Digitale Fotografie - Kreativ Landschaften Spezial (Vorschau)
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<strong>Digitale</strong> <strong>Fotografie</strong><br />
<strong>Kreativ</strong><br />
Nr. 4/2012 Sep-Okt 2012<br />
www.digitale-fotografie-magazin.de<br />
Prachtvolle Bilderwelten<br />
<strong>Landschaften</strong> <strong>Spezial</strong><br />
Wie Sie mit Langzeitbelichtung und HDR beeindruckende Fotos machen<br />
Angebot auf Seite 144<br />
PORTFOLIOS<br />
PROFI-FOTOS<br />
Professionelle<br />
Fotografen zeigen Ihr<br />
Portfolio – Wir zeigen<br />
die Geschichten<br />
dahinter<br />
TEST<br />
NIKON D800<br />
Vollformat-Sensor,<br />
36,3 Megapixel,<br />
ISO 50 bis 25600,<br />
Full HD Video;<br />
Die perfekte Kamera?<br />
Deutschland:<br />
EUR 9,90<br />
Österreich:<br />
EUR 11,-<br />
Schweiz:<br />
CHF 19,-<br />
LU/BE<br />
EUR 11,50<br />
4 192390 609904 04
<strong>Digitale</strong> <strong>Fotografie</strong><br />
<strong>Kreativ</strong>
Liebe Leser und Fotografen,<br />
Viele von uns waren im Sommer verreist<br />
und haben dabei natürlich auch<br />
fotografi ert. Tourismus und Fotografi e<br />
gehören quasi zusammen wie Kamm und<br />
Schere oder Mond und Sterne. Allerdings<br />
hat sich der Tourist mit dem Fotoapparat<br />
vor dem Bauch einen eher zweifelhaften<br />
Ruf erworben. Müssen wir uns als<br />
ambitionierte Hobbyfotografen auch mit<br />
diesem Klischee auseinandersetzen?<br />
Nicht unbedingt, wenn wir die Kamera<br />
gekonnt einsetzen und die Umgangsformen<br />
vor Ort sowie einfache zwischenmenschliche Verhaltensregeln beachten.<br />
Hinzu kommt die Frage, was wir eigentlich fotografi eren. Den Eiffelturm in Paris?<br />
Gondeln in Venedig? Die Kathedralen auf Mallorca? Das ist alles schon Millionen<br />
Mal fotografi ert worden. Solche Bilder interessieren niemanden mehr außer den<br />
Fotografen/Urlauber selbst, während Einheimische gelangweilt wegschauen.<br />
Es sei denn, Sie fotografi eren kreativ – und dafür müssen Sie nicht in weit<br />
entfernte Urlaubsgebiete reisen. Die Motive befi nden sich vor Ihrer Haustür! In<br />
dieser Ausgabe von <strong>Digitale</strong> Fotografi e-KREATIV zeigen wir Ihnen Portfolios von<br />
Profi -Fotografen und erklären, wie auch Sie solche Fotos machen können. Ob<br />
Strand- oder Herbstlandschaften, Stadtansichten oder Wasserfälle – die Motive<br />
mögen gewöhnlich klingen, doch die Art der Fotografi e führt zu fantastischen<br />
Aufnahmen. Auch lernen Sie, wie Sie mit Langzeitbelichtungen und HDR- und<br />
Schwarzweiß-Technik Fotos kreieren, die unabhängig vom Motiv den Betrachter<br />
erstaunen lassen. Da mögen der Eiffelturm in Frankreich noch so hoch und die<br />
Gondeln in Italien noch so romantisch sein …<br />
Die Ausrüstung ist für die kreative Fotografi e essenziell. Unsere entsprechende<br />
Rubrik gibt Ihnen wertvolle Hinweise. Wenn Sie über die Anschaffung einer neuen<br />
(Profi -)Kamera nachdenken, können wir Ihnen die Nikon D800 empfehlen. Unser<br />
Testbericht erklärt, warum. Dies und vieles mehr auf den folgenden Seiten.<br />
Immer das beste Licht wünscht in jedem Fall<br />
Willkommen<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER: Ultimate Guide Media<br />
CHEFREDAKTEUR: Hagen Hellwig<br />
REDAKTION INTERNATIONAL: Will Cheung, Ben Boswell,<br />
Charlotte Griffith, Richard Hopkins, Dean Pluck, Adam<br />
Scorey.<br />
ART DIRECTOR: Dean Mullock<br />
SCHLUSSREDAKTION: Ralf Klein<br />
FINANZDIREKTOR: Richard Layton<br />
DATENSCHUTZERKLÄRUNG<br />
Dieses MAGBOOKwird unter der Lizenz und mit der Erlaubnis<br />
von © Dennis Publishing Limited herausgegeben. Alle Rechte<br />
an Material, Titel und Marke dieses Magazins sind Eigentum<br />
von Dennis Publishing Limited und dürfen weder im Ganzen<br />
noch teilweise ohne vorherige schriftliche Genehmigung<br />
reproduziert werden.<br />
Die in diesem Magazin artikulierten Meinungen, sind die<br />
Meinungen der jeweiligen Autoren und stimmen nicht<br />
zwingend mit der Meinung des Herausgebers, der Redaktion<br />
oder den Vertreibern dieses Magazins überein.<br />
HAFTUNG<br />
Das Heft wurde mit großer Sorgfalt produziert. Der Verlag<br />
kann jedoch keine Haftung, Gewährleistung, Garantie oder<br />
Versicherung für Meinungen, Waren oder Dienstleistungen<br />
übernehmen, die in dieser Ausgabe veröffentlicht wurden.<br />
Der Herausgeber übernimmt keine Verantwortung für Inhalte<br />
von externen Webseiten, deren Adressen veröffentlicht<br />
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VERTRIEB<br />
VU VERLAGSUNION KG<br />
Am Klingenweg 10<br />
65396 Walluf<br />
Telefon: 0612/3620 0<br />
Hagen Hellwig<br />
Website: www.ditigale-fotografi e-magazin.de<br />
Facebook: www.facebook.com/pages/<strong>Digitale</strong>-Fotografi e-Magazine<br />
E-Mail: mail@digitale-fotografi e-magazin.de<br />
VERLAG<br />
BÜRO DEUTSCHLAND<br />
Ultimate Guide Media Ltd.<br />
Chilehaus A, Fischertwiete 2<br />
20095 Hamburg<br />
BÜRO UNITED KINGDOM<br />
Ultimate Guide Media Ltd<br />
Argyle House, 1 Dee Road<br />
Richmond, Surrey<br />
TW9 2JN<br />
Company No. 06965305<br />
HOMEPAGE<br />
www.digitale-fotografie-magazin.de<br />
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LESERFRAGEN<br />
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info@digitale-fotografie-magazin.de<br />
DRUCK UND BINDUNG<br />
Quad/Winkowski Sp. z o.o.,<br />
ul. Pułtuska 120,<br />
07-200 Wyszków,<br />
Polen<br />
www.Quadwinkowski.pl<br />
Das Papier, auf dem dieses<br />
Magazin gedruckt ist, besteht aus<br />
umweltverträglichen Fasern.
Inhalt<br />
8 Wasserfall<br />
Kaskaden gewaltiger Sturzfl uten, schmale silbrige<br />
Rinnsale, weiße Gischtwolken, impressionistische<br />
Teiche, die Liste potenzieller Motive<br />
einer gewässerreichen, Landschaft ist endlos.<br />
14 Wasserwunderwelten<br />
Dank seines Traumwohnsitzes an der Südküste<br />
von Wales hat Chris Hammerton die Wasserfälle<br />
der Gegend als Motive entdeckt.<br />
16 Geheimnisvolle Katarakte<br />
Fließendes Wasser als Fotomotiv ist<br />
herausfordernd und lohnend zugleich, umso<br />
mehr, wenn es von einem Felsen in die Tiefe<br />
stürzt.<br />
22 Herbstfarben<br />
Viele <strong>Landschaften</strong> sind im Herbst am schönsten,<br />
wenn die Hügel unter dem feuerroten Laub<br />
zu glühen scheinen, goldenes Licht die Wälder<br />
erhellt und Nebel über den Tälern liegt.<br />
30 Saison-Wechsel<br />
Fotografi eren im Herbst ist in vieler Hinsicht<br />
einfach: Helle Farben überall, wunderbares Licht<br />
morgens und abends, fotogenes Wetter.<br />
36 Seeblick<br />
Ein konkretes Fotoprojekt eignet sich sehr gut,<br />
die eigene <strong>Kreativ</strong>ität zu entwickeln. Sie werden<br />
erstaunt sein, zu welchen Ergebnissen es führt.<br />
42 Strandpanoramen<br />
Wenn man direkt am Meer wohnt, kommt keine<br />
Langeweile auf. Es gibt jede Menge Anregungen<br />
für persönliche Fotoprojekte.<br />
44 Schön Langsam<br />
Manchmal ist sind Langzeitbelichtungen die<br />
Aufnahmetechnik der Wahl.<br />
48 Fahrspuren<br />
Vehrkehrsnachrichten sind fast immer negativ,<br />
doch heute machen wir eine Ausnahme.<br />
08<br />
22<br />
44<br />
4 / DIGITALE FOTOGRAFIE – PRO
Inhalt<br />
10<br />
46<br />
60<br />
54 Leuchtende Bewegung<br />
Sie brauchen ein Auto, ein Weitwinkelobjektiv<br />
und viel Vorstellungskraft.<br />
56 Leuchtspuren<br />
Dass die Nächte länger und kühler werden, ist<br />
kein Grund, die Kamera einzumotten, denn diese<br />
Jahreszeit hat ihre ganz besonderen Reize.<br />
62 Eislandschaften I<br />
Eindrucksvolle Landschaftspanoramen können<br />
Sie auch in einer Gegend fotografi eren, die Sie<br />
so gut kennen, dass sie Ihnen schon wieder<br />
langweilig erscheint.<br />
66 Eisberge<br />
Die Berge, Schluchten und Seen Schottlands<br />
geben Peter Paterson ständig neue Anregungen,<br />
wie seine perfekten Winterszenen zeigen.<br />
69 Eislandschaften II<br />
Klirrende Kälte und eine gleichmäßige<br />
Schneedecke verwandeln eine sonst banale<br />
Landschaft in ein wundersames Motiv.<br />
74 Strandlandschaften<br />
Langzeitbelichtung und ein niedriger<br />
Kamerastandpunkt können etwas entstehen<br />
lassen, das nicht wirklich existiert.<br />
83 Motive an der Küste<br />
Ein Trip an die Nordsee hat immer viel zu bieten.<br />
88 Stadtlandschaften<br />
Architektur, Menschen und Licht spielen eine<br />
Rolle in Michael Marshs Stadtlandschaften. Sie<br />
bilden ein Gesamtkunstwerk.<br />
96 Die City<br />
Die meisten von uns leben und arbeiten in der<br />
Stadt. Dort fi nden Sie jeden Tag Fotomotive en<br />
masse.<br />
102 Panoramen der See<br />
Manchmal darf man ein paar Grundsätze<br />
missachten und Neuland betreten, wenn man<br />
alle Facetten eines Motivs festhalten will. Dann<br />
lohnt sich die „Versuch und Irrtum“ Strategie.<br />
68<br />
108 Träume in HDR<br />
Andy Fox lebt seinen Traum in seiner Heimat<br />
Devon. Er verreist kaum, doch seine HDR-Fotos<br />
lassen Reiseträume aufkommen.<br />
110 HDR Motive<br />
Bevor Sie die HDR-Technik einsetzen können,<br />
brauchen Sie passende Bilder. Wir zeigen Ihnen,<br />
wie man für HDR fotografi ert.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – PRO \ 5
Inhalt<br />
115 HDR-Bilder erzeugen<br />
10<br />
Gute HDR Bilder sind eine Herausforderung. Als<br />
Erstes brauchen Sie ein geeignetes Motiv.<br />
120 Künstlerisches Schwarzweiß<br />
Auch im Digitalzeitalter kann man analoge<br />
Dunkelkammertechniken einsetzen, um das Beste<br />
aus beiden Welten zusammenzuführen.<br />
128 Feine Schatten in Grau<br />
Erstklassige Schwarzweiß-Fotos erfordern eine<br />
ebenso erstklassige Aufnahmetechnik<br />
134 Umwandeln in Schwarzweiß<br />
Auch Schwarzweiß-Bilder entstehen zunächst<br />
einmal in der Kamera, doch entscheidend ist die<br />
anschließenede Nachbearbeitung.<br />
136 Dynamisches Schwarzweiß<br />
Die Bearbeitung von Raw-Dateien braucht<br />
Zeit und Knowhow. Wir zeigen Ihnen, wie Sie<br />
stimmungsvolle Schwarzweiß-Bilder produzieren,<br />
auch bei schlechten Lichtverhältnissen.<br />
140 Küste des Lichts<br />
Graufi lter sollten eigentlich farbneutral sein. Sind<br />
sie aber nicht. Doch bei der Raw-Konvertierung<br />
können Sie den Fehler beheben.<br />
144 Kameratest: Nikon D800<br />
Mit 36,3 Megapixel, verbesserter Videofunktion<br />
und demselben AF-System wie die D4 könnte die<br />
D800 zum Superstar des Jahres werden.<br />
154 Test: Extreme Graufilter<br />
Filter für die Langzeitbelichtung sind für das<br />
nackte Auge tintenschwarz, doch die Kamera<br />
sieht geradewegs hindurch. Die entstehenden<br />
Bildersind faszinierend.<br />
74<br />
120<br />
140<br />
6 / DIGITALE FOTOGRAFIE – PRO
Inhalt<br />
Ausrüstung<br />
144 TEST: NIKON 800<br />
Mit 36,3 Megapixel, verbesserter<br />
Videofunktion und dem AF-System der<br />
D4 könnte die D800 zum Superstar des<br />
Jahres werden.<br />
154 TEST: Extreme Graufilter<br />
Filter zur Langzeitbelichtung sind für das<br />
nackte Auge tintenschwarz, doch die<br />
Kamera sieht geradewegs hindurch. Die<br />
entstehenden Bilder sind faszinierend.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – PRO \ 7
Wasserfall<br />
8 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Wasserfall<br />
WASSERFALL<br />
Kaskaden gewaltiger Sturzfluten, schmale silbrige<br />
Rinnsale, weiße Gischtwolken, impressionistische Teiche<br />
die Liste potenzieller Motive einer gewässerreichen,<br />
abwechslungsreichen Landschaft ist endlos. Sie sollten sich<br />
nicht mit den üblichen Panoramen und Details klassischer<br />
Motive zufriedengeben und nach Hause gehen, wenn es da<br />
draußen noch so viel mehr zu fotografieren gibt.<br />
Ein Einblick in Chris Hammertons sensationelles Portfolio<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 9
Wasserfall<br />
10 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Wasserfall<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 11
Wasserfall<br />
12 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Wasserfall<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 13
Wasserfall<br />
Wasser-<br />
Wunderwelten<br />
Ort: Bridgend, South Wales, aufgenommen mit Olympus E-30<br />
Dank seines Traumwohnsitzes an der naturbelassenen Südküste von Wales<br />
hat Chris Hammerton die Wasserfälle der Gegend als Motive entdeckt.<br />
Text: Charlotte Griffiths / Fotos: Chris Hammerton<br />
Viele Fotografen fanden zu ihrem Beruf,<br />
nachdem ihnen ihre Eltern eine Kamera<br />
schenkten. Bei Chris Hammerton war es<br />
ein neues Mobiltelefon, das ihm die Augen<br />
für die Faszination der Fotografi e öffnete.<br />
„Ich fotografi erte zwar schon fünf Jahre,<br />
aber es wurde wesentlich mehr, als ich<br />
ein Sony Ericsson-Handy mit Kamera<br />
bekam. Es bedeutete, dass ich immer eine<br />
Kamera dabei hatte“, sagt er. „Wenn ich<br />
ein Motiv sah, zog ich das Telefon aus der<br />
Tasche und machte ein Foto. Ich begann,<br />
die Gegend zu erkunden, besonders die<br />
Küste, und ich versuchte die schönsten<br />
Orte einzufangen. Irgendwann wurde das<br />
zur Gewohnheit.“<br />
Einmal vom Fotovirus infi ziert, kaufte<br />
Chris sich eine Kompaktkamera, um<br />
Wasser kreativer aufnehmen zu können.<br />
„An der Küste habe ich mich immer am<br />
wohlsten gefühlt“, sagt er. Die Fotos,<br />
die mir am besten gefi elen, waren mit<br />
langen Belichtungszeiten aufgenommen<br />
worden. Solche Effekte erreicht man<br />
aber nur mit einer Kamera, die manuelle<br />
Einstellmöglichkeiten bietet. Also kaufte<br />
ich eine kompakte Panasonic DMC LX-2<br />
mit Zeit-, Blenden- und Vollautomatik.“<br />
Chris benutzte sie jedoch nur sechs<br />
Monate, bevor er den Schritt in die Welt<br />
der Spiegelrefelexmodelle tat. Das geschah<br />
in Gestalt einer gebrauchten Olympus<br />
E-500. Er hatte sich jedoch so sehr an die<br />
Kompaktkamera gewöhnt, dass er mit dem<br />
Sucher der Olympus nicht zurecht kam:<br />
„Ich vermisste den Live View der LX-2<br />
und des Smartphones. Mit dem optischen<br />
Spiegelrefl exsucher konnte ich mich nicht<br />
anfreunden.“ Also tauschte er die E-500<br />
gegen eine Olympus E-330 ein, eine der<br />
ersten Modelle mit Live View, und damit<br />
war er vollauf zufrieden. Heute benutzt er<br />
allerdings eine E-30 mit aufklappbarem,<br />
drehbaren Monitor, damit er die Live View-<br />
Ansicht zur Bildkomposition heranziehen<br />
kann. „Für mich ist das wichtig, weil ich<br />
die meisten Bilder im Hochformat mache,<br />
und oft aus etwa Kniehöhe heraus“, sagt<br />
Chris, „und dabei muss ich dann nicht im<br />
nassen Sand auf dem Bauch liegen.“<br />
Als gelernter Geograph ist Chris fasziniert<br />
Nach längerem Regen<br />
kann ein Wasserfall zu<br />
einer ohrenbetäubenden<br />
Naturgewalt anschwellen.<br />
Doch nach längerer<br />
Trockenzeit bleibt von ihm<br />
nur ein schmales, über<br />
die Felsen kriechendes<br />
Rinnsal.<br />
von geologischen Prozessen und<br />
natürlichen Felsformationen, und so ist<br />
die faszinierende walisische Landschaft<br />
die perfekte Szenerie für seine Interessen.<br />
„Wenn ich bei Glamorgan auf den<br />
Karbon-Kalksteinfelsen an dieser Küste<br />
stehe und daran denke, dass ein guter<br />
Teil dieser Felsen aus den Rückständen<br />
ausgestorbener Kreaturen besteht, die hier<br />
vor 300 Millionen Jahren in tropischen<br />
Gewässern herum geschwommen sind,<br />
dann ist das wirklich unglaublich. In<br />
der Fotografi e habe ich eine Möglichkeit<br />
gefunden, meine Ehrfurcht auszudrücken<br />
vor der Welt, in der wir leben, und ich<br />
kann andere durch meine Fotos daran<br />
teilhaben lassen.“<br />
Chris’ bevorzugte Motive sind<br />
Wasserfälle und Flussläufe, weil deren sich<br />
ständig verändernde Erscheinung ihn vor<br />
immer neue technische Herausforderungen<br />
stellt. Nach längerem Regen kann ein<br />
Wasserfall zu einer ohrenbetäubenden<br />
Naturgewalt anschwellen. Doch nach<br />
längerer Trockenzeit bleibt von ihm nur<br />
ein schmales, über die Felsen kriechendes<br />
fl ießendes silbernes Rinnsal.<br />
Chris passt die Aufnahmetechnik seinem<br />
Eindruck von den Orten an. „An Stellen,<br />
die eine ruhige Atmosphäre vermitteln,<br />
verwende ich bei Langzeitbelichtungen<br />
oft Graufi lter, die für einen sanfteres Bild<br />
erzeugen. Doch manchmal, wenn der Fluss<br />
angeschwollen ist und die Wasserfälle<br />
in voller Stärke herunterdonnern, ist<br />
das der falsche Ansatz. Solche enormen<br />
Wasserkräfte werden visuell besser<br />
ausgedrückt, wenn ich eine kurze<br />
Belichtungszeit verwende, das akzentuiert<br />
die Texturen und sieht chaotischer aus,<br />
was besser zu dem Gesamteindruck von<br />
Naturgewalt passt”, meint Chris.<br />
Sein Augenmerk richtet sich jedoch<br />
nicht nur auf die große Szenerie, sondern<br />
ebenso auf die kleinen Details, die in<br />
der Nähe eines Wasserfalls zu fi nden<br />
sind. „Eine meiner Aufnahmen zeigt<br />
beispielsweise Laub, das auf den felsigen<br />
Rändern des von den herabstürzenden<br />
Wassermassen in Jahrhunderten<br />
geformten Beckens liegt, so dass das<br />
Becken von Herbstfarben eingerahmt ist“,<br />
sagt er. „Auch Mehrfachbelichtungen habe<br />
ich schon versucht. Die Olympus E-30<br />
bringt diese Funktion von Haus aus mit.<br />
Indem ich ein kurz belichtetes Foto über<br />
ein länger belichtetes lege, bekomme ich<br />
das ruhige, weiche Aussehen des Wassers,<br />
das die Langzeitbelichtung hervorruft,<br />
sowie das Funkeln und die Textur der<br />
Kurzzeitbelichtung des im Wasser<br />
glitzernden Sonnenlichts. Doch diese<br />
Technik ist noch im Experimentierstadium,<br />
und ich bin noch nicht soweit, das<br />
öffentlich vorzustellen.“<br />
Andere Experimente haben zu der<br />
Aufnahme eines Wasserfalls bei Nacht<br />
geführt, die gut vorbereitet werden wollte.<br />
„Zeitraubend war das Warten auf die<br />
passenden Umgebungsbedingungen.<br />
Für das Motiv, das ich wollte, brauchte<br />
ich Vollmond, Niedrigwasser und einen<br />
vollständig klaren Himmel, wie er auf eine<br />
Woche oder länger schweren Dauerregens<br />
folgt. Es brauchte sechs Monate, bis<br />
alle Bedingungen gleichzeitig eintraten“,<br />
berichtet Chris.<br />
Bei seinen Exkursionen hat Chris die<br />
Kamera und drei Olympus-Zuiko Objektive<br />
dabei: ein 11-22-mm-Weitwinkel, ein<br />
14-54-mm-Standardzoom, ein kurzes<br />
40-150-mm-Telezoom, und natürlich<br />
etliche Grauverlaufsfi lter.<br />
„Filter sind extrem wichtig, weil ich die<br />
Belichtung schon in der Kamera richtig<br />
14 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Wasserfall<br />
DIE GESCHICHTEN HINTER DEN BILDERN<br />
haben will“, sagt Chris. Außerdem habe<br />
ich immer einen Pol-Filter und einen<br />
homogenen Graufi lter dabei. Die meisten<br />
der auf diesen Seiten zu sehenden Bilder<br />
wurden mit Graufi lter aufgenommen,<br />
damit das Wasser dieses charakteristische,<br />
seidenweiche Aussehen bekommt. Der<br />
Pol-Filter absorbiert die Refl exionen der<br />
Wasseroberfl äche und sorgt so für einen<br />
Blick unter die Oberfl äche, oder er verstärkt<br />
Refl exionen und hebt die Farben hervor.“<br />
Ein weiteres unentbehrliches Requisit<br />
ist ein Reinigungstuch. „Wenn Sie von<br />
Wasser umgeben sind und da fotografi eren<br />
wollen, können Sie ohne Reinigungstuch<br />
nicht arbeiten, denn die feinen Tropfen,<br />
auf dem Filter oder direkt auf der Frontlinse<br />
können jedes Bild ruinieren“, sagt er. Ich<br />
wische vor jeder Aufnahme kurz über das<br />
Objektiv, um ganz sicher zu gehen, das ich<br />
später keine böse Überraschung erlebe“.<br />
Chris fotografi ert im Raw-Format, nicht<br />
in JPEG. „Ich bearbeite die Dateien<br />
dann mit Photoshop Elements 5, wobei<br />
ein Feintuning des Weißabgleichs, der<br />
Belichtung und des Kontrasts erfolgt,<br />
bevor ich das Ergebnis dann als TIFF-<br />
Datei speichere. Danach nehme ich<br />
kleinere Korrekturen an den Ebenen<br />
vor und manchmal muss ich auch ein<br />
bisschen abwedeln. Das ist eigentlich alles<br />
an Nachbearbeitung, außer der Schärfe<br />
natürlich, aber das ist der letzte Schritt,<br />
bevor die Abzüge gemacht werden.“<br />
Chris bevorzugt den Online-Dienstleister<br />
Photobox für die Abzüge seiner Fotos. „Ich<br />
lade die Fotos einfach hoch und warte auf<br />
die Lieferung der fertigen Bilder. Bisher bin<br />
ich mit der Qualität sehr zufrieden.“<br />
Er nimmt auch an Fotowettbewerben<br />
teil, aber leider bisher ohne Erfolg. Doch das<br />
macht ihm nichts aus: „Vor der Fotografi e<br />
hatte ich kein Hobby, das mir wirklich<br />
gefallen hätte“, sagt er. „Ich bin ziemlich<br />
unmusikalisch, ich kann weder gut malen<br />
noch zeichnen, und kreativ schreiben<br />
kann ich erst recht nicht. Fotografi eren ist<br />
die einzige Form kreativen Ausdrucks, die<br />
ich mit Erfolg betreibe. Ich wünsche nur,<br />
ich hätte die Landschaftsfotografi e schon<br />
früher für mich entdeckt.“<br />
STURMLICHT<br />
Es grenzt an ein Wunder, dass ich dieses Foto hinbekommen habe:<br />
Der Terrierwelpe meiner Eltern versuchte die ganze Zeit, mit<br />
meiner Fototasche wegzurennen.<br />
HERBST-<br />
EXPRESSIONISMUS<br />
Karussellfahrt des<br />
Herbstlaubs in einem vom<br />
Wasserfall erzeugten<br />
Strudel<br />
Olympus E-330, 14-54 mm<br />
bei 54 mm, 15 Sekunden bei<br />
Blende f/22 und ISO 125<br />
OBEN:<br />
Funkelnde<br />
Spritzer<br />
Eine<br />
Aufnahme der<br />
hypnotisierenden<br />
Lichtfunken des<br />
über die Steine<br />
spritzenden<br />
Wassers<br />
Olympus E-330,<br />
14-54mm bei 54<br />
mm, 0,2 Sekunden<br />
mit Blende f/11<br />
und ISO 100<br />
OBEN RECHTS:<br />
Über dem<br />
Wasserfall<br />
Diese Aufnahme<br />
des Flussbetts<br />
vom Rand des<br />
Wasserfalls war<br />
nur möglich nach<br />
einer langen<br />
Trockenperiode.<br />
Olympus E-330,<br />
14-54mm bei 14<br />
mm, 2 Sekunden<br />
mit Blende f/11<br />
und ISO 200<br />
NACHTFALL<br />
Sechs Monate planen und warten auf die eine Vollmondnacht.<br />
Den Strand hatte ich für mich allein ...<br />
Olympus E-30, 14-54mm bei 14 mm, 900 Sekunden<br />
bei Blende f/11 und ISO 200.<br />
RECHTS:<br />
Sommerfarben<br />
Über dem<br />
Flussufer<br />
hängende<br />
lindgrüne Blätter<br />
und blauer<br />
Himmel über der<br />
Wasseroberfläche<br />
Olympus E-30, 40-<br />
150 mm bei 150<br />
mm, 0,5 Sekunden<br />
mit Blende f/6.3<br />
und ISO 200<br />
SÄULEN DES LICHTS<br />
Augenmerk auf kleinere Details: Die<br />
einzelnen Wassersäulen bilden den<br />
Rand eines größeren Wasserfalls.<br />
Olympus E-330, 14-54mm bei 22 mm,<br />
40 Sek. bei f/14, ISO 100<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 15
Wasserfälle<br />
16 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Wasserfälle<br />
Geheimnisvolle<br />
Katarakte<br />
Fließendes Wasser als Fotomotiv ist herausfordernd und lohnend<br />
zugleich, umso mehr, wenn es von einem Felsen in die Tiefe<br />
stürzt. Auf den folgenden Seiten können Sie eintauchen in die<br />
besondere Welt dieses Naturwunders.<br />
Craig RobertsDiverse Fotografen<br />
Wasserfälle sind fantastische Fotomotive:<br />
Sie können einerseits Ruhe, Idylle und<br />
Gelassenheit ausstrahlen und andererseits<br />
ungeheure, furchterregende Naturgewalten<br />
darstellen. Beides bietet kreatives Potenzial<br />
en masse. Bei einem Wasserfall kann es<br />
sich um eine kleine Kaskade handeln,<br />
gerade einmal einen Meter hoch, oder um<br />
ein ungeheures Naturschauspiel wie die<br />
Fälle des Niagara oder Sambesi.<br />
In der Praxis sind kleinere Fälle leichter<br />
zu fotografieren, denn es ist viel einfacher,<br />
verschiedene Standorte und Blickwinkel<br />
auszuprobieren.<br />
Unabhängig von seiner Größe ist ein<br />
Wasserfall von einer fast magischen Aura<br />
umgeben, die umso spürbarer wird, je<br />
abgelegener der Ort ist und je weniger<br />
Menschen in der Nähe sind.<br />
Ich habe es mir mittlerweile zur<br />
Gewohnheit gemacht, mich über die<br />
Standorte der nächstgelegenen Wasserfälle<br />
zu orientieren, bevor ich zu irgendeinem<br />
anderen Shooting hinausfahre. Wenn dann<br />
dort das Wetter nicht mitspielt und ich<br />
mein eigentlich beabsichtigtes Vorhaben<br />
nicht umsetzen kann, versuche ich mich<br />
an ein oder zwei Wasserfällen in der Nähe.<br />
© CRAIG ROBERTS<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 17
Wasserfälle<br />
© CRAIG ROBERTS<br />
Oben: Durch lange Verschlusszeiten bei Nahaufnahmen<br />
bekommen Sie abstrakte Bilder wie dieses hier.<br />
Rechts: Wasserfälle führen fast immer zu einer<br />
L-förmigen Bildkomposition. Aufgenommen mit einer<br />
Canon EOS 1DS Mk III mit 16-35mm f/2.8 Objektiv,<br />
belichtet mit 0,5 Sekunden bei Blende f/22 und ISO 100.<br />
Wenn es mehrere Tage stark geregnet<br />
hat, sind die Bedingungen natürlich besser,<br />
weil der Fluss mehr Wasser führt und daher<br />
auch mehr Wasser über die Fälle rauscht.<br />
Sie können also eindrucksvollere Bilder<br />
machen, das Fotografi eren selbst wird<br />
dadurch allerdings nicht einfacher. Nach<br />
schweren Regenfällen ist deutlich mehr<br />
Schlamm im Wasser, deswegen wird das<br />
Wasser braun aussehen. Ein paar braune<br />
Streifen im Wasser kann die Braunfärbung<br />
der Fälle sogar verbessern, doch im<br />
Extremfall sieht es einfach schrecklich<br />
aus. In diesem Fall sollten Sie darüber<br />
nachdenken, das Bild nach Schwarzweiß<br />
zu konvertieren, oder verwenden Sie<br />
längere Verschlusszeiten, denn die Färbung<br />
ist bei Zeiten von mehr als einer Sekunde<br />
nicht mehr so offensichtlich.<br />
Wenn Sie sich für einen Wasserfall<br />
entschieden haben, müssen Sie festlegen,<br />
welche Emotionen Sie beim Betrachter<br />
auslösen wollen. Danach richtet sich, wie<br />
Sie ihn fotografi eren werden. Eine kurze<br />
Verschlusszeit wird den Wasserfall als<br />
urgewaltige Energie zeigen, und je größer<br />
die Fallhöhe, desto größer ist auch der<br />
Eindruck der Naturgewalt.<br />
Eine Verschlusszeit schneller ist als<br />
1/125 Sekunde lässt das Wasser in der<br />
Regel „einfrieren“.<br />
Da Wasserfälle allerdings meistens in<br />
schattigen Waldgebieten liegen, müssen<br />
Sie eventuell einen höheren ISO-Wert<br />
verwenden, um die Verschlusszeiten<br />
schnell genug halten zu können. An einem<br />
hellen Tag stellt das kein Problem dar,<br />
doch wenn der Himmel bedeckt und grau<br />
ist, müssen Sie bis ISO 400 gehen, wenn<br />
Sie Action stoppende Verschlusszeiten<br />
erreichen wollen.<br />
Lange Verschlusszeiten erzeugen<br />
hingegen ganz andere Effekte. Bei Zeiten<br />
unterhalb 1/15 Sekunde bis hinunter zu<br />
einer Sekunde und länger erzeugen die<br />
Wasserkaskaden einen völlig anderen<br />
18 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Wasserfälle<br />
© ANDY WILSON<br />
Eindruck. Das Wasser wird weich und<br />
verschwimmt; Es bekommt eine seidige,<br />
weiche Textur – eine sehr kreative Art<br />
und Weise, Wasserfälle zu fotografi eren.<br />
Belichtungen von einer bis sechs Sekunden<br />
sind ideal. Noch längere Zeiten ergeben<br />
normalerweise keine Verbesserungen<br />
mehr. Eine Ausnahme bildet das in einem<br />
natürlichen Wasserbecken strudelnde<br />
Wasser am Fuß eines Wasserfalls.<br />
Dieses Teilmotiv eignet sich gut für eine<br />
Langzeitbelichtung von mehr als 10<br />
Sekunden. Der Effekt ist sehr eindrucksvoll<br />
und wird erst bei derart langen Belichtungen<br />
sichtbar.<br />
Doch tendieren Sie nicht automatisch<br />
zu längeren Belichtungszeiten, sondern<br />
versuchen Sie zunächst, mit kurzen<br />
Zeiten zu arbeiten. Falls Sie Ihre<br />
Wasserfälle immer mit einer Sekunde<br />
oder mehr fotografi eren, sehen Ihre Bilder<br />
ziemlich gleich aus, sorgen Sie also für<br />
Abwechslung. Sie könnten beispielsweise<br />
Notwendige Utensilien<br />
Bei schlechtem Wetter oder in der Nähe eines<br />
Wasserfalls mit viel Spritzwasser brauchen<br />
Sie einen Schirm oder einen besonderen, der<br />
Kamera angepassten Regenschutz. Der kann<br />
aber auch aus einer Plastiktüte bestehen, einer<br />
billigen Alternative zu teurem Fotozubehör aus<br />
dem Laden. Sie hält Ihre Kamera genauso<br />
trocken.<br />
Sie können sich auch im einschlägigen<br />
Fachhandel oder etwa bei www.onlinegolf.<br />
de einen Regenschirmhalter besorgen, der<br />
eigentlich zum Anbringen an einem Golftrolley<br />
dasselbe Motiv einmal mit schneller und<br />
einmal mit langer Verschlusszeit schießen<br />
und anschließend beide Aufnahmen in<br />
Photoshop zusammenführen.<br />
Das Fotografi eren eines Wasserfalls an<br />
einem hellen, sonnigen Tag ist ein Albtraum.<br />
gedacht ist. Er kostet um die 30 Euro. An das<br />
Kamerastativ angeklemmt eignet er sich perfekt<br />
dazu, einen Regenschirm über der Kamera zu<br />
halten.<br />
Auch Gummistiefel sind natürlich sinnvoll,<br />
doch optimal sind die bis knapp unter die Hüfte<br />
reichenden Anglerstiefel. Damit erreichen Sie<br />
trockenen Fußes auch solche Kamerastandorte,<br />
an die Sie normalerweise gar nicht denken<br />
würden. Sie kosten von etwa 50 Euro an<br />
aufwärts. Doch seien Sie auf der Hut bei tiefem<br />
und schnell fl ießendem Wasser!<br />
Der Kontrast zwischen sonnenbeschienenen<br />
Bereichen und Schatten ist zu groß für<br />
den Dynamikumfang der Kamera. Der<br />
Unterschied kann zwischen 7 EV und 9EV<br />
betragen, was bedeutet, das entweder die<br />
Spitzlichter ausbrennen oder pechschwarze<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 19
Wasserfälle<br />
TECHNIK<br />
Der für unsere Zwecke nützlichste<br />
Filter ist der Pol-Filter. Natürlich<br />
reduziert er die auf den Kamerasensor<br />
fallende Lichtmenge um bis zu zwei<br />
Blendenstufen und erzwingt deswegen<br />
längere Belichtungszeiten. Doch manche<br />
Pol-Filter geben sich auch mit nur einer<br />
Blendenstufe zufrieden.<br />
Sie werden den Pol-Filter jedenfalls<br />
sparsam einsetzen, denn er kann dem<br />
fließenden Wasser sein natürliches<br />
Glitzern nehmen. Experimentieren Sie<br />
mit unterschiedlichen Intensitäten des<br />
Filters, um die richtige Balance zu finden.<br />
Pol-Filter reduzieren nicht nur den<br />
Glanz des Wassers. Dasselbe geschieht<br />
bei nassen Felsen, deren eigene Farben<br />
dann besser zu Geltung kommen.<br />
Wenn Sie das Objektiv im passenden<br />
Winkel ausrichten, etwa 33 bis 45<br />
Grad zur Oberfläche, unterdrückt der<br />
Pol- Filter sogar alle Reflexionen. Dieser<br />
Winkelbereich zur Erdoberfläche wird<br />
auch „Brewsters Winkel” genannt.<br />
Bei unseren Tests haben wir<br />
festgestellt, dass Wassertropfen auf den<br />
meisten Pol-Filtern bleibende Flecken<br />
hinterlassen, wenn sie nicht sofort<br />
weggewischt werden.<br />
Erwähnenswerte Ausnahmen bilden<br />
nur der Hoya HD Cir PL und der Marumi<br />
Super-DHG. Auf ihnen konnten die<br />
Tropfen trocknen, ohne Rückstände zu<br />
hinterlassen.<br />
Machen Sie es sich gleichwohl<br />
zur Regel, den Filter sofort trocken<br />
zu wischen, wenn er Spritzwasser<br />
ausgesetzt war.<br />
Zum <strong>Fotografie</strong>ren von Wasser sind<br />
auch Graufilter sehr gut geeignet. Es gibt<br />
sie in verschiedenen Dichten zwischen<br />
einer (2x) und drei Blendenstufen (8x),<br />
die bei der Belichtung zu berücksichtigen<br />
sind.<br />
Die Verwendung eines Graufilters<br />
gestattet mithin Belichtungszeiten von<br />
mehr als einer Sekunde, selbst bei hellem<br />
Sonnenlicht. Sie können mit Pol-Filtern<br />
kombiniert werden, wodurch die den<br />
Sensor erreichende Lichtmenge um fünf<br />
bis sechs Blendenstufen reduziert wird.<br />
Wenn Sie aber wirkliche<br />
Langzeitbelichtungen wollen, greifen<br />
Sie zu einem Graufilter, der um 10<br />
Blendenstufen abdunkelt. Dann belichten<br />
Sie aber nicht mehr im Sekundensondern<br />
im Minutenbereich, und die<br />
Effekte können spektakulär sein, sind<br />
aber schwer vorhersagbar. Ein weites<br />
Feld für Experimente – probieren Sie’s<br />
einfach aus!<br />
Schatten zu sehen sein werden. Selbst<br />
wenn Sie irgendwo dazwischen eine<br />
Balance fi nden würden – es würde nicht<br />
gut aussehen.<br />
Wenn Sie also bei sehr hellem Licht<br />
fotografi eren, schießen Sie im Raw-Modus,<br />
dann können Sie den Wiederherstellen-<br />
Regler benutzen, um Details in den<br />
Spitzlichtern sichtbar zu machen. Oder<br />
Sie fotografi eren ganz im Schatten und<br />
konzentrieren sich auf Details, dann<br />
vermeiden Sie das Kontrastproblem von<br />
vornherein. Eine weitere Option ist, zwei<br />
Raw-Konversionen derselben Datei zu<br />
machen, eine für die Spitzlichter, die<br />
andere für die Schatten und dann beide in<br />
Photoshop zusammenzuführen. Sie können<br />
auch eine Bildserie versuchen und die Bilder<br />
in einer HDR-Software zusammenführen.<br />
Fließendes Wasser kann hier interessante,<br />
abstrakte Effekte erzeugen.<br />
Stellen Sie den ISO-Wert so klein wie<br />
möglich ein, auf 50 oder 100, je nach<br />
Kameramodell.<br />
Die Kombination eines kleinen ISO-Werts<br />
mit kleiner Blende verschafft Ihnen die<br />
Möglichkeit langer Belichtungszeiten. An<br />
einem hellen Tag kann das Licht für Zeiten<br />
von einer Sekunde und mehr immer noch<br />
zu hell sein. In diesem Fall kommen Filter<br />
ins Spiel, die die ins Objektiv einfallende<br />
Lichtmenge weiter verringern.<br />
Eine exakte Belichtungsmessung ist<br />
entscheidend, denn es sind sehr viele<br />
Faktoren, die unter den herrschenden<br />
Bedingungen berücksichtigt werden müssen.<br />
Achten Sie besonders auf die Helligkeit des<br />
Wassers und auf Refl exionen im Wasser,<br />
denn beides kann dazu führen, dass das<br />
Belichtungsmess-System der Kamera die<br />
Lichtverhältnisse falsch interpretiert und<br />
es deshalb zu Unterbelichtungen kommt.<br />
Das gilt besonders für helle, sonnige Tage,<br />
denn dann gibt es noch mehr Refl exionen<br />
als ohnehin vorhanden. Ich ziehe deshalb<br />
einen bedeckten Himmel vor. Überprüfen<br />
Sie das Histogramm, um sicherzustellen,<br />
dass es nicht zu stark nach links tendiert,<br />
was dazu führen würde, dass das Wasser<br />
grau und stumpf aussieht. Denken Sie<br />
daran, dass dunkle Felsen im Bildausschnitt<br />
das Histogramm nach links verfälschen.<br />
Achten Sie also auf eine einigermaßen<br />
RECHTS: Solche Nahaufnahmen werden oft vergessen.<br />
UNTEN: Der Idwal Tryfan, aufgenommen mit einer<br />
Canon EOS 5D MkII und 16-35 mm Objektiv, belichtet<br />
mit 1,6 Sekunden bei Blende f/22 und ISO 100 mit<br />
Kood ND16 Graufi lter und Lee 0,9 ND Verlaufsfi lter.<br />
© ANDY WILSON<br />
20 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Wasserfälle<br />
„Wenn Sie die Gesamtansicht eines Wasserfalls im Kasten haben, wobei möglichst auch die Umgebung<br />
zu sehen ist, nehmen Sie das Teleobjektiv und suchen nach fotogenen Details für Nahaufnahmen.”<br />
gleichmäßige Tonwertverteilung.<br />
An einem Tag mit bedecktem Himmel<br />
wird die Verteilung ohnehin gleichmäßig<br />
sein und das Mess-System der Kamera<br />
wird Ihnen eine angemessene Belichtung<br />
vorschlagen. Je näher Sie an den Wasserfall<br />
herangehen, desto vorsichtiger sollten Sie<br />
sein, den schnell fl ießendes Wasser ist hell<br />
und das müssen Sie eventuell ausgleichen.<br />
Doch selbst wenn Sie das kompensieren,<br />
kann es sein, dass die weißesten Teile des<br />
Wassers immer noch die Warnlichter der<br />
Histogrammanzeige auslösen. Falls jedoch<br />
nicht sehr viel solches Weiß vorhanden ist,<br />
sollten Sie sich keine allzu großen Sorgen<br />
machen. Weiße Teile des Wassers sind sehr<br />
detailarm oder völlig ohne Details, insofern<br />
wird die Bildqualität nicht sonderlich<br />
beeinträchtigt.<br />
Fotografi eren bei bedecktem Himmel oder<br />
in schattigen Bereichen kann wird oftmals<br />
den hohen Blaulichtanteil in diffusem<br />
Tageslicht im Bild sichtbar machen. Das<br />
Das gibt dem hat Bild mich des schon Wasserfalls oft davor einen bewahrt, kalten<br />
einen Unterton, ganzen dem Tag man lang durch däumchendrehend<br />
Korrigieren des<br />
auf Weißabgleichs besseres entgegenwirken Licht zu warten. kann. Denn Bei<br />
Lichtverhältnisse, Verwendung des die Raw-Formats normalerweise ist das für<br />
den nur eine Landschaftsfotografen Frage der Reglerstellung indiskutabel bei der<br />
sind, Nachbearbeitung können sich mit Ihrem als ideal Raw-Prozessor. erweisen,<br />
sobald Eine Korrektur man einen von ein Wasserfall paar Hundert fotografi Kelvin eren<br />
will; sollte doch hier dazu ausreichen. kommen Wenn wir später. Sie allerdings<br />
im JPEG-Format schießen, wählen Sie die<br />
Einstellung für bedeckten Himmel, dann<br />
sollten Ihre Bilder automatisch natürlicher<br />
aussehen.<br />
Sie können natürlich den Blaustich<br />
auch verstärken, indem Sie ihn bei<br />
Detailaufnahmen verwenden, was in diesem<br />
Fall für noch abstraktere Fotos sorgt. Das<br />
kann in der Nachbearbeitung geschehen,<br />
oder Sie verwenden die „Tungsten“-<br />
Einstellung im Menü „Weißabgleich“.<br />
Probieren Sie es aus. Vergleichen Sie eine<br />
Aufnahme mit normalem Tageslicht mit<br />
einem Bild, in das der verstärkte Blau-Effekt<br />
eingearbeitet ist, und schauen Sie, ob Sie<br />
ihn mögen.<br />
Eine gute Bildkomposition ist bei<br />
einem Wasserfall nicht schwer. Doch<br />
ein paar Kniffe dabei machen aus einem<br />
guten Bild ein hervorragendes Bild. Die<br />
meisten Wasserfälle bilden eine „L“-<br />
Form im Bildausschnitt, und das können<br />
Sie ausnutzen, wenn Sie festlegen,<br />
in welchem Bildteil Sie die größten<br />
Kaskaden des Wasserfalls positionieren<br />
wollen. Vorausgesetzt, die Oberkante<br />
des Wasserfalls befi ndet sich oben im<br />
Bildausschnitt, versuchen Sie die aus<br />
dem Bild fl ießende Unterkante optisch<br />
an etwas zu verankern, das sich im<br />
Vordergrund des Bildes befi ndet. Ein großer,<br />
im Wasserbecken liegender Felsen eignet<br />
sich gut zu diesem Zweck. Gehen Sie mit<br />
einem Weitwinkelobjektiv nah heran und<br />
schießen Sie im Hochformat. Steuern Sie<br />
den Kontrast mit Hilfe von Filtern. Auch ein<br />
Aufhellblitz kann in schattigen Arealen gute<br />
Dienste leisten.<br />
Der ideale Standort für die perfekte<br />
Bildkomposition befi ndet sich oft mitten<br />
im Fluss. Doch seien Sie vorsichtig.<br />
Schnell fl ießendes Wasser ist äußerst<br />
gefährlich, und glitschige Felsen und teure<br />
Fotoausrüstung sind natürliche Feinde.<br />
Wenn Sie sich sicher genug fühlen und Ihre<br />
Position im Fluss einnehmen wollen, lassen<br />
Sie die Fototasche am Ufer und tragen nur<br />
das Stativ mit der Kamera zur gewählten<br />
Stelle im Fluss.<br />
Wenn Sie die Gesamtansicht des<br />
Wasserfalls im Kasten haben - wobei<br />
möglichst auch die Umgebung zu sehen ist<br />
- nehmen Sie das Teleobjektiv und suchen<br />
nach fotogenen Details für Nahaufnahmen.<br />
Motive dafür können herabtropfendes<br />
Wasser sein oder um große Felsen herum<br />
entstehendes Spritzwasser. Große Felsen<br />
sind immer gute Motive, besonders wenn<br />
Sie mit Moos oder Herbstlaub bedeckt<br />
sind. Sie kontrastieren sehr gut dem sie<br />
umfl ießenden, seidigen, weichen Wasser.<br />
Wasserfälle können süchtig machen,<br />
fotografi sch gesprochen, und sie haben<br />
ohne jeden Zweifel ein vielfältiges Potenzial<br />
an Fotomotiven.<br />
© MARK SUNDERLAND<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 21
Herbstlandschaften<br />
22 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Herbstlandschaften<br />
Herbstfarben<br />
Viele <strong>Landschaften</strong> sind im Herbst<br />
am schönsten, wenn die Hügel<br />
unter dem feuerroten Laub zu<br />
glühen scheinen, goldenes Licht<br />
die Wälder erhellt und Nebel in den<br />
Tälern liegt. So wird denn in dieser<br />
Jahreszeit wohl auch am meisten<br />
fotografiert – doch das heißt nicht,<br />
dass Sie es nicht auch versuchen<br />
sollten, besonders, wenn Sie ein<br />
bisschen anders an die Sache<br />
herangehen.<br />
Blättern Sie um und lassen Sie sich inspirieren.<br />
von Doug Chinnery<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 23
Herbstlandschaften<br />
24 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Herbstlandschaften<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 25
Herbstlandschaften<br />
26 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Herbstlandschaften<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 27
Herbstlandschaften<br />
Herbstfarben<br />
Der künstlerische Ansatz, die Farben des Herbstes einzufangen, ist Doug Chinnerys<br />
Markenzeichen, das seine Bilder von denen seiner Kollegen unterscheidet.<br />
Text: Charlotte Griffiths / Fotos: Doug Chinnery<br />
Ort: North Nottinghamshire, aufgenommen mit Canon EOS 5D MkII, EOS 1Ds MKII, Holga, Hasselblad<br />
Doug Chinnery ist ein erfolgreicher Landschaftsfotograf.<br />
Er gibt Kurse in Fotografi<br />
e, schreibt Fachartikel und entwickelt<br />
ständig neue, kreative Wege, die Welt<br />
mit der Kamera einzufangen. Doch es ist<br />
die Herbstsaison, in der seine Bilder mit<br />
neuer Intensität zu leuchten beginnen.<br />
Geschickter Einsatz des Pol-Filters, intelligente<br />
Bildkompositionen, regelmäßiges<br />
Notieren potenzieller Locations, Kulissen<br />
und Motive – ganz gleich, was er unternimmt,<br />
um zu diesen wunderschönen<br />
Aufnahmen zu kommen: Wir können eine<br />
Menge von ihm lernen.<br />
Doug war acht Jahre alt, als er seine<br />
erste Kamera bekam. Es war wie für so<br />
viele Kollegen auch die unvermeidliche<br />
Kodak Brownie. Mit 11 Jahren folgte eine<br />
russische zweiäugige Kamera der Marke<br />
Lubitel, die ihrerseits von einer Olympus<br />
OM10 abgelöst wurde. „Als Kind<br />
hatte ich einfach Spaß an der Prozedur,<br />
weniger an den Ergebnissen“, sagt Doug<br />
heute. Bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr<br />
fand er nur wenig Zeit für die Fotografi<br />
e. „Es waren unterschiedlichen Doit-Yourself<br />
Projekte, die meine Freizeit in<br />
Anspruch nahmen – meine Frau bestand<br />
darauf“, meint er scherzhaft. „Irgendwann<br />
bedankte sie sich mit einer Canon<br />
EOS 350D als Geburtstagsgeschenk, und<br />
da fi ng ich dann ernsthaft mit dem Fotografi<br />
eren an“, berichtet Doug.<br />
Herbstnebel<br />
Der Herbstanfang gibt dem Landschaftsfotografen<br />
jedes Mal neuen Elan,<br />
nicht nur wegen der explodierenden Farbenpracht.<br />
Das kühlere Wetter bringt<br />
auch dunstige Tagesanbrüche und weniger<br />
unbequeme Zeiten für den Sonnenaufgang.<br />
„Das Licht im Herbst, besonders<br />
frühmorgens und spät nachmittags,<br />
ist perfekt für stimmungsvolle Fotos”, sagt<br />
er. „Ich halte dann Ausschau nach farbigen<br />
Flächen, nach Refl exionen im Wasser,<br />
nach Dunstschleiern und all den Zutaten<br />
für großartige Fotos.<br />
Wenn Sie einen fantastischen Sonnenaufgang<br />
im Herbst fotografi eren wollen,<br />
hat Doug ein paar Ratschläge für Sie: „Das<br />
ist nichts für Morgenmuffel. Seien Sie eine<br />
Das Licht im Herbst,<br />
besonders frühmorgens und<br />
spät nachmittags, ist perfekt<br />
für stimmungsvolle Fotos.<br />
Ich halte dann Ausschau<br />
nach farbigen Flächen, nach<br />
Reflexionen im Wasser, nach<br />
Dunstschleiern und all den<br />
Zutaten für großartige Fotos.<br />
Stunde vor Sonnenaufgang vor Ort und in<br />
Position, fi nden Sie Ihre perfekte Bildkomposition,<br />
und bleiben Sie dort. Warten<br />
Sie nun einfach auf das Licht“, meint er.<br />
„Wenn es dunstig ist, verstärken Sie den<br />
Effekt, indem Sie eine längere Brennweite<br />
benutzen. Weitwinkel lassen den Dunst<br />
weniger dicht erscheinen, bei langen<br />
Brennweiten ist es umgekehrt. Ich würde<br />
an Ihrer Stelle auch einen Pol-Filter verwenden<br />
und nach Positionen suchen, in<br />
denen die Sonne im Winkel von 90 Grad<br />
steht, um den maximalen Effekt zu erzielen.<br />
Das verstärkt den Kontrast im Bild,<br />
macht den blauen Himmel blauer und<br />
hebt die Herbstfarben erst richtig hervor.“<br />
Doug hat einen ganzen Katalog von<br />
Locations, von denen er weiß, dass sie<br />
im Herbst in das sprichwörtlich goldene<br />
Licht getaucht werden. Ideen dazu kommen<br />
ihm das ganze Jahr über: „Ich suche<br />
mir entweder ein kleines Wäldchen, in<br />
dem eine einzige Baumart vorherrscht,<br />
so dass eine bestimmte Farbe überwiegt,<br />
oder ich suche bewusst nach Mischwald.<br />
Dort sind dann die Farbvielfalt und<br />
das Spiel von Licht und Schatten größer.<br />
Jedes Waldgebiet, das ich mir im Lauf<br />
eines Jahres anschaue, suche ich nach<br />
Bereichen ab, in denen der Boden frei ist<br />
von Unterholz und Gestrüpp. Das sind<br />
hervorragende Motive. Ich halte außerdem<br />
Ausschau nach einzeln stehenden<br />
Bäumen, so kann ich die Bildkomposition<br />
variieren, um das Beste aus den Farben<br />
und der Position zu machen. Das kann<br />
beispielsweise ein einsamer Baum am<br />
Horizont sein, oder ein einzelner Baum an<br />
einem Tümpel. Bäume in der Nähe von<br />
Wasser sind im Herbst bei richtiger Wetterlage<br />
in der Dämmerung oftmals von<br />
Dunst umgeben. Ich bilde mir etwas darauf<br />
ein, dass ich alle diese Locations hier<br />
in der Nähe kenne.“<br />
Wenn er Makroaufnahmen machen<br />
will, sammelt Doug herab gefallenes<br />
Laub, Stücke von Baumrinden, kleine<br />
Zweige etc. und nimmt sie mit nach<br />
Hause. „Dann richte ich mir im Esszimmer,<br />
wo ich natürliches Licht habe, ein<br />
Studio her und fotografi ere dort. Blitz oder<br />
Studiobeleuchtung kann ich nicht ausstehen.<br />
Ich kann mit jeder Form natürlichen<br />
Lichts arbeiten, das ist alles, was ich<br />
brauche.“<br />
Das Handwerkszeug<br />
Für solch kreative Bilder wählt Doug<br />
selbstverständlich geeignete Objektive:<br />
„Bis vor Kurzem hätte ich das Canon<br />
70-200 mm f/2.8 IS L-Zoom-Objektiv<br />
benutzt, weil es so vielseitig verwendbar<br />
ist. Doch jetzt habe ich ein Canon 45 mm<br />
TSE Tilt & Shift-Objektiv,“ erklärt er. „Es<br />
ist extrem scharf, die Brennweite ist ideal<br />
und es hat den Vorteil der Tilt und Shift-<br />
Bewegung, die ich einsetzen kann, um<br />
einen Verwischungseffekt in meine Bilder<br />
zu bringen.“ Dieser Effekt, anderweitig<br />
herbeigeführt durch absichtliche Kamerabewegung,<br />
wird benutzt, um abstrakte,<br />
impressionistische Bilder zu erzeugen.<br />
„Entscheidend bei dieser Aufnahmetechnik<br />
ist die Verwendung von Graufi ltern<br />
und kleinen ISO- und Blendenwerten, um<br />
Verschlusszeiten zwischen einer und fünf<br />
Sekunden zu erzwingen“, erklärt Doug.<br />
„Bewegen Sie die Kamera mit unterschiedlichen<br />
Geschwindigkeiten senkrecht oder<br />
seitwärts, während der Verschluss offen<br />
ist, und machen Sie etwa 1000 Aufnahmen<br />
an einem Tag. Richten Sie sich darauf<br />
ein, dass dabei vielleicht vier oder fünf<br />
gute Fotos herauskommen. Ich mag diese<br />
Technik sehr.“<br />
Wie die meisten engagierten Landschaftsfotografen<br />
benutzt Doug ein ganze<br />
Reihe von Filtern: harte und weiche<br />
28 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Herbstlandschaften<br />
Die Geschichten hinter den Bildern<br />
Grauverlaufsfi lter verschiedener Stärken<br />
und natürlich den Pol-Filter, den er<br />
für den Nützlichsten hält. „Ich verwende<br />
auch normale Graufi lter mit zwei oder drei<br />
Blendenstufen und einen Big Stopper,<br />
wenn ich richtig lange Verschlusszeiten<br />
brauche.“<br />
Zu seinen weiteren Utensilien gehört<br />
ein kurzer Gummiriemen, mit dem er den<br />
Kamerarucksack an dem Haken unterhalb<br />
der Mittelsäule seines Stativs befestigt,<br />
damit es bei windigem Wetter einen stabileren<br />
Stand bekommt. Dann hat er noch<br />
diverse Duschhauben dabei, wie man Sie<br />
in den Bädern von Hotelzimmern fi ndet.<br />
„Die sind hervorragend als Regenschutz<br />
für die Kamera geeignet “, sagt er.<br />
Doug achtet darauf, sich nicht auf einen<br />
bestimmten Stil festzulegen. „Ich denke,<br />
Sie werden viel Symmetrie in meinen Bildern<br />
sehen, und viele sind quadratisch<br />
zugeschnitten. Als überzeugter Minimalist<br />
lasse ich alles aus dem Bildausschnitt heraus,<br />
das für das Motiv nicht absolut notwendig<br />
ist.“<br />
Sein Minimalismus erstreckt<br />
sich auch auf die Verwendung von<br />
Bildbearbeitungssoftware. Doug gehört eindeutig<br />
ins Lager derer, die möglichst schon<br />
in der Kamera alles richtig haben wollen.<br />
Wenn nötig bearbeitet er seine Bilder in<br />
Adobe Lightroom und nimmt die endgültigen<br />
Einstellungen in Photoshop vor. „Mit<br />
Lightroom schraube ich ein bisschen am<br />
Weißabgleich herum und in Photoshop<br />
wird erstmal Staub gewischt. Dann justiere<br />
ich die Ebenen und die Kurven ein<br />
bisschen. Die Farbsättigung lasse ich in<br />
Ruhe, die Verstellung der Kurven genügt<br />
mir. Für Schwarz-Weiß-Konvertierungen<br />
verwende ich das Programm ‚Silver Efex<br />
Pro 2’ von NIK.“ Bei den meisten seiner<br />
Bilder braucht Doug nur ein paar Minuten<br />
für die Nachbearbeitung. „Wenn es mal<br />
länger dauert, ist es eine künstlerische<br />
oder kreative Aufnahme,“ erklärt er. „Da<br />
brauche ich dann manchmal einer Stunde<br />
oder länger, in der Regel für Texturen.“<br />
Im vergangenen Jahr hat Doug einen<br />
Preis beim Wettbewerb um den Titel des<br />
Landschaftsfotografen des Jahres gewonnen.<br />
Dieses Jahr nimmt er wieder teil.<br />
Feuerfinger<br />
Herbstlaub eines Ahornbaums in<br />
Schottland. Ich hatte den ISO-Wert<br />
haraufgesetzt, weil ich aus der Hand<br />
fotografi erte und sehr nah am Motiv war.<br />
Canon EOS 5D MkI, Sigma 105 mm f/2.8,<br />
1/320 Sekunde bei Blende f/2.8 und ISO 250<br />
Verbrannte Erde<br />
Hier verwendete ich unser<br />
Esszimmerfenster als Lightbox.<br />
Das Blatt war innen auf dem<br />
Glas fi xiert. Das Foto brauchte<br />
eine lange Belichtung, doch alle<br />
Details sind schön zu erkennen.<br />
Canon EOS 5D MkI, Sigma 105<br />
mm f/2.8 Makroobjektiv, 30<br />
Sekunden bei Blende f/26, und<br />
ISO 50<br />
Tutti Frutti<br />
Das Bild entstand in einem Park. Es war<br />
windig, scharfe Fotos des Herbstlaubs kamen<br />
nicht infrage, also benutzte ich eine lange<br />
Verschlusszeit, um die Blätter zu verwischen.<br />
Canon EOS 1Ds MKII, 70-200 mm f/2.8, 1/20<br />
Sekunde bei Blende f/4 und ISO 50<br />
Goldener Ahorn<br />
Bei Westonbirt Arboretum<br />
stehen ein paar der schönsten<br />
Ahornbäume des Landes. Das<br />
Foto entstand mit weit offener<br />
Blende und kurzer Verschlusszeit<br />
zwecks geringer Tiefenschärfe.<br />
Canon EOS 1Ds MkII, 70-200 mm<br />
f/2.8, 1/400 Sekunde bei Blende<br />
f/2.8 und ISO 100<br />
Abendlicher Glanz<br />
Ich hatte dieses Buchenwäldchen auf einem Spaziergang mit<br />
meinem Hund Stan bemerkt. Ich kehrte zurück an einem der<br />
Abende, als das Licht seinen für die Jahreszeit charakteristischen<br />
goldenen Glanz angenommen hatte.<br />
Canon EOS 1Ds MkII, 50 mm f/1.8, 1/20 Sek. bei Blende f/16, ISO 50<br />
Waldfeuer<br />
Ahorn bei Westonbirt<br />
Arboretum. Die gedrängte<br />
Perspektive des Teleobjektivs<br />
hielt den Hintergrund unscharf<br />
und erlaubte eine kurze<br />
Verschlusszeit.<br />
Canon EOS 1Ds MkII, 70-200<br />
mm f/2.8, 1/1250 Sekunde bei<br />
Blende f/2.8 und ISO 100<br />
Heimweg<br />
Es war in einem in der Nähe<br />
befi ndlichen Waldgebiet. Obwohl<br />
es ein heller Tag war, benutzte<br />
ich ein Stativ, weil ich ein<br />
Teleobjektiv brauchte, um die<br />
Perspektive zu komprimieren.<br />
Canon EOS 1Ds MKII, 70-200 mm<br />
f/2.8, 1 Sekunde bei Blende f/22<br />
und ISO 50<br />
Grasteppich<br />
Ich halte viel davon, die Natur zu Fuß<br />
zu erkunden. In diesem Tannenwald in<br />
Schottland war es ziemlich dunkel, doch<br />
da war dieses unglaublich intensiv gelbe<br />
Gras. Das Foto brauchte eine sehr lange<br />
Belichtung, doch das Ergebnis kann sich<br />
sehen lassen.<br />
Canon EOS 1DS MkII, 24-70 mm f/2.8, 15<br />
Sekunden bei Blende f/22 und ISO 50<br />
Herbstregen<br />
Die Kamera wurde hier<br />
absichtlich bewegt. Ich<br />
verwendete eine kleine<br />
Blende, um zu einer<br />
langen Verschlusszeit zu<br />
gelangen.<br />
Canon EOS 5D MkII,<br />
45 mm TSE f/2.8, 0,4<br />
Sekunden bei f/22 und<br />
ISO 100<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 29
Herbstfarben einfangen<br />
SAISON<br />
WECHSEL<br />
<strong>Fotografie</strong>ren im Herbst ist in vieler Hinsicht einfach: Helle Farben<br />
überall, wunderbares Licht morgens und abends, fotogenes Wetter.<br />
Sie brauchen eigentlich nur in den nächsten Park zu gehen. Holen<br />
Sie sich hier ein paar Anregungen für inspirierende Herbstausflüge<br />
in die Natur.<br />
Text: Will Cheung / Fotos: diverse Fotografen<br />
Für Fotografen ist der Herbst die einfachste<br />
und auch die aufregendste Jahreszeit.<br />
Doch Sie müssen hinausgehen, sobald<br />
die Bedingungen richtig sind. Warten<br />
Sie nicht so lange, bis das Wetter sich<br />
vollständig geändert hat und das Laub<br />
schon am Boden liegt. Das Schöne am<br />
Herbstwetter sind die vielen malerischen<br />
Motive, denen Sie sich zuwenden können.<br />
Wenn Sie den weiteren Horizont lieber<br />
mögen, sind Herbstlandschaften das<br />
Richtige für Sie, oftmals verschönert durch<br />
Dunst und Nebel, die Ihren Bildern eine<br />
außergewöhnliche Atmosphäre verleihen.<br />
Wenn die Sonne sich sehen lässt, sorgt der<br />
flache Lichteinfallswinkel für ein Licht von<br />
besonderer Wärme, das Texturen, Details<br />
und Farben betont.<br />
30 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Herbstfarben einfangen<br />
© STEVE GOSLING<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 31
Herbstfarben einfangen<br />
Impressionistisch<br />
sollte es sein, also zog<br />
Steve Gosling eine<br />
Duschhaube über das<br />
Objektiv seiner Canon<br />
G9 und bewegte die<br />
Kamera während der<br />
0,8 Sekunden langen<br />
Belichtung.<br />
© STEVE GOSLING<br />
32 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Herbstfarben einfangen<br />
© WILL CHEUNG<br />
Oben: Die Zoom-Explosionstechnik passt zu herbstlichen Szenen. Diese Aufnahme entstand mit einer auf einem Stativ montierten Canon EOS 20D mit dem Tamron 11-18-mm-<br />
Zoomobjektiv. Das Objektiv wurde wurde während der 3,2 Sekunden langen Belichtung den halben Weg eingezoomt.<br />
Auch bei schlechtem Wetter gibt<br />
es sehr viele Motive, und das Licht ist<br />
oftmals genau richtig für Nahaufnahmen.<br />
Denken Sie beispielsweise an Pilze und<br />
andere saisonale Pfl anzen. Wenn Sie<br />
Ihre Aufnahmen genauer steuern wollen,<br />
nehmen Sie Symbole der herbstlichen Natur<br />
mit nach Hause und fotografi eren Sie sie<br />
dort. Doch ganz gleich, wie Sie es anstellen:<br />
Das Potenzial an Motiven ist enorm. Wie<br />
so oft ist auch hier unkonventionelles<br />
Denken der Schlüssel zum Erfolg. Die hier<br />
beschriebenen Ideen sind eine Mischung<br />
aus Altem und Neuem. Alle haben mit<br />
Bildkomposition zu tun. Das heißt, der<br />
Schwerpunkt liegt darauf, wie das Motiv in<br />
der Kamera eingefangen wird, weniger auf<br />
der Nachbearbeitung am Computer.<br />
Der Herbst ist die Zeit für Experimente<br />
mit Verschlusszeiten, insbesondere mit<br />
Langzeitbelichtungen. Wenn Sie über<br />
einen „Big Stopper“, einen extrem starken<br />
Graufi lter verfügen, können Sie Aufnahmen<br />
mit mehreren Minuten Belichtung schießen.<br />
Sie müssen nur dafür sorgen, dass der<br />
Kameraakku voll ist, und Sie brauchen ein<br />
Stativ. Zweige, Blätter und alles, das sich<br />
bewegt, verschwimmen, während ruhende<br />
Elemente Ihrem Bild Stabilität und Ausdruck<br />
verleihen. Dieser Effekt kann wundervoll<br />
aussehen, besonders an windigen Tagen,<br />
„Zoom-Explosionen” waren der letzte Schrei in den 80er Jahren, als<br />
die Zoom-Objektive den Markt eroberten. Leider wurde der Effekt<br />
damals genauso überstrapaziert wie schon seinerzeit die Zeitlupe im<br />
Kinofilm.<br />
wobei fl ach einfallendes Licht oft besser ist,<br />
weil es dann einfacher ist, den Kontrast zu<br />
steuern.<br />
„Zoom-Explosionen” waren der letzte<br />
Schrei in den 80er Jahren, als die<br />
Zoom-Objektive den Markt eroberten.<br />
Leider wurde der Effekt damals genauso<br />
überstrapaziert wie seinerzeit die Zeitlupe<br />
im Kinofi lm. Irgendwann wurde es<br />
unerträglich. Im Übrigen ist der Effekt sehr<br />
einfach und realistisch mit Photoshop zu<br />
simulieren. Doch angesichts der heutigen<br />
Digitaltechnik ist es vielleicht doch an der<br />
Zeit, erneut damit zu experimentieren. Es<br />
gibt mehrere Möglichkeiten, den Effekt<br />
mit der Kamera herbeizuführen. Hier ein<br />
Vorschlag: Montieren Sie die Kamera auf<br />
ein Stativ, und stellen Sie die kleinste<br />
Blendenöffnung und den kleinsten ISO-<br />
Wert ein. Mit ein bisschen Glück führt<br />
allein das schon zu einer Belichtung von<br />
mehreren Sekunden. Falls nicht, verwenden<br />
Sie einen Pol-Filter oder einen Graufi lter,<br />
um eine Belichtungszeit von etwa vier<br />
Sekunden zu bekommen. Jetzt lösen Sie<br />
aus, vorzugsweise mit einem Fernauslöser,<br />
zählen bis zwei und drehen den Zoomring,<br />
langsam und gleichmäßig. Versuchen Sie<br />
beides, einzoomen und auszoomen. Erreicht<br />
werden soll eine Balance aus Schärfe und<br />
Verwischung. Die Schärfe resultiert aus der<br />
ersten Hälfte der Belichtungszeit. Variieren<br />
Sie, indem Sie den Zoom früher oder später<br />
einsetzen.<br />
Zoom-Explosionen funktionieren am<br />
besten mit farbigen Objekten, Herbstlaub<br />
beispielsweise.<br />
Absichtliches Bewegen der Kamera<br />
ist eine andere Aufnahmetechnik, die<br />
mit langen Belichtungszeiten arbeitet.<br />
Sie kann kombiniert werden mit einer<br />
Zoom-Explosion.<br />
Bei dieser Aufnahmetechnik gibt es zwei<br />
Möglichkeiten: Entweder Sie fotografi eren<br />
aus der Hand und nehmen dabei<br />
unbeabsichtigte Extra-Drehungen in Kauf,<br />
oder Sie benutzen ein Stativ, idealerweise<br />
mit kardanisch aufgehängtem Kopf und<br />
versuchen während der Aufnahme einen<br />
gleichmäßigen vertikalen oder seitlichen<br />
Schwenk.<br />
Variieren Sie die Verschlusszeit, um<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 33
Herbstfarben einfangen<br />
© MARK SUNDERLAND<br />
Lochkamera-Tricks<br />
Es mag anachronistisch sein, eine moderne,<br />
teure Digitalkamera in eine Lochkamera zu<br />
verwandeln, aber die Bilder können sich<br />
wirklich sehen lassen. Bohren Sie ein kleines<br />
Loch in eine Gehäuseschutzkappe. Montieren<br />
Sie die Kappe anstelle des Objektivs am<br />
Kameragehäuse. Das wär’s. Benutzen Sie<br />
ein Stativ und belichten zwei, vier, acht und<br />
sechzehn Sekunden. Sie werden den Bogen<br />
für unterschiedliche Lichtverhältnisse bald<br />
raus haben. Da das Loch eine winzige Blende<br />
darstellt, werden Sie feststellen, dass auch<br />
das winzigste auf dem Sensor befi ndliche<br />
Staubkorn auf dem Foto zu sehen ist. Das gibt<br />
Ihnen die schöne Gelegenheit, Ihre Fertigkeiten<br />
der Nachbearbeitung am Computer zu<br />
perfektionieren.<br />
Fertige Lochkameras für Kleinbild- und<br />
Mittelformatfi lm können Sie hier bestellen:<br />
www.optical-systems.com<br />
© WILL CHEUNG<br />
Oben: Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D mit<br />
24-105-mm-Zoom. Die Kamera wurde währende der<br />
Belichtung von 1/4 Sekund schnell von oben nach unten<br />
bewegt .<br />
unterschiedliche Effekte auszuprobieren.<br />
Generell werden Sie bessere Ergebnisse<br />
erhalten, wenn sich die Kamera beim<br />
Auslösen bereits bewegt, denn dann ist<br />
das Bild von Kante zu Kante gleichmäßig<br />
verwischt. Beginnen Sie mit 1/8 Sekunde,<br />
und verlängern Sie Schritt für Schritt die<br />
Verschlusszeit. Motive mit schwachem<br />
Kontrast eignen sich besser als solche<br />
mit starkem Kontrast. Digitalkameras, die<br />
Mehrfachbelichtungen ermöglichen, sind<br />
relativ rar, sodass diese Technik nicht mit<br />
allen Modellen funktioniert.<br />
Selbstverständlich können Sie ganz<br />
ähnliche Effekte auch durch Manipulation<br />
von Ebenen in Photoshop erreichen.<br />
Analoge Spiegelrefl exkameras mit manueller<br />
Filmrückspulung eignen ebenso gut für<br />
Mehrfachbelichtungen, auch wenn keine<br />
spezielle Funktion dafür vorhanden ist. Bei<br />
Modellen mit automatischer Rückspulung<br />
können Sie den gesamten Film erneut laden<br />
und die zweite Belichtungsreihe über die<br />
Erste legen.<br />
Bei einer modernen Kamera können<br />
Sie festlegen, wie viele Belichtungen<br />
Digitalkamers, die<br />
Mehrfachbelichtungen<br />
ermöglichen, sind relativ rar,<br />
sodass diese Technik nicht mit<br />
allen Modellen funktioniert.<br />
34 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Herbstfarben einfangen<br />
Eisige Kleinode<br />
Herbstmotive können Sie auch zuhause im<br />
improvisierten Studio fotografi eren, wo Sie die<br />
vollständige Kontrolle über das Licht haben –<br />
und mehr Zeit.<br />
Legen Sie beispielsweise ein paar Blätter<br />
Herbstlaub auf einen Glasteller und stellen ihn<br />
über Nacht ins Eisfach. Am nächsten Morgen<br />
fotografi eren Sie die auftauenden Blätter.<br />
Es ist eine sehr einfache Technik, aber die<br />
Beleuchtung muss stimmen. Das Einfachste<br />
ist, den Glasteller etwas erhöht zu platzieren<br />
– stellen Sie ihn beispielsweise auf drei<br />
Radiergummis – und ein weißes Blatt Papier<br />
darunter zu schieben. Beleuchten Sie das<br />
Ganze mit einer beliebigen Lampe. Wenn Sie<br />
nun noch die Kamera auf ein Stativ montieren<br />
und von oben fotografi eren, können Sie auch<br />
mit langen Verschlusszeiten arbeiten. Denken<br />
Sie an den Weißabgleich, damit die Farben<br />
neutral bleiben.<br />
© WILL CHEUNG<br />
Rechts: <strong>Fotografie</strong>rt mit Canon EOS 1n mit 20-35-mm-<br />
Objektiv, 1/4 Sekunde bei Blende f/22. Der Eiseffekt<br />
wurde durch Vaseline auf dem 81A-Filter erzielt.<br />
übereinander erfolgen sollen und ob deren<br />
Intensität automatisch geregelt werden soll,<br />
oder nicht. Benutzen Sie die Automatik,<br />
denn die sorgt für eine gleichmäßige Dichte<br />
des aus mehreren übereinander gelegten<br />
Fotos bestehenden Bildes. Wenn sie aber<br />
beispielsweise ein zweites Motiv über einen<br />
schwarzen Bereich des ersten legen wollen,<br />
schalten Sie die Automatik besser aus.<br />
Probieren Sie verschiedene Techniken<br />
der Mehrfachbelichtung. Sie können<br />
beispielsweise eine Serie aufnehmen,<br />
indem Sie die Kamera für jedes Einzelbild<br />
etwas um die Längsachse des Objektivs<br />
drehen. Eine andere Aufnahmetechnik<br />
besteht darin, dasselbe Motiv von<br />
demselben Kamerastandpunkt aus mit<br />
unterschiedlichen Zoom-Einstellungen zu<br />
fotografi eren, wobei sie bei jeder neuen<br />
Einstellung die Schärfe überprüfen. Der<br />
Effekt ähnelt dem bei der Zoom-Explosion.<br />
Eine weitere Methode ist, zwei Fotos<br />
aufzunehmen, eines mit normaler Schärfe,<br />
das andere absichtlich unscharf. Wenn Sie<br />
es richtig machen, bekommen Sie sehr<br />
schöne Halo-Effekte. Sie können auch<br />
mit unterschiedlichen Fokussierpunkten<br />
experimentieren.<br />
Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten.<br />
Vaseline auf einem Skylight-Filter<br />
beispielsweise gibt einem Motiv einen<br />
träumerischen Charakter. Oder spannen<br />
Sie einen Bogen Pergamentpapier über<br />
das Objektiv und stechen mit dem Finger<br />
ein Loch in die Mitte. So erhalten Sie einen<br />
scharfen Bereich in der Mitte des Bildes,<br />
der von Unschärfe der Ränder umgeben ist.<br />
Oder hauchen Sie das Objektiv an und<br />
fotografi eren Sie, während die Feuchtigkeit<br />
verdunstet. Denken Sie unkonventionell.<br />
© STEVE GOSLING<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 35
Langzeitbelichtung<br />
36 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Langzeitbelichtung<br />
Seeblick<br />
Ein konkretes Fotoprojekt eignet sich sehr gut, die eigene<br />
<strong>Kreativ</strong>ität zu entwickeln. Halten Sie sich an ein<br />
bestimmtes, selbstgewähltes Thema und fotografieren<br />
es bei jeder sich bietenden Gelegenheit: Selbstporträts,<br />
Panoramen, Langzeitbelichtungen. Finden<br />
Sie etwas, zu dem Sie leichten Zugang haben, und<br />
fangen Sie einfach an. Sie werden erstaunt sein, zu<br />
welchen Ergebnissen es führt.<br />
Keith Aggetts vielfältiges Portfolio<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 37
Langzeitbelichtung<br />
38 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Langzeitbelichtung<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 39
Langzeitbelichtung<br />
40 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Langzeitbelichtung<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 41
Langzeitbelichtung<br />
Ort: Teignmouth, aufgenommen mit Nikon D7000, Nikon D300<br />
Strand-<br />
Panoramen<br />
Wenn man direkt am Meer wohnt, kommt keine Langeweile auf. Es gibt<br />
jede Menge Anregungen für persönliche Fotoprojekte.<br />
Text: Charlotte Griffiths / Fotos: Keith Aggett<br />
Ein persönliches Fotoprojekt ist<br />
eine gute Übung, fotografi schkreativ<br />
und handwerklichtechnisch<br />
up-to-date zu<br />
bleiben. Jeden Tag bieten sich<br />
Ihnen unendlich viele Motive. Wenn<br />
Sie versuchen, all die unterschiedlichen<br />
Genres der Fotografi e abzudecken,<br />
werden Sie sehr lange brauchen, bis<br />
Sie Ihr Talent und eine gewisse Routine<br />
entwickelt haben, mit denen Sie Ihre<br />
Szenen aufnehmen. Wesentlich besser<br />
ist es, sich auf ein paar überschaubare<br />
Themen zu konzentrieren. In Keith Aggetts<br />
Fall ist das Meer vor seiner Haustür eines<br />
seiner Motivthemen, wobei er sich auf<br />
Langzeitbelichtungen in Schwarzweiß<br />
spezialisiert hat. Wenn auch Sie eine<br />
solche Nische für sich gefunden haben,<br />
bedeutet das, dass Sie immer ein Thema<br />
haben, an dem Sie arbeiten können. Und<br />
Sie werden lernen, worauf es ankommt,<br />
wenn Sie wirklich brillante Bilder zu ihrem<br />
Thema produzieren wollen. Wie überall<br />
macht auch hier die Übung den Meister.<br />
Keith Aggett begann vor etwa<br />
fünf Jahren ernsthaft zu fotografi eren, als<br />
er seine Kamera mitnahm, wenn er eine<br />
andere Freizeitbeschäftigung betrieb:<br />
Angeln. „Ich hatte immer eine Kamera<br />
dabei, um meinen Fang zu dokumentieren“,<br />
sagt er, „aber ich stellte fest, dass ich sie<br />
mehr dazu benutzte, Sonnenauf- und<br />
Untergänge zu fotografi eren. Irgendwann<br />
wurde das Fotografi eren dann für mich<br />
interessanter als das Angeln“, erklärt er.<br />
„Als Karpfenangler saß ich manchmal<br />
stundenlang hinter meinen beiden<br />
Angelruten, und eines Morgens wachte<br />
ich auf und sah oben auf jeder Rute<br />
einen Eisvogel sitzen. Das war ein so<br />
ungewöhnliches Bild, dass ich zur Kamera<br />
griff und den Moment festhielt. Während des<br />
ganzen Tages schaute ich mir dann immer<br />
wieder dieses Foto an, es war interessanter<br />
als die Fotos von meinem Fang. Dieses<br />
Erlebnis brachte mich zur Fotografi e.<br />
Heute mit 42, verheiratet, vier<br />
Kinder und Zwillinge unterwegs, lebt Keith<br />
in Newton Abbot in Devon. Er beschreibt<br />
seinen Wohnort als „fünf Minuten von<br />
„Schwarz und Weiß<br />
sind ohne Zweifel die<br />
Farben der Wahl für<br />
Langzeitbelichtungen.<br />
Alles sieht stilvoll und<br />
unkompliziert aus. Andere<br />
Farben würden nur<br />
ablenken, geradezu eine<br />
Barriere aufbauen, die<br />
verdecken würde, was Sie<br />
wirklich sehen könnten.“<br />
der Küste“ – ein Faktor, der zweifellos zu<br />
seiner <strong>Spezial</strong>isierung beitrug. Vor Kurzem<br />
hat er sich eine Nikon D7000 angeschafft,<br />
nachdem er festgestellt hatte, dass der<br />
Schritt von seiner bisherigen D300 zur<br />
D7000 ihm die Aufl ösung bieten würde,<br />
die er sich für seine Art Fotos wünschte.<br />
Ein Freund machte den passionierten<br />
Autodidakten eines Tages auf die<br />
samtweichen Schwarzweiß-Aufnahmen<br />
aufmerksam, die er in einem Fotomagazin<br />
gefunden hatte. „Das weiße Wasser,<br />
lange Refl exionen und die verwischten<br />
Wolken beeindruckten mich stark, und<br />
ich hatte mein spezielles Motiv gefunden.<br />
Nach nunmehr fast drei Jahren habe ich<br />
immer noch Freude daran”, sagt Keith.<br />
Seine Zeit ist oft begrenzt, wenn<br />
er zum Fotografi eren loszieht, und so plant<br />
er seine Routen mit Google Maps, um<br />
neue abgelegene Stellen an der Küste zu<br />
fi nden: „Dann geht es frühmorgens raus,<br />
und ich konzentriere mich darauf, ein gutes<br />
Bild nach Hause zu bringen. Wenn ich<br />
genug Zeit habe, fahre ich einfach los und<br />
versuche etwas zu fi nden, das sich lohnt,<br />
in ein Motiv verwandelt zu werden.”<br />
Ganz gleich ob in bekanntem Revier oder<br />
in unbekannten Gefi lden: Keith versucht<br />
immer, so viel offenes Meer wie möglich<br />
in seinen Bildern zu zeigen. Den Blick<br />
des Betrachters ablenkende Landmassen<br />
versucht er aus dem Bildausschnitt<br />
heraus zu halten. Der surreale Effekt von<br />
Fotos mit Langzeitbelichtungen ist es, der<br />
diesen Fotostil für ihn interessant macht.<br />
„In einer guten Langzeitaufnahme führen<br />
starke Linien das Auge durchs Bild”, sagt<br />
Keith. „Weiches Licht, die grau-weiße See,<br />
unterschiedliche Töne in einem bleiernen<br />
Himmel – wenn ich diese Elemente<br />
richtig zusammen bekomme, dann habe<br />
ich die Grundlage für ein gutes Bild.“<br />
In seiner Fototasche hat Keith einen<br />
Kabel-Fernauslöser, denn er verwendet die<br />
Einstellung „B“ für die Belichtung seiner<br />
Fotos; außerdem zwei Sigma-Objektive,<br />
ein 10-20 und ein 17-70 Millimeter sowie<br />
eine Auswahl von weichen Verlaufsfi ltern.<br />
„Ich verwende ausschließlich weiche<br />
Verlaufsfi lter, weil ich weiche Übergänge<br />
schöner fi nde. Die befestige ich mit UHU<br />
White Tack – ich bin kein Freund von<br />
Filterhaltern“, verrät er.<br />
Zur weiteren Standardausstattung<br />
gehören für ihn zwei Graufi lter 110<br />
und 106, Reinigungsfl üssigkeit und ein<br />
Reinigungstuch sowie für den Fall der Fälle<br />
eine Ersatzspeicherkarte.<br />
Abgesehen von seiner besonderen<br />
Ausrüstung setzt Keith natürlich seine<br />
detaillierte Ortskenntnis und Erfahrung ein.<br />
„Alle meine Bilder entstehen auf der Basis<br />
meiner Kenntnis der Lichtverhältnisse<br />
an den Örtlichkeiten, die ich in den<br />
vergangenen Jahren bereits gesehen<br />
habe“, sagt er.<br />
„Teignmouth steht ganz oben auf der<br />
Liste meiner bevorzugten Locations. Da<br />
kann ich immer hinkommen und sicher<br />
sein, dass ich mit wenigstens einem Bild<br />
zurückkomme, mit dem ich zufrieden bin.<br />
Ich wohne nur ein paar Minuten entfernt<br />
und deswegen kenne ich die Gegend<br />
wie meine Hosentasche. Die Küste dort<br />
ist übersät mit potenziellen Motiven. Ich<br />
schieße ausschließlich im manuellen<br />
Modus, und meistens ist die Belichtungszeit<br />
schon beim ersten Mal ziemlich nah an<br />
dem Wert, der nötig ist. Falls nicht, regele<br />
ich nach und wiederhole die Aufnahme.“<br />
Keiths bervorzugte Wetterbedingungen<br />
sind bewölkter Himmel und ein starker<br />
42 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Langzeitbelichtung<br />
Die Geschichten hinter den Bildern<br />
Wind, der die Wolken treibt, durch die<br />
ab und an ein Sonnenstrahl fällt. „Ich<br />
lebe hier und habe schon alles Mögliche<br />
an Wetterkonstellationen gesehen”, sagt<br />
er, „ am Besten ist es frühmorgens vor<br />
Sonnenaufgang im Herbst, das ist mir die<br />
liebste Jahreszeit, denn da gibt es großartige<br />
Wolkenformationen und ein weiches Licht.”<br />
Die Ergebnisse von Keiths Fotostreifzügen<br />
kommen immer in Schwarzweiß.<br />
„Schwarzweiß sind ohne Zweifel die<br />
‚Farben’ der Wahl bei Langzeitbelichtungen.<br />
Mir gefällt der künstlerische Eindruck.<br />
Alles sieht stilvoll und unkompliziert aus.<br />
Farben würden nur ablenken, geradezu<br />
eine Barriere aufbauen, die verdecken<br />
würde, was Sie wirklich sehen könnten.“<br />
Bei den seltenen Gelegenheiten, in<br />
denen er Farbabzüge macht, ist immer<br />
noch der schnörkellose, einfache Stil<br />
erkennbar. „Ich mag dieses minimalistische<br />
Aussehen eines Fotos, egal ob Farbe oder<br />
Schwarzweiß, und die meisten meiner<br />
Arbeiten sind davon geprägt”, erklärt<br />
er. „Bei mir haben Schwarzweiß und<br />
Farbbilder denselben Stil - Ich bin sehr<br />
genau bei der Bildkomposition und ich<br />
versuche, die Elemente, die ich brauche,<br />
in den Bildauschnitt zu bekommen.”<br />
Keith schießt in Farbe im Raw-Format und<br />
konvertiert seine Bilder mit der Nik Software<br />
Silver Efex Pro in Schwarzweiß. Er fi ndet<br />
nichts dabei, Bildverarbeitungssoftware<br />
einzusetzen, doch er weiß natürlich,<br />
dass manche Dinge am Computer<br />
nicht gemacht werden können. „Es ist<br />
das Digitalzeitalter, und ich verwende<br />
Fotografi e- und Bearbeitungsprogramme<br />
zusammen, um mein Bild so aussehen<br />
zu lassen, wie ich es will. Doch auch die<br />
Grenzen sind mir klar. Photoshop ist ein<br />
mächtiges Werkzeug, aber es wird nie das<br />
produzieren, was ich mit einem Graufi lter<br />
erreiche. Nur so sehen langzeitbelichtete<br />
Bewegungen natürlich aus.“<br />
Keith postet seine besten Bilder auf<br />
seiner Website, was ihm inzwischen<br />
eine treue Fan-Gemeinde eingbracht hat.<br />
Er hofft, dass deren Feedback ihm zu<br />
Anregungen verhilft, seine Arbeit noch<br />
weiter zu verbessern.<br />
Schwermütig<br />
Strandhütten bei Teignmouth Beach, Devon. Ein sehr grauer und windiger<br />
Tag mit dunklen, schnell ziehenden Wolken gibt diesem Bild eine großartige<br />
Stimmung.<br />
Nikon D300, Sigma 17-70 mm f/2.8-4.5 bei 19 mm, 84 Sekunden, Blende f/16,<br />
ISO 200, B+W ND110 Graufi lter, Cokin ND8 weicher Verlaufsfi lter<br />
Flachwasser<br />
Sonnenaufgang am Dawlish<br />
Beach, Devon. Die Ebbe hatte<br />
eingesetzt, und der Meeresboden<br />
wurde im flacher werdenden<br />
Wasser sichtbar.<br />
Nikon D300, Sigma 10-20 mm f/4-<br />
5.6 bei 10 mm, 362 Sek. bei f/16,<br />
ISO 200, B+W ND110 Graufi lter,<br />
Cokin ND8 weicher Verlaufsfi lter<br />
Würfel<br />
Panzersperren bei Poole, Dorset.<br />
Die den Blick ablenkende<br />
Landmasse wurde aus dem<br />
Hintergrund entfernt.<br />
Nikon D7000, Sigma 10-20 mm<br />
f/4-5.6 bei 10 mm, 203 Sekunden,<br />
Blende f/16, ISO 100. B+W ND110<br />
Graufi lter, Cokin ND8 SE Capture<br />
One 6 Verlaufsfi lter<br />
Hingestellt<br />
Paignton Harbour, Devon.<br />
Eine kleine, kaum sichtbare<br />
Hafenmarkierung wird durch<br />
Langzeitbelichtung zum zentralen<br />
Motiv.<br />
Nikon D300, Sigma 17-70 mm<br />
f/2.8-4.5 bei 70 mm, 26 Sekunden,<br />
Blende f/16, ISO 200, B+W ND110<br />
Graufi lter<br />
Freie Sicht<br />
Stuhl am Strand von Dawlish<br />
Beach, Devon. Ein Experiment<br />
mit Langzeitbelichtung einer<br />
vorbereiteten Szene.<br />
Nikon D300, Sigma 17-70 mm<br />
f/2.8-4.5 bei 18 mm, 79 Sekunden,<br />
Blende f/16, ISO 200, B+W ND110<br />
Verlaufsfi lter, Cokin ND8 weicher<br />
Verlaufsfi lter<br />
In der Pipeline<br />
Pipeline am Strand von<br />
Goodrington, Devon, aufgespürt<br />
mit Google Earth. Der Tag bot<br />
genau die richtigen Bedingungen.<br />
Nikon D300, Sigma 10-20 mm<br />
f/4-5.6 bei 20mm, 42 Sekunden,<br />
Blende f/16, ISO 200, B+W ND110<br />
Graufi lter, Cokin ND4 weicher<br />
Verlaufsfi lter<br />
Geräuschlos<br />
Teignmouth Pier, Devon. Die<br />
Wellen brachen sich an der<br />
Seeseite, doch durch die<br />
Langzeitbelichtung wirkt das Bild<br />
trotzdem sehr ruhig.<br />
Nikon D300, Sigma 17-70 mm f/2.8-<br />
4.5 bei 21 mm, 289 Sekunden, f/16,<br />
ISO 200, B+W ND110 Graufi lter,<br />
Cokin ND8 weicher Verlaufsfi lter<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 43
Langzeitbelichtung<br />
44 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Langzeitbelichtung<br />
SCHÖN LANGSAM<br />
Ein Foto ist im Bruchteil einer Sekunde aufgenommen, doch manchmal ist<br />
eine Langzeitbelichtung die Aufnahmetechnik der Wahl. Sekundenlange, gar<br />
minutenlange Belichtung lässt die Welt völlig anders aussehen.<br />
Text: Will Cheung / Fotos: diverse Fotografen<br />
Die meisten Spiegelreflexkameras<br />
arbeiten mit Verschlusszeiten<br />
von 30 Sekunden bis zu 1/4000<br />
Sekunde und B. Die meisten Fotos<br />
werden mit 1/125 oder schneller<br />
geschossen. Doch mit der richtigen<br />
Ausrüstung und Aufnahmetechnik<br />
können Sie sich das Potenzial der<br />
Langzeitbelichtung erschließen.<br />
Langzeitbelichtungen eignen sich<br />
für eine ganze Reihe von Motiven,<br />
besonders wenn Bewegung im<br />
Spiel ist. Das können über den<br />
Himmel ziehende weiße Wolken<br />
sein, fließendes Wasser, Zweige<br />
im Wind oder sich bewegende<br />
Menschen sein. Wir wollen uns<br />
hier auf Bewegungen in der<br />
Landschaft konzentrieren. Bei<br />
gedämpftem Licht oder an trüben<br />
Tagen bekommen Sie schon mit<br />
einem kleinen ISO-Wert und<br />
kleinster Blende Verschlusszeiten<br />
von ¼ oder ½ Sekunde. Das ist<br />
lange genug, um bereits ein Stativ<br />
zu benötigen, aber nicht lange<br />
genug für kreative Bilder, wie<br />
sie Sie auf den vorhergehenden<br />
Seiten von Keith Aggett gesehen<br />
haben. Für diese Art Aufnahmen<br />
brauchen Sie Verschlusszeiten im<br />
Bereich von mehreren Sekunden,<br />
Minuten gar, und solche langen<br />
Belichtungen kann man nur mit<br />
Graufiltern erzwingen. Wenn<br />
Sie nur ein bisschen in die<br />
Welt der Langzeitbelichtung<br />
hineinschnuppern wollen, tut es<br />
ein Pol-Filter mit seinem Faktor<br />
von 2 bis 4 Blendenstufen, doch<br />
der höhere Belichtungsbedarf von<br />
1 oder 2 Stufen ist bescheiden.<br />
Ein achtfacher Graufilter<br />
absorbiert bereits 3 Lichtstufen.<br />
Gegenüber der Belichtung von<br />
½ Sekunde ohne Filter landet<br />
man damit schon bei vier<br />
Sekunden. Das ist schon besser,<br />
aber immer noch nicht genug<br />
für ernsthaftes Arbeiten mit<br />
Langzeitbelichtungen.<br />
Durdle Door, aufgenommen von David Baker mit Canon EOS 5D MkII, Canon 16-35 mm bei 35 mm Brennweite, 1325 Sekunden mit Blende f/13,<br />
ISO 200 und Lee Big Stopper 0.9 Graufilter<br />
© DAVID BAKER<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 45
Langzeitbelichtung<br />
Ohne Okularkappe<br />
Mit Okularkappe<br />
Oben: Dies ist der Formatt-Halter mit eingeschobenem<br />
Pro Stop 10-Filter. Bei Einschubfiltern müssen Sie<br />
darauf achten, dass sie korrekt im Halter einrasten.<br />
Dafür brauchen Sie Graufi lter-Faktoren von<br />
250, 500 oder sogar 1000. Die steigern<br />
die Belichtungszeit um jeweils 8, 9 und 10<br />
Stufen, was in der Praxis bedeutet, dass aus<br />
unserer hypothetischen ¼ Sekunde 60, 120<br />
und 240 Sekunden werden.<br />
Machen Sie sich jedoch darauf gefasst,<br />
dass Ihre ersten Exkursionen mit extremen<br />
Graufi ltern eher enttäuschende Fotos<br />
hervorbringen werden. Das mag an<br />
unausgereifter Aufnahmetechnik liegen,<br />
unpassendem Zubehör oder schlicht falscher<br />
Auswahl der Motive.<br />
Fangen wir also mit der Aufnahmetechnik<br />
an. Es gibt nichts wirklich Schwieriges bei<br />
superlangen Belichtungen, doch Sie müssen<br />
methodisch vorgehen, denn ein Fehler<br />
kostet hier kostbare Zeit. Sorgen Sie dafür,<br />
dass Sie immer genügend Akkuleistung zur<br />
Verfügung haben. Wenn ein Akku Sie in der<br />
fünfzehnten von sechzehnten Minuten im<br />
Stich lässt, ist das äußerst ärgerlich.<br />
Sie müssen die Bildkomposition machen,<br />
scharf stellen und die Belichtung messen,<br />
bevor Sie einen extremen Graufi lter aufs<br />
Objektiv aufschrauben, und dabei dürfen Sie<br />
die Scharfeinstellung und die Zoomstellung<br />
nicht versehentlich ändern.<br />
Die Kamera muss unbedingt auf einem<br />
stabilen Stativ montiert sein, wobei die<br />
Betonung auf „stabil“ liegt. Sie brauchen<br />
ein mittel- bis hochklassiges Modell eines<br />
Die Kamera muss unbedingt auf<br />
einem stabilen Stativ montiert<br />
sein, wobei die Betonung auf<br />
„stabil“ liegt.<br />
Oben: Manche Kameras sind bei sehr langen Belichtungszeiten anfällig für interne Refl exionen. Die Ursache<br />
kann zwischen Spiegelgehäuse und Objektiv mehrfach hin und her geworfenes Licht sein, oder es kann sich<br />
um durch das Sucherokular eingedrungenes Licht handeln. Eigentlich sollte solches Licht den Sensor gar nicht<br />
erreichen können, doch in manchen Fällen geschieht es, und das führt zu dem Effekt, der oben zu sehen ist.<br />
renommierten Herstellers. Alles andere<br />
taugt nicht für Ihren Zweck. Suchen Sie den<br />
Kamerastandort für die Aufnahme sorgfältig<br />
aus. Falls es hell ist oder Sie mit weit offener<br />
Blende arbeiten, kann die Verschlusszeit noch<br />
innerhalb den von der Kamera abgedeckten<br />
30 Sekunden liegen. Dann können Sie einen<br />
AE-Modus verwenden, doch probieren Sie<br />
das vorher aus. Liegt die Belichtungszeit<br />
über 30 Sekunden, was wahrscheinlicher<br />
ist, müssen Sie mit dem Verschluss in der<br />
Betriebsart „B“ fotografi eren, was bedeutet,<br />
dass die Kamera nicht messen kann.<br />
Messen Sie also in einer automatischen<br />
oder manuellen Betriebsart und rechnen Sie<br />
dann den Filterfaktor ein. Eine Smartphone-<br />
App wie „Longtime Exposure Calculator“<br />
oder „ND Calc“ lohnt sich auf jeden<br />
Fall. Sie können sich auch eine Tabelle<br />
machen, in der sich die Belichtungszeit<br />
für jede Blendenstufe verdoppelt. Falls Ihr<br />
Belichtungsmesser Ihnen sagt, Sie brauchen<br />
eine Belichtungszeit von einer Sekunde<br />
dann bedeutet ein zehnstufi ger Graufi lter,<br />
eine Belichtungszeit von etwas über 17<br />
Minuten, entsprechend der quadratischen<br />
Reihe 2, 4, 8, 16, 32, 64, 128, 256,<br />
512 und 1024 Sekunden, womit Sie bei<br />
17 Minuten und 4 Sekunden sind. Soweit<br />
die Theorie. Beachten Sie, dass extreme<br />
Graufi lter üblicherweise mit Faktoren wie<br />
400, 500 und 1000 bezeichnet werden.<br />
Im Fall von einer Sekunde mit einem<br />
1000x Graufi lter bedeutet das 16 Minuten<br />
und 10 Sekunden Belichtungszeit. Solche<br />
Diskrepanzen sind kein Problem, denn der<br />
46 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Langzeitbelichtung<br />
© Will Cheung<br />
Manchmal werden Sie feststellen, dass eine sehr lange Belichtung<br />
einfach nicht zu einem bestimmten Motiv passen will. Dann kommt<br />
die Szene mit kürzerer Belichtung besser zur Geltung.<br />
prozentuale Unterschied ist klein.<br />
Viele Kameras haben eine<br />
automatische Rauschunterdrückung für<br />
Langzeitbelichtungen, doch die Vorteile<br />
sind nur minimal. Lassen Sie sie besser<br />
ausgeschaltet. Abgesehen davon, einen<br />
schwarzen Bildausschnitt aufzunehmen,<br />
dauert es genauso lange wie das Foto, das<br />
Sie beabsichtigen, und dann werden aus 17<br />
Minuten Belichtungszeit 34 Minuten.<br />
Zum Auslösen brauchen Sie einen<br />
feststellbaren Fernauslöser. Gute Modelle<br />
renommierter Hersteller haben eingebaute<br />
Timer, mit deren Hilfe Sie die Belichtung<br />
kontrollieren können. Mit Velcro-Band<br />
können Sie den Fernauslöser an einem<br />
Stativbein fi xieren.<br />
Manche Kameras habe eine Funktion,<br />
die den Spiegel verriegeln kann, doch wenn<br />
Sie ein paar Sekunden warten, nachdem der<br />
Spiegel aus dem Lichtkanal geklappt wurde,<br />
bevor Sie die Belichtung starten, hat das<br />
denselben Effekt (Spiegelvorauslösung).<br />
Verwenden Sie außerdem die<br />
Okularschutzkappe, falls Ihre Kamera eine<br />
hat. Andernfalls basteln Sie sich eine aus<br />
schwarzer Pappe und Klebeband.<br />
Jetzt sind Sie aufnahmebereit, aber es<br />
lohnt sich immer, alles noch einmal zu<br />
überprüfen, bevor Sie den Auslöser drücken.<br />
Falls Sie etwas Wesentliches vergessen<br />
haben und die Aufnahme ruiniert wird,<br />
hat sich fast immer das Licht verändert.<br />
Manchmal werden Sie auch feststellen, dass<br />
eine sehr lange Belichtung einfach nicht zu<br />
einem bestimmten Motiv passen will. Doch<br />
das ist Erfahrungssache. Generell sollten Sie<br />
eine Szene wählen, die genug „unbewegliche<br />
Masse“ beinhaltet, so dass Sie sie als<br />
Fixpunkt bestimmen können. Bewegungen<br />
darum herum verschwimmen. Einfache,<br />
geradlinige Objekte eignen sich dazu besser<br />
als komplexe Gebilde, aber hier spielen<br />
persönliche Sichtweisen eine große Rolle.<br />
Sie werden auch feststellen, dass bei sehr<br />
kleinen Blendenwerten noch die winzigsten<br />
auf dem Sensor befi ndlichen Staubteilchen<br />
zu sehen sein werden, besonders auf<br />
ruhigen Bereichen wie verwischtem Himmel<br />
beispielsweise.Reinigen des Sensors kann<br />
etwas bringen, doch eine Garantie für die<br />
Lösung des Problems gibt es nicht. Dann<br />
müssen Sie bei der Nachbearbeitung ran.<br />
Wenn Sie erst einmal ein paar<br />
Langzeitbelichtungen gemacht haben und<br />
eine neue Sicht auf die Welt probiert haben,<br />
werden Sie immer mehr Motive erkennen,<br />
die sich für diese Aufnahmetechnik eignen.<br />
Also: Stativ unter den Arm und los geht’s.<br />
Kontakte<br />
Hersteller von Filtern<br />
B+W<br />
www.schneiderkreuznach.com<br />
Cokin<br />
www.cokin.co.uk<br />
Formatt<br />
www.formatt.co.uk<br />
Hama<br />
www.hama.de<br />
Heliopan<br />
www.heliopan.de<br />
Hoya<br />
www.hoyafilter.com<br />
Kood<br />
www.kood-international.com<br />
Lee Filters<br />
www.leefilters.com<br />
LightCraft Workshops<br />
www.lightcraftworkshop.com<br />
Marumi<br />
www.marumi-international.com<br />
Tiffen<br />
www.bandpro.de<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 47
Spuren des Lichts<br />
48 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Spuren des Lichts<br />
Fahrspuren ...<br />
Vehrkehrsnachrichten sind fast immer negativ, doch<br />
heute machen wir eine Ausnahme. Die Nachricht: Wenn<br />
Sie bei Dunkelheit verkehrsreiche Straßen mit langer<br />
Belichtungszeit aufnehmen, bekommen Sie Impressionen<br />
rubinroter, diamantweißer und gelber Streifen, die eine<br />
ganz besondere Stimmung erzeugen – wenn Sie es richtig<br />
machen. Hier zeigen wir Ihnen, wie’s geht.<br />
Es werde Licht - in Andrew Whytes Nachtaufnahmen<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 49
Spuren des Lichts<br />
50 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Spuren des Lichts<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 51
Spuren des Lichts<br />
52 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Spuren des Lichts<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 53
Spuren des Lichts<br />
Ort: Southsea, Hants, aufgenommen mit Nikon D300<br />
Leuchtende<br />
Bewegung<br />
Sie brauchen ein Auto, ein Weitwinkelobjektiv und viel<br />
Vorstellungskraft, wie Andrew Whyte aus Erfahrung weiß.<br />
Text: Charlotte Griffiths / Fotos: Andrew Whyte<br />
Keine Frage, dass die<br />
Digitalfotografi e die Art und<br />
Weise, wie wir fotografi eren,<br />
verändert hat – insbesondere<br />
für Fotografen wie Andrew<br />
Whyte, den die digitale Fotografi e<br />
überhaupt erst in die Lage versetzte,<br />
solche Langzeitbelichtungen zu probieren,<br />
die ihm schon seit über 20 Jahren<br />
vorschweben.Der heute 37-jährige<br />
war von seinem Vater in die Fotografi e<br />
eingeführt worden. Er erinnert sich an<br />
knisternde Lagerfeuer in den 80er Jahren,<br />
bei denen die Funken aus dem trockenen<br />
Brennholz stoben, deren Leuchtspuren<br />
sein Vater mit der Kamera einzufangen<br />
versuchte. „Er wusste, dass es möglich<br />
sein musste, und ich probierte es auch<br />
selbst immer wieder“, sagt Andrew.<br />
„Ich machte Langzeitbelichtungen mit<br />
der analogen Spiegelrefl ex, aber die<br />
Unberechenbarkeit der Ergebnisse und<br />
Probleme mit dem Weißabgleich ließen<br />
alle Versuche scheitern. Die Filme<br />
waren für Tageslicht ausgelegt und bei<br />
Dunkelheit gemachte Bilder hatten immer<br />
einen schauderhaften Orange-Stich.<br />
Man konnte nichts damit anfangen.“<br />
Andrew stieg 2007 von der Analog- auf die<br />
Digitalfotografi e um. Seine erste deraratige<br />
Kamera war die Nikon D80. Er gab damals<br />
seinen Vollzeit-Job auf, um sich um seine<br />
beiden Töchter kümmern zu können.<br />
Gleichzeitig plante er, aus seinem Interesse<br />
an der Fotografi e seinen künftigen Beruf zu<br />
machen. Vier Jahre später verdiente er mit<br />
seinem einzigartigen Fotostil bereits ein<br />
regelmäßiges Einkommen. „Ich befasse<br />
mich sehr viel mit der Fotografi e bei<br />
Nacht. Ich sehe diesen Bereich als Nische<br />
für eine weitgehende <strong>Spezial</strong>isierung“,<br />
sagt er.<br />
Die Digitaltechnik hat das Fotografi eren<br />
bei Nacht inzwischen erheblich erleichtert,<br />
doch die Möglichkeiten der Planung und<br />
Vorbereitung halten sich immer noch in<br />
Grenzen. „Fotos aus dem fahrenden Auto<br />
sind gewissermaßen die Langzeitvariante<br />
der Straßenfotografi e. Normalerweise<br />
haben Sie die Kontrolle über Ihr Motiv.<br />
Doch bei Fahraufnahmen wissen Sie nie<br />
so genau, was man auf dem Bild sehen<br />
„Fotos aus dem fahrenden<br />
Auto sind gewissermaßen<br />
die Langzeitvariante der<br />
Straßenfotografie.<br />
Normalerweise haben Sie<br />
die Kontrolle über Ihr Motiv.<br />
Doch bei Fahraufnahmen<br />
wissen Sie nie so genau,<br />
was man auf dem Bild sehen<br />
wird.“<br />
wird”, weiß Andrew.<br />
Wenn er seine Leuchtspuren aus<br />
dem Auto aufnimmt, verlässt er sich,<br />
was die Motive angeht, weitgehend auf<br />
seinen Spürsinn. Er unterscheidet drei<br />
Aufnahmetechniken: „Erstens: Aus der<br />
Hand, was ich nicht empfehle, aber<br />
manchmal geht es nicht anders. Meine<br />
Aufnahmen des Seitenspiegels sind aus<br />
der Hand geschossen“, verrät er. „Sie<br />
drücken die Kamera gegen das Fenster<br />
und machen kurze Langzeitaufnahmen<br />
mit einer Verschlusszeit von etwa fünf<br />
Sekunden.“<br />
Seine zweite Aufnahmetechnik erfordert<br />
ein in der Mitte hinter den Vordersitzen<br />
befi ndliches Stativ, und bei der Dritten<br />
verwendet er ein mit Saugknöpfen an<br />
der Scheibe zu befestigendes Autostativ,<br />
vorzugsweise das „Fat Gecko“ von Delkin.<br />
Meist verwendet er im Auto das Sigma<br />
10-20-mm-Weitwinkel-Zoomobjektiv,<br />
weil es dem Bild wahlweise sehr viel<br />
Kontext – das Fahrzeuginnere in diesem<br />
Fall – hinzufügen kann, außerdem sorgt es<br />
für effektvolle stürzende Linien.“<br />
Seine ersten Fahraufnahmen machte<br />
Andrew mit dem Kit-Objektiv seiner Nikon<br />
D80. „Die waren schon recht gut, aber<br />
der Blickwinkel war nicht weit genug.<br />
Sie bekommen nicht so viel aufs Bild<br />
und die größere Brennweite verstärkt<br />
Bewegungen, deswegen verliert man<br />
etwas an Bildschärfe“, sagt er. Je größer<br />
die Brennweite, desto mehr scheinen die<br />
Lichter zu vibrieren.“<br />
Um die passenden Örtlichkeiten für<br />
Nachtaufnahmen, insbesondere zum<br />
Fotografi eren von sich bewegenden<br />
Lichtern zu fi nden, braucht es schon das<br />
in der Motivsuche erfahrene Augenpaar<br />
des spezialisierten Fotografen. Andrew<br />
ist deswegen oft abends unterwegs, um<br />
passende Orte zu identifi zieren. „Ich<br />
stelle fest, dass ich immer weiter weg<br />
fahre, manchmal zweieinhalb Stunden<br />
in dieselbe Richtung nur für eine einzige<br />
Nachtaufnahme,“ sagt er.<br />
Doch Sie brauchen nicht nur die<br />
erforderliche Begeisterung. Wer zu<br />
sehr später oder früher Stunde zu<br />
fotografi eren beginnt, braucht auch ein<br />
gerüttelt Maß an Unerschrockenheit.<br />
Denn unausweichlich treffen Sie früher<br />
oder später auch auf unangenehme<br />
Individuen, um die Sie sonst einen Bogen<br />
machen würden. Andrew kann über eine<br />
ganze Reihe solcher Vorfälle berichten.<br />
Er war beispielsweise eines Nachts mit<br />
gleichgesinnten Kollegen unterwegs und<br />
bei der Arbeit, als ein eher unangenehmer<br />
Zeitgenosse auf sie aufmerksam wurde<br />
und sich schnell näherte. „Wir packten<br />
zusammen, so schnell wir konnten, doch<br />
der Typ hatte inzwischen seinen breiten<br />
Ledergürtel mit schwerer Metallschnalle<br />
von der Hose gezogen und versuchte,<br />
damit auf unser Auto einzuschlagen.<br />
Glücklicherweise hatte ich noch nicht alle<br />
meine Aufsteckblitze weggepackt. Als wir<br />
anfuhren, verpasste ich dem Kerl aus dem<br />
offenen Autofenster heraus einen Blitz mit<br />
voller Leistung mitten ins Gesicht. Der<br />
wird fünf Minuten gebraucht haben, bis<br />
er wieder etwas sehen und seinen Gürtel<br />
wieder anziehen konnte“, lacht Andrew.<br />
Hoffen wir also, dass Sie immer heil<br />
nach Hause kommen, denn dort wartet<br />
die Nachbearbeitung der Aufnahmen auf<br />
Sie. Für Andrew ist die Benutzung eines<br />
Computers zur Bildbearbeitung relativ<br />
neu. „Das habe ich zum ersten Mal vor<br />
etwa einem Jahr gemacht, als ich mir<br />
Photoshop angeschafft habe. Bis dahin<br />
habe ich meine Bilder überhaupt nicht<br />
bearbeitet“, verrät er. „Die kamen, so wie<br />
sie waren, direkt aus der Kamera. Das ist<br />
54 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Spuren des Lichts<br />
Die Geschichten hinter den Bildern<br />
so eine Art ungeschriebenes Gesetz in der<br />
Nachtfotografi e und der Lichtmalerei.“<br />
Es waren Andrews kommerzielle<br />
Arbeiten, die es erforderten, dass er sich<br />
mit der Nachbearbeitung seiner Bilder<br />
befassen musste, um die Wünsche<br />
seiner Kunden erfüllen zu können. Doch<br />
die beschränken sich auf recht einfache<br />
Korrekturen. „Ich arbeite mit Ebenen und<br />
verändere die Tonwerte ein wenig. Ich<br />
manipuliere nicht das Motiv oder fabriziere<br />
irgendetwas, dass nicht tatsächlich von<br />
der Kamera eingefangen wurde. Ich gebe<br />
den Bildern einfach nur etwas mehr<br />
Finesse. Die Bilder selbst sind real genug“,<br />
erklärt er.<br />
Inzwischen hat er begonnen,<br />
Komposite-Bilder zu produzieren.<br />
Sie bestehen aus mehreren Fotos,<br />
aufgenommen mit unterschiedlichen<br />
Belichtungen um unterschiedlich<br />
intensive Lichtquellen auszubalancieren.<br />
„Wenn ich eine Lichtquelle mit einer<br />
Helligkeit für Blende f/32 habe, kann ich<br />
nicht eine ganze Stunde warten, bis der<br />
Rest ins Bild kommt. Ich mache dann eine<br />
Aufnahme mit Blende f/32 und greife auf<br />
die Komposite-Technik zurück.“<br />
Andrew ist ein Anhänger des „Training<br />
on the Job“-Prinzips. „Ich denke an<br />
das Endresultat, dass ich erzielen will,<br />
dann recherchiere ich das Notwendige<br />
dazu und probiere aus, wie es im Detail<br />
funktioniert. Solange es keinen Grund<br />
gibt, Informationen anzuwenden, ist<br />
Lernen eine rein akademische Übung.“<br />
Wer mehr über diesen talentierten<br />
Fotografen wissen will und vielleicht auch<br />
Fragen zum Thema hat, besucht am besten<br />
seinen Blog. Doch erwarten Sie nicht alle<br />
Antworten auf einem Silbertablett. „Es ist<br />
unglaublich, wie viele Leute es gibt, die<br />
alles vorgekaut haben wollen“, sagt er,<br />
„ich lasse die technischen Details meist<br />
weg, denn es ist wirklich egal, ob Sie 30<br />
Sekunden mit Blende f/5.6, 15 Sekunden<br />
mit Blende f/4 oder eine Minute mit Blende<br />
f/8 schießen. Nachtaufnahmen sind eine<br />
abstrakte Form der Fotografi e. Suchen<br />
Sie also nicht nach dem technischen<br />
perfekten Weg – machen Sie es so, wie es<br />
sich für Sie richtig anfühlt.<br />
Nah dran<br />
Das längste schnurgerade Straßenstück, das ich kenne. Ich war<br />
froh, dass ich meinen Kabelfernauslöser dabei hatte, sonst wäre<br />
es so dicht am schnell fahrenden Verkehr sehr ungemütlich<br />
geworden.<br />
Shell & Co<br />
DIe unterschiedlichen Farben einer Tankstelle geben<br />
immer ein interessantes Motiv im Vorbeifahren.<br />
Nikon D300 mit Nikon 10,5 mm, 3 Sekunden, Blende<br />
f/10, ISO 200, unbearbeitetes JPEG<br />
Durch die Stadt<br />
Nicht direkt ein Bild im Bild, doch dank<br />
des Spiegels und all dem Glas, dem<br />
farbigen Licht und den Reflexionenein<br />
ungewöhnliches Bild.<br />
Nikon D300 mit Sigma 10-20 mm bei 10<br />
mm, 5 Sek. bei f/10, ISO 200<br />
Straßenkreuzung<br />
Ich wollte die Hektik des Berufsverkehrs einfangen und<br />
wählte meinen Standort nahe eine Bushaltestelle.<br />
Zügig auf dem Dach<br />
Ich wollte immer schon mal die Kamera<br />
auf dem Autodach befestigen. Die<br />
Weihnachtswerbung entlang der Straße<br />
schien mir den Versuch wert.<br />
Nikon D80 mit Sigma 10-20 mm bei 10<br />
mm, 10 Sek. bei f/8, ISO 100<br />
Straßenbahn<br />
Nikon D300, Sigma 20 mm-Objektiv,<br />
5 Sekunden, Blende f/13, ISO 200<br />
Fragmente des Lebens<br />
Fahraufnahmen können nicht geplant werden. Hier<br />
erinnert kaum noch etwas an die reale Welt.<br />
Nikon D80 10,5 mm, 20 Sekunden, Blende f/11, ISO 200<br />
Nadelstreifen<br />
Die blauen Streifen<br />
stammen von LED-<br />
Lichterketten. Wir<br />
fuhren Schritt-Tempo.<br />
Nikon D80, 10-20 mm,<br />
13 Sekunden, Blende<br />
f/9, ISO 200, zwei SB-<br />
800<br />
Einsamer Inselverkehr<br />
Die extrem lange Belichtung zeigt das Ziehen der<br />
Wolken und warf etwas Licht auf die Landschaft.<br />
Nikon D300 mit Nikon AF-S 50 mm, 129 Sekunden,<br />
Blende f/5.6, ISO 400<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 55
Spuren des Lichts<br />
Leuchtspuren<br />
Das die Nächte wieder länger und kühler werden, ist kein<br />
Grund, die Kamera einzumotten. Denn die dunkle Jahreszeit<br />
bietet außergewöhnliche Gelegenheiten zum <strong>Fotografie</strong>ren,<br />
beispielsweise mit Langzeitbelichtungen, die bei Nacht ein<br />
ganzes Kaleidoskop von Farben hervorbringen.<br />
Text: Adam Duckworth / Fotos: diverse Fotografen<br />
Alles was Sie brauchen sind ein<br />
Kamerastandpunkt oberhalb einer<br />
vielbefahrenen Straße, ein stabiles<br />
Stativ und einen Fernauslöser oder den<br />
Selbstauslöser der Kamera. Selbstauslöser<br />
und die meisten kabellosen Fernauslöser<br />
eignen sich, vorausgesetzt, Sie verwenden<br />
eine voreingestellte Verschlusszeit – die<br />
meisten Spiegelreflexkameras erlauben<br />
bis zu 30 Sekunden. Entscheidend für<br />
die Aufnahme von Leuchtspuren ist der<br />
Standort. Die besten Fotos gelingen aus<br />
erhöhter Position, von einer Brücke oder<br />
aus einem mehrstöckigen Gebäude.<br />
Parkhäuser erlauben oft einen<br />
ungehinderten Blick über die Innenstadt.<br />
Straßenkreuzungen sind ein gutes Motiv,<br />
auch Straßen mit leichten Kurven,<br />
andernfalls bilden die Leuchtspuren<br />
auf dem Foto eine gerade Linie, was<br />
unattraktiv ausssieht. Auch ein oder<br />
zwei Gebäude sollten sich im Bild<br />
befinden, idealerweise beleuchtet durch<br />
Flutlicht oder von innen heraus durch die<br />
Zimmerbeleuchtung. Wenn die Uhren auf<br />
Winterzeit zurückgestellt worden sind,<br />
wird in den Büros noch gearbeitet, wenn<br />
es bereits dunkel ist.<br />
56 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Spuren des Lichts<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 57
Spuren des Lichts<br />
Achten Sie bei der Bildkomposition<br />
auf den Winkel der Straße, und stellen<br />
Sie sich vor, wie all die Autoscheinwerfer<br />
zusammen eine sich ständig erneuernde<br />
leuchtende Schlange bilden. Verwenden<br />
Sie sie in der Bildkomposition als<br />
Führungslinien, genau so, wie<br />
Sie Führungslinien auch in der<br />
Landschaftsfotografi e verwenden.<br />
Ein weiterer Gesichtspunkt bei der<br />
Auswahl des Kamerastandorts ist die<br />
Frage, ob sich der Verkehr auf Sie zu<br />
oder von Ihnen weg bewegt, ob sie<br />
also die weißgelben Frontscheinwerfer<br />
oder die roten Rücklichter als Motiv<br />
verwenden wollen. Rücklichter sehen<br />
meist besser aus. Noch besser ist der<br />
Effekt, wenn Sie an einer Kreuzung die<br />
rechts oder links abbiegenden Fahrzeuge<br />
mit eingeschaltetem Blinker ins Bild<br />
bekommen.<br />
Wenn Sie Frontscheinwerfer<br />
aufnehmen wollen, ist es ratsam, einen<br />
erhöhten Standpunkt einzunehmen.<br />
Ist das nicht möglich, sollten Sie auf<br />
jeden Fall vermeiden, dass das Licht der<br />
Scheinwerfer direkt ins Objektiv strahlt.<br />
Halos und andere Refl exionen sind dann<br />
Von vorbeifahrenden Fahrzeugen stammende Vibrationen und<br />
Druckwellen beeinträchtigen die Bildschärfe, besonders dann,<br />
wenn Sie sich auf einer Brücke befinden.<br />
kaum noch zu kontrollieren.<br />
Warten Sie auch nicht, bis es völlig<br />
dunkel ist, denn dann ist der Himmel<br />
auf den Fotos pechschwarz oder<br />
schmutzig braun und die Umgebung<br />
ist in das orangefarbene Licht der<br />
Straßenbeleuchtung getaucht.<br />
Die beste Zeit ist kurz bevor es dunkel<br />
wird. Idealerweise ist noch ein bisschen<br />
blauer Himmel zu sehen, damit die<br />
Straßenlaternen nicht zu sehr dominieren.<br />
All das hängt natürlich auch von der<br />
Jahreszeit ab. Sie sollten die Zeiten des<br />
Sonnenuntergangs kennen, damit Sie<br />
das zur Verfügung stehende Zeitfenster<br />
optimal nutzen können. Die Software „The<br />
Photographer’s Ephemeris“ sagt Ihnen für<br />
jeden Punkt der Erde die genauen Zeiten.<br />
58 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Spuren des Lichts<br />
© WILL CHEUNG<br />
© DAVE BAKER<br />
Aus dem Auto heraus fotografieren<br />
© ADAM DUCKWORTH<br />
Oben: Hazel stand auf dem Bürgersteig, entfernt vom<br />
fließenden Verkehr. Es wurden zwei Blitzgeräte benutzt,<br />
die durch ein PocketWizard Mini/Flex gesteuert wurden.<br />
Belichtung mit 1,3 Sekunden bei Blende f/10 mit 70-<br />
200 mm-Zoomobjetiv bei Brennweite 80 mm.<br />
Oben rechts: Diese Szene entstand mit einer Canon EOS<br />
5D, 17-40 mm f/4 Objektiv bei 27 mm Brennweite mit<br />
8 Sekunden bei Blende f/22 und ISO 100.<br />
Es gibt sie sowohl für den PC als auch als<br />
App für iPhone, iPad, iPod und für das<br />
Android Betriebssystem – herunterzuladen<br />
von http://photoephemeris.com.<br />
Seien Sie mindestens zehn Minuten<br />
früher vor Ort, bevor der Sonnenuntergang<br />
und das Zwielicht einsetzen. Sobald<br />
die Sonne den Horizont berührt, ändert<br />
sich das Licht im Sekundentakt und Sie<br />
sollten die kurze Zeit, bis alle Farbe vom<br />
Normalerweise ist es das Motiv, das sich bewegt,<br />
nicht die Kamera. Wenn Sie Leuchtspuren<br />
erzeugen wollen, muss das nicht so sein.<br />
Montieren Sie stattdessen die Kamera auf<br />
etwas, das sich bewegt, nach vorn gerichtet im<br />
Auto beispielsweise, und drehen Sie ein paar<br />
langsame Runden auf dem verlassenen Parkplatz<br />
eines Einkaufszentrums nach Geschäftsschluss.<br />
Wenn die Ergebnisse Ihre Interesse geweckt<br />
haben, wagen Sie sich in den Straßenverkehr.<br />
Die Kamera muß sicher befestigt sein, und Sie<br />
brauchen jemanden, der fährt, während Sie<br />
sich auf Ihre Motive konzentrieren. Die Kamera<br />
kann unterschiedlich befestigt werden, auf einem<br />
Stativ hinter den Vordersitzen beispielsweise.<br />
So zeigt sie den vollständigen Blick durch die<br />
Frontscheibe. Auch eine Befestigung direkt an<br />
der Frontscheibe ist möglich. Dazu brauchen<br />
Sie ein Autostativ, das mit Gummisaugfüßen<br />
von innen an der Scheibe angebracht wird. Sie<br />
erhalten es im Fachhandel ab etwa 30 Euro.<br />
Wenn Sie nun noch ein Blitzgerät verwenden,<br />
das den Fahrer beleuchtet, denn bekommen Sie<br />
mit einer Langzeitbelichtung scharfe Bilder vom<br />
Innenraum des Fahrzeugs und des Fahrers, der<br />
von Leuchtspuren umgeben ist. Dabei hilft es<br />
der Verkehrssicherheit, wenn Sie ihm nicht direkt<br />
in die Augen blitzen. Zum Auslösen verwenden<br />
Sie einen Fernauslöser, der infrarot- oder<br />
funkferngesteuert sein kann.<br />
Bezugsquellen für Autostative und Fernauslöser:<br />
www.hama.de<br />
www.foto-video-sauter.de<br />
www.wexcameras.de<br />
www.cullmann.de<br />
www.manfrotto.de<br />
www.hapa-team.de<br />
www.meinfoto.com<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 59
Spuren des Lichts<br />
Oben: Aus dem Auto heraus fotografieren kann zu<br />
großartigen Bildern führen. Sie brauchen natürlich einen<br />
Fahrer, damit Sie sich auf Ihre Motive konzentrieren<br />
können. Diese Aufnahme entstand mit einer Nikon D3X<br />
mit 4-24 mm f/2.8-Objektiv bei einer Verschlusszeit von<br />
4 Sekunden bei Blende f/9 und ISO 100.<br />
Rechts: Straßenbeleuchtung fügt Ihren Fotos einen<br />
Farbstich hinzu. Um das zu vermeiden, suchen Sie sich<br />
eine unbeleuchtete Strecke, so dass Sie ausschließlich<br />
die Autoscheinwerfer als künstliche Lichtquelle haben.<br />
Himmel gewichen ist, nutzen.<br />
Ein gutes Stativ ist unerlässlich, denn<br />
die Kamera muss während der Aufnahme<br />
absolut bewegungslos bleiben, sonst<br />
bekommen Sie Doppelbilder oder<br />
Leuchtspuren, die so zitterig sind wie<br />
eine bedenkliche EKG-Kurve. Verwenden<br />
Sie außerdem einen Fernauslöser und<br />
die Spiegelverriegelung der Kamera,<br />
wenn vorhanden. Auch Ihr Standort<br />
hat Einfl uss auf die Qualität Ihrer<br />
Fotos: Von vorbeifahrenden Fahrzeugen<br />
stammende Vibrationen und Druckwellen<br />
beeinträchtigen die Bildschärfe,<br />
besonders dann, wenn Sie sich auf einer<br />
Brücke befi nden. Auch starker Wind kann<br />
zum Problem werden. Geben Sie dem<br />
Stativ zusätzliche Stabilität, indem Sie<br />
ein Gewicht an dem unter der Mittelsäule<br />
befi ndlichen Haken befestigen.<br />
Um den Fernauslöser nicht<br />
herunterhängen und im Wind hin und<br />
her schwingen zu lassen, nehmen Sie<br />
ein paar Zentimeter Klebeband und<br />
befestigen ihn an einem Stativbein. Was<br />
die Kameraeinstellungen betrifft, ist es am<br />
besten, im Raw-Format zu fotografi eren.<br />
Aufgrund der starken Kontraste zwischen<br />
der Straßenbeleuchtung und den<br />
dunklen Bereichen brauchen Sie den<br />
größtmöglichen Dynamikbereich für die<br />
Nachbearbeitung Ihrer Bilder. Auch der<br />
Weißabgleich lässt sich im Raw-Format<br />
anpassen, was zur Farbkorrektur fast<br />
immer notwendig ist. Falls Sie eine für<br />
Tageslicht ausgelegte Voreinstellung<br />
der Kamera verwenden, wird die<br />
Straßenbeleuchtung unangenehm orange<br />
aussehen. Wenn Sie die Einstellung<br />
„Glühbirne“ für den Weißabgleich<br />
verwenden, wird dieser Effekt zwar<br />
unterdrückt, doch dafür handeln Sie<br />
sich womöglich einen nicht minder<br />
unangenehmen Blaustich ein. Der<br />
wiederum kann allerdings auch einen<br />
sehr schönen blauen Himmel erzeugen.<br />
60 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
© Adam Duckworth<br />
© Will Cheung<br />
Es gilt also, unterschiedliche Einfl üsse<br />
auf das Bild abzuwägen.<br />
Wenn Sie sich für das JPEG-Format<br />
entscheiden, sollten Sie den Weißabgleich<br />
manuell vornehmen. Wählen Sie<br />
einfach einen Kelvin-Wert, dessen<br />
Farbtemperatur Ihnen zusagt. Stellen Sie<br />
auch die Verschlusszeit und die Schärfe<br />
manuell ein. Automatikprogramme<br />
funktionieren zwar eventuell auch unter<br />
diesen speziellen Bedingungen, doch der<br />
AF wird vermutlich Probleme bekommen,<br />
weil der Entfernungsmesser bei den<br />
schlechten Lichtverhältnissen keinen<br />
Fixpunkt erkennt. Der Bildstabilisator<br />
sollte übrigens – wie immer bei der Arbeit<br />
mit Stativ – ausgeschaltet sein.<br />
Nun zur Belichtungszeit: Sie<br />
liegt irgendwo zwischen etwa acht<br />
Sekunden und einigen Minuten, je nach<br />
Verkehrsdichte. Den ISO-Wert stellen Sie<br />
auf die kleinste Stufe ein, das ergibt die<br />
beste Bildqualität. Theoretisch wäre auch<br />
die kleinste Blendenöffnung angebracht,<br />
doch in der Praxis bekommen Sie es<br />
dann mit Lichtbeugungseffekten zu tun<br />
und auch die Bildschärfe würde etwas<br />
leiden. Sie können aber auch einen<br />
Graufi lter benutzen und mit größerer<br />
Blende fotografi eren, wobei Sie allerdings<br />
die geringere Tiefenschärfe in Betracht<br />
ziehen müssen.<br />
Machen Sie eine Probeaufnahme,<br />
überprüfen Sie das Histogramm<br />
und ändern Sie die Verschlusszeit,<br />
bis das Ergebnis Ihren Erwartungen<br />
entspricht. Längere Belichtungszeiten<br />
bedeuten natürlich automatisch<br />
mehr Lichtspuren. Wenn Sie über 30<br />
Sekunden hinauskommen, müssen<br />
Sie den B-Modus verwenden, das<br />
heißt, Sie brauchen einen feststellbaren<br />
Fernauslöser.<br />
Da die Kamera im B-Modus die<br />
Belichtungwerte nicht messen kann,<br />
müssen Sie sie auf Basis der Messung<br />
in einer Automatikbetriebsart schätzen.<br />
Wenn beispielsweise zwei Sekunden und<br />
Blende f/2.8 angezeigt werden ergeben<br />
sich 128 Sekunden mit Blende f/22 im<br />
B-Modus.<br />
Manchmal, wenn nicht genug Verkehr<br />
vorhanden ist, bekommen Sie nicht<br />
genug Lichtspuren aufs Bild. Machen<br />
Sie in diesem Fall mehrere Fotos mit<br />
demselben Bildausschnitt und führen Sie<br />
sie später in Photoshop zusammen.<br />
Bei eingeschalteter Rauschunterdrückung<br />
macht die Kamera automatisch<br />
eine zweite Aufnahme. Anhand dieses<br />
Vergleichsfotos, spürt die Kamera<br />
etwaiges Bildrauschen auf und entfernt<br />
es. Das bedeutete allerdings immer eine<br />
Verdoppelung des Zeitbedarfs für jedes<br />
Bild. Bei einer Belichtung von einigen<br />
Minuten bleibt der Nutzen deutlich hinter<br />
diesem Nachteil zurück. Dann entfernen<br />
Sie Bildrauschen besser nachträglich mit<br />
Photoshop.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 61
Winterwunderland<br />
Eislandschaften I<br />
Eindrucksvolle Landschaftspanoramen können Sie auch<br />
in einer Gegend fotografieren, die Sie so gut kennen,<br />
dass sie Ihnen schon wieder langweilig erscheint. Doch<br />
warum nutzen Sie diese Ortskenntnis nicht zu Ihrem<br />
Vorteil: Sie kennen die schönsten Standorte und wissen,<br />
wann das Licht wo am Besten ist.<br />
Ziehen Sie sich warm an für Peter Patersons Portfolio<br />
62 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Winterwunderland<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 63
Winterwunderland<br />
64 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Winterwunderland<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 65
Winterwunderland<br />
Eisberge<br />
Die Berge, Schluchten und Seen Schottlands geben Peter Paterson ständig<br />
neue Anregungen, wie diese perfekt aufgenommenen Winterszenen zeigen.<br />
Text: Lynne Maxwell / Fotos: Peter Paterson<br />
Ort: Tullibody bei Stirling, aufgenommen mit Nikon D700 und Nikon D7000<br />
Als Landschaftsfotograf mit einer Vorliebe<br />
für den Winter ist man in Schottland gut<br />
aufgehoben. Peter Paterson fotografi ert<br />
noch heute die <strong>Landschaften</strong>, in denen<br />
er als einst als Kind aufwuchs und an<br />
Wochenenden mit dem Vater zum Angeln<br />
fuhr. Die Gegend um das wilde unberührte<br />
Rannoch Moor liegt nur 80 Autominuten<br />
von seinem heutigen Wohnort Stirling<br />
entfernt.<br />
„Ich suche regelmäßig die Orte auf, die<br />
ich schon kenne, und je öfter ich das tue,<br />
desto besser kann ich mich auf die dort<br />
herrschenden Bedingungen einstellen und<br />
die besten Lichtverhältnisse abpassen.<br />
Wenn das Wetter zuhause gut ist, dann<br />
ist es auch in Rannock in Ordnung. Es ist<br />
eine sehr fotogene Landschaft, doch das<br />
Licht ist jedes Mal anders und man erkennt<br />
immer neue Perspektiven – genau das ist<br />
es, was ich suche.“<br />
Eines hat sich allerdings geändert:<br />
Der wahrscheinlich meist fotografi erte<br />
Baum Großbritanniens steht nicht mehr.<br />
Er wurde im vergangenen Jahr vom<br />
Sturm entwurzelt. „Da wird es sehr viele<br />
enttäuschte Fotografen geben“, meint Peter.<br />
„Auch ein anderer als Motiv bekannter<br />
Baum, der nur noch die Äste in die Luft<br />
streckte aber keine Blätter mehr trug, hat<br />
den Sturm nicht überstanden.“<br />
Peters Interesse an der Fotografi e<br />
erwachte mit 15 Jahren, als der Kunstlehrer<br />
in der Schule demonstrierte, wie man<br />
einen Film entwickelt. Doch erst als er<br />
bereits Ende 20 war, richtete sich Peter<br />
eine eigene Dunkelkammer ein.<br />
„Heute fotografi ere ich mehr in Farbe<br />
als damals“, sagt er, „und natürlich ist es<br />
viel einfacher, digital zu arbeiten, anstatt<br />
mit Chemikalien zu hantieren und auf<br />
peinlich genaues Einhalten bestimmter<br />
Temperaturen achten zu müssen. Wenn<br />
ich mir eine Szene anschaue, stelle ich mir<br />
trotzdem immer noch vor, wie sie wohl in<br />
Schwarzweiß wirken würde. Meine Abzüge<br />
mache ich übrigens selbst, da kann ich<br />
alles viel besser steuern.“<br />
Peter fotografi ert diese Landschaft nur<br />
noch im Herbst oder Winter. „Im Sommer<br />
haben Sie fast nie das richtige Licht, es sei<br />
denn, Sie stehen sehr früh auf. Aber ich<br />
bin kein Frühaufsteher, und ich halte auch<br />
Im Sommer haben Sie fast<br />
nie das richtige Licht, es<br />
sei denn, Sie stehen sehr<br />
früh auf. Aber ich bin kein<br />
Frühaufsteher und ich halte<br />
auch nichts von der Goldenen<br />
Stunde. Denn auch zu<br />
anderen Tageszeiten können<br />
Sie gute, eindrucksvolle<br />
Bilder machen.<br />
nichts von der Goldenen Stunde. Denn<br />
auch zu anderen Tageszeiten können Sie<br />
gute, eindrucksvolle Bilder machen. Für<br />
das Foto einer Winterlandschaft brauchen<br />
Sie einen schönen, klaren Tag, und Sie<br />
müssen relativ früh vor Ort sein, wegen des<br />
weichen milden Lichts. Schließlich wollen<br />
Sie keine hellen Details überbelichten.<br />
Auch der Nachmittag ist gut, so zwischen<br />
zwei und drei Uhr. Danach wird das Licht<br />
zu schlecht.“<br />
„Leider habe ich schon viele<br />
großartige Motive verpasst, besonders<br />
beim Autofahren. Sie würden gerne<br />
anhalten, können aber nicht. Heute<br />
bin ich pensioniert, aber früher war<br />
ich Wartungstechniker. Ich arbeitete in<br />
Schichten, und oft ging ich gerade ins<br />
Bett, wenn draußen das beste Licht zum<br />
Fotografi eren war.“<br />
Eine perfekte Winterlandschaft braucht<br />
bestimmte Elemente. „Als Erstes muss<br />
Wasser vorhanden sein, denn Wasser<br />
bedeutet Eis, und Eis bedeutet Textur. Mir<br />
ist Raureif am Liebsten. Er legt sich auf<br />
Gras, Büsche und Bäume und gibt der<br />
Landschaft dieses Aussehen, als sei die<br />
Zeit stehen geblieben. Wenn es friert und<br />
sich gleichzeitig Nebel bildet, kommt es zu<br />
diesem Effekt. Deshalb verfolge ich immer<br />
die Wettervorhersage, wenn ich vorhabe,<br />
<strong>Landschaften</strong> aufzunehmen.“<br />
Auch wenn es nicht friert, bevorzugt<br />
Peter Wasser als Motiv in seinen Bildern.<br />
„Ich nehme eine lange Verschlusszeit,<br />
damit ein bisschen Leben in das Wasser<br />
kommt, doch ich mag nicht diese sehr<br />
langen Zeiten, bei denen keine Bewegung<br />
mehr auszumachen ist.“<br />
„Das Wetter ist mir recht gleichgültig,<br />
doch es ist besser, wenn es wechselhaft<br />
ist, weil dann das Licht interessanter wird.<br />
So verbringen Sie denn auch ziemlich viel<br />
Zeit mit Warten, das aber regelmäßig durch<br />
die ortsüblichen Regenschauer aufgeheitert<br />
wird …“<br />
Ein gutes Auge für die Bildkomposition<br />
ist natürlich für jeden Fotografen wichtig,<br />
besonders aber in der Landschaftsfotografi e.<br />
Dazu sagt Peter: „Ich neige dazu, etwas zu<br />
verwenden, das das Auge des Betrachters<br />
in die Landschaft führt. Das können ein<br />
Fluss oder ein paar Felsbrocken sein.“<br />
Kommt er in Versuchung, beispielsweise<br />
solche Steine neu auszurichten, damit sie<br />
besser ins Bild passen? „Nein“, sagt er<br />
entschieden, „an der Landschaft fummle<br />
ich nicht herum, ich nehme sie immer so<br />
auf, wie sie ist. Die Abzüge manipuliere ich<br />
aber sehr wohl, die Details in den Schatten<br />
und die Spitzlichter.”<br />
Wie alle Fotografen, die die maximale<br />
Kontrolle über Belichtung, Weißabgleich,<br />
Farbtiefe etc. haben wollen, fotografi ert auch<br />
Peter im Raw-Format, denn nur dieses enthält<br />
alle Bildinformationen unkomprimiert und<br />
unmanipuliert. Als Fotograf müssen Sie bei<br />
der Nachbearbeitung selbst entscheiden,<br />
welche davon in welchem Umfang genutzt<br />
werden sollen.<br />
„Außer den Führungslinien versuche<br />
ich auch immer, etwas Aufmerksamkeit<br />
Erregendes in den Hintergrund zu<br />
bekommen, das erzeugt optisch mehr<br />
Tiefe. Der Buachaille Etive Mòr – ein<br />
pyramidenförmiger Berg, dessen Name<br />
übersetzt „Der große Schäfer von Etive“<br />
bedeutet – und dessen Umgebung gehören<br />
zu meinen bevorzugten Fotorevieren. Hier<br />
ist es nahezu unmöglich, kein gutes Foto<br />
zu machen, wenn Sie die Gegend kennen.<br />
Es gibt unzählige gute Standorte für die<br />
Kamera, doch einer der besten ist der,<br />
wo man den Fluss mit dem Wasserfall im<br />
Vordergrund hat.“ Peter versucht, die Dinge<br />
so natürlich wie möglich aufzunehmen.<br />
Deswegen benutzt er den Pol-Filter nicht<br />
66 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Winterwunderland<br />
Die Geschichten hinter den Bildern<br />
gerne. „Den verwende ich nur, wenn<br />
ich Refl exionen im Bild habe“, sagt er,<br />
„stattdessen benutze ich Grauverlaufsfi lter,<br />
um den Kontrast zwischen Himmel und<br />
Vordergrund auszugleichen. Je weniger<br />
Glas zwischen mir und dem Motiv ist,<br />
desto besser.“ Auch einen externen<br />
Belichtungsmesser benutzt er nicht.<br />
„Ich verwende nur den kamerainternen<br />
Belichtungsmesser, doch zusätzlich habe<br />
ich eine App für die hyperfokale Distanz auf<br />
dem iPod. Die hyperfokale Distanz ist auf<br />
den meisten Objektiven nicht markiert,<br />
doch sie ist in der Landschaftsfotografi e<br />
entscheidend für den Teil des Bildes, den<br />
Sie scharf eingestellt haben wollen.“<br />
Der Rest von Peters Ausrüstung ist<br />
eher traditionell: eine Nikon D700 plus<br />
eine D7000 als Back-up für den Notfall<br />
und eine Reihe von Nikon-Objektiven.<br />
Dazu gehören ein 14-24mm f/2.8-<br />
Weitwinkelzoom und ein 18-35mm<br />
f/3.5-Zoom sowie ein 70-200mm f/2.8-<br />
Telezoom. „Dann habe ich noch ein<br />
28-300mm f/3.5 Telezoom, das ich<br />
oft benutze, wenn ich nur mit leichtem<br />
Gepäck unterwegs sein will. Ein Manfrotto-<br />
Stativ vervollständigt die Ausrüstung.<br />
Während wir miteinander sprechen,<br />
ist das 28-300-mm-Objektiv zweifellos<br />
schon eingepackt, denn am nächsten<br />
Morgen wird Peter zu einer 18-tägigen<br />
Fotosafari in in die USA fl iegen. Sein Ziel:<br />
der Yellowstone Nationalpark mit seinen<br />
Wäldern, den Canyons, den Geysiren und<br />
dem Supervulkan. „Andere Orte auf seiner<br />
teilweise abgehakten Motiv-Wunschliste<br />
sind Namibia und Island. In Island war<br />
er 2010, während die Aschewolke des<br />
Vulkans mit dem unaussprechlichen<br />
Namen den Flugverkehr der halben Welt<br />
lahmlegte. „Das war fantastisch“, sagt er<br />
heute, „Ich fuhr über 40 Kilometer durch<br />
die Aschewolke, es war pechschwarz da<br />
drin und an Fotografi eren war überhaupt<br />
nicht zu denken. Die Asche lag wie Talkum-<br />
Puder auf dem Boden.“<br />
Zuhause in Stirling arbeitet Peter an neuen<br />
Ideen, beispielsweise dem Einbringen von<br />
Texturen in seine Landschaftsaufnahmen.<br />
Solche Techniken kann man das ganze Jahr<br />
über kreativ einsetzen, nicht nur im Herbst<br />
und Winter.<br />
Rannoch Winterbaum<br />
Der Baum, der nicht mehr da ist. Ich habe mit der Kamera nah am Boden fotografi ert, weil ich den größeren<br />
Felsbrocken unten im Bild und das Buschwerk darüber in einer senkrechten Linie mit dem Baum haben wollte, so<br />
dass der Blick des Betrachters von unten nach oben zum Baum geleitet wird. Uhrzeit: etwa 5.00 Uhr.<br />
Rannoch Sonnenaufgang<br />
Kurz vor Sonnenaufgang an einem kalten Januarmorgen<br />
gab es diese fantastischen Farben, die nur zehn Minuten<br />
zu sehen waren. Die Oberfl ächenstruktur des Eises wirkt<br />
sehr gut.<br />
Nikon D200, Nikon 18-35 mm f/3.5 Objektiv,<br />
2 Sekunden mit Blende f/16<br />
Eisberg<br />
Am Strand von Jokulsarlon in Island. Das Eis ist so komprimiert,<br />
dass es die Farben des Himmels und des Wassers annimmt. Ich<br />
versuchte, die Seeschwalben aus dem Bild herauszuhalten.<br />
Nikon D700, bei ca. 50 mm mit Nikon 24-120 f/4 Objektiv,<br />
1/200 Sekunde bei Blende f/14, Grauverlaufsfi lter<br />
Buachaille Etive Mòr colour (oben rechts)<br />
Das Bild verkauft sich gut, wohl weil manche eine nackte Frau<br />
auf den Felsen liegen sehen... Es ist interessant, wenn man<br />
die Kamera dreht, um andere Perspektiven zu bekommen,<br />
besonder, wenn der Himmel gut ist. Hier habe ich einen Polfi lter<br />
verwendet. Es herrschte eine Temperatur von minus 15 Grad,<br />
deswegen war der Wasserfall eingefroren.<br />
Lochan Rannoch (rechts)<br />
Rannoch gehört zu meinem Leben, seit ich denken kann.<br />
Mein Vater hat mich als Kind immer zum Angeln dort hinauf<br />
mitgenommen.<br />
Rannoch gefroren<br />
Rauhreif, Dunst und die Wolkenformationen am<br />
Himmel werden hier durch den Weitwinkel akzentuiert.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 67
Winterwunderland<br />
68 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Winterwunderland<br />
Eislandschaften II<br />
Klirrende Kälte und eine gleichmäßige Schneedecke<br />
verwandeln eine eigentlich banale Landschaft in ein<br />
wundersames Motiv, das aus einer anderen Welt stammen<br />
könnte.<br />
Text: Will Cheung / Fotos: diverse Fotografen<br />
Die gedämpfte Helligkeit der Tage<br />
in der kalten Jahreszeit eignet sich<br />
hervorragend, um eine Winterlandschaft<br />
ins rechte Licht zu rücken. Haben Sie<br />
ein Auge auf die Wettervorhersage:<br />
Starker Frost, Dunst, Nebel und<br />
natürlich Schnee – all das kann eine<br />
Landschaft sehr fotogen machen. Auch<br />
ein klarer Himmel braucht Sie nicht<br />
zu hindern, den dadurch auftretenden<br />
Blaustich können Sie später in den<br />
Griff bekommen. Wind, peitschender<br />
Regen und grauer Himmel sind da<br />
schon größere Herausforderungen, doch<br />
sie bieten ein erstaunliches, kreatives<br />
Potenzial. Schalten Sie also den<br />
sechsten Sinn des Fotografen ein: den<br />
zum Erkennen eines großartigen Motivs.<br />
Kleiden Sie sich zweckmäßig für Ihre<br />
Winterexpedition: Festes Schuhwerk,<br />
Sonnenuntergang bei Brentor Church/Dartmoor, aufgenommen mit Canon EOS 50D, 17-40 mm-Objektiv mit 17<br />
mm Brennweite, 0,5 Sekunden bei Blende f/16 und ISO 100, Pol-Filter und Grauverlaufsfilter der Stärke 0,6<br />
© GARY KING<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 69
Winterwunderland<br />
Abgesehen von der größeren<br />
Flexibilität des Raw-Formats<br />
hat es sich bewährt, schon bei<br />
der Aufnahme auf möglichst<br />
korrekte Belichtung zu achten.<br />
warme Handschuhe und eine Wollmütze<br />
sind unerlässlich. Eine Schaufel im<br />
Kofferraum, genug zu essen und trinken,<br />
ein Schlafsack, ein voll aufgeladenes<br />
Mobiltelefon und ein voller Benzintank sind<br />
ebenfalls anzuraten, denn so sind Sie für<br />
alle Eventualitäten gerüstet.<br />
Was die konkrete Auswahl des Ortes<br />
angeht, so besteht immer die Versuchung,<br />
sich an den bekannten, touristischen<br />
Aussichtspunkten zu orientieren, doch<br />
das Schöne an der Landschaftsfotografi e<br />
im Winter besteht gerade darin, dass sich<br />
ganz normale, alltägliche Szenen als Motive<br />
für großartige Bilder eignen. Der Park in<br />
der unmittelbaren Umgebung und andere<br />
Örtlichkeiten nahebei sind es wert, unter<br />
diesem Gesichtspunkt neu entdeckt zu<br />
werden. Das gilt besonders bei Schneefall,<br />
denn die weiße Decke verwandelt auch die<br />
banalste Szene in etwas Fotogenes.<br />
Schießen Sie nicht nur Panoramen,<br />
sondern versuchen Sie auch<br />
Detailausschnitte. Ein kleiner<br />
Bildausschnitt, der die Aufmerksamkeit<br />
auf bestimmte Teile einer Szene lenkt, hat<br />
sich dabei bewährt, ganz gleich, welcher<br />
Art das Motiv ist. Hier ist weniger oft mehr,<br />
versuchen Sie deswegen unterschiedliche<br />
Zoomeinstellungen.<br />
Besondere Wetterbedingungen erfordern<br />
Sorgfalt bei der Art und Weise der<br />
Belichtung. Im Raw-Format haben Sie<br />
immer genug Reserven, und Sie können<br />
in den Spitzlichtern und Schatten mit den<br />
Wiederherstellungswerkzeugen arbeiten.<br />
Abgesehen von der größeren Flexibilität<br />
des Raw-Formats hat es sich bewährt,<br />
schon bei der Aufnahme auf möglichst<br />
korrekte Belichtung zu achten. Wenn<br />
Sie im JPEG-Format schießen, ist das<br />
entscheidend, denn wenn Weißabgleich<br />
und Belichtung falsch eingestellt sind, sind<br />
die Möglichkeiten der Nachbearbeitung viel<br />
stärker eingeschränkt als im Raw-Format.<br />
Ein übliches Problem bei Schnee<br />
und Dunst besteht darin, dass der<br />
Belichtungsmesser der Kamera davon<br />
ausgeht, es sei mehr Licht vorhanden, als<br />
tatsächlich der Fall ist. Deswegen werden<br />
Ihre Motive tendenziell unterbelichtet.<br />
Dadurch wirkt der Schnee im Bild fl ach,<br />
und graue und helle, dunstige Bereiche<br />
wirken trübe und bedrückend.<br />
Natürlich variiert der Einfl uss solcher<br />
Effekte je nach Motiv, doch Sie sollten die<br />
Rechts Wenn Ihnen beim Betrachten eines Fotos kalt<br />
wird, dann ist es ein gutes Winterfoto. Canon EOS 5D<br />
MKII, EF 17-40mm f/4L Objektiv, 1/4 Sekunde mit<br />
Blende f/11, ISO 50, Grauverlaufsfilter der Stärke 0,3<br />
70 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Winterwunderland<br />
Aus dem Eisschrank<br />
Wenn Sie keine Zeit haben oder<br />
falls das Wetter wirklich so<br />
miserabel ist, dass man keinen<br />
mehr Hund vor die Tür jagt, können<br />
Sie das Eisfach Ihres Kühlschranks<br />
als Requisite entdecken.<br />
Bestimmte Objekte, in Flüssigkeit<br />
eingefroren, ergeben interessante<br />
Motive. Experimentieren Sie<br />
nicht nur mit den Objekten -<br />
Lebensmittel, Blumen, Zweige,<br />
Gemüse - sondern auch mit<br />
unterschiedlichen Flüssigkeiten:<br />
Mineralwasser, Gelee, farbigem<br />
Wasser etc. Gefrorenes sieht am<br />
besten aus, wenn es von hinten<br />
beleuchtet wird. Ein einzelnes<br />
Blitzgerät hinter dem Motiv reicht<br />
aus. Wahrscheinlich müssen Sie<br />
den Weißabgleich der Situation<br />
anpassen, damit die Farben natürlich<br />
bleiben. Arbeiten Sie schnell<br />
und versuchen Sie möglichst viele<br />
Fotos zu machen, denn das Eis<br />
schmilzt und das Aussehen Ihres<br />
Motivs verändert sich schnell.<br />
Rechts Canon EOS 550D, Sigma 50<br />
mm Makro, 1/320 Sekunde mit Blende<br />
f/5.6 und ISO 400. Unten Olympus<br />
E-510, 35 mm, Blende f/11, ISO 200.<br />
© GARY KING<br />
IMAGES © PHIL NEWELL<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 71
<strong>Digitale</strong> <strong>Fotografie</strong><br />
Besuchen Sie uns auf der Photokina in<br />
Köln vom 18-23 September 2012<br />
Halle 4.1 / Stand G31<br />
www.digitale-fotografie-magazin.de
Winterwunderland<br />
© DREW BUCKLEY<br />
Es lohnt sich, Isolierschläuche aus<br />
Schaumstoff, wie sie für Heizungsrohre<br />
verwendet werden, an den Stativbeinen<br />
anzubringen, sie sind dann in der Kälte<br />
wesentlich angenehmer zu handhaben.<br />
Belichtungswerte genau im Auge behalten<br />
und unter Umständen gegensteuern.<br />
Weißeren Schnee und helleren Dunst<br />
bekommen Sie mit ein wenig mehr<br />
Belichtung, 0,7 oder 1 Stufe machen hier<br />
einen großen Unterschied.<br />
Verlaufsfi lter helfen, wenn der Kontrast<br />
zwischen Vordergrund und Himmel zu groß<br />
ist. Ein Grauverlaufsfi lter der Stärke 0,6 ist<br />
hier in der Regel die beste Wahl.<br />
Winterszenen wirken oft zu kalt<br />
– wer hätte das gedacht – doch ein<br />
warmer Verlaufsfi lter schafft hier Abhilfe.<br />
Doch der populärste aller Filter für die<br />
Landschaftsfotografi e ist der Polfi lter, ob<br />
Sommer oder Winter. Er muss allerdings<br />
mit Bedacht eingestzt werden, denn eine<br />
tiefstehende Sonne kann zuviel des Guten<br />
sein, so dass ein perfekter blauer Himmel<br />
zu dunkel wird.<br />
Ein stabiles Stativ gibt Ihnen bei<br />
Landschaftsfotos völlige Freiheit bei den<br />
Kameraeinstellungen und sichert optimale<br />
Bildqualität.<br />
Es lohnt sich, Isolierschläuche aus<br />
fl exiblem Schaumstoff, wie sie zur Isolation<br />
von Heizungsrohren verwendet werden,<br />
an den Stativbeinen anzubringen, sie sind<br />
dann in der Kälte wesentlich angenehmer<br />
zu handhaben.<br />
Für Langzeitbelichtungen hat es sich<br />
bewährt, den Fernauslöser mit etwas<br />
Klebeband an einem Stativbein zu<br />
befestigen, so dass er nicht im Wind hin<br />
und her schwingen kann.<br />
Ungewöhnliche Bilder bekommen Sie<br />
bei Regen und Schnee, vielleicht auch<br />
unter Einsatz von ein wenig Aufhellblitz.<br />
Synchronisieren Sie dabei auf den<br />
Ganz oben Canon EOS 30D, EF 17-40mm f/4L Objektiv, 1/6 Sekunde mit Blende f/18 und ISO 100, weicher<br />
Grauverlaufsfilter der Stärke 0,9 Oben Nikon D90, 18-105mm Zoom, 1/30 Sekunde bei Blende f/16 und ISO 100.<br />
zweiten Verschlussvorhang. Der Vorteil bei<br />
solchen Wetterbedingungen besteht darin,<br />
dass die Menschen, die sich in Ihrem<br />
Bildausschnitt befi nden, damit beschäftigt<br />
sind, gegen das Wetter anzukämpfen und<br />
nicht auf Sie und Ihre Kamera achten.<br />
Natürlich müssen Sie bei Regen<br />
und Schnee Ihre Ausrüstung schützen,<br />
erstens, damit kein Wasser in die<br />
Kamera eindringt, zweitens, damit keine<br />
Wassertropfen oder Schneefl ocken auf<br />
Ihrem Objektiv landen. Viele moderne<br />
Kameras sind allerdings heute sehr<br />
gut gegen Spritzwasser geschützt.<br />
Schneefl ocken auf der Frontlinse des<br />
Objektivs beeinträchtigen die Schärfe der<br />
Abbildung.<br />
Eine Gegenlichtblende tut hier gute<br />
Dienste. Richten Sie außerdem das Objektiv<br />
nach unten. Trotzdem ist zusätzlich noch<br />
ein Schutzfi lter ratsam. So können Sie<br />
Schneefl ocken wegwischen, ohne die<br />
Frontlinse zu verkratzen. Es gibt auch<br />
wetterfeste Schutzhüllen für Ihre Kamera,<br />
bei denen die Bedienungselemente trotz<br />
der Schutzfunktion zugänglich bleiben.<br />
Sie können aber auch einfach mit einer<br />
Plastiktüte improvisieren, in die Sie ein<br />
Loch für das Objektiv schneiden, oder Sie<br />
verwenden ein Microfaserhandtuch, um<br />
Kamera und Objektiv abzudecken.<br />
Fotografi eren im Winter macht<br />
Spaß und kann gerade aufgrund der<br />
beschriebenen kleineren, wetterbedingten<br />
Hürden sehr befriedigend sein. Und nicht<br />
zuletzt bringen Sie sehr wahrscheinlich<br />
noch eine ganze Reihe schöner Bilder<br />
nach Hause. Also: Hoffen Sie auf einen<br />
kalten, schneereichen Winter und werden<br />
Sie aktiv.<br />
© TIM CHARLESWORTH<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 73
Strandlandschaften<br />
Strandlandschaften<br />
Langzeitbelichtung und ein<br />
niedriger Kamerastandpunkt<br />
können eine Szene verändern<br />
und etwas entstehen lassen,<br />
das nicht wirklich existiert.<br />
„Ich wartete in gebückter Haltung auf die sich vor die<br />
Sonne schiebende Wolke. Die Verhältnisse waren ideal für<br />
eine Langzeitbelichtung.” Aufgenommen mit Canon EOS<br />
50D, Sigma 10-20 mm f/4-5.6, 90 Sekunden mit Blende<br />
f/11, ISO 100, Grauverlaufsfilter B+W ND110<br />
74 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Strandlandschaften<br />
Gary King verbringt jede freie Minute<br />
mit fotografi eren, wenn er nicht Design<br />
und Technologie am College in Devon<br />
unterrichtet.<br />
„Insgesamt sind das so zwei bis vier<br />
Tage pro Woche“, sagt er. Er lebt in<br />
South Hams – nur zehn Minuten von der<br />
Küste und zehn Minuten von Dartmoor.<br />
„Ich weiß, welche Stellen interessant<br />
sind, wo man parken kann, und wann<br />
die beste Zeit ist. Ich nehme eine kleine<br />
Kamera, einen Rechner für Aufgangsund<br />
Untergangszeiten der Sonne, und<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 75
Strandlandschaften<br />
1 2<br />
3<br />
„<strong>Fotografie</strong>ren heißt<br />
nicht nur, den Auslöser<br />
drücken. Es gehört auch<br />
eine Menge Planung<br />
dazu.”<br />
ich mache mir ein paar Notizen, mit<br />
denen ich meine Foto-Expeditionen<br />
plane. Fotografi eren heißt nicht nur, auf<br />
den Auslöser drücken. Es gehört auch<br />
eine Menge Planung dazu. Oft bin ich<br />
draußen und mache kein einziges Foto.<br />
Ich kann zehnmal hintereinander nach<br />
Dartmoor rausfahren und komme mit<br />
nur einem Bild zurück. Ich glaube, wenn<br />
Sie etwas genießen, sich einem Thema<br />
ganz verschreiben, dann machen Sie<br />
bessere Bilder.“<br />
Gary neigt dazu, gegen Ende des<br />
Tages zu fotografi eren. „Im Winter gibt<br />
es das beste Licht an der Südküste –<br />
kürzere Tage, weniger Verkehr, weniger<br />
Leute am Strand, und keine grabenden<br />
Hunde, die mir die schöne Sandfl äche<br />
verunstalten. Leute, die während<br />
einer Langzeitbelichtung vorbeilaufen,<br />
„verschwinden“, nicht aber ihre<br />
Fußabdrücke.<br />
Je nach Lichtverhältnissen und dem<br />
Dynamikumfang der Szene dauern<br />
meine Belichtungen zwischen einer und<br />
fünf Minuten. Die meisten meiner Bilder<br />
entstehen so etwa eine bis eineinhalb<br />
Stunden vor Sonnenuntergang. Man<br />
76 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Strandlandschaften<br />
4<br />
braucht Sonnenlicht irgendwo im<br />
Bild, um die Texturen am Rand eines<br />
Felsbassins zu betonen, Schatten zu<br />
erzeugen oder der Szene eine bestimmte<br />
Stimmung zu geben.<br />
Wenn die Ebbe einsetzt bleiben<br />
Wellen Muster im Sand zurück und<br />
fl ach einfallendes Licht bringt diese<br />
Muster zum Vorschein. Und wenn das<br />
Sonnenlicht auf die Strände in Devon<br />
und Cornwall fällt, fängt der Sand an zu<br />
strahlen wie Gold.<br />
Ich spiele nicht gerne in Photoshop<br />
mit meinen Bildern herum. Ich versuche,<br />
alles so natürlich wie möglich zu belassen<br />
und benutze meine Digitalkamera, als<br />
wäre sie mit einem Film geladen. Ich<br />
verwende die Digital Photo Professional<br />
Software von Canon, die mit der EOS<br />
5D Mark II geliefert wird und Photoshop<br />
Elements 8. Viele Leute geben ein<br />
horrendes Geld aus für Softwarepakete,<br />
aber ich stecke das lieber in Objektive,<br />
und versuche, die Einstellungen soweit<br />
wie möglich in der Kamera zu machen.“<br />
Bei so langen Belichtungszeiten geht<br />
es natürlich nicht ohne Stativ. Gary<br />
verwendet ein Giotto mit Kugelkopf, das<br />
1 „Die vom Meer heranziehenden Wolken<br />
sorgten für eine dramatische Stimmung.”<br />
Canon EOS 50D, 10-20 mm f/4-5.6, 130<br />
Sekunden, Blende f/10, ISO 100, ND 110 Graufilter<br />
2 „Die lange Belichtung beruhigte das entfernte<br />
Meer.” Canon EOS 5D Mark II, 17-40mm f/4L, 60<br />
Sekunden, Blende f/11, ISO 100, Graufilter B+W<br />
ND110, Grauverlaufsfilter 0,6 ND<br />
3 „Der absolut ruhige Tümpel betont die<br />
Kombination aus niedriger Position und 17<br />
mm-Weitwinkel.” Canon EOS 5D Mark II,<br />
17-40 mm f/4L, 110 Sekunden, Blende f/11,<br />
ISO100, Grauverfilter B+W ND110, Pol-Filterr,<br />
Grauverlaufsfilter 0,3 ND<br />
4 „Die Farben der Dämmerung waren<br />
sensationell. Der einsame Felsen war der<br />
Fixpunkt.” Canon EOS 5D Mark II, 17-40 mm<br />
f/4L, 2 Sekunden, Blende f/14, ISO 100, Pol-Filter,<br />
Grauverlaufsfilter 0,9 ND<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 77
Strandlandschaften<br />
5<br />
5 „Zehn Minuten nach Sonnenuntergang wollte<br />
ich gerade zusammenpacken, und plötzlich<br />
leuchtete der Himmel auf. Die Reflexionen im<br />
Vordergrund verstärken den Effekt.“ Canon EOS<br />
5D Mark II, Canon 17-40 mm f/4L, 4 Sekunden,<br />
Blende f/11, ISO 200, Graufilter B+W ND110,<br />
Grauverlaufsfilter Lee 0,6<br />
6 „Die Felsen geben dem Betrachter eine<br />
natürliche Blickführung. Das Meer war rauh,<br />
doch die lange Belichtung überdeckte das.<br />
Daher rührt die Stimmung des Bildes.“ Canon<br />
EOS 5D Mark II, Canon 17-40mm f/4L, 60<br />
Sekunden, Blende f/11, ISO 100, B+W ND110<br />
Graufilter, Lee Pol-Filter, Lee Grauverlaufsfilter 0,6<br />
er einfacher handhaben kann, als andere<br />
Alternativen.<br />
„Diese Bilder von Felsbassins<br />
beispielsweise sehen aus, als handele<br />
es sich um weites offenes Areal, aber<br />
in Wahrheit kauere ich in und unter<br />
Felsformationen, zwischen denen kaum<br />
Platz ist. Ich verbringe viel Zeit mit<br />
der Suche nach solchen Bassins, die<br />
wirklich sehr klein sein können. Aber<br />
ein niedriger Kamerastandpunkt und ein<br />
Weitwinkel sorgen für einen massiven<br />
Eindruck. Manche dieser „Felsen“<br />
sind nur gerade faustgroß. Ich will den<br />
Betrachter nicht per Nachbearbeitung<br />
hinters Licht führen, doch hier entsteht<br />
der Effekt einzig durch die Perspektive.<br />
Sie könnten an vielen dieser kleinen<br />
Pools vorbeilaufen und Sie würden<br />
sie nicht ein zweites Mal anschauen.<br />
Doch der Moment, in dem ich auslöse,<br />
Der Moment, in dem ich auslöse, ist unwiederholbar. Das<br />
Entstehen der Wasserlachen hängt von der Stärke der Flut<br />
und des Windes ab – manche werden das nächste Mal,<br />
wenn ich wieder dort bin, gar nicht mehr existieren.<br />
ist unwiederholbar. Das Entstehen der<br />
Wasserlachen hängt von der Stärke der<br />
Flut und des Windes ab – manche werden<br />
das nächste Mal, wenn ich wieder dort<br />
bin, gar nicht mehr existieren. Auf diese<br />
Weise entdecke ich jedesmal etwas<br />
Neues.“<br />
Gary verwendet einen Kabelauslöser,<br />
denn bei Langzeitbelichtungen kann<br />
die kleinste Kamerabewegung das<br />
Foto ruinieren. Außerdem benutzt er<br />
eine in den Blitzschuh einschiebbare<br />
Wasserwaage. Gary sagt: „Die kleine<br />
Blende macht den Horizont extrem<br />
scharf, deswegen muss er absolut<br />
waagerecht sein.“ An Objektiven benutzt<br />
er ein 17-40- und ein 24-105-mm-<br />
Zoomobjektiv.<br />
Und dann sind da natürlich die Filter.<br />
Er verwendet das Lee Filter-System<br />
mit einer Auswahl an Verlaufsfi ltern,<br />
allerdings nicht den „Big Stopper“.<br />
Dessen Aufgabe übernimmt ein B+W<br />
ND110, der die den Sensor erreichende<br />
Lichtmenge um 10 Blendenstufen<br />
reduziert. Er fotografi ert mit Blende f/11<br />
oder f/16 wegen der Tiefenschärfe. „Mir<br />
gefällt der warme Farbton, den der B+W<br />
78 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Strandlandschaften<br />
6<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 79
Strandlandschaften<br />
Filter erzeugt. Lee Verlaufsfi lter verwende<br />
ich für den Himmel, entweder harte oder<br />
weiche Filter, je nach Szenerie.“<br />
Die Felsbassin-Aufnahmen entstehen<br />
mit dem Weitwinkel und<br />
Belichtungszeiten von einer Minute und<br />
mehr. „Ich mag die lange Belichtung,<br />
denn sie beruhigt das Bild, wenn sie auch<br />
die Wolken streckt. Ich versuche, solche<br />
Stellen bei Windstille zu fotografi eren,<br />
wenn keine Kräuselungen im Wasser<br />
vorhanden sind. Dann refl ektiert die<br />
Wasseroberfl äche den Himmel und<br />
das macht einen interessanteren<br />
Vordergrund. Diese Bilder sollen die<br />
Einfachheit der Umgebung betonen.<br />
Es gibt nichts Unkomplizierteres, als<br />
am Strand zu sitzen, keine Störungen,<br />
kein Telefonklingeln. Alle Sorgen<br />
verschwinden einfach. Es ist nicht<br />
einsam, sondern einfach friedvoll.“<br />
Gary mag diesen Minimalismus<br />
seiner Bilder – er vermeidet zu viele<br />
Objekte im Bildausschnitt, aber er baut<br />
Details des Sandes in das Motiv ein oder<br />
eine Felsformation, um Interesse zu<br />
erzeugen.<br />
Er sagt: „Das Schwierige an der<br />
Fotografi e mit langen Belichtungszeiten<br />
sind die Lichtverhältnisse und die<br />
besonderen Bedingungen. Mit einem<br />
zehnstufi gen Graufi lter auf dem Objektiv<br />
muss man manuell fotografi eren,<br />
weil man nichts mehr sieht. Alles ist<br />
pechschwarz, der Autofokus spielt<br />
verrückt etc. Anfangs stochert man da<br />
wortwortlich im Dunkeln.<br />
„Heute weiß ich, welche Art<br />
Belichtung ich möchte, und ich weiß,<br />
dass ich das Okular abdecken muss,<br />
weil das dadurch einfallende Licht<br />
meine Aufnahme ruinieren würde. Man<br />
fotografi ert wirklich blind.<br />
„Man muss sehr viele Dinge<br />
vorbereiten. Ich checke immer die<br />
80 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Strandlandschaften<br />
7<br />
„Ich sehe es<br />
immer so, als<br />
hätte ich nur einen<br />
einzigen Versuch,<br />
den Moment<br />
festzuhalten.”<br />
8<br />
örtlichen Wetterseiten im Internet<br />
und weiß, wann die Sonne auf- und<br />
untergeht.“<br />
Nie verlässt er das Haus ohne<br />
ein Objektivreinigungstuch und eine<br />
Plastitüte aus dem Spuermarkt.<br />
„Ganz oft ist es so, dass Sie gerade fertig<br />
sind und die Aufnahme machen wollen,<br />
und dann kommt ein Regenschauer. Ich<br />
ziehe einfach die Plastiktüte über die<br />
Kamera und warte. Unberechenbares<br />
Wetter sorgt manchmal für die besten<br />
Bilder“<br />
Seit kurzem wendet Gary seine<br />
Felsbassin-Technik auch in der weiten<br />
Landschaft von Dartmoor an. „Ich habe<br />
ein Bild von alten Steinkreisen, in dem<br />
schnell ziehende, tief hängende Wolken<br />
durchs Bild ziehen. Der Betrachter fühlt<br />
sich unwohl, es macht den Eindruck,<br />
als würde er ins Bild hinein gesaugt. Sie<br />
müssen sich immer neue Ziele stecken,<br />
um Ihre Fotografi e zu verbessern. Ich<br />
frage mich, was ich besser machen<br />
kann, oder anders als andere Fotografen.<br />
Ich warte stundenlang auf das richtige<br />
Licht und denke dabei an meine<br />
Aufnahmetechnik. Ich sehe es immer so,<br />
als hätte ich nur einen einzigen Versuch,<br />
den Moment festzuhalten.”<br />
7 „Ich wartete, bis die Sonne über dem<br />
Horizont hing und die Felsen in warmes Licht<br />
tauchte. Der Polfilter verstärkt die Reflexionen<br />
der Wolken und gibt dem Vordergrund mehr<br />
Detail.“ Canon EOS 5D Mark II, Canon 17-<br />
40mm f/4L, 51 Sekunden, Blende f/11, ISO<br />
100, B+W ND110 Graufi lter, Pol-Filter, Lee 0,6<br />
Grauverlaufsfi lter<br />
8 „Hier sollte die Langzeitbelichtung eine<br />
Grenze zwischen dem dramatischen Himmel<br />
und dem ruhigen Vordergrund bewirken. Ich<br />
fotografierte aus einem flachen Winkel heraus<br />
und ließ den Felsen bewusst in der Mitte, des<br />
Bildausschnitts, damit er den Vordergeund<br />
nicht dominierte.“ Canon EOS 50D, Sigma 10-<br />
20mm f/4-5.6, 120 Sekunden, Blende f/10, ISO<br />
100, Graufi lter B+W ND110<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 81
Strandlandschaften<br />
82 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Strandlandschaften<br />
Motive an<br />
der Küste<br />
Ein Trip an die Nordsee<br />
bietet immer etwas für<br />
Sie und Ihre Kamera.<br />
Text: Will Cheung<br />
Fotos: diverse Fotografen<br />
Gute Fotos einer Küstenlandschaft<br />
zu machen, ist eigentlich dasselbe<br />
wie bei jeder anderen Landschaft<br />
auch. Sie sind zur richtigen Zeit am<br />
richtigen Ort und haben das richtige<br />
Licht. Dann nehmen Sie die Kamera<br />
ans Auge und drücken ab. Ganz<br />
einfach eigentlich. Doch die Realität<br />
sieht anders aus. Es ist ein ziemlicher<br />
Aufwand.<br />
Bei Ebbe gibt das Meer interessante Dinge frei.<br />
Burnham-on-Sea, Somerset, aufgenommen mit<br />
Canon EOS 5D Mark II, 17-35-mm-Objektiv<br />
bei 17 mm und 1/13 Sekunde mit Blende f/8<br />
© ANDY FOX<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 83
Strandlandschaften<br />
Als erstes müssen Sie einen attraktiven<br />
Ort an der Küste fi nden, und Sie müssen<br />
dort sein, wenn die Bedingungen –<br />
insbesondere die Lichtverhältnisse – auf<br />
gute Fotos hoffen lassen. Wenn Sie in<br />
der Nähe eines schönen Küstenstreifens<br />
wohnen, dürfen Sie sich besonders<br />
glücklich schätzen.<br />
Doch die meisten von uns werden<br />
größere Anfahrtstrecken zu bewältigen<br />
haben, und bei den heutigen Kosten für<br />
Benzin etc. ist eine gute Planung wichtiger<br />
denn je. Einfach losfahren und das Beste zu<br />
hoffen, ist nicht besonders ökonomisch. Die<br />
Lichtverhältnisse sind ohnehin bis zu einem<br />
gewissen Grad Glückssache, doch die<br />
Wettervorhersagen geben hier zumindest<br />
einen Anhaltspunkt.<br />
Entscheidend aber ist, dass Sie unter<br />
mittsommerlichen Verhältnissen entweder<br />
sehr früh morgens oder recht spät abends<br />
vor Ort sind. Ob Sie einen Sonnenaufgang<br />
überhaupt fotografi eren wollen, wenn Sie<br />
mehrere Stunden Anfahrt mit dem Auto vor<br />
sich haben, werden Sie sich insofern gut<br />
überlegen müssen.<br />
Wir haben bis hierhin einfach<br />
angenommen, Sie würden gern bei<br />
Sonnenlicht arbeiten, aber vielleicht haben<br />
Sie auch etwas anderes im Sinn. Wenn Sie<br />
beispielsweise mit Graufi ltern fotografi eren<br />
wollen, um die Bewegungen des Wassers<br />
und am Himmel einzufangen, ist ein<br />
bedeckter Himmel besser, und die Tageszeit<br />
„Die Gezeiten sind in gewissen Grenzen kontrollierbar. Sie können<br />
Sie nicht aufhalten, aber Sie können wissen, wann Ebbe und Flut<br />
kommen.“<br />
spielt keine so wesentliche Rolle.<br />
Es gibt Apps, die Ihnen helfen<br />
festzustellen, wo das Sonnenlicht<br />
den gewünschten Bedingungen zum<br />
Fotografi eren am besten entspricht.<br />
„Photographer’s Ephemeris“eignet sich<br />
sehr gut für diesen Zweck. Das Programm<br />
ist gratis für den PC, für iOS und Android<br />
wird ein geringer Kaufpreis fällig. Details<br />
fi nden Sie auf www.photoephemeris.com.<br />
Ein anderer Aspekt, den Sie<br />
berücksichtigen sollten, sind die Gezeiten.<br />
Ändern können Sie sie natürlich nicht, aber<br />
Sie können wissen, wann die höchsten und<br />
niedrigsten Wasserstände eintreten und<br />
Ihr Vorgehen entsprechend planen. Auf<br />
jeden Fall ist die Arbeit bei einsetzender<br />
Ebbe einfacher und sicherer, als bei<br />
hereinkommender Flut.<br />
Falls Ihre Szenerie etwas verschwommen<br />
aussehen soll, brauchen Sie einen<br />
extremen Graufi lter. Ein kleiner ISO-Wert,<br />
84 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Strandlandschaften<br />
Passen Sie auf Ihre<br />
Beine auf ...<br />
Sand und Salzwasser können Ihrem Stativ<br />
zusetzen. Nach Gebrauch unter solchen<br />
Bedingungen sollten Sie es deshalb<br />
in salzfreiem Wasser abspülen und<br />
anschliessend trocknen. Hat sich Sand in<br />
den Beinen und Verschlüssen festgesetzt,<br />
lohnt es sich, diese auseinanderzunehmen<br />
und ebenfalls zu reinigen, natürlich nur<br />
dann, wenn Sie sicher sind, dass Sie die<br />
Einzelteile auch wieder zusammenbauen<br />
können. Andernfalls müssen Sie mit dem<br />
sich bildenden Rost leben.<br />
© ANDY FOX<br />
Links Aufgenommen bei Prawle Point, Devon, mit<br />
Canon EOS 5D Mark II 17-35 mm-Objektiv mit Lee<br />
0.9 Grauverlaufsfilter, 0,3 Sekunden und Blende<br />
f/11.<br />
Unten Suchen Sie nach Reflexionen und Mustern.<br />
kombiniert mit kleiner Blende und einem<br />
Graufi lter der Stufe 4 oder 8 reichen nicht<br />
aus für die langen Verschlusszeiten, die Sie<br />
brauchen, falls der Effekt stärker ausgeprägt<br />
sein soll, es sei denn, Sie warten bis kurz<br />
vor Einbruch der Dämmerung, wenn<br />
die Lichtverhältnisse bereits schlechter<br />
werden. Ansonsten brauchen Sie einen<br />
extremen Graufi lter, der um neun oder zehn<br />
Blendenstufen abdunkelt. Entwickeln Sie<br />
eine effi ziente, methodische Arbeitstechnik<br />
mit solchen Filtern, das spart Ihnen viel<br />
Zeit. Bei Belichtungszeiten von mehreren<br />
Minuten fällt das durchaus ins Gewicht,<br />
denn das Licht kann sich in nur wenigen<br />
Minuten stark verändern.<br />
Ihr Motiv sollte Elemente enthalten, die<br />
sich bewegen, etwa Wasser, das fl ießt oder<br />
ziehende Wolken. Doch das allein garantiert<br />
noch kein gutes Foto. Zusätzlich brauchen<br />
Sie etwas Ruhendes im Bild, das der Szene<br />
Substanz verleiht. Das kann ein Gebäude<br />
© Will Cheung<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 85
Strandlandschaften<br />
Oben Es ist immer einen Versuch wert, mit verschiedenen Objektiven zu experimentieren. Versuchen Sie einmal ein Fisheye im Wattenmeer. Ursprünglich gerade Linien wie der<br />
Horizont sehen dann ziemlich beeindruckend, wenn der Effekt nicht übertrieben wird. Dieses Foto entstand bei Birling Gap an der Küste von East Sussex.<br />
© Will Cheung<br />
sein, eine Brücke oder Buhnen, an denen<br />
sich die Wellen brechen.<br />
Wenn Sie eine passende Szene gefunden<br />
haben, bauen Sie Ihr Stativ auf und legen<br />
Sie den Bildausschnitt fest. Bei langen<br />
Belichtungszeiten müssen Sie besonders<br />
sorgfältig vorgehen und das Stativ gut<br />
sichern, indem Sie alle Klemmen, Spanner<br />
und Schrauben gut festziehen. Auch ein<br />
unter die Mittelsäule gehängtes Gewicht<br />
schadet nicht, denn Wellen und Wind<br />
können sonst für Vibrationen sorgen, die die<br />
Bildschärfe verderben würden.<br />
Eine akkurate Bildkomposition ist<br />
besonders wichtig, denn wenn der<br />
Graufi lter einmal in Position ist, können<br />
Sie im Sucher nichts mehr erkennen.<br />
Eine aufsteckbare Wasserwaage hilft, den<br />
Horizont waagerecht einzustellen. Manche<br />
Kameras haben eine eingebaute, virtuelle<br />
Wasserwaage, die im Sucher oder auf dem<br />
Monitor zu sehen ist.<br />
Scharfstellen sollten Sie logischerweise<br />
auch, bevor der Filter aufgesetzt wird,<br />
und es sollte manuell erfolgen, damit der<br />
Autofokus Sie nicht austricksen kann.<br />
Als Nächstes legen Sie die Belichtung<br />
fest. Das kann auf unterschiedliche Art<br />
und Weise erfolgen, doch am einfachsten<br />
geht es, wenn Sie manuell messen,<br />
eine Testaufnahme machen und diese<br />
überprüfen. Wenn Sie in Ordnung ist,<br />
rechnen Sie den Filterfaktor dazu und<br />
stellen Sie die sich daraus ergebende<br />
Verschlusszeit ein.<br />
Wenn alles wunschgemäß eingestellt ist,<br />
kommt als letztes der Filter vors Objektiv. Bei<br />
Systemfi ltern müssen Sie den passenden<br />
Slot verwenden, und überprüfen, ob der<br />
Filter richtig sitzt, damit kein Licht an ihm<br />
vorbei auf das Objektiv fallen kann. Bei<br />
Schraubfi ltern müssen Sie darauf achten,<br />
dass beim Aufschrauben die Schärfe nicht<br />
verstellt wird.<br />
Verschließen Sie nun das Okular mit<br />
der vorgesehenen Okularkappe, falls<br />
vorhanden, andernfalls hängen Sie ein<br />
dunkles Tuch vor das Okular, damit kein<br />
zusätzliches Licht auf den Sensor gelangt.<br />
Jetzt bleiben nur noch der Druck auf den<br />
Fernauslöser, verriegeln und wieder lösen,<br />
wenn die gewünschte Belichtungszeit<br />
vorbei ist.<br />
Graufi lter sind nicht völlig farbneutral,<br />
auch wenn diese Ansicht weit verbreitet ist.<br />
Wenn Sie also nicht zuvor getestet haben, ob<br />
der Weißabgleich in Ordnung war, schießen<br />
Sie im Raw-Format und korrigieren später<br />
per Software.<br />
Natürlich gibt es neben Graufi ltern<br />
noch weitere nützliche Filter, allen<br />
voran der Polfi lter, mit dem Sie sowohl<br />
Dunst neutralisieren als auch die<br />
Farbsättigung verstärken können. Weiter<br />
ist der Grauverlaufsfi lter zu erwähnen,<br />
der dabei hilft, Kontrastunterschiede<br />
zwischen Himmel und Erde in für die<br />
Kamera erträglichen Grenzen zu halten.<br />
Montieren Sie diesen Filter so, dass die<br />
relevanten Teile der Szene abgedeckt<br />
werden. Experimentieren Sie auch mit<br />
unterschiedlichen Blendenstufen, denn<br />
eine weiter offene Blende sorgt für einen<br />
weicheren Übergang.<br />
Es gibt Lichtverhältnisse, die etwas<br />
delikater sind, beispielsweise wenn der<br />
Himmel fast weiß ist, langweilig und ohne<br />
jedes Detail. Dann werden Aufnahmen<br />
kleinerer Einzelheiten interessant, im<br />
Gegensatz zum weitläufi gen Panorama. Ein<br />
einfacher Trick besteht in diesem Fall darin,<br />
den Himmel aus dem Bild herauszuhalten.<br />
Auch Strandszenen können schnell<br />
langweilig wirken, wenn es keine<br />
führenden Linien oder ausgeprägte Formen<br />
im Bild gint. Führungslinien, Fixpunkte,<br />
starke Diagonalen – all das macht ein<br />
Foto dynamisch. Laufen Sie viel und<br />
erkunden Sie unterschiedliche Motive,<br />
Kamerastandpunkte und Blickwinkel.<br />
Gehen Sie nah genug an Ihr Moitv heran<br />
und nutzen zusätzlich die Reichweite ihres<br />
Zoomobjektivs.<br />
86 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Stadtlandschaften<br />
Stadt<br />
<strong>Landschaften</strong><br />
Architektur, Menschen und<br />
Licht spielen eine Rolle in den<br />
kinematischen Szenen von Michael<br />
Marshs Stadtlandschaften. Sie<br />
stellen ein Gesamtkunstwerk<br />
dar, geschaffen mit Hilfe<br />
unterschiedlicher Fototechniken.<br />
Der Ausguck<br />
„Aufgenommen an meinem 50. Geburtstag<br />
unten am Fluss in London. Meine Frau Tracey<br />
schaut mir zu.”<br />
Canon EOS 5D MkII, ISO 100, Canon 45 mm Tilt<br />
& Shift, 1/2500 Sekunde mit Blende f/2.8<br />
88 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Stadtlandschaften<br />
Michael Marsh hat die Szene<br />
fotografiert, doch bedanken müssen<br />
wir uns bei seiner Frau Tracey für<br />
dieses und die folgenden Bilder. Bei Ihrer<br />
Hochzeit 1981 schenkte sie ihm eine Zenit<br />
Spiegelreflexkamera, und so begann er im<br />
zarten Alter von 19 Jahren zu fotografieren.<br />
„Doch erst als die Digitaltechnik aufkam,<br />
fand ich wirklich gefallen daran,“ sagt<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 89
Stadtlandschaften<br />
1<br />
2<br />
er. Seine erste Digitalkamera war eine<br />
Canon EOS 5D mit mehreren Objektiven,<br />
gefolgt von einer EOS 1D Mark III.<br />
Heute benutzt er eine EOS 5D Mark II,<br />
außerdem weitere Objektive von Canon,<br />
einschließlich eines 45 mm Tilt & Shift,<br />
eines 70-200 mm f/2.8 sowie eines 180<br />
mm f/3.5-Makroobjektivs und eines Zeiss<br />
35 mm f/1.4. „Weiter verwende ich einige<br />
Graufi lter, Polfi lter und ein Manfrotto-<br />
Stativ.“ sagt Michael. „Ich gehe kaum<br />
irgendwohin ohne Kamera, doch oft ist es<br />
meine Panasonic Lumix GF1.“ Und was<br />
ist sein bevorzugtes nicht-fotografi sches<br />
Zubehör? Eine Hightech-Regenjacke oder<br />
vielleicht eine App für die Wettervorhersage?<br />
Nein. Eine Socke. „Ich kann es nicht<br />
ausstehen, wenn meine Objektive in der<br />
Fototasche aneinander stoßen,“ erklärt<br />
er. Michael verbrachte sein ganzes Leben<br />
in Kent. Geboren in Canterbury, nahe<br />
der Kathedrale, zogen seine Eltern mit<br />
ihm nach Whitstable ans Meer, als er 14<br />
Jahre alt war. Dort lebt er heute noch.<br />
„Ich gehe oft und gerne an den Strand und<br />
fotografi ere, besonders an stimmungsvollen,<br />
wolkenverhangenen Tagen. Ich fi nde<br />
natürliches Sonnenlicht bei teilweise<br />
bedecktem Himmel am schönsten, aber ich<br />
fotografi ere auch gern, wenn es dunkel ist.<br />
Das Scharfeinstellen ist dann zwar nicht so<br />
einfach, doch hier kommt der Live View der<br />
Canon ins Spiel. Ich zoome maximal ein<br />
und stelle von Hand scharf. Dabei habe ich<br />
ein völlig klares Bild, sogar aus der Hand,<br />
wenn auch mit hohem ISO-Wert. „Oft bin<br />
ich mit meinem Sohn James unterwegs. Er<br />
ist Profi -Fotograf. Ich selbst bin engagierter<br />
Amateur und habe keine Ambitionen,<br />
die Fotografi e zum Beruf zu machen.<br />
Aber ich habe schon oft mit meiner Frau<br />
darüber gesprochen, eine Galerie neben<br />
unserem Baumarkt zu eröffnen. Ich bin<br />
glücklich und zufrieden, dass wir beide<br />
und unser jüngster Sohn hier zusammen<br />
90 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Stadtlandschaften<br />
Tanz am Südufer<br />
„Hier ist immer viel<br />
los. Graffitis sind<br />
erlaubt, und diese<br />
Lady hier drehte mit<br />
ihren Freunden ein<br />
Pop-Video.“<br />
Canon EOS 5D MkII, ISO 640,<br />
Canon EF 24-105 mm<br />
mit Blende f/5, 1/200 Sekunde<br />
arbeiten. Wir betreiben das Geschäft<br />
mit meinen Eltern und ich habe die<br />
vergangenen 33 Jahre damit verbracht“.<br />
Der Standort Kent liegt nicht weit von<br />
London. „Da fahre ich sehr gerne hin.<br />
Mit gefallen das Südufer der Themse,<br />
die St. Pauls Kathedrale, das London Eye<br />
Riesenrad und das House of Parliament.<br />
Ich besuche dieselben Orte immer wieder<br />
und jedes Mal mit anderen Augen. Zuhause<br />
sehe ich mir denselben Baum seit fünf<br />
Jahren immer wieder an, in jeder Jahreszeit<br />
und bei jedem Wetter. Michael fällt es<br />
schwer, seine Fotografi e einem bestimmten<br />
fotografi schen Genre zuzuordnen, weil er<br />
zahlreiche unterschiedliche Richtungen<br />
mag, doch ihm gefallen städtische Szenen<br />
wie die hier gezeigten wohl am besten.<br />
„Ich habe oft versucht, meinen Stil<br />
zu defi nieren. Ich denke, am ehesten<br />
würde ich meine Bilder ‚atmosphärisch‘<br />
nennen. Das gilt jedenfalls für alle<br />
hier gezeigten Fotos,“ erklärt er.<br />
„Ich habe oft gesagt, es gebe<br />
keine Regeln in der Fotografi e, aber ich<br />
stelle fest, dass ich oft die Mitte wähle<br />
oder eine neue Bildkomposition mache,<br />
bevor ich meine Bilder hochlade. Ich<br />
glaube, wonach ich suche, ist Balance. Ich<br />
möchte, dass der Betrachter einen Maßstab<br />
1 London Eye Das Riesenrad und eine<br />
Laterne am Südufer. „Mein Sohn hatte das<br />
Canon 45 mm Tilt & Shift-Objektiv als<br />
Geburtstagsgeschenk für mich gemietet.“<br />
Canon EOS 5D Mark II, Canon 45 mm Tilt & Shift,<br />
1/400 Sekunde, Blende f/2.8, ISO 1600<br />
2 Prost! Diese Aufnahme entstand unter einer<br />
Brücke in der Nähe des Shard Buildings. Sehr<br />
atmosphärisches Licht. Bei dem Motiv kommen<br />
die Fähigkeiten des Tilt & Shift-Objektivs voll<br />
zur Geltung. Canon EOS 5D Mark II mit Canon 45<br />
mm Tilt & Shift-Objektiv, 1/125 Sekunde, Blende<br />
f2.8, ISO 2500.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 91
Stadtlandschaften<br />
3<br />
3 London „Mein Lieblingsbild aus dieser<br />
Reihe. Jedesmal, wenn ich es betrachte, denke<br />
ich mir: ‚Das habe ich gemacht‘. St Paul’s<br />
Cathedral, die Millennium Bridge, Regen,<br />
Sturmwolken, Menschen und fliegende Vögel,<br />
all das in einer kinoartigen Szene.“ Canon EOS<br />
5D Mark II, ISO 100, Canon EF 17-40 mm f/4,<br />
1/80 Sekunde, Blende f/10, ohne Stativ<br />
4 Ausblick mit Kick Aufgenommen oben vom<br />
London Eye. Spektakuräre Aussichten und<br />
der stimmungsvolle Himmel sind ein Bonus.<br />
Canon EOS 5D, Canon EF 17-40 mm f/4, 1/250<br />
Sekunde, Blende f/16, ISO 100.<br />
in meinen Bildern fi ndet, und wo immer<br />
möglich, sind deswegen auch Menschen<br />
auf Ihnen zu sehen. Ich fotografi ere bei<br />
jedem Licht, Tag und Nacht, nur weiße,<br />
langweilige Himmel mag ich nicht, aber<br />
wer mag die schon?“ sinniert Michael.<br />
Er glaubt, die Fotografi e habe keine<br />
Regeln und der Fotograf solle die Freiheit<br />
haben, mit allen denkbaren Techniken<br />
zu experimentieren. „Ich genieße das<br />
Experimentieren, und genau das ist es, was<br />
Fotografi e sein sollte – ein Genuss,“ sagt<br />
Michael. So probiert er denn auch ständig<br />
für ihn neue Techniken aus. „Ich arbeite mit<br />
HDR, mit Überlagerungen, Verlaufsfi ltern,<br />
Vignetten, mit allem, was mir in den Sinn<br />
kommt. Der Betrachter soll die Atmosphäre<br />
fühlen können, er soll wahrnehmen,<br />
dass er in eine Welt hineinsieht, die er<br />
zwar kennt, die aber eine erhebliche<br />
kinematische Veränderung erfahren hat.<br />
Ich bekomme viel Kommentare der Art,<br />
dass meine Bilder viele Menschen an<br />
Filmszenen erinnern, und das ist die beste<br />
Rückmeldung, die ich mir wünschen kann.<br />
„Ich schieße grundsätzlich im Raw-Format.<br />
92 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Stadtlandschaften<br />
4<br />
Oft sind meine Aufnahmen bewusst eine<br />
oder zwei Blendenstufen unterentwickelt,<br />
wodurch die Bilder stimmungsvoller<br />
werden. Am Computer mache ich<br />
dann mit Adobe Lightroom mehrere<br />
Korrekturen – Belichtung, Schatten,<br />
Luminanz, Kontrast etc. Oft erzeuge ich<br />
unterschiedlich belichtet Fotos, die ich<br />
dann mit Photomatix zu einer Art Pseudo-<br />
HDR-Aufnahme verarbeite. Dann folgen<br />
wieder - mit Lightroom – verschiedene,<br />
vordefi nierte Stile unterschiedlicher<br />
Intensität, die ich gespeichert habe und<br />
anhand derer ich erkenne, wie weit ich<br />
die Fotos pushen kann.“<br />
„Das meistbenutzte Werkzeug ist ein<br />
angepasste Pinsel zum Abwedeln und zum<br />
Kontrastieren bestimmter Bildteile. Der<br />
Verlaufsfi lter spielt eine große Rolle beim<br />
Aufhellen und Abdunkeln anderer Bereiche<br />
wie dem Himmel beispielsweise. Falls das<br />
Bild in Schwarzweiß vielversprechender<br />
ist, exportiere ich es nach Silver Efex Pro<br />
2 und probiere mehrere Voreinstellungen<br />
aus, um zu sehen, was am besten<br />
aussieht. Außerdem spiele ich mit Licht<br />
„Ich genieße das<br />
Experimentieren. Genau<br />
das ist es, was <strong>Fotografie</strong><br />
sein sollte – ein Genuss.“<br />
und Schatten herum, mit der Körnung,<br />
dem Kontrast und jedem anderen<br />
Werkzeug, das mir das Aussehen gibt, das<br />
ich haben will.“<br />
„Ich achte sehr darauf, Extreme zu<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 93
Stadtlandschaften<br />
5<br />
6<br />
7<br />
5 Fußgänger-Arterie „Das Bild zeigt den<br />
Greenwich-Fußgängertunnel unter der Themse.“<br />
Canon EOS 5D Mark II, Canon EF 17-40 mm f/4-<br />
Objektiv, 1/40 Sekunde, Blende f/4, ISO 3200,<br />
ohne Stativ<br />
6 Stehen gebliebene Zeit „Direkt am<br />
Spitalfields-Marktplatz. Der Laden stammt aus<br />
dem frühen 20. Jahrhundert, also verlieh ich<br />
dem Foto die passende Atmosphäre.“ Canon<br />
EOS 5D Mark II, Canon EF 17-40 mm f/4, 1/50<br />
Sekunde, Blende f/4, ISO 100.<br />
7 Brückenbau „Ich überlegte, wann diese<br />
Themse-Brücke wohl zum ersten Mal gebaut<br />
worden war und konvertierte das Foto in<br />
zeitloses Schwarzweiß. Canon EOS 5D Mark II,<br />
Zeiss 35 mm f/1.4, 1/250 Sekunde, Blende f/10,<br />
vermeiden. Ich möchte Kinematik,<br />
nichts Übertriebenes. Der Betrachter soll<br />
den Wunsch verspüren, das Bild immer<br />
und immer wieder anzusehen. „Manche<br />
meiner Bilder sehen aus, als sei die Zeit<br />
zurückgedreht worden. Diesen Effekt<br />
mag ich sehr, gerade weil er mit einer so<br />
hochmodernen Technik ermöglicht wird.<br />
Falls der Betrachter meiner Sicht der Dinge<br />
folgt und die herrschende Atmosphäre<br />
fühlen kann, dann hat er ein paar Minuten<br />
lang eine Gratis-Zeitreise genossen. Ich<br />
erzeuge den Effekt durch Veränderung des<br />
Weißabgleichs in Lightroom und durch<br />
Wegretuschieren bestimmter, eindeutig<br />
auf die aktuelle Epoche verweisender<br />
Gegenstände.<br />
Zu Michaels bevorzugter Software<br />
gehören Photoshop CS5, Photoshop<br />
Lightroom 4, Photomatix und Silver Efex<br />
„Falls der Betrachter meiner Sicht der Dinge folgt und<br />
die herrschende Atmosphäre fühlen kann, dann hat er<br />
für ein paar Minuten eine Gratis-Zeitreise genossen.“<br />
94 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Stadtlandschaften<br />
Pro 2. Oft scheinen seine Bilder eine kleine<br />
Geschichte zu erzählen. „Ich versuche<br />
absichtlich, dieses Gefühl zu erzeugen<br />
und sehe die Menschen im Bild oft als<br />
Schauspieler – ohne Sprechrolle natürlich<br />
– die mit ihrer Umgebung interagieren.<br />
Außerdem verwende ich die durch die<br />
Architektur und die Schatten vorgegebenen<br />
Linien, um das Auge Betrachters zu<br />
lenken.“<br />
Angesichts der Vielfalt seiner Bilder<br />
und der darin befi ndlichen Details ist es<br />
erstaunlich, dass Michael seine Aufnahmen<br />
tatsächlich so genau plant. „Manchmal<br />
träume ich sogar von meinen Motiven”,<br />
sagt er. Dann habe ich das Gefühl, ich<br />
hätte die ganze Nacht fotografi ert.“<br />
Seine Fotografi e ist selbst motiviert, er<br />
erkennt keine bewussten Einfl üsse darauf,<br />
auch wenn er gerne von den Erfahrungen<br />
anderer Fotografen liest. „Es braucht nicht<br />
viel, um mich anzuregen, hinauszugehen<br />
und draufl os zu fotografi eren.“<br />
Für die unmittelbare Zukunft hat er keine<br />
konkreten Pläne, auch wenn sich vorstellen<br />
kann, eines Tages einen Fotoband im<br />
Eigenverlag herauszubringen. „Doch dazu<br />
muss ich erst noch ein wesentlich besseres<br />
Niveau erreichen, und da ich selbst mein<br />
schärfster Kritiker bin, kann es auch sein,<br />
dass das nie passieren wird.“<br />
Zurzeit befasst er sich mit der<br />
Straßenfotografi e. Er hat sich eigens für<br />
diesen Zweck die Kamera seiner Träume<br />
zugelegt: Eine Leica M9 mit 35 mm f/2<br />
Summicron-Objektiv und Messsucher. „Als<br />
ich damit zum ersten Mal in den Straßen<br />
von Canterbury unterwegs war, war ich<br />
doch sehr überrascht, wie anders alles<br />
durch den optischen Sucher der Leica<br />
aussieht – kein Vergleich mit der EOS<br />
5D Mark II. „Der Messsucher der Leica<br />
gibt mir das Gefühl, ich sei viel mehr in<br />
den gesamten fotografi schen Prozess<br />
integriert.“<br />
Und wem verdankt er diese Entwicklung,<br />
wer kaufte ihm diese Kamera? „Meine<br />
liebe Frau Tracey.“<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 95
Stadtlandschaften<br />
96 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Stadtlandschaften<br />
Die CITY<br />
Die meisten von uns<br />
leben und arbeiten<br />
in der Stadt. Das<br />
bedeutet jeden<br />
Tag Fotomotive en<br />
masse. Alles was<br />
Sie brauchen ist die<br />
richtige Einstellung...<br />
Text: Will Cheung Fotos: diverse Fotografen<br />
D<br />
ie Stadtfotografie kann viele<br />
Formen annehmen, sie bietet<br />
Motive für jeden Geschmack, seien<br />
es Menschen, Szenen, komplizierte<br />
Detailansichten, Graffiti, Aussichten<br />
und Skylines. Doch das Beste daran<br />
ist: Die Meisten von uns brauchen<br />
nicht einmal weit zu fahren. Wir<br />
arbeiten in Städten und haben<br />
somit jeden Tag die Gelegenheit, zu<br />
fotografieren. Haben Sie also Ihre<br />
Kamera einfach immer dabei!<br />
© WILL CHEUNG<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 97
Stadtlandschaften<br />
Es gibt verschiedene technische Ansätze<br />
für die Stadtfotografi e, doch wie Sie ein<br />
bestimmtes Motiv darstellen, liegt allein bei<br />
Ihnen.<br />
Architektur-Puristen bevorzugen<br />
Gebäudeabbildungen, die frei sind von<br />
stürzenden Linien. Doch die wenigsten<br />
Fotografen werden sich die speziell für<br />
solche Bilder erforderlichen Tilt & Shift-<br />
Objektive leisten. Was bleibt, ist die<br />
Software-Option. Das „Transformieren“-<br />
Werkzeug in Photoshop ist erstaunlich<br />
mächtig und praxisgerecht. Wenn Sie es<br />
einsetzen wollen, müssen Sie allerdings<br />
schon bei der Bildkomposition um das<br />
Gebäude herum genug Platz einkalkulieren.<br />
Architektonisch „richtige“ Bilder haben<br />
ihre Daseinsberechtigung, können aber aus<br />
kreativer, bildhafter Perspektive ziemlich<br />
langweilig sein.“ Ihre Aufnahmen werden<br />
nämlich automatisch dynamischer, wenn<br />
Sie die stürzenden Linien in Ihren Fotos<br />
bewusst und kreativ einsetzen.<br />
Der Schlüssel dazu liegt natürlich in<br />
der Wahl des Objektivs. Nehmen Sie ein<br />
Weitwinkelobjektiv, und Sie werden sich<br />
nie über mangelnde starke Linien beklagen<br />
können. Mit einer kleinen Blende für extreme<br />
Tiefenschärfe sind Sie für Szenen mit<br />
komplexen Objekten sowohl im Vorder- als<br />
auch im Hintergrund gerüstet. Verwenden<br />
Sie das Teleobjektiv, um Details aus einer<br />
Struktur zu isolieren. Dabei können Sie sehr<br />
nah heranzoomen, wobei Sie kleine Details<br />
mit großer Blendenöffnung fotografi eren,<br />
um eine hübsches Bokeh zu bekommen,<br />
oder zusammen mit entfernteren Objekten,<br />
um die Perspektive zu komprimieren.<br />
Wenn Sie ein Fisheye besitzen, ein<br />
Pinhole-Objektiv oder ein Lensbaby,<br />
können Sie sich auch an abenteuerlichere<br />
Darstellungen wagen.<br />
Mit einem Tilt & Shift-Objektiv können<br />
Sie eine Technik versuchen, bei der Sie<br />
sehr selektiv scharf stellen und von einem<br />
erhöhten Standpunkt aus fotografi eren, um<br />
Oben Suchen Sie nach interessanten Formen, und<br />
versuchen Sie eine kompakte Bildkomposition. Sollen<br />
die vertikalen Linien vertikal bleiben, verwenden Sie<br />
eine lange Brennweite fotografieren aus der Distanz.<br />
„Architektonisch ‚richtige‘<br />
Bilder haben ihre Daseinsberechtigung,<br />
können aber<br />
aus kreativer, bildhafter<br />
Perspektive ziemlich<br />
langweilig sein.“<br />
Oben Für dieses HDR Foto wurden drei Serienbilder mit Photomatix bearbeitet. Aufgenommen mit Canon EOS 550D mit Sigma 10-20mm Objektiv bei 17mm Brennweite.<br />
© Philip Newell © Will Cheung<br />
98 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Stadtlandschaften<br />
Die Rechtslage<br />
Die Panoramafreiheit ist das Recht, urheberrechtlich<br />
geschützte Werke, also<br />
Gebäude und bleibende Installationen,<br />
die von öffentlichen Verkehrswegen aus<br />
zu sehen sind, bildlich wiederzugeben,<br />
ohne dafür eine Genehmigung einholen<br />
zu müssen. Dies betrifft sowohl den<br />
Vorgang des <strong>Fotografie</strong>rens, als auch die<br />
Veröffentlichung des Fotos. Dem können<br />
jedoch andere Rechte entgegenstehen:<br />
das Hausrecht, Persönlichkeitsrechte der<br />
Bewohner eines Gebäudes oder Sicherheitserwägungen<br />
(etwa bei militärischen<br />
Anlagen). Man darf also ein Gebäude in<br />
Privatbesitz von einem öffentlichen Weg<br />
aus unbedenklich fotografieren und die<br />
Aufnahmen kommerziell verwerten.<br />
Oben Suchen Sie nach fotogenen Gegensätzen und benutzen Sie ein Teleobjektiv. Das komprimiert die Perspektive,<br />
um diese herauszuarbeiten. Dieses Bild entstand mit einer Canon EOS 20D mit 100-mm-Objektiv.<br />
einen „Spielzeugstadt“ Effekt zu erreichen.<br />
Manche Kameras haben eingebaute<br />
Miniaturfi lter, die einen ähnliche Effekt<br />
produzieren. Probieren Sie es aus. Doch<br />
alle derartige Filter wirken auf JPEG-<br />
Dateien, nicht auf Raw-Dateien, prüfen Sie<br />
also den Weißabgleich und die Belichtung<br />
sehr sorgfältig.<br />
Andere infrage kommende Filter sind<br />
natürlich die, die Sie vors Objektiv montieren<br />
können. Der Grauverlaufsfi lter bietet sich<br />
an zur Kontrolle des Kontrasts zwischen<br />
Himmel und Erde, wobei Sie genau auf<br />
Position und Winkel der Übergangszone<br />
zum Himmel achten müssen. Der Pol-Filter<br />
ist immer zu empfehlen. Er kann trüben<br />
Himmel verbessern und Refl exionen von<br />
glatten Oberfl ächen eliminieren, wobei die<br />
Farbsättigung verstärkt wird.<br />
Es ist unbequem zu transportieren,<br />
doch ein Stativ gibt Ihnen die völlige<br />
Freiheit der Wahl von Blende, Verschluss<br />
und Filter. Im Dunkeln können Sie damit<br />
auch Leuchtspuren des Straßenverkehrs<br />
aufnehmen, vergessen Sie also nicht den<br />
feststellbaren Fernauslöser.<br />
Apropos Stativ: Mitunter kann der<br />
Einsatz eines Stativs die unerbetene<br />
Aufmerksamkeit privater Sicherheitsdienste<br />
oder der Polizei erregen. Das gilt besonders<br />
für Großstädte. Im Kasten rechts fi nden<br />
Sie Genaueres zu den grundsätzlichen<br />
© Philip Newell<br />
Kriterium „öffentlich“<br />
Die Aufnahme muss von einem öffentlichen<br />
Weg, einer Straße oder einem Platz<br />
aus gemacht werden, der jedermann frei<br />
zugänglich ist und im Gemeingebrauch<br />
steht. Dies gilt auch für privates Gelände,<br />
wie Privatwege und Parks, wenn sie für<br />
jedermann frei zugänglich sind. Es gilt<br />
jedoch nicht für Privatgelände, auf dem<br />
zwar Publikumsverkehr stattfindet, das<br />
aber durch Zäune oder Kontrollen vor<br />
ungehindertem Zutritt geschützt wird.<br />
Eine zeitweilige, insbesondere nächtliche<br />
Schließung steht der Öffentlichkeit<br />
nicht entgegen. Ausschlaggebend ist<br />
der tatsächliche öffentliche Zugang. Ob<br />
Aufnahmen im Inneren von frei zugänglichen<br />
und dem Verkehr dienenden Gebäuden<br />
der Panoramafreiheit unterliegen,<br />
ist umstritten, wird aber für Bahnhöfe<br />
beispielsweise überwiegend verneint.<br />
Der Aufnahmestandpunkt muss außerdem<br />
allgemein zugänglich sein. Die Aufnahme<br />
von einem anderen Gebäude aus<br />
ist nicht zulässig, selbst wenn eine Genehmigung<br />
für das Betreten des Aufnahmestandpunktes<br />
vorliegt.<br />
Kriterium „bleibend“<br />
Bleibend sind keine Gegenstände, die sich<br />
nur zeitweilig in der Öffentlichkeit befinden.<br />
Zeitweilige Kunstaktionen sind demnach<br />
keine bleibenden Werke. Der BGH<br />
hat deshalb beispielsweise im Fall der<br />
Reichstagsverhüllung entschieden, dass<br />
dieser nicht unter die Panoramafreiheit<br />
fällt. Andernfalls hätten ohne Zustimmung<br />
der Künstler Postkarten verkauft werden<br />
können.<br />
Wird das Straßenbild von überdimensionierten<br />
Reklametafeln geprägt, so erfordert<br />
der Sinn der eben auch als Straßenbildfreiheit<br />
bezeichneten Panoramafreiheit,<br />
dass eine Abbildung dieser Tafeln zulässig<br />
ist, da es sonst nicht möglich wäre,<br />
den bildlichen Eindruck des Straßenbildes<br />
wiederzugeben.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 99
Stadtlandschaften<br />
© WILL CHEUNG<br />
Oben In einer Großstadt findet immer irgendeine Veranstaltung statt, und Sie haben vielleicht die Möglichkeit zu einer einfachen Bildserie. Dieser Bilder entstanden bei der großen<br />
Fabergé-Eiersuche in London und wurden zusammenmontiert. Ein interessanter Gesamteindruck.<br />
rechtlichen Gesichtspunkten des<br />
Fotografi erens im öffentlichen Raum und<br />
weitere Details dazu in Wikipedia unter<br />
dem Stichwort „Panoramafreiheit“.<br />
Wie bei jedem Motiv müssen Sie natürlich<br />
auch die Lichtverhältnisse berücksichtigen.<br />
Doch Sie können prinzipiell in jedem<br />
Licht gute Fotos machen. Richten Sie<br />
Ihre Bildkomposition entsprechend ein.<br />
An einem trüben Tag sollten Sie vielleicht<br />
möglichst wenig Himmel in Ihren Bildern<br />
haben – es sei denn, Sie wollen ihn später<br />
per Software herausarbeiten.<br />
Die Aufnahmetechnik den<br />
Lichtverhältnissen anzupassen ist ein<br />
Schlüssel zu guten Fotos. Es erfordert<br />
Geduld und eine dem Motiv angemessene<br />
Bildkomposition. Vielleicht haben Sie nicht<br />
die Zeit, auf besseres Licht zu warten,<br />
machen Sie also das Beste aus der Situation.<br />
Smartphone Apps können hilfreich<br />
sein zur Bestimmung von Lichtwinkeln,<br />
Sonnenauf- und Untergang etc. Versuchen<br />
Sie „Photographer’s Ephemeris“ und<br />
„Sunseeker“.<br />
Mit einem völlig anderen Ansatz können<br />
Sie auch das Smartphone selbst mit Hilfe<br />
von Apps wie „Hipstamatic“, „Instagram“<br />
und „Snapseed“ als Kamera benutzen.<br />
Vielleicht halten Sie ein Stadtgebiet,<br />
das Sie sehr gut kennen, für zu langweilig,<br />
um dort zu fotografi eren. Suchen Sie sich<br />
trotzdem ein Thema, und fangen Sie an.<br />
Das kann etwas ganz Einfaches sein,<br />
Hauseingänge etwa, Gebäudedetails oder<br />
alles, was rot ist. Ihre Vorstellungskraft ist<br />
die einzige Grenze, die es dabei gibt. Lassen<br />
Sie sich beispielsweise von der Website<br />
www.prachtvoll.de anregen, auf der Sie<br />
jede Menge Bilder der alten Hansestadt<br />
Hamburg entdecken können.<br />
Jede städtische Umgebung ist eine<br />
wahre Fundgrube an Motiven für engagierte<br />
Fotografen, also raffen Sie sich auf und<br />
fangen Sie an ...<br />
100 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
4<br />
Ausgaben<br />
für<br />
35,- €!<br />
8<br />
Ausgaben<br />
für<br />
67,50 €!
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
102 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
Panoramen<br />
der See<br />
Manchmal sollte man ruhig ein paar Grundsätze<br />
missachten und Neuland betreten, wenn man alle<br />
subtilen Facetten eines Motivs festhalten will. Dann<br />
lohnt sich die „Versuch und Irrtum“-Strategie ...<br />
In Andy Fox‘ Portfolio werden etliche Regeln gebrochen<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 103
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
104 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 105
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
106 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 107
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
Träume in HDR<br />
Andy Fox lebt seinen Traum in seiner Heimat Devon. Er verreist<br />
kaum, doch seine HDR-Fotos lassen Reiseträume aufkommen ...<br />
Text: Lynne Maxwell / Fotos: Andy Fox<br />
Ort: Whitsand Bay, Cornwall, aufgenommen mit Canon EOS 5D MkII, 17-35 mm f/2.8<br />
Versuchen Sie einmal, alles zu rekapitulieren,<br />
was Sie über High Dynamic Range (HDR)-<br />
Fotografi e wissen: Bildserie. Statische<br />
Motive. Überlagern mehrerer Fotos per<br />
Software, um deren gelungenste Bereiche<br />
zu übernehmen und sie in einem einzigen,<br />
perfekten, ins Auge fallenden, leicht surreal<br />
wirkenden Bild zusammenzufassen. Alles<br />
richtig, ohne jeden Zweifel. Doch Andy Fox<br />
hat herausgefunden, wie es auch anders<br />
geht, zumindest für seinen eigenen Stil der<br />
HDR-Fotografi e.<br />
„Ich mache es mit nur einer Aufnahme,”<br />
sagt er, und ich traue meinen Ohren nicht.<br />
„Mit einer einzigen Aufnahme,“ wiederholt<br />
er. „Ich war gewohnt, eine Bildserie zu<br />
schießen mit, sagen wir, -2, -1, 0, +1 und<br />
+2. Aber das war derart arbeitsintensiv, dass<br />
ich eine Methode fi nden wollte, mit der ich<br />
denselben Effekt mit nur einer Aufnahme<br />
erzeugen konnte. Ich nenne sie „Pseudo-<br />
HDR“. Extreme Schatten und Spitzlichter<br />
brauche ich nicht, deswegen benutze ich<br />
viele Filter und das richtige Licht, um das<br />
Bild fl acher erscheinen zu lassen. Wenn es<br />
Extreme im Bild gibt, kann ich es später<br />
nicht verarbeiten. Ich brauche fl ache,<br />
ausgewogene Bilder, denn meine Canon<br />
EOS 5D MkII ist eine Vollformat-Kamera,<br />
und die Raw-Datei enthält sämtliche<br />
Bildinformationen.<br />
Für meine Panoramen mit dem Meer<br />
als Motiv würde eine Bildserie nicht<br />
funktionieren. Die Wellen ändern sich,<br />
während Sie die Serie schießen, und dann ist<br />
ein großer Teil des Bildes unscharf, während<br />
die statischen Teile extrem scharf sind. Das<br />
ist der Hauptgrund, warum ich mit einer<br />
Aufnahme auskommen muss.“<br />
Andy, 42, ist in Plymouth geboren und<br />
hat immer im Südwesten Englands gelebt.<br />
„Ich kann das Meer von Zuhause aus sehen<br />
und die Küste ist nur 10 Minuten Autofahrt<br />
entfernt, entweder nach Wembury oder<br />
Heybrook Bay. Wir haben sehr schöne<br />
Sonnenuntergänge dort. In Heybrook Bay<br />
war ich Hunderte Male, und noch nie bin<br />
ich mit dem gleichen Foto zurückgekommen.<br />
Die Wolken sehen anders aus, die Wellen<br />
können fl ach sein oder sich an den Felsen<br />
brechen. Das ist es, was mich an der Küste<br />
fasziniert. Man fährt einfach hin, und immer<br />
passiert etwas, das mich in Erstaunen<br />
versetzt, wunderbare Farben tauchen auf.<br />
„Ich mag die Prozedur,<br />
wenn ich an der Küste Fotos<br />
mache. Das fertige Bild ist<br />
am Ende eigentlich nur das<br />
i-Tüpfelchen“<br />
Ich habe Freude daran, zu fotografi eren.<br />
Das Katalogisieren, die Bildbeschreibungen,<br />
Namen vergeben etc. liegt mir dagegen<br />
überhaupt nicht.<br />
Leider gehört das zum Dasein als<br />
professioneller Fotograf dazu. Andy hat<br />
die Fotografi e vor etwa einem Jahr zum<br />
Hauptberuf gemacht. Er sagt: „Es ist ein<br />
Klischee, aber ich lebe meinen Traum. Es hat<br />
sich so ergeben, es lief in diese Richtung.<br />
Trotzdem war es die schwerste Entscheidung<br />
meines Lebens, den sicheren Job aufzugeben<br />
und mich aufs Fotografi eren zu verlegen.”<br />
Andy kaufte seine erste Digitalkamera<br />
erst vor etwa zehn Jahren, eine Canon EOS<br />
350D. Vorher, bei der Analogfotografi e,<br />
schrieb er sämtliche Einstellungen für ein<br />
Foto in ein kleines Notizbuch. „Heute kann<br />
ich sofort sehen, wie sich die Einstellungen<br />
auswirken, und ich habe die Chance,<br />
zu korrigieren“, erklärt er. Mittlerweile<br />
verwendet er die EOS 5D MkII und eine<br />
Canon EOS 40D als Back-up. Auch seine<br />
Objektive sind alle von Canon, ein 17-35<br />
mm f/2.8-Weitwinkelzoom, ein 70-200<br />
mm f/2.8-Telezoom und ein „langsameres“<br />
24-105 mm f/4-Telezoom, das selten zum<br />
Einsatz kommt.<br />
„Ich kaufe ständig neue Ausrüstung,<br />
meistens Filter, die ich ständig verliere. Ein<br />
Glasfi lter liegt irgendwo oben in Dartmoor.<br />
Ich mag es überhaupt nicht, irgendetwas<br />
zurückzulassen. Ein Tier könnte in den Filter<br />
treten und sich verletzen, auch wenn das<br />
eher unwahrscheinlich ist.“<br />
„Verkratzte Filter sind ein geringeres<br />
Problem, als man vermuten würde.<br />
Manchmal tritt ein Kratzer aufgrund<br />
seitlichen Bildeinfalls hervor, doch das kann<br />
man per Software wieder ausbügeln.“<br />
Er verwendet Lee Filter, auch solche von<br />
Formatt. „Ich experimentiere mit allen Filtern,<br />
um ein fl acheres Bild zu bekommen. Ich<br />
verwende einen Grauverlaufsfi lter der Stärke<br />
0,6 und einen invertierten Grauverlaufsfi lter<br />
der Stärke 0,9, was zusammen das<br />
Äquivalent einer Blendenstufe ergibt.“<br />
Für seine HDR-Bilder benutzt er<br />
ausschließlich Graufi lter. „Ich verwende<br />
grundsätzlich keinen Polfi lter, weil der<br />
die Schatten verstärkt, und das ist genau<br />
das, was ich auf keinen Fall will. Ich<br />
weiß, auch das widerspricht den üblichen<br />
Regeln. Ich brauche ein relativ fl aches und<br />
stumpfes Bild. Manchmal betrachte ich eine<br />
gerade geschossene Aufnahme auf dem<br />
Kameramonitor und denke mir: „Das ist<br />
es, das wird ein großartiges Bild“, während<br />
andere Fotografen wohl das Gegenteil<br />
denken würden.“<br />
Ein anderes unerlässliches Zubehör,<br />
ohne das er nie aus dem Haus geht, ist<br />
ein Manfrotto 055XPROB-Stativ mit BHD2<br />
Induro-Kugelkopf. „Das hat schon bessere<br />
Zeiten gesehen und ist ein bisschen<br />
verrostet. Es war wahrscheinlich öfter im<br />
Wasser als ich“, sagt er. Die Gummifüße<br />
habe ich entfernt, weil die bei starkem Wind<br />
anfangen, zu vibrieren.<br />
Meistens stehe ich auf solidem Felsen.<br />
Der und das Gewicht der Kamera halten das<br />
Stativ in Position, was für die Bildschärfe<br />
unerlässlich ist. Bildschärfe, Farbsättigung<br />
und Kontrast sind nach der Bildkomposition<br />
das Wichtigste für meine Bilder.<br />
Die Bildkomposition ist es, die das<br />
Bild ausmacht“, sagt Andy, „Sie können<br />
die beste Kamera haben und die besten<br />
Fähigkeiten bei der Nachbearbeitung.<br />
Doch das ist alles wertlos, wenn Sie die<br />
Bildkomposition ruinieren. Fotografen<br />
können direkt nebeneinander stehen, und<br />
völlig verschiedene Fotos machen. Ein<br />
wenig Vorbereitung hilft natürlich. Seien<br />
Sie rechtzeitig vor Ort und fi nden die beste<br />
Position.“<br />
Andy verwendet die TPE (The<br />
Photographer’s Ephemeris)-Software, die<br />
den Sonnenauf- und Untergang zeitlich<br />
und geografi sch präzise in Google Maps<br />
anzeigt. „Es gibt eine Stelle bei Kingsbridge,<br />
ungefähr 30 Minuten von hier, da haben<br />
Sie den Sonnenuntergang vor sich und den<br />
Mondaufgang hinter sich – zwei Motive zur<br />
selben Zeit am selben Ort.“<br />
108 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
Die Geschichten hinter den Bildern<br />
Er plant seine Fototrips anhand der<br />
Zeiten des Sonnenuntergangs, aber<br />
manchmal funktioniert es nicht so einfach:<br />
Um Weihnachten herum war er in der<br />
Whitsand Bay in Cornwall. Die Sonne<br />
verschwand hinter den Wolken und alles<br />
wurde grau. Nach Sonnenuntergang packte<br />
er seine Ausrüstung zusammen und stieg<br />
wieder hinauf zum Kliff, überzeugt, der<br />
Tag sei gelaufen. „Ich bog um eine Ecke<br />
und sah einen wunderschönen, rosa- und<br />
orangefarbenen Himmel. Er hatte Textur,<br />
Details, alles was man braucht. Leider war<br />
die Kamera weggepackt.“ In diesem Fall war<br />
es die Natur gewesen, die die Regeln brach.<br />
„Ich verwende die Spotmessung, und<br />
üblicherweise messe ich den hellsten<br />
Bildbereich, um die gewünschte Flachheit<br />
meiner Bilder zu erzielen. Im Live View gibt es<br />
die Möglichkeit, den Messpunkt der Kamera<br />
im Bildausschnitt zu verschieben. Das ist, als<br />
wenn Sie den Belichtungsmesser bewegen<br />
könnten. Ich verwende diese Funktion, um<br />
mir die Histogramme anzeigen zu lassen, die<br />
mir sagen, wie das Bild aussehen wird.”<br />
Nach dem Fotografi eren wartet Zuhause<br />
einiges an Nachbearbeitung. Andy verwendet<br />
Photoshop CS5. Er braucht nicht sehr lange<br />
pro Bild, vielleicht zehn Minuten. „Ich arbeite<br />
mit der selektiven Farbkorrektur, damit ich<br />
einzelne Farbtöne stärker sättigen oder auch<br />
den Ton selbst ändern kann. Damit können<br />
Sie jede beliebige Farbe hervorheben. Sie<br />
erzeugen keine Farbe, die Farbe ist schon da.<br />
Es hängt lediglich von der Farbtemperatur in<br />
der Raw-Datei ab.“<br />
Als professioneller Fotograf macht Andy<br />
eine Vielzahl unterschiedlicher Motive und<br />
zurzeit arbeitet er daran, Porträts mit seiner<br />
speziellen HDR-Technik zu fotografi eren,<br />
doch der Erfolg hat sich noch nicht zu seiner<br />
Zufriedenheit eingestellt. Seine Favoriten sind<br />
nach wie vor <strong>Landschaften</strong>. „Mir gefallen<br />
Aufnahmen von Meer und Landschaft in<br />
HDR, doch der Effekt darf nicht zu stark<br />
sein. Wer meine Bilder ansieht, sollte nicht<br />
merken, dass es HDR-Aufnahmen sind. Ihre<br />
Augen können mehr sehen, als eine Kamera,<br />
und das ist es, was ich hervorheben möchte,<br />
so dass der Betrachter sehen kann, was<br />
ich gesehen habe. Ich mag die Prozedur,<br />
wenn ich an der Küste Fotos mache. Das<br />
fertige Bild ist am Ende eigentlich nur das<br />
i-Tüpfelchen.”<br />
Whitsand Bay (1)<br />
Der Sturm hatte Schaum aufgetürmt, und ich machte<br />
eine Langzeitbelichtung, als die Welle hereinkam. Als<br />
das Wasser zurücklief, entstanden diese Spuren.<br />
Whitsand Bay (2)<br />
Das war ein Testfoto für meine Bildkomposition. Das Motiv<br />
erinnerte mich an meine Sommerferien als Kind. Ich denke, Fotos<br />
sollten Emotionen beim Betrachter auslösen.<br />
Whitsand Bay (3)<br />
Dies war eine vorbereitete Aufnahme – Ebbe,<br />
Sonnenuntergang und ein südlicher Wind, der<br />
das Wasser den Strand hinauftrieb und so für den<br />
spiegelnden Wasserfi lm auf dem nassen Sand<br />
sorgte.<br />
Canon EOS 5D MkII, 17-35 mm f/2.8, 1/60<br />
Sekunde, Blende f/6.3, ISO 100, 0,9<br />
Grauverlaufsfi lter<br />
Links:<br />
Fennycombe Point (2)<br />
Die drei hervorstehenden Felsen<br />
fi elen mir auf. Sie zeigen die<br />
Gesteinsformationen des Kliffs.<br />
Canon EOS 5D MkII, 17-35 mm<br />
f/2.8, 1/30 Sekunde, Blende f/8,<br />
ISO 50; 0,9 Grauverlaufsfi lter<br />
Rechts:<br />
Heybrook Bay (1)<br />
Dieses Becken ist nur zwei Meter<br />
breit, sieht aber aus wie eine<br />
ausgedehnte Landschaft. Canon<br />
EOS 5D MkII, 17-35 mm f/2.8, 1/60<br />
Sekunde, Blende f/3.5, ISO 50; 0,6<br />
Grauverlaufsfi lter<br />
Fennycombe Point (1)<br />
Hier gefi el mir der Kontrast zwischen den rauhen<br />
Felsen, dem Meer und dem Himmel. Das war bei<br />
Fennycombe Point in der Nähe von Muxham Point in<br />
Devon.<br />
Canon EOS 5D MkII, 17-35 mm f/2.8, 1/50 Sekunde mit<br />
Blende f/8 und ISO 50<br />
St Michaels Mount<br />
2 Sekunden Belichtung sorgten für ruhiges<br />
Meer und für die Refl exionen der Wolken<br />
im Wasser. Nur kurz nach dieser Aufnahme<br />
war das Pfauenauge am Himmel schon<br />
wieder verschwunden.<br />
Canon EOS 5D MkII, 17-35 mm f/2.8,<br />
2 Sekunden, Blende f/8, ISO 50<br />
Heybrook Bay (2)<br />
Wegen des Windes entstand hier keine klare Spiegelung<br />
im Wasser, also machte ich den Himmel zum Hauptmotiv.<br />
Da sich kein maßstabgebendes Element im Bild befi ndet,<br />
könnte es sich durchaus um eine langgezogene Bergkette<br />
handeln. In Wahrheit ist sie aber nur drei Meter lang.<br />
Canon EOS 5D MkII, 17-35 mm f/2.8, 8 Sekunden, Blende<br />
f/22, ISO 50<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 109
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
110 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
HDR Motive<br />
Bevor Sie Kontraste mit der HDR-Technik bearbeiten können,<br />
brauchen Sie passende Bilder. Wir zeigen Ihnen, wie man für<br />
HDR fotografiert.<br />
Fotos: Will Cheung und diverse Fotografen<br />
Wenn Sie dasselbe Foto ein paar<br />
Mal aus dem Raw-Format konvertieren,<br />
versuchen Sie bitte nicht, extreme Werte<br />
zu erreichen. Sie erzielen vielleicht +/-2<br />
Stufen, doch selbst das kann schon<br />
zuviel sein, und es können Artefakte<br />
auftauchen, die Ihr Bild beeinträchtigen.<br />
Wenn Sie HDR-Bilder produzieren wollen<br />
und dazu im Raw-Format fotografieren,<br />
ist es immer ratsam, das Histogramm<br />
genau zu studieren. Es sollte weder zu<br />
rechts- noch zu linkslastig sein. Alles<br />
in der Mitte wäre ideal, doch es kommt<br />
natürlich auch auf die Szene an. Was<br />
Sie mit Sicherheit nicht wollen, ist ein<br />
„abgeschnittenes“ Histogramm, denn<br />
das bedeutet, dass die betreffenden<br />
Bereiche keinerlei Details mehr<br />
aufweisen. Bei der Raw-Konvertierung<br />
hat sich ein 0,5-Intervallschritt in<br />
beide Richtungen bis +/-2 EV bewährt,<br />
wodurch man neun Bilder erhält. Bei<br />
Oben Aufgenommen mit Canon EOS 5D MkII 17-35 mm-Objektiv, 1/10 Sekunde, Bende f/13, ISO 50<br />
© ANDY FOX<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 111
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
extrem kontrastreichen Motiven brauchen<br />
Sie eventuell weiter auseinander liegende<br />
Extremwerte, doch das kann, wie oben<br />
erwähnt, die Qualität beeinträchtigen. Sie<br />
können natürlich all die Werkzeuge, die der<br />
Raw-Konverter mitbringt, verwenden, um<br />
das Bild zu verbessern, insbesondere, um<br />
auch aus den überbelichteten Bereichen<br />
und aus den Schatten noch Details<br />
herauszuholen. Oder Sie machen es wie<br />
-2 EV<br />
Technik<br />
Am laufenden Band<br />
Basis-Belichtung<br />
Dies ist eine Neun-Bild-Reihe in Schritten<br />
von 0,5 Stufen, fotografiert mit einer<br />
Nikon D3s auf einem Stativ, wobei die<br />
Kamera auf „Continous Drive“ eingestellt<br />
war. Das verwendete Raw-Format<br />
Sie können ohne Stativ<br />
auskommen aber Sie sollten<br />
dann für die Aufnahme auf<br />
„Continous Drive“ schalten,<br />
um die Kamerabewegungen<br />
innerhalb der Bildreihe zu<br />
minimieren.<br />
+2 EV<br />
bedeutet hohen Speicherbedarf. Wenn<br />
Sie viele Serien schießen, sollten Sie<br />
anspruchsvoll sein beim Aussortieren.<br />
Löschen Sie alles, was nicht genau<br />
passt, um Platz zu sparen.<br />
© Will Cheung<br />
Andy Fox und spielen mit den Farben und<br />
der Farbsättigung. Aber das kommt später<br />
von allein, wenn Sie mehr Erfahrung haben.<br />
Bei Mehrfachkonvertierungen derselben<br />
Datei kann man schon mal die Übersicht<br />
verlieren, deshalb sollten Sie nach jeder<br />
Konvertierung einen neuen Dateinamen<br />
vergeben.<br />
Manche meist ältere HDR-Software liest<br />
die EXIF-Daten der Kamera aus. Ist das bei<br />
Ihnen der Fall, wird das Zusammenführen<br />
der Bilder nicht funktionieren, weil alle<br />
Dateien dieselben EXIF-Daten haben.<br />
Doch Sie können die EXIF-Daten<br />
loswerden. Speichern Sie die JPEG/<br />
TIFF-Originale im Bitmap-Format und<br />
anschließend das Bitmap-Format wieder als<br />
JPEG/TIFF. Fall erledigt.<br />
Nebenbei bemerkt: Inzwischen kommen<br />
mehr und mehr Kameras auf den Markt, die<br />
HDR-Bilder schon intern erzeugen können.<br />
Diese Funktion liefert fertige Bilder, passen<br />
also eigentlich nicht zu unserem Thema,<br />
denn es gibt nicht viel, was Sie an solchen<br />
Bildern noch ändern könnten.<br />
Die bekannteste HDR-Technik besteht<br />
darin, ganz einfach eine Bildserie<br />
aufzunehmen. Die meisten Kameramodelle<br />
haben heute eine Funktion, mit der Sie<br />
die Kamera dazu veranlassen, drei, fünf,<br />
sieben oder neun Fotos mit voreingestellten<br />
Belichtungswerten von 0,3, 0,5, 0,7, 1<br />
und sogar 2 Lichtstufen zu schießen.<br />
Generell lässt sich feststellen: Je<br />
komplexer – also teurer – die Kamera,<br />
desto mehr Optionen bekommen sie. Eine<br />
Dreierserie kann bereits für HDR verwendet<br />
werden, doch je mehr Bilder mit umso<br />
größerer Belichtungsdifferenz Sie machen<br />
können, umso besser.<br />
Stellen Sie die Werte ein, drücken Sie<br />
den Auslöser, und die Kamera macht den<br />
Rest. Am besten verwenden Sie ein Stativ,<br />
die Spiegelverriegelung Ihrer Kamera – falls<br />
vorhanden – einen Fernauslöser oder den<br />
Selbstauslöser der Kamera. Ein stabiles<br />
Stativ mit einem qualitativ hochwertigen<br />
Stativkopf ist am besten, und deshalb<br />
empfehlen wir Ihnen das auch hiermit. Mit<br />
einer der Marken Benro, Giottos, Manfrotto,<br />
Slik und Induro sind Sie gut beraten.<br />
Fotografi eren mit der Blendenautomatik<br />
sorgt dafür, dass die Blende und damit<br />
die Schärfentiefe dieselben bleiben,<br />
während der Serienaufnahme. Auch<br />
die Scharfeinstellung sollte sich nicht<br />
verändern können. Wenn das Risiko<br />
besteht, verwenden Sie die manuelle<br />
Scharfeinstellung.<br />
Um absolute Konsistenz herzustellen,<br />
verwenden Sie eine Voreinstellung oder eine<br />
eigene Weißabgleich-Einstellung – obwohl<br />
die auch noch bei der RAW-Konvertierung<br />
vorgenommen werden könnte. Außerdem<br />
verwenden Sie einen festen ISO-Wert,<br />
demnach also keine automatische<br />
ISO-Einstellung.<br />
112 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
Rechts<br />
Kartoffelfelder bei Ferrybridge, West Yorkshire. Die<br />
niedrige Sonne sorgte für erstaunliche Licht- und<br />
Schattenmuster in den gekrümmten Furchen. Die Fotos<br />
einer Dreier-Serie, aufgenommen mit -2, 0 und +2<br />
Stufen wurden mit Photomatix zusammengeführt,<br />
wobei die Funktion „Ausgangsbilder ausrichten“<br />
verwendet wurde. Das Bild wurde dann mit der Nik<br />
Software „Silver Efex“ in Schwarz-Weiß umgewandelt,<br />
wobei der Rot-Filter den blauen Himmel abdunkelte<br />
und den rötlichen Ackerboden leicht glänzen ließ.<br />
Unten rechts<br />
Der Hodder-Fluss bei Whitewell, Forest of Bowland. Eine<br />
weitere Dreier-Serie, ebenfalls mit -2, 0 und +2 Stufen<br />
aufgenommen und mit Photomatix zusammengeführt.<br />
Dann wurde mit Photoshop weiter verarbeitet, um die<br />
Kiesel und die Farben des Wasser hervorzuheben.<br />
Sie können ohne Stativ auskommen<br />
aber Sie sollten dann für die Aufnahme<br />
auf „Continous Drive“ schalten, um die<br />
Kamerabewegungen innerhalb der Bildreihe<br />
zu minimieren.<br />
Manche HDR-Software kann mit<br />
leichte Kamerabewegung und dadurch<br />
entstehender unsauberer Überlagerung<br />
der Bilder umgehen. Wenn Sie eine Serie<br />
ohne Stativ schießen, achten Sie auf die<br />
Einstellungen der Kamera. Mit einem<br />
weiten Belichtungsbereich von +2 Stufen<br />
kann Verwackeln zum Risiko werden,<br />
und Sie erhalten verwischte Bilder. Die<br />
können Sie unmöglich zu einem HDR-Bild<br />
zusammenführen.<br />
Falls Ihre Kamera keineSerienbildfunktion<br />
hat oder deren Optionen bei dieser Funktion<br />
für Ihr Vorhaben nicht ausreichen, können<br />
Sie immer noch manuell fotografi eren.<br />
In diesem Fall geht es aber nicht ohne<br />
Stativ, denn Sie werden es nicht schaffen,<br />
die Kamera exakt in derselben Position zu<br />
halten, drei- oder fünfmal abzudrücken und<br />
dabei auch noch für jede Aufnahme die<br />
Belichtung neu einzustellen. Noch einmal:<br />
Ändern Sie die Verschlusszeit, nicht die<br />
Blende, damit der Tiefenschärfebereich<br />
gleich bleibt. Das Stativ sorgt für risikolose<br />
langsame Verschlusszeiten.<br />
Wie weit Ihre Extremwerte auseinander<br />
liegen sollten, hängt von den<br />
Lichtverhältnissen ab. Bei kontrastreichem<br />
Licht – das Objektiv direkt gegen die Sonne<br />
gerichtet beispielsweise – legen sie die<br />
Werte weit auseinander, damit Sie Farbe in<br />
die Schatten und Details in die Spitzlichter<br />
bekommen. Eine Szene mit weniger<br />
extremen Lichtverhältnissen kommt mit<br />
einem kleineren Bereich, also mit weniger<br />
Bildern aus.<br />
Wie auch immer, irgendwann haben<br />
Sie Ihre Serie unterschiedlich belichteter<br />
Einzelbilder, und Sie sind nun in der<br />
glücklichen Lage, sie alle mit Ihrer HDR-<br />
Software oder mit Photoshop zu bearbeiten.<br />
Auf den nächsten Seiten zeigen wir Ihnen,<br />
wie das mit Photomatix – der wahrscheinlich<br />
besten HDR-Software am Markt – und mit<br />
Photoshop CS5 funktioniert.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 113
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
114 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
HDR erzeugen<br />
Gute HDR-Bilder sind in vieler Hinsicht eine Herausforderung.<br />
Zuerst brauchen Sie ein für HDR geeignetes Motiv – was nicht<br />
selbstverständlich ist. Nun brauchen Sie eine Bildserie, entweder<br />
real oder aus einer Raw-Datei. Danach benutzen Sie die HDR-<br />
Software. Das Ganze ist aufwendig, doch die Bilder können sich<br />
sehen lassen.<br />
Text: Andrew Willams / Fotos: Will Cheung<br />
© Will Cheung<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 115
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
Alles passiert in der Software, treffen Sie also eine kluge Wahl<br />
High Dynamic Range (HDR)-Software<br />
soll ein sehr altes Problem lösen: Wie<br />
bekomme ich den vollenfarblichen<br />
Tonwertumfang, wenn der<br />
Kontrastunterschied den Dynamikbereich<br />
des Sensors übersteigt?<br />
In diesem Artikel werde ich beschreiben,<br />
wie eine Reihe von Bildern eines Motivs<br />
in ein einziges HDR-Bild überführt wird,<br />
und zwar mit Photoshop CS5 HDR Pro<br />
und mit Photomatix, einem Programm<br />
mit Plug-Ins für Apple Aperture, Adobe<br />
Lightroom und Photoshop. HDR-Bilder<br />
können so unnatürlich aussehen, als<br />
seien sie aus einem Comic-Strip gefallen.<br />
Doch ich bemühe mich, die Ergebnisse<br />
glaubhaft erscheinen zu lassen, wenn<br />
möglich, sogar vollständig natürlich. Ich<br />
beginne mit einer Serie von neun Raws,<br />
aufgenommen in Schritten von 0,5 Ev<br />
von -2 Stufen bis zu +2 Stufen, wobei<br />
die Blende unverändert blieb und die<br />
Bilder dieselbe Tiefenschärfe aufweisen.<br />
Die HDR-Verarbeitung nutzt den sich aus<br />
allen Aufnahmen zusammen ergebenden<br />
vollen Dynamikbereich und repräsentiert<br />
diesen in einer 32 Bit-Datei. Bildschirme<br />
und Drucker können einen solchen weiten<br />
Bereich jedoch nicht darstellen, deswegen<br />
wird am Ende des Prozesses eine 16<br />
Bit-Datei erzeugt, die darstellbar ist. Die<br />
Anwendung verschiedener HDR-Software,<br />
um dasselbe Ergebnis zu erreichen,<br />
war eine interessante Erfahrung. Im<br />
Vergleich zu den Möglichkeiten früherer<br />
Photoshop Versionen ist CS5 HDR Pro<br />
ein enormer Fortschritt. Es bietet mehr<br />
Einfl ussmöglichkeiten und funktioniert<br />
schneller. Die Bedienungselemente von<br />
Photomatix andererseits, auf den ersten<br />
Blick komplizierter, machen es einfacher,<br />
die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.<br />
Obwohl der Refresh der <strong>Vorschau</strong> auf<br />
dem Bildschirm fühlbar langsamer war,<br />
machen die Soforthilfe-Funktion für<br />
die Steuerelemente und der Viewer mit<br />
Lupenansicht Photomatix zu einer Top-<br />
Software für diese Art Bildverarbeitung.<br />
Photomatix Pro Schritt für Schritt<br />
Photomatix Pro von HDRsoft ist<br />
der bekannteste – und wahrscheinlich<br />
leistungsfähigste – auf dem Markt<br />
befi ndliche HDR-Prozessor. In<br />
seiner Version 4.2 kombiniert er<br />
mächtige Werkzeuge mit einfacher<br />
Bedienbarkeit. Der Workfl ow<br />
unterscheidet sich allerdings von<br />
dem mit Photoshop CS5 HDR<br />
Pro ganz erheblich. CS5 HDR Pro<br />
setzt auf dem Adobe Camera Raw<br />
(ACR)-Dateikonverter auf, ohne<br />
dass während des Prozesses ein<br />
Zwischenschritt über eine 16 Bit<br />
TIFF-Datei erforderlich wäre. So wird<br />
die maximal mögliche Datenmenge<br />
für die Weiterverarbeitung in bewahrt.<br />
Photomatix enthält einen<br />
Raw-Konverter, der aber weniger<br />
leistungsfähig ist. Der empfohlene<br />
Workfl ow sieht deshalb als<br />
Zwischenschritt die Konvertierung<br />
in eine 16 Bit TIFF-Datei mit einem<br />
Raw-Prozessor Ihrer Wahl vor. Dann<br />
sollten diese Dateien zur HDR-<br />
Verarbeitung in Photomatix geladen<br />
werden. Dabei entsteht zwar ein<br />
Qualitätsverlust, doch in der Praxis ist<br />
der kaum wahrnehmbar.<br />
Photomatix verfügt über Plug-Ins<br />
zur Integration mit Apple Aperture,<br />
Adobe Photoshop und Lightroom,<br />
was die Konvertierung komfortabler<br />
macht. Es unterstützt den Workfl ow<br />
und spart Zeit.<br />
Ich verwende in dieser<br />
Beschreibung das Lightroom Plug-In.<br />
Die Standalone-Version hat jedoch<br />
dieselbe Bedieneroberfl äche und ist<br />
recht ergonomisch ausgelegt. Man<br />
fi ndet sich daher schnell zurecht.<br />
Ich versuche, auch in HDR ein<br />
möglichst natürliches Aussehen der<br />
Bilder beizubehalten, doch je nach<br />
Motiv wende ich den Effekt auch<br />
etwas stärker an.<br />
1<br />
Nach dem Vorbereiten der Bilder in Adobe Camera Raw liest Lightroom die<br />
Korrekturen ein. Die Einstellungen für die Entwicklung müssen auf „null“<br />
stehen, für Schwarz beispielsweise auf +5. Markieren Sie die Bilder und<br />
klicken Sie auf Datei > Exportieren > Photomatix Pro. Übernehmen Sie die<br />
Default-Einstellungen aus dem Dialogfeld.<br />
2<br />
Quellen 3<br />
Verarbeiten<br />
Eine <strong>Vorschau</strong> erscheint, in der Sie Bildbereiche festlegen können, die durch<br />
Ghosting beeinträchtigt sein können. In diesem Bild sind das die Wolken.<br />
Rechtsklicken Sie also in den Himmel und markieren die Wolken. Photomatix<br />
wählt nun ein Ausgangsbild aus, doch Sie können Ihre eigene Wahl treffen.<br />
Photomatix zeigt nun das 32 Bit HDR-Bild. Da der Dynamikbereich<br />
umfangreicher ist, als heutige Monitore darstellen können, sieht das Bild<br />
schlecht aus. Wandeln Sie es in ein 16-Bit-Bild um, das angezeigt und gedruckt<br />
werden kann. Gehen Sie dazu auf Bearbeiten > Tone Mapping. Nun erscheinen<br />
die Bearbeitungswerkzeuge und einige Thumbnails mit Voreinstellungen.<br />
116 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
4<br />
Auswählen<br />
Die Funktion „Fusion“ führt Ihre Bilder zusammen, wobei die Pixel aus<br />
den am besten belichteten Teilen der Einzelbilder verwendet werden. Wir<br />
benutzen hier jedoch das „Tone Mapping“, wobei die 32 Bit-Datei in eine<br />
16-Bit-Datei umgewandelt wird. Unter den verschiedenen Voreinstellungen<br />
erschien mir Enhancer-Smooth als guter Startpunkt.<br />
5<br />
Spitzlichter bearbeiten<br />
Der überbelichtete Bereich der Sonne ist leider sehr groß. Im Auswahl-Modus<br />
zeichne ich einen Kreis darum und ersetze den Bereich durch den aus einem<br />
der Originalbilder. Ich nehme die -2 EV-Version, und die Überbelichtung ist<br />
erkennbar reduziert. Sie können auch die Objektivrefl exionen bei den Felsen<br />
entfernen, indem Sie diesen Bereich durch den aus dem -1 EV-Bild ersetzen.<br />
6<br />
Mehr Finetuning<br />
Ziehen Sie die Regler in kleinen Schritten, um den Effekt feinzutunen.<br />
Photomatix zeigt entsprechende Hilfen unten links an, wenn Sie die Maus<br />
über die einzelnen Regler bewegen, sodass Sie deren Funktionen verstehen.<br />
Ich habe die Spitzlichter etwas weicher gemacht und auch den grauen<br />
Bereich um die intensive Sonne verbessert. Speichern Sie nun, und die TIFF-<br />
Datei wird wieder an Lightroom übergeben. Das ist das natürliche Bild unten.<br />
NATÜRLICH<br />
7<br />
Werden Sie kreativ<br />
Verarbeiten wir nun dieselben Dateien mit mehr HDR-Effekt. Die „Enhancer-<br />
Grunge“-Voreinstellung ist ist für meinen Geschmack aber zu gesättigt, und<br />
der Himmel ist sehr körnig. Mit dem Temperaturregler habe ich den Himmel<br />
ein wenig angewärmt und einen mittleren Beleuchtungseffekt gewählt.<br />
Kombiniert mit reduziertem Gamma und reduzierter Sättigung gibt das einen<br />
melancholischen Effekt. Das fertige Bild sehen Sie unten.<br />
EXTREM<br />
8<br />
Aufräumen ...<br />
Ich mag das Bildrauschen am Himmel nicht. Ich reduziere das, ohne dass sich der Eingriff auf das gesamte Bild auswirkt. Nach ein wenig Experimentieren mit<br />
der Sättigungseinstellung und den Werten für Schatten und Spitzlichter erhielt ich dieses noch natürlich wirkende und das etwas mehr HDR-Effekt zeigende<br />
Bild – genau, wie ich es haben wollte. Aber HDR ist Geschmacksache, und so könnte Ihr Ergebnis ganz anders aussehen.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 117
HDR-<strong>Landschaften</strong><br />
Photoshop CS5 HDR Pro Schritt für Schritt<br />
In Photoshop CS5 sind die HDR-<br />
Funktionen wesentlich verbessert<br />
worden. HDR Pro ermöglicht<br />
mehr Einfl uss auf den Prozess<br />
und ist erheblich schneller<br />
als die Vorgänger. Bei diesem<br />
Landschaftsfoto wollte ich die HDR-<br />
Funktionen nutzen, ohne jedoch<br />
das natürliche Aussehen des Bildes<br />
zunichtezumachen. Die Details der<br />
Schatten sollten sichtbar werden,<br />
ohne dass die Details des Himmels<br />
darunter leiden würden. Sie können<br />
von JPEG-Dateien ausgehen,<br />
doch Raw-Dateien eignen sich<br />
besser wegen des größeren<br />
Tonwertumfangs. Benutzen Sie<br />
Adobe Camera Raw (ACR) für<br />
generelle Korrekturen, bevor Sie<br />
beginnen. In diesem Fall war der<br />
Horizont ungerade, und es gab ein<br />
paar Staubkörner zu entfernen.<br />
Es gibt nur weniger Regler<br />
zu verstellen, doch die haben<br />
große Effekte. Ich probierte ein<br />
wenig herum und beobachtete die<br />
Auswirkungen. Wenn HDR für Sie<br />
neu ist, beginnen Sie, indem Sie<br />
die einzelnen Regler einzeln auf<br />
ihre Extremwerte bringen, um ein<br />
Gefühl für den jeweiligen Effekt zu<br />
bekommen. Stellen Sie schrittweise<br />
den gewünschten Bildzustand<br />
her. Das in Echtzeit anzeigende<br />
<strong>Vorschau</strong>fenster ist dabei eine große<br />
Hilfe. Beachten Sie, dass Sie das<br />
Bild nicht mehr verändern können,<br />
nachdem Sie den Prozess des<br />
Zusammenführens der Einzelbilder<br />
gestartet haben. Speichern Sie<br />
Oben Wählen Sie die Dateien für Ihr HDR Bild in „Bridge“ aus.<br />
daher die vorgenommenen<br />
Änderungen als eine Voreinstellung,<br />
dann können Sie immer wieder<br />
neu beginnen, die Voreinstellung<br />
aufrufen und von dort aus weitere<br />
Veränderungen vornehmen.<br />
1 Vorbereiten<br />
2<br />
Bevor ein HDR-Bild erstellt werden kann, muss jedes Bild der Serie voreditiert<br />
werden. Öffnen Sie alle Bilder gleichzeitig in Adobe Camera Raw. Korrigieren<br />
Sie den Horizont falls notwendig und entfernen etwaige Staubkörner aus dem<br />
Bild.<br />
Ändern<br />
Klicken Sie auf die „Synchronisieren“-Schaltfl äche, um die Änderungen auf<br />
alle Bilder anzuwenden und dann auf „fertig“, um ACR zu verlassen. Klicken<br />
Sie auf Werkzeuge > Photoshop> In HDR Pro zusammenführen“. Die HDR-<br />
Bedieneroberfl äche verfügt über eine große <strong>Vorschau</strong>funktion und Regler für<br />
das Feintuning des Fotos. Adobe stellt Voreinstellungen zur Verfügung.<br />
3 Halos vermeiden<br />
4<br />
Starten Sie mit der Korrektur von Radius und Stärke. In diesem kontrastreichen<br />
Bild brauchen Sie kleinere Werte, sonst bekommen Sie weiße Halos um das<br />
Kliff herum, wie hier zu sehen ist. Die Regler beeinfl ussen einander. Nehmen<br />
Sie sich also Zeit für kleine, schrittweise Korrekturen für jeden einzelnen<br />
Regler, bis Sie den Effekt bekommen, den Sie wünschen.<br />
Kontrast einstellen<br />
Im „Ton und Detail“-Arbeitsbereich stellen Sie den Kontrast mit dem<br />
Gammawert ein. Zuviel Gamma führt zu einer grauen Sonne, was unerwünscht<br />
ist. Zurücknehmen des Gammawerts hilft, doch da die dunkelste Aufnahme<br />
immer noch die Sonne stark überbelichtet, stellte ich den besten allgemeinen<br />
Gammawert ein und verschob die Korrektur der Sonne auf später.<br />
118 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR <strong>Landschaften</strong><br />
5 Details einstellen<br />
6<br />
Versuchen Sie jetzt den „Detail“-Regler. Er funktioniert ähnlich wie das<br />
Bildschärfen, seien Sie also vorsichtig damit. Ich begann bei 300 Prozent,<br />
was viel zu stark war, wie hier zu sehen ist. Ich reduzierte bis auf 124, was<br />
sich als guter Kompromiss erwies. Ich zog die Helligkeit etwas auf und glich<br />
das mit kleinerem Gammawert aus, was das Aussehen der Sonne verbesserte.<br />
Aufräumen<br />
Ein Klick auf „Geister entfernen“ entfernt Bereiche, die durch Bewegungen<br />
zwischen den Aufnahmen verwischt sind, Wolken beispielsweise. Sie<br />
können das vorgeschlagene Bild ändern. Bei diesem Bild reduziert sich auch<br />
der Randeffekt um die Sonne. Das dunkelste Bild eignet sich am besten. Ein<br />
letzter Schub Richtung Schatten mit der Tonkurve, und wir sind fertig.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 119
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
Künstlerisches<br />
Schwarz<br />
Weiß<br />
Auch im Digitalzeitalter kann man analoge<br />
Dunkelkammertechniken einsetzen, um das<br />
Beste aus beiden Welten zusammenzuführen.<br />
120 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
Monochrome<br />
Magie<br />
Es ist schwer zu sagen, was Martin<br />
Henson besser charakterisiert: seine<br />
Herkunft aus Yorkshire oder die Qualität<br />
seiner Schwarzweiß-<strong>Fotografie</strong>.<br />
Geboren vor 60 Jahren auf einer Farm in<br />
West Yorkshire, hat er sich noch nie mehr als<br />
50 Kilometer von Zuhause entfernt. Weiter<br />
weg gezogen hat es ihn nie, und so ist er<br />
mächtig stolz darauf, dass er seine Bilder<br />
alle in diesem begrenzten geografischen<br />
Gebiet aufgenommen hat.<br />
Der Ribblehead Viadukt „Ich wollte den Viadukt nur<br />
mit einer darauf fahrenden Dampflok aufnehmen, denn<br />
dafür war er einst gebaut worden.“<br />
Canon EOS-1D Mark III, Canon 17-40 mm L-Objektiv,<br />
1/250 Sekunde, Blende f/8, ISO 100<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 121
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
1<br />
2<br />
122 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
3<br />
„Ich finde hier so viel zu fotografieren, da<br />
brauche ich nicht kilometerweit zu fahren. Ich<br />
schaue mir das Licht und die Kontraste an<br />
und garantiere, wenn das Wetter ok ist, dann<br />
komme ich auch mit einem Bild zurück.“<br />
Seine bevorzugte Gegend ist Whitby. „Die<br />
Chancen, dort gute Konditionen anzutreffen,<br />
sind wesentlich größer als beispielsweise in<br />
Dales, wo die Abhängigkeit vom Wetter viel<br />
stärker ist.“<br />
Martin ist bekannt für seine künstlerische<br />
Landschaftsfotografie. Er beschreibt sich<br />
selbst als „halbprofessionell“. Er verkauft<br />
großformatige Abzüge seiner Bilder über<br />
einen Agenten in den USA. Sie werden zu<br />
Tausenden zu ihm zurückgeschickt, damit<br />
er sie mit seinem Autogramm versieht. Er<br />
fertigt auch maßgeschneiderte Abzüge nach<br />
Kundenwunsch an, führt Workshops durch<br />
und arbeitet an seinen eigenen Projekten.<br />
Im Übrigen findet er noch die Zeit<br />
für den familieneigenen Malerei- und<br />
Dekorationsbetrieb. Als er im Alter von 12<br />
Jahren seine erste Kamera bekam, eine<br />
Kodak Box, fotografierten Amateure noch<br />
nicht in Farbe, und so begann seine Karriere<br />
als Schwarzweiß-Fotograf.<br />
„Ich war immer mehr an den Schaufenstern<br />
von Fotogeschäften interessiert, als an<br />
Spielzeugläden“, sagt Martin. „Meine erste<br />
Kamera hatte ein Fixfokusobjektiv und<br />
einen Zentralverschluss mit einer einzigen<br />
Verschlusszeit. Ich fand es aufregend und<br />
rätselhaft, wie es möglich war, dass man<br />
damit Fotos machen konnte.“<br />
Später kaufte er sich eine Zenit und<br />
begann, auch in Farbe zu fotografieren. „Ich<br />
war aber nie zufrieden damit, weil ich nicht<br />
den gesamten Prozess selbst kontrollieren<br />
konnte. Die Abzüge kamen zurück, aber es<br />
waren keine Details zu erkennen, obwohl<br />
ich sie auf dem Negativ sehen konnte. So<br />
richtete er sich eine eigene Dunkelkammer<br />
ein, doch da der Farbverarbeitungsprozess<br />
komplizierter und teurer war, konzentrierte er<br />
sich auf Schwarzweiß. Dann, nach 30 Jahren<br />
Dunkelkammer-Technologie, kaufte er seine<br />
erste digitale Spiegelreflexkamera.<br />
„Ich schaffte es nicht, meine digitalen<br />
Schwarzweiß-Bilder so aussehen zu<br />
lassen, als seien sie auf Schwarzweiß-Film<br />
fotografiert worden. Dann postete jemand ein<br />
paar Bilder im Kodak-Forum. Er verwendete<br />
dieselbe Kamera wie ich, doch die Kontraste<br />
seiner Bilder waren wirklich hervorragend,<br />
kein Vergleich mit meinen Ergebnissen. Ich<br />
nahm Kontakt auf, um herauszufinden, wie<br />
er das machte.“<br />
Seit Kurzem fotografiert Martin wieder<br />
auf Film, doch zur Dunkelkammer ist er<br />
nicht zurückgekehrt. Er arbeitet mit einer<br />
Hasselblad 500CM, scannt die Negative<br />
1 Hohes Weideland „Frühmorgens auf dem<br />
Langdale Head im Lake District. Die Wolken<br />
stiegen von den umliegenden Gipfeln auf und<br />
diese Kühe waren genau am richtigen Ort“.<br />
Canon EOS-1D MkII, 17-40 mm L-Objektiv, 1/250<br />
Sekunde, Blende f/5.6, ISO 100<br />
2 Wintertannen „Im Ilkley-Moor wollte ich die<br />
Isolation in der weiten Landschaft einfangen,<br />
die sonst mit Heidekraut bedeckt ist.” Canon<br />
EOS-1D MkII, 17-40-mm L-Objektiv, 1/250<br />
Sekunde, Blende f/5.6, ISO 400<br />
3 Im weißen Licht „Teil der Harewood<br />
House Grounds bei Leeds. Ich fotografierte<br />
in die Sonne, die mit einem guten Objektiv<br />
kontrollierbar ist.“<br />
Canon EOS-1D MkIII, 17-40mm L-Objektiv, 1/500<br />
Sekunde, Blende f/8, ISO 100.<br />
„Gute Schwarzweiß-Fotos brauchen<br />
vier Dinge: einen großen<br />
Tonwertumfang, Kontrast, Textur<br />
und Stimmung. Die Stimmung<br />
ist am schwersten zu erzeugen,<br />
denn Sie hängt von den anderen<br />
drei Faktoren ab.“<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 123
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
Tierisches Publikum ...<br />
„Ein Glückstreffer: Ich<br />
fuhr diese Straße entlang<br />
und sah die Schafe auf<br />
dem Feld. Sie blieben<br />
unbeweglich, als ich<br />
ausstieg, starrten mich nur<br />
an. Ich fand eine Mauer als<br />
Auflage für die Kamera und<br />
Schoß eine ganze Serie.“<br />
Canon EOS-1D Mark II,<br />
17-40mm L-Objektiv, zwei<br />
kombinierte Aufnahmen, 1/500<br />
Sekunde, Blende f/8, ISO 100<br />
4 Süßwasserangeln „Der Fluss bei Keighley<br />
an einem dunstigen Morgen. Das Bild hat<br />
alles, was ein Schwarzweiß-Foto braucht: den<br />
Menschen, die Schafe, die Textur.”<br />
Canon EOS-1Ds Mark II, 50mm f/1.4-Objektiv,<br />
1/400 Sekunde, Blende f/5.6, ISO 100<br />
5 Kanalspaziergang<br />
„Ich wartete auf jemanden, der in den<br />
Bildausschnitt laufen würde. Die Kugellaternen<br />
lenken den Blick in das Bild und beleuchten<br />
den Weg.“<br />
Canon EOS-1D Mark III auf Stativ, 17-40 mm<br />
L-Objektiv, 1 Sekunde, Blende f/4,<br />
ISO 1000<br />
und bearbeitet in Photoshop. „Es hat mit der<br />
Qualität und mit der Körnung von Film zu tun.<br />
Mit der Digitaltechnik funktioniert es einfach<br />
nicht. Ein Beispiel: Ich wohne in der Nähe der<br />
Keighley und Worth Valley Eisenbahnstrecke.<br />
Ich kann 70 bis 80 Digitalfotos schießen,<br />
aber mir gefallen davon nur eine Handvoll.<br />
Es kostet nichts, aber ich lerne auch nichts<br />
aus den Bildern. Also verwende ich wieder<br />
Film, und ich gehe langsamer zu Werke. Ich<br />
verbrauche zwei 120er Filmrollen, das sind<br />
24 Bilder, und davon sind dann meist zwei<br />
der Bilder sehr gut. Viele, die nie auf Film<br />
fotografiert haben, sind ängstlich, denn sie<br />
können nicht sehen, was Sie aufnehmen.“<br />
„Ich entwickle den Film, lasse ihn<br />
trocknen. Dann kommt er in den Scanner.<br />
Im Vergleich zur Dunkelkammer ist die<br />
digitale Weiterverarbeitung, insbesondere das<br />
Nachbelichten und Abwedeln, wesentlich<br />
einfacher, und auch die Qualität wird besser<br />
als in der Dunkelkammer.“<br />
Außer der Hasselblad verwendet Martin<br />
eine Canon EOS-1Ds Mark II und eine<br />
124 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
4<br />
5<br />
EOS-1D Mark III mit dem 50mm f/1.4<br />
Normalobjektiv, außerdem ein Canon Tilt &<br />
Shift E 24 mm f/3.5- und ein Canon Tilt &<br />
Shift E 90mm f/2.8-Objektiv. „Ich mag die<br />
Tilt & Shift-Objektive deshalb, weil ich damit<br />
eine Tiefenschärfe von etwa einem dreiviertel<br />
Meter bis unendlich bekomme, selbst mit<br />
dem 90-mm-Objektiv; von der Qualität ganz<br />
zu schweigen, da kommt kein Zoomobjektiv<br />
mit.<br />
„Selbst wenn Sie in Farbe schießen,<br />
müssen Sie in Schwarzweiß denken“, sagt<br />
er. „Für Schwarzweiß brauchen Sie die<br />
richtige Stimmung im Motiv, die kann man<br />
nicht erzwingen. Die Bedingungen müssen<br />
stimmen.<br />
„Meistens brauchen Sie Sonnenlicht,<br />
sonst werden die Farben unterdrückt, doch in<br />
Schwarzweiß besteht das Problem darin, dass<br />
Sie keine Kontraste bekommen, und wenn<br />
Sie keine Kontraste haben, haben Sie auch<br />
keinen Tonwertumfang, keine Dynamik“,<br />
erklärt Martin.<br />
„Gute Schwarzweiß-Fotos brauchen vier<br />
Dinge: einen großen Tonwertumfang, Kontrast,<br />
Textur und Stimmung. Die Stimmung ist am<br />
schwersten zu erzeugen, denn Sie hängt von<br />
den anderen drei Faktoren ab.“<br />
„Stehen Sie einigermaßen früh auf, dann<br />
fangen Sie dieses weiche, etwas diesige Licht<br />
ein. Mittags, bei hochstehender Sonne, gibt<br />
es starke Kontraste, und abends bekommen<br />
Sie lange Schatten, die für Umrisse und<br />
Formen sorgen.“<br />
Martin gehört definitiv zu der Fraktion von<br />
Fotografen, die alle Einstellungen bereits in der<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 125
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
6 Kalkstein und Baum „Aufgenommen im<br />
Malham Moor – Bäume, die scheinbar aus dem<br />
Stein wachsen.“<br />
Canon EOS-1Ds Mark II, 17-40 mm L-Objektiv,<br />
81 Sekunden, Blende f/22 und Lee Big Stopper<br />
Graufi lter, ISO 50<br />
7 Spurn Point Leutturm „Ich machte eine<br />
Langzeitbelichtung, um die Bewegung des<br />
Grases und der Wolken einzufangen.“<br />
Canon EOS-1Ds Mark II, 17-40 mm L-Objektiv,<br />
139 Sekunden, Blende 22, ISO 50<br />
8 Kloster Whitby „Das Licht hinter dem<br />
Kloster war unglaublich, doch wir hatten<br />
den besten Moment verpasst. Doch der<br />
Lichteinfallswinkel sorgte noch für die<br />
Spiegelung im Wasser.“ Canon EOS-1Ds Mark II,<br />
24-105 mm L-Objektiv, 1/600 Sekunde, Blende<br />
f/5, ISO 160<br />
Kamera richtig haben wollen. „Das macht das<br />
Leben wesentlich einfacher, wenn Sie dann<br />
am Computer sitzen. Viele Fotografen machen<br />
zwei oder drei Aufnahmen vom Stativ aus und<br />
legen diese dann übereinander oder machen<br />
mehrere Konversionen derselben Raw-Datei.<br />
Ich halte es jedoch für besser, sich Gedanken<br />
über die Belichtung zu machen und den<br />
Belichtungsmesser der Kamera richtig zu<br />
lesen. Bei einer Strandszene beispielsweise<br />
messen Sie einmal das Wasser und dann<br />
einen hellen Teil des Himmels. Dann wissen<br />
Sie, wie viele Blendenstufen Unterschied Sie<br />
haben.<br />
Ich arbeite mit einem weichen Verlaufsfilter,<br />
um die Belichtung auszubalancieren.<br />
Mehr Details im normalerweise dunkleren<br />
Vordergrund bedeutet mehr Belichtung, und<br />
das kann eine Überbelichtung des Himmels<br />
um mehrere Blendenstufen bedeuten. Ein<br />
weicher Verlaufsfilter sorgt dafür, dass das<br />
nicht passiert.” Martin betont, wie wichtig<br />
es ist, die Beziehung zwischen Blende und<br />
Verschlusszeit zu verstehen. Dabei geht es<br />
weniger um die Tiefenschärfe, als darum,<br />
ob Sie den Himmel oder den Vordergrund<br />
stärker hervortreten lassen wollen, und dass<br />
eine absichtliche Über- oder Unterbelichtung<br />
die Stimmung des Bildes verändern kann.<br />
Statt Photoshop verwendet Martin ein selbst<br />
126 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
6<br />
7<br />
8<br />
entwickeltes System der Kontrastbewertung.<br />
Ich habe darüber nachgedacht, was ich<br />
früher in der Dunkelkammer gemacht habe.<br />
Ich habe Fotopapier mit unterschiedlichen<br />
Kontrastgraden verwendet, wobei 0 weicher<br />
oder geringer Kontrast und 5 harter oder<br />
hoher Kontrast bedeutet. Mit Teststreifen<br />
bestimmte ich, welche Belichtungszeit und<br />
welche Kontraststufe nötig waren, um einen<br />
detailreichen Himmel zu erzeugen und wie<br />
sich dieselben Einstellungen auf Vordergrund<br />
und Schatten auswirkten. Normalerweise<br />
brauchte man unterschiedliche Werte und<br />
so waren Nachbelichtung und Abwedeln<br />
notwendig, und Details sowohl in die<br />
Spitzlichter als auch in die Schatten zu<br />
bekommen. Dieselbe Vorgehensweise<br />
musste auch am Computer möglich sein. Ich<br />
lernte also den Umgang mit den Photoshop-<br />
Kurven zur Kontrasteinstellung. Bei dunkler<br />
Landschaft und hellem Himmel gehe<br />
ich folgendermaßen vor. Für Details des<br />
Himmels wähle ich den Kontrast selektiv<br />
aus. Ich kopiere den Hintergrund später und<br />
korrigiere die Kurven entsprechend, um auch<br />
den Kontrast am Himmel herauszuarbeiten.<br />
Dann füge ich eine schwarze Ebenenmaske<br />
hinzu. Ich setzte die Vordergrundfarbe auf<br />
Weiß und verwende das Pinselwerkzeug, um<br />
die Details hervorzubringen. Dann passe ich<br />
die Kontrastunterschiede zwischen hellsten<br />
und dunkelsten Bereichen an, kopiere die<br />
Hintergrundebene erneut und wiederhole<br />
den Prozess für einen anderen Bereich oder<br />
ändere, was ich bereits korrigiert habe. So<br />
baue ich das Bild langsam auf, indem ich<br />
mir auf diese Weise jeden zu bearbeitenden<br />
Bereich vornehme, ganz so, wie ich es auch<br />
in der Dunkelkammer getan haben würde.<br />
Bei Abzügen war es immer das<br />
Aufregendste, wenn sich das Bild langsam<br />
im Entwicklerbad auf dem Fotopapier<br />
materialisierte. Heute ist es spannend,<br />
wenn sich das fertige Bild langsam aus dem<br />
Druckerschlitz schiebt.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 127
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
Feine<br />
Schatten in<br />
Grau<br />
Erstklassige Schwarzweiß-<br />
Fotos erfordern eine ebenso<br />
erstklassige Aufnahmetechnik<br />
Text: Will Cheung / Fotos: diverse Fotografen<br />
Schwarzweiß-Fotos macht man am besten<br />
in JPEG mit der Kameraeinstellung „Monochrom“.<br />
So sehen Sie das Ergebnis sofort<br />
und brauchen keine Nachbearbeitung am<br />
Computer, was Ihnen eine Menge Zeit und<br />
Arbeit erspart.<br />
Nun führt solche Bequemlichkeit nicht notwendigerweise<br />
zu den besten Ergebnissen,<br />
vor allem dann nicht, wenn es um künstlerische<br />
Aufnahmen geht, bei denen noch der<br />
kleinste Schatten von Bedeutung ist.<br />
Aus JPEG-Schwarzweiß-Bildern können Sie<br />
mehr herausholen, wenn Sie den Kontrast<br />
korrigieren und vielleicht auch einen der in<br />
modernen Kameras integrierten Kontrastfilter<br />
verwenden. Doch nur im Raw-Format<br />
können Sie die in den Dateien enthaltenen<br />
Bildinformationen voll ausnutzen, und<br />
Rechts Windgeneratoren bei Norfolk, aufgenommen<br />
mit Nikon D700, 24-70 mm Zoom bei 24 mm<br />
Brennweite mit Pol-Filter, 1/100 Sekunde mit<br />
Blende f/7.1 und ISO 100<br />
128 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
© Will Cheung<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 129
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
davon werden Ihre Bilder im Vergleich zu<br />
JPEG-Aufnahmen sehr profitieren.<br />
Leider hat auch das Raw-Format Nachteile.<br />
Wenn Sie ausschließlich in Raw schießen,<br />
bekommen Sie die Bildvorschau nur in<br />
Farbe. Doch das können Sie umgehen,<br />
indem Sie in Raw und JPEG fotografieren.<br />
Schalten Sie also auf „Monochrom“ und<br />
Sie bekommen die <strong>Vorschau</strong> der JPEG-<br />
Version des Fotos in Schwarzweiß auf dem<br />
Kameramonitor angezeigt. Falls Ihr Vorstellungsvermögen<br />
noch nicht auf Schwarzweiß<br />
„trainiert“ ist, sehen Sie so zumindest<br />
ansatzweise, wie das fertige Bild am<br />
Ende aussehen könnte. Dazu muss die<br />
JPEG-Datei nicht sehr groß sein, stellen Sie<br />
also die kleinste mögliche Dateigröße ein,<br />
denn Sie werden die Bearbeitung später<br />
sowieso an der Raw-Datei vornehmen.<br />
Der große Nachteil der Raw-Dateien –<br />
ihr Umfang – ist auch ihr größter Vorteil.<br />
Mit entsprechender Software können Raw-<br />
Dateien so lange angepasst und korrigiert<br />
Mit Hilfe der passenden<br />
Software können Sie Raw-<br />
Dateien anpassen und<br />
manipulieren, bis Sie das<br />
gewünschte Ergebnis haben.<br />
werden, bis Ihnen das Ergebnis gefällt.<br />
Sie haben viel kreative Freiheit dabei und<br />
können das volle Potenzial des Bildes<br />
herausarbeiten. Das dauert natürlich seine<br />
Zeit und erfordert Erfahrung und die richtige<br />
Software. Erfahrene Schwarzweiß-Fotografen<br />
verzichten auf die JPEG-Ansicht,<br />
Oben Sean Batten benutzte ein 10,5mm Fisheye mit<br />
der Nikon D90, um diesen ungewöhnlichen Blick<br />
in die U-Bahnstation zu erzeugen; 1/80 Sekunde,<br />
Blende f/4.5<br />
Unten Liverpool Stadtzentrum, aufgenommen mit<br />
Nikon D700 mit 70-200 mm-Objektiv und konvertiert<br />
in Schwarzweiß mit Adobe Lightroom 3<br />
© Will Cheung © Sean Battenrn<br />
130 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
Kamera Gelbfilter<br />
Kamera Orangefilter<br />
Kamera Rotfilter<br />
Kamera Grünfilter<br />
Optischer Gelbfilter<br />
Optischer Orangefilter<br />
Optischer Rotfilter<br />
Optischer Grünfilter<br />
Technik<br />
Filterspäße<br />
Verwenden Sie einen einfarbigen<br />
Kontrastfi lter vor dem Objektiv,<br />
und Ihre Bilder werden<br />
entsprechend leicht eingefärbt.<br />
In den Zeiten des Schwarzweiß-<br />
Films gehörten solche Filter<br />
immer dazu. Sie wurden<br />
verwendet, um die Verhältnisse<br />
der Farbtöne einer Szene zu<br />
modifi zieren. Der häufi gste<br />
Zweck war das Hervorheben<br />
eines blauen Himmels.<br />
Viele Schwarzweiß-Filme sind<br />
überempfi nglich für blau,<br />
deswegen sah der Himmel ohne<br />
Filter leer und detaillos aus. Ein<br />
Gelbfi lter jedoch hielt einen Teil<br />
des blauen Lichts zurück, um<br />
dem Himmel Farbe zu verleihen.<br />
Beim Orange- oder Rotfi lter ist<br />
dieser Effekt noch stärker.<br />
Ein Filter lässt Licht seiner<br />
eigenen Farbe durch und<br />
unterdrückt den Rest. Ein<br />
Gelbfi lter lässt also gelbes Licht<br />
durch und blockiert blaues<br />
Licht. So entsteht die Tönung<br />
des Himmels. Aus purer Neugier<br />
haben wir einmal eine Nikon<br />
D700 – die Monochrom-Filter<br />
emulieren kann – und ein paar<br />
gängige Kontrastfi lter genommen<br />
und ein kleines Experiment<br />
gemacht. Wie wollten sehen,<br />
wie die Filter mit dem digitalen<br />
Sensor interagierten. Die<br />
Rezeptoren des Sensors sind<br />
natürlich jeweils mit Rot- Blauund<br />
Grünfi ltern versehen. Wir<br />
haben also eine Szene mit den in<br />
der Kamera eingebauten Filtern<br />
in JPEG aufgenommen und<br />
anschließend dieselbe Szene<br />
mit der Kamera im Raw-Modus<br />
und aufgesetzten Gelb- Orange-<br />
Rot- und Grünfi ltern. Das ergibt<br />
natürlich Bilder mit Farbstich.<br />
Wir haben die Raw-<br />
Dateien dann mit den Default-<br />
Einstellungen von Lightroom 3<br />
verarbeitet, um die Unterschiede<br />
festzustellen. Die Ergebnisse<br />
waren hochinteressant.<br />
Ohne Filter<br />
IMAGES © WILL CHEUNG<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 131
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
RIGHT In this circular star trail the longest trails are those<br />
furthest from Polaris. Nikon D300 with Sigma 20mm EX<br />
f/1.8, 44 shots at 30secs at f/2.8, ISO 250.<br />
© Will Cheung<br />
Oben Die Kreuzgänge der Gloucester Cathedral, aufgenommen mit Nikon D700 mit 14-24 mm Objektiv bei 14<br />
Millimeter. das wolkige Wetter war von Vorteil, denn es sorgte für einen handhabbaren Kontrastumfang. So war es<br />
relativ einfach, bei der Raw-Konvertierung den vollen Tonwertumfang zu erhalten.<br />
weil sie sich das Ergebnis auch anhand der<br />
farbigen <strong>Vorschau</strong> vorstellen können.<br />
Sie werden sich an dieser Stelle mit<br />
Recht fragen, ob Sie sich die Quälerei der<br />
Nachbearbeitung der Raw-Dateien am<br />
Computer nicht sparen könnten, wenn Sie<br />
ohnehin Schwarzweiß-JPEGs schießen.<br />
Sie könnten diese ja auch in der größtmöglichen,<br />
die meisten Bildinformationen<br />
enthaltenden Form speichern, um eine<br />
hohe Qualität sicherzustellen. Es ist allerdings<br />
so, dass JPEG-Dateien Ihnen viel<br />
engere Grenzen bei der Nachbearbeitung<br />
setzen.<br />
Raw-Dateien sind wesentlich flexibler,<br />
wenn Sie nicht davor zurückschrecken, etwas<br />
Zeit zu investieren. Im Vergleich zum<br />
Film entspricht die Arbeit am Computer<br />
dem, was Fotografen früher in der Dunkelkammer<br />
mit Chemikalien taten. Auch<br />
damals schon gab es eine Fülle von Möglichkeiten,<br />
den Entwicklungsprozess des<br />
Negativfilms so zu beeinflussen, dass so<br />
viele Bildinformationen wie möglich zum<br />
Vorschein kamen. Dasselbe tun Sie heute<br />
mit der „digitalen Dunkelkammer“, dem<br />
Computer. Doch der Prozess ist wesentlich<br />
einfacher und schneller, Sie hantieren nicht<br />
mit giftigen Chemikalien und vor allem ist<br />
der Prozess wiederholbar. Und analog zum<br />
Negativ haben Sie mit der Raw-Datei ein<br />
„Original“, von dem Sie immer wieder erneut<br />
ausgehen können.<br />
Sie können Ihr Bild auch mit Filtern<br />
manipulieren, wenn auch nicht mit einfarbigen<br />
Kontrastfiltern, denn die würden<br />
Ihrem Bild im wahrsten Sinn des Wortes<br />
einen eintönigen Farbstich verleihen. Mehr<br />
zum Thema Kontrastfilter finden Sie in<br />
dem Kasten auf der vorigen Seite.<br />
Grauverlaufsfilter und der Pol-Filter können<br />
zur Verbesserung Ihrer Bilder eingesetzt<br />
werden. Grauverlaufsfilter reduzieren<br />
den Kontrast zwischen den Bildteilen über<br />
und unter dem Horizont, Während der<br />
Pol-Filter Details herausarbeitet. Beides<br />
kommt im Schwarzweiß-Bild sehr gut zur<br />
Geltung.<br />
Was die Belichtung betrifft ist es am<br />
Besten, wenn Sie Raw-Dateien mit vollem<br />
Dynamikumfang erzeugen, die geben Ihnen<br />
den meisten Spielraum für die Bearbeitung.<br />
Überprüfen Sie also das Histogramm<br />
und verwenden Sie Grauverlaufsfilter, falls<br />
notwendig, um Kontrast zu steuern.<br />
Entscheidend bei der Kontrolle des Histogramms<br />
ist, dass weder die Schatten<br />
noch die Spitzlichter abgeschnitten sind.<br />
Film Emulationswerte<br />
Falls Sie den Photoshop Kanalmixer für<br />
die Schwarzweiß-Konversion verwenden,<br />
haben wir hier die entsprechenden<br />
Farbwerte zur Emulation der Tonwert-<br />
Charakteristika der gebräuchlichsten<br />
Schwarzweiß-Filme aufgelistet:<br />
Film-Typ: R G B<br />
Agfapan 25 25 39 36<br />
Agfapan 100 21 40 39<br />
Agfapan 200X 18 41 41<br />
Agfapan 400 20 41 39<br />
Ilford Pan F 33 36 31<br />
Ilford SFX 36 31 33<br />
Ilford XP2 Super 21 42 37<br />
Ilford Delta 100 21 42 37<br />
Ilford Delta 400 22 42 36<br />
Ilford Delta 3200 31 36 33<br />
Ilford FP4 28 41 31<br />
Ilford HP5 23 37 40<br />
Kodak T-Max 100 24 37 39<br />
Kodak Tri-X 400 25 35 40<br />
Kodak T-Max 400 27 36 37<br />
Bei der JPEG-Datei gibt es<br />
wesentlich weniger Optionen,<br />
wenn es darum geht, das Bild<br />
anzupassen und das Feintuning<br />
vorzunehmen.<br />
132 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Schwarzweiß-<strong>Landschaften</strong><br />
© Martin Henson<br />
Wenn das Histogramm links abgeschnitten<br />
ist, werden Sie keine Details in den<br />
Schatten bekommen, dasselbe gilt für die<br />
Spitzlichter, wenn das Histogramm rechts<br />
abgeschnitten ist.<br />
<strong>Fotografie</strong>ren Sie so, dass das Histogramm<br />
leicht nach rechts verschoben ist.<br />
Das bedeutet eine leichte Überbelichtung,<br />
ohne das die Spitzlichter beschnitten<br />
werden. Es funktioniert unter Umständen<br />
nicht bei zu großen Kontrasten, doch die<br />
können Sie mit den erwähnten Filtern in<br />
den Griff bekommen.<br />
Warum sollten Sie all das überhaupt<br />
berücksichtigen? Weil digitale Sensoren<br />
linear funktionieren, und es gibt wesentlich<br />
mehr Abstufungen der Lichtintensität<br />
in den Spitzlichtern als in den Schatten.<br />
Wenn Sie mit einem 14-Bit-Sensor<br />
aufnehmen, gibt es 16384 Abstufungen<br />
jeder der Farben Rot, Grün und Blau. Angenommen,<br />
der Sensor hat einen Dynamikbereich<br />
von 6 Stufen, dann kann mit<br />
der hellsten Blendenstufe die Hälfte dieser<br />
Abstufungen aufgenommen werden, also<br />
8192. Die nächstdunklere Blendenstufe<br />
verwendet wiederum die Hälfte davon,<br />
also nur noch 4096 Abstufungen, die<br />
nächstdunklere noch 2048, danach sind<br />
es nur noch 1024, 512 und schließlich<br />
in der sechsten Stufe nur noch 256<br />
RGB-Abstufungen.<br />
Grob gesagt: Sie haben extrem viel mehr<br />
Spielraum in den Spitzlichtern als bei den<br />
Schatten.<br />
Bei der Bearbeitung einer Raw-Datei<br />
kann das zum Problem werden, deshalb<br />
zieht man das gesamte Histogramm lieber<br />
ein wenig nach rechts, so kann man sicher<br />
sein, dass die Spitzlichter nicht<br />
Oben Das Drax Kraftwerk, North Yorkshire, fotografiert<br />
aus etwa 15 km Entfernung. „Das düstere Winterlicht<br />
hob die Dampfwolken gegenüber dem dunklen<br />
Himmel hervor, was für dramatische Stimmung sorgt.<br />
Strukturen solcher Größe nimmt man an besten mit<br />
dem Teleobjektiv auf”, sagt Martin Henson. Canon<br />
EOS-1D Mark III mit EF 100-400mm Zoom bei<br />
400mm, 1/200 Sekunde bei Blende f/6.3 und ISO 400<br />
abgeschnitten werden. Nun dürfte klar<br />
sein, dass eine Unterbelichtung auf jeden<br />
Fall zu vermeiden ist, etwas Überbelichtuing<br />
hingegen nicht schadet. Doch Theorie<br />
beiseite, die meisten von uns interessiert<br />
sie ohnehin nicht so sehr, denn der eigentliche<br />
Sinn und Zweck der ganzen Veranstaltung<br />
ist das <strong>Fotografie</strong>ren. Mit einer<br />
technisch aktuellen Kamera werden Sie<br />
viel Freude an kunstvoll aufgenommenen<br />
Schwarzweißbildern haben und vielleicht<br />
sogar an deren Nachbearbeitung.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 133
Schöne Künste in Schwarzweiß<br />
Vorher<br />
Umwandeln in Schwarzweiß<br />
Auch Schwarzweiß-Bilder entstehen zuerst einmal in der<br />
Kamera, doch entscheidend ist die Nachbearbeitung.<br />
Text: Andrew Williams<br />
Als ich durch meine Lightroom Bildersammlung<br />
blätterte, fiel mir dieses Foto auf. Es<br />
zeigt den Brathay vor dem Hintergrund der<br />
Langdale Pikes im Lake District und schien<br />
mir besonders geeignet zur Umwandlung in<br />
Schwarzweiß. Im Folgenden zeige ich die<br />
notwendigen Schritte mit Adobe Photoshop<br />
CS5.5.<br />
Es gibt viele Möglichkeiten, aus einem Farbfoto<br />
ein Schwarzweiß-Foto zu machen, doch<br />
ich ziehe es vor, so viele Einstellungen wie<br />
möglich in Adobe Camera Raw (ACR) zu<br />
machen, so dass ich im vollen Tonwertbereich<br />
meiner Raw-Datei arbeiten kann.<br />
Außerdem verfügt ACR über zusätzliche Regler<br />
für Orange- und Violett-Töne, die in Photoshops<br />
Schwarzweiß-Umwandlungsfunktion<br />
nicht vorhanden sind. Indem Sie die Farbsättigungsregler<br />
auf null setzen, können Sie die<br />
Farbtöne des Bildes mit jedem beliebigen, die<br />
Farben beeinflussenden Regler justieren, vom<br />
Weißabgleichsregler bis zum Luminanz-Regler.<br />
Der Nachteil ist: Wenn Sie von ACR zu<br />
Photoshop wechseln, können Sie diese Einstellungen<br />
nicht mehr ändern. Andererseits<br />
speichert ACR jede gemachte Änderung, so<br />
dass Sie nicht komplett neu anfangen müssten.<br />
1<br />
Histogramm prüfen 2 Zuschneiden<br />
3<br />
Öffnen Sie die Raw-Datei in Adobe Camera<br />
Raw (ACR). Ein Klick auf die Dreiecke oben im<br />
Histogramm zeigt die Bereiche mit Spitzlichtern.<br />
Hier betrifft es den Himmel. Ich fügte 0,5<br />
Blendenstufen hinzu, was den Effekt verstärkte,<br />
daher holte ich die überbelichteten Bereiche mit<br />
dem „Wiederherstellen“-Regler zurück.<br />
Für meinen Geschmack war unten zuviel<br />
Gras im Bild. Das änderte ich mit dem<br />
„Zuschneiden“-Werkzeug. Anschließend setzte<br />
ich die Farbsättigung für alle Farben auf -100,<br />
wodurch das Schwarzweiß-Bild erzeugt wurde,<br />
dann kombinierte ich einige Farbkorrekturen<br />
miteinander, um den Kontrast zu verbessern.<br />
Zieltonwerte ändern<br />
Ich korrigierte die Luminanz mit dem<br />
Zielkorrektur-Werkzeug. Die Maus bei gedrückter<br />
linker Maustaste über dem zu korrigierenden<br />
Farbton aktiviert die relevanten Regler. Auf- und<br />
Ab-Bewegen der Maus verändert den Tonwert.<br />
Wiederholen der Prozedur für mehrere Grautöne,<br />
bis der Kontrast Ihnen gefällt.<br />
134 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Schöne Künste in Schwarzweiß<br />
NACHHER<br />
4 Kurve korrigieren 5 Bereiche ändern 6<br />
Auch die Tonwertkurve lässt sich mit dem<br />
Zielkorrektur-Werkzeug beeinflussen. Die<br />
Bewegungen der Maus zwischen Schatten und<br />
Spitzlichtern steuern dabei die Veränderungen<br />
dieses Kurventeils. Ich machte die Anpassungen,<br />
die mir vorschwebten und klickte auf „Bild<br />
öffnen“, um zu Photoshop zu gelangen.<br />
Nun wollte ich die Berge bearbeiten. Ich wählte sie<br />
mit dem Lasso-Werkzeug aus. Ein Klick auf mit<br />
einem Wert von 10 Pixel machte den Übergang<br />
weicher. Hinzufügen einer Kurvenkorrektur-<br />
Ebene verwendete die Auswahl als Maske, und<br />
dieser Bereich ließ sich nun bearbeiten.<br />
Aufräumen<br />
Die Maske erforderte Nacharbeit. Mit der „\“<br />
Taste schaltete ich die Darstellung auf rot, und<br />
mit einem weichen Pinsel bearbeitete ich nun die<br />
Berggipfel, ohne den Himmel zu beeinflussen. Ich<br />
fügte eine flache S-Kurve hinzu, um den Kontrast<br />
zu erhöhen. Diesen Vorgang wiederholte ich für<br />
mehrere Bereiche, bis ich mein Bild fertig hatte.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 135
Meisterklasse: Schwarzweiß-Dynamik<br />
136 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Meisterklasse: Schwarzweiß-Dynamik<br />
Dynamisches<br />
Schwarzweiß<br />
Die Bearbeitung von Raw-Dateien braucht Zeit und Knowhow.<br />
Wir zeigen Ihnen, wie Sie stimmungsvolle Schwarzweiß-Bilder<br />
produzieren, auch bei schlechten Lichtverhältnissen.<br />
Text und Bilder: Will Cheung<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 137
Meisterklasse: Schwarzweiß-Dynamik<br />
Die Geschichte hinter dem Foto<br />
Das Motiv war der schon so oft fotografi erte<br />
Buachaille Etive Mor im schottischen<br />
Hochland. Es war ein grauer Morgen, und<br />
ich war schon seit Tagesanbruch dort. Das<br />
Licht war trübe und glanzlos. Der Morgen<br />
wurde einfach nur heller, ohne dass er<br />
interessanter werden würde. Gleichwohl<br />
montierte ich die Nikon D700 mit einem<br />
14-24-mm-Weitwinkelobjektiv aufs Stativ<br />
und begann zu fotografi eren. Ich war nicht<br />
den langen Weg hier heraufgefahren,<br />
um mit leeren Händen nach Hause zu<br />
kommen. Mit meiner Anglerhose konnte<br />
ich mich in das Felsbecken vorwagen<br />
und ich positionierte das Stativ mitten im<br />
Wasser. Niemand war in der Nähe, und so<br />
verbrachte ich 30 Minuten, in denen ich<br />
munter draufl os schoss: unterschiedliche<br />
Kamera: Nikon D700, ausgelöst im 2 Sekunden Selbstauslöser-Belichtungsmodus, Blendenautomatik, 14-24 mm f/2.8 Objektiv; Verschlusszeit 0, 3 Sekunden mit<br />
Blende f/22 und ISO 100; Verwendetes Zubehör: Manfrotto 055CXPRO3 Karbon-Stativ, Anglerhose<br />
Schritt für Schritt: Künstlerisches Schwarzweiß mit Adobe Lightroom 3<br />
Starten Sie im Entwicklungsmodul. Aktivieren Sie „Clipping“ –<br />
1<br />
blau zeigt blockierte Schatten, rot zeigt ausgeschnittene Spitzlichter.<br />
Inhaltlose Schatten bekamen mit dem Fill in Regler etwas Detail.<br />
Umwandeln in Schwarzweiß Klicken Sie auf den S&W-<br />
2<br />
Reiter rechts im Entwicklungsmodul. Das erzeugt ein Schwarzweiß-<br />
Bild, doch diese erste Umwandlung sieht noch nicht besonders gut aus.<br />
Tonwerte korrigieren In der Schwarzweiß-Palette stellen Sie<br />
3<br />
die Tonwerte ein. Ich bewegte den Orange-Regler auf +72 und<br />
den Gelb-Regler auf +100, um diese Töne aufzuhellen.<br />
Kontrast korrigieren Ich stellte den Kontrast auf +60 ein, um<br />
4<br />
mehr Kontrast zu erhalten, ohne die blockierten Schatten zurück zu<br />
holen. Das kann man sehr schön mit dem Histogram kontrollieren.<br />
Licht zurückholen Durch die Verstärkung des Kontrasts ging<br />
5<br />
Licht verloren, also zog ich den Regler „Wiederherstellen auf +54,<br />
um verlorene Details zurück zuholen.<br />
Verlaufsfilter 1 Nun sollte das Bild mehr Atmosphäre<br />
6<br />
bekommen, wofür ich das Verlaufsfi lter Tool benutzte. Ich stellte die<br />
Belichtung auf -1,05, um die Ecke abzudunkeln.<br />
138 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Meisterklasse: Schwarzweiß-Dynamik<br />
Verschlusszeiten, Blendeneinstellungen und<br />
Kamerapositionen, wobei ich die ganze Zeit<br />
hoffte, das Licht würde besser werden – aber<br />
es wurde nicht. Bei den Aufnahmen musste ich<br />
wegen des Spritzwassers regelmäßig das Objektiv<br />
trockenwischen. Am Ende hatte ich ein paar<br />
hübsche Fotos mit einigem Potenzial, doch die<br />
würden zuhause einiges an Raw-Verarbeitung<br />
erfordern, wenn ich einigermaßen ansehnliche<br />
Bilder produzieren wollte.<br />
Verlaufsfilter 2 Es sollten mehrere Bereiche der Szene<br />
7<br />
abgedunkelt werden, und dieses Mal war der Einstellwert größer als<br />
-2,06.<br />
Verlaufsfilter 3 Und noch einmal der Verlaufsfi lter, doch diesmal<br />
8<br />
ganz oben. Die Einstellung war diesmal weniger extrem und endete<br />
bei -0,30.<br />
Verlaufsfilter 4 Nun sollte noch die linke untere<br />
9<br />
Ecke abgedunkelt werden, und wieder benutzte ich den<br />
Grauverlaufsfi lter, diesmal mit einer Einstellung von -0,54 ganz unten.<br />
Aufräumen Lightroom 3 eignet sich nicht gut zum Reparieren,<br />
10<br />
doch der Fleckentferner kann mit einfachen Problemen umgehen.<br />
Man muss nur aufpassen, wo man das Muster herholt.<br />
Zuschnitt Die Wenigsten bekommen den Kameraausschnitt perfekt<br />
11<br />
hin, daher ist das Zuschnittwerkzeug nützlich, für den goldenen Schnitt<br />
beispielsweise.<br />
Letzter Schritt Zum Schluss hellte ich den Berg mit dem<br />
12<br />
Korrekturpinsel in Stellung 18 und Feder auf 32. Ich klickte auf den<br />
Berg und stellte die Belichtung auf +1,51. Fertig.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 139
Meisterklasse Raw-Bearbeitung<br />
Küste des<br />
Lichts<br />
Gegenüber Farben sollten sich Graufilter<br />
eigentlich neutral verhalten. Tun sie aber<br />
nicht. Doch bei der Raw-Konvertierung<br />
können Sie den Fehler beheben .<br />
Text und Fotos: Will Cheung<br />
140 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Meisterklasse Raw-Bearbeitung<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 141
Meisterklasse Raw-Bearbeitung<br />
Die Geschichte hinter dem Foto<br />
Der St. Michael’s Mount, bei Marazion<br />
vor der Küste Cornwalls gelegen, ist<br />
Naturmonument, Kloster, Festung, Schloss<br />
und Familiensitz in einem. Das macht<br />
ihn seit jeher zum Anziehungspunkt für<br />
Fotografen. Wetter- und Lichtverhältnisse<br />
sind immer anders, deswegen können Sie<br />
hinfahren, so oft Sie wollen, Sie werden<br />
immer neue Motive fi nden.<br />
Diese Aufnahme entstand kurz vor<br />
Sonnenaufgang. Ich stand mit drei anderen<br />
Fotografen auf dem Dammweg. Die Flut<br />
kam langsam herein und ich baute mein<br />
Stativ auf, wohl wissend, das ich das Feld<br />
bald räumen musste. Das Dämmerlicht<br />
war nicht besonders interessant und selbst<br />
als die Sonne aufging, wurde es nicht viel<br />
besser.<br />
Schritt für Schritt: Entwicklung in Adobe Lightroom 3<br />
1<br />
Die Belichtung war mir daneben gegangen, obwohl ich zur<br />
Berechnung der Zeit eine App verwendet hatte – offenbar waren<br />
meine Messungen falsch. Das Foto war um zwei Stufen unterbelichtet, was<br />
ich mit dem Belichtungsregler ausglich. Die Endeinstellung lag bei +2,35.<br />
2<br />
Extreme Graufi lter plus kleine Blende machen immer Staub im Bild<br />
sichtbar. Ich wählte den Staubentferner (Kurztaste Q) im Heilen-<br />
Modus und justierte den Größenregler, bis die Werkzeugvorlage etwas größer<br />
war, als die zu behandelnden Bereiche. Die Deckkraft blieb bei 100 %.<br />
3<br />
Klicken auf einen Fleck produziert einen Kreis mit einem Fadenkreuz<br />
sowie einen weiteren Kreis neben dem Fleck. Diesem Kreis – der<br />
beliebig platziert werden kann – wird die Farbe entnommen, mit der der<br />
Fleck überdeckt werden soll.<br />
4<br />
Nach ein paar Minuten mit diesem Werkweugwar das Bild sauber, sah<br />
aber eher unterkühlt aus. So stellte ich eine höhere Farbtemperatur<br />
von 8062K ein. Selbstverständlich können solche Anpassungen auch<br />
später erneut geändert werden.<br />
5<br />
Jetzt ist es Zeit für den Verlaufsfi lter. Er hat mehrere Modi. Hier<br />
wollte ich den Himmel bearbeiten, also brauchte ich Farbe. Ein<br />
Klick auf den Farbkasten öffnet eine Farbtafel mit Pipette.<br />
6<br />
Mit orangem Graufi lter brachte ich etwas Farbe in den Himmel, wobei<br />
ich von den Ecken und von oben ausging – die gedrückt gehaltene<br />
Umschalt-Taste sorgte für gleichmäßigen Verlauf.<br />
142 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Meisterklasse Raw-Bearbeitung<br />
Ich verwendete eine Nikon D3s mit<br />
16-35-mm-Objektiv und Lee Filters Big<br />
Stopper. Ich ermittelte die Belichtung und<br />
fotografi erte mit 124 Sekunden bei Blende e<br />
f/11 – es hätten zwei Minuten sein sollen,<br />
aber ich war wohl zu langsam, als ich die<br />
Belichtung beendete. Vielleicht hatte ich<br />
mich auch mit den Belichtungsparametern n<br />
verrechnet – jedenfalls ist die Aufnahme<br />
unterbelichtet und daher zu dunkel.<br />
7<br />
Nun sieht der Himmel schon besser aus, braucht aber noch<br />
Feituning. Doch jetzt ist erst der Vordergrund dran, auch mit dem<br />
Verlaufsfi lter, doch diesmal im Belichtungsmodus. Ich zog ihn von unten<br />
nach oben und stellte den Belichtungswert auf -0,76.<br />
8<br />
Die Spitzlichter waren sehr schwach, und ich verbesserte sie mit<br />
dem Wiederherstellen-Regler, den ich auf 25 setzte, damit mehr<br />
Details zu sehen sein würden, ohne dass die Spitzlichter jedoch zu fl ach<br />
wirken würden.<br />
9<br />
Ich hatte beim Vordergrund zuviel des Guten getan und einige<br />
Details verloren. Da hilft die Korrektur-Bürste (Kurztaste Q). Auch sie<br />
hat mehrere Modi und ich wählte „Abwedeln” und eine große Fläche (38),<br />
mit der ich für weichere Kanten sorgte.<br />
10<br />
Über dem dunklen Bereich klickte ich viermal auf das Bild, was<br />
die Belichtung jedesmal von 0,50 auf 2,00 setzte, um die aktiven<br />
Bereiche im dunklen Vordergrund aufzuhellen.<br />
11<br />
Das Zuschneiden und die Objektivkorrektur hob ich mir für<br />
den Schluss auf. Ein Häkchen in Kästchen „Profi lkorrekturen<br />
ermöglichen” setzt die Korrekturprozedur der Software in Gang.<br />
12<br />
Am Ende nun der Zuschnitt (Kurztaste R). Entscheidend war hier,<br />
den Horizont dabei genau waagerecht zu lassen, was dank des<br />
Gitternetzes kein Problem darstellte. Nun war das Bild fertig zum Export.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 143
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NIKON D800<br />
Nikon D800<br />
Mit 36,3 Megapixel, verbesserter Videofunktion und<br />
demselben AF-System wie die D4 könnte die D800<br />
zum Superstar des Jahres werden.<br />
Text & Fotos Will Cheung<br />
NIKON<br />
D800<br />
D800 Gehäuse 2750<br />
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Der 7,62 cm-Monitor der D800 gibt<br />
ein helles Bild und bietet das von Nikon<br />
gewohnte Tab-Menüsystem. Mit einer<br />
Vielzahl nützlicher Features können Sie die<br />
Kamera an Ihren Bedarf anpassen.<br />
Das eingebaute Mikrofon ist nutzlos, außer<br />
für Sprachnotizen, denn es registriert das<br />
kleinste Kamerageräusch. Das optionale<br />
ME-1 hingegen ist praxisgerecht und<br />
nimmt in Stereo auf (ca.120 Euro).<br />
Zum besseren Handling im Hochformat<br />
empfielt sich der zusätzliche MB-D12<br />
Handgriff, der mit rund 320 Euro allerdings<br />
extrem teuer ist. Er nimmt EN-EL15 und<br />
EN-EL18-Akkus sowie AA-Batterien auf.<br />
146 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Foto-Ausrüstung<br />
NIKON D800<br />
Die Welt der Digitalkameras entwickelt<br />
sich schnell, deutlich erkannbar an der<br />
Zahl der Megapixel. Die Nikon D800<br />
kommt mit 36,3 Megapixel, ein Wert<br />
aus der Liga der Mittelformat-Kameras<br />
wie der Hasselblad mit 31 und der<br />
Pentax 645D mit 40 Megapixel, die aber<br />
um das Fünffache teurer sind. Ob man<br />
36,3 Megapixel wirklich braucht, ist ein<br />
anderes Thema. Von einem Vollformat-<br />
Bild der D800 kann man einen 61 x 40,6<br />
cm großen Abzug direkt aus der Kamera<br />
drucken. Aber wann haben Sie das letzte<br />
Mal einen Abzug solcher Größe gemacht?<br />
Die Kamera gibt es in zwei Varianten:<br />
einmal als D800, bei der das Gehäuse für<br />
2750 Euro zu haben ist und als D800E<br />
zum Preis von 3200 . Der Unterschied<br />
besteht darin, dass bei der E-Version die<br />
Kantenglättung bzw. der Tiefpassfilter<br />
abgeschaltet ist, was die Bildqualität<br />
optimiert. Das erhöht allerdings das Moiré-<br />
Risiko. Deswegen wird die Nikon-Software<br />
ViewNX 2 auf CD-Rom mitgeliefert, mit der<br />
man auftretendes Farbmoiré reduzieren<br />
kann. Zu den weiteren herausragenden<br />
Merkmalen der Kamera gehören der<br />
Expeed 3-Prozessor, ein Autofokus mit<br />
51 Messpunkten und 15 Fadenkreuz-<br />
Sensoren, eine Empfindlichkeit bis<br />
hinunter zu -2 Stufen, das 3D Farb-<br />
Matrix III-Belichtungsmesssystem und<br />
eine Serienbildfrequanz von 4 Bildern<br />
pro Sekunde. Dieser letzte Wert ist<br />
nicht umwerfend, doch Sie müssen<br />
berücksichtigen, dass die Kamera bei<br />
maximaler Auflösung eine immense<br />
Informationsmenge verarbeitet. Mit dem<br />
optional erhältlichen Handgriff-Akkupack<br />
MB-D12 erhöht sich die Bildfrequenz<br />
etwas, allerdings nicht bei voller Auflösung.<br />
Im DX-Format, das immer noch 15,4<br />
Megapixel auflöst, steigt sie von fünf<br />
auf sechs Bilder pro Sekunde. Maximale<br />
Auflösung und maximale Bildrate lassen sich<br />
prinzipiell nicht gleichzeitig verwirklichen,<br />
weil die technischen Anforderungen beider<br />
Eigenschaften absolut gegensätzlich sind.<br />
Im Raw-Format bekommen Sie etwa 16<br />
Bilder mit voller Auflösung bei 4 Bildern<br />
pro Sekunde, bevor der Pufferspeicher<br />
voll ist. Unkomprimierte Raw-Dateien<br />
sind je 76 Megabyte groß, verlustlos<br />
komprimierte Raw-Dateien immer noch<br />
45 Megabyte. Auf eine acht Gigabyte<br />
Speicherkarte passen also etwa 100<br />
unkomprimierte Bilder im Raw-Format.<br />
Die D800 ist die erste Nikon, die mit den<br />
Video-Fähigkeiten der Canon EOS 5D Mark<br />
II gleichzieht. Es sind im Wesentlichen<br />
dieselben wie bei der Nikon D4: 1080p<br />
volle HD-Auflösung, bis zu 60 Bilder pro<br />
Sekunde bei 720p, Sound Monitoring,<br />
HDMI Ausgang zum direkten Aufnehmen<br />
auf eine Festplatte, ISO Bereich von<br />
100-25600.<br />
Nikon D800<br />
Ansicht von oben<br />
Von oben wirkt die D800<br />
sehr übersichtlich. Wer<br />
Videos aufnimmt, wird die<br />
leichte Erreichbarkeit des<br />
Aufnahmeknopfs direkt neben<br />
dem Auslöser zu schätzen<br />
wissen. 1 Der Auslöser kann<br />
auch selbst zum Video-<br />
Aufnahmeknopf umkonfiguriert<br />
werden. Die Steuereinheit links<br />
regelt die Kernfunktionen. 2<br />
Auch die Bildserienfunktion<br />
und die ISO Einstellung sind<br />
dort einfach zu erreichen. Das<br />
Gehäuse ist aus einer speziellen<br />
Magnesiumlegierung gefertigt.<br />
Vorderansicht<br />
Der Fn-Knopf 1 kann frei<br />
definierbare Funktionen<br />
aktivieren. Direkt darüber 2<br />
befindet sich der Knopf für die<br />
Schärfentiefenvorschau. Ganz<br />
oben in der Reihe befindet<br />
sich das AF-Messlicht, 3<br />
das bei Bedarf abgeschaltet<br />
werden kann. Der AF-Knopf<br />
4 steuert den Autofokus und<br />
dessen manuelle Optionen mit<br />
Einzel- und kontinuierlicher<br />
Scharfeinstellung, die im LCD-<br />
Display ausgewählt werden.<br />
Drücken des Knopfes innerhalb<br />
des Einstellrads ändert die AF-<br />
Zonen.<br />
Rückansicht<br />
Die Live View-Ansicht 1<br />
kann für Fotos oder Video<br />
aktiviert werden, wobei das<br />
Bild dank des über 8 cm und<br />
921 Millionen Pixel großen<br />
Monitors exzellent ist. 2 Ein<br />
Sensor 3 regelt dessen Helligkeit,<br />
Kontrast etc. automatisch<br />
entsprechend der herrschenden<br />
Umgebungslicht-verhältnisse.<br />
Viele Fotografen bevorzugen<br />
einen vom Auslöser getrennt<br />
aktivierbaren AF. Der AF-ON<br />
Knopf 4 bietet diese Funktion.<br />
Der Bildverriegelungsknopf<br />
5 dient gleichzeitig als<br />
Bildstil-Auswahlknopf.<br />
Auf einen Blick<br />
Straßenpreis: 2750 Euro D800 Gehäuse,<br />
3200 Euro D800E Gehäuse,<br />
MB-D12 Akkupack 379 Euro;<br />
Sensor: Effektive 36,3 Megapixel,<br />
35,9 mm x 24 mm Nikon FX CMOS;<br />
Bildabmessungen: 7360 x 4912 Pixel<br />
Speicher: je eine CF- und SD-Karte<br />
ISO-Bereich: 100 bis 6400 (erweitert Lo1<br />
50, Hi1 12800 und Hi2 25600)<br />
2<br />
5<br />
2<br />
3<br />
1<br />
2<br />
1<br />
3<br />
Belichtungsmessung: 3D Color Matrix III mit<br />
91 Millionen Pixel-Messsensor, mittenbetonte,<br />
Mehrfeld- und Punktmessung<br />
Autofokus: Advanced Multi-Cam 3500 FX mit<br />
51 AF-Punkten, 15 Fadenkreuzpunkten in der<br />
Mitte. Low Light-Funktion bis zu -2 Stufen.<br />
Verschluss: 30 Sek. bis 1/8000 Sek.<br />
Blitzsynchronisation bis 1/250 Sekunde<br />
Video: Full HD, 1920 x 1080 Pixel bei<br />
30/25/24 fps<br />
Größe: 146 x 123 x 82 mm<br />
Gewicht: 900 g Gehäuse mit Akku<br />
1<br />
4<br />
4<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 147
Foto-Ausrüstung<br />
NIKON D800<br />
1<br />
Oben Schlechte Lichtverhältnisse plus Lichtquelle im Bild bereiten der D800 keinerlei Probleme, wie<br />
dieses unbearbeitete Foto zeigt. (50 mm f/1.4 Objektiv, Blende f/1.4, 1/250 Sekunde und ISO 3200)<br />
148 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Foto-Ausrüstung<br />
NIKON D800<br />
Die D800 in der Praxis<br />
Auch dieses Foto ist unbearbeitet und zeigt, wie gut die Kamera mit extremen Kontrasten<br />
zurechtkommt. Aufgenommen mit einem 24-120 mm- Zoom bei 24 mm Brennweite, 1/750<br />
Sekunde mit Blende f/4.8 und ISO 200, Mehrfeldmessung.<br />
Bei der Belichtung beeindruckt die<br />
D800 mit konstant guten Ergebnissen.<br />
Ich überließ die Belichtung meiner<br />
Aufnahmen dem 3D Color Matrix III-<br />
System und hatte nicht das Bedürfnis,<br />
auf Spot- oder mittenbetonte Messung<br />
umzuschalten. In den allermeisten<br />
Situationen konnte ich alles der<br />
Kamera überlassen. Während des<br />
Tests habe ich mit der D800 im<br />
Matrix-Modus über 4000 Fotos unter<br />
allen möglichen Lichtverhältnissen<br />
gemacht, und die Aufnahmen, die<br />
unbrauchbar waren, konnte ich an<br />
einer Hand abzählen. Das heißt<br />
nicht, dass das System jede Situation<br />
gleich beim ersten Versuch unter<br />
Kontrolle hatte. Manchmal habe ich<br />
AE-L oder die Kompensationsfunktion<br />
zum Feintunen benutzt. Bei<br />
dunklen Objekten muss man etwas<br />
kompensieren, damit die Stimmung<br />
erhalten bleibt und bei starkem<br />
Hintergrundlicht, damit die im<br />
Schatten liegenden Details nicht<br />
untergehen. Das Belichtungssystem<br />
erwies sich im Hinblick auf Genauigkeit<br />
und Konsistenz als ausgezeichnet,<br />
ebenso der Autofokus. Obwohl ich in<br />
der Regel den zentralen AF-Sensor<br />
benutze, schaltete ich öfter auf das<br />
Multi-Zonen-System, besonders bei<br />
sich bewegenden Motiven.<br />
Die D800 bietet automatische oder<br />
3D Color Zonenwahl und entweder<br />
9-Punkt-, 21-Punkt- oder 51-Punkt-<br />
Schärfeverfolgung. Im Allgemeinen<br />
erfolgte das Scharfstellen schnell<br />
und genau, auch bei Bewegung<br />
im Bild und bei unterschiedlichen<br />
Lichtverhältnissen.<br />
Ganz links Starker<br />
Kontrast, trotzdem<br />
gut belichtet, keine<br />
Nachbearbeitung.<br />
Active D-Lighting war<br />
ausgeaschaltet (14-24 mm<br />
f/2.8 Objektiv mit 14 mm,<br />
Blende f/8, 1/4 Sekunde,<br />
ISO 50, Kamera auf Stativ.<br />
Links Kein Problem<br />
bei schlechtem Licht:<br />
mittenbetonter AF,<br />
Fokusverriegelung, 50<br />
mm f/1.4 Objektiv, Blende<br />
f/1.4, 1/350 Sekunde und<br />
ISO 2200.<br />
Rechts Das AF-System der<br />
D800 ist beeindruckend,<br />
es passt sich sogar einem<br />
Telekonverter an. (70-200<br />
mm f/2.8 Objektiv bei 200<br />
mm, 1.4x Teleconverter,<br />
der für eine Brennweite<br />
von 280 mm sorgte,<br />
1/500 Sekunde bei Blende<br />
f/4, ISO 400).<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 149
Foto-Ausrüstung<br />
NIKON D800<br />
ISO 100<br />
ISO 400<br />
ISO 800<br />
ISO 1600<br />
ISO 3200<br />
ISO 6400<br />
ISO 12,800<br />
ISO 25600<br />
ISO Rauschverhalten<br />
Nikon hat an vielen Produktmerkmalen<br />
erhebliche Verbesserungen<br />
eingeführt, doch<br />
nirgendwo so signifi kant wie bei<br />
der Performance bei hohen ISO-<br />
Werten. Das Bildrauschen hängt<br />
von mehreren Faktoren ab. Dazu<br />
gehören das Sensor-Design, der<br />
digitale Prozessor selbst und die<br />
Größe und Zahl der Pixel.<br />
Der Hauptgrund für Nikons<br />
Erfolg im Zusammenhang mit<br />
dem Bildrauschen besteht in<br />
der Tatsache, dass man nicht<br />
zu viele Pixel auf den Sensor<br />
gequetscht hat. Die Nikon D3,<br />
D3s und D700 sind zwar Vollformat-Modelle,<br />
lösen aber „nur“<br />
12 Megapixel auf. Bei der D800<br />
hingegen handelt es sich um über<br />
36 Megapixel, und man sollte erwarten,<br />
dass diese Aufl ösung mit<br />
schlechterem Rauschverhalten<br />
erkauft wird – in gewisser Weise<br />
stimmt das auch. Die Original-<br />
ISO-Skala reicht von ISO 100 bis<br />
ISO 6400 und wird nach unten<br />
auf ISO 50 (Lo-1) und nach oben<br />
auf ISO 12800 (H-1) und ISO<br />
25600 (H-2) erweitert. Bis einschließlich<br />
ISO 1600 sieht auch<br />
alles soweit gut aus. Bei kleineren<br />
Werten gibt es sowieso saubere<br />
Bilder, detailgetreu und ohne eine<br />
Spur von Rauschen. Über ISO<br />
1600 wird es mit jeder weiteren<br />
Stufe erwartungsgemäß schlechter.<br />
ISO 3200 ist noch akzeptabel<br />
und ISO 6400 ist gerade<br />
VOLLFORMAT-BILD<br />
noch hinnehmbar. Doch darüber<br />
hinaus werden Farbsättigung,<br />
feine Details und die Tiefe von<br />
Schatten extrem beeinträchtigt.<br />
Wenn noch einigermaßen Licht<br />
vorhanden ist, wirkt sich das<br />
Rauschen allerdings weniger<br />
schlimm aus, als bei nur noch<br />
sehr wenig Licht. Dann allerdings<br />
ist es furchtbar.<br />
150 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Foto-Ausrüstung<br />
NIKON D800<br />
Bildrauschen<br />
Vergleich: Nikon D800, D700 und Nikon D3s<br />
Die Nikon D700 war im Juli 2008 angekündigt<br />
worden, ist also jetzt vier Jahre alt. Damals war<br />
das Rauschverhalten für sehr gut befunden<br />
worden. Nur bei ISO-Werten zwischen 6400<br />
und 25600 gab es Grund zur Beanstandung.<br />
Die Nikon D3s kam Ende 2009 und setzte neue<br />
Standards für die Bildqualität bei hohen ISO-<br />
Werten. Sie ist immer noch die Referenzkamera,<br />
wenn es ums Rauschverhalten geht. Wir haben<br />
dieselbe Szene mit der D700, der D3s und der<br />
D800 fotografi ert und die Bilder verglichen. Die<br />
D3s übertrifft die beiden anderen Kameras mit<br />
ihrem ISO-Spitzenwert von 104800 deutlich,<br />
deswegen haben wir nur bis ISO 25600<br />
verglichen. Das Rauschverhalten der D800<br />
ist dem der D700 in vieler Hinsicht ähnlich.<br />
Besonders ab ISO 6400 nimmt das Rauschen zu<br />
und bei sehr schlechtem Licht tritt bei ISO 12800<br />
und 25600 Banding auf. Die Bilder der D700<br />
weisen im Vergleich zur D800 mehr Farbrauschen<br />
auf. Auch die Detailtreue der D800 ist besser,<br />
was aufgrund der höheren Aufl ösung auch zu<br />
erwarten war und nicht weiter verwunderlich<br />
ist angesichts der Tatsache, dass die D800 die<br />
dreifache Pixelzahl aufweist. So gesehen ist die<br />
Leistung der D700 immer noch sehr gut. Die D3<br />
allerdings spielt in einer anderen Liga. Bei ISO<br />
12800 und 2500 hat sie eine deutlich bessere<br />
Farbsättigung und Detailaufl ösung sowie ein<br />
besseres Rauschverhalten bei Schatten im Bild.<br />
Vollformat-Bild<br />
Nikon D800<br />
ISO 3200<br />
ISO 6400<br />
ISO 12800<br />
ISO 25600<br />
Nikon D700<br />
ISO 3200<br />
ISO 6400<br />
ISO 12800<br />
ISO 25600<br />
Nikon D3s<br />
ISO 3200<br />
ISO 6400<br />
ISO 12800<br />
ISO 25600<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 151
Foto-Ausrüstung<br />
NIKON D800<br />
Links Dieses Vollformat-Bild wurde mit Hilfe eines Stativs<br />
aufgenommen, das Objektiv war ein 14-24 mm f/2.8<br />
Weitwinkel-Zoom. Die Bilder unten wurden als Raw- Dateien<br />
in Lightroom 4 mit Standardschärfe bearbeitet. Keine weitere<br />
Bearbeitung der Schärfe in Photoshop.<br />
F/2.8<br />
Wie kritisch ist die<br />
Blendenauswahl?<br />
Die technische Anleitung zur Nikon D800,<br />
herunterladbar von https://nikoneuropede.custhelp.com/,<br />
gibt unter anderem<br />
Ratschläge zur Blendeneinstellung.<br />
Sie rät ausdrücklich von kleinen<br />
Blendeneinstellungen ab. Lektion 3 ist<br />
überschrieben mit: „Vermeiden sehr kleiner<br />
Blenden”. Darin heißt es:<br />
„Bei der manuellen Belichtungssteuerung<br />
und bei der Zeitautomatik kann durch<br />
Abblenden, also die Wahl einer kleineren<br />
Blende (größere Blendenzahl), eine größere<br />
Tiefenschärfe erreicht werden. So können<br />
Objekte im Vorder- und Hintergrund<br />
zusammen mit dem Hauptmotiv scharf<br />
abgebildet werden. Wenn man jedoch<br />
zu weit abblendet, nimmt die optisch<br />
bedingte Beugungsunschärfe zu und<br />
beeinträchtigt die Detailschärfe. Die<br />
optimale Blendeneinstellung – das heißt, die<br />
Einstellung mit der größten Tiefenschärfe<br />
ohne Schärfeverlust – ist von Objektiv zu<br />
Objektiv unterschiedlich.“<br />
Als Faustregel können Sie sich merken,<br />
dass die Abbildungsqualität eines Objektivs<br />
zwei Blendenstufen oberhalb der kleinsten<br />
Blende in der Regel am besten ist. Blendet<br />
man weiter ab, treten die besagten<br />
Diffraktionen mehr oder weniger stark auf.<br />
Nikons technische Anleitung führt dazu<br />
weiter aus:<br />
„Wie stark sich Beugungsunschärfe im<br />
Bild bemerkbar macht, ist teilweise von<br />
der Größe der Pixel auf dem Bildsensor<br />
abhängig. Bei der hohen Aufl ösung der<br />
D800 ist sie in der Regel ab Blende 11<br />
sichtbar. Wenn eine größere Tiefenschärfe<br />
erforderlich ist, sollten Sie daher nicht immer<br />
gleich zur kleinsten Blende greifen, sondern<br />
die Blendeneinstellung ermitteln, die den<br />
besten Kompromiss zwischen Schärfe und<br />
Tiefenschärfe bietet.”<br />
F/4 BF/5.6<br />
F/8 F/11<br />
F/16 F/22<br />
152 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
HDR-Funktion<br />
HDR zur Kontrastregelung<br />
Die D800 hat eine integrierte<br />
HDR-Funktion für das JPEG-<br />
Format. Wenn Sie aber cartoonähnliche<br />
Effekte erwarten, werden<br />
Sie enttäuscht sein. Die Kamera<br />
erzeugt mit der HDR-Funktion<br />
einen weiten Tonwertbereich in<br />
einem kontrastreichen Motiv.<br />
Dabei nimmt Sie in Intervallen<br />
von 1, 2 oder 3 Lichtstufen zwei<br />
Bilder auf. Je höher der Wert,<br />
desto mehr Details werden in<br />
den Schatten und Spitzlichtern<br />
sichtbar – in Abhängigkeit vom<br />
Kontrast natürlich. Mit Hilfe der<br />
Auto-Option bewertet die Kamera<br />
den Kontrast automatisch.<br />
Außerdem gibt es drei Glättungsoptionen.<br />
Der höchste Wert liefert<br />
ein weicheres Komposit-Bild mit<br />
möglichen Artefakten, aber ich bin<br />
dabei nicht auf Probleme gestoßen.<br />
Die niedrigeren Einstellungen<br />
geben mehr Details, insbesondere<br />
1EV, Geringe Glättung<br />
2EV, Geringe Glättung<br />
Ohne HDR, 1/500 Sek. f/2, ISO 200<br />
in den Schatten. Beim Auslösen<br />
hören Sie ein etwas längeres<br />
Auslösegeräusch als normal, und<br />
Sie müssen die Kamera ruhig<br />
halten, bis es vorbei ist, sonst<br />
erhalten Sie ein Doppelbild. Sie<br />
brauchen jedoch kein Stativ bei<br />
Verschlusszeiten, mit denen Sie<br />
üblicherweise noch aus der Hand<br />
1EV, Normale Glättung<br />
2EV, Normale Glättung<br />
fotografieren würden. Nach der<br />
Aufnahme beschäftigt sich die<br />
Kamera ein paar Sekunden lang<br />
mit sich selbst, bevor Sie weiter<br />
fotografieren können. Alles in<br />
allem bietet die HDR-Funktion<br />
eine komfortable Möglichkeit,<br />
mit kontrastreichen Motiven<br />
umzugehen.<br />
1EV, Starke Glättung<br />
2EV, Starke Glättung<br />
Foto-Ausrüstung<br />
NIKON D800<br />
Beurteilung<br />
Ich teste viele Kameras, doch<br />
selten ist die Erfahrung so rundum<br />
positiv wie bei der Nikon D800. Die<br />
Handhabung ist sehr gut, und sie<br />
überzeugt mit brillanten, detailreichen<br />
Bildern. Nachdem in das Handbuch<br />
geschaut hatte, dachte ich, die D800<br />
müsse man mit Samthandschuhen<br />
anfassen. Es rät beispielsweise ab<br />
von kleinen Blendenöffnungen, um<br />
Diffraktionen zu vermeiden und eine<br />
optimale Bildqualität zu erreichen.<br />
Es rät zur Verwendung des Stativs<br />
schon bei Verschlusszeiten, die<br />
man normalerweise aus der Hand<br />
schießen würde. In der Praxis<br />
erweisen sich solche Ratschläge als<br />
übertrieben, wenn man handwerklich<br />
korrekt arbeitet. Die 36,3 Megapixel<br />
ermöglichen riesige Abzüge. Ich<br />
habe aus Neugier einmal die<br />
Dateien der D800 auf die Größe der<br />
Dateien, die von der D700 und D3s<br />
geliefert werden, verkleinert und<br />
auf Hochglanzpapier ausgedruckt.<br />
Bieten die D800 Daten mehr? Ja,<br />
das tun sie, aber wir reden über sehr<br />
kleine Unterschiede. Sie können<br />
beispielsweise auf einem Porträt die<br />
einzelnen Haare von Augenwimpern<br />
erkennen, was bei der D700 und der<br />
D3s nicht der Fall ist.<br />
Wenn es einen Nachteil gibt, dann<br />
ist es die Dateigröße der Bilder. Die<br />
großen Dateien verlangsamen die<br />
Prozesse. Die Batch-Verarbeitung<br />
einer Reihe von Raw-Dateien braucht<br />
ihre Zeit und selbst der Refresh eines<br />
vergrößerten Bildes in Lightroom 4<br />
ist quälend langsam. Gleichwohl<br />
überwiegen für mich definitiv die<br />
Vorteile dieser Kamera, und ich kann<br />
sie jedem Fotografen nur empfehlen.<br />
3EV, Geringe Glättung<br />
3EV, Normale Glättung<br />
3EV, Starke Glättung<br />
Bewertung<br />
Features 25/25<br />
36,3 Megapixel, was will man<br />
mehr?<br />
Handhabung 24/25<br />
Gut, solide, ergonomisch<br />
Performance 24/25<br />
Die D800 übertrifft sämtliche<br />
Erwartungen<br />
Gegenwert fürs Geld 24/25<br />
Mittelformat-Auflösung zu<br />
einem hervorragenden Preis<br />
Bewertung 97/100<br />
„Man findet kaum Negatives<br />
an der D800 – dass Sie riesige<br />
Dateien produziert, ist ihr nicht<br />
anzulasten. Würde ich mir eine<br />
kaufen? Ja, sehr wahrscheinlich.”<br />
Pro: Hervorragende Detailtreue,<br />
Handhabung, Videofunktionen<br />
Kontra: Große Dateien, Einsatz<br />
erfordert Sachkenntnis.<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 153
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Extreme Graufilter<br />
Extreme Graufilter sind für das nackte Auge tintenschwarz, Sie blockieren 99,9 % des<br />
Lichts. Doch die Kamera sieht geradewegs hindurch. Wenn Sie sich daran gewöhnt<br />
haben, sind Sie einfach im Gebrauch, und die Ergebnisse können wirklich faszinierend<br />
sein. Einige der besten Filter stellen wir Ihnen hier vor, von 40 Euro bis 155 Euro.<br />
Text & Bilder: Richard Hopins<br />
Die Popularität von extremen Graufiltern<br />
wächst ständig. Belichtungszeiten<br />
bei Tag von mehreren Sekunden oder<br />
sogar Minuten sind eine großartige<br />
Aufnahmetechnik, wie gemacht für die<br />
Digitalfotografie.<br />
Ungewöhnliche, aufregende Effekte<br />
sind nur einen Filter und ein Stativ weit<br />
weg. Wasserfälle, die aussehen wie<br />
Baumwolle, Panoramen, in denen das<br />
Meer aussieht wie Milch und Wolken, die<br />
am Himmel entlang ziehen.<br />
Es gibt seit Kurzem einige neue Produkte<br />
am Markt und bekannte Produkte sind<br />
verbessert worden. Wir testen hier einige<br />
der Besten. Verlaufsfilter sind jedoch<br />
nicht dabei. 10 Stufen sind enorm viel,<br />
sie bedeuten eine Lichtreduzierung um<br />
den Faktor 1000 oder um 99,9 Prozent.<br />
Für das menschliche Auge sind solche<br />
Filter undurchsichtig, und sie verlängern<br />
typische Tageslicht-Verschlusszeiten auf<br />
mehrere Sekunden. Die Herstellung ist<br />
kompliziert, und keiner dieser Filter ist<br />
wirklich farbneutral, deswegen wäre<br />
„Neutraldichtefilter“ der falsche Begriff.<br />
Sie alle haben einen Farbstich, und<br />
deswegen sollten Sie im Raw-Format<br />
fotografieren, damit Sie den in der<br />
Nachbearbeitung korrigieren können. Die<br />
Filterdichte ist nicht nur von Hersteller<br />
zu Hersteller unterschiedlich, sie variiert<br />
auch in der Serienproduktion. Ihre<br />
Verwendung ist einfach, solange Sie ein<br />
paar Grundregeln befolgen: Mit einem<br />
neuen Filter sollten Sie als Erstes ein<br />
paar Testaufnahmen machen, um dessen<br />
genaue Dichte und Farbabweichung zu<br />
bestimmen.<br />
Erstellen Sie ein Entwicklungs-Konversionsdiagramm,<br />
falls keines mit dem<br />
Filter geliefert wurde. Dann wissen Sie<br />
beispielsweise, dass 10,3 Stufen aus<br />
1/250 Sekunde 5 Sekunden machen. Sie<br />
können auch die Klicks des Einstellrings<br />
für die Belichtungszeit zählen, die<br />
sich höchstwahrscheinlich in Schritten<br />
von 0,3 Stufen ändert. Demnach sind<br />
beispielsweise 10,3 Stufen 31 Klicks<br />
nach unten, ganz gleich, von welchem<br />
Wert Sie starten. Das funktioniert nur bis<br />
zur längsten Belichtungszeit der Kamera,<br />
die normalerweise 30 Sekunden beträgt.<br />
Darüber hinaus müssen Sie die Zeit<br />
manuell mit dem Verschluss in Stellung<br />
B einstellen, entweder per Stoppuhr oder<br />
Fernauslöser mit eingebautem Timer.<br />
Außerdem gibt es Smartphone Apps wie<br />
der „Long Time Exposure Calculator“,<br />
herunterladbar von iTunes. Sie geben<br />
die gemessene Belichtungszeit und<br />
den Filterfaktor ein, und die App zeigt<br />
die zu wählende Belichtungszeit an.<br />
Die Farbbalance kann entweder in der<br />
Nachbearbeitung oder durch einen<br />
aktuellen Weißabgleich eingestellt<br />
werden. Sie können den Weißabgleich<br />
auch manuell einstellen. Testen Sie<br />
bei Sonnenlicht und bei bedecktem<br />
Himmel mit unterschiedlichen Kelvin-<br />
Werten und verwenden Sie die Werte,<br />
die neutrale Ergebnisse hervorbringen.<br />
Bei Verwendung des Filters stellen Sie<br />
den so gefundenen passenden Wert ein.<br />
Es darf bei so langen Belichtungszeiten<br />
kein zusätzliches Licht einfallen, das die<br />
Belichtung verfälschen würde. Deswegen<br />
muss das Okular verschlossen werden,<br />
entweder mit einer zu diesem Zweck<br />
mitgelieferten Gummiklappe oder mit<br />
einem schwarzen Tuch, das Sie davor<br />
hängen. Auch bei sorgfältig kalkulierter<br />
Belichtung müssen Sie wahrscheinlich<br />
nach einer Testaufnahme nachregeln. Um<br />
Zeit zu sparen, sollten Sie die automatische<br />
Rauschunterdrückung der Kamera<br />
ausschalten. Bei Verwendung eines<br />
Weitwinkelobjektivs werden Graufilter<br />
dunkle Ecken im Bild produzieren.<br />
Stellen Sie die Schärfe und andere<br />
Einstellungen zuerst ein, dann bringen<br />
Sie den Filter in Position und lösen aus.<br />
Das Ergebnis sollte annehmbar sein,<br />
wenn Sie den Test mit der Belichtung und<br />
dem Weißabgleich korrekt durchgeführt<br />
haben, falls nicht, beginnen Sie von vorn.<br />
B+W ND1000X<br />
MRC F-PRO 140 EURO<br />
HAIDA ND 3.0 SLIM 35 EURO<br />
HOYA X400 HMC 125 EURO<br />
LEE BIG STOPPER<br />
100X100 MM<br />
100 EURO<br />
FORMATT HITECH 100<br />
Pro Stop 10 75 EURO<br />
HELIOPAN GREY ND 3.0 SLIM 95 EURO<br />
L.C.W. ND500 MC 65 EURO<br />
154 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Haupt-<br />
Merkmale<br />
Straßenpreis: 140 Euro<br />
77 mm ND 1000x, MULTI-COATED<br />
www.schneiderkreuznach.com<br />
B+W ND1000x MRC F-Pro<br />
B+W von Schneider sind berühmt<br />
für ihre Qualität und ihre soliden<br />
Messinghalterungen. Es gab eine Zeit,<br />
da hatte B+W den Markt für extreme<br />
Graufilter praktisch für sich allein und<br />
konnte die Nachfrage kaum befriedigen.<br />
Die Produktpalette wurde inzwischen<br />
erweitert und umfasst jetzt eine einfach<br />
vergütete und diese mehrfach vergütete<br />
Version des MRC 1000x Stoppers.<br />
Der MRC (Multi-Resistant Coating) ist<br />
einer der Besten. Er ist effektiv, stabil<br />
und wasserfest. Die F-Pro-Halterung ist<br />
keine Slimline-Halterung, doch wir hatten<br />
keine Vignettierungsprobleme mit einem<br />
17-mm-Objektiv an einer Vollformat<br />
Canon Spiegelreflexkamera.<br />
Die Dichte wird mit 10 Stufen angeben,<br />
doch wir ermittelten einen Wert von<br />
10,6. Das scheint auf den ersten Blick<br />
nicht viel zu bedeuten, doch bei langen<br />
Belichtungen fällt das sehr ins Gewicht:<br />
Aus 10 Sekunden werden 16 Sekunden<br />
Belichtungszeit.<br />
Ein leichter Farbstich in Richtung<br />
Orange ist wahrnehmbar. Doch der kann<br />
zu 100 Prozent durch Anpassen des<br />
Weißabgleichs oder in der Nachbearbeitung<br />
ausgeglichen werden. Der Filter hat<br />
von allen die beste Infrarot-Absorption,<br />
mit neutralem Schwarz und sauberen<br />
Farben. Die Lichtreflexunterdrückung ist<br />
sehr gut, was zu erwarten ist bei einer<br />
Mehrfachvergütung. Auch die Schärfe ist<br />
exzellent. Der einzige wirkliche Nachteil<br />
ist der Preis. Mit einem Straßenpreis bis<br />
140 Euro ist er der teuerste Filter im Test.<br />
Wenn Sie Preise vergleichen, stellen<br />
Sie vielleicht große Unterschiede fest,<br />
doch Vorsicht: Von diesem Filter sind<br />
Fälschungen auf dem Markt, die nur<br />
schwer zu erkennen sind. Die einzige<br />
Möglichkeit, sicherzugehen, ist der Kauf<br />
bei einem Fachhändler, der auf der Liste<br />
des offiziellen Importeurs steht.<br />
BEST<br />
IN<br />
TEST<br />
Ganz oben: Der B+W Farbstich ist leicht Orange, doch<br />
einfach zu neutralisieren. Oben: Das korrigierte Bild ist<br />
sauber und kontrastreich – keine Infrarot-Probleme.<br />
Die B+W MRC-Mehrfachvergütung ist ausgezeichnet. Der<br />
Filter ist robust, wasserfest und leicht zu reinigen. Er war<br />
der Beste im Test.<br />
Urteil<br />
Die Qualität dieses B+W Filters ist über<br />
jeden Zweifel erhaben, wie bei diesem<br />
Preis erwartet werden kann. Er ist auch<br />
der leistungsfähigste im Test, kurz vor<br />
dem Heliopan.<br />
Was ihn von den anderen unterscheidet,<br />
sind die leicht höhere Dichte, der<br />
milde Orange-Stich, die gute Infrarot-<br />
Absorption und die hochwertige<br />
Messinghalterung. Die MRC-Vergütung<br />
ist hervorragend, das macht den Filter<br />
robust und leicht zu reinigen. Wie das<br />
Sprichwort sagt: „Gut und billig sind<br />
selten beieinander.“ Aber das Gesetz<br />
vom abnehmenden Grenzertrag gilt<br />
hier genauso: Die geringe Mehrleistung<br />
kommt mit einer substanziellen<br />
Steigerung der Kosten.<br />
Bewertung<br />
FEATURES 23/25<br />
Mehrfachvergütung, keine<br />
Slimline-Halterung<br />
HANDHABUNG 25/25<br />
Das Messing fühlt sich gut an, hat<br />
aber keinen praktischen Wert.<br />
PERFORMANCE 25/25<br />
Exzellent. Mehrfachvergütung, kein<br />
IR-Einfluss, hohe Dichte<br />
GEGENWERT 21/25<br />
Der teuerste Filter,<br />
doch Qualität kostet<br />
WERTUNG 94/100<br />
Hervorragende optische Leistung,<br />
aber teuer<br />
Pro: Die MRC-Vergütung gehört zu<br />
den Besten.<br />
Kontra: teurer als die Konkurrenz<br />
Daten<br />
Konstruktion: Messinghalterung<br />
Filtermaterial: Mehrfach<br />
vergütetes Glas<br />
Dichte: gemessene 10,6 Stufen<br />
Farbstich: leicht Orange<br />
IR-Einfluss: sehr gering<br />
Reflexunterdrückung: exzellent<br />
Schärfe: hervorragend<br />
Frontgewinde: ja<br />
Tiefe der Halterung: 4,5mm<br />
Gewicht: 49 g (77 mm)<br />
Verfügbare Größen: 49 - 77 mm<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 155
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Haupt-<br />
Merkmale<br />
Straßenpreis 75 Euro<br />
ND 1000x, 100x100mm<br />
www.isarfoto.com<br />
Urteil<br />
Der Hauptvorteil des Formatt Hitech Pro<br />
Stop ist, dass Sie ihn jetzt kaufen können<br />
und zwar zu einem erschwinglichen<br />
Preis, sowohl in der 85-mm-Größe für<br />
Cokin als auch in der 100-mm-Version<br />
für die hauseigenen Halterungen und<br />
die von Lee. Sein einziger Nachteil ist,<br />
dass er bei hohem Infrarotanteil des<br />
Umgebungslichts für Infrarot-Einfl üsse<br />
anfällig ist. Das kann die Farbtreue<br />
beeinträchtigen, doch da Bilder mit<br />
extremen Graufi ltern immer ein wenig<br />
surreal wirken, kann es vernachlässigt<br />
werden.<br />
Formatt Hitech 100 Pro Stop 10<br />
Die quadratische Hitech Einschubfilter-<br />
Reihe von Formatt hat einen sehr guten<br />
Ruf für Qualität zu erschwinglichem Preis.<br />
Der Hitech 100 Pro Stop 10-Filter<br />
dunkelt 10 Stufen ab und wird im Format<br />
100 mm geliefert, entweder für Formatts<br />
eigene Halter oder für das Lee-System.<br />
Das 85-mm-Format passt in die Cokin<br />
P-Type Halterung. Der 100-mm-Version<br />
liegen 1,5-mm- und 3-mm- Schaumstoff-<br />
Abdichtungen für verschiedene Halterungen<br />
bei. Formatt bietet drei verschiedene<br />
Halterungstypen an, darunter immer noch<br />
den originalen, qualitativ hochwertigen Mk<br />
IV Halter aus Aluminium. Weiter gibt es<br />
den neuen, modularen Halter aus Nylon<br />
für 50 Euro oder aus Aluminium für 75<br />
Euro, der außerdem einen 105-mm-Front-<br />
Adapterring zum Anbringen eines Polfilters<br />
oder einer Gegenlichtblende aufweist.<br />
Dank des modularen Designs können<br />
mehrere Filter unterschiedlicher Dicke<br />
verwendet werden. Auch ein Adapter für<br />
ein Weitwinkelobjektiv ist vorhanden.<br />
Das Modell Pro Stop ist die überarbeitete<br />
Version des ursprünglichen extremen<br />
Graufilters, der aber Probleme durch<br />
Infrarot-Einfluss machte. Diese neue Version<br />
ist besser, doch die Herausforderung, einen<br />
sauberen Filter aus eingefärbtem Harz zu<br />
produzieren, ist in bestimmten Situationen<br />
immer noch spürbar, beispielsweise bei<br />
sonnenbeschienenen Szenen mit Gras. Bei<br />
Meerespanoramen gibt es keine Probleme.<br />
Bei hoher natürlicher Infrarotstrahlung,<br />
besonders an sonnigen Tagen, erscheint<br />
tiefes Schwarz als Dunkelbraun, manchmal<br />
auch mit einem leichten, orangenen<br />
Schleier. Das kann in der Nachbearbeitung<br />
minimiert werden, aber es ist schwer, den<br />
Effekt völlig loszuwerden.<br />
Doch in der Regel erweist sich dies als<br />
kein Problem und ist kaum wahrnehmbar.<br />
Die Schärfe des Filters ist ausgezeichnet.<br />
Ganz oben: Pro Stop hat eine leichte Blaugrün-Färbung.<br />
Oben: In stark infrarothaltigem, natürlichem Licht ist sie<br />
schwer zu neutralisieren, und Schwarz erscheint Braun.<br />
Formatts Pro Stop besteht aus CR39-Harz, und die<br />
Performance ist gut. Er ist sehr robust und im Gegensatz zu<br />
Glasfiltern unzerbrechlich.<br />
Bewertung<br />
FEATURES 24/25<br />
Mehrere Größen und Halterungen<br />
für verschiedene Filtersysteme<br />
HANDHABUNG 25/25<br />
Problemlos. Drei verschiedene<br />
Halter, auch für Lee<br />
PERFORMANCE 16/25<br />
Dunkel, gemessene 11 Stufen.<br />
Anfällig für IR-Probleme<br />
GEGENWERT 24/25<br />
Sehr gutes Preis-<br />
Leistungsverhältnis<br />
WERTUNG 89/100<br />
Ein guter Kauf für Benutzer<br />
qudratischer Filtersysteme<br />
PRO Verfügbarkeit und Preis<br />
KONTRA IR-Einfluss manchmal<br />
zu stark um korrigiert werden zu<br />
können<br />
Daten<br />
Konstruktion: Einschubhalterung<br />
Filtermaterial: MCR39 Harz<br />
Dichte: gemessene 11 Stufen<br />
Farbstich: leicht Blaugrün<br />
IR-Einfluss: Manchmal sichtbar<br />
Reflexunterdrückung:<br />
durchschnittlich<br />
Schärfe: hervorragend<br />
Tiefe der Halterung: 1,7mm,<br />
3,2 mm inkl. Dichtung<br />
Gewicht: 25 g<br />
Verfügbare Größen: 100 x 100<br />
mm und 85 x 85mm<br />
156 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
e<br />
Haupt-<br />
Merkmale<br />
Straßenpreis 35 Euro<br />
77 mm ND 1000x<br />
www.amazon.de<br />
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Urteil<br />
Bei einem Preis von nur 35 Euro für<br />
einen 77mm Graufi lter mit zehn Stufen,<br />
sollte man eigentlich gegenüber Produkten,<br />
die das Mehrfache kosten, Abstriche<br />
bei der Qualität erwarten. Doch<br />
dem ist nicht so.<br />
Der Haida ND 3.0 Slim ist ein Qualitätsfi<br />
lter, der für die meisten Ansprüche<br />
genügt. Wer mehr Qualität braucht,<br />
wegen extrem langer Belichtungen bei<br />
schwierigen Szenen mit Hintergrundbeleuchtung<br />
beispielsweise, muss mehr<br />
ausgeben. Für den gelegentlichen Gebrauch<br />
jedoch, speziell für Einsteiger<br />
in diese Aufnahmetechnik ist der Haida<br />
Filter zu empfehlen.<br />
Haida ND 3.0 Slim<br />
Haida ist ein chinesischer Hersteller,<br />
dessen Filter neu sind auf dem Markt. Sie<br />
werden bei Amazon angeboten.<br />
Eines fällt sofort auf, und das ist der<br />
Preis. Extrem günstige 35 Euro für die<br />
77-mm-Version. Bei den verwendeten<br />
Materialien und deren Verarbeitungsqualität<br />
deutet nichts auf Kompromisse zulasten<br />
der Qualität hin. Die mattschwarz eloxierte<br />
Aluminiumhalterung jedenfalls sieht aus<br />
wie jede andere auch, und sie verfügt trotz<br />
des Ultra Slimline Designs sogar über ein<br />
Frontgewinde. Die Dichte wird mit 10 Stufen<br />
angegeben, doch bei unserem Exemplar<br />
haben wir 10,3 gemessen, wodurch der<br />
Filter zu den Dunkleren im Test gehört. Das<br />
hat weder Vor- noch Nachteile. Die ideale<br />
Dichte hängt ohnehin zum großen Teil von<br />
der Intensität des Umgebungslichts zum<br />
Zeitpunkt der Aufnahme ab, sowie vom<br />
Tempo der Bewegungen im Bild und davon,<br />
wie stark verschwommen die Bewegung sein<br />
soll. Der Filter verursacht einen leichten,<br />
purpurblauen Farbstich, etwas stärker als bei<br />
anderen, doch der ist mit einem angepassten<br />
Weißabgleich in den Griff zu bekommen,<br />
oder eben in der Nachbearbeitung. Gespart<br />
wurde bei dem Filter an der Vergütung –<br />
es gibt schlicht keine. Das hat jedoch nur<br />
sehr wenig Einfluss auf die Bildqualität.<br />
Die Hauptfunktion einer Vergütung besteht<br />
darin, die von den Filteroberflächen<br />
reflektierten Lichtmengen so stark wie<br />
möglich zu reduzieren, besonders an<br />
der Rückseite, weil von dort das Licht<br />
überall im Objektiv hin- und hergeworfen<br />
wird, was den Gesamtkontrast des Bildes<br />
beeinträchtigt. Als wir uns die Testbilder<br />
– von denen einige bewusst Blendungen<br />
provozierten – daraufhin genau ansahen,<br />
stellten wir nur wenig schlechtere Qualität<br />
als bei den mehrfach vergüteten Filtern fest.<br />
Man muss schon sehr genau hinsehen, um<br />
einen Unterschied zu bemerken.<br />
Ganz oben: Leichter purpurblauer Farbstich.<br />
Oben: Die Bilder kommen in der Nachbearbeitung sehr gut<br />
heraus. Der Haida Filter ist sein Geld allemal wert.<br />
Unvergütetes Glas neigt stärker zu Reflexionen. In der Praxis<br />
ist der Unterschied bei normalen Bedingungen nicht groß.<br />
FEATURES 20/25<br />
High Density, Slimline Halterung,<br />
unvergütete Oberflächen<br />
HANDHABUNG 25/25<br />
Schlankstes Design im Test,<br />
Frontgewinde<br />
PERFORMANCE 22/25<br />
Sehr gut angesichts der fehlenden<br />
Vergütung<br />
GEGENWERT 25/25<br />
Extrem gut<br />
WERTUNG 92/100<br />
Sehr gute Leistung zu<br />
hervorragendem Preis<br />
PRO: sehr preiswert<br />
KONTRA: unvergütet, angesichts<br />
des Preises jedoch hinnehmbar<br />
Daten<br />
Bewertung<br />
Konstruktion: Aluminiumhalterung<br />
Filtermaterial: unvergütetes Glas<br />
Dichte: gemessene 10,3 Stufen<br />
Farbstich: leicht Purpurblau<br />
IR-Einfluss: wenig<br />
Reflexunterdrückung: gut<br />
Schärfe: hervorragend<br />
Frontgewinde: ja<br />
Tiefe der Halterung: 3,6 mm<br />
Gewicht: 26 g (77 mm)<br />
Verfügbare Größen: 52 - 82 mm<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 157
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Haupt-<br />
Merkmale<br />
Straßenpreis 95 Euro<br />
77 mm<br />
ND 1000x, vergütet<br />
http://www.heliopan.de<br />
Heliopan Graufilter ND 3.0 Slim<br />
Urteil<br />
Wer einen qualitativ hochwertigen,<br />
extremen Graufi lter möchte, sollte den<br />
Heliopan defi nitiv in die engere Wahl<br />
ziehen. Er hält die Spezifi kation von zehn<br />
Stufen genau ein und kommt in einer<br />
Messinghalterung mit Frontgewinde. Er<br />
unterdrückt Lichtrefl exe sehr gut, wird<br />
kaum durch Infrarotlicht beeinfl usst und<br />
hat keine feststellbaren Auswirkungen<br />
auf die Bildschärfe.<br />
Ein kleiner Nachteil besteht in<br />
seinem leicht orangen Farbstich, doch<br />
da alle getesteten Filter davon mehr<br />
oder minder betroffen sind, das kein<br />
spezifi sches negatives Merkmal.<br />
Der Filter ist in mehreren Größen<br />
erhältlich. Sein Geld ist er auf jeden Fall<br />
wert.<br />
Der deutsche Hersteller Heliopan<br />
verwendet Schott-Glas für seine optischen<br />
Filter.<br />
Sie werden in mattschwarzen<br />
Messinghalterungen geliefert, was den<br />
Eindruck von Qualität unterstreicht.<br />
Die Slim-Design-Halterung ist auffällig<br />
dünn und hat ein Frontgewinde. Der Vorteil<br />
der Slim-Designs besteht darin, dass Sie<br />
zwei Filter gleichzeitig verwenden können,<br />
ohne dass Vignettierungen, insbesondere<br />
bei Weitwinkelobjektiven, zum Problem<br />
werden.<br />
ND 3.0 bedeutet zehn Stufen, und der<br />
Heliopan-Filter hält diesen Wert exakt ein.<br />
Der Farbstich tendiert ein wenig zu<br />
Orange und ist eine Nuance dunkler als<br />
der des B+W Filters. Auch hier ist das kein<br />
Problem, weil einfach zu korrigieren.<br />
Wenn der Farbstich entfernt wurde – was<br />
bei allen getesteten Filtern erforderlich war<br />
– ist die Farbtreue ausgezeichnet und IR-<br />
Einflüsse waren kaum feststellbar.<br />
Heliopan Filter sind mindestens einfach<br />
vergütet. Die Reflexunterdrückung ist sehr<br />
gut und sie gehört zu den besten im Test.<br />
Wie bei allen anderen Filtern war auch hier<br />
die Schärfe kein Problem.<br />
Heliopan Filter sind überall im<br />
Fachhandel und im Versand erhältlich. Der<br />
Preis für den getesteten Filter liegt mit 95<br />
Euro für die 77-mm-Version am oberen<br />
Ende, doch der Gegenwert ist sehr gut und<br />
die Performance ist eindrucksvoll.<br />
Ganz oben: Der Heliopan ähnelt dem B+W, allerdings hat<br />
er einen leichten Orange-Stich. Oben: Das Bild ist leicht<br />
korrigierbar, gute Infrarot-Unterdrückung, hoher Kontrast<br />
Der Heliopan ist nur einfach vergütet, doch die Lichtreflex-<br />
Unterdrückung ist trotzdem sehr gut. Sehr gute Qualität<br />
„Made in Germany”.<br />
FEATURES 22/25<br />
Einfachvergütung, Messinghalterung,<br />
viele Größen<br />
HANDHABUNG 25/25<br />
Gute Haptik wegen des Messings<br />
PERFORMANCE 24/25<br />
Sehr gut, exakt 10 Stufen,<br />
leichter Orangestich<br />
GEGENWERT 22/25<br />
Nicht ganz so teuer wie der<br />
ähnliche B+W Filter<br />
WERTUNG 93/100<br />
Gute Gesamtleistung<br />
PRO: Generell gute Leistung<br />
KONTRA: Kaum erwähnenswert<br />
Daten<br />
Bewertung<br />
Konstruktion: Messinghalterung<br />
Filtermaterial: einfach vergütetes<br />
Glas<br />
Dichte: gemessene 10 Stufen<br />
Farbstich: leicht Orange<br />
IR-Einfluss: sehr klein<br />
Reflexunterdrückung: sehr gut<br />
Schärfe: hervorragend<br />
Frontgewinde: ja<br />
Tiefe der Halterung: 4 mm<br />
Gewicht: 48 g (77 mm)<br />
Verfügbare Größen: 39 - 105 mm<br />
158 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Haupt-<br />
Merkmale<br />
Straßenpreis 125 Euro<br />
77mm<br />
ND 400x, mehrfachvergütet<br />
http://www.hoya.de<br />
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Urteil<br />
Der Hoya X400 HMC ist ein<br />
ausgezeichneter extremer Graufi lter. Die<br />
Performance reicht an die des B+W-<br />
Filters heran.<br />
Der Unterschied besteht natürlich in<br />
der Dichte, denn beide Filter liegen hier<br />
genau zwei Stufen auseinander. Das<br />
drückt sich beispielsweise bei denselben<br />
Lichtverhältnissen in einem Unterschied<br />
von 10 Sekunden Verschlusszeit beim<br />
Hoya und 40 Sekunden beim B+W Filter<br />
aus. Es ist schwer zu sagen, für welchen<br />
der beiden man sich entscheiden sollte,<br />
denn bei 8,6 Stufen wünscht man sich<br />
manchmal mehr, bei 10 Stufen weniger<br />
Abdunkelung. Wenn Sie sich’s leisten<br />
wollen, kaufen Sie beide …<br />
Hoya X400 HMC<br />
Hoya ist der weltweit größte Hersteller<br />
von optischen Gläsern. Mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit stammt zumindest<br />
eine der in Ihrem Kameraobjektiv<br />
eingebauten Linsen von Hoya. Von Hoya<br />
kommt außerdem eine umfangreiche<br />
Produktpalette von Filtern aller Preisklassen,<br />
unter Ihnen der hier von uns getestete<br />
X400 HMC. X400 ist der Belichtungsfaktor,<br />
der 8,6 Stufen entspricht, und genau das<br />
haben wir auch gemessen. Es ist einer der<br />
weniger dichten extremen Graufi lter. Doch<br />
er hat durchaus seine Daseinsberechtigung,<br />
denn erreicht werden soll durch solche<br />
Filter, dass Sie aus einem möglichst weiten<br />
Bereich langer Verschlusszeiten wählen<br />
können, um unterschiedliche Szenarien<br />
sehr verschiedenen Umgebungslichts<br />
abdecken zu können. Was die mögliche<br />
Bandbreite solcher Szenarien angeht, sind<br />
zehn Stufen manchmal zu viel.<br />
Fotografen, die regelmäßig unter solchen<br />
Bedingungen arbeiten, haben oft mehr als<br />
einen Graufi lter, etwa einen mit zehn Stufen<br />
und einen mit sechs Stufen. Insofern sind<br />
8,6 Stufen ein passabler Kompromiss.<br />
Die optische Qualität ist sehr gut. Die Farbe<br />
ist nur einen leichten Grünstich von neutral<br />
entfernt, und der lässt sich leicht entfernen.<br />
Die volle Mehrfachvergütung beider Seiten<br />
sichert ein blendfreies Arbeiten, es ist die<br />
vielleicht beste Refl exunterdrückung im Test.<br />
Die Bildschärfe wird durch den Filter nicht<br />
im Geringsten beeinfl usst. Die Halterung<br />
besteht aus einer mattschwarzen Metall-<br />
Legierung in Standardgröße. Das erlaubt<br />
ein großzügig bemessenes Frontgewinde.<br />
Bei unserem mit einem Vollformat Sensor<br />
getesteten Canon 17-40-mm-Objektiv<br />
traten jedenfalls keine Vignettierungen auf.<br />
Die Qualität des Glases und die<br />
Vergütung haben jedoch ihren Preis, und<br />
mit 125 Euro für die 77-mm-Version gehört<br />
dieser Filter zu den Teuersten.<br />
Ganz oben: Der Hoya X400 ist etwas heller als die anderen<br />
und er hat einen leichten Grünstich. Oben: Keine Probleme<br />
bei Farben und Kontrast nach der Nachbearbeitung<br />
Hoyas Mehrfachvergütung ist hervorragend und minimiert<br />
die Blendeffekte und Lichtreflexe. Selbst bei schwierigen,<br />
hintergrundbeleuchteten Motiven bleibt die Qualität sehr gut.<br />
FEATURES 23/25<br />
Zwei Stufen heller,<br />
Mehrfachvergütung<br />
HANDHABUNG 25/25<br />
Standardhalterung,<br />
leicht zu greifen<br />
PERFORMANCE 23/25<br />
Ausgezeichnete optische Qualität<br />
GEGENWERT 20/25<br />
Teuer, trotzdem gut<br />
WERTUNG 91/100<br />
Sehr gut. Der Beste unter den<br />
helleren extremen Graufiltern<br />
PRO: Optische Qualität, exzellente<br />
HMC-Mehrfachvergütung<br />
KONTRA: Wie bei B+W, sehr gute<br />
Qualität ist teuer<br />
Daten<br />
Bewertung<br />
Konstruktion: Aluminiumhalterung<br />
Filtermaterial: mehrfach<br />
vergütetes Glas<br />
Dichte: gemessene 8,6 Stufen<br />
Farbstich: leicht Grün<br />
IR-Einfluss: sehr gering<br />
Reflexunterdrückung: sehr gut<br />
Schärfe: hervorragend<br />
Frontgewinde: ja<br />
Tiefe der Halterung: 5 mm<br />
Gewicht: 35 g (77 mm)<br />
Verfügbare Größen: 49 - 77 mm<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 159
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Haupt-<br />
Merkmale<br />
Sraßenpreis 65 Euro 77 mm<br />
ND 500x, mehrfachvergütet<br />
www.premier-ink.co.uk<br />
Urteil<br />
Der L.C.W. ND500 MC hat mehrere<br />
Vorzüge.<br />
Seine acht Stufen machen ihn heller<br />
als die meisten, und das kann ein<br />
Vorteil sein. Der niedrige Preis ist ein<br />
starkes Argument gegenüber anderen<br />
mehrfach vergüteten Filtern.<br />
Weiter sind das fast neutrale<br />
Farbverhalten zu nennen und das<br />
Super-Slim Design.<br />
Wie auch immer Sie es betrachten,<br />
dieser Filter ist sehr empfehlenswert.<br />
L.C.W. ND500 MC<br />
Light Craft Workshop war einer der ersten<br />
Hersteller, der eine Alternative zu B+W bot.<br />
Der ND500 MC verkaufte sich von Anfang<br />
an gut, bot er doch Mehrfachvergütung zu<br />
akzeptablem Preis. Seitdem ist der Filter<br />
mehrmals überarbeitet worden und es<br />
werden heute mehr Größen angeboten,<br />
wobei das Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
dasselbe geblieben ist.<br />
Beim aktuellen ND500 MC ist die<br />
Vergütung auf der Vorderseite verbessert<br />
worden, und es ist ein Frontgewinde an<br />
der Super-Slim Halterung hinzugekommen.<br />
Schraubt man jedoch etwas dort auf, ist<br />
nach einer halben Drehung Schluss, was das<br />
Ganze zu einer eher wackligen Angelegenheit<br />
macht. Sicher fühlt man sich damit nicht.<br />
Ein um eine Umdrehung tieferes Gewinde<br />
würde hier Abhilfe schaffen. Die Dichte<br />
wird mit 500 angegeben, was 9 Stufen<br />
entspricht. Wir haben deutlich weniger<br />
gemessen, etwas unter 8 Stufen. Wie beim<br />
Hoya ist das entweder nicht genug oder<br />
ein Kompromiss in Richtung des oftmals<br />
nicht brillanten Lichts in Deutschland. Es<br />
ist eine subjektive Entscheidung, doch ich<br />
verwende den L.C.W. ND500 seit einigen<br />
Jahren und nur selten habe ich ihn mir<br />
dunkler gewünscht. Eine Änderung des ISO-<br />
Werts oder der Blendeneinstellung führt<br />
normalerweise zu der Verschlusszeit, die Sie<br />
brauchen.<br />
Die Farbe ist fast neutral mit einem<br />
winzigen Stich ins Blaue. Die IR-Absorption<br />
ist gut. Die Lichtreflexunterdrückung ist<br />
besser als bei den unvergüteten Filtern,<br />
wenn auch nicht so gut wie bei den besten<br />
Mehrfachvergütungen. Die Bildschärfe<br />
leidet überhaupt nicht, insofern ist der Filter<br />
insgesamt von ausgewogener, guter Qualität.<br />
Das wahrscheinlich Beste ist sein Preis:<br />
Seine Spezifikationen gibt es nirgendwo<br />
anders zum Preis von 65 Euro für die<br />
77-mm-Version.<br />
Ganz oben: Leichter Blaustich, Abdunkelung um 8 Stufen.<br />
Oben: Das korrigierte Bild sieht gut aus, nur geringer IR-<br />
Einfluss.<br />
Sehr gute Lichtreflexunterdrückung dank Mehrfachvergütung.<br />
Nah an den Bestwerten. Sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis.<br />
FEATURES 24/25<br />
Heller als die meisten anderen.<br />
Slimline Halterung<br />
HANDHABUNG 23/25<br />
Frontgewinde zu unsicher<br />
PERFORMANCE 23/25<br />
Insgesamt sehr gut. Fast neutrales<br />
Farbverhalten<br />
GEGENWERT 23/25<br />
Preis-Leistungsverhältnis exzellent<br />
WERTUNG 93/100<br />
Dem Hoya ähnlich. Nicht so gut<br />
aber wesentlich preiswerter<br />
PRO: Mehrfachvergütung,<br />
niedriger Preis<br />
KONTRA: Nichts Wesentliches<br />
Daten<br />
Bewertung<br />
Konstruktion: Aluminiumhalterung<br />
Filtermaterial: Mehrfachvergütetes<br />
Glas<br />
Dichte: gemessene 8 Stufen<br />
Farbstich: sehr leichtes Blau<br />
IR-Einfluss: gering<br />
Reflexunterdrückung: sehr gut<br />
Schärfe: hervorragend<br />
Frontgewinde: ja<br />
Tiefe der Halterung: 3,7 mm<br />
Gewicht: 32 g (77 mm)<br />
Verfügbare Größen: 53 - 82 mm<br />
160 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
Haupt-<br />
Merkmale<br />
Straßenpreis 100 Euro<br />
ND 1000x, 100x100mm<br />
www.leefilters.com<br />
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Urteil<br />
Lee kann die weltweite Nachfrage nach<br />
dem Big Stopper kaum befriedigen.<br />
Man könnte zwar die Stückzahlen<br />
hochfahren, doch man befürchtet, das<br />
würde die Qualität gefährden, und das<br />
Risiko will man nicht eingehen.<br />
Benutzer quadratischer Filtersysteme<br />
haben nicht viel Auswahl, wenn es<br />
um qualitativ hochwertige, extreme<br />
Graufi lter geht. Es gibt nur Lee und<br />
Formatt. Insofern ist der Preis für den<br />
Big Stopper mit seiner hervorragenden<br />
Qualität angemessen. Sie müssen halt<br />
Ihren Namen auf die Warteliste setzen<br />
lassen.<br />
Lee Big Stopper 100x100mm<br />
Hersteller Lee hatte seinen „Big Stopper“<br />
seinerzeit eher zögerlich eingeführt, weil<br />
man Filter solcher Stärken eher für eine<br />
schnell vorübergehende Modererscheinung<br />
hielt. Doch die Nachfrage ist konstant.<br />
Es gibt jedoch eine Warteliste. Ihr<br />
Händler sagt Ihnen, wie lange Sie warten<br />
müssen, doch das Warten lohnt sich. Alle<br />
Lee-Produkte sind von hoher Qualität, so<br />
auch dieser Filter. Obwohl der Big Stopper<br />
unvergütet ist, kann er sich in der Qualität<br />
mit den besten Konkurrenten messen.<br />
Lee ist Weltmeister in der Herstellung<br />
von handgefertigten Harzfiltern, doch für<br />
extreme Graufilter ist Glas das bessere<br />
Material. Daher lässt man den Big Stopper<br />
nach genausten Vorgaben in Fernost<br />
produzieren und importiert ihn nach<br />
Europa. Ein wesentliches Merkmal ist seine<br />
Schaumstoffdichtung, die einen lichtdichten<br />
Sitz in der Halterung gewährleistet.<br />
Einschubfilter sind zwar sperriger als<br />
Schraubfilter, doch Sie sind vielseitiger,<br />
weil beispielsweise Verlaufszonen vertikal<br />
angepasst werden können und man zwei<br />
oder mehr Filter gleichzeitig verwenden<br />
kann.<br />
Die Lee-Halterung ist ausgezeichnet.<br />
Alles passt und gleitet wunderbar, und mit<br />
dem Schnellverschluss lassen sich alle Filter<br />
im Handumdrehen an- und abmontieren.<br />
Die Dichte wird mit 10 Stufen angegeben,<br />
doch unsere Messung ergab 10,6 Stufen wie<br />
beim B+W Filter. Die Farbe ist fast neutral mit<br />
einem winzigen Blaustich, die IR-Absorption<br />
ist gut. Die Lichtreflexunterdrückung ist<br />
nur unwesentlich schlechter als bei der<br />
vergüteten Konkurrenz, die Bildschärfe wird<br />
überhaupt nicht beeinträchtigt.<br />
Lees Big Stopper ist nicht billig aber mit<br />
100 Euro auch nicht zu teuer. Er bietet einen<br />
absolut angemessenen Gegenwert und unter<br />
für Einschubsysteme ist er der beste extreme<br />
Graufilter auf dem Markt.<br />
Ganz oben: Der Big Stopper hat einen kaum noch erkennbaren<br />
Blaustich. Oben: Das bearbeitete Bild zeigt akkurate Farben<br />
und keinerlei Infrarot-Einflüsse.<br />
Aufgrund der fehlenden Vergütung darf man ein wenig mehr<br />
Reflexe erwarten, doch im Vergleich zu vergüteten Filtern ist<br />
der Effekt minimal und in der Praxis unbedeutend.<br />
FEATURES 22/25<br />
Passt in die Lee Halterung, wird<br />
mit Schaumstoffdichtung geliefert<br />
HANDHABUNG 25/25<br />
Einfacher als Schraubfilter<br />
PERFORMANCE 22/25<br />
Fast neutral, hohe Dichte, gute<br />
Infrarot-Dämpfung<br />
GEGENWERT 23/25<br />
Nicht billig, sondern angemessen<br />
WERTUNG 92/100<br />
Bester extremer Graufilter für<br />
quadratische Einschubsysteme<br />
PRO: Lee Qualität, vielseitige<br />
Halterung<br />
KONTRA: Warteliste<br />
Daten<br />
Bewertung<br />
Konstruktion: Einschubhalterung<br />
mit Schumstoffdichtung<br />
Filtermaterial: unvergütetes Glas<br />
Dichte: gemessene 10,6 Stufen<br />
Farbstich: ganz leicht Blau<br />
IR-Einfluss: gering<br />
Reflexunterdrückung: gut<br />
Schärfe: hervorragend<br />
Tiefe der Halterung: 1,5 mm, 2,9<br />
mm inkl. Dichtung<br />
Gewicht: 39 g<br />
Verfügbare Größen: 100 x 100<br />
mm<br />
DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV 161
Foto-Ausrüstung<br />
Extreme Graufilter<br />
Wie wir testen<br />
Wir haben die Filter sowohl<br />
in einer Studioumgebung als<br />
auch im Freien getestet. Wir<br />
maßen die Dichte, bewerteten<br />
die Farbbalance und prüften<br />
die Lichtrefl exunterdrückung<br />
und achteten besonders auf die<br />
Bildschärfe.<br />
Draußen vor Ort haben<br />
wir mehrere Szenen<br />
bei<br />
unterschiedlichen<br />
natürlichen Lichtverhältnissen<br />
aufgenommen.<br />
Die Dichte war einfach zu<br />
messen und ist jeweils auf das<br />
nächstbefi ndliche Drittel einer<br />
Blendenstufe gerundet. Die<br />
Hersteller geben die Dichte in<br />
unterschiedlichen Maßeinheiten<br />
an. So ist beispielsweise der<br />
Faktor 1000x – dasselbe wie die<br />
optische Dichte von 3,0 und auch<br />
dasselbe wie 10 Blendenstufen.<br />
Die Farbbalance kann<br />
visuell anhand von Referenz-<br />
Motiven überprüft werden. Alle<br />
getesteten Filter wiesen mehr<br />
oder weniger starke Farbstiche<br />
auf, doch das ist vollständig<br />
per individuellem Weißabgleich<br />
oder in der Nachbearbeitung zu<br />
korrigieren. Deswegen ist die<br />
Farbabweichung auch nicht in<br />
die Bewertung eingefl ossen.<br />
Wir haben auch auf<br />
Verfälschungen<br />
durch<br />
Infratrotlicht geprüft, doch das<br />
ist sehr stark von der Kamera<br />
abhängig und davon, wie<br />
effi zient der Infrarotfi lter des<br />
Sensors ist. Unsere Testkamera<br />
war eine Canon EOS 5D Mark<br />
II mit 24-105mm L-Objektiv.<br />
Eine IR-Kontamination fällt in<br />
der Regel durch eine leichte<br />
Verschlechterung des Kontrastes<br />
auf und durch den Verlust von<br />
tiefem Schwarz, das dann<br />
als Dunkelbraun erscheint.<br />
Wenn eine Tageslichtszene<br />
überdurchschnittlich viel<br />
Infrarotlicht enthält. An einem<br />
sehr sonnigen Sommertag<br />
beispielsweise ergibt sich ein<br />
rötlicher Farbstich, der sich in<br />
der Nachbearbeitung nur schwer<br />
entfernen lässt.<br />
Mit diesen Filtern wird oft<br />
direkt ins pralle Gegenlicht<br />
fotografi ert. Dies haben wir mit<br />
der Silhouettenmaske simuliert.<br />
Der Himmel ist um 2,5 Stufen<br />
überbelichtet, wie es in der Praxis<br />
bei Landschaftsaufnahmen<br />
häufi g vorkommt. Das Kreuz in<br />
Oben: Referenzfoto des X-Rite Colour Checker ohne Filter in vollem Sonnenlicht gegen einen<br />
Lastolite Tribalance-Faltreflektor mit neutral grauem, schwarzen und weißen Hintergrund.<br />
Rechts: Reflextest-Aufnahme der von hinten<br />
beleuchteten Silhouette ohne Filter mit Canon<br />
EOS 5D Mark II mit 100-mm-Makroobjektiv.<br />
Oben: Alle zu vergleichenden Bereiche sind<br />
in diesem Bildausschnitt zu sehen, wie unten<br />
erläutert wird.<br />
der Mitte des Baumes ist um 5<br />
Stufen überbelichtet, wie es bei<br />
einer untergehenden Sonne der<br />
Fall sein könnte.<br />
Bereiche, die zu beachten<br />
sind: Ausbleichen des Kreuzes<br />
oben auf dem Kirchendach,<br />
wie weit die Refl exe in die<br />
Silhouette hineinreichen, und<br />
die Lichtausbreitung aus dem<br />
weißen Kreuz im Baum heraus.<br />
Generell gilt, dass die<br />
Wahrscheinlichkeit einer<br />
durch den Filter verursachten<br />
Bildunschärfe mit längerer<br />
Brennweite zunimmt. Längere<br />
Brennweiten nutzen nur einen<br />
kleinen Ausschnitt in der Mitte<br />
des Filters, deswegen werden<br />
dort befi ndliche Partikeln und<br />
Kratzer stark vergrößert. Doch<br />
solche Filter werden meistens mit<br />
Weitwinkelobjektiven benutzt,<br />
daher tritt dieses Problem daher<br />
eher selten auf.<br />
Wir testeten die Schärfe<br />
gleichwohl mit einem<br />
200-mm-Objektiv und waren<br />
beeindruckt, als wir keinerlei<br />
wahrnehmbare Beeinträchtigung<br />
der Schärfe fanden.<br />
Urteil<br />
Den besten Filter dieses Tests<br />
zu bestimmen, war nicht<br />
leicht. Alle Filter unterschieden<br />
sich leicht voneinander und<br />
alle haben sie ihre positiven<br />
Seiten, doch unter rein optischen<br />
Gesichtspunkten ragte<br />
der B+W ND1000x MRC F-<br />
Pro Filter als Bester heraus.<br />
Er ist ein exzellenter, extremer<br />
Graufilter mit Mehrfachvergütung,<br />
sehr guter IR-<br />
Unterdrückung und einer Dichte<br />
von 10,6 Blendenstufen.<br />
Er hat eine leichte Orangefärbung<br />
und ist leider sehr teuer.<br />
Der Heliopan Graufilter ND<br />
3.0 Slim kommt dem B+W<br />
sehr nahe, er hat fast dieselben<br />
herausragenden Eigenschaften<br />
einschließlich der Messinghalterung.<br />
Er ist deutlich billiger,<br />
und es gibt ihn in größeren<br />
Größen.<br />
Der Nächste der Reihe ist<br />
der Haida ND 3.0 Slim. Unvergütet<br />
kommt er nicht an die<br />
Spitzenreiter heran, was die<br />
Reflexunterdrückung angeht,<br />
doch er ist der bei Weitem<br />
Preiswerteste im Test, hat<br />
die schmalste Halterung und<br />
macht nicht nur wegen des<br />
Preises einen allgemein sehr<br />
guten Eindruck.<br />
Die Dichtewerte der helleren<br />
Filter von etwa acht<br />
Blendenstufen machen diese<br />
immer noch extrem dunkel<br />
und stellen somit einen vielseitigen<br />
Kompromiss dar.<br />
Der Hoya X400 HMC schneidet<br />
überall gut ab, ist aber<br />
leider etwas teuer.<br />
Beim Preis trumpft der<br />
L.C.W. ND500 MC auf. Er ist<br />
fast so gut wie der Hoya, etwas<br />
neutraler und kommt in<br />
einer Slimline-Halterung für<br />
die Hälfte des Preises.<br />
Dann sind da noch die beiden<br />
Einschubfilter für quadratische<br />
Filtersysteme von<br />
Lee und Formatt, die beide zu<br />
den dunkleren Filtern im Test<br />
gehören. Der Lee Big-Stopper<br />
ist optisch besser, trotz der<br />
fehlenden Vergütung, doch<br />
leider gibt es eine Warteliste,<br />
während der Formatt-Filter billiger,<br />
robuster und vor allem<br />
verfügbar ist.<br />
162 DIGITALE FOTOGRAFIE – KREATIV
GRAUKARTE<br />
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WEISSABGLEICHKARTE<br />
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