthold 10<br />

Unter 25- Jährige, gesetzlicher Übergang von Unterhaltsansprüchen,<br />

Ersatzanspruch, Eingliederungsmaßnahmen, Leistungswegfall)<br />

. Happy Family 14<br />

(Bedarfsgemeinschaft)<br />

. Tina 17<br />

(Mehrbedarfe, „eheähnliche“ Partner, Beweislastumkehr, Vermögen,<br />

Absetzbeträge, Schonvermögen, befristeter Zuschlag, Einsatzgemeinschaft)<br />

. Lotte 23<br />

(Kombilohn, Nachrang, Bereinigung des Einkommens, Angemessenheit<br />

Der Wohnung, Fortzahlung der Miete, Schonvermögen)<br />

. Frieda 30<br />

(Haushaltsgemeinschaft, Auskunftspflicht, Vermögen, unabweisbarer Bedarf,<br />

Zuständigkeit)<br />

. Pit 38<br />

(Sanktionen, Vermögensminderung, Rechtsschutzmöglichkeiten)<br />

. Paule 43<br />

(Verwertbarkeit Lebensversicherung, Schonvermögen, Unwirtschaftlichkeit,<br />

Härtebegriff)<br />

Luthe, IRS 2


Sozialhilfe(<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

. Hilde 46<br />

(Eingliederungshilfe, anrechenbares Einkommen, Vermögen, Härterfall,<br />

Mehrbedarf)<br />

. Anna 51<br />

(Erwerbsminderung, Rente, Heimkosten, Wahlrecht, Mehrbedarf, schon-<br />

Vermögen, Barbetrag, Kindsvater<br />

. Heinz <strong>und</strong> Kirsten 57<br />

(Erwerbsminderung, Zeitrente, Einkommen, Angemessenheit der Wohn-<br />

Kosten)<br />

. Fritz 65<br />

(Gr<strong>und</strong>sicherung für Alte, Lebensunterhalt in Einrichtungen, Schonvermögen,<br />

Leistungen Dritter, Auskunftspflicht, ungedeckte Einrichtungskosten<br />

Zuständigkeit<br />

. Otto 73<br />

( Hilfe in besonderen Lebenslagen, Leistungsausschluss, originäre Kranken-<br />

Hilfe, Zuständigkeit)<br />

. Berti 81<br />

(Hilfe zur Pflege, Pflegeperson, Pflegegeld, Arbeitgebermodell)<br />

. Uwe 86<br />

Eingliederungshilfe für Behinderte, Vermögenseinsatz, Zuständigkeit<br />

. Peter 89<br />

(Einkommenseinsatz, Schonbetrag, Zuständigkeit)<br />

.Xaver 93<br />

(Eingliederungshilfe, Leistungen i. V .m. Schwerstbehindertenausgleichsab-<br />

Gabe VO <strong>und</strong> <strong>SGB</strong> IX, Zuständigkeit<br />

. Eingliederungsleistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> 98<br />

. Prüfungsschema Fürsorgerecht 105<br />

Luthe, IRS 3


Einführung<br />

1. Das alte System: Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> Sozialhilfe - „Gerechtigkeitslücke“<br />

Das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wurde eingeführt, um eine Gerechtigkeitslücke zu beseitigen (näher dazu<br />

Luthe, siehe irs-bs.de, Service aktuell, „Gerechtigkeitsprobleme mit Hartz IV“). Bis<br />

Ende 2004 bezogen Dauerarbeitslose nach Bezug des Arbeitslosengeldes I unbefristet<br />

die sog. Arbeitslosenhilfe. Sie waren gegenüber den damaligen Sozialhilfeempfängern<br />

privilegiert: Arbeitslosenhilfeleistungen orientierten sich nicht an einem einheitlichen<br />

Bedarf, sondern am früheren Einkommen des Leistungsempfängers. Vermögen wurde<br />

nicht auf die Leistung angerechnet. Angehörige wurden nicht herangezogen. Nicht<br />

zuletzt wurde bei der Erwerbsverpflichtung des Arbeitslosenhilfebeziehers noch auf<br />

den vorherigen Beruf Rücksicht genommen; dagegen musste bspw. der Sozialhilfe<br />

empfangende Ingenieur jede nur erdenkliche Arbeit oder Arbeitsgelegenheit<br />

wahrnehmen. Für diese Ungleichbehandlung von Arbeitslosenhilfebeziehern <strong>und</strong><br />

Sozialhilfebeziehern aber gab es keinen vernünftigen Gr<strong>und</strong>. Denn ebenso wie die<br />

Sozialhilfe wurde die Arbeitslosenhilfe nicht aus Sozialversicherungsbeiträgen, sondern<br />

aus Steuern finanziert. Eigentumsähnliche Ansprüche wie etwa bei Beziehern von<br />

Arbeitslosengeld I oder Altersrente konnten bei der Arbeitslosenhilfe somit nicht<br />

entstehen. Es versteht sich fast von selbst, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit durch die<br />

Annehmlichkeiten der Arbeitslosenhilfe künstlich verlängert wurden; man hatte es sich<br />

in diesem System bequem eingerichtet. Damit ist seit 2005 endlich Schluss. „Hartz IV“<br />

hat die Arbeitslosenhilfe abgeschafft, alle erwerbsfähigen Arbeitslosen (teilweise nach<br />

Bezug von Arbeitslosengeld I) <strong>und</strong> ihre Angehörigen ins <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> alle Nicht-<br />

Erwerbsfähigen ins <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> überführt.<br />

2. Verfassungsrecht auf Existenzsicherung<br />

In seiner populären Entscheidung vom 9.2.2010 <strong>zum</strong> Existenzminimum (zur<br />

Entwicklung der Rechts auf Existenzminimum siehe Luthe, in Hauck/Noftz/Luthe,<br />

Komm. <strong>zum</strong> <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, Einführung – E 010, Rz 1 – 25) hat das<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht erstmalig ein einklagbares Verfassungsrecht des Bürgers<br />

auf Sicherung seiner Existenz aus dem Menschenwürdeprinzip in Verbindung mit dem<br />

Sozialstaatsgr<strong>und</strong>satz anerkannt (Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG). Damit kann der<br />

Bürger sogar Parlamentsgesetze zu Fall bringen, also insbesondere auch Regelungen<br />

im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - wie geschehen. Allerdings sagt dieses Recht nichts aus zu Art <strong>und</strong> Höhe<br />

der staatlicherseits zu gewährenden Leistung. Dies fällt nach wie vor in den<br />

Luthe, IRS 4


Verantwortungsbereich des Parlaments. Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht hat nur<br />

bestimmte Anforderungen an den Prozess der Gesetzgebung formuliert. So muss der<br />

Gesetzgeber vor allem genaue Ermittlungen über die Armutsproblematik <strong>und</strong> die<br />

erforderlichen Bedarfs der Bürger anstellen; zudem hat er seine Entscheidungen<br />

nachvollziehbar zu begründen. Sind diese Anforderungen gewahrt, ist er kraft des<br />

Demokratieprinzips bei der näheren gesetzlichen Ausgestaltung des<br />

Existenzminimums frei.<br />

3. Gr<strong>und</strong>sätze der öffentlichen Fürsorge<br />

Rechtliche Gr<strong>und</strong>sätze dienen dem näheren Verständnis des Gesetzes <strong>und</strong> seiner<br />

korrekten Anwendung (näher zu den Gr<strong>und</strong>sätzen des Fürsorgerechts Luthe/Dittmar,<br />

Fürsorgerecht, 2. Aufl. 2007, S. 45-53, 240-244). Denn häufig ist das Gesetz<br />

unbestimmt <strong>und</strong> muss ausgelegt werden. Dies gilt vor allem im Bereich des<br />

Ermessens <strong>und</strong> bei den unbestimmten Rechtsbegriffen. Insbesondere die<br />

vorleistungsunabhängig erbrachten Fürsorgeleistungen, die nicht (wie bspw. die<br />

Altersrente) der Lebensstandardsicherung durch vorsorgende Beitragsentrichtung<br />

dienen, sondern nur ein aktuell vorliegendes soziales Problem auf bescheidenem<br />

Leistungsniveau beseitigen oder abmildern wollen , kennen folgende Gr<strong>und</strong>prinzipien:<br />

Bedarfsdeckungsgr<strong>und</strong>satz: „Der vorhandene Bedarf muss lückenlos gedeckt werden.“<br />

Dieser Satz bringt an sich Selbstverständliches <strong>zum</strong> Ausdruck, ist in der Umsetzung<br />

jedoch nicht immer einfach. Denn häufig ist der Bedarf unklar. Dies kann <strong>zum</strong> einen<br />

daran liegen, dass das Gesetz offene Formulierungen aufweist <strong>und</strong> hinsichtlich seiner<br />

Leistungen interpretiert werden muss, <strong>zum</strong> anderen daran, dass die Sachlage – das<br />

jeweilige soziale Problem – im Einzelfall schwierig zu ermitteln ist. Die Ermittlung der<br />

Sachlage erfolgt in der Verwaltungspraxis typischerweise durch den Sozialarbeiter<br />

(oder auch durch Ärzte oder Psychologen; vgl. §§ 20, 21 <strong>SGB</strong> X). Dieser aber muss<br />

das Gesetz genau kennen; denn er ermittelt stets im Hinblick auf<br />

Sozialleistungsansprüche des Bürgers, niemals also einfach ins Blaue hinein. So<br />

kommt es zu einer Wechselwirkung zwischen Gesetzesnorm <strong>und</strong> Sachlage. Der<br />

Bedarfsdeckungsgr<strong>und</strong>satz verdeutlicht diese Verschränkung von Norm <strong>und</strong> Tatsache;<br />

er ist insofern ein heuristisches Prinzip.<br />

Luthe, IRS 5


Subsidiaritätsprinzip (bspw. § 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>; §§ 2, 3 Abs. 3, 5, 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>): „Die staatliche<br />

Leistung ist stets nachrangig gegenüber eigenen Möglichkeiten der Selbsthilfe“ (auch<br />

Nachranggr<strong>und</strong>satz). Selbsthilfemöglichkeiten können sein<br />

-eigenes Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />

- eigene Erwerbstätigkeit<br />

- Hilfe von anderen Personen (bspw. Unterhaltsverpflichtete)<br />

- Hilfe von vorrangig verpflichteten Sozialleistungsträgern (bspw. Rentenversicherung<br />

oder Krankenversicherung).<br />

Das Subsidiaritätsprinzip wird aber auch institutionell verwendet, als Vorrang privater<br />

Hilfe gegenüber staatlicher Hilfe (vgl. ansatzweise bspw. § 17 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, § 5 <strong>SGB</strong><br />

X<strong>II</strong>). Vor allem die Freie Wohlfahrtspflege beruft sich gern auf diesen Gr<strong>und</strong>satz – nach<br />

dem Motto „Ihr gebt das Geld, wir bestimmen, was damit gemacht wird.“ Dieser<br />

Auffassung wurden aber glücklicherweise bereits in den 1960er Jahren durch das<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht Grenzen gesetzt: Das Bestimmungsrecht über das „Ob“<br />

<strong>und</strong> „Wie“ der Aufgabenerfüllung liegt beim Staat – auch dann, wenn er die Leistungen<br />

durch beauftragte „Leistungserbringer“, also private Sozialunternehmen wie diejenigen<br />

der Freien Wohlfahrtspflege ausführen lässt.<br />

Individualisierungsgr<strong>und</strong>satz (§ 33 <strong>SGB</strong> I, § 9 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>): Bei der Anwendung des<br />

Rechts <strong>und</strong> der Ermittlung der Leistung soll man die persönlichen Verhältnissen des<br />

Betroffenen <strong>und</strong> in gewissen Grenzen auch dessen Wünsche – mithin den Einzelfall -<br />

berücksichtigen. Der Individualisierungsgr<strong>und</strong>satz macht sehr viel Sinn; man kann die<br />

Betroffenen regelmäßig nur dort erreichen wo sie jeweils stehen: Schematisches<br />

Verwaltungshandeln kommt hier nicht <strong>zum</strong> Ziel, läuft an den Problemen vorbei. Auch<br />

hier zeigt sich wieder (s.o.), dass der <strong>zum</strong>eist im Außendienst tätige Sozialarbeiter die<br />

Problemlage genau ermitteln muss, um den gesetzlichen Leistungsanspruch des<br />

Betroffenen auslösen <strong>und</strong> um sodann im Einzelfall wirksam intervenieren zu können.<br />

Die Verwaltungspraxis läuft leider häufig genau in die falsche Richtung – <strong>und</strong> wird<br />

dadurch vor Gericht angreifbar (Stichwort „Textbausteine“, schematisch angewandte<br />

Verwaltungsvorschriften, Kostenerwägungen als Gr<strong>und</strong> für einen gezielt „unscharfen<br />

Blick“ auf die Bedarfslage).<br />

Luthe, IRS 6


Pauschalierte Bedarfsdeckung: Im Bereich der reinen Versorgungsleistungen (also<br />

Ernährung, Unterkunft, Bekleidung usw.) ist der Gesetzgeber seit 2005 auf eine dem<br />

Individualisierungsgr<strong>und</strong>satz zuwider laufende Bedarfsdeckung durch<br />

Pauschalleistungen umgestiegen. Dies bedeutet: Die Leistungsempfänger müssen<br />

haushalten <strong>und</strong> für größere Anschaffungen ggf. ansparen; weitere Leistungen<br />

außerhalb der Pauschale gibt es nur ausnahmsweise <strong>und</strong> auch nur auf Darlehensbasis<br />

(§§ 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 37 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Auf den Individualisierungsgr<strong>und</strong>satz kommt es heute<br />

deshalb weniger bei den Versorgungsleistungen, dagegen vor allem bei den<br />

therapeutischen, medizinischen oder pädagogischen „Maßnahmen“ etwa für<br />

Behinderte, Pflegebedürftige, Schwererziehbare an.<br />

Fördern <strong>und</strong> Fordern: Diesen Gr<strong>und</strong>satz gibt es nur im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (§§ 1 <strong>und</strong> 2).<br />

Beim Gr<strong>und</strong>satz des Förderns (in § 1) handelt es sich um einen Appell an die<br />

Leistungsträger, der Unterstützungsaufgabe des § 14 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> durch ein kompetentes<br />

Fallmanagement (§ 15) <strong>und</strong> die Gewährung von Arbeitsanreizen (Freibeträge bei<br />

Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung) gewissenhaft nachzukommen. Konzepte nach USamerikanischem<br />

Vorbild, für die allein ein größerer Abstand zwischen<br />

Arbeitseinkommen <strong>und</strong> Leistungen Ausstiege aus der staatlichen Hilfe zur Folge hat,<br />

werden damit verworfen.<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz des Forderns (in § 2) setzt gezielt auf die Beeinflussung der Motivation<br />

des Leistungsempfängers <strong>und</strong> der sonstigen Bedarfsgemeinschaftsmitglieder durch<br />

den in § 2 statuierten Vorrang eigener Erwerbstätigkeit vor staatlicher Hilfe, die<br />

Verpflichtung zur Aufnahme jeder <strong>zum</strong>utbaren Erwerbstätigkeit (§§ 9, 10), den<br />

vorrangigen Einsatz von Einkommen <strong>und</strong> Vermögen (§§ 9, 11, 12), die Bindung des<br />

Hilfebedürftigen an die Festsetzung der Eingliederungsvereinbarung (§ 15) <strong>und</strong> die<br />

Sanktionen bei Arbeitsverweigerung (§§ 31-32).<br />

Kleiner Tipp: Schauen Sie mal bei juris `rein <strong>und</strong> lassen Sie sich in der Bibliothek<br />

einloggen – auch für Hausarbeiten außerhalb der Rechtsfächer teilweise sehr<br />

brauchbar.<br />

Luthe, IRS 7


Übersicht zur Zuordnung des Personenkreises<br />

I. Leistungen des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

a) Unterhaltsleistungen:<br />

- Arbeitslosengeld <strong>II</strong>:<br />

Für erwerbsfähige Personen (§§ 7 Abs. 1, 8 , 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

- Sozialgeld:<br />

Für mit einer erwerbsfähigen Person in Bedarfsgemeinschaft lebende, nicht<br />

erwerbsfähige Hilfsbedürftige, es sei denn, sie haben einen Anspruch auf<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung für Ältere <strong>und</strong> dauerhaft Erwerbsgeminderte (§ 7 Abs. 3, 23 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,<br />

41 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

- Arbeitslosengeld <strong>II</strong> oder Sozialgeld<br />

auch für Personen, die voraussichtlich weniger als 6 Monate im Krankenhaus<br />

sowie Personen, die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind <strong>und</strong><br />

mindestens 15 Std. Wöchentlich erwerbstätig sind (§ 7 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

b) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit:<br />

- Vorgenannte Personen (§§ 3, 14 – 18 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>; siehe am Ende dieses Skripts).<br />

<strong>II</strong>. Leistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

a) Unterhaltsleistungen:<br />

− Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt:<br />

Für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige es sei denn, sie leben in einer<br />

Bedarfsgemeinschaft mit einer erwerbsfähigen Person (§§ 27 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

−Gr<strong>und</strong>sicherung für Ältere <strong>und</strong> dauerhaft Erwerbsunfähige:<br />

Für Personen mit dauerhafter Erwerbsminderung <strong>und</strong> ab dem 65. Lebensjahr (§ 41<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>; hier kein Sozialgeld nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, s.o.)<br />

− Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt auch für Ausländer ohne Arbeitserlaubnis (§ 8 Abs. 2<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

Unterhaltsleistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beziehen ferner die nach § 7 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vom <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

ausgeschlossenen Personen, insbesondere:<br />

- In Einrichtungen stationär Untergebrachte (§ 7 Abs. 4; länger als 6 Monate<br />

s.o.).<br />

Luthe, IRS 8


- Bezieher von Altersrenten, Knappschaftsausgleichsleistungen <strong>und</strong><br />

ähnlichen Leistungen (§ 7 Abs. 4; hier ergänzende <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – Leistungen). 1<br />

- Nicht erreichbare Personen sowie Auszubildende (§ 7 Abs. 4 a <strong>und</strong> 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

erhalten dagegen überhaupt keine Leistungen.<br />

Der Ausschluss von Personen aus dem Leistungsbezug bedeutet jedoch nicht,<br />

dass<br />

diese nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft gehören !<br />

b) Besondere Leistungen des Fünften bis neunten Kapitels:<br />

(§§ 47 – 74 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>: Hilfen zur Ges<strong>und</strong>heit, Eingliederungshilfe für Behinderte, Hilfe<br />

zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, Hilfe in<br />

anderen Lebenslagen) :<br />

• Allgemein für Leistungsempfänger von Hilfe zu Lebensunterhalt sowie<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung für Alte <strong>und</strong> Erwerbsgeminderte<br />

• Für Personen, die zwar ihren Lebensunterhalt bestreiten können, ansonsten aber<br />

nicht die Besonderen Leistungen<br />

• Für Personen, die Unterhaltsleistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> beziehen, deren Bedarf<br />

allein durch Leistungen des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> aber nicht ausreichend gedeckt ist. 2<br />

Merke: Nach §§ 3 Abs. 3, 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> § 21 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> können Empfänger von<br />

Unterhaltsleistungen des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> keine weiteren, ergänzenden Unterhaltsleistungen des<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beziehen. Die Leistungen sind im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich abschließend geregelt.<br />

Dies gilt jedoch nicht für die besonderen Leistungen des Fünften bis Neunten Kapitels, so<br />

dass der Empfänger von AlG <strong>II</strong> daneben noch bspw. Hilfen zur Überwindung besonderer<br />

sozialer Schwierigkeiten oder Eingliederungshilfen für Behinderte aus dem <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

beziehen kann.<br />

1<br />

2<br />

Hier allerdings ist zu differenzieren: hat der Altersrentenbezieher das 65. Lebensjahr vollendet, erhält er<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung nach § 41 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>; ist der Altersrentenbezieher jünger als 65, bezieht er ergänzend zur Rente Hilfe<br />

<strong>zum</strong> Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

Eingliederungshilfe nach <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> für erwerbsfähige Behinderte, die keine oder nicht ausreichende<br />

Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> erhalten <strong>und</strong> die auch keine vorrangigen<br />

Sozialversicherungsleistungen der Reha <strong>und</strong> Teilhabe behinderter Menschen in Anspruch nehmen können; Personen<br />

mit besonderen sozialen Schwierigkeiten nach § 67 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, für die die allgemeinen Eingliederungsleistungen des<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht ausreichen.<br />

Luthe, IRS 9


Fall Berthold (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

Berthold (22 J., erwerbsfähig, arbeitslos, kein Einkommen <strong>und</strong> Vermögen) hat bislang bei<br />

den nicht unvermögenden Eltern gewohnt. Er hatte gehört, dass das Jobcenter bei Auszug<br />

aus dem Elternhaus „alles bezahlt“ <strong>und</strong> sich daher, ohne Rücksprache mit dem Jobcenter<br />

eine eigene Wohnung genommen. Berthold hat noch keine Ausbildung.<br />

I. Welche Leistungen des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> werden Berthold gezahlt?<br />

<strong>II</strong>. Werden die Eltern von Berthold herangezogen?<br />

<strong>II</strong>I. Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn Berthold von seinem Vater misshandelt wird?<br />

IV. Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn Berthold 26 Jahre alt ist, seine Dissertation<br />

schreiben <strong>und</strong> sich diese Zeit durch Leistungen des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> finanzieren will?<br />

Luthe, IRS 10


Falllösung Berthold<br />

Zu I.<br />

Berthold bildete nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern.<br />

Diese hatten nach § 9 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> für seinen Unterhalt aufzukommen.<br />

Voraussetzung für die Übernahme von Kosten der Unterkunft <strong>und</strong> Heizung ist nach § 22<br />

Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zunächst die vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers.<br />

Generell aber werden Kosten für die Unterkunft nach § 22 Abs. 5 S. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht<br />

erbracht, wenn Personen, die das 25. Lebensjahr nicht vollendet haben, vor der<br />

Beantragung von Leistungen umziehen, um die Voraussetzungen für den<br />

Leistungsbezug herbeizuführen.<br />

Dies ist hier der Fall; durch den Auszug brauchen die Eltern innerhalb der<br />

Bedarfsgemeinschaft für Berthold nicht mehr aufzukommen. Berthold ist nunmehr<br />

bedürftig <strong>und</strong> damit nach § 7 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> anspruchsberechtigt.<br />

Unterkunftsleistungen werden mithin nicht erbracht.<br />

Unter 25-Jährige, die ohne Zusicherung der Behörde umziehen, erhalten nach § 20 Abs. 3<br />

i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> jedoch noch 306 € bis zur Vollendung des 25.<br />

Lebensjahres.<br />

Berthold hat nach § 34 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> Ersatz zu leisten, weil er <strong>zum</strong>indest grob fahrlässig<br />

die Voraussetzungen für die Leistung herbeigeführt hat. Dies kann geschehen, sobald er<br />

wieder über Einkommen verfügt, aber auch schon während des Leistungsbezuges. In<br />

diesem Fall wird der zu ersetzende Betrag in Höhe von 30 % mit dem für ihn<br />

maßgebenden monatlichen Regelbedarf aufgerechnet (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 <strong>und</strong> Abs. 2 <strong>SGB</strong><br />

<strong>II</strong>). Der Ersatzanspruch erlischt nach § 34 Abs. 3 in 3 Jahren, falls die Behörde in<br />

diesem Zeitraum keinen Leistungsbescheid erlässt oder Leistungsklage erhebt.<br />

Luthe, IRS 11


Generell muss Berthold nunmehr eine zugewiesene Arbeit oder Arbeitsgelegenheit<br />

aufnehmen oder auch an Eingliederungsmaßnahmen teilnehmen, soweit dies nach<br />

§ 10 <strong>zum</strong>utbar ist.<br />

Zu <strong>II</strong>.<br />

Der gesetzliche Übergang von Unterhaltsansprüchen zwischen Verwandten (also auch<br />

Eltern <strong>und</strong> Kindern) auf den Leistungsträger ist gr<strong>und</strong>sätzlich ausgeschlossen (§ 33 Abs. 2<br />

Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Dies gilt jedoch nicht für Unterhaltsansprüche von unter 25-Jährigen<br />

gegen die Eltern, wenn erstere eine Erstausbildung noch nicht abgeschlossen haben<br />

(§ 33 Abs. 2 Nr. 2 b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

Zu <strong>II</strong>I.<br />

Dann liegt ein schwerwiegender sozialer Gr<strong>und</strong> nach § 22 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vor.<br />

Der Leistungsträger ist nunmehr zur Zusicherung verpflichtet (Rechtsanspruch!).<br />

Unterkunftskosten werden ebenso wie die Regelleistung nach § 22 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (382 €)<br />

in voller Höhe übernommen.<br />

Zu IV.<br />

Mit 26 Jahren gehört Berthold nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern<br />

(§ 7 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Solange er mit den Eltern zusammenwohnt, bildet er eine eigene<br />

„Bedarfsgemeinschaft“ <strong>und</strong> erhält bei Bedürftigkeit die volle Regelleistung. Die Eltern<br />

können dann allenfalls noch über die Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

herangezogen werden (Berthold sollte daher besser bei den Eltern ausziehen).<br />

Zieht Berthold aus, hat dies für sich genommen keine negativen Konsequenzen, auch<br />

nicht für seine Eltern, die nach § 33 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vom<br />

Anspruchsübergang freigestellt sind (s.o.). Gleiches gilt, wenn Berthold bereits seit<br />

längerem eine eigene Wohnung hat, die nunmehr durch das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> im Rahmen<br />

angemessener Unterkunftskosten nach § 22 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> finanziert wird. Sind die Kosten<br />

unangemessen, werden die Kosten dennoch in Höhe des angemessenen Anteils<br />

übernommen (§ 22 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

Luthe, IRS 12


Auch findet kein Anspruchsausschluss nach § 7 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> statt, da die Promotion<br />

weder nach BAföG noch nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I dem Gr<strong>und</strong>e nach förderungsfähig ist.<br />

Berthold muss jedoch einer <strong>zum</strong>utbaren Arbeit oder Arbeitsgelegenheit nachgehen <strong>und</strong><br />

an Eingliederungsmaßnahmen teilnehmen. Der in der Zumutbarkeitsregelung des § 10<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> aufgeführte wichtige Gr<strong>und</strong> liegt nicht vor. Dieser erfordert eine Abwägung<br />

zwischen dem individuellem <strong>und</strong> dem öffentlichem Interesse <strong>und</strong> ist nach den<br />

Vorstellungen des Gesetzgebers gr<strong>und</strong>sätzlich restriktiv auszulegen. Hierbei ist zu<br />

berücksichtigen, dass die Gr<strong>und</strong>sicherung, abgesehen von staatlich verordneten<br />

Schulbesuchen, keine Leistung ist, die den Nachweis einer besonderen<br />

wissenschaftlichen Befähigung fördert. Da Berthold in den letzten 2 Jahren weder AlG I<br />

noch AlG <strong>II</strong> bezogen hat, wird die Behörde ihm nunmehr ein Sofortangebot nach § 15 a<br />

unterbreiten.<br />

Verweigert Berthold die Aufnahme von Arbeit oder die Teilnahme an Maßnahmen werden<br />

die Leistungen nach § 31 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zunächst gekürzt; sie entfallen nach § 31 a Abs.<br />

1 S. 3 i.V.m. § 31 b Abs. 1 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (einschließlich der Unterkunftskosten) bei einem<br />

„weiteren wiederholten“ Pflichtverstoß für 3 Monate, wobei ein Wiederholungsfall bereits<br />

dann gegeben ist, wenn dieser seit dem Beginn des letzten Minderungszeitraums nicht<br />

mehr als ein Jahr zurückliegt (§ 31 a Abs. 1 S. 5). Allerdings gewährt das Gesetz<br />

zahlreiche Ausnahmen vom vollständigen Leistungswegfall <strong>und</strong> bietet <strong>zum</strong>eist immer noch<br />

ein „physiologisches Existenzminimum“ (etwa § 31 a Abs. 1 S. 6 <strong>und</strong> Abs. 3 S. 1).<br />

Entscheidend ist nunmehr der Zeitraum von der erstmaligen Leistung bis <strong>zum</strong><br />

vollständigen Leistungswegfall.<br />

Hierbei ist in Rechnung zu stellen.<br />

èdass vor jeder Absenkung der Leistung eine Anhörung stattzufinden hat<br />

èWiderspruch <strong>und</strong> Klage nach § 39 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> keine aufschiebende Wirkung<br />

haben<br />

èder Absenkungszeitraum von jeweils 3 Monaten nach § 31 b Abs. 1 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> im<br />

auf den nach dem Absenkungsbescheid folgenden Monat beginnt<br />

èdass es letztlich maßgeblich auf die Bearbeitungsgeschwindigkeit der Behörde<br />

ankommt.<br />

Der kürzeste hier denkbare Zeitraum beträgt in etwa 6 Monate.<br />

Luthe, IRS 13


Im Regelfall dürfte man bei vorsichtiger Schätzung aber wohl ein Jahr Zeit haben.<br />

Fälle Happy Family (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

Welche, in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen, bilden nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

eine Bedarfsgemeinschaft?<br />

1.<br />

•Hans, 46 J., erwerbsfähig<br />

•Lotte, Ehefrau von Hans, 40 J., erwerbsfähig<br />

•Gerd, Sohn von Hans <strong>und</strong> Lotte, 14 J., Schüler<br />

•Maria, Mutter von Lotte, 65 J., Rentnerin<br />

2.<br />

•Otto, 56 J., bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung<br />

•Vanessa, Tochter von Otto, 26 J., erwerbsfähig<br />

•Ludwig, Sohn von Otto, 17 J., erwerbsfähig<br />

Was ändert sich, wenn Vanessa erst 12 Jahre alt ist?<br />

3.<br />

•Elke <strong>und</strong> Peter, beide 44 J., erwerbsfähig<br />

•gemeinsame Tochter Susanne, 18 J., erwerbsfähig<br />

•2-jähriges Enkelkind Sven (Sohn von Susanne)<br />

Wie ist die Beurteilung, wenn Susanne nicht erwerbsfähig wäre?<br />

4.<br />

•Erika S., 38 J., erwerbsfähig<br />

•Eva S., Tochter von Erika, 17 J., erwerbsfähig<br />

•Ralf Z., 18 J., eheähnlicher Partner von Eva<br />

•Nadine S., 1 J., Tochter von Eva <strong>und</strong> Ralf<br />

Luthe, IRS 14


Falllösung „Happy Family“<br />

Zu 1.<br />

Hans – erwerbsfähiger Hilfebedürftiger, § 7 Abs. 3 Nr. 1<br />

Lotte – nicht dauernd getrennt lebende Ehefrau, § 7 Abs. 3 Nr. 3 a<br />

Gerd – minderjähriges unverheiratetes Kind, das nicht über eigenes Einkommen <strong>und</strong><br />

Vermögen verfügt, § 7 Abs. 3 Nr. 4. Könnte Gerd seinen Bedarf vollständig selbst decken,<br />

wäre er der Bedarfsgemeinschaft nicht zuzurechnen.<br />

Maria – gehört nicht zur Bedarfsgemeinschaft, aber zur Haushaltsgemeinschaft nach<br />

§ 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (vgl. hier auch § 7 Abs. 4: „Rente“)<br />

Zu 2.<br />

Eine Bedarfsgemeinschaft bilden Sohn Ludwig als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger (§ 7<br />

Abs. 3 Nr. 1) <strong>und</strong> Otto als Elternteil, das mit dem erwerbsfähigen Kind zusammenlebt (§ 7<br />

Abs. 3 Nr. 2).<br />

Hätte Otto noch eine eheähnliche Partnerin (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 c) so würde auch diese, falls<br />

sie nicht die (vorrangige) Voraussetzung einer erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach<br />

Abs. 3 Nr. 1 erfüllt, durch Ludwig in die nach Abs. 3 Nr. 2 bestehende<br />

Bedarfsgemeinschaft hineingezogen.<br />

Vanessa gehört nicht zur Bedarfsgemeinschaft, weil sie älter als 25 ist, aber zur<br />

Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5.<br />

Vanessa 12 Jahre? Sie ist nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 als Kind des nicht erwerbsfähigen Vaters<br />

(Person nach § 7 Abs. 3 Nr. 2) zuzuordnen: Ludwig zieht dann seinen Vater in die<br />

Bedarfsgemeinschaft <strong>und</strong> dieser die Tochter Vanessa.<br />

Zu 3.<br />

Nach § 7 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 a, Nr. 4 können die Eltern <strong>und</strong> Susanne eine Bedarfs-<br />

Luthe, IRS 15


gemeinschaft bilden. Sven hätte dann Anspruch auf Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt nach dem<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Diese Lösung ist aber unpraktisch.<br />

Man sollte hier von 2 Bedarfsgemeinschaften ausgehen: Elke <strong>und</strong> Peter, Susanne <strong>und</strong><br />

Sven (letztere nach Abs. 3 Nr. 1 <strong>und</strong> Nr. 4)<br />

Susanne nicht erwerbsfähig? In diesem Fall entfällt die Bedarfsgemeinschaft von<br />

Susanne <strong>und</strong> Sven. Sie bildet mit ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 1,<br />

3 <strong>und</strong> 4) <strong>und</strong> erhält Sozialgeld nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Sven erhält Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt nach<br />

dem <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

Zu 4.<br />

Die erwerbsfähige minderjährige unverheiratete Eva könnte<br />

- in einer Bedarfsgemeinschaft mit der Mutter (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 <strong>und</strong> 4)<br />

- in einer Bedarfsgemeinschaft mit Partner (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 <strong>und</strong> 3 c) <strong>und</strong> Kind<br />

(§ 7 Abs. 3 Nr. 1 <strong>und</strong> 4)<br />

berücksichtigt werden.<br />

In dieser Konkurrenzsituation entspricht die 2. Alternative besser der Lebenswirklichkeit.<br />

Luthe, IRS 16


Fall Tina (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

lTina ist 20 Jahre alt <strong>und</strong> von Ralf schwanger in der 13. Woche, Diabetikerin.<br />

lSie stellt am 1.7.2011 einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />

lDie angemessenen Kosten für ihre Mietwohnung, die sie seit 2 Jahren zusammen mit<br />

ihrem 23-jährigen Fre<strong>und</strong> bewohnt, belaufen sich insgesamt auf 600,-- € Warmmiete.<br />

lTinas Fre<strong>und</strong> Ralf (23 J.), mit dem sie seit zwei Jahren zusammen wohnt, ist seit 6<br />

Jahren wegen einer psychischen Erkrankung zeitweise erwerbsunfähig (vgl. § 102<br />

Abs. 2 <strong>SGB</strong> VI). Gleichwohl würde er gern wieder arbeiten <strong>und</strong> fragt nach<br />

entsprechenden Fördermöglichkeiten. Eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung<br />

liegt bei Ralf nicht vor.<br />

lEr besitzt Immobilienfonds mit einer Einzahlungssumme in Höhe von 10.000,-- €,<br />

laußerdem einen VW Golf (Restwert: 15.000,-- €).<br />

lDemnächst ist eine neue Waschmaschine „fällig“; die alte Maschine funktioniert nicht<br />

mehr zuverlässig.<br />

Können Leistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bezogen werden?<br />

Luthe, IRS 17


Falllösung Tina<br />

(A) Anspruch Tina:<br />

I.Berechtigung: § 7 Abs. 1<br />

1.Erwerbsfähigkeit § 7 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 8: Schwangerschaft ist keine Krankheit<br />

oder Behinderung, daher erwerbsfähig (nach Niederkunft § 10 Abs. 1 Nr. 3).<br />

2.Hilfebedürftigkeit § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1<br />

a) Arbeit (-)<br />

b) Einkommen <strong>und</strong> Vermögen (-)<br />

<strong>II</strong>. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts<br />

(Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt. Die letzte<br />

Dezimalstelle wird um 1 erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der<br />

Ziffern 5 bis 9 ergeben würde, § 41 Abs. 2)<br />

1. ALG <strong>II</strong> § 19 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

a) Regelbedarf § 20 Abs. 4 : 345,- €<br />

b) Mehrbedarf § 21<br />

- Schwangerschaft § 21 Abs. 2: 17 % von 345 € = 58,65 €<br />

- Diabetikerin § 21 Abs. 5: lt. Verwaltungsvorschrift 100,-- € monatlich<br />

c)Unterkunft <strong>und</strong> Heizung § 22 Abs. 1 in angemessener Höhe (hier angemessen),<br />

Luthe, IRS 18


also 600,-- € = 300,-- € (pro Person)<br />

d)Als einmalige Leistung nach § 24 Abs. 3 Nr. 2: Erstausstattung bei Schwangerschaft<br />

<strong>und</strong> Geburt, pauschal 1.000,-- € (lt. Verwaltungsvorschrift).<br />

(B) Anspruch Ralf<br />

I.Berechtigung § 7 Abs. 1<br />

1.Nicht erwerbsfähig gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 8, da psychisch krank.<br />

2.Bedarfsgemeinschaft gem. § 7 Abs. 3 (der Prüfungsaufbau ist rein pragmatischer<br />

Natur <strong>und</strong> nicht starr vorgegeben; bspw. könnte die Bedarfsgemeinschaft auch bei Tina<br />

oder vorweg für beide Personen geprüft werden):<br />

- Hierzu gehören:<br />

die erwerbsfähige Hilfebedürftige (§ 7 Abs. 3 Nr. 1), der „eheähnliche“<br />

Partner (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 c <strong>und</strong> Abs. 3 a)<br />

Im Sinne des § 7 Abs. 3 a) leben die Personen länger als ein Jahr zusammen. Somit wird<br />

gesetzlich vermutet, dass sie Verantwortung füreinander tragen <strong>und</strong> füreinander einstehen<br />

wollen, also eine Bedarfsgemeinschaft sind, - mit der weiteren Konsequenz, dass<br />

Eigenmittel nach § 9 für den jeweils anderen eingesetzt werden müssen. Die gesetzliche<br />

Vermutung hat eine Beweislastumkehr zur Folge: die Betroffenen müssen nun ggf.<br />

beweisen, dass trotz des gemeinsamen längeren Zusammenlebens die Voraussetzungen<br />

für eine Bedarfsgemeinschaft nicht vorliegen. Im vorliegenden Fall ist mangels<br />

entgegenstehender Anhaltspunkte jedoch von einer Bedarfsgemeinschaft auszugehen.<br />

(Einige Gerichte halten trotz gesetzlicher Vermutung jedoch an der behördlichen<br />

Untersuchungspflicht nach § 20 <strong>SGB</strong> X fest <strong>und</strong> verlangen, dass sie Behörde zunächst<br />

eigene Ermittlungen anstellt <strong>und</strong> nur dann, wenn sie hierbei nicht zu eindeutigen<br />

Ergebnissen kommt, bei Vorliegen der gesetzlichen Vermutungskriterien von einer<br />

Vermutung der Bedarfsgemeinschaft ausgehen darf).<br />

3. Hilfebedürftigkeit § 7 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 9 Abs. 2 S. 1<br />

Luthe, IRS 19


a)Einkommen § 11 (--)<br />

b)Vermögen § 12 (Immobilienfonds, VW Golf)<br />

aa) Absetzbeträge (§ 12 Abs. 2):<br />

Beim Gr<strong>und</strong>freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 <strong>und</strong> beim Freibetrag für notwendige<br />

Anschaffungen nach Abs. 2 Nr. 4 kommt es nicht auf die konkreten Eigentumsverhältnisse<br />

in der Bedarfsgemeinschaft an (Hengelhaupt, in Hauck/Noftz, <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,<br />

§ 12 Rz 129, 151 n). Sollten die Freibeträge bei Tina mithin noch nicht<br />

ausgeschöpft<br />

sein, so kann Ralf für den Teil seines Vermögens, der durch seine eigene<br />

Freibeträge nicht mehr geschützt ist, die noch offenen Freibeträge von Tina in<br />

Anspruch nehmen. Ob allerdings auch nicht mehr geschütztes „Schonvermögen“<br />

nach Abs. 3 (hier das Auto) von den Freibeträgen nach Abs. 2 aufgefangen wird ist<br />

umstritten (so aber Hengelhaupt. aaO., Rz 169). Wir werden diese Möglichkeit<br />

jedoch hier zugr<strong>und</strong>e legen. Außerdem ist die Notwendigkeit von Anschaffungen für<br />

den entsprechenden Freibetrag (hier Waschmaschine) glaubhaft zu machen.<br />

ûGr<strong>und</strong>freibetrag Ralf, 23 Jahre (§ 12 Abs. 2 Nr. 1): 3450 €<br />

ûGr<strong>und</strong>freibetrag Tina, 20 Jahre (§ 12 Abs. 2 Nr. 1): („mindestens“) 3100 €<br />

ûFreibetrag für notw. Anschaffungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4):Ralf <strong>und</strong> Tina je 750 €.<br />

bb) Schonvermögen (§ 12 Abs. 3):<br />

ØDas nach § 12 Abs. 3 Nr. 2 geschonte Kfz für „Erwerbsfähige“ gehört zwar dem nicht<br />

erwerbsfähigen Ralf. In der Bedarfsgemeinschaft kommt es jedoch nicht auf die<br />

Einkommensverhältnisse an (s.o. aa). Deshalb kann sich die erwerbsfähige Tina auf die<br />

Vorschrift berufen.<br />

ØAber: Die Angemessenheitsgrenze des Kfz liegt laut BSG bei 7500 €. Dies ist jedoch<br />

keine starre Grenze; zudem kommt es auf die die Lebensumstände an. Das Kfz mit dem<br />

Verkehrswert von 15000 € muss verkauft werden; 7.500 € müssten eingesetzt werden.<br />

ØAllerdings wird nicht geschontes Vermögen durch die nicht ausgeschöpften<br />

Luthe, IRS 20


Absetzbeträge nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 aufgefangen (s.o. aa). Da es nicht auf die<br />

Einkommensverhältnisse ankommt (s.o.), kann Tina in der Bedarfsgemeinschaft ihren<br />

noch nicht ausgeschöpften Gr<strong>und</strong>freibetrag in Höhe von 3100 € (§ 12 Abs. 2 Nr.1)<br />

geltend machen – sowohl für das Kfz als auch den Immobilienfonds. Somit gilt:<br />

ØGr<strong>und</strong>freibetrag Ralf 3.450 €<br />

Freibetrag für Anschaffungen Ralf 750 €<br />

Gr<strong>und</strong>freibetrag Tina 3.100 €<br />

Freibetrag für Anschaffungen Tina 750 €<br />

Kfz-Schonvermögen 7.500 €<br />

________<br />

Unantastbares Vermögen 15.550 €<br />

vorhandenes Vermögen:(10.000 € Immob., 15.000 € Kfz) = 25.000 €<br />

Einzusetzendes Vermögen der Bedarfsgemeinschaft: 9450 €<br />

<strong>II</strong>. Leistungen:<br />

Der gegenüber dem Sozialgeld des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nach § 19 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> vorrangige<br />

Anspruch auf Gr<strong>und</strong>sicherung für dauerhaft Erwerbsunfähige ist nach §§ 41 Abs. 3<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> jedoch nicht erfüllt, da der Fre<strong>und</strong> nur „Zeitrentner“, mithin nicht dauerhaft<br />

erwerbsunfähig ist.<br />

Er erhält daher Sozialgeld nach §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 4 = 345 €<br />

1.Unterkunft <strong>und</strong> Heizung § 22 Abs. 1:<br />

300,-- € (pro Person)<br />

2.Berufliche Reha<br />

ØRentenV? Voraussetzung: Pflichtversicherung mit Beitragszeiten (§§ 9 ff. <strong>SGB</strong> VI).<br />

Berufliche Reha-Leistungen der RV sind gegenüber Leistungen der Arbeitsförderung<br />

<strong>und</strong> Fürsorge vorrangig (§§ 5 Abs. 1, 9 Abs. 1). Falls keine Beitragszeiten vorhanden<br />

sind, aber gilt:<br />

ØLeistungen zur Teilhabe nach §§ 97 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I <strong>und</strong> ggf. Sozialhilfe, insbesondere<br />

Eingliederungshilfe §§ 53 ff <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Letztere ist nach § 5 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht<br />

Luthe, IRS 21


ausgeschlossen (auch § 21 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Wenn Eingliederungsleistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> zu<br />

gewähren sind, ist § 23 Nr. 2 i.V.m. § 21 Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Mehrbedarf) zu beachten.<br />

(D.) Einsatzgemeinschaft nach § 9 Abs. 2:<br />

I.Bedarf Tina<br />

Regelleistung 345,-- €<br />

Mehrbedarf, schwanger 58, 65 €<br />

Ernährung 100,-- €<br />

Unterkunft u. Heizung 300,-- €<br />

____________________________________________<br />

Laufende Leistungen: 803,65 €<br />

Einmalige Leistung: 1.000,-- €<br />

<strong>II</strong>.Bedarf Ralf<br />

Sozialgeld 345,-- €<br />

Unterkunft u. Heizung 300,-- €<br />

_____________________________________________<br />

Laufende Leistungen 645,-- €<br />

<strong>II</strong>I.<br />

Realisierung des Nachrangs: Leistungen abzügl. Eigenmittel<br />

1.Gesamtbedarf im Antragsmonat (§ 38): 2.448,65 €<br />

2.Nach § 9 Abs. 2 S. 1 sind bei in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen auch<br />

das Einkommen <strong>und</strong> Vermögen des Partners (§ 7 Abs. 3 Nr. 3) zu berücksichtigen.<br />

Vermögen: 9450,-- €. Daraus folgt:<br />

3.Die Bedarfs- bzw. Einsatzgemeinschaft ist nicht bedürftig (§ 7 Abs. 1 Nr. 3) <strong>und</strong> damit<br />

nicht leistungsberechtigt. Zunächst müssen die verfügbaren Eigenmittel aufgebraucht<br />

werden, <strong>und</strong> zwar für den laufenden Bedarf <strong>und</strong> die einmalige Leistung. Wenn sich<br />

Luthe, IRS 22


Tina etwa Kinderwagen <strong>und</strong> Babysachen erst nach der Geburt <strong>und</strong> dem Verbrauch des<br />

Vermögens anschafft, muss der einmalige Bedarf später aber bewilligt werden.<br />

Fall Lotte (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

Lotte, 40 Jahre alt, ist erwerbsfähig <strong>und</strong> arbeitslos. Sie hat bislang noch keine<br />

sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt.<br />

Sie lebt zusammen mit ihrem Ehegatten Hans. Hans, ebenfalls 40 Jahre alt, verdient<br />

1.200,-- € brutto monatlich. Es ist November. Hans erhält am Monatsende deshalb zudem<br />

1200,-- € brutto Weihnachtsgeld.<br />

Er hat insgesamt 100,-- € Steuern <strong>und</strong> 100,-- € Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.<br />

Als monatliche „Werbungskosten“ hat Hans 100 € nachgewiesen. Für tägliche Fahrten hin<br />

<strong>und</strong> zurück zur bzw. von der Arbeit werden insgesamt 40 km mit dem eigenen PKW<br />

(Zeitwert 4000 €) zurückgelegt. Der nächstgelegene Bahnhof ist 20 km entfernt. Für die<br />

Bahnfahrt würden monatlich Kosten in Höhe von 100,-- € entstehen.<br />

Die Kfz-Pflichtversicherung beläuft sich auf jährlich 240,-- €. Für eine private Haftpflicht<strong>und</strong><br />

Hausratsversicherung fallen jährlich 150,-- € an.<br />

Hans <strong>und</strong> Lotte haben Sparvermögen in Höhe von insgesamt 11.000 €, außerdem eine<br />

Kapitallebensversicherung (nicht verwertbar vor Eintritt in den Ruhestand) mit einem<br />

Rückkaufswert in Höhe von 15.000 €.<br />

Lotte <strong>und</strong> Hans leben in einer 80 qm großen Wohnung. Hierfür zahlen sie als Kaltmiete<br />

inkl. Nebenkosten (außer Heizung <strong>und</strong> Warmwasser) 6,-- €/qm. Für Heizung entstehen<br />

monatl. Kosten in Höhe von 50,-- €.<br />

Laut örtlichem Mietspiegel in Braunschweig liegt der Wert des durchschnittlichen Mietniveaus<br />

für eine Standardwohnung ab dem Baujahr 2000 für 60 qm im unteren Mietdrittel<br />

bei 6,50 €/qm. Die Stadt Braunschweig hat in einer Satzung diesen Wert für das<br />

einschlägige Stadtgebiet als Quadratmeterhöchstmiete für die Angemessenheit der<br />

Unterkunftskosten zugr<strong>und</strong>e gelegt. Die anfallenden Heizkosten sind „angemessen“. Laut<br />

Verwaltungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung,<br />

welche die Stadt Braunschweig als angemessene Wohnfläche zugr<strong>und</strong>e gelegt hat, sind<br />

folgende Wohnflächen angemessen:<br />

- bei Alleinstehenden bis 50 qm<br />

- bei 2 Personen 60 qm<br />

- bei 3 Personen 75 qm<br />

Luthe, IRS 23


- bei 4 Personen 85 qm<br />

- für jede weitere Person 10 qm mehr<br />

Falllösung Lotte<br />

I. Nachrang (§ 9) wegen Bedarfsgemeinschaft mit Hans<br />

Lotte ist nur hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1, insofern sie ihren Unterhalt nicht selbst oder<br />

durch Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sicherstellen kann. In Bedarfsgemeinschaften<br />

sind nach § 9 Abs. 2 auch Einkommen <strong>und</strong> Vermögen des Partners zu berücksichtigen.<br />

Lotte <strong>und</strong> Hans sind eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 a.<br />

Fraglich ist jedoch, ob Hans nur das über seinem eigenen Unterhaltsbedarf liegende<br />

Einkommen für Lotte einsetzen muss oder ob er auch dann Einkommen für Lotte<br />

einsetzen muss, wenn er hierdurch selbst bedürftig wird (weil sein Einkommen für beide<br />

nicht reicht). Früher, unter Geltung des BSHG, wurde letzteres als verfassungswidrig<br />

angesehen.<br />

Heute berufen sich die Sozialgerichte auf § 9 Abs. 2 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, wonach es auf den<br />

ungedeckten Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis zu den Einzelbedarfen<br />

ankommt (vgl. auch § 2 Abs. 1 <strong>und</strong> 2). Dies bedeutet, dass sämtliches Einkommen <strong>und</strong><br />

Vermögen der Bedarfsgemeinschaftsmitglieder im Verhältnis zu ihren Einzelbedarfen auf<br />

diese verteilt <strong>und</strong> letztlich von den Leistungen abgezogen werden muss – auch unter<br />

vollem Einsatz des Einkommens der an sich gar nicht bedürftigen Person.<br />

Hans muss sein Einkommen also auch dann für Lotte einsetzen, wenn er dadurch unter<br />

das gesetzliche Leistungsniveau gedrückt <strong>und</strong> mithin selbst <strong>zum</strong> Fürsorgeempfänger wird,<br />

auch wenn er seinen eigenen Unterhalt an sich selbst sicherstellen könnte. (Theoretisch<br />

könnte der Leistungsträger dem Hans nunmehr eine besser bezahlte Erwerbstätigkeit<br />

anbieten, insofern der Gesamtbedarf hierdurch sichergestellt werden kann).<br />

<strong>II</strong>.Anspruchsberechtigung von Hans<br />

1. Einsetzbares Einkommen von Hans nach § 11 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Hans verfügt über ein Brutto-Einkommen nach § 11 Abs. 1, denn hiermit bestreitet er<br />

seinen laufenden Unterhaltsbedarf (insofern im Unterschied <strong>zum</strong> Vermögen). Einkommen:<br />

1.200,-- € brutto. Das Weihnachtsgeld in Höhe von 1200,-- € ist nach § 11 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Luthe, IRS 24


ab November als Zuflussmonat zu berücksichtigen <strong>und</strong> auf einen Zeitraum von 6 Monaten<br />

aufzuteilen, monatlich also 200,-- €.<br />

lBereinigung des Einkommens nach § 11 b (Absetzbeträge)<br />

Von den 1.400,-- € Einkommen sind abzusetzen:<br />

Ø Steuern 100,-- € (§ 11 b Abs. 1 Nr. 1)<br />

Ø Pflichtbeiträge 100,-- € (§ 11 b Abs. 1 Nr. 2)<br />

Ø Kfz-Pflichtversicherung 20,-- € monatlich (§ 11 b Abs. 1 Nr. 3; „gesetzlich vorgeschrieben“,<br />

daher extra: so jedenfalls LSG Thüringen 8.3.2005 - L 7 AS 112/05 ER)<br />

Ø Hausrat- <strong>und</strong> Haftpflichtversicherung, monatl. 30,-- € als Pauschbetrag für die<br />

„angemessene“ private Versicherung (§ 11 b Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg<br />

<strong>II</strong>-VO)<br />

Ø notwendige - hier „nachgewiesene“ - Ausgaben für Erwerbstätigkeit 100,-- €<br />

(§ 11 b Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 a, letzter Halbsatz Alg <strong>II</strong>-VO)<br />

Ø Fahrtkosten für Pkw als Ausgaben für Erwerbstätigkeit: 0,20 €, 40 km, 20 Arbeitstage<br />

= 160,-- € monatlich ( § 11 b Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 b Alg <strong>II</strong>-VO).<br />

Die Fahrtkosten sind im Vergleich mit einem <strong>zum</strong>utbaren öffentlichen<br />

Verkehrsmittel nicht unangemessen hoch; zudem wäre die Inanspruchnahme von<br />

Bus <strong>und</strong> Bahn un<strong>zum</strong>utbar (§ 6 Abs. 2 Alg <strong>II</strong>-VO)<br />

Ø Ein pauschaler Absetzungsbetrag von 100,-- € tritt nach § 11 b Abs. 2 S. 1 aus Vereinfachungsgründen<br />

an die Stelle der tatsächlichen Absetzungsbeträge der §§ 11<br />

Abs. 2 Nr. 3 bis 5. Beträgt das Bruttoeinkommen jedoch mehr als 400,-- € <strong>und</strong> wird<br />

nachgewiesen, dass die Summe der Beträge nach § 11 b Abs. 1 Nr. 3 bis 5 den<br />

Betrag von 100,-- € übersteigt, so wird jedoch nicht der pauschale<br />

Absetzungsbetrag von 100,-- €, sondern die tatsächlich anfallenden Beträge nach §<br />

11 b Abs. 1 Nr. 3 bis 5 als Absetzbeträge gewährt (vgl. § 11 b Abs. 2 S. 2).<br />

Letzteres ist hier der Fall - endgültige Berechnung siehe unten. (Bei den üblichen<br />

400 €-Jobs sind daher in der Regel pauschal nur die 100 € abzusetzen; ob es eine<br />

Anpassung im Gesetz geben wird an die ab 2013 geltenden 450-Euro-Jobs ist <strong>zum</strong><br />

Bearbeitungszeitpunkt – 12/2012 - offen).<br />

> Betrag nach § 11 b Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Absatz 3 (Freibetrag bei Erwerbstätigkeit):<br />

•die ersten 100,-- € werden bei der Berechnung nach § 11 b Abs. 3 nicht<br />

Luthe, IRS 25


erücksichtigt. Sie wurden bereits durch § 11 b Abs. 2 Satz 1 <strong>und</strong> 2 erfasst, also<br />

entweder pauschal mit 100,-- € oder im Wege der tatsächlich anfallenden<br />

Absetzbeträge nach § 11 b Abs. 1 Nr. 3 – 5. Die „ersten“ 100 € beziehen sich also auf<br />

die Absetzbeträge des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5. Der eigentliche Freibetrag nach Abs. 3<br />

beginnt erst ab 101 €.<br />

•20 % von 900,-- € = 180,-- € ( § 11 b Abs. 3 Nr. 1)<br />

•10 % von 200,-- € = 20,-- € (§ 11 b Abs. 3 Nr. 2)<br />

(Die letzten 200 € des Einkommens von Hans werden nicht mehr berücksichtigt, weil<br />

der Freibetrag nur Beträge bis 1200 brutto erfasst).<br />

Freibetrag : 200,-- €<br />

Anmerkung <strong>zum</strong> Thema Freibetrag bzw. Kombilohn:<br />

Politisch wurden mit dem Ziel höherer Anreizwirkungen in Richtung Erwerbstätigkeit<br />

bereits häufiger höhere Freibeträge diskutiert. Je höher aber der Freibetrag, desto mehr<br />

Erwerbstätigenhaushalte wachsen als Aufstocker in den Leistungsbezug des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

hinein. Denn sie werden durch vor allem hohe Freibeträge quasi künstlich arm gerechnet.<br />

Die diskutierte Begrenzung hoher Freibeträge auf vormals Arbeitslose als<br />

Gegenmaßnahme wäre eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber<br />

Erwerbstätigen mit gleichem Einkommen. Sie wäre auch unter dem Aspekt der<br />

Anreizwirkung nicht zu rechtfertigen, da sie Erwerbstätige ohne vormalige Arbeitslosigkeit<br />

bei rationaler Wirtschaftskalkulation in umgekehrter Richtung zunächst in die<br />

Arbeitslosigkeit treibt, weil nach Wiederaufnahme einer Arbeit fortan ein höheres<br />

Kombieinkommen bezogen werden könnte. Eine ähnliche Wirkung – Anwachsen der Zahl<br />

der Aufstocker - hat übrigens jedwede Erhöhung von Regelleistungen. In Vergessenheit<br />

gerät bei allem, dass als typische Maßnahme zur Durchsetzung der Arbeitsaufnahme die<br />

Sanktion zur Verfügung steht. Immerhin gilt das Subsidiaritätsprinzip (§ 9). Wozu dann<br />

Anreize?<br />

Vornahme der Bereinigung des Einkommens (Realisierung des<br />

Nachrangs):<br />

1.400,-- € brutto<br />

abzüglich 510,-- € Absetzbetrag nach § 11 Abs. 2 Nr.1-5<br />

abzüglich 200,-- € Freibetrag nach § 30 i.V.m. § 11 Abs. 2 Nr. 6<br />

Luthe, IRS 26


= 690,-- € Einzusetzendes bereinigtes Einkommen<br />

2. Vermögen:<br />

l Das Kfz ist zwar verwertbar nach § 12 Abs. 1, aber nach Abs. 3 Nr. 2<br />

Schonvermögen: Der Verkehrswert von 4000 € ist „angemessen“.<br />

l Das Sparvermögen in Höhe von 11.000,-- € ist nicht verwertbar: Gr<strong>und</strong>freibetrag<br />

von insgesamt 12.000,-- € (6.000,-- € pro Person nach § 12 Abs. 2 Nr.1). Der<br />

Maximalwert nach Abs. 2 S. 2 wird mit 6000 € nicht überschritten. Zudem könnte<br />

der Freibetrag für notwendige Anschaffungen von insgesamt 1.500,-- € (750,-- €<br />

pro Person nach § 12 Abs. 2 Nr. 4) noch berücksichtigt werden, wenn<br />

entsprechende Anschaffungen glaubhaft gemacht werden.<br />

l Die Kapitallebensversicherung in Höhe von 15.000,-- € (max. 50.250 € nach S. 2)<br />

ist als geschütztes Altersvorsorgevermögen ebenfalls nicht verwertbar (§ 12 Abs. 1,<br />

Abs. 2 Nr. 3).<br />

3. Unterhaltsbedarf für Hans<br />

a) Regelleistung nach § 20 Abs. 4 = 337,-- €<br />

b) Unterkunft <strong>und</strong> Heizung nach § 22<br />

Übernommen werden die tatsächlichen angemessenen Aufwendungen<br />

(§ 22 Abs. 1 S. 1). Zunächst zu den „tatsächlichen“ Aufwendungen:<br />

Lebt die Person mit anderen zusammen, sind die Kosten aufzuteilen. Die Wohnung<br />

darf lt. Mietspiegel nicht mehr als 6,50 €/qm bei einer angemessenen Wohnfläche<br />

von 60 qm (da 2-Personen-Haushalt) kosten. Der Preis quo Quadratmeter ist mit 6<br />

€ angemessen; lediglich die Wohnungsgröße ist mit 80 qm unangemessen.<br />

Unterkunftsbedarf für Hans (außer Heizung) somit zurzeit 240.-- €. Von diesen an<br />

sich zu hohen Unterkunftskosten ist zunächst auszugehen, da die<br />

Leistungsberechtigten noch eine zeitlang in der Wohnung verbleiben können (s.u.).<br />

Allgemein kann zudem bspw. eine zu hohe Miete durch eine geringere Wohnfläche<br />

ausgeglichen werden, ebenfalls ein niedriger Quadratmeterpreis durch eine größere<br />

Luthe, IRS 27


Wohnfläche, wenn hierdurch keine erhöhten Heizkosten entstehen.<br />

èBedarf von Hans<br />

Regelleistung 345,-- €<br />

+ ½ Miete 240,-- €<br />

+ ½ Heizung 25,-- €<br />

__________________________________<br />

Bedarf 610,-- €<br />

<strong>II</strong>I. Anspruchsberechtigung von Lotte<br />

1. Nachrang § 9 Abs.1<br />

Lotte verfügt weder über Einkommen <strong>und</strong> Vermögen noch hat sie Ansprüche<br />

gegenüber anderen Sozialleistungsträgern oder sonstigen Personen. Ggf.<br />

bestehendes gemeinsames Vermögen wurde bereits bei Hans berücksichtigt.<br />

2. Unterhaltsbedarf von Lotte<br />

a) Regelleistung wie bei Hans, also 345,-- €<br />

b) Unterkunft wie bei Hans, also 240,-- €<br />

<strong>und</strong> Heizung wie bei Hans, also 25,-- €<br />

_______<br />

Bedarf 610,-- €<br />

IV.Realisierung des Nachrangs im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft<br />

(§ 9 Abs. 1 sowie § 9 Abs. 2 S. 3)<br />

Gesamtbedarf von Lotte <strong>und</strong> Hans als Bedarfsgemeinschaft: Nach § 9 Abs. 2 S. 3<br />

(s.o.) muss das gesamte der Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehende<br />

Luthe, IRS 28


Einkommen im Verhältnis zu den Einzelbedarfen eingesetzt werden:<br />

1220,-- € Gesamtbedarf (2 mal 610,-- €) abzüglich 690,-- € bereinigtes Einkommen<br />

= 530,-- € Gesamtbedarf.<br />

−Verhältnis des Einzelbedarfs von Lotte bzw. Hans <strong>zum</strong> Gesamtbedarf: 50 %<br />

−50 % von 514,-- € = 265,-- € Einzelbedarf<br />

Lotte <strong>und</strong> Hans haben Anspruch (§ 7 Abs.1 <strong>und</strong> 2 „Berechtigte“) auf laufende Leistungen<br />

zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt von Arbeitslosengeld <strong>II</strong><br />

(§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 3) in Höhe von jeweils 265,-- € monatlich.<br />

V. Wohnungswechsel bzw. Fortzahlung der Miete<br />

Ø Die tatsächlichen Unterkunftskosten liegen bei 480,-- € plus 50,- € Heizung.<br />

Angemessen sind mit 60 qm nur 360,-- €. Für längstens 6 Monate ist der<br />

„unangemessene“ Mietanteil für Hans <strong>und</strong> Lotte (also 2 x 60,-- €) jedoch zu<br />

zahlen, es sei denn, ein früherer Wohnungswechsel ist möglich (§ 22 Abs. 1<br />

S. 3). Spätestens nach 6 Monaten werden nur noch die angemessenen<br />

Mietkosten übernommen.<br />

Ø Beachte: Zieht der Leistungsempfänger von einer angemessenen Wohnung<br />

um in eine ebenfalls angemessene, aber gleichwohl teurere Wohnung,<br />

werden nur noch die bisherigen Kosten übernommen, es sei denn der<br />

Umzug ist „erforderlich“ (§ 22 Abs. 1 S. 2, s.u.).<br />

Ø Der kommunale Träger (vgl. auch § 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) muss jede neue Unterkunft<br />

zusichern (§ 22 Abs. 4). Er ist zur verbindlichen Zusicherung der Übernahme<br />

angemessener Kosten einer anderen Wohnung verpflichtet, wenn der<br />

Umzug „erforderlich“ ist <strong>und</strong> die neue Unterkunft angemessen ist (§ 22 Abs.<br />

4 S. 2). Erforderlich ist der Umzug u.a. immer dann, wenn etwa die bisherige<br />

Wohnung nicht aus den laufenden Leistungen bestritten werden kann, ferner<br />

bei Vorliegen von sozialen, ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen oder bei<br />

Arbeitsaufnahme an einem anderen Ort.<br />

Ø Wohnungsbeschaffungskosten/Mietkautionen/Umzugskosten „können“ nach<br />

vorheriger Zusicherung übernommen werden (§ 22 Abs. 6 S. 1). Die<br />

Zusicherung hierfür „soll“ nach § 22 Abs. 6 S. 2 erteilt werden, wenn der<br />

Umzug durch Behörde veranlasst oder dieser notwendig ist (etwa unges<strong>und</strong>e<br />

Wohnverhältnisse) oder wenn eine Unterkunft sonst nicht gef<strong>und</strong>en werden<br />

Luthe, IRS 29


kann (Vermieter besteht auf Kaution). Die Mietkaution soll als Darlehen<br />

erbracht werden (§ 22 Abs. 6 S. 3).<br />

Ø Die Stadt hat eine Satzung erlassen nach §§ 22 a i.V.m. 22 b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />

Fall Frieda (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

Sachverhalt:<br />

Die 35-jährige erwerbsfähige Frieda lebt im gemeinsamen Haushalt mit ihrem<br />

2-jähigen Sohn Max <strong>und</strong> ihrer 66-jährigen Mutter Erna.<br />

Frieda verfügt über ein Bankguthaben in Höhe von 50,-- €.<br />

Ihre Mutter bezieht eine monatliche Altersrente in Höhe von – bereinigt - 1.500,-- €.<br />

Hierauf hatte Frieda im Rahmen ihrer Mitwirkungsverpflichtung nach § 60 Abs.1 Nr.1 <strong>SGB</strong><br />

I hingewiesen. Sonstiges Einkommen <strong>und</strong> Vermögen ist nicht vorhanden. Mehrfache<br />

Anfragen der Arbeitsgemeinschaft bei Frieda über die Verwendung der Rente von Erna<br />

blieben unbeantwortet.<br />

Die angemessenen Kosten für Unterkunft <strong>und</strong> Heizung für die gemeinsame Wohnung<br />

belaufen sich auf monatlich 450,-- €.<br />

Sohn Max hatte einen Verkehrsunfall; hierbei wurden sämtliche Kleidungsstücke<br />

beschädigt; Ersatz ist nicht vorhanden (Neuanschaffungswert für die Kleidungsstücke:<br />

100,-- €). In der Kleiderkammer des DRK sind adäquate Kleidungsstücke zurzeit nicht<br />

verfügbar.<br />

ØBerechnen Sie den laufenden Lebensunterhalt sowie etwaige „Sonderleistungen“ für<br />

Frieda <strong>und</strong> Max nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />

ØInwieweit ist Erna hins. ihres Renteneinkommens zur Auskunft verpflichtet?<br />

Anm.: Mögliche Unterhaltsansprüche <strong>und</strong> Kindergeld bzw. Kinderzuschlag bleiben<br />

unberücksichtigt.<br />

Luthe, IRS 30


Falllösung Frieda<br />

I. Nachrang § 2 Abs. 3, § 7 Abs. 3, § 9 Abs. 1 <strong>und</strong> 2, 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

1. Leistungsberechtigung<br />

Leistungsberechtigt sind Personen unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 – 3<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Zum Personenkreis zählen der erwerbsfähige Hilfebedürftige (§ 7 Abs. 1<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) sowie die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen (§ 7<br />

Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Zur Bedarfsgemeinschaft gehört Frieda (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

sowie ihr Sohn Max (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Nicht hierzu gehört Erna; die<br />

Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 treffen auf sie nicht zu. (Reicht die Altersrente zur<br />

Bedarfsdeckung nicht aus, kann Erna auf Antrag ergänzend<br />

Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen nach §§ 41 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beanspruchen).<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung (u. a.) der Leistungsberechtigung ist die Hilfebedürftigkeit der<br />

Person (§§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Hierbei sind auch die verfügbaren<br />

Eigenmittel der Bedarfsgemeinschaft (§ 9 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) sowie der<br />

Haushaltsgemeinschaft (§ 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) zu berücksichtigen.<br />

l Eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) bzw. Einsatzgemeinschaft<br />

(§ 9 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) bildet Frieda als Elternteil gegenüber Max als „unverheiratetes<br />

Kind“. Wäre Max wegen möglicher Unterhaltsansprüche oder wegen Kindergeld<br />

(das nach § 11 Abs. 1 S. 4 als Einkommen des Kindes gilt) nicht bedürftig, so<br />

würde er mit seiner Mutter jedoch keine Bedarfsgemeinschaft bilden (§ 7 Abs. 3 Nr.<br />

4). Er hätte für sich nicht benötigtes Einkommen dann allenfalls in der<br />

„Haushaltsgemeinschaft“ als mit eigenem Einkommen für die anderen<br />

heranzuziehende Person einzusetzen.<br />

l Eine Haushaltsgemeinschaft (§ 9 Abs. 5) liegt vor im Verhältnis Frieda/Max mit<br />

Erna als „Verwandte“.<br />

Luthe, IRS 31


2. Einkommensermittlung im Rahmen der Bedarfs- bzw. Einsatzgemeinschaft,<br />

§ 11 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Weder Frieda noch Max verfügen über Einkommen (Kindergeld <strong>und</strong> mögliche<br />

Unterhaltsansprüche bleiben lt. Anmerkung unberücksichtigt).<br />

3. Vermögen § 12 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

a) Frieda verfügt über Bankguthaben in Höhe von 50,-- €; es handelt sich um<br />

verwertbares Vermögen (§ 12 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

b) Diesbezüglich bestehen jedoch nicht anrechenbare Gr<strong>und</strong>freibeträge<br />

(Absetzbeträge)<br />

l5.250,-- € für Frieda ( 35 x 150,-- €) nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

l3.100,-- € für Max als minderjähriges Kind nach § 12 Abs. 2 Nr. 1a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

l1.500,-- € (2 x 750,-- €) für Frieda <strong>und</strong> Max nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

èDas Bankguthaben bleibt „zunächst“ (siehe § 24 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 42 a Abs.<br />

1 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) anrechnungsfrei.<br />

4. Haushaltsgemeinschaft (§ 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) sowie Auskunftsverlangen (§ 60 <strong>SGB</strong><br />

<strong>II</strong>)<br />

a) Haushaltsgemeinschaft<br />

Da eine Haushaltsgemeinschaft mit Erna vorliegt (§ 9 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>), wird von<br />

Gesetzes wegen vermutet, dass Frieda <strong>und</strong> Max von Erna finanziell unterstützt<br />

werden. Voraussetzung ist jedoch, dass eine solche Unterstützung gemessen am<br />

Einkommen <strong>und</strong> Vermögen von Erna „erwartet werden kann“.<br />

Nach der früheren Rechtsprechung (BVerwG, FEVS 28, 309, 312) kann dies nur für<br />

Luthe, IRS 32


diejenigen Eigenmittel erwartet werden, die den eigenen Bedarf des<br />

Haushaltsangehörigen deutlich übersteigen. Deshalb bestimmt § 1 Abs. 2 VO zu §<br />

13 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Alg <strong>II</strong> – VO), dass dem Haushaltsangehörigen ein Freibetrag in<br />

Höhe der doppelten Regelleistung nach § 20 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> plus anteilige<br />

Aufwendungen für Unterkunft <strong>und</strong> Heizung plus 50 % der diesen Betrag<br />

übersteigenden bereinigten Einnahmen verbleiben muss:<br />

2 x 374 € (Regelleistung) plus 150 € (Wohnen) = 898,-- €<br />

50 % übersteigende Einnahmen (Rente 1.500 €) = 301,-- €<br />

Freibetrag = 1199,-- €<br />

Mithin kann erwartet werden, dass Erna ihre Angehörigen mit 301,-- € monatlich<br />

unterstützt. In Höhe dieses Betrages sind Frieda <strong>und</strong> Max somit nicht hilfebedürftig<br />

i. S. d. § 9 Abs. 1.<br />

Allerdings kann die gesetzliche Vermutung durch Frieda widerlegt werden (Erna<br />

ist im Verfahren nur Zeugin). Je höher das Einkommen, umso höhere<br />

Anforderungen gelten hinsichtlich der Beweisführung. Die Leistungsempfänger<br />

tragen die Beweislast bei Unerweislichkeit entscheidungserheblicher Tatsachen:<br />

Zwar hat die Behörde den Sachverhalt nach den §§ 20, 21 <strong>SGB</strong> X im Rahmen ihrer<br />

Untersuchungspflicht gr<strong>und</strong>sätzlich selbst aufzuklären. Dies hat sie durch die<br />

Anfrage bei den Leistungsempfängern auch getan; mehr kann von der Behörde<br />

angesichts der gesetzlichen Vermutung des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht verlangt werden. Die<br />

Familie hat hierauf aber nicht reagiert. Nunmehr greift die von Frieda nicht<br />

widerlegte gesetzliche Vermutung, dass Erna ihre Angehörigen finanziell<br />

unterstützt.<br />

b) Auskunftspflicht § 60 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>:<br />

Im Sinne des § 60 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - Leistungspflicht eines Dritten gegenüber dem<br />

Leistungsbezieher - ist Erna nach § 1601 BGB zunächst gegenüber ihrer Tochter<br />

Frieda (nicht-gesteigert) unterhaltspflichtig (Unterhaltspflicht von Verwandten in<br />

gerader Linie).<br />

Nach § 60 Abs. 2 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist § 1605 Abs. 1 BGB anzuwenden. Danach sind<br />

Verwandte in gerader Linie zur Auskunftserteilung verpflichtet, wenn dies zur<br />

Luthe, IRS 33


Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Erna hat ihr<br />

Renteneinkommen somit gr<strong>und</strong>sätzlich anzugeben (ansonsten Bußgeld nach § 63<br />

Abs. 1 Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>; ohnehin aber wurde dies bereits durch die nach § 60 Abs. 1<br />

Nr. 1 <strong>SGB</strong> I mitwirkungspflichtige Frieda erledigt). Außerdem hat der<br />

Unterhaltsverpflichtete nach § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB „Belege“ vorzulegen. Im<br />

Wesentlichen sind hiermit Verzeichnisse über Einkünfte <strong>und</strong> Ausgaben gemeint,<br />

nicht jedoch Kontoauszüge (Palandt, BGB, 54. Aufl., § 1605 Rz 21). (Es erscheint<br />

jedoch ebenso vertretbar, die Auskunftspflicht in unserem Fall auf § 60 Abs.1 <strong>SGB</strong><br />

<strong>II</strong> zu stützen, also auf die Konstellation, dass jemand gegenüber dem<br />

Leistungsbezieher „Leistungen erbringt“).<br />

Für den Fall, dass eine genaue Ermittlung von Kontobewegungen bei Erna<br />

erforderlich ist (etwa zur Überprüfung, ob die Miete von ihr gezahlt wird), kommt<br />

somit eine Auskunft über Ernas Konto nicht in Betracht, wohl aber über etwaige<br />

Konten von Frieda <strong>und</strong> Max. Denn hier greift die Auskunftspflicht derjenigen Stelle<br />

(Banken, Versicherungen), die für den Leistungsbezieher „Guthaben führt“ oder<br />

„Vermögensgegenstände verwahrt“ (§ 60 Abs. 2 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Sie greift - <strong>und</strong> dies<br />

gilt für sämtliche Anwendungsfälle des § 60 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> - aber nur dann, wenn die<br />

Auskunft nach dem Gr<strong>und</strong>satz der Verhältnismäßigkeit auch „erforderlich“ ist, also<br />

etwa Zweifel an der Richtigkeit von Angaben bestehen (Voelzke, in Hauck/Noftz,<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, § 60 Rz 22).<br />

c) Anspruchsübergang nach § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Der Übergang von Ansprüchen auf Unterhalt zwischen Verwandten ist (mit<br />

Ausnahme der Fälle einer gesteigerten Unterhaltspflicht) generell ausgeschlossen<br />

(§ 33 Abs. 2 Nr. 2, 1. HS <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Das gilt insbesondere auch für Ansprüche<br />

zwischen Eltern <strong>und</strong> erwachsenen Kindern (nicht jedoch bspw. zwischen<br />

Ehegatten!). Ein Übergang von Ansprüchen von Frieda <strong>und</strong> Max gegenüber Erna<br />

findet somit nicht statt.<br />

Luthe, IRS 34


<strong>II</strong>. Leistungen<br />

1. Frieda<br />

- Regelbedarf (AlG <strong>II</strong>) nach § 19 i.V.m. § 20 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> = 382,-- €<br />

- Unterkunftskostenanteil (1/3) nach § 22 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> = 150,-- €<br />

- Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (36% v. 383,--€) = 137,52 €<br />

Gesamtbedarf an laufenden Leistungen: 669,52 € monatlich.<br />

2. Max<br />

a) Versorgungsleistungen<br />

- Sozialgeld § 19 Abs. 1 i.V.m. § 23 Nr. 1 = 213,-- €<br />

- Unterkunftskostenanteil (1/3) nach § 22 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> = 150,-- €<br />

Gesamtbedarf an laufenden Leistungen: 363,-- € monatlich.<br />

b) Sonderleistung nach § 24 :<br />

Außerdem erhält Max als Sonderleistung nach § 24 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> den Wintermantel.<br />

Denn der Mantel ist von den Regelleistungen „umfasst“ <strong>und</strong> stellt einen<br />

„unabweisbaren“ Bedarf da. In Höhe des Sparvermögens von Frieda (50 €) kann der<br />

Bedarf (Mantel 100 €) jedoch <strong>zum</strong> Teil „gedeckt“ werden. Dies hat nach § 42 a Abs. 1<br />

zur Folge, dass Frieda diese Summe im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft für ihren<br />

Sohn trotz der Freibetragsregelung beim Vermögen einsetzen muss. Der Restbetrag<br />

von 50 € wird nach § 23 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 42 a Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> jedoch nur als<br />

Darlehen gewährt, <strong>und</strong> zwar durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des<br />

maßgebenden Regelbedarfs von Hans (§ 42 a Abs. 2 S. 1).<br />

c) Bildung <strong>und</strong> Teilhabe<br />

Beim Besuch einer Kindertageseinrichtung werden die Aufwendungen für Ausflüge<br />

übernommen (§ 28 Abs. 2 S. 2). Ebenso würde das Mittagessen gezahlt (§ 28 Abs. 6<br />

Nr. 2). Zudem wird ein Bedarf für kulturelle Betätigung in Höhe von 10 € monatlich<br />

finanziert (§ 28 Abs. 7). Die Leistung wird durch Gutscheine oder Direktzahlungen an<br />

den Anbieter erbracht (§ 29 Abs. 1).<br />

Luthe, IRS 35


<strong>II</strong>I. Realisierung des Nachrangs<br />

l Gesamtbedarf Frieda 669,52 €<br />

abzgl. Unterstützungsbeitrag Erna 301,-- € (entsprechend BGB zunächst beim<br />

näheren Verwandten anzurechnen; § 9 Abs. 2 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt im Übrigen nur für<br />

Bedarfsgemeinschaften).<br />

è Frieda ist in Höhe von 368,52 € monatlich leistungsberechtigt.<br />

l Gesamtbedarf Max: 363,-- €<br />

è Max ist in Höhe von 363,-- € monatlich leistungsberechtigt.<br />

Einmaliger unabweisbarer Bedarf von Max in Höhe von 50,-- € als Darlehen.<br />

IV. Zahlweise<br />

Die Vertretung der Bedarfsgemeinschaft erfolgt durch Frieda (§ 38 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Die<br />

Leistungen werden nur auf Antrag erbracht (§ 37 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) <strong>und</strong> für 6 Monate<br />

bewilligt (§ 41 Abs. 1 S. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

Für den Antragsmonat werden für den Wintermantel zusätzlich 50,-- € als Darlehen<br />

gezahlt. Bis zu 10 % der an Max zu zahlenden Regelleistung kann zur Tilgung pro Monat<br />

jedoch einbehalten werden (§ 42 a Abs. 2 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Das sind bei bei Max max. 21,30<br />

€. Falls die Behörde die Tilgung des Darlehens bereits im Antragsmonat geltend macht,<br />

erhält Max somit im ersten Monat insgesamt 21,30 € im Rahmen seiner Regelleistung<br />

weniger.<br />

Max erhält zudem Leistungen für Bildung <strong>und</strong> Teilhabe, wie die Finanzierung von<br />

Ausflügen, Mittagessen <strong>und</strong> Kultur, allerdings unbar als Sach- <strong>und</strong> Dienstleistung.<br />

V. Zuständigkeit<br />

Örtlich zuständig ist nach § 36 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> derjenige Leistungsträger, in dessen Bezirk der<br />

erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (im Normalfall also der<br />

Luthe, IRS 36


Wohnsitz).<br />

Sachlich zuständig sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> die B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit<br />

sowie nach Nr. 2 für die hier aufgeführten Leistungsbereiche (u. a. Unterkunftskosten) die<br />

kommunalen Träger. Die Aufgaben wurden jedoch nach § 44 b Abs.1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> auf<br />

gemeinsame Einrichtungen übertragen. Diese sind nunmehr als Leistungsträger sachlich<br />

zuständig.<br />

Anderes gilt nur in denjenigen Fällen, wo kommunale Träger vom sog. Optionsmodell (§<br />

6a) Gebrauch gemacht haben <strong>und</strong> das Gesetz vollständig in eigener sachlicher<br />

Zuständigkeit ausführen.<br />

Luthe, IRS 37


Fall Pit (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

Pit – Bezieher von AlG <strong>II</strong> – weigert sich, im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit auf der<br />

städtischen Toilette als Kassierer zu arbeiten.<br />

Außerdem weigert er sich zeitgleich, an einer ärztlichen Untersuchung teilzunehmen, bei<br />

der ermittelt werden soll, ob sein Ges<strong>und</strong>heitszustand derartige Arbeiten zulässt.<br />

Schließlich hat Pit sein kürzlich geerbtes Vermögen in Höhe von 50.000 € während der<br />

Zeit des Leistungsbezuges für eine Weltreise <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>innen ausgegeben.<br />

1)Welche Sanktionen kommen nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Betracht?<br />

2)Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn Pit zwischen Juni 2010 <strong>und</strong> Januar 2011<br />

insgesamt 2 Mal die Aufnahme bzw. Ausführung der Arbeitsgelegenheit verweigert hat,<br />

deshalb letztmalig eine Leistungskürzung bis Ende April 2011 erhalten hat <strong>und</strong> er im<br />

Dezember 2011 erneut eine Arbeitsgelegenheit verweigert?<br />

3)Welche Rechtsschutzmöglichkeiten hat Pit?<br />

4)Welche Sanktionen kommen in der ersten Stufe im obigen Gr<strong>und</strong>fall in Betracht,<br />

wenn Pit 24 Jahre alt wäre?<br />

Luthe, IRS 38


1. Gr<strong>und</strong>fall<br />

Falllösung Pit<br />

a) Verweigerung der Arbeitsaufnahme: 30 % der maßgebenden Regelleistung<br />

nach 31 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 31 a Abs. 1 S. 1 (fällt ggf. zusammen mit § 31 Abs.<br />

1 Nr. 1; dies wäre jedoch als einheitliche Handlung zu werten, daher nur 1 x<br />

Absenkung); auch kein „wichtiger Gr<strong>und</strong>“ nach § 31 Abs. 1 S. 2.<br />

b) Verweigerung der ärztlichen Untersuchung: 10 % des maßgebenden<br />

Regelbedarfs (§ 32 Abs. 1).<br />

Die Minderung tritt einer Minderung nach § 31 hinzu (§ 32 Abs. 2).<br />

c) Pit hat sein gesamtes Vermögen in der Absicht vermindert, die<br />

Voraussetzungen für den Bezug von AlG <strong>II</strong> herbeizuführen (§ 31 Abs. 2 Nr. 1).<br />

Hinsichtlich der „Absicht“ genügt bedingter Vorsatz. Folge: 30% Minderung<br />

des maßgeblichen Regelbedarfs (§ 31 a Abs. 1).<br />

d) Ergebnis: Regelleistung nach § 20 382,-- €<br />

- 2 x 30 % von 382,-- € - 229,20 €<br />

- 1 x 10 % von 382,-- € - 38,20 €<br />

________<br />

Absenkungsbetrag 267,40 €<br />

in der ersten Stufe für 3 Monate (§ 31 b Abs. 1 S. 3) ab Folgemonat nach<br />

Absenkungsbescheid (Abs. 1 S. 1).<br />

Pit erhält nur noch eine Regelbedarfsleistung in Höhe von ger<strong>und</strong>et 114,60 €<br />

e) Voraussetzung ist in den Fällen des § 31 <strong>und</strong> 32 jedoch die vorherige „Belehrung<br />

über die Rechtsfolgen“ (§ 31 Abs. 1 S. 1, § 32 Abs. 1 S. 1). Dies hat gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

am Anfang des Leistungsbezuges zu erfolgen. Außerdem muss der Betroffene vor<br />

jedem Absenkungsbescheid angehört werden (§ 24 <strong>SGB</strong> X). Schließlich darf der<br />

Hilfebedürftige keinen „wichtigen Gr<strong>und</strong>“ haben; dies sind in jedem Fall alle<br />

Gründe, die zur Un<strong>zum</strong>utbarkeit der Arbeit nach § 10 führen.<br />

Luthe, IRS 39


Der Hilfebedürftige trägt hierfür die Beweislast.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich können sich mehrere Sanktionszeiträume auf erster Stufe<br />

überschneiden, wenn die Pflichtverletzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />

angefallen sind <strong>und</strong> die Sanktionen deshalb zu unterschiedlichen Zeiten verhängt<br />

wurden (Bsp.: Verweigerung der Arbeit im Juli, Absenkungsbescheid im August,<br />

Sanktionszeitraum von September bis November; Verweigerung des Arztbesuchs<br />

im August, Absenkungsbescheid im September, Sanktionszeitraum von Oktober bis<br />

Dezember; somit Überschneidung mit Leistungskürzung von insgesamt 40 % im<br />

Oktober <strong>und</strong> November).<br />

f) Minderung der Regelleistung um mehr als 30 % nach § 31 a Abs. 3 Satz 1: Die<br />

Regelleistung nach § 20 ist hier um 70 % gemindert. Nunmehr „können“ in<br />

angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen (etwa Gebrauchtkleidung)<br />

oder geldwerte Leistungen (Wertgutscheine) erbracht werden. Dies „muss“<br />

geschehen, wenn Leistungsberechtigte mit minderjährigen Kindern in einem<br />

Haushalt leben (§ 31 a Abs. 3 S. 2). Da die Sanktionsvorschriften nach dem Willen<br />

des Gesetzgebers Sanktionscharakter <strong>und</strong> nicht therapeutischen Charakter haben,<br />

verläuft die äußerste Grenze der Leistungsversagung im Rahmen des „Kann-<br />

Ermessens“ dort, wo der Hilfebedürftige in seiner Ges<strong>und</strong>heit Schaden nehmen<br />

würde. Die Behörde hat zur Vermeidung ges<strong>und</strong>heitlicher Beeinträchtigungen den<br />

Fall vermehrt unter Kontrolle zu halten (etwa durch psychosoziale Betreuung nach<br />

§ 16 a). Dies alles folgt aus der staatlichen Pflicht <strong>zum</strong> Schutz der Ges<strong>und</strong>heit nach<br />

Art. 2 Abs. 2 GG, die bei der Ausübung des eingeräumten Ermessens <strong>und</strong> der<br />

Bestimmung des angemessenen Umfangs zu berücksichtigen ist.<br />

2. Mehrfache gleichartige Pflichtverletzungen<br />

a) Bei jeder „weiteren wiederholten“ Pflichtverletzung nach § 31 entfällt das<br />

AlG <strong>II</strong> vollständig (§ 31 a Abs. 1 S. 3). Mehrere Meldeversäumnisse nach § 32<br />

addieren sich jedoch nur <strong>und</strong> treten den Minderungen nach § 31 a hinzu (§ 32 Abs.<br />

2). Das AlG <strong>II</strong> umfasst die Regelleistung <strong>und</strong> die Unterkunftskosten (§ 19 Abs. 1).<br />

Die wiederholte Pflichtverletzung setzt eine Gleichartigkeit bei den<br />

Pflichtverletzungen voraus (nicht etwa bei Arbeitsverweigerung <strong>und</strong> Verstoß gegen<br />

Meldepflichten). Das ist hier der Fall.<br />

Überdies darf ein Wiederholungsfall seit Beginn des jeweils vorangegangenen<br />

Luthe, IRS 40


Sanktionszeitraums nicht länger als ein Jahr zurückliegen (§ 31 a Abs. 1 S. 5).<br />

Der Beginn des letzten Sanktionszeitraums war der 1. Februar 2011. Begeht Pit<br />

also bis <strong>zum</strong> 1. Februar 2012 eine weitere gleichartige Pflichtverletzung, so wird<br />

diese noch berücksichtigt. Die Pflichtverletzung im Dezember 2011 führt mithin zu<br />

einer „weiteren wiederholten Pflichtverletzung“ <strong>und</strong> damit <strong>zum</strong> vollständigen<br />

Leistungsentzug (§ 31 a Abs. 1 S. 3). Unerheblich ist, dass die ersten beiden<br />

Pflichtverletzungen nicht innerhalb des 1-Jahres-Zeitraumes liegen.<br />

Allerdings „kann“ sich die Sanktion anstatt des Leistungswegfalls auf eine Kürzung<br />

(lediglich) der Regelleistung um 60 % beschränken, wenn der Hilfebedürftige sich<br />

nachträglich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen (§ 31 a Abs. 1 S. 6). Im<br />

Rahmen des Ermessens ist eine Erfolgsprognose hinsichtlich der Pflichtenerfüllung<br />

anzustellen <strong>und</strong> die staatliche Pflicht zur Vermeidung sanktionsbedingter<br />

Ges<strong>und</strong>heitsschädigungen in Rechnung zu stellen (s.o.). Zudem kann der Träger<br />

nach § 31 a Abs. 3 bei einer Minderung um mehr als 30 % - also auch im Falle<br />

einer gänzlichen Leistungsversagung - in angemessenem Umfang ergänzende<br />

Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen (§ 31 a Abs. 3 S. 1). Im<br />

Übrigen aber soll die um mehr als 60 % abgesenkte Regelleistung hinsichtlich der<br />

Unterkunftskosten an den Vermieter gezahlt werden (§ 31 a Abs. 3).<br />

b) Dauer <strong>und</strong> Zeitpunkt der Absenkung:<br />

Der Leistungswegfall erfolgt nach § 31 b Abs. 1 S. 1 <strong>und</strong> S. 3 ab Folgemonat<br />

des feststellenden Sanktionsbescheides für 3 Monate.<br />

c) Eine Übernahme ggf. anfallender Mietschulden nach § 22 Abs. 8 kommt nicht<br />

in Betracht, da dies voraussetzt, dass Leistungen für Unterkunft <strong>und</strong> Heizung<br />

„erbracht“ werden, was als Folge des Leistungswegfalls nicht der Fall ist. Zudem<br />

wird bei einer Minderung um mehr als 60 % die Leistung ohnehin direkt an den<br />

Vermieter gezahlt, so dass normalerweise keine Mietschulden entstehen dürften (§<br />

31 a Abs. 3 S. 3).<br />

3. Rechtsschutz<br />

Widerspruch <strong>und</strong> Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung (§ 39 Nr.<br />

1). Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung im Eilverfahren aber nach § 86 b<br />

Abs. 1 Nr. 2 SGG ganz oder teilweise anordnen, wenn das Hauptsachverfahren für<br />

Luthe, IRS 41


den Kläger überwiegende Erfolgsaussichten bietet. Im Übrigen ist durch Einlegung<br />

von Widerspruch <strong>und</strong> (nach erfolgtem Widerspruchsverfahren) Klage auch das<br />

Hauptsacheverfahren zu eröffnen.<br />

4. Pit 24 Jahre<br />

a) Begrenzung auf Unterkunftsleistungen auf erster Stufe<br />

Es gilt § 31 a Abs. 2: Bei Verstößen nach § 31 werden bereits auf „ersten Stufe“ nur<br />

noch Leistungen für Unterkunft <strong>und</strong> Heizung gewährt, die jedoch direkt an den<br />

Vermieter gezahlt werden, wenn Minderung des Regelbedarfs um mindestens 60 %<br />

vorliegt; Ziel ist, Mietschulden möglichst zu vermeiden (§ 31 a Abs. 3 S. 3). Es<br />

„können“ in angemessenem Umfang Sachleistungen oder geldwerte Leistungen<br />

erbracht werden (§ 31 a Abs. 3 S. 1). Außerdem „können“ bei den unter 25-Järigen<br />

bei vollständigem Leistungswegfall wieder Leistungen für Unterkunft <strong>und</strong><br />

Heizung erbracht werden, wenn der Hilfebedürftige sich zur Übernahme seiner<br />

Pflichten nachträglich bereit erklärt (§ 31 a Abs. 2 S. 4). Unterste<br />

Interventionsgrenze ist Unterernährung bzw. ges<strong>und</strong>heitliche Schäden<br />

(„angemessener Umfang“). Schließlich „kann“ die Behörde bei Jüngeren den<br />

Wegfall oder die Kürzung in Höhe der Bedarfe nach §§ 20 <strong>und</strong> 21 auf 6 Wochen<br />

begrenzen (§ 31 b Abs. 1 S. 4); diese Verschonungsmöglichkeit vermeidet also nur<br />

Kürzungen in Höhe der Bedarfe für die Regelleistung <strong>und</strong> für Mehrbedarfe.<br />

b) Vollständiger Wegfall auf zweiter Stufe<br />

Ein vollständiger Leistungswegfall erfolgt hier bereits bei „wiederholter<br />

Pflichtverletzung“ (§ 31 a Abs. 2 S. 2). Allerdings „kann“ die Behörde – siehe zuvor -<br />

bei Jüngeren den Wegfall oder die Kürzung in Höhe der Bedarfe nach §§ 20 <strong>und</strong> 21<br />

auf 6 Wochen begrenzen (§ 31 b Abs. 1 S. 4). Wiederum „können“ bei den unter<br />

25-Järigen bei vollständigem Leistungswegfall wieder Leistungen für Unterkunft<br />

<strong>und</strong> Heizung erbracht werden, wenn der Hilfebedürftige sich zur Übernahme seiner<br />

Pflichten nachträglich bereit erklärt (§ 31 a Abs. 2 S. 4). Schließlich „können“<br />

wiederum in angemessenem Umfang Sachleistungen oder geldwerte<br />

Leistungen erbracht werden (§ 31 a Abs. 3 S. 1).<br />

Anhörung <strong>und</strong> Belehrung über die in § 31 oder § 32 vorgesehenen Rechtsfolgen<br />

nicht vergessen!<br />

Luthe, IRS 42


Fall Paule (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

Paule (54 Jahre) – erwerbsfähiger Hilfebedürftiger – besitzt eine<br />

Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert in Höhe von 100.000,-- €. Seine<br />

bisherigen Einzahlungen belaufen sich auf 130.000,-- €. Es handelt sich hierbei<br />

weder um „Riester-Anlagevermögen“ noch um geldwerte Ansprüche zur<br />

Altersvorsorge, da das Vermögen auch vor Eintritt in den Ruhestand verwertet<br />

werden kann. Von der Rentenversicherungspflicht wurde Paule nicht befreit.<br />

Hat Paule nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> Vermögen einzusetzen?<br />

Luthe, IRS 43


Falllösung Paule (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

Ø Die Lebensversicherung ist rechtlich verwertbar (§ 12 Abs. 1)<br />

Ø Absetzbarkeit des Vermögens: Es handelt sich weder um Riester-Vermögen noch<br />

um vertragliches Ruhestandsvermögen (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 <strong>und</strong> 3).<br />

Ø Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 <strong>und</strong> 6): Paule wurde nicht von der<br />

Rentenversicherungspflicht befreit (Nr. 3).<br />

Allerdings könnte „offensichtliche Unwirtschaftlichkeit“ bei Sachen <strong>und</strong> Rechten<br />

vorliegen (Abs. 3 Nr. 6): Hier geht es um „Rechte“ aus der Lebensversicherung. Im<br />

alten Alhi-Recht hat die B<strong>und</strong>esagentur bei Lebensversicherungen (anders bei<br />

Risikokapital) Differenzen zwischen dem „wirklichen Wert“ <strong>und</strong> dem erzielbaren<br />

Wert von bis zu 10 % als <strong>zum</strong>utbar erachtet. Ein Verlust von 13.000,-- € wäre damit<br />

<strong>zum</strong>utbar, nicht jedoch – wie hier – ein Verlust von 30.000,-- €. Legt man die alte<br />

Alhi-Rechtslage zugr<strong>und</strong>e, so wäre die Verwertung des Vermögens offensichtlich<br />

unwirtschaftlich: die Lebensversicherung wäre „Schonvermögen“ <strong>und</strong> dürfte damit<br />

insgesamt nicht angetastet werden.<br />

(Gegen dies Sichtweise spricht jedoch der Gr<strong>und</strong>satzes des Forderns in § 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>,<br />

der im Vergleich zur alten Arbeitslosenhilfe eine strengere Sicht hinsichtlich der<br />

Selbsthilfeverpflichtungen der Hilfebedürftigen beinhaltet mit der Folge, dass auch<br />

die „offensichtliche Unwirtschaftlichkeit“ strenger interpretiert werden müsste)<br />

Ø Absetzbarer Gr<strong>und</strong>freibetrag <strong>und</strong> Freibetrag für Anschaffungen (§ 12 Abs. 2<br />

Nr. 1 <strong>und</strong> 4): Dieser bleibt stets erhalten! Alles was nach vorstehenden Kriterien<br />

weder geschont wurde noch abgesetzt werden konnte, kann hierunter gefasst<br />

werden. In unserem Fall aber ist die Verwertung ohnehin offensichtlich<br />

unwirtschaftlich. Die notwendigen Anschaffungen müssen aber glaubhaft gemacht<br />

werden.<br />

Generell muss auch § 24 Abs. 5 geprüft werden: Danach sind Leistungen als<br />

Darlehen zu erbringen, wenn der sofortige Verbrauch oder die sofortige<br />

Luthe, IRS 44


Verwertung eine besondere Härte bedeuten würde. Der Härtebegriff ist hier ein<br />

anderer als in § 12 Abs. 3 Nr. 6: Bei § 24 Abs. 5 muss die „sofortige Verwertung“<br />

eine Härte sein (etwa weil vorhandenes Bauerwartungsland bald Bauland sein wird<br />

oder eine Lebensversicherung in Kürze zur Auszahlung kommt).<br />

Bei § 12 Abs. 3 Nr. 6 kommt es dagegen auf eine generelle Härte an (etwa<br />

Schmerzensgeld), unabhängig von der Zeitperspektive. Nach § 24 Abs. 5 sind<br />

Leistungen als Darlehen zu gewähren. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich<br />

um „zu berücksichtigendes“ Vermögen handelt. Absetzbares Vermögen oder<br />

Schonvermögen sind – wie im vorliegenden Fall - allerdings kein zu<br />

berücksichtigendes Vermögen. § 24 Abs. 5 ist deshalb von vornherein nicht<br />

anwendbar.<br />

Luthe, IRS 45


Fall Hilde<br />

(Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt)<br />

Hilde, 26 Jahre alt, ist behindert <strong>und</strong> erhält Eingliederungshilfe nach <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> in Form<br />

einer beruflichen Ausbildung, ist Diabetikerin <strong>und</strong> wurde nach §§ 8, 44a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> als<br />

erwerbsunfähig eingestuft.<br />

Eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit ohne Besserungsaussicht liegt nach amtsärztlichem<br />

Gutachten jedoch nicht vor; mangels erforderlicher Vorversicherungszeiten erhält sie auch<br />

keine Rente wegen Erwerbsminderung.<br />

Sie lebt zusammen mit ihrer 10-jährigen Tochter Lisa.<br />

Gewährt wird Kindergeld in Höhe von 180,-- € <strong>und</strong> 250,-- € Unterhalt für Lisa.<br />

Die 60 qm-Wohnung kostet warm 500,-- €; die Kosten sind angemessen.<br />

Hilde besitzt ein Gr<strong>und</strong>stück mit einem Verkehrswert von Höhe von derzeit 50.000,-- €;<br />

dieses ist Bauerwartungsland.<br />

Außerdem hat Hilde Einnahmen aus der Untervermietung eines möblierten Zimmers in<br />

Höhe von 100 € monatlich.<br />

Bestehen Ansprüche auf Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt?<br />

Anm.: Laut Verwaltungsvorschrift beträgt der Ernährungsmehrbedarf für Diabetiker 100 €.<br />

Es gelten die b<strong>und</strong>esdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen, da das betroffene Land in<br />

unserem Fall keine eigenen Regelsätze unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten<br />

erlassen hat.<br />

Luthe, IRS 46


Falllösung Hilde<br />

Vorbemerkungen: Hilde ist nicht erwerbsfähig im Sinne des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> kann deshalb<br />

Leistungen der Gr<strong>und</strong>sicherung für Arbeitsuchende nicht beziehen. Gleiches gilt für die<br />

Tochter, da diese erst 10 Jahre alt ist (vgl. § 7 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Gr<strong>und</strong>sicherung für<br />

dauerhaft Erwerbsunfähige nach § 41 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> kommt im Fallbeispiel für Hilde<br />

ebenfalls nicht in Betracht. Im Regelfall ist diese Leistung erst erhältlich, wenn die<br />

Rentenversicherung die Erwerbsminderungsrente nach § 102 Abs. 2 <strong>SGB</strong> VI unbefristet<br />

gewährt, also nach neun Jahren.<br />

Dies ist der im <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> zu beachtende Vergleichsmaßstab auch dann, wenn eine<br />

Rentenversicherung für den Betroffenen nicht besteht. Im besonderen Einzelfall, wenn von<br />

Anfang an eindeutig ist, dass eine volle Erwerbsminderung mit einer insofern bestehenden<br />

Resterwerbsfähigkeit von nicht mehr als drei St<strong>und</strong>en täglich (vgl. § 43 Abs. 2 <strong>SGB</strong> VI) im<br />

Sinne des § 41 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> vorliegt, sind Leistungen der Gr<strong>und</strong>sicherung für dauerhaft<br />

Erwerbsunfähige jedoch möglich.<br />

I. Nachrang nach § 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

1. Bedarfsgemeinschaft:<br />

Hilde wird voraussichtlich Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt beziehen. Sie bildet mit Lisa<br />

deshalb eine Bedarfsgemeinschaft nach § 27 Abs. 2 S. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> <strong>und</strong> muss mit<br />

ihren Eigenmitteln gr<strong>und</strong>sätzlich für Lisa einstehen. Leistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

kann Lisa nicht erhalten, da sie noch nicht 15 Jahre alt ist (§ 7 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Wäre<br />

Lisa 15 Jahre alt, würde sie mit ihrer Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7<br />

Abs. 3 Nr. 2 <strong>und</strong> Nr. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bilden <strong>und</strong> erhielte Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, die Mutter<br />

Sozialgeld nach § 19 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />

(Eventuell vorhandenes Einkommen <strong>und</strong> Vermögen von Kindern kann für die<br />

Sozialhilfe ihrer Eltern nur im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft nach<br />

§ 39 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> berücksichtigt werden).<br />

2. Einkommen, § 82 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

a) - Kindergeld als Einkommen von Lisa nach § 82 Abs. 1?<br />

Luthe, IRS 47


Kindergeld gilt nach § 82 Abs. 1 S. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> als Einkommen des<br />

(minderjährigen) Kindes. An sich ist Kindergeld nach BKGG eine Leistung für<br />

die Eltern, wird aber aus rechnerischen Gründen im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> den Kindern<br />

zugerechnet.<br />

Elterngeld, so könnte man meinen, wird nach § 83 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> nicht als<br />

Einkommen angerechnet, weil es einem anderen Zweck dient als der<br />

Versorgung der Familie, nämlich der Sicherstellung der Erziehung der Kinder.<br />

Allerdings gibt es keine ausdrückliche Zweckbestimmung im<br />

B<strong>und</strong>eselterngeldgesetz, so dass mangels Erfüllung der gesetzlichen<br />

Voraussetzungen automatisch § 82 gilt <strong>und</strong> das Elterngeld damit angerechnet<br />

werden muss. Zudem gibt es mit § 10 Abs. 4 BEEG (B<strong>und</strong>eselterngeldgesetz)<br />

eine spezielle Bestimmung, die die Anrechnung auf die Sozialhilfe ermöglicht.<br />

Nur wenn bei der Geburt des Kindes Einkommen erzielt wurde, bleibt das<br />

Elterngeld bis 300 € anrechnungsfrei (§ 10 Abs. 4 S. 2 BEEG).<br />

(„Einkommen“ ist etwa auch Verletztenrente aus <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>, Übergangsgeld nach<br />

<strong>SGB</strong> IX oder das Krankengeld nach <strong>SGB</strong> V, das ebenso wie die Sozialhilfe, also<br />

„zweckgleich“, der Unterhaltssicherung dient.)<br />

- Außerdem erhält Lisa Unterhalt in Höhe von 250 €. Auch dies ist<br />

„Einkommen“ im Sinne des § 82 Abs. 1.<br />

Gesamteinkommen Lisa: 430 €<br />

b) Hilde hat Einkünfte aus Vermietung in Höhe von 100 €.<br />

Nach § 7 Abs. 4 der DVO zu § 82 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> sind bei möblierten Zimmern 70 %<br />

der Roheinnahmen anzusetzen, es sei denn, es werden geringere Einkünfte<br />

nachgewiesen, mithin 70 € Einkommen.<br />

Lisa verfügt somit über Einkommen in Höhe von 430,-- €,<br />

Hilde in Höhe von 70,-- €.<br />

3. Vermögen, § 90 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Das Gr<strong>und</strong>stück von Hilde könnte nach § 90 Abs. 2 Nr. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> auch<br />

Luthe, IRS 48


Schonvermögen sein. Allerdings wurde dies von Hilde nicht nachgewiesen<br />

(etwa Baupläne). Das insofern nicht geschonte Vermögen aber ist zurzeit nicht<br />

verwertbar (§ 91 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>), da eine Wertsteigerung ansteht <strong>und</strong> der sofortige<br />

Verkauf eine Härte bedeuten würde. Sozialhilfe wird deshalb als Darlehen<br />

gewährt. Das Sozialamt kann die Rückzahlung des Darlehens durch eine<br />

Gr<strong>und</strong>schuld absichern.<br />

<strong>II</strong>. Leistungen<br />

1. Anspruch von Hilde , §§ 19 Abs. 1 S. 1, 27 a, 29 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Der notwendige Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen (vgl. 27 b) ist in §<br />

27 dem Gr<strong>und</strong>e nach geregelt. § 27 a erfasst die Bedarfspositionen (Abs. 1), die<br />

Regelbedarfsstufen als gr<strong>und</strong>sätzliche Vorgabe (Abs. 2), die Regelsätze (Abs. 3)<br />

<strong>und</strong> den abweichenden Sonderbedarf für laufende Leistungen (Abs. 4). Die<br />

Regelbedarfsstufen sind in § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes geregelt<br />

(vgl. hierzu § 28 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Sie sind im B<strong>und</strong>esdurchschnitt maßgebend (§ 28 Abs. 2<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Aus den Regelbedarfsstufen werden die Regelsätze gebildet (§ 29 Abs.<br />

1 i.V.m. § 27 a Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>), es sei denn, die Länder nehmen eine abweichende<br />

Festsetzung der Regelsätze unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten vor<br />

(§ 29 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Hierzu gibt es eine Verordnungsermächtigung in § 40 <strong>SGB</strong><br />

X<strong>II</strong>. In unserem Fall sind jedoch die Regelbedarfsstufen „als Regelsätze“ zugr<strong>und</strong>e<br />

zu legen.<br />

a) notwendiger Lebensunterhalt § 27 a Abs. 1 - 3, <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i. V. m.<br />

§ 8 Abs. 1 Nr. 1 Regelbedarfsermittlungsgesetz: 382 €<br />

b) - Mehrbedarf nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 = 12 % von 382 = 44,84 €<br />

- Mehrbedarf, § 30 Abs. 4: 35 % von 382 € = 133,70 €<br />

- Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5: = 100,-- €<br />

laut Verwaltungsvorschrift für Diabetiker.<br />

Insgesamt an Mehrbedarf: 278,54 €<br />

Luthe, IRS 49


c)Unterkunft <strong>und</strong> Heizung nach § 35 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (500 €):<br />

Kosten angemessen, also pro Person 250,-- € = 250,-- €<br />

d)Einmalige Bedarfe § 31 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>: nein<br />

èGesamtbedarf Hilde: 910,54 €<br />

èAbzüglich Einkommen von: 70,-- €<br />

èLaufende Leistungen somit in Höhe von 840,54 €<br />

als Darlehen<br />

2. Anspruch von Lisa<br />

a)Notwendiger Lebensunterhalt: 19 Abs. 1 S. 1, 27 a, 29 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

nach §§ 27 a i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 Regelbedarfsermittlungsgesetz (s.o. bei Hilde),<br />

also 255,-- €<br />

b)Unterkunft <strong>und</strong> Heizung: (wie bei Hilde) 250,-- €<br />

èGesamtbedarf Lisa: 505,-- €<br />

èAbzüglich Einkommen von: 430,-- €<br />

èLaufende Leistungen somit in Höhe von 75,-- €<br />

ebenfalls als Darlehen, da Hilde ihr Gr<strong>und</strong>stück in der Bedarfsgemeinschaft des §<br />

27 Abs. 2 S. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> auch für Lisa einsetzen muss.<br />

c) Bildung <strong>und</strong> Teilhabe für Lisa , §§ 34 – 34 a.<br />

Lisa erhält Leistungen für Bildung <strong>und</strong> Teilhabe, nämlich für Schulausflüge <strong>und</strong><br />

Klassenfahrten (§ 34 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>), für Schulbedarf (§ 34 Abs. 3), ggf. für die<br />

Schülerbeförderung (§ 34 Abs. 4), ggf. für die Lernförderung (§ 34 Abs. 5), für<br />

Mittagsverpflegung (§ 34 Abs. 6) <strong>und</strong> für die kulturelle Betätigung (§ 34 Abs. 7).<br />

Abgesehen von der Schülerbeförderung werden die Leistungen durch Gutscheine<br />

oder Direktzahlungen an die Anbieter erbracht (§ 34 a Abs. 2).<br />

Luthe, IRS 50


Fall Anna (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> - Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt)<br />

Anna (23 J.) ist seit 2 Jahren nach einem schweren Unfall voll erwerbsgemindert <strong>und</strong><br />

möchte deshalb in einem Heim leben, wo sie (ohne Pflege- <strong>und</strong> Reha-Leistungen) „r<strong>und</strong><br />

um die Uhr“ hinsichtlich ihres Lebensunterhalts während mindestens der nächsten 8<br />

Monate voll versorgt wird. Weitere Krankenbehandlungs- <strong>und</strong> Reha-Leistungen nebst<br />

Medikamentenversorgung werden ambulant erbracht <strong>und</strong> von der Krankenkassen<br />

finanziert. Ihre bisherige Wohnung hat Anna aufgegeben.<br />

Sie ist Februar 2012 im 8. Monat schwanger, außerdem Diabetikerin. Für Diabetiker wird<br />

(fiktiv) lt. Verwaltungsvorschrift ein Mehrbedarf von 100 € übernommen, für Schwangere<br />

eine einmalige Leistung von 1.000 €.<br />

Durch ihre Erkrankung bzw. den hierdurch hervorgerufenen erhöhten Arzneimittelkonsum<br />

fielen bereits im Januar Zuzahlungen im Rahmen der KV in Höhe von 80,-- € an. Dies wird<br />

auch im Bedarfsmonat Februar der Fall sein. Eine chronische Krankheit liegt bei Anna<br />

nicht vor.<br />

Anna bezieht seit 2 Jahren eine Zeitrente wegen (voller) Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2<br />

<strong>SGB</strong> VI) in Höhe von 300,-- € monatlich.<br />

Außerdem hat sie 1.000,-- € gespart <strong>und</strong> eine Haftpflichtversicherung in Höhe von 10,-- €<br />

monatlich abgeschlossen.<br />

Die Heimkosten belaufen sich auf 1000,-- € monatlich. Hierin enthalten ist die<br />

durchschnittliche Warmmiete eines Einpersonenhaushalts nach § 35 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §<br />

42 Nr. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> in Höhe von 300 €. Der Amtsarzt hält die Heimunterbringung zurzeit für<br />

erforderlich. Sie ist somit „heimfähig“.<br />

Ersparte häusliche Aufwendungen bei stationärer Unterbringung belaufen sich nach einer<br />

zu § 92 a Abs. 1 erlassenen Verwaltungsvorschrift auf 50 % des maßgeblichen<br />

Regelsatzes.<br />

- Welche Kosten übernimmt der Leistungsträger für den Bedarfsmonat?<br />

- Wie ist die Beziehung <strong>zum</strong> Vater des Kindes in sozialrechtlicher Hinsicht?<br />

−<br />

Kann sie sich die Einrichtung auswählen?<br />

Luthe, IRS 51


Falllösung Anna<br />

Vorbemerkungen: Anna ist voll erwerbsgemindert <strong>und</strong> kann deshalb nach § 7 Abs. 1 Nr. 2<br />

i.V.m. § 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wegen mangelnder Erwerbsfähigkeit keine Leistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

beziehen (auch § 21 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

Sie ist „Zeitrentnerin“ nach § 102 Abs. 2 <strong>SGB</strong> VI. Leistungen der Gr<strong>und</strong>sicherung wegen<br />

dauerhafter Erwerbsminderung kommen deshalb nicht in Betracht. Denn es ist <strong>zum</strong><br />

gegebenen Zeitpunkt nicht unwahrscheinlich, dass die volle Erwerbsminderung behoben<br />

werden kann (§ 41 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Gr<strong>und</strong>sicherung wird regelmäßig erst nach 9 Jahren<br />

gewährt: nach § 102 Abs. 2 <strong>SGB</strong> VI ist nämlich erst dann eine unbefristete Rente möglich;<br />

erst dann kann im Sinne des § 41 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> unterstellt werden, dass die Erwerbsminderung<br />

nicht behoben werden kann.<br />

Deshalb kommen für Anna gr<strong>und</strong>sätzlich nur Leistungen der Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt in<br />

Betracht (§§ 27 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

I. Nachrang §§ 2, 82, 90, 92 a <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

1. a) Einkommen § 82 Abs. 1, § 1 VO zu § 96 Abs. 1: Die Rente ist Einkommen.<br />

Zweckbestimmte Leistung nach § 83 ? Die Rente in Höhe von 300 € wird nach<br />

<strong>SGB</strong> VI nicht zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht. Deshalb ist von<br />

vornherein keine Identität mit der Sozialhilfeleistung möglich, so dass eine<br />

„Doppelleistung“ für den gleichen Zweck ausgeschlossen ist. Damit ist Rente<br />

automatisch Einkommen. (Überdies dient die Rente dem gleichen Zweck wie die<br />

Sozialhilfe, nämlich der Unterhaltssicherung <strong>und</strong> ist auch deshalb als Einkommen<br />

zu berücksichtigen).<br />

b) Bereinigung des Einkommens nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 (Versicherung):<br />

300,-- abzügl. 10,-- € = 290,-- €.<br />

c) Einkommenseinsatz bei Einrichtungsleistungen: Bei<br />

Einrichtungsunterbringung ist gr<strong>und</strong>sätzlich immer § 92 a zu beachten: die<br />

Vorschrift begrenzt den Einkommenseinsatz des Hilfebedürftigen <strong>und</strong> seines<br />

Luthe, IRS 52


Partners für die Kosten des Unterhalts (vgl. Abs. 1) im Rahmen einer Kann-<br />

Vorschrift auf die ersparten häuslichen Aufwendungen (Abs. 1) <strong>und</strong> bei längerer<br />

Unterbringung (ab 1/2 Jahr) im Rahmen einer Soll-Vorschrift auf den<br />

angemessenen Umfang (Abs. 2 <strong>und</strong> 3). Insofern sind diese Regelungen ein<br />

flexibel handhabbares Korrektiv <strong>zum</strong> regulären Einkommenseinsatz nach § 82 <strong>und</strong><br />

sollen ihrer Gr<strong>und</strong>intention nach Härten abmildern.<br />

Vor dem Unfall war Anna nicht bedürftig. Durch die jetzige Unterbringung im Heim<br />

erspart sie vor allem Verpflegung. Die häusliche Ersparnis belauft sich nach der<br />

Verwaltungsvorschrift pauschal auf 50 % von 382 €, also 191 €.<br />

Da Anna jedoch länger <strong>und</strong> insbesondere länger als ein halbes Jahr<br />

untergebracht wird, sind „darüber hinaus“ in angemessenem Umfang Mittel von ihr<br />

aufzubringen. Es spricht somit nichts dagegen, das gesamte bereinigte Einkommen<br />

von 290 € anzurechnen, <strong>zum</strong>al Kinder <strong>und</strong> ein Partner nicht vorhanden sind (Abs.<br />

3). Ihre Wohnung hat Anna zudem aufgegeben; fortlaufende Kosten hierfür fallen<br />

nicht an. Der Barbetrag nach § 27 b Abs. 2 darf nach h.M. jedoch nicht angetastet<br />

werden. Allein das aber spricht dafür, den vollen Einkommenseinsatz zu fordern,<br />

weil die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens insofern befriedigt werden<br />

können.<br />

d) Dem Fall lässt sich entnehmen, dass Anna auch behindert im Sinne des § 53<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ist. Beziehen speziell Behinderte die in § 92 Abs. 2 genannten Leitungen,<br />

so gilt die gegenüber § 92 a (vgl. § 92 a Abs. 4) vorrangige Kostenfreistellung des<br />

§ 92 Abs. 2 hinsichtlich der „Maßnahmekosten“. Vermögen wird dann nicht<br />

angerechnet (Abs. 2 S. 2). Die Kosten des in der Einrichtung gewährten<br />

„Lebensunterhalts“ sind auf die ersparten häuslichen Aufwendungen begrenzt (§ 92<br />

Abs. 2 S. 3). Es handelt sich jedoch im vorliegenden Fall nicht um eine von § 92<br />

Abs. 2 erfasste Reha-Einrichtung nach § 92 Abs. 2 Nr. 5, sondern um eine reine<br />

Versorgungseinrichtung zur Abdeckung des täglichen Bedarfs, so dass die<br />

Regelung hier nicht greift.<br />

2. Vermögen, § 90 Abs. 2 Nr. 9 i. V. m. VO zu § 96 Abs. 2:<br />

Anna hat nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 a VO einen Schonbetrag von max. 2.600 €.<br />

Die 1.000 € sind somit Schonvermögen.<br />

Luthe, IRS 53


<strong>II</strong>. Leistungen der Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt §§ 27 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Anmerkung: Die Vorschriften zur Hilfe in Einrichtungen sind gesetzgeberisch<br />

misslungen <strong>und</strong> deshalb nur schwer zu verstehen. Leistungen in Einrichtungen<br />

werden allein durch § 27 b abgedeckt. Gewährt werden nach Abs. 1 „die darin<br />

erbrachten Leistungen“ <strong>und</strong> die in Abs. 2 näher aufgeführten, allerdings nur bei<br />

stationärer Unterbringung erbrachten „weiteren Leistungen“. Hinsichtlich des<br />

Leistungsumfangs wird in Abs. 1 S. 2 auf die Leistungen der Gr<strong>und</strong>sicherung in §<br />

42 verwiesen. Der Leistungsumfang der „weiteren Leistungen“ in Abs. 2 wird,<br />

abgesehen vom gesetzlich festgelegten Barbetrag, jedoch im Einzelfall bestimmt.<br />

Durch die Deckelung der Unterkunftskosten bei stationärer Unterbringung in<br />

§ 27 b Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 42 Nr. 4 (durchschnittliche Warmmiete) kann es sein,<br />

dass die anfallenden Kosten der (privaten) Einrichtung aus dem regulären<br />

Leistungsumfang der Leistungen der Gr<strong>und</strong>sicherung nach § 42 Nr. 1 - 3 nicht<br />

bestritten werden können. Dann muss auf die „weiteren Leistungen“ des § 27 b<br />

Abs. 2 zurückgegriffen werden.<br />

1. Notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen<br />

a) 1.000,-- € Kosten nach § 27 b Abs. 1 für die „darin erbrachten Leistungen“<br />

b) Voraussetzung für den „weiteren notwendigen Lebensunterhalt“ nach § 27 b<br />

Abs. 2 ist jedoch die stationäre Einrichtungsunterbringung. Nach § 13 Abs. 2 sind<br />

„Einrichtungen“ solche, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen Bedarfen des<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> dienen. „Stationäre“ Einrichtungen liegen bei einem Vollaufenthalt des<br />

Leistungsempfängers vor. Dies ist hier der Fall. Deshalb erhält Anna den Barbetrag<br />

nach § 27 b Abs. 2. Dieser beträgt 27 % der Regelbedarfsstufe 1 im Sinne des § 8<br />

des Regelbedarfsermittlungsgesetzes, also 27 % von 382 €.<br />

Barbetrag: 27 % von 382 = 103,14 €<br />

Luthe, IRS 54


2. Zuzahlungen für Arzneimittel?<br />

a) Nach § 37 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 S. 2 werden die Zuzahlungen vom<br />

Leistungsträger bis zur Höhe der Belastungsgrenze übernommen, wenn der<br />

Leistungsberechtigte den Barbetrag erhält, jedoch nur als Darlehen nach § 37.<br />

Die Rückzahlung erfolgt durch Einbehaltung von gleichen Teilbeträgen bei den<br />

Regelsätzen über das Kalenderjahr (§ 37 Abs. 4).<br />

b) Nach §§ 62 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 <strong>SGB</strong> V braucht Anna die Zuzahlungen jedoch nur bis<br />

zur Belastungsgrenze zu tragen.<br />

Diese liegt bei 2 % von 382,-- € x 12 Monate = 91,68 €.<br />

Monatlicher Abzug somit 7,64 €.<br />

3. Mehrbedarf § 30<br />

a) nach § 30 Abs. 2 wegen Schwangerschaft : 17 % von 382,-- € = 64,94 €<br />

b) nach § 30 Abs. 5: angemessener Mehrbedarf wegen Diabetes = 100 €<br />

(fiktiv: lt. Verwaltungsvorschrift bei Diabetikern 100,-- € monatlich)<br />

<strong>II</strong>I: Bedarf<br />

Heimversorgung 1.000,-- €<br />

Barbetrag 103,14 €<br />

Mehrbedarf wg. Schwangerschaft 64,94 €<br />

Mehrbedarf wg. Krankheit 100,-- €<br />

____________________________________________________<br />

1.268,08 € Leistungen<br />

abzüglich 290,-- € Eigenmittel<br />

_____________________<br />

978, 08 € (laufend)<br />

Luthe, IRS 55


abzüglich<br />

7,64 € Darlehen Zuzahlung<br />

Laufender Bedarf im Bedarfsmonat: 970,44 €<br />

Außerdem Erstausstattung für Schwangerschaftsbekleidung als einmaliger Bedarf<br />

nach § 31 Nr. 2 (lt. Verwaltungsvorschrift 1.000,-- €)<br />

IV. Kindsvater<br />

Vater des Kindes hat Schwangeren 6 Wochen vor der Geburt Unterhalt zu<br />

gewähren (§ 1615 Abs. 1 BGB). Anna muss den Namen des Vaters angeben<br />

(§§ 60, 66 <strong>SGB</strong> I). Anna hat also bereits für Februar 2007 einen Anspruch gegen<br />

den Vater, der gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 auf das Sozialamt übergeht. Außerdem<br />

hat Anna einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern, der nach<br />

§ 94 Abs. 1 Satz 4 wegen der Schwangerschaft jedoch ausdrücklich vom Übergang<br />

ausgeschlossen ist.<br />

V. Wahlrecht § 9 Abs. 2 :<br />

Es dürfen bei der Wahl der Einrichtung zwar Mehrkosten, aber keine<br />

unverhältnismäßigen Mehrkosten entstehen. Gr<strong>und</strong>sätzlich muss die Einrichtung<br />

jedoch objektiv geeignet sein.<br />

VI. Gleichzeitig gilt gr<strong>und</strong>sätzlich der Vorrang „ambulant vor stationär“ in<br />

§ 13 Abs. 1. Der Arzt hält die stationäre Unterbringung im Heim jedoch für<br />

erforderlich.<br />

Luthe, IRS 56


Fall Heinz <strong>und</strong> Kirsten<br />

(Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt)<br />

lKirsten (25 Jahre alt, wohnhaft in Hannover) ist mit Befristung (§ 102 Abs. 2 <strong>SGB</strong> VI)<br />

als voll erwerbsgemindert eingestuft worden. Sie bezieht eine Rente wegen voller<br />

Erwerbsminderung in Höhe von 600,-- € monatlich.<br />

lAußerdem übt sie eine geringfügige Beschäftigung mit einem Monatsverdienst von<br />

150,-- € aus; in diesem Rahmen fallen Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel von<br />

monatlich 20,-- € an. Steuern <strong>und</strong> Beiträge hat Kirsten nicht zu entrichten.<br />

lSie lebt zusammen mit ihrem Ehegatten Heinz. Heinz ist ebenfalls voll erwerbsgemindert,<br />

bezieht jedoch keine Rente.<br />

lSonstiges Einkommen ist bei Heinz nicht vorhanden. Heinz hat im Rahmen der sog.<br />

Riester- Rente (§ 10 a EStG) jedoch Kapital in Höhe von 5000 € angesammelt <strong>und</strong><br />

erzielt hieraus einen monatlichen Ertrag von 10 €.<br />

lHeinz ist nach § 45 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> als dauerhaft erwerbsgemindert eingestuft worden<br />

<strong>und</strong> hat einen Antrag auf Gr<strong>und</strong>sicherung gestellt.<br />

lKirsten <strong>und</strong> Heinz leben in einer 80 qm großen Wohnung. Hierfür zahlen sie als<br />

Kaltmiete inkl. Nebenkosten (außer Heizung <strong>und</strong> Warmwasser) 5,-- € pro qm (= 400,--<br />

€). Für Heizung fallen monatlich 50,-- € an. Laut örtlichem Mietspiegel belaufen sich die<br />

durchschnittlichen Wohnungsmieten im unteren Preisdrittel auf 4,-- €/qm.<br />

Die anfallenden Heizkosten sind „angemessen“.<br />

Luthe, IRS 57


Laut Verwaltungsvorschrift zu § 10 des Gesetzes über die soziale<br />

Wohnraumförderung sind folgende Wohnflächen angemessen:<br />

ØBei Alleinstehenden bis 50 qm,<br />

Øbei 2 Personen 60 qm,<br />

Øbei 3 Personen 75 qm,<br />

Øbei 4 Personen 85 qm,<br />

Øfür jede weitere Person bis 10 qm mehr.<br />

Eine eigene Satzungsregelung über die angemessenen Unterkunftskosten gibt es in der<br />

betreffenden Stadt nicht (vgl. 35 a <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

1. Berechnen Sie den Bedarf von Heinz <strong>und</strong> Kirsten (Es gilt das<br />

Regelbedarfsermittlungsgesetz, siehe Fall Hilde)<br />

2. Wie ist der Fall gr<strong>und</strong>sätzlich zu beurteilen, wenn Kirsten erwerbsfähig <strong>und</strong><br />

hilfebedürftig ist?<br />

Luthe, IRS 58


Falllösung Heinz <strong>und</strong> Kirsten<br />

Vorbemerkungen:<br />

Heinz <strong>und</strong> Kirsten sind voll erwerbsgemindert <strong>und</strong> damit nicht leistungsberechtigt nach<br />

§§ 7 Abs. 1, 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>. Kirsten ist „Zeitrentnerin“ nach § 102 Abs. 2 <strong>SGB</strong> VI <strong>und</strong> erfüllt<br />

damit nicht die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> für den Bezug von<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung. Zu prüfen ist deshalb, ob sie Leistungen der Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt<br />

nach §§ 27 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beziehen kann. Heinz ist hingegen als dauerhaft erwerbsgemindert<br />

im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 2 eingestuft worden. Zu prüfen ist deshalb, ob er Leistungen<br />

der Gr<strong>und</strong>sicherung nach § 41 beziehen kann.<br />

I.Hilfebedarf von Kirsten <strong>und</strong> Nachrang innerhalb der Bedarfgemeinschaft nach §<br />

2 Abs. 1 i. V. m. § 19 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich müssen Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften <strong>und</strong> insbesondere nicht<br />

getrennt lebende Ehegatten vorhandenes Einkommen <strong>und</strong> Vermögen füreinander<br />

einsetzen. Das gilt jedoch nur für denjenigen Einkommens- bzw. Vermögensteil, der den<br />

eigenen gesetzlich garantierten Unterhaltsbedarf übersteigt. Denn niemand darf dadurch,<br />

dass er für andere mit seinen Eigenmitteln herangezogen wird, selbst zu einem<br />

„Sozialfall“. Zunächst ist also zu prüfen, ob Kirsten über ihrem eigenen Unterhaltsbedarf<br />

liegendes Einkommen für Heinz im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft nach<br />

§ 43 Abs. 1 X<strong>II</strong> einsetzen muss.<br />

(Im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> ist die Rechtslage anders: hier muss der Einkommensbezieher wegen § 9 Abs.<br />

2 S. 3 auch dann Einkommen für die Bedarfsgemeinschaftsmitglieder einsetzen, wenn er<br />

selbst hierdurch bedürftig wird <strong>und</strong> fortan Leistungen erhält, selbst wenn er seinen eigenen<br />

Unterhaltsbedarf an sich aus eigenen Einnahmen bestreiten könnte; vgl. Fall Lotte <strong>zum</strong><br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

Luthe, IRS 59


1.Einsetzbares Einkommen von Kirsten nach § 82 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Kirsten verfügt über Einkommen i. S. d. § 82 Abs. 1; denn hiermit bestreitet sie<br />

ihren laufenden Unterhaltsbedarf (im Unterschied <strong>zum</strong> Vermögen).<br />

a)Renteneinkommen 600,-- €<br />

Hiervon sind nach § 82 Abs. 2 abzusetzen:<br />

lNotwendige Ausgaben 5,20 € Pauschbetrag für Arbeitsmittel plus 20,-- € für<br />

öffentliches Verkehrsmittel = 25,20 € (§ 82 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 3 Abs. 4, 5 <strong>und</strong> 6<br />

Nr. 1 VO zu § 96 Abs.1)<br />

Bereinigtes Einkommen = 574,80 €<br />

b)Erwerbseinkommen 150 €<br />

Hiervon sind nach § 82 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> abzusetzen:<br />

lFreibetrag wegen Erwerbstätigkeit ( § 82 Abs. 3 S. 1)<br />

30 % von 150,-- € = 45,-- €<br />

Bereinigtes Erwerbseinkommen = 105 €<br />

è Einzusetzendes bereinigtes Gesamteinkommen = 679,80 €<br />

2. Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt für Kirsten, §§ 19 Abs. 1, 27 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Der Bedarf von Kirsten berechnet sich nach Maßgabe der Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt, nicht<br />

nach den Regelungen der Gr<strong>und</strong>sicherung. Denn Kirsten ist „Zeitrentnerin“ nach<br />

§ 102 Abs. 2 <strong>SGB</strong> VI. Sie gilt deshalb nicht als dauerhaft erwerbsgemindert<br />

i. S. d. § 41 Abs. 1 Nr. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (es sei denn, die Auskunft beim RV -Träger ergibt, dass<br />

sich an der Erwerbsminderung von Kirsten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />

nichts ändern wird).<br />

Luthe, IRS 60


a) Regelbedarf nach § 27 a in Verbindung mit § 28 <strong>und</strong> dem<br />

Regelbedarfsermittlungsgesetz (§ 8)<br />

Kirsten lebt mit einem Ehegatten zusammen. Nach § 8 Abs. 1 Nr.2 ist somit die<br />

Regelbedarfsstufe 2 gegeben: 345 €<br />

b.) Unterkunft <strong>und</strong> Heizung nach § 35 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

lÜbernommen werden bei den Unterkunftskosten zunächst die tatsächlichen<br />

Aufwendungen (Abs. 1 S. 1), auch wenn sie den angemessenen Umfang<br />

übersteigen (Abs. 2 S. 1), letzteres jedoch nur wenn die Aufwendungen nicht<br />

gesenkt werden können. In der Regel werden die unangemessenen Kosten (der<br />

unangemessene Kostenanteil) jedoch nur für maximal 6 Monate übernommen (Abs.<br />

1 S. 2).<br />

lHinsichtlich des „angemessenen Umfangs“ der Unterkunftskosten ist im Regelfall<br />

der Mietspiegel <strong>und</strong> hier das untere Mietpreisdrittel zugr<strong>und</strong>e zu legen (Tabelle<br />

nach WohngeldG nur ausnahmsweise; muss örtlichen Gegebenheiten angepasst<br />

werden). Lebt die Person mit anderen zusammen, sind die Kosten aufzuteilen. Die<br />

Wohnung darf laut Mietspiegel nicht mehr als 4,-- €/qm kosten.<br />

Außerdem steht Kirsten mit Heinz nur eine Wohnfläche von 60 qm zu. Der<br />

Unterkunftsbedarf für Kirsten liegt somit bei 60 x 4 : 2 = 120,-- €. (Allgemein kann<br />

aber eine zu hohe Miete durch eine geringere Wohnfläche oder eine zu große<br />

Wohnfläche durch eine geringere Miete <strong>und</strong> entspr. niedrigere Heizkosten<br />

ausgeglichen werden).<br />

lDie Heizkosten in Höhe von 50 € gelten laut Sachverhalt als angemessen.<br />

Sie sind nach § 35 Abs. 4 somit zu erbringen.<br />

Luthe, IRS 61


c) Gesamtbedarf von Kirsten<br />

lRegelleistung 345,-- €<br />

+ Mietanteil 120,-- €<br />

+ Heizungsanteil 25,-- €<br />

_________________________<br />

Bedarf 490,-- €<br />

abzüglich bereinigtes Einkommen 679,80 € = 189,80<br />

Das Einkommen übersteigt den Bedarf um 189,80 €. Diesen Betrag hat Kirsten<br />

im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft nach § 43 Abs. 1 für Heinz einzusetzen.<br />

<strong>II</strong>. Hilfebedarf von Heinz<br />

1.Nachrang §§ 2, 82, 90 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Einkommen liegt bei Heinz nicht vor. Seine Riester-Rente ist nach § 90 Abs. 2 Nr. 2<br />

Schonvermögen, dies gilt auch für die erzielten Kapitalerträge. Weitere vorrangige<br />

Leistungsansprüche gegenüber sonstigen Dritten (Leistungsträger oder<br />

Unterhaltsverpflichteten) sind nicht gegeben.<br />

2. Unterhaltsbedarf von Heinz, §§ 19 Abs. 2, 41 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

a)Heinz ist dauerhaft erwerbsgemindert i. S. d. § 41 Abs. 3. Heinz hat den<br />

erforderlichen Antrag <strong>zum</strong> Bezug von Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen gestellt<br />

(Abs. 1 S. 1). Heinz hat Anspruch auf Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen nach<br />

§§ 19 Abs. 2, 17 Abs. 1, wenn er nach § 41 Abs. 1 keine einzusetzenden Eigenmittel<br />

hat, was der Fall ist.<br />

Luthe, IRS 62


)Leistungsumfang nach § 42 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Die Leistungen entsprechen weitestgehend denen der Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt:<br />

Regelleistung §§ 42 Nr. 1, 28 Abs. 1 <strong>und</strong> Regelbedarfsstufe 2<br />

= 345 € , wie bei Kirsten 345,-- €<br />

Miete, wie bei Kirsten (§§ 42 Nr. 2, 29) 120,-- €<br />

Heizung, wie bei Kirsten (§§ 42 Nr. 2, 29) 25,-- €<br />

____________________________<br />

Bedarf = 490,-- €<br />

3. Bedarfsgemeinschaft mit Kirsten, § 43 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Nach § 43 Abs. 1 sind bei Bezug von Gr<strong>und</strong>sicherung für Alte <strong>und</strong> bei Erwerbsminderung<br />

Einkommen <strong>und</strong> Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten, die dessen<br />

notwendigen Lebensunterhalt übersteigen, zu berücksichtigen.<br />

ØBedarf Heinz 490 €<br />

Ødas den eigenen Bedarf von Kirsten übersteigende Einkommen 189,80 €<br />

ØBedarf von Heinz in der Bedarfsgemeinschaft 300,20 € (490 abzügl. 189,80)<br />

èHeinz hat somit einen monatlichen Gr<strong>und</strong>sicherungsbedarf<br />

in Höhe von 300,20 €<br />

èEs könnte jedoch sein, dass sich der Bedarf von Heinz <strong>und</strong> Kirsten eine Zeitlang<br />

noch um den an sich unangemessenen Unterkunftskostenanteil noch erhöht:<br />

Luthe, IRS 63


<strong>II</strong>I. Müssen Heinz <strong>und</strong> Kirsten umziehen?<br />

Ø<br />

Ø<br />

Die tatsächlichen Unterkunftskosten liegen bei 400 €. Angemessen sind jedoch nur<br />

240 €. Für längstens 6 Monate ist der unangemessene Mietanteil für Heinz <strong>und</strong><br />

Kirsten (also 2 x 80,-- €) zu zahlen, es sei denn, ein früherer Wohnungswechsel ist<br />

möglich (§ 35 Abs. 2 S. 2). Spätestens nach 6 Monaten wird nur noch die<br />

angemessene Miete übernommen. Umziehen müssen Heinz <strong>und</strong> Kirsten nicht.<br />

Beachte: bei kranken, alten <strong>und</strong> behinderten Personen können die an sich zu<br />

hohen Kosten im „Einzelfall“ angemessen <strong>und</strong> kann der Umzug „un<strong>zum</strong>utbar“ sein<br />

(§ 35 Abs. 2 S. 1 <strong>und</strong> 2). Wird ein neuer Mietvertrag geschlossen, muss das<br />

Sozialamt hiervon in Kenntnis gesetzt werden (§ 35 Abs. 2 S. 3). In diesem Fall hat<br />

das Sozialamt unangemessen hohe Kosten nur dann zu übernehmen, wenn es<br />

diesen zugestimmt hat; ansonsten wird nur der angemessene Kostenanteil gezahlt<br />

(Abs. 2 S. 4).<br />

Bei vorheriger Zustimmung zur Unterkunft „können“ Wohnungsbeschaffungskosten,<br />

Mietkautionen <strong>und</strong> Umzugskosten übernommen werden (§ 35 Abs. 2 S. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

Wurde der Umzug veranlasst oder ist er notwendig (etwa bei unges<strong>und</strong>en<br />

Wohnverhältnissen) oder ist die Zustimmung zur Wohnungssuche erforderlich<br />

(Vermieter besteht auf Kaution) „soll“ zugestimmt werden (§ 35 Abs. 1 S. 6).<br />

IV.Wie stellt sich der Fall dar, wenn Kirsten erwerbsfähig <strong>und</strong><br />

hilfebedürftig ist?<br />

•In diesem Fall ist der maßgebliche eigene Unterhaltsbedarf von Kirsten nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

(AlG <strong>II</strong>) zu ermitteln.<br />

•Heinz bleibt Empfänger von Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen nach <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Denn<br />

Sozialgeld erhält nach § 19 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht, wer Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen<br />

nach <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beziehen kann.<br />

Luthe, IRS 64


Fall Fritz<br />

(Gr<strong>und</strong>sicherung für ältere Menschen)<br />

Fritz ist 75 Jahre alt, erhält Altersrente in Höhe von 300,-- € monatlich, kommt zu Haus<br />

allein nicht mehr klar <strong>und</strong> möchte deshalb im Altenheim untergebracht werden.<br />

Im Altenheim „Zur Ruhe“ kann er 50,-- € monatlich für einfache Gartenpflegearbeit hinzu<br />

verdienen.<br />

Fritz besitzt eine alte Perlenkette von seiner Mutter mit einem Wert von 10.000,-- €; es ist<br />

das einzige Erinnerungsstück an seine Mutter.<br />

Die Kosten der Altenheimunterbringung beim von Fritz bevorzugten Altenheim belaufen<br />

sich auf monatlich 2.000,-- €; der Anteil für die Warmmiete beträgt 1.000,-- €. Als<br />

„durchschnittliche angemessene tatsächliche Aufwendung für die Warmmiete eines<br />

Einpersonenhaushalts“ nach § 42 Nr. 2 hat der nach § 98 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> örtlich<br />

zuständige Sozialhilfeträger – Stadt Hannover - einen Betrag von 500,-- € (fiktiv) zugr<strong>und</strong>e<br />

gelegt.<br />

Der erwachsene Sohn Willi verfügt auf Anfrage des Sozialamts über ein jährliches<br />

Bruttoeinkommen in Höhe von 80.000,-- €; die Tochter Klara über ein Einkommen in Höhe<br />

von 50.000 €.<br />

Anm.: Regelleistung für Alleinstehende nach § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes<br />

Stufe 1 = 382 € (siehe Fall Hilde, hier unter <strong>II</strong>.1.)<br />

Luthe, IRS 65


Falllösung Fritz<br />

Vorbemerkung: Fritz ist 75 Jahre. Leistungen nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> scheiden deshalb für ihn<br />

aus (§§ 7 Abs. 1, Abs. 4 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Bei Erfüllung der Voraussetzungen kann er<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung für Alte nach § 41 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> oder Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt in<br />

Einrichtungen nach § 35 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> beziehen.<br />

A. Gr<strong>und</strong>sicherung<br />

I. Nachrang, §§ 2, 19 Abs. 2, 41 Abs. 2, 43 Abs. 1, 94 Abs. 1 S. 3 im Rahmen<br />

der Gr<strong>und</strong>sicherung<br />

Voraussetzung der Leistungsberechtigung ist, dass Fritz nicht oder nicht in ausreichendem<br />

Maße über eigenes Einkommen <strong>und</strong> Vermögen verfügt <strong>und</strong> auch von anderen keine<br />

Leistungen zur Unterhaltssicherung erhält.<br />

1.Einkommen nach § 82 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

a) Fritz bezieht eine Altersrente (300,-- €). Diese dient der Befriedigung seines<br />

laufenden Unterhaltsbedarfs. Es handelt sich somit um „Einkommen“ im Sinne des §<br />

82 Abs. 1. Außerdem kann Fritz monatlich 50,-- € im Altenheim hinzu verdienen. Auch<br />

dies ist Einkommen im Sinne des Gesetzes. Fritz verfügt somit über ein Brutto-<br />

Einkommen in Höhe von 350,-- € monatlich.<br />

b) Bereinigung des Einkommens nach § 82 Abs. 2 <strong>und</strong> 3<br />

lEs ist davon auszugehen, dass Fritz seine niedrige Rente nicht versteuern muss.<br />

Insofern fallen keine abzugsfähigen Steuern an. Bei 50,-- € monatlich ist Fritz überdies<br />

pflichtversicherungsfrei.<br />

lNach § 82 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 3 Abs. 5 DVO zu § 82 ist ein Pauschbetrag für<br />

Arbeitsmittel in Höhe von 5,20 € abzusetzen.<br />

lNach § 82 Abs. 3 ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 % des<br />

Luthe, IRS 66


Bruttoerwerbseinkommens nach Abs. 1 abzusetzen: 30 % von 50,-- € = 15,-- €<br />

c) Häusliche Ersparnis <strong>und</strong> angemessener Mitteleinsatz nach § 92 a <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Fritz lebt in einer stationären Einrichtung (vgl. § 13 Abs. 1 <strong>und</strong> 2). § 92 a begrenzt (vgl.<br />

bereits Fall Anna) den Einkommenseinsatz bei stationärer Unterbringung für den<br />

Unterhalt im Rahmen einer Kann-Regelung auf die ersparten häuslichen<br />

Aufwendungen (Abs. 1) <strong>und</strong> darüber hinaus bei längerer Unterbringung im Rahmen<br />

einer Soll-Regelung auf den angemessenen Umfang (Abs. 2 <strong>und</strong> 3). Diese<br />

Regelungen sind ein flexibel handhabbares Korrektiv gegenüber dem regulären<br />

Einkommenseinsatz nach § 82 <strong>und</strong> wollen ihrer Gr<strong>und</strong>intention nach Härten<br />

vermeiden. Fritz wird bis zu seinem Lebensende - also länger - in der Einrichtung<br />

verbleiben. Es spricht daher nichts dagegen, dass Fritz das gesamte bereinigte<br />

Einkommen nach Abs. 2 einsetzen muss, <strong>zum</strong>al Angehörige (vgl. § 92 a Abs. 3) nicht<br />

vorhanden sind. Zudem steht Fritz noch der Einkommensfreibetrag von 15 € zur<br />

Verfügung. Das Ermessen („kann“, „soll“) ist pflichtgemäß auszuüben <strong>und</strong> der Begriff<br />

der Angemessenheit im Sinne der Gesetzesziele auszulegen.<br />

Nach §§ 1, 9 Abs.1 <strong>und</strong> 11 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> sollte das Selbsthilfebestreben <strong>und</strong> das<br />

Engagement von Fritz nicht beeinträchtigt werden, mithin der Freibetrag im Rahmen<br />

des Angemessenen nicht angetastet werden. Auch der Barbetrag nach § 27 b Abs. 2<br />

darf nach h.M. nicht angetastet werden.<br />

d) Bereinigtes Gesamteinkommen: 329,80 €<br />

2. Vermögen nach § 90 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

lDas Vermögen ist nach § 90 Abs. 1 gr<strong>und</strong>sätzlich „verwertbar“; Fritz könnte<br />

insbesondere die Kette jederzeit verkaufen.<br />

lFraglich ist, ob es sich nach Abs. 2 um sog. Schonvermögen handelt. Dies könnte<br />

nach Abs. 2 Nr. 6 der Fall sein. Voraussetzung ist das Vorliegen einer „besonderen<br />

Härte“. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der von den<br />

Gerichten in vollem Umfang kontrolliert wird. Falls es sich um das einzige<br />

Luthe, IRS 67


Erinnerungsstück an seine verstorbene Mutter handelt, kann von einer besonderen<br />

Härte ausgegangen werden. Davon ist in unserem Fall auszugehen. Es handelt sich<br />

um Schonvermögen, das nicht eingesetzt werden muss.<br />

3. Leistungen von dritter Seite <strong>und</strong> Anspruchsausschluss<br />

a) Leistungen von dritter Seite :<br />

Ein Einsatz von Eigenmitteln etwaiger Partner nach § 43 Abs.1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> kommt im<br />

vorliegenden Fall nicht in Betracht.<br />

Bei einem Gesamteinkommen von Eltern (gemeinsam!) oder Kindern (pro Kind !)<br />

unterhalb 100.000 € werden innerhalb der Gr<strong>und</strong>sicherung diesbezüglich bestehende<br />

Unterhaltsansprüche nicht berücksichtigt (§ 43 Abs. 2); auch findet kein<br />

Anspruchsübergang statt (§ 94 Abs.1 S. 3). Bei einem Gesamteinkommen über<br />

100.000 € aber entfällt der Anspruch auf Gr<strong>und</strong>sicherung (nicht aber auf Hilfe <strong>zum</strong><br />

Lebensunterhalt !):<br />

b) Anspruchsausschluss nach § 43 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Der Sozialhilfeträger hat bereits „Angaben“ zu den Einkommensverhältnissen der<br />

Kinder verlangt (§ 43 Abs. 2 S. 3 <strong>und</strong> 4). Diese haben die erforderlichen Auskünfte<br />

gegeben <strong>und</strong> nachgewiesen, jeweils nicht mehr als 100.000,-- € Gesamteinkommen<br />

zu verdienen. Die Grenze von 100.000 € zählt für jedes einzelne Kind; nur dieses<br />

kann ein Gesamteinkommen i.S.d. Steuerrechts haben (so Falterbaum, in<br />

Hauck/Noftz, <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, § 43 Rz 12).<br />

Bei Überschreiten der 100.000 €-Grenze entfiele der Anspruch auf Gr<strong>und</strong>sicherung<br />

(§ 43 Abs. 2 S. 6). Verweigerte in diesem Fall der Verpflichtete den Unterhalt, so<br />

müsste Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt geleistet werden. Dann aber wird der<br />

Anspruchsübergang nach § 94 Abs.1 S.1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> aktiviert.<br />

Solange Fritz aber Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen erhält ist der Übergang des<br />

zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs von Fritz gegenüber seinen Kindern nach<br />

§ 94 Abs.1 S. 3 Halbsatz 2 ausgeschlossen.<br />

Luthe, IRS 68


c) Auskunftsverpflichtung der Kinder :<br />

Weigern sich die Kinder Auskunft zu erteilen, so ist dies nach § 117 Abs. 6 zwar<br />

keine Ordnungswidrigkeit <strong>und</strong> kann auch nicht weiter erzwungen werden. Jedoch ist<br />

das Finanzamt gegenüber dem Sozialamt nach § 117 Abs.1 S. 4 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i.V.m. § 21<br />

Abs. 4 <strong>SGB</strong> X nunmehr auskunftspflichtig.<br />

<strong>II</strong>. Leistungsberechtigung §§ 41, 19 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

a)Fritz muss nach § 41 Abs. 1 einen Antrag stellen.<br />

b)Fritz hat nach § 41 Abs. 2 das 65. Lebensjahr vollendet.<br />

c)Fritz kann gemäß § 41 Abs. 1 seinen Lebensunterhalt im Altersheim nicht aus<br />

eigenem Einkommen <strong>und</strong> Vermögen bestreiten.<br />

d)Fritz hat seine Bedürftigkeit nicht nach § 41 Abs. 4 vorsätzlich oder grob<br />

fahrlässig herbeigeführt (etwa sein Vermögen verschenkt).<br />

Fritz hat nach § 19 Abs. 2 somit einen Rechtsanspruch auf Gr<strong>und</strong>sicherung,<br />

insofern Leistungen nach § 42 begehrt werden.<br />

<strong>II</strong>I. Leistungsumfang § 42 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Regelbedarfsstufe 1 nach Anlage zu § 28, also § 8 Regelbedarfsermittlungsgesetz<br />

(§ 42 Nr. 1): 382 € .<br />

Dieser Betrag reicht weder für die die Versorgung (1000 €) noch für die vom<br />

privaten Heimträger veranschlagten Kosten der Unterkunft (1000 €). Für die<br />

Versorgung kann auch § 27 a Abs. 4 S. 1 als „abweichende“ Regelleistung nach §<br />

42 Nr. 1 nicht herangezogen werden. Denn die Vorschrift gilt nur für den<br />

Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen.<br />

Auch die nach § 42 Nr. 2 Halbsatz 2 bei stationärer Unterbringung geltenden<br />

durchschnittlichen Aufwendungen für die Warmmiete sind mit 500 € zu niedrig<br />

bemessen. Ein Ausweichen auf die Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt in Einrichtungen hilft<br />

hinsichtlich der Kosten nicht weiter. Denn auch hier orientiert sich der insoweit<br />

Luthe, IRS 69


anwendbare § 27 b Abs. 1 S. 2 am Leistungsumfang der Gr<strong>und</strong>sicherung, also an<br />

der durchschnittlichen Warmmiete (vgl. auch Fall Anna).<br />

1. Variante (vgl. auch Fall Karl, insbesondere <strong>zum</strong> Barbetrag): Hier offenbart das<br />

Gesetz eine neue Konzeption. Die hier einschlägige Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt in<br />

Einrichtungen nach § 27 b wird beim Leistungsumfang des § 42 nicht erwähnt.<br />

(Die in § 42 Nr. 2 erwähnten Kosten bei stationärer Unterbringung erfassen nach<br />

hiesiger Meinung nur Fälle einer vorübergehenden stationären Unterbringung des<br />

Gr<strong>und</strong>sicherungsbeziehers mit weiterlaufenden Unterkunftskosten für die eigene<br />

Wohnung <strong>und</strong> bewirken insofern nur eine technische Abstimmung mit<br />

§ 27 b Abs. 1 S. 2). Deshalb kommen Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen bei<br />

(ausschließlicher) stationärer Unterbringung gr<strong>und</strong>sätzlich nicht in Betracht.<br />

Damit entfällt auch die Privilegierung der Angehörigen nach § 43 Abs. 2 <strong>und</strong><br />

§ 94 Abs. 1 S. 3. Die stationär Untergebrachten erhalten nunmehr Leistungen der<br />

Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt in Einrichtungen nach § 35 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. In diesem Fall aber<br />

greift der Anspruchsübergang nach § 94 Abs. 1 S. 1.<br />

2. Variante: Nach der Gegenmeinung (näher <strong>zum</strong> Meinungsstand Luthe/Dittmar,<br />

Fürsorgerecht 2006, Rz 195 ff.) sind Gr<strong>und</strong>sicherungsleistungen auch bei<br />

stationärer Unterbringung nicht ausgeschlossen. Reichen die Leistungen der<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung nicht aus, sollen ergänzend Leistungen der Hilfe <strong>zum</strong><br />

Lebensunterhalt (etwa der Barbetrag) gewährt werden können. Das würde<br />

bedeuten, dass (lediglich) für den durch die Gr<strong>und</strong>sicherung nicht gedeckten Bedarf<br />

die Privilegierung der Angehörigen entfällt. Hinsichtlich der Unterkunfts- <strong>und</strong><br />

Verpflegungskosten aber bleibt es bei dem Problem, dass nach § 27 a Abs. 1 S. 2<br />

nur die durchschnittliche Warmmiete <strong>und</strong> der Regelsatz gezahlt werden können,<br />

wodurch die tatsächlichen Einrichtungskosten aber häufig nicht abdeckt werden.<br />

Wir schließen uns im Folgenden der 1. Variante an <strong>und</strong> prüfen nunmehr den<br />

Lebensunterhalt in Einrichtungen im Rahmen der Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt:<br />

Luthe, IRS 70


B. Lebensunterhalt in Einrichtungen (Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt)<br />

I. Leistungen § 27 b <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

a) Regelleistung: 382,-- € (§ 27 b Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 42 Nr. 1 <strong>und</strong> Anlage zu §<br />

28)<br />

b) Barbetrag zur persönlichen Verfügung: 27 % von 382,-- € = 103,14 € (§ 27 b<br />

Abs. 2)<br />

c) Angemessene Aufwendungen für die durchschnittliche Warmmiete eines<br />

Einpersonenhaushalts bei stationärer Unterbringung = 500,-- €<br />

(§ 27 b Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 42 Nr. 4).<br />

è Kein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 1, da Fritz nicht gehbehindert ist<br />

(§ 27 b Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 42 Nr. 3 <strong>und</strong> § 30 Abs. 1).<br />

è Keine einmaligen Bedarfe nach § 31 (§ 27 b Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 42 Nr. 3 <strong>und</strong><br />

31).<br />

<strong>II</strong>. Nachrang §§ 2, 19 Abs. 1 S. 1, 82, 90, 94, 102<br />

1. Die gesamte Leistung beträgt somit 985,14 €. Hiervon sind Eigenmittel in<br />

Höhe von 329,80 € in Abzug zu bringen (§§ 2, 19 Abs. 1 S. 1, 82, 90). Fritz<br />

ist somit in Höhe von 655,34 € leistungsberechtigt.<br />

2. Der Einrichtungsbedarf von Fritz wird hierdurch aber nicht gedeckt.<br />

Insbesondere bei stationärer Unterbringung – auch in Altersheimen – sind<br />

die Leistungen der Gr<strong>und</strong>sicherung hinsichtlich des allgemeinen<br />

Unterhaltsbedarfs heute in vielen Fällen nicht mehr bedarfsdeckend, siehe<br />

<strong>II</strong>I.<br />

3. Der Unterhaltsanspruch von Fritz gegen seine Kinder geht nach<br />

§ 94 Abs. 1 S. 1 in Höhe der geleisteten Aufwendungen auf das Sozialamt<br />

über.<br />

Die (späteren) Erben sind nach § 102 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> <strong>zum</strong> Ersatz der<br />

Luthe, IRS 71


Sozialhilfekosten verpflichtet (dies gilt nach § 102 Abs. 5 jedoch nicht bei<br />

Bezug von Gr<strong>und</strong>sicherung nach § 41).<br />

<strong>II</strong>I. Ungedeckte Einrichtungskosten § 35 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

1. Es bleibt nur noch die Möglichkeit, die restlichen Einrichtungskosten, die von<br />

den Leistungen nach § 35 Abs. 1 S. 2 nicht erfasst werden, unter den<br />

„weiteren notwendigen Lebensunterhalt“ nach § 35 Abs. 1 S. 1 <strong>und</strong> Abs.<br />

2 zu subsumieren. Dann erhält Fritz die volle Leistung.<br />

2. Dies wäre aber dann nicht möglich, wenn man zu dem Ergebnis käme, dass<br />

der weitere notwendige Lebensunterhalt zwar „alles Mögliche“ umfassen<br />

kann, aber nicht die insoweit abschließend in § 35 Abs. 1 S. 2 geregelten<br />

Regelsatzleistungen <strong>und</strong> Unterkunftskosten. Dann wäre das Gesetz<br />

hinsichtlich weiterer Möglichkeiten „ausgereizt“ <strong>und</strong> man hätte hinsichtlich<br />

der Versorgung der Heiminsassen ein „echtes Problem“.<br />

3. Das Sozialamt kann nach § 9 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (Wunschrecht) im Übrigen ein<br />

kostengünstigeres Altenheim vorschlagen. Dies muss Fritz akzeptieren, wenn<br />

sein Bedarf hierdurch ebenso gedeckt wird <strong>und</strong> besondere<br />

Einzelfallumstände nicht für das gewünschte Heim sprechen.<br />

„Unverhältnismäßige Mehrkosten“ dürfen durch den Wunsch aber auf keinen<br />

Fall entstehen.<br />

4. Man könnte als Leistungsträger zudem im Rahmen der mit den Heimen<br />

auszuhandelnden Vergütung (§§ 75 ff.) auf niedrigere Vergütungssätze<br />

hinwirken.<br />

IV. Zuständigkeit<br />

Sachlich zuständig ist vorbehaltlich anderer landesrechtlicher Bestimmung der örtliche<br />

Träger (§ 97 Abs. 1). Örtlich zuständig ist der Träger am früheren Wohnsitz von Fritz<br />

(§ 98 Abs. 2).<br />

Luthe, IRS 72


Fall Otto (<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> X<strong>II</strong>)<br />

(Hilfe in besonderen Lebenslagen nach <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sicherung nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>)<br />

Otto, 40 Jahre, von Beruf Gastwirt, mittlerweile insolvent, leidet lt. amtsärtzlichem<br />

Gutachten an „Alkoholismus <strong>und</strong> chronischer Fettleber“. Eine stationäre Behandlung wird<br />

vom Amtsarzt für dringend erforderlich gehalten. Otto hat weder Ansprüche an die<br />

Sozialversicherung noch an eine Privatversicherung. Er ist ohne Einkommen <strong>und</strong><br />

Vermögen <strong>und</strong> wurde nach §§ 8, 44 a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> als erwerbsunfähig eingestuft.<br />

Die Entziehungskur in der Waldsteinklinik kostet pro Tag 250,-- €. In den ersten 4 Wochen<br />

soll die Entzugsbehandlung stattfinden, im folgenden Monat die Entwöhnungsbehandlung<br />

<strong>und</strong> verschiedene Integrationsmaßnahmen.<br />

Otto lebt mit der 35-jährigen Karin zusammen (auszugehen ist von einer eheähnlichen<br />

Gemeinschaft), die einer Erwerbstätigkeit nachgeht <strong>und</strong> nach Abzug aller maßgeblichen<br />

Kosten (wie etwa Steuern u. Sozialversicherungsbeiträge, vgl. § 11 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) über<br />

ein bereinigtes Einkommen von 715,-- € verfügt (§§ 11 Abs. 2, 30 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Vermögen liegt<br />

bei Karin nicht vor.<br />

Für die angemessene 60 qm-Wohnung zahlt sie insgesamt 400 €, zusätzlich eine<br />

Heizungspauschale von 50 €.<br />

Otto weigert sich, der seit 2009 auch für Selbstständige geltende<br />

Krankenversicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz<br />

nachzukommen.<br />

Danach müssen alle Personen, die nicht GKV beitreten, bei einem<br />

Versicherungsunternehmen eine Krankenversicherung für die stationäre <strong>und</strong> ambulante<br />

Heilbehandlung abzuschließen. Konsequenzen bei Weigerung: Bußgeld <strong>und</strong><br />

Beitragsnachzahlung.<br />

Otto lässt sich hiervon nicht beeindrucken: er könne zurzeit ohnehin nichts zahlen, da er<br />

Luthe, IRS 73


edürftig sei.<br />

Allerdings ist Otto später einmal (vielleicht) <strong>zum</strong> Kostenersatz verpflichtet, weil er – so<br />

§ 103 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> – „für sich … durch vorsätzliches … Verhalten die Vorraussetzung für die<br />

Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt hat.“ Anders gesagt: Er hat keine Versicherung<br />

angeschlossen, die nach § 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> vorrangig zur Leistung verpflichtet gewesen wäre<br />

<strong>und</strong> erfüllt damit die Anspruchsvoraussetzungen der sozialhilferechtlichen Krankenhilfe,<br />

wenn ihm die Aufbringung der Mittel hierfür zurzeit nicht möglich <strong>und</strong> auch nicht<br />

zu<strong>zum</strong>uten ist (vgl. § 19 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

lNach welchem Gesetz werden welche Leistungen gewährt?<br />

lIst der Anspruch von Otto auf Hilfe im Hinblick auf sein Alkoholproblem erfüllt?<br />

Luthe, IRS 74


Falllösung Otto<br />

Vorbemerkungen: Otto verfügt weder über Einkommen noch Vermögen <strong>und</strong> lebt mit<br />

Karin im gemeinsamen Haushalt; sie bilden möglicherweise eine Bedarfsgemeinschaft. In<br />

diesem Fall, wo der nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige mit einer erwerbsfähigen Person<br />

zusammenlebt, bezieht der erwerbsfähige Hilfebedürftige bei Bedürftigkeit<br />

Arbeitslosengeld <strong>II</strong>, der nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige Sozialgeld nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />

Deshalb muss zunächst geprüft werden, ob die Bedarfsgemeinschaft nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> für<br />

ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen kann oder hiernach Unterhaltsleistungen erhält.<br />

Das Arbeitslosengeld <strong>II</strong> <strong>und</strong> das Sozialgeld sichern jedoch nur den Lebensunterhalt.<br />

Behandlungsleistungen werden im Regelfall im Rahmen der Sozialversicherung des<br />

insofern mit Bezug von Arbeitslosengeld <strong>II</strong> pflichtversicherten Hilfebedürftigen für diesen<br />

<strong>und</strong> dessen in der Familienversicherung mitversicherten Angehörigen erbracht. Der<br />

eheähnliche Partner aber wird von der Familienversicherung nicht erfasst,<br />

vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 a <strong>SGB</strong> V. Zwar sind seit 2007 Personen ohne reguläre KrankenV in<br />

der KV gr<strong>und</strong>sätzlich gesetzlich pflichtversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 <strong>SGB</strong> V). Dies gilt nach<br />

§ 5 Abs. 1 Nr. 13 <strong>SGB</strong> V jedoch nicht für den in § 5 Abs. 5 <strong>SGB</strong> V genannten<br />

Personenkreis, mithin nicht für hauptberuflich Selbstständige wie im Fall des Otto.<br />

Allerdings ist Otto nach § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz auch als<br />

Selbstständiger nunmehr <strong>zum</strong> Abschluss einer privaten Versicherung verpflichtet, wenn er<br />

der gesetzlichen Versicherung nicht beitreten will.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sind <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>-Leistungen der Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt nach § 5 Abs. 2<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> § 21 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ausgeschlossen, wenn der Hilfebedürftige einen<br />

Unterhaltsanspruch nach dem <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> geltend machen kann. Der Ausschluss gilt jedoch<br />

nicht für die „Besonderen Leistungen“ des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (vormals Hilfe in besonderen<br />

Lebenslagen). Diese sind nach § 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (Nachranggr<strong>und</strong>satz) gleichwohl nur<br />

nachrangig zu gewähren, wenn also Leistungsansprüche gegenüber anderen<br />

Leistungsträgern nicht bestehen. Insbesondere Ansprüche gegen die KV liegen bei Otto<br />

mangels Versicherungspflicht nicht vor. Deshalb müssen für Otto die Kranken- <strong>und</strong><br />

Rehaleistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> geprüft werden.<br />

Luthe, IRS 75


I. Leistungen nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

(Leistungen des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> stehen im Fallbeispiel nicht im Vordergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> werden nur in<br />

Kurzform behandelt).<br />

1.Berechtigung §§ 7, 8, 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Otto <strong>und</strong> Karin)<br />

a)Otto <strong>und</strong> Karin sind zwischen 15 <strong>und</strong> 65 Jahre alt (§ 7 Abs. 1 Nr. 1)<br />

b)Erwerbsfähigkeit: Es ist nicht absehbar, dass Otto auf absehbare Zeit, d. h. in den<br />

nächsten 6 Monaten, erwerbsfähig sein wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 1).<br />

c)Bedarfsgemeinschaft § 7 Abs. 2 <strong>und</strong> 3: Otto <strong>und</strong> Karin sind eine<br />

Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c, Abs. 3a.<br />

d)Leistungsausschluss bei stationärer Unterbringung, § 7 Abs. 4: Bei stationärer<br />

Unterbringung entfällt der Anspruch nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>; dies gilt jedoch nicht, wenn die<br />

Person für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus untergebracht ist. Hiervon<br />

ist auszugehen; Otto soll nach dem Sachverhalt zunächst für vier Wochen stationäre<br />

Behandlung erhalten.<br />

e)Hilfebedürftigkeit § 7 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 9: wenn Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />

nicht ausreichen(§ 9 Abs. 1 Nr. 2). In einer Bedarfsgemeinschaft sind Eigenmittel des<br />

Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2). Verfügbare Eigenmittel: hier nur Einkommen<br />

nach § 11; die Bereinigung nach § 11 Abs. 2 wurde bereits vorgenommen, also 715,--<br />

€.<br />

f)Allerdings durfte bislang nach der alten BSHG-Rechtslage ein erwerbstätiges Mitglied<br />

der Bedarfsgemeinschaft, das seinen eigenen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann,<br />

durch seine Heranziehung für den Angehörigen aus verfassungsrechtlichen Gründen<br />

nicht selbst bedürftig werden. Nur das den eigenen gesetzlich garantierten Unterhalt<br />

übersteigende Einkommen durfte für den Angehörigen eingesetzt werden. Die<br />

Sozialgerichte sehen dies heute jedoch anders als die früher zuständigen<br />

Verwaltungsgerichte: Wegen § 9 Abs. 2 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, wonach es bei der<br />

Hilfebedürftigkeit auf das Verhältnis des eigenen Bedarfs <strong>zum</strong> Gesamtbedarf ankommt,<br />

muss der Einkommensbezieher sein Einkommen für die anderen selbst dann<br />

einsetzen, wenn er dadurch selbst hilfebedürftig wird. Prüfungstechnisch bedeutet<br />

dies, dass der Bedarf sowohl von Otto als auch von Karin berechnet werden muss <strong>und</strong><br />

insbesondere das Einkommen von Karin auf beide Partner aufgeteilt werden muss.<br />

Luthe, IRS 76


2. Leistungen §§ 19 – 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

a)Bedarf Karin:<br />

- da erwerbsfähig AlG <strong>II</strong> (§§ 19 i. V. m § 20 Abs. 4) = 337 €<br />

- Unterkunft <strong>und</strong> Heizung nach § 22 Abs.1: 50 % von 450,-- € = 225,-- €.<br />

Gesamt: 562 €<br />

b) Bedarf Otto: Sozialgeld nach §§ 19, 20 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> <strong>und</strong> Unterkunft / Heizung:<br />

wie bei Karin, also<br />

Gesamt: 562,-- €.<br />

3. Gegenüberstellung von Bedarf <strong>und</strong> Eigenmitteln:<br />

Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft beträgt das Zweifache von 562 €, also<br />

insgesamt 1124,-- €. Karins bereinigtes Einkommen beträgt 715 €. Der ungedeckte<br />

Gesamtbedarf nach <strong>II</strong> § 9 Abs. 2 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> beläuft sich somit auf 409,-- €<br />

(1124 € abzgl. 715 €).<br />

Da der Individualbedarf von Karin <strong>und</strong> Otto gleich ist, hat jeder von ihnen einen<br />

Anspruch auf Leistungen in Höhe von 204,50 €. Karin <strong>und</strong> Otto beziehen die<br />

Leistungen auf Antrag (§ 37). Karin kann die Leistung entgegennehmen (§ 38).<br />

Die Geldleistung wird auf das inländische Konto überwiesen (§ 42) <strong>und</strong> monatlich<br />

erbracht sowie für 6 Monate bewilligt (§ 41 Abs. 1).<br />

Luthe, IRS 77


<strong>II</strong>. Leistungen nach <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (vgl. §§ 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>, 21 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

Otto ist weder sozialversichert noch familienversichert.<br />

Nach § 2 Abs.2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> vorrangige Sozialleistungsträger sind somit nicht vorhanden.<br />

Auch besteht keine vorrangige private Absicherung im Krankheitsfall. Zu<br />

prüfen sind somit die besonderen Leistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

1. § 67 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten:<br />

Besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten vorhanden? Nein,<br />

keine Ausgrenzungssymptomatik nach § 1 Abs. 3 VO zu § 69; im übrigen gilt der<br />

„interne“ Nachrang nach § 67 Abs. 1 S. 2.<br />

2. § 47 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, vorbeugende Ges<strong>und</strong>heitshilfe: Nur wenn Sucht im<br />

Anfangsstadium. Dies ist hier nicht der Fall.<br />

3. § 48 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, Krankenhilfe: Die Krankenhilfe des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> wird seit Einführung der<br />

generellen Versicherungspflicht nach dem Versicherungsvertragsgesetz nur noch<br />

äußerst selten in Anspruch genommen. Voraussetzung ist eine „Krankheit“.<br />

Alkoholsucht gilt rechtlich als Krankheit. Otto ist entgegen seiner Verpflichtung<br />

weder gesetzlich noch <strong>und</strong> auch nicht privat versichert. Deshalb muss die<br />

Sozialhilfe die Kosten übernehmen. Otto ist im Fall eines Falles jedoch nach § 103<br />

Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> später ggf. <strong>zum</strong> Ersatz der Behandlungskosten verpflichtet, weil<br />

er die Hilfebedürftigkeit durch seine Weigerung zur Absicherung des<br />

Krankheitsrisikos vorsätzlich herbeigeführt hat. Ist die originäre Krankenhilfe<br />

nach § 48 S. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (Hilfe als Leistung des Sozialamts) oder die abgeleitete<br />

Krankenhilfe nach § 48 S. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (Hilfe als Leistung durch die KV) einschlägig?<br />

Zwar gelten die Regelungen der abgeleiteten Krankenhilfe für Empfänger von <strong>SGB</strong><br />

X<strong>II</strong>-Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, was bei Otto<br />

voraussichtlich der Fall ist (§ 264 Abs. 2 S. 1 <strong>SGB</strong> V). Zusätzliche Voraussetzung<br />

ist nach § 264 Abs. 2 S. 2 <strong>SGB</strong> V jedoch der Bezug von Hilfe <strong>zum</strong><br />

Lebensunterhalt nach <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> für mindestens einen Monat; dies ist bei Otto<br />

jedoch nicht der Fall. Er erhält somit die originäre Krankenhilfe des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> <strong>und</strong><br />

nicht die abgeleitete Krankenhilfe unter Inanspruchnahme der KV. Die insofern zu<br />

gewährenden Leistungen entsprechen den üblichen Leistungen der gesetzlichen<br />

Luthe, IRS 78


Krankenversicherung (§ 52 Abs.1 S.1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Otto erhält die<br />

Entzugsbehandlung als Krankenbehandlung (entspr. § 27 Abs. 1 Nr. 5 <strong>SGB</strong> V),<br />

die Entwöhnung als Reha (§§ 27 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. 40 <strong>SGB</strong> V).<br />

Er hat bis zur Belastungsgrenze nach § 62 Abs. 2 S. 2 <strong>und</strong> 7 <strong>SGB</strong> V (12 x 374 €,<br />

hiervon nach § 62 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> V 2% = 89,76 €, bei Chronikern 1% = 44,88 €)<br />

Zuzahlungen zu leisten (§§ 61 S. 2, 39 Abs. 4, 40 Abs. 5 <strong>SGB</strong> V i.V.m. § 52 Abs.1<br />

S.1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Dies muss er aus seinen laufenden Unterhaltsleistungen bestreiten.<br />

Ein Bedarfsanteil für Ges<strong>und</strong>heitspflege ist in Regelleistungsbemessung bei § 20<br />

Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> berücksichtigt. § 24 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Abweichende Erbringung von<br />

Leistungen) ist zu in besonderen „unvorhersehbaren“ Fällen prüfen.<br />

4. Eingliederungshilfe:<br />

- Voraussetzungen, § 53 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

a)Nach § 53 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i.V.m. § 2 <strong>SGB</strong> IX <strong>und</strong> § 3 Nr. 3 EingliederungshilfeVO<br />

(zu § 60 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>) liegt eine Behinderung vor. Im Sinne des Gesetzes ist die<br />

Teilhabefähigkeit bei Otto wesentlich eingeschränkt.<br />

b)Erfolgsprognose (§ 53 Abs. 1 <strong>und</strong> Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>): Es besteht im Fall von Otto<br />

Aussicht, dass die Behinderung beseitigt <strong>und</strong> er in die Gesellschaft eingegliedert<br />

werden kann.<br />

c)Personen mit einer „anderen“ Behinderung (etwa weniger als 6 Monate Dauer<br />

der Beeinträchtigung, § 53 Abs. 1 S. 2: „Kann“)<br />

d)Bei von Behinderung bedrohten Menschen (§ 53 Abs. 1 <strong>und</strong> 2) ist der<br />

Nachrang gegenüber der Krankenhilfe zu beachten, falls diese ausreicht (Abs. 2)<br />

e)Liegen die Voraussetzungen vor, besteht ein Rechtsanspruch auf die Leistung<br />

(Ausnahme Abs. 1 S. 2 „Kann“)<br />

- Leistungen, § 54 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gibt es 5 Leistungsgruppen:<br />

- „Insbesondere“ Leistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

- die in § 54 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> in Bezug genommenen Leistungen des <strong>SGB</strong> IX<br />

- Leistungen nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 – 5 mit teilweiser Konkretisierung in EinglhVO,<br />

- § 54 Abs. 2 :Besuchshilfen<br />

- § 54 Abs. 3: Hilfe für die Betreuung in der Pflegefamilie.<br />

Luthe, IRS 79


Otto erhält medizinische Reha nach § 54 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 2 <strong>SGB</strong> IX;<br />

auch § 26 Abs. 3 <strong>SGB</strong> IX. Die Leistungen entsprechen jedoch den Reha-Leistungen<br />

der KV (§ 54 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Hinsichtlich der Dauer von Reha-Maßnahmen<br />

vgl. § 40 Abs. 3 <strong>SGB</strong> V. Der Gr<strong>und</strong>satz „ambulant vor stationär“ in § 40 Abs. 1<br />

<strong>SGB</strong> V ist zu beachten. Art <strong>und</strong> Umfang der Leistung werden nach § 40 Abs. 3 <strong>SGB</strong><br />

V nach Ermessen gewährt.<br />

Das <strong>SGB</strong> IX gilt im Übrigen nur, wenn die einzelnen Leistungsgesetze nichts<br />

Abweichendes regeln (§ 7 <strong>SGB</strong> IX <strong>und</strong> § 53 Abs. 4 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). So setzt § 53 <strong>SGB</strong><br />

X<strong>II</strong> im Gegensatz zu § 2 <strong>SGB</strong> IX eine „wesentliche“ Behinderung voraus!<br />

5. Pflegeleistungen § 61 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Voraussetzung ist, dass man Hilfe benötigt bei den täglichen Verrichtungen des<br />

§ 61 Abs. 1 S 1 i. V. m. Abs. 5. Das ist bei Otto nicht der Fall.<br />

Ergebnis: Es besteht sowohl Anspruch auf Krankenhilfe als auch auf<br />

Eingliederungshilfe durch den Sozialhilfeträger. Es sind sowohl die erforderliche<br />

Akutversorgung (Entzug) als auch die Reha-Leistungen (Entwöhnung,<br />

Arbeitserprobung usw.) als Leistung der Krankenhilfe ebenso wie als Leistung der<br />

Eingliederungshilfe für Behinderte möglich. Nunmehr kommt es im Rahmen der<br />

Abgrenzung darauf an, welche Hilfe am wirksamsten ist (gr<strong>und</strong>sätzlich die<br />

Eingliederungshilfe, da umfassender) <strong>und</strong> welcher Hilfezweck dominiert (hier<br />

zunächst die Entzugsbehandlung als Krankenhilfe). Da der Entzug Voraussetzung<br />

aller weiterer Maßnahmen ist, dominiert hier die Krankenhilfe. Dies schließt spätere<br />

berufliche oder soziale Teilhabeleistungen nach § 54 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i. V. m. <strong>SGB</strong> IX nicht<br />

aus. Die Entscheidung für die Krankenhilfe hat für Otto Konsequenzen: er muss<br />

„zuzahlen“, was bei Leistungen der Eingliederungshilfe in Hinblick auf § 54 Abs.1<br />

S.2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> noch nicht geklärt ist.<br />

Sachliche Zuständigkeit: Für die Krankenhilfe nach § 97 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> der<br />

örtliche Träger. Für die spätere Eingliederungshilfe nach § 97 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> der<br />

überörtliche Träger, es sei denn, Landesrecht trifft eine andere Bestimmung (§ 97<br />

Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

Luthe, IRS 80


Fall Berti (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

(Hilfe in besonderen Lebenslagen)<br />

ûBerti ist querschnittsgelähmt. Er benötigt Hilfe bei allen Verrichtungen des täglichen<br />

Lebens.<br />

ûBerti ist in der PflegeV versichert <strong>und</strong> erhält hier Pflegegeld in Höhe von 675,-- €<br />

monatlich. Die Pflege wird von seiner Ehefrau <strong>und</strong> von einer Pflegerin des<br />

Diakonischen Werkes durchgeführt. Die Kosten für die besondere Pflegekraft betragen<br />

monatlich 1.000,-- €. Das Verhältnis der Pflegetätigkeiten von Ehefrau <strong>und</strong> Pflegerin<br />

betragen etwa 1/3 zu 2/3, weil die Ehefrau noch 25 Std. wöchentlich erwerbstätig ist.<br />

ûKommt Hilfe zur Pflege in Betracht? (Einkommen <strong>und</strong> Vermögen sowie der<br />

Anspruchsübergang sind nicht zu berücksichtigen.<br />

Anmerkung:<br />

ûFür erhöhten pflegebedingten Bekleidungsverschleiß bei der Ehefrau fallen monatlich<br />

50 € an.<br />

ûDie Ehefrau kann wegen der Pflege ihres Mannes keiner vollschichtigen<br />

Erwerbstätigkeit nachgehen. Hierdurch entsteht ein monatlicher Ausfall von<br />

Rentenbeiträgen in Höhe von 100 €. Sie überlegt deshalb, ob sie die Pflege noch<br />

weiter durchführen kann.<br />

Luthe, IRS 81


Falllösung Berti (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

Vorbemerkungen: Wegen des Nachranggr<strong>und</strong>satzes des § 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> besteht in der<br />

Praxis häufig die Vorstellung, Leistungen der Hilfe zur Pflege nach <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> seien neben<br />

den Pflegeversicherungsleistungen des <strong>SGB</strong> XI ausgeschlossen. Dies ist jedoch nicht der<br />

Fall. Leistungen der PflegeV sind der Höhe nach „gedeckelt“, reichen daher häufig nicht<br />

aus, um den Bedarf zu decken <strong>und</strong> müssen deshalb durch die Hilfe zur Pflege<br />

aufgestockt werden, wenn der Hilfebedürftige oder seine Bedarfsgemeinschaft (vgl. § 19<br />

Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>) die Kosten nicht selbst tragen können. Außerdem ist der Pflegebegriff im<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> im Vergleich <strong>zum</strong> <strong>SGB</strong> XI weiter gefasst, so dass auch eine vergleichsweise<br />

geringere oder andersgeartete Pflegebedürftigkeit zu Leistungen führen kann. Das <strong>SGB</strong><br />

X<strong>II</strong> ist zudem gr<strong>und</strong>legend anzuwenden bei nicht versicherten Personen. Schließlich<br />

gibt es im <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> im Rahmen der häuslichen Pflege weitere Leistungen, die in der<br />

PflegeV nicht vorkommen. Allerdings sind die Hilfen zur Pflege im Gegensatz zur PflegeV<br />

einkommens- <strong>und</strong> vermögensabhängig (vgl. Fall Uwe <strong>und</strong> Fall Peter).<br />

I. Leistungsvoraussetzungen<br />

Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfe zur Pflege:<br />

Es gilt § 61 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3, 4, 5. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> Berti benötigt Hilfe bei allen<br />

Verrichtungen des § 61 Abs. 5 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> Berti ist pflegebedürftig.<br />

<strong>II</strong>. Leistungen<br />

Möglich sind die in § 61 Abs. 2 S. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> aufgeführten Leistungen, u. a. – wie<br />

hier - häusliche Pflege. Auf diese soll nach § 63 hingewirkt werden: Die häusliche<br />

Pflege wird <strong>zum</strong> Teil durch die Ehefrau (nahestehende Person) geleistet. Es gelten<br />

nach § 63 S. 2 die §§ 64 – 66 (zunächst sind sämtliche Pflegehilfen unabhängig von<br />

den Leistungen der PflegeV zu ermitteln; erst in einem weiteren Schritt ist die sog.<br />

Leistungskonkurrenz zu prüfen):<br />

è Pflegegeld nach § 64 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. V. m. § 37 Abs. 1 Nr. 3 <strong>SGB</strong> XI: im Jahre<br />

2012 = 700 € für Pflegestufe 3 ( zunächst sind sämtliche Leistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

unabhängig von ggf. gewährten <strong>und</strong> anzurechnenden Leistungen der PflegeV zu<br />

ermitteln ).<br />

Luthe, IRS 82


è Aufwendungen der Pflegeperson (Ehefrau) nach § 65 Abs. 1 S. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, hier:<br />

50 € für besonderen Bekleidungsbedarf monatlich. Hierauf besteht ein<br />

Rechtsanspruch!<br />

è Ggf. Rentenbeiträge nach § 65 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> für die Ehefrau als Pflegeperson<br />

(Aber: „Kann“. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die vom Gesetzgeber favorisierte<br />

häusliche Pflege von der Ehefrau nach § 63 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> noch erbracht werden kann,<br />

wenn Beiträge nicht gewährt werden), also 100,-- € Beiträge monatlich. Nach<br />

è § 65 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> besteht jedoch ein Rechtsanspruch auf Erstattung von<br />

Beiträgen, wenn der Pflegebedürftige Pflegegeld nach § 64 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> erhält. Ob dies<br />

der Fall entscheidet sich im Rahmen der Leistungskonkurrenz (s.u.).<br />

è Kosten für eine besondere Pflegekraft nach § 65 Abs. 1 Satz 2: hier 1.000,-- €<br />

monatlich.<br />

<strong>II</strong>I. Leistungskonkurrenz:<br />

• Da Pflegegeld der PflegeV in Höhe von 685,-- € gewährt wird, scheidet das in<br />

gleicher Höhe wie in der PflegeV gewährte Pflegegeld des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> „zunächst“ aus<br />

(§ 66 Abs.1 S. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Dies folgt im Übrigen auch bereits aus dem<br />

Nachranggr<strong>und</strong>satz des § 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

• Die Leistungen nach § 65 werden neben dem Pflegegeld nach § 64 erbracht (§<br />

66 Abs. 2 S. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Diese Regelung ist eigenständig gegenüber Absatz 1 Satz<br />

1. In diesem Fall aber, wo also eine besondere Pflegefachkraft, Aufwendungen der<br />

Pflegeperson (hier Ehefrau) sowie Rentenbeiträge für die Pflegeperson gewährt<br />

werden, „kann“ das Pflegegeld um maximal 2/3 gekürzt werden, d. h. 1/3 des<br />

Pflegegeldes bleibt stets erhalten! Dies gilt nach hiesiger Auffassung auch dann,<br />

wenn der Betroffene wegen § 66 Abs.1 S.1 „zunächst“ gar kein Pflegegeld nach<br />

dem <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> erhalten kann. Denn Abs. 2. S. 2 ist eine vorrangige Spezialvorschrift<br />

gegenüber § 66 Abs.1 S.1 <strong>und</strong> dient in besonderer Weise der Aufrechterhaltung<br />

der Pflegebereitschaft des zu Pflegenden in seiner häuslichen Umgebung.<br />

Deshalb gibt es in jedem Fall 1/3 des Pflegegeldes nach § 64 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

zusätzlich <strong>zum</strong> Pflegegeld der PflegeV: mithin 1/3 von 700 € = 233, 33 €.<br />

Luthe, IRS 83


Es ließe sich jedoch auch argumentieren, dass zusätzliches – wenngleich nach<br />

§ 66 Abs. 2 S. 2 zu kürzendes – Pflegegeld aus der Sozialhilfe neben dem<br />

Pflegegeld aus der Pflegeversicherung wegen der generellen<br />

Ausschlussregelung des § 66 Abs. 1 S. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ausscheidet. In der Klausur<br />

ist jedoch ggf. von der Möglichkeit eines Nebeneinanders von Pflegegeld nach<br />

Sozialhilfe <strong>und</strong> Pflegeversicherung auszugehen. Der Umfang der Kürzung des<br />

Pflegegeldes ist eine Frage pflichtgemäßer Ermessensausübung:<br />

• Wie viel vom Pflegegeld muss bei pflichtgemäßer Ermessensausübung erhalten<br />

bleiben? Hierbei ist zu berücksichtigen, ob der Pflegebedürftige motiviert ist,<br />

weiterhin eine Pflegekraft zu halten, wenn er einen Teil des Pflegegeldes verliert.<br />

Berti könnte sich nämlich auch stationär pflegen lassen! Dies aber würde der<br />

Intention des § 63 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> nicht gerecht. So kann im Einzelfall (§ 9 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>) auch<br />

die Belassung des vollen Pflegegeldes geboten sein. Es kommt also auf die<br />

ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung (§ 20 <strong>SGB</strong> X) <strong>und</strong> in diesem Rahmen<br />

entscheidend auf die sozialarbeiterischen „Fallberichte“ an. Unter Berücksichtigung<br />

der Tatsache, dass die Pflege der Ehefrau im Verhältnis zur Gesamtpflege lediglich<br />

einen Anteil von 1/3 ausmacht, erscheint eine Kürzung um 50 % angemessen:<br />

50 % von 700 = 350 €.<br />

• Wie ist § 66 Abs. 4 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> im Fallzusammenhang zu verstehen? Danach werden<br />

Leistungen nach § 65 Abs.1 (Aufwendungen der Pflegeperson, Beihilfen, Beiträge<br />

für Alterssicherung) nicht erbracht, wenn der Pflegebedürftige „zweckentsprechende“<br />

Leistungen nach anderen Vorschriften in Anspruch nehmen<br />

kann. Zweckentsprechende Leistungen können jedoch nur solche Leistungen sein,<br />

mit denen die Pflegebereitschaft des nach § 63 besonders zu berücksichtigenden<br />

sozialen Umfeldes des Pflegebedürftigen gefördert werden kann (etwa ein<br />

betrieblicher Sozialfonds).<br />

Die PflegeV gewährt insofern die Beitragsübernahme für Pflegepersonen (§ 44<br />

<strong>SGB</strong> XI) allerdings nur, wenn die Pflegeperson nicht mehr als 30 Std. wöchentlich<br />

erwerbstätig ist, damit noch Zeit für die Pflege verbleibt. Die Ehefrau ist 25 Std.<br />

wöchentlich erwerbstätig. Die Beitragsübernahme der PflegeV ist somit eine<br />

zweckentsprechende Leistung, die deshalb durch das <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> nicht gewährt<br />

werden kann.<br />

Außerdem könnte Berti seine Pflege -<br />

bezogen auf die Inanspruchnahme der<br />

Luthe, IRS 84


„besonderen“ Pflegekraft - zweckentsprechend durch die häusliche Pflege als<br />

Sachleistung der PflegeV sicherstellen. Das muss er aber nicht:<br />

• Nach § 66 Abs. 4 S. 2 bleibt es beim „Arbeitgebermodell“, d.h. er kann seine<br />

eigenen besonderen Pflegekräfte beschäftigen <strong>und</strong> wird hierdurch in seinem<br />

Selbsthilfewillen (§ 1) unterstützt.<br />

IV. Ergebnis: Leistungen an Berti somit<br />

•Erstattung der Aufwendungen der Pflegeperson: 50 € monatlich<br />

•Übernahme der Kosten für eine besondere Pflegekraft : 1000 € monatlich<br />

•Pflegegeld , 50 % : 350 € monatlich<br />

(im Übrigen Pflegegeld <strong>und</strong> Beitragsübernahme durch die PflegeV)<br />

Luthe, IRS 85


Fall Uwe (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

(Hilfe in besonderen Lebenslagen)<br />

Herr X. spricht beim Sozialamt vor <strong>und</strong> bittet um Hilfe für seinen 5-jährigen Sohn Uwe.<br />

Uwe leidet an den Folgen einer frühkindlichen Hirnschädigung <strong>und</strong> ist spastisch gelähmt.<br />

Die sprachliche Lähmung ist mit einer erheblichen Störung der geistigen Entwicklung<br />

verb<strong>und</strong>en. Die Förderung soll vor allem im Hinblick auf den anstehenden Schulbesuch<br />

von Uwe erfolgen. Uwe ist nicht nur vorübergehend wesentlich behindert. Die sachlichen<br />

Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe für behinderte Menschen<br />

liegen vor. Die Familie verfügt über ein erhebliches Einkommen <strong>und</strong> ansehnliches<br />

Aktienvermögen.<br />

1. Welche Besonderen Leistungen kommen in Betracht?<br />

2. Fallen für die Eltern Kosten an? Ermitteln Sie in jedem Fall die<br />

Einkommensgrenze!<br />

3. Welcher Träger ist sachlich <strong>und</strong> örtlich zuständig?<br />

Luthe, IRS 86


Falllösung Uwe (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

I. Leistungsvoraussetzungen<br />

Die Voraussetzungen des § 53 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> liegen lt. Sachverhalt vor: Uwe ist nicht nur<br />

vorübergehend behindert. Das Ziel der Eingliederung kann erreicht werden; durch<br />

die heilpädagogische Maßnahme wird eine spätere Schulbildung für den<br />

Betroffenen <strong>und</strong> damit eine verbesserte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht.<br />

Uwe hat somit einen Rechtsanspruch auf die Leistungen.<br />

<strong>II</strong>. Leistungen<br />

Als Maßnahme kommt nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i. V. m. § 12 Nr. 1<br />

EingliederungshilfeVO eine heilpädagogische Maßnahme in Betracht, die dazu<br />

dient, den Schulbesuch zu ermöglichen <strong>und</strong> zu erleichtern. Die stationäre Form der<br />

Unterbringung ergibt sich aus § 13 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

<strong>II</strong>I. Eigenmittel<br />

Nach § 19 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> müssen Einkommen <strong>und</strong> Vermögen bei den „besonderen<br />

Leistungen“ von der Bedarfsgemeinschaft nur eingesetzt werden, wenn dies<br />

<strong>zum</strong>utbar ist. Die Zumutbarkeit wird konkretisiert in den §§ 85 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

Es handelt sich jedoch um eine Maßnahme nach § 92 Abs. 2 Nr. 1<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

(heilpädagogische Maßnahme). Das bedeutet:<br />

l Aufzubringen sind gr<strong>und</strong>sätzlich nur die Kosten für den Lebensunterhalt (§ 92<br />

Abs. 2 S. 3). Kosten für die eigentliche Eingliederungsmaßnahme fallen nicht<br />

an. Sämtliche der in § 92 Abs. 2 aufgeführten Leistungen werden ohne<br />

Rücksicht auf Vermögen erbracht (§ 92 Abs. 2 S. 2). Das Aktienvermögen wird<br />

somit nicht angetastet.<br />

Luthe, IRS 87


l<br />

Die Kosten der des in der Einrichtung erbrachten Lebensunterhalts sind in den<br />

Fällen der Nr. 1 – 6 nur in Höhe der häuslichen Ersparnis anzusetzen (§ 92 Abs.<br />

2 S. 3). Näheres zu den „ersparten Aufwendungen“ wird von den zuständigen<br />

Landesbehördren festgelegt (§ 92 Abs. 2 S. 4). Weitere Eigenmittel sind somit<br />

nicht aufzubringen.<br />

V. Sachliche <strong>und</strong> örtliche Zuständigkeit<br />

Fehlt eine landesrechtliche Bestimmung so ist nach § 97 Abs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> der<br />

überörtliche Träger sachlich zuständig. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit gilt<br />

im Falle stationärer Leistungen § 98 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

Luthe, IRS 88


Fall Peter (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

(Hilfe in besonderen Lebenslagen)<br />

lPeter ist 55 Jahre alt <strong>und</strong> schwerstpflegebedürftig (§ 64 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>).<br />

Pflegeversicherungsleistungen erhält er nicht. Er bezieht vom Sozialhilfeträger deshalb<br />

ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 700,-- €. Denn die Pflege wird von seiner Frau<br />

sichergestellt.<br />

lDie angemessenen Unterkunftskosten für die gemeinsame Wohnung betragen<br />

monatlich 500,-- €. Die Ehefrau verfügt über ein bereinigtes Einkommen (§ 82 Abs. 2<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>) von monatlich 2.000,-- €.<br />

lDer Sohn studiert <strong>und</strong> wird von den Eltern unterhalten; für seine „Studentenbude“<br />

zahlt er 100,-- € monatlich.<br />

a) Prüfen Sie, ob <strong>und</strong> in welcher Höhe eine Eigenleistung verlangt werden kann!<br />

Nach der zu § 87 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> erlassenen Verwaltungsvorschrift sind bei<br />

Pflegebedürftigkeit von länger als einem halben Jahr 75 % des die<br />

Einkommensgrenze übersteigenden Einkommens einzusetzen.<br />

b) Welcher Leistungsträger ist sachlich <strong>und</strong> örtlich zuständig?<br />

Luthe, IRS 89


Falllösung Peter (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

I.Nachrang §§ 2 Abs. 1, 19 Abs. 3<br />

Die besonderen Leistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> werden nach § 19 Abs. 3 nur gewährt,<br />

soweit dem Leistungsberechtigten <strong>und</strong> den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft<br />

lebenden Angehörigen die Aufbringung der Mittel aus Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />

nicht zu<strong>zum</strong>uten ist. Laut Sachverhalt liegt ein bereinigtes Einkommen (§ 82 <strong>SGB</strong><br />

X<strong>II</strong>) in Höhe von 2.000,-- € vor. Dieses muss jedoch nur dann eingesetzt werden,<br />

wenn es über der sich nach § 85 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> berechnenden Einkommensgrenze liegt<br />

<strong>und</strong> der Einsatz des übersteigenden Einkommens nach § 87 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

<strong>zum</strong>utbar ist. Zusätzlich ist zu prüfen, ob ein Fall des § 88 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> vorliegt.<br />

<strong>II</strong>.Einkommensgrenze<br />

Peter ist volljährig; anwendbar ist deshalb § 85 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>:<br />

•Gr<strong>und</strong>betrag nach § 85 Abs. 1 Nr. 1<br />

= das zweifache der Regelbedarfsstufe 1 = 764-- € (2 x 382-- €)<br />

•(Tatsächliche Gesamt-)Kosten der Unterkunft<br />

nach § 85 Abs. 1 Nr. 2 =<br />

500,-- € (Ehegatten)<br />

sowie<br />

100,-- € (Sohn)<br />

•Familienzuschlag nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 =<br />

70 % von Regelbedarfsstufe 1 (382 €), ger<strong>und</strong>et =<br />

für den nicht getrennt lebenden Ehegatten aufger<strong>und</strong>et 268 €<br />

für den überwiegend unterhaltenden Sohn aufger<strong>und</strong>et 268 €<br />

Einkommensgrenze: 1.900,-- €<br />

Einkommen: 2.000,-- €<br />

Einkommen über der Einkommensgrenze: 100,-- €<br />

Luthe, IRS 90


<strong>II</strong>I. Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze, § 87 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

1. Das Einkommen übersteigt die Einkommensgrenze um 100,-- €.<br />

Nach § 87 Abs. 1 S. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ist in diesem Fall die Aufbringung der Mittel in<br />

„angemessenem“ Umfang zu<strong>zum</strong>uten. Welcher Betrag oberhalb der Grenze<br />

einzusetzen ist, ist variabel <strong>und</strong> vom Einzelfall abhängig. Die Begriffe<br />

Angemessenheit <strong>und</strong> Zumutbarkeit sind ein von den Gerichten voll kontrollierbare<br />

unbestimmter Rechtsbegriffe. Bei der Auslegung dieser Begriffe sind die Vorgaben<br />

des § 87 Abs. 1 S. 2 zu beachten:<br />

• Art des Bedarfs (etwa längere Beeinträchtigung der Ges<strong>und</strong>heit, Gefährdung des<br />

Hilfeprozesses bei Eigenmitteleinsatz);<br />

• Dauer <strong>und</strong> Höhe der erforderlichen Aufwendungen (etwa eingesetzte<br />

Eigenmittel vor Inanspruchnahme des Trägers);<br />

• besondere Belastungen (Schulden, zukünftige Kosten im Zusammenhang mit ihr);<br />

• sonstige Gr<strong>und</strong>sätze der Sozialhilfe (Individualisierungsgr<strong>und</strong>satz des<br />

§ 9 Abs. 1, familiengerechte Hilfe nach § 16, Menschenwürde nach § 1).<br />

Nach dem Sachverhalt sind besondere Belastungen usw., die über das normale<br />

Maß der Pflegebedürftigkeit hinausgehen, allenfalls im Blick auf die vermutlich<br />

längere ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigung von Peter („Art des Bedarfs“) zugr<strong>und</strong>e<br />

zu legen. Dies wird durch die bestehende <strong>und</strong> hierzu ergangene<br />

Verwaltungsvorschrift aufgegriffen (hier: 75 % des die Grenze übersteigenden<br />

Einkommens als <strong>zum</strong>utbarer Einkommenseinsatz bei längerer Pflegebedürftigkeit =<br />

25 % bleiben mithin frei).<br />

Luthe, IRS 91


2. Überdies gilt hier § 87 Abs. 1 S. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>: „Mindestens“ 60 % des<br />

übersteigenden Einkommens bleiben anrechnungsfrei, da Peter<br />

schwerstpflegebedürftig nach § 64 Abs. 3 ist.<br />

Wenn laut Verwaltungsvorschrift generell Pflegebedürftige – wie im vorstehenden<br />

Beispiel – um 25 % geschont werden, kann dieser Betrag nach wohl überwiegender<br />

Meinung hinzugerechnet werden:<br />

Insgesamt 85 % von 100 € = 85 €.<br />

100,-- € übersteigendes Einkommen<br />

- 85 € Schonbetrag<br />

__________<br />

15 € <strong>zum</strong>utbarer Einkommenseinsatz<br />

<strong>II</strong>I. Einsatz des Einkommens unter der Einkommensgrenze nach § 88 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Beachte: Auch wenn<br />

Einkommen unterhalb der Einkommensgrenze eingesetzt werden muss, darf dies jedoch<br />

nicht dazu führen, dass die Bedarfsgemeinschaft hierdurch bedürftig wird. Der<br />

Unterhaltsbedarf ist daher die unterste Grenze des Einkommenseinsatzes.<br />

V. Zuständigkeit<br />

Sachlich zuständig ist nach § 97 Abs.3 Nr.2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> der überörtliche Träger,<br />

sei denn, nach Abs. 2 wurde durch Landesrecht ein anderer bestimmt.<br />

Allerdings können die überörtlichen Träger örtliche Träger nach Landesrecht<br />

heranziehen (§ 99 Abs. 2).<br />

es<br />

Örtlich zuständig ist der Träger, in dessen Bereich sich die Leistungs-<br />

berechtigten tatsächlich aufhalten (§ 98 Abs. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>). Für stationäre Leistungen<br />

siehe § 98 Abs. 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

Luthe, IRS 92


Fall Xaver (<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>)<br />

(Hilfe in besonderen Lebenslagen)<br />

• Xaver ist querschnittsgelähmt <strong>und</strong> im Sinne des § 2 Abs. 2, 68 ff. <strong>SGB</strong> IX<br />

schwerbehindert. Ein Rückenmarkstumor hat zu der Lähmung geführt. Betroffen<br />

ist der Unterkörper von Xaver. Xaver verfügt über ein beträchtliches Vermögen.<br />

• Xaver ist selbstständiger Steuerberater. Er ist weder renten- noch<br />

krankenversichert. Xaver könnte seinen Beruf auch in seinem Einfamilienhaus<br />

ausüben. Hierzu wären jedoch ein Krankenfahrstuhl <strong>und</strong> bauliche<br />

Veränderungen (Bau einer Rampe, Verbreiterung der Türen) an dem<br />

Einfamilienhaus nötig. Kosten: 30.000 €.<br />

• Xaver hat einen Antrag auf entsprechende Leistungen nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 d<br />

<strong>SGB</strong> IX i.V.m. § 22 SchwerbehindertenausgleichsabgabeVO beim<br />

Integrationsamt gestellt. Dieser wurde jedoch abgelehnt, da die Leistungen<br />

insoweit nach Ermessen gewährt werden (vgl. § 18 Abs. 2 SchwbAV). In diesem<br />

Rahmen wurde als Ablehnungsgr<strong>und</strong> angeführt, dass zurzeit ausreichende<br />

Haushaltsmittel für derart kostenintensive Maßnahmen nicht zur Verfügung<br />

stünden. Außerdem sei es Xaver nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 SchwbAV angesichts<br />

seiner Vermögensverhältnisse durchaus zu<strong>zum</strong>uten, die erforderlichen Mittel<br />

selbst aufzubringen.<br />

• Aus diesem Gr<strong>und</strong> fragt Xaver nunmehr beim nach § 97 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> zuständigen<br />

Sozialhilfeträger nach entsprechenden Hilfen.<br />

1. Sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe erfüllt?<br />

2. Welche Maßnahmen kommen in Betracht?<br />

3. Muss Xaver Einkommen <strong>und</strong> Vermögen einsetzen?<br />

4. Kann die Leistung als trägerübergreifendes persönliches Budget gewährt<br />

werden?<br />

Luthe, IRS 93


Falllösung Xaver<br />

Vorbemerkungen: Xaver ist schwerbehindert <strong>und</strong> kann unter Berücksichtigung seiner<br />

Querschnittslähmung nach § 8 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen<br />

Arbeitmarktes nicht mindestens drei St<strong>und</strong>en erwerbstätig sein. Überdies verfügt er über<br />

ein ausreichendes Vermögen, mit dem er seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann<br />

(§ 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>). Ansprüche nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> bestehen deshalb nicht (§ 7 Abs. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>).<br />

I. Nachrang § 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Nach § 2 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> vorrangig zu berücksichtigende Ansprüche gegenüber der<br />

Renten- <strong>und</strong> Krankenversicherung bestehen nicht.<br />

Zwar werden Leistungen zur Förderung der beruflichen Teilhabe behinderter<br />

Menschen seitens der Arbeitsverwaltung auch ohne den Nachweis von<br />

Vorversicherungszeiten gewährt. Leistungen <strong>zum</strong> behinderungsgerechten Umbau<br />

der Wohnung werden vom Leistungsspektrum des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I jedoch nicht erfasst (§§<br />

97, 100, 102 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I).<br />

Die ebenfalls unabhängig von Vorleistungen des Hilfebedürftigen gewährte<br />

„begleitende Hilfe im Arbeitsleben„ des Integrationsamtes an Schwerbehinderte<br />

nach § 102 <strong>SGB</strong> IX i.V.m. der SchwbAV ist zwar gr<strong>und</strong>sätzlich nachrangig<br />

gegenüber Leistungen Anderer (§ 18 Abs. 1 SchwbAV). Ausgenommen vom<br />

Nachrang sind jedoch ausdrücklich die Leistungen des <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Das <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> ist<br />

mithin gegenüber der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nach <strong>SGB</strong> IX nachrangig.<br />

Der Nachrang der Sozialhilfe greift jedoch nur, wenn die Leistungen des<br />

vorrangigen Leistungsträgers auch tatsächlich als „bereite Mittel“ zur Verfügung<br />

stehen. Überdies hat das Integrationsamt im Hinblick auf die<br />

Vermögensverhältnisse von Xaver im Rahmen seines Ermessens einen trifftigen<br />

Ablehnungsgr<strong>und</strong>. In der Sozialhilfe werden Eingliederungsleistungen dagegen als<br />

Anspruchsleistungen gewährt. Deshalb ist der Sozialhilfeträger für die Leistung<br />

zuständig.<br />

Luthe, IRS 94


<strong>II</strong>. Leistungsvoraussetzungen<br />

1. Behinderung , Voraussetzungen § 53 Abs. 1<br />

a)Bezug zu § 2 Abs. 1 S. 1 <strong>SGB</strong> IX<br />

→Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt? Ja, hierzu gehört auch die<br />

Teilnahme am Wirtschaftsleben. Die körperliche Funktion weicht auch länger als<br />

sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab.<br />

b)Nach § 1 Nr. 1 EingliederungshilfeVO ist die Bewegungsfähigkeit bei Xaver in<br />

erheblichem Umfang eingeschränkt. Xaver ist damit körperlich wesentlich behindert.<br />

c) Aussicht, dass Aufgabe der Eingliederung erfüllt werden kann (§§ 53 Abs. 1<br />

i. V. m. Abs. 3). Die Erfolgsaussichten sind gegeben. Xaver kann die Ausübung<br />

eines Berufs ermöglicht werden.<br />

►Die Anspruchsvoraussetzungen des § 53 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> liegen vor. Xaver hat einen<br />

Rechtsanspruch dem Gr<strong>und</strong>e nach („erhalten Leistungen“).<br />

<strong>II</strong>I. Leistungen nach § 54 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i. V. m. <strong>SGB</strong> IX <strong>und</strong> Eingl.hilfeVO<br />

1. Die Voraussetzungen für medizinische Leistungen nach § 54 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i.V.m. §<br />

26 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 31 <strong>SGB</strong> IX liegen nicht vor. Insbesondere handelt es<br />

sich beim Krankenfahrstuhl nicht um ein Hilfsmittel (vgl. § 31 Abs.1 <strong>SGB</strong> IX), für<br />

das im Übrigen die VO zu § 32 <strong>SGB</strong> IX gelten würde.<br />

2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben §§ 33 ff. <strong>SGB</strong> IX?<br />

a) Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt: „Voraussetzungen <strong>und</strong> Zuständigkeiten richten sich nach dem<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>“ (§ 53 Abs. 4 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>, vgl. auch § 7 <strong>SGB</strong> IX).<br />

b) Mögliche Leistungsbereiche werden in § 33 Abs. 3 <strong>SGB</strong> IX erfasst. Für die<br />

Auswahl der Leistungen (dies sind – s. o. – keine „Voraussetzungen“) gilt<br />

§ 33 Abs. 4 <strong>SGB</strong> IX: Aufgr<strong>und</strong> Eignung, Neigung <strong>und</strong> bisheriger Tätigkeit ist eine<br />

Luthe, IRS 95


Maßnahme nach § 33 Abs. 3 Nr. 6 i. V. m. § 33 Abs. 8 Nr.6 <strong>SGB</strong> IX in Betracht zu<br />

ziehen. Insb. nach § 33 Abs. 8 Nr.6 <strong>SGB</strong> IX kommen Krankenfahrstuhl <strong>und</strong><br />

Umbauarbeiten in Betracht, allerdings nur in angemessenem Umfang<br />

(unbestimmter Rechtsbegriff). Es ist davon auszugehen, dass die Kosten in Höhe<br />

von 30.000 € angemessen sind.<br />

c) Fraglich ist, ob die Verwaltung bei der Auswahl <strong>und</strong> beim Umfang der Leistungen<br />

Ermessen hat. Ermessen wird in §§ 53 ff. <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> aber nicht eingeräumt. Die zu<br />

gewährenden Leistungen werden im Streitfall von den Gerichten deshalb<br />

umfassend geprüft <strong>und</strong> letztverbindlich festgesetzt.<br />

d) Ggf. kommen ergänzend zur Hauptleistung nach § 33 Abs. 6 <strong>SGB</strong> IX weitere<br />

Begleithilfen in Betracht.<br />

e) Die Leistungen sollen den Leistungen der B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit<br />

entsprechen (§ 54 Abs. 1 S. 2). Der Verweis macht hier jedoch keinen Sinn, da<br />

das <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I im Gegensatz <strong>zum</strong> <strong>SGB</strong> IX keine Leistungen wie Krankenfahrstühle u<br />

dgl. gewährt.<br />

IV. Wann muss über die Leistung entschieden worden sein?<br />

Sachlich zuständiger Reha-Träger ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 <strong>SGB</strong> IX i. V. m. § 97<br />

Abs. 3 Nr. 1 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> der überörtliche Träger. Dieser muss nach § 14 Abs. 1 S. 1<br />

(Zuständigkeitserklärung innerhalb von 2 Wochen) sowie § 14 Abs. 2 S. 2<br />

(Bedarfsfeststellung) innerhalb von 3 Wochen nach Antragseingang entschieden<br />

haben, wenn kein Gutachten angefordert werden muss.<br />

V. Es ist ein Gesamtplan nach § 58 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> zu erstellen.<br />

Luthe, IRS 96


VI. Wird nach § 57 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> i. V. m. § 17 Abs. 2 – 4 <strong>SGB</strong> IX ein persönliches<br />

Budget gewährt? Dies ist auf Antrag des Hilfebedürftigen möglich (§ 17 Abs. 2<br />

<strong>SGB</strong> IX). Der Hilfebedürftige enthält die Leistung als Geldleistung (§ 17 Abs. 3 <strong>SGB</strong><br />

IX) <strong>und</strong> kann die Leistung somit selbstständig am Markt einkaufen. Allerdings erhält<br />

Xaver die Leistung nach § 10 Abs. 3 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong> (vgl. auch § 9 Abs. 2 <strong>SGB</strong> IX) ohnehin<br />

als Geldleistung. Das aufwändige, nach der BudgetVO geregelte Verfahren für das<br />

persönliche Budget macht in unserem Fall daher keinen Sinn. Es kommt vor allem<br />

bei sog. Komplexleistungen in Betracht, wenn also mehrere Leistungsträger mit<br />

unterschiedlichen Leistungen beteiligt sind (etwa Rehabilitation durch den<br />

Rentenversicherungsträger <strong>und</strong> Pflegeleistungen durch die Pflegeversicherung)<br />

oder auch bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen (vgl. auch § 17 Abs. 2 S. 4<br />

<strong>SGB</strong> IX).<br />

V<strong>II</strong>. Muss Xaver Einkommen <strong>und</strong> Vermögen einsetzen?<br />

Es handelt sich um eine Maßnahme nach § 92 Abs. 2 Nr. 6 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>. Der<br />

Leistungsberechtigte <strong>und</strong> seine Bedarfsgemeinschaft müssen nur für die Kosten<br />

des Lebensunterhalts aufkommen, insofern dieser gewährt wird. Dies ist hier nicht<br />

der Fall. Vermögen wird nicht berücksichtigt (§ 92 Abs. 2 S. 2). Xaver erhält die<br />

Leistung mithin ohne Einsatz eigener Mittel.<br />

Luthe, IRS 97


„Aktive“ Eingliederungsleistungen nach <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (Änderungen 2012 noch nicht<br />

berücksichtigt)<br />

1. Allgemeines<br />

a)Vorgaben zur Eingliederung = §§ 3, 14, 15, 15 a, 16, 16 a-e, 54 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

b) Im Regelfall Ermessen beim „Ob“ <strong>und</strong> „Wie“ der Maßnahmen : §§ 3 Abs.1, 16 Abs.<br />

1, <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>;<br />

§ 3 Abs. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

c)Voraussetzung ist bei einigen Leistungen das Vorliegen von<br />

Vermittlungshemmnissen:<br />

Hohes Lebensalter, Migrationshintergr<strong>und</strong>, fehlende schulische oder berufliche<br />

Qualifikation, ges<strong>und</strong>heitliche Einschränkungen, Sucht- <strong>und</strong> Schuldenprobleme,<br />

lange Arbeitslosigkeit.<br />

d)Weitere Leistungen der Jugendhilfe <strong>und</strong> der Sozialhilfe sind nicht ausgeschlossen<br />

(§§ 5 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>; 10 Abs. 3 S. 2 <strong>SGB</strong> V<strong>II</strong>I: der Vorrang des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> gilt jedoch nicht,<br />

wenn nicht die Eingliederung in das Erwerbsleben, sondern die psychosoziale<br />

Unterstützung im Vordergr<strong>und</strong> steht).<br />

e)Leistungsempfänger können sein: Hilfebedürftige, Arbeitgeber, Träger (vgl. <strong>zum</strong><br />

Trägerbegriff § 21 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Leistungserbringer <strong>und</strong> solche Träger, die Leistungen nicht<br />

selbst durchführen, sondern durch Dritte durchführen lassen).<br />

f) Hilfebedürftigkeit nach § 9 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> als Gr<strong>und</strong>voraussetzung (deshalb keine<br />

präventiven Leistungen zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit möglich).<br />

g)Effektivitätsprobleme bei staatlicher Eingliederung:<br />

• Mitnahmeeffekt: Der AN wäre auch ohne Förderung beschäftigt worden; der<br />

AG „nimmt die Förderung nur mit.“<br />

• Locking-In- Effekt: Während der Teilnahme an der Maßnahme geht wertvolle<br />

Luthe, IRS 98


Zeit der eigenen Arbeitsplatzsuche durch den AN verloren.<br />

• Stigmatisierungseffekt: Geförderte AN gelten nach Teilnahme häufig als<br />

arbeitsentwöhnt, die Maßnahmen als nicht praxistauglich bzw. als zu wenig<br />

auf individuelle Kompetenzen der geförderten Personen abgestimmt<br />

(Überforderung oder Unterforderung).<br />

• Förderfalle“: Staatliche Ausbildungs- <strong>und</strong> Weiterbildungsangebote<br />

vermindern den Anreiz bei Unternehmen, selbst in die Qualifizierung des<br />

Personals zu investieren.<br />

• Positivselektion: Gefördert werden vor allem die leistungsstärkeren AN, die<br />

auch ohne Förderung einen Arbeitsplatz finden würden (näher <strong>zum</strong> Ganzen<br />

Luthe, Bildungsrecht 2003, 280 ff.).<br />

Als Alternative wird diskutiert: Vollständiger Wegfall jeglicher Förderleistungen;<br />

stattdessen Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung <strong>und</strong> Abbau von<br />

Personal in der Arbeitsverwaltung mit dem Ziel der Absenkung der Arbeitskosten.<br />

2. Leistungen nach § 16 Abs. 1 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

• Vermittlung nach § 35 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Ausbildungs- <strong>und</strong> Arbeitsvermittlung<br />

(ausnahmsw. als Pflichtleistung) für Ausbildungssuchende, Arbeitssuchende,<br />

Arbeitgeber.<br />

3. Leistungen nach § 16 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

•Beratung §§ 29 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I : Berufsberatung <strong>und</strong> Arbeitsmarktberatung, ggf.<br />

Eignungsfeststellung nach § 32 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.<br />

•Beschäftigung durch Personal-Service-Agenturen nach § 37 c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I :<br />

Arbeitnehmerverleih mit flankierender Qualifizierung.<br />

•Unterstützung der Beratung <strong>und</strong> Vermittlung nach §§ 45 – 47 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I :<br />

bspw. Bewerbungskosten <strong>und</strong> Reisekosten<br />

(Praxis bei Bewerbungskosten: 260 € pro Jahr).<br />

•Eignungsfeststellung/Trainingsmaßnahmen nach §§ 32, 48 – 52 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I:<br />

Maßnahmekosten inkl. Fahrkosten, Kinderbetreuung<br />

•Berufsorientierung <strong>und</strong> Arbeitsmarktberatung nach §§ 33, 34 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

•Mobilitätshilfen nach §§ 53 – 55 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Übergangsbeihilfe,<br />

Reisekostenbeihilfe, Fahrkostenbeihilfe, Trennungskostenbeihilfe,<br />

Luthe, IRS 99


Umzugskostenbeihilfe.<br />

•Vermittlung nach § 35 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

•Potentialanalyse nach § 37 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

•Förderung aus dem Vermittlungsbudget nach § 45 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

•Maßnahmen zur Aktivierung nach § 46 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

•Weiterbildungsförderung nach §§ 77 – 87 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Voraussetzungen =<br />

Notwendigkeit zur Eingliederung oder zur Abwendung von drohender<br />

Arbeitslosigkeit oder wegen fehlenden Berufsabschlusses, zudem vorherige<br />

Beratung; Maßnahme <strong>und</strong> Träger müssen zugelassen sein nach §§ 84, 85 <strong>SGB</strong><br />

<strong>II</strong>I; Bildungsgutschein nach § 77 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I; zu den Leistungen siehe § 79<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I; Berufsausbildungsbeihilfen nach §§ 59 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I werden jedoch<br />

weiterhin eigenständig von den Arbeitsagenturen (nicht von den ARGEN)<br />

geleistet!<br />

•Eingliederungszuschüsse nach §§ 217 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Leistungen an Arbeitgeber;<br />

Vorauss. sind Vermittlungshemmnisse, Minderleistungen im<br />

Förderungszeitraum; Sonderregelung bei Schwerbehinderten nach § 219 i.V.m.<br />

§ 19 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: besondere Ausschlussgründe in § 221 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I; Förderhöhe 50%<br />

bzw. 70% des Arbeitsentgelts für 12, 24 oder 36 Monate. Ältere AN, die über<br />

einen mehr als 12-monatigen Anspruch auf Arbeitslosengeld verfügen, erhalten<br />

einen Eingliederungsgutschein, mit dem sich die B<strong>und</strong>esagentur zur Zahlung<br />

von Zuschüssen an den AG bei Einstellung des AG verpflichtet (ausnahmsw.<br />

Rechtsanspruch!).<br />

•Eingliederungsgutschein nach § 223-224 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

•Förderung der Berufsausbildung <strong>und</strong> der beruflichen Weiterbildung nach<br />

§§ 235 a - c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für AG, wenn<br />

ausbildungsbegleitende Hilfen während der Ausbildung gewährt werden oder<br />

eine ergänzende außerbetriebliche Ausbildung betrieben wird; für die Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung von Schwerbehinderten vgl. § 235 a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I; für die Weiterbildung<br />

von AN ohne Berufsabschluss vgl. § 235 c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I.<br />

•Betriebliche Einstiegsqualifizierung nach § 235 b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Erwerb beruflicher<br />

Handlungsfähigkeit für Jugendliche mit eingeschränkten<br />

Vermittlungsperspektiven oder ohne Ausbildungsreife oder mit sozialer<br />

Benachteiligung, auch im Rahmen der Berufsausbildungsvorbereitung nach § 68<br />

BBiG; AG erhalten für die Dauer von 6 – 12 Monaten Zuschüsse zur Vergütung<br />

Luthe, IRS 100


<strong>und</strong> einen Anteil ihres Sozialversicherungsbeitrages.<br />

•Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 236 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Zuschüsse<br />

zur Vergütung in Höhe von max. 60% (ausn.w. 100%) bei Beschäftigung<br />

behinderter AN für AG, wenn die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung sonst nicht zu<br />

erreichen ist; außerdem Arbeitshilfen <strong>und</strong> Kosten bei Probebeschäftigung (§§<br />

237, 238 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I).<br />

•Förderung der Berufsausbildung <strong>und</strong> Beschäftigung begleitende<br />

Eingliederungshilfen nach §§ 240 – 246 d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Leistungen an Träger im<br />

Rahmen einer zielgruppenbezogenen Benachteiligtenförderung;<br />

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û<br />

û<br />

û<br />

§ 240 gibt die Ziele vor;<br />

§ 241 Abs. 1 <strong>und</strong> 4 regeln die sachlichen Voraussetzungen für die<br />

Maßnahmen zur Unterstützung der Ausbildung;<br />

§ 241 Abs. 2 regelt die außerbetriebliche Ausbildung;<br />

§ 241 Abs. 3 enthält Übergangshilfen zur Überbrückung von Zeiten<br />

zwischen zwei Ausbildungen oder zwischen Ausbildung <strong>und</strong><br />

Beschäftigung;<br />

§ 241 Abs. 3 a enthält Aktivierungshilfen zur Motivierung der<br />

Jugendlichen (Beteiligung anderer Träger – etwa Jugendamt - gilt im<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong> wegen § 16 Abs. 1 S. 5 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> nicht);<br />

§ 241 a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I ermöglicht eine sozialpädagogische Begleitung<br />

lernbeeinträchtigter <strong>und</strong> sozial benachteiligter Jugendlicher während<br />

einer Berufsausbildungsvorbereitung oder einer<br />

Einstiegsqualifizierung (§§ 61, 235 b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I);<br />

§ 242 enthält die persönlichen Voraussetzungen<br />

§ 243 regelt die Leistungen (Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung<br />

nach § 244, Maßnahmekosten nach § 245, sonstige Kosten nach §<br />

246);<br />

§ 246 a enthält Eingliederungshilfen zur Unterstützung der<br />

Beschäftigung nach 246 c <strong>und</strong> d für förderungsbedürftige jüngere<br />

Arbeitnehmer (§ 246 b) für max. 6 Monate; auch hier als Zuschüsse<br />

an Träger.<br />

•Förderung beschäftigter Arbeitnehmer nach § 417 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: befristet auf<br />

Maßnahmen, die bis <strong>zum</strong> 31.12.2010 begonnen wurden; Förderung älterer AN<br />

bei Teilnahme an außerbetrieblicher Weiterbildung durch Übernahme der<br />

Luthe, IRS 101


Weiterbildungskosten gegenüber dem AN <strong>und</strong> Übernahme der Lohnkosten<br />

gegenüber dem AG; jedoch nur bei kleineren Betrieben bis 250 Mitarbeitern.<br />

•Eingliederungszuschuss für ältere AN nach § 421 f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Zuschuss an AG;<br />

Förderung durch Zuschuss nach § 218 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I auch ohne Vermittlungshemmnis<br />

für bis zu 36 Monate, wenn der AN seit mindestens 6 Monaten arbeitslos oder<br />

Bezug von Transferkurzarbeitergeld (§ 216 b) oder Teilnahme an Weiterbildung<br />

oder einer öffentlich geförderten Beschäftigung wie etwa Arbeitsgelegenheiten;<br />

gilt für Förderungen, die bis <strong>zum</strong> 31.12.2009 begonnen haben.<br />

•Eingliederungszuschuss für ältere Arbeitnehmer nach § 421 f<br />

•Vermittlungsgutschein nach § 421 g <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

•Tragung der Beiträge zur Arbeitsförderung für Arbeitgeber nach § 421 k<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

• Außerbetriebliche Berufsausbildung ohne vorherige Teilnahme an einer<br />

berufsvorbereitenden Maßnahme nach § 421 n <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

•Qualifizierungszuschuss für die Einstellung jüngerer Arbeitnehmer nach<br />

§ 421 o <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Leistung für AG als Zuschuss <strong>zum</strong> Arbeitsentgelt in Höhe von<br />

50 % ; Ziel ist die betriebsnahe Vermittlung arbeitsmarktnaher Kenntnisse (Abs.<br />

4), auch durch Qualifizierungsbausteine nach § 69 BBiG; Ausstellung einer<br />

Bescheinigung durch AG; Vorrang haben jedoch Leistungen, die auf einen<br />

beruflichen Abschluss zielen (§§ 59 ff., 235 ff.); gefördert werden unter 25-<br />

jährige ohne Berufsabschluss mit vorheriger 6-monatiger Arbeitslosigkeit,<br />

ansonsten besondere Vermittlungshemmnisse jedoch nicht erforderlich;<br />

Förderungsdauer max. 12 Monate; befristet bis 31.12.2010.<br />

•Eingliederungszuschuss für jüngere Arbeitnehmer nach § 421 p <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: für<br />

AG bei Beschäftigung jüngerer AN mit Berufsausbildung, die aber mehr als 6<br />

Monate arbeitslos sind; besondere Vermittlungshemmnisse nicht erforderlich;<br />

Förderdauer längstens 6 Monate; Förderhöhe zwischen 25% <strong>und</strong> 50% des<br />

Arbeitsentgelts; befristet bis <strong>zum</strong> 31.12.2010.<br />

•Erweiterte Berufsorientierung nach § 421 q <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I: Aufhebung des<br />

bisherigen zeitlichen Rahmens von bis zu 4 Wochen <strong>und</strong> der Beschränkung auf<br />

die unterrichtsfreie Zeit in § 33 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I; befristet bis <strong>zum</strong> 31.12.2010.<br />

• Weiterbildungen für beschäftigte Arbeitnehmer <strong>und</strong> Alten- <strong>und</strong><br />

Krankenpfleger nach § 421 t Abs. 4 <strong>und</strong> 6 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

Luthe, IRS 102


4. Leistungen nach § 16 Abs. 1 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> für behinderte Menschen<br />

•Rehabilitationsträger ist nach § 6 a <strong>SGB</strong> IX die B<strong>und</strong>esagentur. Sie bereitet die<br />

Entscheidung vor <strong>und</strong> ermittelt den Rehabilitationsbedarf; die ARGE aber bleibt<br />

verantwortlich <strong>und</strong> entscheidet letztverbindlich.<br />

û<br />

û<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzungen in § 97 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I, insbesondere Erforderlichkeit<br />

Kriterien für die Auswahl von Leistungen in § 97 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I<br />

û Nach § 98 können allgemeine (§ 100 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I) <strong>und</strong> besondere Leistungen (§§<br />

102 ff. <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I) erbracht werden; besondere Leistungen werden nach<br />

û<br />

û<br />

û<br />

û<br />

§ 98 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I jedoch nur erbracht, wenn die allgemeinen Leistungen nicht<br />

ausreichen.<br />

§ 101 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I regelt Modifikationen bei den allgemeinen Leistungen, um<br />

behinderten Menschen derer Inanspruchnahme zu erleichtern.<br />

Bei den besonderen Leistungen handelt es sich durchgehend um<br />

Anspruchsleistungen, auch im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />

Die besonderen Leistungen werden in § 103 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I aufgezählt <strong>und</strong> im<br />

Folgenden weiter konkretisiert. Durch den Verweis des § 16 Abs. 1 S. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

auf § 109 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I werden die hier in Bezug genommenen Leistungen der §§ 33,<br />

44, 53 <strong>und</strong> 54 <strong>SGB</strong> IX auch im <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> für anwendbar erklärt.<br />

5. Kommunalleistungen nach § 16 a <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

•Kinder- <strong>und</strong> Pflegebetreuung, Schuldnerberatung, psychosoziale Betreuung,<br />

Suchtberatung. Gilt nur für Bedürftige; präventive Hilfe dagegen nach §§ 11 Abs.<br />

5 i.V.m. 15 <strong>SGB</strong> X<strong>II</strong>.<br />

6. Einstiegsgeld nach § 16 b <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Ermessensleistungen zur Arbeitsmotivation.<br />

7. Leistungen für Selbstständige nach § 16 c <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Ermessensleistungen zur Aufnahme einer selbstständigen Arbeit.<br />

8. Arbeitsgelegenheiten nach § 16 d <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

•Angebot erst nach Wartezeit von ca. 6 Monaten wegen § 2 Abs. 1 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>.<br />

Ausnahmsweise kommen Arbeitsgelegenheiten auch als reguläre Beschäftigung<br />

Luthe, IRS 103


nach § 16 Abs. 3 S. 1 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> in Betracht, ansonsten nur als Variante mit<br />

Mehraufwandsentschädigung außerhalb eines regulären Arbeitsverhältnisses.<br />

Voraussetzung ist<br />

û „Im öffentlichen Interesse“ (Definition in § 261 Abs. 3 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I): Arbeit<br />

muss der Allgemeinheit dienen, etwa Anstellung bei öffentlichem<br />

Träger oder gemeinnützigem Träger.<br />

û „Zusätzlichkeit“ (vgl. § 261 Abs. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>I): Keine Verdrängung<br />

regulärer Arbeitsverhältnisse, die auch ansonsten durchgeführt<br />

würden. Zusätzlich dann, wenn die Arbeiten ohne die Förderung nicht<br />

, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt<br />

durchgeführt werden. Ausreichend ist, wenn die Arbeiten <strong>zum</strong><br />

gegenwärtigen Zeitpunkt nicht absolut notwendig sind oder wenn sie<br />

ohne Förderung in einem geringeren Maße oder in zeitlich längeren<br />

Intervallen verrichtet werden.<br />

9. Leistungen zur Beschäftigungsförderung nach § 16 e <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Bezweckt wird die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen mit mehreren<br />

Vermittlungshemmnissen. Hierfür Beschäftigungszuschuss für AG <strong>zum</strong> Ausgleich<br />

der Minderleistung des AN <strong>und</strong> sonstiger Kosten. Voraussetzungen siehe Abs. 1.<br />

Zuschusshöhe max. 75 % des Arbeitsentgelts plus Arbeitgeberanteil zur<br />

Sozialversicherung (Abs. 2). Außerdem Übernahme von Qualifizierungskosten in<br />

Höhe von monatlich 200 € <strong>und</strong> sonstiger Aufwendungen (Abs. 3). Förderdauer<br />

zunächst 24 bzw. 12 Monate, danach unter besonderen Umständen unbefristet.<br />

10. Freie Förderung nach § 16 f <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Neuartige Leistungen, die im Gesetz nicht geregelt sind.<br />

11. Förderung bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit nach § 16 g <strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

Möglichkeit der Weiterförderung für eine Übergangszeit.<br />

Luthe, IRS 104


Prüfungsschema Fürsorgerecht<br />

Luthe<br />

Übersicht zu den Leistungen:<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

1. Unterhaltsleistungen mit AlG <strong>II</strong> <strong>und</strong> Sozialgeld<br />

2. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit<br />

<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

1. Unterhaltsleistungen<br />

- Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt<br />

- Gr<strong>und</strong>sicherung im Alter <strong>und</strong> bei (dauerhafter) Erwerbsminderung<br />

2. Besondere Leistungen („Leistungen des Fünften bis Neunten Kapitels“, §§ 47 bis 74).<br />

Diese werden bestimmten Problemgruppen unabhängig von der Frage der<br />

Erwerbsfähigkeit gewährt. Diese Leistungen stehen – im Unterschied zu den<br />

Unterhaltsleistungen des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> (vgl. §§ 3 Abs. 3, 5 Abs. 2 S. 2 <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>) - mithin auch den<br />

Leistungsempfängern des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong> zur Verfügung!<br />

<strong>SGB</strong> <strong>II</strong><br />

A. Organisation<br />

Träger: B<strong>und</strong>esagentur <strong>und</strong> kommunaler Träger in § 6 bilden gemeinsame Einrichtung<br />

nach § 44 b. Diese hat zwei Organe – den Geschäftsführer (§ 44 d) <strong>und</strong> die<br />

Trägerversammlung (§ 44 c). Kommune finanziert Unterkunft, B<strong>und</strong>esagentur alles andere<br />

(§ 6) oder:<br />

Optionskommune in alleiniger kommunaler Trägerschaft (§ 6 a).<br />

Ausschüsse: B<strong>und</strong>-Länder-Ausschuss (§ 18 c), Kooperationsausschuss (§§ 18 b, 44 e),<br />

örtlicher Beirat (§ 18 d); sie sind für die strategische Planung von Programmen <strong>und</strong><br />

Zielvereinbarungen (§ 48 b) zuständig <strong>und</strong> <strong>zum</strong> Teil Konfliktschlichtungsinstanz.<br />

B. Leistungen<br />

I. Nachrang öffentlicher Fürsorge<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätze:<br />

Selbstverantwortlichkeit § 2, Einsatzgemeinschaft/Haushaltsgemeinschaft §§ 7 <strong>und</strong> 9<br />

Abs. 5, Bedürftigkeit § 9<br />

2. Eigenmittel<br />

Luthe, IRS 105


a) Zumutbare Arbeit § 10; Sanktionen §§ 31-32<br />

b) Einkommen § 11 .V. m. AlG <strong>II</strong>-VO;<br />

aa) Nicht als Einkommen zu berücksichtigende Positionen § 11 a<br />

bb) Absetzbeträge § 11 b<br />

c) Vermögen § 12 i.V.m. AlG <strong>II</strong>-VO<br />

aa) Absetzbeträge § 12 Abs. 2<br />

bb) Schonvermögen § 12 Abs. 3<br />

d) Leistungen Dritter § 5, 9, Abs. 1, § 12 a<br />

3. Sonstige Instrumente zur Durchsetzung des Nachrangprinzips:<br />

Anspruchsübergang § 33, Ersatzansprüche § 34, Erbenhaftung § 35<br />

<strong>II</strong>. Unterhaltsleistungen<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätzliche Anspruchsberechtigung § 7 Abs. 1 <strong>und</strong> 2<br />

2. Arbeitslosengeld <strong>II</strong> <strong>und</strong> Sozialgeld § 19 Abs. 1<br />

a) Regelleistung § 20, Besonderheiten beim Sozialgeld § 23 (Kinder!)<br />

b) Mehrbedarfe § 21, besonderer Mehrbedarf § 21 Abs. 6<br />

c) Unterkunft <strong>und</strong> Heizung § 22, Angemessenheit der Kosten auch durch Kommune<br />

bestimmbar § 22 a – c, Übernahme von Mietschulden § 22 Abs. 8<br />

d) Abweichende Erbringung von (Sonder-)Leistungen § 24, insb. einmalige Leistungen §<br />

24 Abs. 3<br />

e) Sonderregelung bei Reha/ Zuschuss zu Beiträgen für private KV <strong>und</strong> PflegeV §§ 25, 26<br />

f) Übernahme Mietschulden § 22 Abs. 5<br />

g) Besondere Unterhaltsleistungen für Auszubildende § 27 (ausnahmsweise Zuschuss zu<br />

den Unterkunftskosten <strong>und</strong> Darlehen)<br />

3. Leistungen für Bildung <strong>und</strong> Teilhabe<br />

a) Voraussetzung für Leistungen des <strong>SGB</strong> <strong>II</strong>: keine Bildungsleistungen nach § 6 b BKGG<br />

(für Bezieher des Kinderzuschlages oder von Wohngeld) § 19 Abs. 2<br />

b) Ausflug/Klassenfahrten, Schülerbeförderung, Lernförderung, Mittagessen in Schule,<br />

Kulturpauschale von 10 € § 28<br />

c) Erbringung durch Gutscheine <strong>und</strong> Direktzahlungen § 29<br />

<strong>II</strong>I. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätze: § 2, § 3 Abs. 1 bis 2 b<br />

2. Eingliederungsvereinbarung § 15<br />

3. Leistungen §§ 16 bis 16 g<br />

IV. Leistungserbringungsrecht §§ 17, 18<br />

V. Letzter Schritt: Leistungen abzgl. Eigenmittel = Bedarf<br />

Luthe, IRS 106


<strong>SGB</strong> X<strong>II</strong><br />

Träger: Örtliche <strong>und</strong> überörtliche Träger nach §§ 3, 97, 98 (Sozialämter <strong>und</strong> Nds.<br />

Landesamt für Soziales, Jugend <strong>und</strong> Familie)<br />

I. Nachrang öffentlicher Fürsorge<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätze: Nachrang § 2, Einsatzgemeinschaft § 19 <strong>und</strong> § 27 Abs. 2 <strong>und</strong> § 43 Abs. 1,<br />

Haushaltsgemeinschaft § 39<br />

2. Eigenmittel<br />

a) Zumutbare Tätigkeit § 11 Abs. 3 <strong>und</strong> 4, Sanktion § 39 a<br />

b) Einkommen § 82 i.V.m. RVO, zweckgleiche Leistungen § 83<br />

c) Vermögen § 90 i.V.m. RVO<br />

d) Sonstige Instrumente: Einschränkung der Leistung § 26, Anspruchsübergang §§ 93 <strong>und</strong><br />

94, Kostenersatz §§ 102 ff.<br />

<strong>II</strong>. Unterhaltsleistungen<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätzliche Anspruchsberechtigung § 17<br />

2. Hilfe <strong>zum</strong> Lebensunterhalt<br />

a) Voraussetzungen § 27,<br />

gr<strong>und</strong>sätzlicher Umfang <strong>und</strong> Festlegung durch Regelsätze § 27 a<br />

b) abweichende Festlegung § 27 a Abs. 4<br />

c) Notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen § 27 b<br />

d) Festlegung <strong>und</strong> Fortschreibung von Regelbedarfen §§ 28 – 29<br />

e) Mehrbedarf § 30<br />

f) Einmalige Bedarfe § 31<br />

g) Beiträge für die private Kranken- <strong>und</strong> Pflegeversicherung § 32 <strong>und</strong> Vorsorge § 33<br />

h) Bedarfe für Bildung <strong>und</strong> Teilhabe<br />

aa) Ausflug/Klassenfahrten, Schülerbeförderung, Lernförderung, Mittagessen in Schule,<br />

Kulturpauschale von 10 € § 34<br />

bb) Erbringung durch Gutscheine <strong>und</strong> Direktzahlungen § 34 a<br />

i) Einzelfall-Sonderbedarf § 37<br />

j) Unterkunft <strong>und</strong> Heizung § 35, Angemessenheit der Kosten auch durch Kommune<br />

bestimmbar § 35 a<br />

k) Übernahme von Mietschulden § 36<br />

3. Gr<strong>und</strong>sicherung im Alter <strong>und</strong> bei Erwerbsminderung §§ 41 ff.<br />

a) Voraussetzungen § 41<br />

b) Leistungen § 42<br />

c) Besonderheiten beim Einsatz von Einkommen <strong>und</strong> Vermögen § 43, auch § 94 Abs. 1<br />

Luthe, IRS 107


<strong>II</strong>I. Besondere Leistungen (des Fünften bis Neunten Kapitels)<br />

1. Leistungsvoraussetzungen <strong>und</strong> Leistungen §§ 47 bis 74<br />

2. Nachrang (hier ausnw. Nachrang nach den Leistungen prüfen, da der<br />

Einkommenseinsatz von der einschlägigen Leistung abhängig)<br />

a) Einkommen §§ 82 <strong>und</strong> 83<br />

aa) Einkommensgrenze § 85<br />

bb) Einkommen über der Einkommensgrenze § 87<br />

cc) Einkommen unter (<strong>und</strong> über) der Einkommensgrenze § 88<br />

dd) Einkommensberechnung bei mehrfachem Bedarf § 89<br />

ee) Sonderregelung <strong>zum</strong> Einkommenseinsatz bei Leistungen für Behinderte § 92<br />

ff) Sonderregelung <strong>zum</strong> Einkommenseinsatz bei Einrichtungsunterbringung § 92 a<br />

b) Vermögen § 90 (wie bei HzL)<br />

c) Besonderheiten beim Anspruchsübergang § 94 Abs. 2<br />

IV. Allgemeine Aktivierung §§ 10 Abs. 2, 11, 12<br />

V. Leistungserbringungsrecht § 5 Abs. 3, §§ 75 bis 81<br />

VI. Letzter Schritt: Leistungen abzgl. Eigenmittel = Bedarf<br />

Luthe, IRS 108

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