Pino Minafra Sud Ensemble - Jazzfestival Göttingen
Pino Minafra Sud Ensemble - Jazzfestival Göttingen
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29. Göttinger <strong>Jazzfestival</strong> 2006<br />
Freitag, 3.11.2006, 24.00 Uhr, große Bühne<br />
<strong>Pino</strong> <strong>Minafra</strong> <strong>Sud</strong> <strong>Ensemble</strong><br />
<strong>Pino</strong> <strong>Minafra</strong> - Trompete, Flügelhorn, Didjeridoo, Megaphon, Gesang<br />
Sandro Satta - Altsaxophon<br />
Carlo Actis Dato - Tenor-und Baritonsaxophon, Bassklarinette<br />
Lauro Rossi - Posaune<br />
Livio <strong>Minafra</strong> - Piano<br />
Giovanni Maier - Kontrabass<br />
Vincenzo Mazzone - Schlagzeug, Perkussion<br />
Schon seit den 70er Jahren gehört <strong>Pino</strong> <strong>Minafra</strong> (Trompete, Megafon, Didjeridoo,<br />
Flügelhorn, Gesang) zu den angesehensten Jazzmusiker Italiens. Der aus Apulien<br />
stammende, 1951 geborene Musiker begann seine Laufbahn als Trompeter in Banda-<br />
<strong>Ensemble</strong>s, Pop-Bands, Bläsergruppen und Symphonie-Orchestern. Er studierte das<br />
Instrument unter Nina Rota am Konservatorium von Bari. <strong>Minafra</strong> ist der Begründer vieler<br />
Projekte: 1991 gründete er Italian Instabile Orchestra, das durch seinen Auftritt auf dem<br />
Moers Festival im darauf folgenden Jahr schlagartig den italienischen Jazz ins Bewusstsein<br />
der Weltöffentlichkeit rückte. Er ist Begründer des Europa Jazz Festival di Nocci (südlich von<br />
Bari) und hat die traditionelle italienische Banda Kultur zu neuem Leben erweckt. Mit seinem<br />
alljährlichen Talos Festival in Ruvo Di Puglia hat er einen der interessantesten und<br />
schönsten europäischen Spielorte geschaffen. Darüber hinaus ist er Dozent am Bareser<br />
Musikkonservatorium „N. Piccinni“ und bildet zusammen mit seiner musikalischen<br />
Großfamilie, zu der auch Musiker anderer europäischer Länder gehören, eine Art Basis für<br />
die mediterrane Musikkultur des europäischen Kontinents zwischen Klassik, Jazz und<br />
traditioneller Volksmusik.<br />
In seinem <strong>Sud</strong> <strong>Ensemble</strong> vereinigt <strong>Minafra</strong> all seine musikalischen Erfahrungen – Kirchenund<br />
Banda-Musik, Klassik und Folklore, Rock, Jazz und mehr – zu einem ganz eigenen<br />
Statement. <strong>Minafra</strong> sagt dazu: „All diese Erfahrungen nehmen in einem warmen,<br />
großzügigen Sound Gestalt an, in dem Schreie, Melodie, Rhythmus und Ironie in einer<br />
verrückten Balance koexistieren. Es ist ein rundum südlicher Sound, der vom wahren Süden,<br />
aber auch von einem imaginären Süden lebt.“<br />
Das äußerst vielseitige <strong>Ensemble</strong> <strong>Sud</strong> hat mitunter die lebhafte Qualität eines Musiktheaters,<br />
mit Megaphon Trompete, Flügelhorn wird musiziert und agiert geblasen, gesungen<br />
gesprochen und gescattet. Eine durchweg kurzweilige, spannende oft überraschende Musik,<br />
eine typisch italienische Form des Jazz, die sich auf humorvolle, verschmitzte Art mit allem,<br />
was die Kultur zu bieten hat, verbindet und vermischt.<br />
Die bei ENJA erschienene CD „Terronia“ wurde in Italien zur Jazz-CD des Jahres 2005<br />
gekürt. Auf Festivals begeistert das <strong>Ensemble</strong> mit seinem offensiven, gradlinigen rasanten<br />
Jazz, „einer Mixtur europäischer Stilmittel, afroamerikanischer Formen und mediterranern<br />
Temperaments, die wahre Begeisterungsstürme auslöste“ (Jazzzeitung 11/02). Die Dresdner<br />
Neueste Nachrichten bezeichnete das diesjährige Konzert von <strong>Pino</strong> <strong>Minafra</strong>s <strong>Sud</strong> <strong>Ensemble</strong><br />
in der Semperoper als „das Beste, was bisher an Jazz dort erklungen ist“.<br />
Der Kritiker Hans Kumpf berichtet über ein Konzert:<br />
„Schlagwerker Vincenzo Mazzone bediente nicht nur "klassische" Pauken, sondern auch das<br />
(gongähnliche) Tam-tam, welches er gerne mit einem Becken traktierte. Das konventionelle<br />
Drumset funktionierte er zuweilen zum bloßen Handarbeitsgerät um, wenn er mit den<br />
Fingern nuanciert Felle und Becken in Schwingungen versetzte. Ähnlich klangforschend ging
Giovanni Maier am Kontrabass, den er andererseits auch mächtig swingen lassen konnte,<br />
vor. Ihm war zumeist mehr "arco" als "pizzicato" zumute: gar nicht "belcanto" strich er über<br />
die Saiten, die er obertonreich schnarren ließ. Auch Pianist Livio Pinafra zeigte sich sehr von<br />
der zeitgenössischen Konzertmusik inspiriert und wagte noch kontrapunktisch einen Blick<br />
weiter zurück. Die Innereien des Flügels provozierten eine exotische Klangemanzipation.<br />
Posaunist Lauro Rossi blies vorwiegend recht kantig, erinnerte jedoch mit dem dämpfenden<br />
Plunger-Einsatz und mit durch zusätzliches Singen bewirkten Interferenztönen an den<br />
deutschen Posaunenweltmeister Albert Mangelsdorff. Kraftvoll und gewitzt am Tenor- und<br />
Baritonsaxophon Carlo Actis Dato, der besonders gerne noch Musiktheater vollführt.<br />
Im Mittelpunkt stand freilich Bandleader <strong>Pino</strong> <strong>Minafra</strong>, der in den letzten beiden Jahren<br />
beispielsweise bei den Festivals in Berlin, Nürnberg und Donaueschingen mit Banda-Musik<br />
oder dem "Italian Instabile Orchestra" für Furore sorgte. Ein betörender Virtuose ist der 1951<br />
in geborene Trompeter nicht so sehr. Doch als Instrumentalist, Dirigent und als Komponist<br />
schafft er großartige Spannungsbögen und intelligente Konturen. Neben wilden Legato-<br />
Läufen spielt er verträumte Melodien, die sich sanft an die konventionellen Akkorde<br />
schmiegen. Der postmoderne Stilpluralismus erlaubt auch hier die Kombination von Aufruhr<br />
und Entrücktheit. Eine ganz individuelle Masche von <strong>Minafra</strong> ist jetzt das Megaphon. Er<br />
verzerrt dabei seine Trompeten- und Flügelhorntöne, singt und spricht als "Scatman" hinein<br />
und inszeniert absichtlich pfiffige Rückkopplungen."<br />
www.minafrasprod.com