Studentenfutter - Jürgen Baumgarten
Studentenfutter - Jürgen Baumgarten
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Plausus Theaterverlag Heike Stuch – Kasernenstr. 56 – 53111 Bonn<br />
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<strong>Studentenfutter</strong><br />
Komödie in fünf Aufzügen<br />
von Jürgen <strong>Baumgarten</strong><br />
www.Juergen-<strong>Baumgarten</strong>.de<br />
Ansichtsexemplar<br />
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Bitte beachten Sie unsere<br />
Aufführungsbedingungen<br />
Rollen: 9 (4m/5w)<br />
Spielzeit: ca. 90 Minuten<br />
Mindestgebühr: 66,00 Euro (pro Aufführung)<br />
1 Bühnenbild<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 1 - Plausus Theaterverlag a0182
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Aufführungsbedingungen (gültig seit: 01.01.2003)<br />
Es gelten die jeweils zum Zeitpunkt der Aufführungsanmeldung gültigen Aufführungsbedingungen und Preise.<br />
Diese Bedingungen gelten auch für Wohltätigkeitsveranstaltungen, Aufführungen in<br />
geschlossenen Kreisen und Aufführungen ohne Einnahmen.<br />
Das Recht zur Aufführung des Stückes erteilt ausschließlich:<br />
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Das Ihnen vorliegende Manuskript des Stückes darf nicht kopiert oder auf eine<br />
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dürfen von Ihnen einmalig zum persönlichen Gebrauch ausgedruckt werden.<br />
Wenn Sie ein Stück aufführen möchten, dann senden Sie uns bitte das ausgefüllte<br />
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Für die Kopiervorlage berechnen wir für Stücke bis zu 60 Minuten Spieldauer<br />
4,00 Euro und für Stücke über 60 Minuten Spieldauer 8,00 Euro. In diesen Preisen<br />
ist das Porto und die gesetzliche Mehrwertsteuer enthalten.<br />
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Aufführungen des Werkes oder Vervielfältigungen des Manuskriptes dürfen nicht<br />
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Unabhängig vom Erwerb von Textbüchern oder einer Kopiervorlage zahlen Sie für<br />
jede Aufführung eine Gebühr in Höhe von 10% der Bruttoeinnahmen (aus<br />
Eintrittsgeldern, Spenden, Sammlungen, Programmverkäufe etc.) zzgl. der<br />
gesetzlichen Mehrwertsteuer, mindestens jedoch die für jedes Stück ausgewiesene<br />
Mindestgebühr.<br />
Die aufführende Bühne/Theatergruppe erklärt sich gemäß dem Urheberrecht bereit,<br />
dem Verlag auf Anforderung auf nachprüfbare Weise Auskunft über Art, Anzahl und<br />
Ausmaß der Aufführungen, nicht stattgefundene Aufführungen, Zuschauerplätze und<br />
erzielte Einnahmen zu geben.<br />
Die Abrechnung der Aufführung durch die aufführende Bühne erfolgt spätestens<br />
einen Monat nach Durchführung.<br />
Aufführungen von Profi-Bühnen, Bühnen mit Berufsschauspielern oder andere<br />
gewerbliche Aufführungen sind nur nach Abschluss eines gesonderten Vertrages mit<br />
dem Verlag zulässig.<br />
Das Recht der Übersetzung, Verfilmung, Funk- und Fernsehsendung vergibt<br />
ausschließlich der Verlag.<br />
Unerlaubte Aufführungen, unerlaubtes Abschreiben, Fotokopieren, Vervielfältigen,<br />
verstoßen gegen das Urheberrecht und sind gesetzlich verboten.<br />
Zuwiderhandlungen werden zivilrechtlich und ggf. strafrechtlich verfolgt.<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 2 - Plausus Theaterverlag a0182
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Personen:<br />
Julia Petermann<br />
Claudia<br />
Annette<br />
Rüdiger<br />
Michael<br />
Heinrich<br />
Professor<br />
Frau Winter<br />
Frau König<br />
eine "normale" Frau Mitte vierzig, die gerade dabei ist, sich zu<br />
emanzipieren<br />
Mitte 20, das typische unkomplizierte Mädchen von heute<br />
etwas jünger als Claudia, scheu, schüchtern und verklemmt,<br />
Ziemlich naiv, entwickelt sich jedoch im Laufe des Stückes<br />
Mitte 20, Vermieter, männliches Pendant zu Annette<br />
Mitte 20, Julias Sohn<br />
Julias Mann, Chauvinist der alten Schule<br />
ein merkwürdiger Mensch...<br />
vier-Sterne-Klatschtante<br />
Gesprächs"partnerin" und Publikum für Frau Winter<br />
Frau Winter und Frau König tauchen nur im Vorspiel und den Zwischenspielen auf<br />
und könnten daher zur Not auch weggelassen werden. Es fehlt dann aber die<br />
Überbrückung der Umgestaltung der Bühne.<br />
Bühnenbild:<br />
Die eine einfache Küche einer durchschnittlichen Eigentumswohnung. In der<br />
Rückwand eine Tür zum Flur, von wo aus es zum Eingang und den anderen<br />
Zimmern geht. Links eine Tür ins Bad. Rechts ein Fenster.<br />
Die Küche ist kärglich eingerichtet und hat offenbar schon einige Zeit keine<br />
Putzmittel mehr gesehen. In der Mitte steht ein Tisch mit (mindestens) drei Stühlen.<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 3 - Plausus Theaterverlag a0182
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Vorspiel<br />
"Auf der Straße", d.h. vor dem Vorhang. Sind die technischen Mittel vorhanden, kann<br />
auch vor einer Haustür-Kulisse gespielt werden. Hier treffen sich Frau König und<br />
Frau Winter. Frau König kommt aus der Tür / hinter dem Vorhang hervor, Frau<br />
Winter - sie wohnt gegenüber - durch den Zuschauerraum.<br />
FRAU WINTER<br />
Guten Tag, Frau König!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Guten Tag, Frau Winter. Waren sie schon einkaufen?<br />
FRAU WINTER<br />
Ja, bei Schlachter Wolter. Also, ich weiß gar nicht, warum ich da immer noch<br />
hingehe! So unfreundlich, wie die da sind. Und die Qualität ist auch nicht die beste.<br />
FRAU KÖNIG (möchte weiter)<br />
Ja, ja.<br />
FRAU WINTER<br />
Haben Sie´s in der Zeitung gelesen?<br />
FRAU KÖNIG<br />
Was?<br />
FRAU WINTER<br />
Der junge Westermann will die Wohnung seiner Großmutter vermieten!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Und das steht in der Zeitung?<br />
FRAU WINTER (holt eine Zeitung hervor, blättert sie auf)<br />
Bei den Immobilienanzeigen. "3-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad". Und<br />
Telefonnummer dabei. Das ist seine - habe ich im Telefonbuch nachgeschlagen!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Aha...<br />
FRAU WINTER<br />
Also, ich finde das skandalös! Kaum ist die arme, alte Frau unter der Erde, da macht<br />
er mit seinem Erbe, was er will. - Stellen Sie sich nur vor, in der Anzeige steht: "Nur<br />
an Studentinnen"!<br />
FRAU KÖNIG (gelangweilt)<br />
Interessant.<br />
FRAU WINTER (anzüglich)<br />
Was man eben heute so alles unter "Studentinnen" versteht...<br />
FRAU KÖNIG<br />
Sie meinen...<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 4 - Plausus Theaterverlag a0182
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FRAU WINTER<br />
Aber natürlich! Diesen jungen Dingern ist doch nichts mehr heilig! Die tun doch alles,<br />
um an Geld zu kommen!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Schrecklich!<br />
FRAU WINTER<br />
Nicht wahr? - Pscht!<br />
Claudia und Annette kommen durch den Zuschauerraum. Sie bleiben vor der Tür /<br />
dem Vorhang stehen.<br />
CLAUDIA<br />
Nummer 82. Hier ist es.<br />
Claudia und Annette wollen hineingehen.<br />
FRAU WINTER (überfreundlich)<br />
Guten Tag!<br />
CLAUDIA (verdutzt)<br />
Tag.<br />
Annette nickt nur. Sie und Claudia treten ein.<br />
FRAU WINTER<br />
Na, was habe ich Ihnen gesagt?<br />
FRAU KÖNIG<br />
Also, ich fand, die sehen ganz normal aus.<br />
FRAU WINTER<br />
Oberflächlich vielleicht! Aber mit etwas Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis<br />
schafft man es, unter die Oberfläche zu blicken.<br />
FRAU KÖNIG<br />
Und was ist darunter?<br />
FRAU WINTER<br />
Bei der einen dieser kesse, berechnende Blick! Wenn die jemanden ansieht, dann<br />
überlegt die doch schon, wie sie ihm das Geld aus der Tasche ziehen kann!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Oh!<br />
FRAU WINTER<br />
Und die zweite, die so verschüchtert aussah! Der ist es anscheinend peinlich!<br />
Höchstwahrscheinlich ist sie von der anderen auf die schiefe Bahn gezogen worden!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Armes Ding!<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 5 - Plausus Theaterverlag a0182
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FRAU WINTER<br />
Ich habe kein Mitleid mit der! Wer sich so leicht zum Schlechten beeinflussen lässt,<br />
hat es auch nicht besser verdient! (sie schüttelt nachdenklich den Kopf, sieht an dem<br />
–imaginären- Haus hoch. Frau König folgt ihrem Blick verständnislos.)<br />
FRAU WINTER<br />
Es ist doch wirklich verwerflich! - Kommen Sie, das müssen wir unbedingt Frau<br />
Sattler erzählen!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Ja, aber...<br />
Frau Winter geht schon zielstrebig durch den Zuschauerraum ab, winkt Frau König.<br />
FRAU KÖNIG<br />
... ich wollte doch einkaufen. (sie trottet dann doch hinterher.)<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 6 - Plausus Theaterverlag a0182
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1. Aufzug<br />
Die Bühne ist zunächst einen Moment leer. Auf dem Flur hört man Stimmen.<br />
RÜDIGER (öffnet die Tür vom Flur her)<br />
So, und hier wäre dann noch die Küche.<br />
Er tritt ein, lässt Claudia und Annette vorbei. Claudia sieht sich alles genau an,<br />
während Annette am Tisch stehen bleibt, sich an einer Stuhllehne festhaltend.<br />
Rüdiger sieht Annette immer wieder "unauffällig" an, sie begegnet schüchtern seinem<br />
Blick, beide sehen dann weg.<br />
CLAUDIA<br />
Der Wasserhahn funktioniert nicht! (Sie öffnet die Tür unter der Spüle, dreht am<br />
Haupthahn.) Und der Haupthahn lässt sich gar nicht drehen.<br />
RÜDIGER<br />
Oh, das ist mir aber sehr unangenehm! Ich werde das sofort reparieren lassen! -<br />
Wissen Sie, ich habe die Wohnung von meiner Großmutter geerbt, und die ist hier<br />
vor fünf Jahren ausgezogen und ins Pflegeheim gegangen, und -<br />
CLAUDIA (unterbricht)<br />
- und weil die Oma meinte, dass es ihr bald wieder besser gehen würde, durfte die<br />
Wohnung vor ihrem Tod nicht vermietet werden. Und Sie, der trauernde Alleinerbe,<br />
haben hier noch nicht alles kontrolliert, weil Sie schnell Miete kassieren wollen. - Das<br />
haben Sie uns alles schon ein paar Mal erzählt, bei all den anderen netten kleinen<br />
Überraschungen hier, die Ihnen „aber sehr unangenehm“ waren! - Mich würde nur<br />
mal interessieren, warum Sie die Wohnung nicht einfach verkaufen, wenn Sie so<br />
dringend Geld brauchen?<br />
RÜDIGER<br />
Na ja, das würde ich ja auch gerne. Aber im Testament ist bestimmt, dass die<br />
Wohnung erst nach zehn Jahren verkauft werden darf.<br />
CLAUDIA<br />
Weil Oma ja scheintot sein könnte!<br />
RÜDIGER<br />
Außerdem dürfen hier nur alleinstehende Damen wohnen.<br />
CLAUDIA<br />
Wir!<br />
RÜDIGER (nickt)<br />
CLAUDIA<br />
Na gut. Die Wohnung gefällt mir jedenfalls. - Und Sie machen mir auch ganz den<br />
Eindruck, als könnte man Ihnen trauen.<br />
RÜDIGER (verständnislos)<br />
Ja, ja!<br />
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CLAUDIA<br />
So natürlich ist das nämlich nicht. Dem Vermieter, der ab und zu abends noch ein<br />
Glas Wein mit seiner Mieterin trinken wollte, habe ich jedenfalls nicht abgenommen,<br />
dass es die Mietermäßigung nur für ein gelegentliches Zuprosten geben sollte!<br />
RÜDIGER (macht große Augen)<br />
Sie meinen, der wollte ...<br />
CLAUDIA<br />
Bestimmt! - was glauben Sie, was man als Studentin auf Wohnungssuche so alles<br />
erleben kann! - Annette, erzähl Herrn Westermann doch mal von dem Typ mit den<br />
durchsichtigen Badezimmerwänden.<br />
ANNETTE (schüttelt heftig den Kopf, spricht leise)<br />
Nein, das - das möchte ich nicht.<br />
RÜDIGER<br />
Durchsichtige Wände?<br />
CLAUDIA<br />
Ja, ganz aus Glas! - Ist das da das Bad?<br />
(zeigt auf die Tür)<br />
RÜDIGER (hastig)<br />
Ja, ja!<br />
CLAUDIA (geht ins Bad. Off:)<br />
Aha! - Aha!<br />
(kommt wieder herein. Rüdiger blickt sie, nichts Gutes ahnend, an)<br />
CLAUDIA<br />
Es fehlt ein Duschvorhang - und ein Schlüssel für die Tür.<br />
(Sie sieht Rüdiger herausfordernd an.)<br />
RÜDIGER<br />
Also, ich versichere Ihnen, das wird in Ordnung gebracht! Ich hatte keineswegs die<br />
Absicht, Sie hier - beim Duschen - so wie der Mann mit den Glaswänden...<br />
CLAUDIA (lächelnd)<br />
Das hätte ich auch gar nicht von Ihnen gedacht. - Obwohl: Stille Wasser sind tief!<br />
RÜDIGER<br />
Bitte?<br />
CLAUDIA<br />
Schon gut! - Die Wohnung ist jedenfalls akzeptabel. Besser als so manches, was<br />
einem so als "Wohnung" angeboten wird. Die Miete ist auch okay. Na, und wenn<br />
dann noch alles in Ordnung gebracht wird ...<br />
Rüdiger nickt eifrig.<br />
CLAUDIA<br />
Da lässt sich schon was draus machen. - Was meinst du, Annette?<br />
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Annette nickt nur.<br />
CLAUDIA<br />
Und was ist mit dem dritten Zimmer?<br />
RÜDIGER<br />
Oh, das ist schon vergeben. Ein Makler hat es für eine Julia Petermann reservieren<br />
lassen. Er hat mir sogar schon sechs Monatsmieten als Vorschuss gezahlt! - Fräulein<br />
Petermann fängt gerade mit ihrem Studium an.<br />
CLAUDIA<br />
Ein verwöhntes Kind aus reichem Hause also? Na, die werden wir uns schon<br />
hinbiegen, was Annette?<br />
Annette nickt nur.<br />
RÜDIGER (vorsichtig)<br />
Das heißt, Sie nehmen die Zimmer?<br />
CLAUDIA<br />
Aber klar! Nicht wahr, Annette?<br />
Annette nickt nur (Ja Leute, sie kann es!)<br />
CLAUDIA (zu Rüdiger)<br />
Also dann - Herr Vermieter!<br />
(streckt Rüdiger die Hand entgegen)<br />
RÜDIGER (Zögert kurz. Claudia lächelt ihn entwaffnend an. Er sieht zu Annette, die<br />
natürlich wegguckt)<br />
RÜDIGER<br />
Abgemacht! - Ich freue mich wirklich sehr!<br />
CLAUDIA (mit Blick auf Annette)<br />
Ja, das habe ich mir schon fast gedacht...<br />
RÜDIGER (ist etwas verlegen)<br />
Es klingelt.<br />
RÜDIGER<br />
Oh, das wird Fräulein Petermann sein. Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment!<br />
(geht ab, schließt die Tür hinter sich)<br />
CLAUDIA<br />
Nun sag mal, wie gefällt es dir hier?<br />
ANNETTE<br />
Ganz gut.<br />
CLAUDIA<br />
Besser als bei dem Mann mit dem Glashaus, was?<br />
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ANNETTE (nickt heftig)<br />
Ja! - Du, ich bin dir ja wirklich sehr dankbar, dass du mich da rausgeholt hast, aber<br />
bitte, erinnere mich nicht immer wieder daran! Ich möchte das lieber vergessen!<br />
(Sie sieht sehr unglücklich aus, als sie sich erinnert.)<br />
CLAUDIA (legt tröstend den Arm um sie)<br />
Ist ja gut! - Aber immerhin haben wir es diesem Mann zu verdanken, dass wir uns<br />
kennen gelernt haben.<br />
ANNETTE<br />
Ja, das ist wahr. - Und mit diesem Vermieter hier scheint ja nun alles in Ordnung zu<br />
sein, nicht?<br />
CLAUDIA<br />
Meinst du?<br />
ANNETTE (nickt sehr überzeugt)<br />
CLAUDIA (lächelt vielsagend)<br />
Er scheint dir ja auch zu gefallen, der Herr Rüdiger Westermann.<br />
Annette erst erschrocken, dass es Claudia aufgefallen ist, nickt dann schüchtern.<br />
CLAUDIA<br />
du möchtest ihn wohl gerne näher kennen lernen, was?<br />
Annette nickt.<br />
CLAUDIA<br />
Mit ihm ausgehen und so?<br />
Annette nickt wieder.<br />
CLAUDIA<br />
Dann frag´ ihn doch!<br />
Annette setzt zum Nicken an, schüttelt dann heftig den Kopf.<br />
CLAUDIA<br />
Mann, du bist ja wieder mal gesprächig! - Und du willst Anwältin werden? Sag mal,<br />
wie willst du denn deine Plädoyers halten? In Taubsummensprache?<br />
Annette reagiert nicht, starrt in die Ecke.<br />
CLAUDIA<br />
Na, ich bin ja mal gespannt auf diese andere - wie heißt sie noch?<br />
ANNETTE<br />
Julia Petermann.<br />
CLAUDIA<br />
Genau. - Wie wir wohl mit der zurechtkommen werden?<br />
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ANNETTE<br />
Siehst du da Probleme?<br />
CLAUDIA<br />
Na ja, so eine verwöhnte reiche Göre! Ich kenne einige von der Sorte. Hochnäsig,<br />
angeberisch, geben sich weltgewandt und versuchen reifer zu wirken, als sie es sind.<br />
- Und dann noch ein Erstsemester! Die wird viel zu lernen haben!<br />
Die Flurtür wird geöffnet.<br />
JULIA (im Hereinkommen)<br />
Die Küche, nehme ich an?!<br />
RÜDIGER (kommt langsam hinterher, ist offensichtlich verstört)<br />
Ja...<br />
JULIA (erblickt Claudia und Annette)<br />
Oh, meine Mitbewohnerinnen!<br />
(geht zu Claudia, reicht ihr die Hand)<br />
Hallo, ich heiße Julia - ich darf euch doch duzen, oder?<br />
CLAUDIA (noch etwas unsicher)<br />
Ja, ja, natürlich...<br />
(sie fängt sich etwas)<br />
Ich bin Claudia.<br />
(sie nimmt Julias Hand)<br />
JULIA (tritt zu Annette, reicht ihr ebenfalls die Hand)<br />
Hallo!<br />
ANNETTE (zögert erst, drückt Julia dann sehr lasch die Hand)<br />
Julia blickt Annette fragend an.<br />
ANNETTE (nach einem Blick zu Claudia)<br />
Annette. (Sie sagt dies so leise, dass niemand es hört)<br />
JULIA<br />
Bitte??<br />
ANNETTE (in ähnlicher Lautstärke)<br />
Annette.<br />
CLAUDIA (da Julia nichts gehört haben kann)<br />
Sie heißt Annette!<br />
JULIA<br />
Freut mich, Annette. - Lass uns nachher weiterplaudern, ja?<br />
(sie wendet sich an Rüdiger)<br />
Geht es da ins Bad?<br />
(wartet keine Antwort ab, geht ins Bad)<br />
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RÜDIGER (geht hinterher)<br />
Ja, genau. - Äh, der Duschvorhang fehlt noch, und einen Schlüssel werde ich auch<br />
noch bringen!<br />
JULIA<br />
Das wären dann Punkt dreizehn und vierzehn auf der Mängelliste!<br />
Claudia zählt leise, kommt offenbar auf weniger, nickt anerkennend.<br />
ANNETTE<br />
Die ist ja mindestens vierzig!<br />
Claudia nickt.<br />
ANNETTE<br />
Und schon schwerhörig!<br />
CLAUDIA<br />
Quatsch, Du sprichst einfach nur zu leise! Ich habe dich auch nicht gehört!<br />
ANNETTE (blickt erstaunt, fragt unhörbar)<br />
Nein?<br />
Claudia winkt kopfschüttelnd ab.<br />
Aus dem Bad hört man das Rauschen der Toilettenspülung.<br />
JULIA<br />
Iiiih!!!<br />
RÜDIGER<br />
Oh, das ist mir aber sehr unangenehm!<br />
JULIA<br />
Darauf hätt´ ich wetten können! - Punkt fünfzehn also!<br />
(kommt in die Küche zurück)<br />
RÜDIGER<br />
Also ich -<br />
JULIA (unterbricht)<br />
Sie lassen das in Ordnung bringen, ich weiß.<br />
RÜDIGER<br />
Ja, ja. Sofort!<br />
JULIA<br />
Prima!<br />
Ein Moment Pause.<br />
JULIA<br />
Ja, worauf warten Sie denn noch?<br />
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Rüdiger braucht einen Moment, bis er versteht, eilt dann davon.<br />
JULIA<br />
Ein netter junger Mann, nur etwas unselbständig.<br />
CLAUDIA<br />
Tja, er braucht wohl eine weibliche Hand, die ihn führt. Nicht wahr, Annette?<br />
Annette blickt schweigend zu Boden<br />
JULIA<br />
Also, ich schlage vor, wir setzten uns erst mal hin und erzählen ein wenig von uns,<br />
was meint ihr? (sie setzt sich an den Tisch. Claudia, und nach einem Moment auch<br />
Annette, folgen ihrem Beispiel)<br />
JULIA<br />
Also, ich heiße wie gesagt Julia, bin 44 und will jetzt mein Biologiestudium beenden,<br />
das ich mit 22 abgebrochen habe. Ich mag die Beatles, Elvis und Chris DeBurgh,<br />
esse für mein Leben gern Spaghetti und hasse Austern und Wagneropern.<br />
CLAUDIA<br />
Hast du Kinder?<br />
JULIA<br />
Einen Sohn. Er ist gewissermaßen Schuld daran, dass ich das Studium abgebrochen<br />
habe.<br />
CLAUDIA<br />
Und warum willst du ausgerechnet hier einziehen? . Ich meine, du hast doch<br />
bestimmt ein Zuhause, oder?<br />
JULIA<br />
Das schon. Aber mein lieber Gatte ist der Ansicht, ich hätte es ja gar nicht nötig zu<br />
studieren. Und er hat natürlich Recht, wie immer! Mein Sohn ist erwachsen, seit<br />
kurzem haben wir eine Haushälterin und die ewigen Abendgesellschaften finde ich<br />
einfach zum Kotzen - oh, Verzeihung!<br />
CLAUDIA<br />
Macht nichts, mit uns darfst du ruhig Deutsch sprechen!<br />
JULIA<br />
Gut. - Also, wenn ich zuhause geblieben wäre, hätte Heinrich - mein Mann - mich<br />
nicht in Ruhe studieren lassen. Ich will das aber! Das erste Mal in 22 Ehejahren will<br />
ich wirklich einmal etwas nur für mich machen, und er erlaubt es mir nicht! Also bin<br />
ich ausgezogen, habe die erste sich bietende Gelegenheit genutzt - tja, da bin ich<br />
also!<br />
CLAUDIA<br />
Also, ich finde das toll - ich meine, dass du deinen Willen durchsetzt! - Ja, ich bin<br />
also Claudia, 23 und zum Glück noch kinderlos - obwohl ich später nichts gegen<br />
Kinder hätte - wenn ich den richtige Vater gefunden habe! Ich möchte Architektin<br />
werden, endlich mal lebenswerte Neubauten entwerfen. Ich komme aus Hannover,<br />
bin zur Zeit solo - und Wagneropern kann ich übrigens auch nicht ausstehen! - Mehr<br />
fällt mir im Moment auch nicht ein.<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 13 - Plausus Theaterverlag a0182
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Julia und Claudia sehen Annette an.<br />
ANNETTE (räuspert sich)<br />
Ich- (räuspert sich) - Mein Name ist Annette Schwerdtfeger, ich wurde am 21.8.<br />
(Aufführungsjahr minus 22) in Winsen an der Luhe geboren und studiere Jura im<br />
dritten Semester.<br />
JULIA (nach einem Moment)<br />
So einen ausführlichen Lebenslauf habe ich schon lange nicht mehr gehört.<br />
Annette blickt verlegen und etwas beleidigt weg.<br />
JULIA<br />
Ach, komm schon! Ich rede oft so, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Zumindest in<br />
letzter Zeit. Aber ich meine das nicht böse, Annette. Ich bin sicher, wir drei werden<br />
gut miteinander auskommen!<br />
ANNETTE<br />
Ja?<br />
JULIA<br />
Bestimmt! Vielleicht werden wir ja sogar Freundinnen. - So, ich hole jetzt meine<br />
Koffer hoch!<br />
CLAUDIA<br />
Wir beide ziehen erst morgen ein. Aber wir fangen hier schon mal an, richtig sauber<br />
zu machen!<br />
JULIA<br />
Gut! (sieht sich skeptisch um) Na, dann viel Vergnügen! (geht ab)<br />
CLAUDIA<br />
Also, Annette, irgendetwas müssen wir mit dir machen!<br />
ANNETTE<br />
Wieso?<br />
CLAUDIA<br />
Mein Gott, weil du so verklemmt bist! Du musst einfach lockerer werden!<br />
ANNETTE<br />
Du hast ja Recht. Aber wie soll das gehen?<br />
CLAUDIA<br />
Vor allem muss es von dir selber ausgehen. Du musst es wollen.<br />
ANNETTE (nickt verstehend)<br />
CLAUDIA<br />
Zuerst mal musst du versuchen, deine ganzen Ängste zu ignorieren! (Annette nickt)<br />
Denk einfach nicht daran! (Annette nickt) Spring über deinen Schatten! (Annette<br />
nickt) Dieser Rüdiger, unser Vermieter, der gefällt dir doch, oder? (Annette nickt)<br />
Sprich ihn doch einfach mal an!<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 14 - Plausus Theaterverlag a0182
Plausus Theaterverlag Heike Stuch – Kasernenstr. 56 – 53111 Bonn<br />
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ANNETTE (setzt zum Nicken an, schüttelt dann aber heftig den Kopf)<br />
Nein, nein, das trau´ ich mich nicht. - Ich wüsste auch gar nicht, was ich sagen sollte.<br />
CLAUDIA<br />
Ach, das ergibt sich schon irgendwie. Nimm doch den Themendauerbrenner<br />
"Wetter". Sag einfach "So ein Mistwetter heute!" Darauf muss er antworten. "Ja" wird<br />
er mindestens sagen, auch wenn er selbst das Wort nicht erfunden hat. Dann machst<br />
du weiter: "Bei dem Wetter weiß ich immer nicht, was ich machen soll." Dann sagt er<br />
vielleicht, was man machen könnte. Und wenn nicht, dann sagst du zum Beispiel:<br />
"Eigentlich könnte ich mal wieder ins Kino gehen. Was läuft denn gerade so?"<br />
ANNETTE<br />
Weiß ich nicht.<br />
CLAUDIA<br />
Mensch, das fragst du IHN! - und so weiter und so fort. Das läuft dann fast<br />
zwangsläufig auf eine Verabredung hinaus. Der Rest findet sich schon.<br />
ANNETTE<br />
Ja, aber was ist, wenn er nicht will?<br />
CLAUDIA<br />
Dann ist er selber Schuld! - Er wäre doch blöd, wenn er nicht wollte. Du bist dich<br />
schließlich nicht hässlich, im Gegenteil. Man könnte höchstens hier und da noch ein<br />
wenig verändern: andere Klamotten, neue Frisur, vielleicht noch ein wenig Make-up.<br />
ANNETTE<br />
Ach, ich weiß nicht recht...<br />
CLAUDIA<br />
Unsinn! Wir probieren das einfach mal aus - hier, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.<br />
Und wenn dir das Ergebnis nicht gefällt, dann stellen wir halt den ursprünglichen<br />
Zustand wieder her und vergessen die Sache.<br />
ANNETTE<br />
Na ja, versuchen können wir es ja mal...<br />
CLAUDIA<br />
Das ist endlich die richtige Einstellung! Ich schätze, die wirst du noch öfter brauchen.<br />
- Aber bevor wir uns mit dir beschäftigen, liften wir erst einmal diese Wohnung!<br />
ANNETTE<br />
Gut. Ich reinige dann zuerst das Bad.<br />
CLAUDIA<br />
Ja, sieh zu, dass du es benutzbar kriegst! Ich nehme mir derweil die Küche vor.<br />
Annette nickt, geht ins Bad ab.<br />
CLAUDIA (öffnet die Tür unter der Spüle, holt verschiedene Reinigungsmittel hervor,<br />
findet auch einen Staubwedel)<br />
Ein Spinnweben-Killer! Den kann ich gut gebrauchen!<br />
(geht in eine Zimmerecke, wischt Spinnweben weg)<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 15 - Plausus Theaterverlag a0182
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Es poltert auf dem Flur. Julia kommt mit einem feuchten Schirm herein.<br />
JULIA<br />
Es regnet schon wieder. (stellt den Schirm zum Abtropfen in die Spüle)<br />
CLAUDIA<br />
Hast du alles oben?<br />
JULIA<br />
Nein, zwei Koffer sind noch im Auto. Die hol ich lieber nachher, wenn es aufgehört<br />
hat zu regnen.<br />
CLAUDIA<br />
Ich helfe dir gerne tragen.<br />
JULIA<br />
Danke, mein Kind. (sie stutzt, Claudia sieht sie entgeistert an) Da siehst du mal, wie<br />
nötig ich Luftveränderung habe!<br />
CLAUDIA (nickt, nach kurzer Pause:)<br />
Also, ich verstehe gar nicht, was dein Mann gegen das Studium hat. Er arbeitet doch<br />
bestimmt. Da merkt er doch gar nicht, wenn du morgens in der Uni bist. Vor allem,<br />
wo ihr doch eine Haushälterin habt.<br />
JULIA<br />
Das habe ich ihm doch auch schon alles versucht, plausibel zu machen! Aber er ist<br />
da verdammt altmodisch. SEINE Frau hat sowas nicht nötig, sie gehört ins Haus -<br />
auch wenn sie da verdummt!<br />
CLAUDIA<br />
Vielleicht ist das ja sogar seine Absicht. Dumme Menschen kann man besser<br />
kontrollieren!<br />
JULIA<br />
Nein, nein, an so was denkt er dabei bestimmt nicht. Er ist kein schlechter Mensch -<br />
sonst hätte ich ihn gar nicht geheiratet. Nein, ich habe den Eindruck, er fühlt sich<br />
einfach nur in seinem Stolz verletzt, als würde er als Mann weniger taugen, wenn<br />
seine Frau arbeitet oder studiert.<br />
CLAUDIA<br />
Aber das ist doch Blödsinn!<br />
JULIA<br />
Natürlich ist es das. Aber Männer sind nun einmal in mancher Beziehung etwas<br />
merkwürdig.<br />
CLAUDIA<br />
Wem sagst du das? Und uns Frauen werfen sie dann vor, wir wäre unlogisch! -<br />
Grade vorgestern ist mir ein Prachtexemplar dieser Art untergekommen... Aber<br />
lassen wir das.<br />
JULIA<br />
Apropos "merkwürdig": was ist eigentlich mit deiner Freundin?<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 16 - Plausus Theaterverlag a0182
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CLAUDIA<br />
Annette? Ach, die ist einfach nur total verklemmt. Falsche Erziehung, nehme ich an.<br />
Die Eltern habe ich mal kennen gelernt. Als die hörten, dass Annette und ich<br />
zusammenziehen wollen, da haben die geguckt, als ob wir... (winkt ab)<br />
Es klingelt an der Haustür.<br />
JULIA<br />
Ja, diese Art zu denken, kenne ich nur zu gut von zuhause her.<br />
Es klingelt erneut.<br />
CLAUDIA<br />
Ich mach auf.<br />
JULIA (geht zur Spüle, sieht nach ihrem Schirm, blickt auf den Boden)<br />
Oh nein, der Abfluss ist undicht! - Was für ein Wunder, dass hier überhaupt noch<br />
etwas funktioniert!<br />
(Auf dem Flur:)<br />
CLAUDIA<br />
Aber ich habe Ihnen doch gesagt -<br />
HEINRICH<br />
Geh mir aus dem Weg, Mädchen!<br />
CLAUDIA (protestierend, denn Heinrich schiebt sie beiseite)<br />
He!!<br />
Die Tür fliegt auf. Heinrich tritt ein. Er ist gut gekleidet, hat feuchte Haare (Regen!)<br />
HEINRICH (sieht Julia)<br />
Aha, wusste ich es doch!!<br />
JULIA<br />
Heinrich! Aber wie...? - Willi hat gepetzt, stimmt´s? Oh, ich hätte mir einen Makler<br />
suchen sollen, der nicht mit dir befreundet ist!<br />
HEINRICH<br />
Du hast es überhaupt nicht nötig, dir eine Wohnung zu suchen. Wir haben ein großes<br />
Haus!<br />
JULIA<br />
Ja, mit einem Tyrannen darin, der den Ring an seinem Finger als Symbol der<br />
Herrschaft sieht!<br />
HEINRICH<br />
Quatsch, mit mir kann man über alles reden. Aber dieses idiotische Studium, das ist<br />
doch eine Schnapsidee! - Und dann willst du auch noch mit Kindern<br />
zusammenziehen!<br />
CLAUDIA (protestierend)<br />
Ich bin 23!<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 17 - Plausus Theaterverlag a0182
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HEINRICH<br />
Halt dich da raus, Kind!<br />
CLAUDIA<br />
Oh nein, das werde ich nicht tun! Sie sind in UNSERER Wohnung Gast - wenn auch<br />
ungebetener - und dementsprechend sollten Sie sich auch benehmen - falls Sie das<br />
überhaupt können!<br />
Heinrich will etwas sagen.<br />
CLAUDIA (kommt ihm zuvor)<br />
Als erstes hören Sie mal auf, hier rumzubrüllen! Und dann duzen Sie mich gefälligst<br />
nicht mehr! Und was Ihre Frau betrifft, sollten Sie sich lieber an den Gedanken<br />
gewöhnen, dass sie nicht Ihr Eigentum ist wie ein Stück Vieh, sondern ein Mensch<br />
mit eigenen Wünschen und Träumen. Sie können sogar stolz sein auf sie. Nicht viele<br />
Frauen in dem Alter haben noch den Mumm, etwas Neues zu beginnen.<br />
HEINRICH<br />
Also, das ist doch... (zu Julia) Und mit dieser - dieser Anarchistin willst du unter<br />
einem Dach leben?<br />
JULIA (lacht humorlos)<br />
Anarchistin? - Heinrich, diese junge Frau wagt nur, dir das ins Gesicht zu sagen, was<br />
ich 20 Jahre lang heruntergeschluckt habe!<br />
HEINRICH<br />
Da haben wir´s! Die hat schon einen schlechten Einfluss auf dich! Wahrscheinlich hat<br />
sie dir sogar den Floh ins Ohr gesetzt, deinen Mann zu verlassen<br />
JULIA (zwingt sich zur Ruhe)<br />
Ich habe sich nicht verlassen, Heinrich, ich gehe nur auf Distanz. Das ist alles -<br />
vorläufig!<br />
HEINRICH<br />
Und das lasse ich nicht zu! Weder vorläufig noch endgültig! (greift Julia am Arm)<br />
du kommst jetzt mit nach hause!<br />
JULIA<br />
Lass mich!<br />
HEINRICH<br />
Ich bin Heinrich Petermann, dein Ehemann, falls du das vergessen hast. Und du als<br />
meine Frau wirst tun, was ich dir sage!<br />
JULIA<br />
Und wenn du Heinrich der Löwe wärst: ich sage nein!<br />
HEINRICH<br />
Das wollen wir doch mal sehen!<br />
(zerrt Julia in Richtung Tür)<br />
JULIA<br />
Heee!!<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 18 - Plausus Theaterverlag a0182
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CLAUDIA (versucht, Heinrich von Julia wegzuziehen)<br />
Lassen Sie sie los!<br />
Kurzes Handgemenge. Da erscheint Annette in der Badezimmertür. Sie hält einen<br />
Schrubber wie eine Lanze.<br />
ANNETTE (überschreit alle)<br />
Schluss jetzt!<br />
Sofort tritt Ruhe ein. Alle sehen Annette an.<br />
ANNETTE (Kommt näher, hält Heinrich mit dem Schrubberstiel in Schach. Sie<br />
spricht weiter, immer noch sehr laut)<br />
Mein Herr, ich fordere Sie hiermit auf, unverzüglich Ihre Hände von Julia zu nehmen<br />
und sodann diese Wohnung zu verlassen. Wir sähen uns anderenfalls gezwungen,<br />
Sie anzuzeigen wegen Hausfriedensbruch, Nötigung und Freiheitsberaubung.<br />
(Sie drängt Heinrich dabei so in die Enge, dass er Julia loslässt und abwehrend die<br />
Hände vor den Körper hält.)<br />
Julia und Claudia stellen sich zu Annette, die drei Frauen bilden jetzt eine Front<br />
gegen Heinrich.<br />
HEINRICH<br />
Noch so eine Furie! (er fasst sich wieder, stößt den Stiel beiseite) Das muss ich mir<br />
nicht bieten lassen! Ich habe eine gut gehende Firma mit 23 Angestellten, eine große<br />
Villa, drei Autos und zahlreiche Immobilien! Dafür habe ich hart kämpfen müssen,<br />
und ich werde auch hart kämpfen, um meine Frau zurückzubekommen! (er<br />
verschränkt seine Arme) Ohne Julia werde ich hier nicht wieder weggehen!<br />
ANNETTE (hebt den Schrubberstiel wieder)<br />
Hausfriedensbruch!<br />
HEINRICH<br />
Julia, wenn du jetzt nicht mitkommst, wird das Konsequenzen haben!<br />
CLAUDIA (greift sich den Staubwedel, richtet ihn gegen Heinrich)<br />
Nötigung!<br />
HEINRICH (drückt sich an Schrubberstiel und Staubwedel vorbei, ungeduldig)<br />
Julia, nun komm endlich! (packt sie wieder am Arm)<br />
JULIA (reißt sich los, nimmt den Schirm aus der Spüle, richtet ihn gegen Heinrich,<br />
der dann auch wieder Staubwedel und Schrubberstiel gegen sich hat)<br />
Freiheitsberaubung!<br />
HEINRICH (schnappt nach Luft)<br />
Ihr werdet alle noch von mir hören! So leicht gebe ich nicht auf!<br />
(geht ab, man hört die Wohnungstür zuschlagen)<br />
Die Frauen sehen sich an, fangen an zu lachen.<br />
CLAUDIA<br />
Mensch, Annette, das war spitze! Das hätte ich dir gar nicht zugetraut!<br />
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JULIA<br />
Ja, vielen Dank!<br />
ANNETTE (schweigt verlegen)<br />
CLAUDIA<br />
Erzähl mal, woher kommt dieser plötzliche Ausbruch?<br />
ANNETTE (erzählt stockend)<br />
Ich stand da im Bad und fand es schrecklich, was Julias Mann da tat und sagte. Das<br />
ist so ungerecht, und deshalb studiere ich doch Jura. Ich meine, um was gegen<br />
Ungerechtigkeit zu unternehmen. Ich wollte etwas unternehmen, aber mir fehlte der<br />
Mut. Da fiel mir wieder ein, was du vorhin gesagt hast, ich müsste meine Ängste<br />
überwinden, über meinen Schatten springen und so.<br />
JULIA<br />
Und das hast du dann einfach so getan?<br />
ANNETTE<br />
Nicht einfach so. Aber Rüdigers Oma hatte in dem Medizinschrank wohl eine eiserne<br />
Reserve. Die habe ich ausgetrunken. (sie zieht eine kleine Schnapsflasche aus der<br />
Tasche) Dann ging es plötzlich. (sie grinst die anderen verlegen an, etwas wackelig<br />
auf den Beinen)<br />
CLAUDIA (lacht)<br />
Aber in Zukunft versuchen wir das dann ohne Alkohol, nicht wahr?<br />
ANNETTE<br />
Klar! - Dieses Zeug schmeckt auch scheußlich!<br />
Alle lachen!<br />
JULIA<br />
Und wenn wieder jemand kommen sollte, der einer von uns etwas will: wie halten<br />
zusammen! - Eine für alle...<br />
(streckt Musketier-mäßig ihren Schirm in die Luft. Die beiden anderen kreuzen ihre<br />
"Degen" mit dem Schirm)<br />
ALLE<br />
...alle für eine!!<br />
Vorhang<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 20 - Plausus Theaterverlag a0182
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Zwischenspiel I<br />
Der Vorhang öffnet sich etwas. Man sieht ein Fenster von außen. Dahinter, auf<br />
einem Stuhl, durch ein Fernglas sehend, Frau Winter. Frau König steht daneben,<br />
sieht ungefähr in die Richtung, in die Frau Winter blickt.<br />
FRAU WINTER<br />
Das ist doch wirklich nicht zu fassen!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Was denn?<br />
FRAU WINTER<br />
Die Kleine, die neulich noch so schamhaft getan hat! Da sitzt sie nun halbnackt am<br />
Fenster, so dass sie jeder von der Straße her sehen kann! Skan-da-lös, sage ich!<br />
FRAU KÖNIG (neugierig geworden)<br />
Lassen Sie mich auch mal gucken! (nimmt das Fernglas) Ich sehe gar nichts.<br />
FRAU WINTER<br />
Natürlich nicht! Sie müssen hier auf den Stuhl steigen, von da unten haben Sie doch<br />
gar nicht den richtigen Blickwinkel!<br />
(sie steigt herab, lässt Frau König aufsteigen)<br />
FRAU KÖNIG (nach einem Moment)<br />
Ich sehe immer noch nichts.<br />
FRAU WINTER (zeigt)<br />
Da oben, das zweite Fenster von rechts!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Das weiß ich. Aber da ist nichts zu sehen.<br />
FRAU WINTER<br />
Ach was, unmöglich! - Lassen Sie mich mal wieder!<br />
(Sie tauschen die Plätze.)<br />
FRAU WINTER<br />
Tatsächlich! Ha, sie hat den Vorhang zugezogen, das Luder! - Ein roter Vorhang,<br />
Frau König!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Ja - und?<br />
FRAU WINTER<br />
Gott, sind Sie phantasielos! Was, glauben Sie wohl, passiert in solch einem<br />
Etablissement, wenn die roten Vorhänge zugezogen werden?<br />
FRAU KÖNIG (versteht jetzt)<br />
Aber ich dachte, das dort ist die Küche?!<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 21 - Plausus Theaterverlag a0182
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FRAU WINTER (winkt ab)<br />
Männer haben oft die seltsamsten Gelüste, Frau König! Sie sind doch verheiratet, da<br />
müssten Sie das doch kennen!<br />
FRAU KÖNIG (schnappt nach Luft)<br />
Also - NEIN! Mein Mann ist ganz normal!<br />
FRAU WINTER (sieht die andere an, als wollte sie sagen: "Na, da habe ich aber<br />
ganz was anderes gehört", schweigt aber. - Kurze Pause)<br />
Na ja, wir werden das schamlose Treiben da drüben schon unterbinden, Sie und ich!<br />
FRAU KÖNIG<br />
Wir?? Aber wie?<br />
FRAU WINTER<br />
Wir melden das der Polizei! Sie werden sehen, dann ist dieser - Laden blitzschnell<br />
wieder zu! (sie blickt noch einmal durch das Glas, steigt dann von dem Stuhl<br />
herunter, geht nach hinten ab. Frau König bleibt nachdenklich stehen<br />
FRAU WINTER (von hinten)<br />
Kommen Sie, Frau König?<br />
Frau König seufzt, zuckt mit den Achseln, folgt Frau Winter.<br />
Vorhang<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 22 - Plausus Theaterverlag a0182
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2. Aufzug<br />
Die Küche sieht jetzt viel besser aus. Man merkt, dass saubergemacht worden ist.<br />
Jetzt sind die Wände nicht mehr schmucklos, Kaffeemaschine, Brotkasten u.a.<br />
stehen auf den Schränken. Eventuell noch ein zusätzlicher Schrank.<br />
ANNETTE (sitzt im Bademantel am Tisch, in der einen Hand ein Hörnchen, von dem<br />
sie ab und zu abbeißt, in der anderen ein Gesetz (BGB)).<br />
Ich glaube, den Paragraphen verstehe ich nie!<br />
(Sie legt das Buch weg, steckt sich den Rest des Hörnchens in den Mund und steht<br />
dann auf. Sie räumt den Tisch ab, lässt das Buch aber liegen, stutzt, macht weiter,<br />
stutzt wieder, geht zum Fenster und zieht den Vorhang zu. In dem Moment kommt<br />
Claudia herein.)<br />
CLAUDIA<br />
Was machst du denn da?<br />
ANNETTE<br />
Ich habe mich irgendwie - beobachtet gefühlt!<br />
CLAUDIA<br />
Ja, es wird Zeit, dass wir uns Gardinen anschaffen.<br />
ANNETTE<br />
Dafür bräuchten wir aber Geld. Aber das, was wir beide verdienen, reicht nicht, und<br />
ich finde es nicht richtig, dass Julia alles bezahlt!<br />
CLAUDIA<br />
Ich auch nicht!<br />
ANNETTE<br />
Du, ich habe gehört, irgend so ein neues Anzeigenblatt sucht noch Leute, die am<br />
Sonntagmorgen die Zeitungen austragen. Wie wäre es, wenn wir da mal hingehen?<br />
Dann könnten wir vielleicht auch mal was besonderes für uns alle kaufen!<br />
CLAUDIA<br />
Ich weiß nicht! Noch ´n Job? Ich bin mit meinem Rumkellnern ganz gut ausgelastet<br />
und du schleppst in diesem Supermarkt mehr Kartons durch die Gegend, als ein<br />
Bodybuilder schaffen würde! - Nee, du, am Sonntag möchte ich ausschlafen!<br />
ANNETTE<br />
Du hast natürlich Recht!<br />
CLAUDIA<br />
Wie sieht´s aus, wollen wir dann? Die „Verschönerungsaktion“!<br />
ANNETTE<br />
Eigentlich wollte ich erst noch duschen. Danach stehe ich dir dann voll zur<br />
Verfügung.<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 23 - Plausus Theaterverlag a0182
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CLAUDIA<br />
Du wirst dir bestimmt gefallen! Ich habe da schon so meine Ideen...<br />
Na gut, während du duschst werde ich noch eben einkaufen. Wenn ich dann<br />
wiederkommen, fangen wir an.<br />
ANNETTE<br />
Ich bin schon sehr gespannt auf das Ergebnis!<br />
(steht auf, will ins Bad)<br />
CLAUDIA<br />
Siehst du, und erst warst du so skeptisch!<br />
(nimmt den Einkaufskorb)<br />
Annette geht ab.<br />
CLAUDIA<br />
Bis nachher! (will abgehen)<br />
Im selben Moment kommt Julia herein, sie stoßen fast zusammen.<br />
Beide erschrecken sich etwas.<br />
JULIA<br />
Huch! -- Willst du jetzt einkaufen?<br />
CLAUDIA<br />
Ja, und danach wird Annette verschönt.<br />
JULIA<br />
Hast du alles aufgeschrieben, was wir brauchen?<br />
CLAUDIA<br />
Ja.<br />
JULIA<br />
Und hast du den Zettel eingesteckt?<br />
CLAUDIA (leicht entnervt)<br />
Ja!<br />
JULIA<br />
Hast du auch genug Geld dabei?<br />
CLAUDIA (übertrieben)<br />
Ja, Mutter!!<br />
JULIA (betroffen)<br />
Oh, war ich schon wieder...<br />
CLAUDIA nickt<br />
...Mutter Petermann, ganz recht!<br />
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JULIA<br />
Es ist zum Verrücktwerden! Ich bin im Laufe der Jahre so in diese Rolle der<br />
sorgenden Mutter hineingewachsen, dass ich da kaum wieder herauskomme. - Tut<br />
mir leid!<br />
CLAUDIA<br />
Ist schon gut! - Obwohl ich es nicht ganz verstehe! Du hast doch schließlich nur<br />
einen Sohn - und der ist doch wohl längst erwachsen, wenn ich das richtig<br />
verstanden habe.<br />
JULIA (verbessert)<br />
Volljährig, ja. Aber noch lange nicht erwachsen! Das dauert bei den jungen Leuten<br />
von heute meistens etwas länger!<br />
CLAUDIA (will dieses Thema nicht vertiefen)<br />
Na, ich gehe dann. - Tschüss, "Mutter"!<br />
JULIA<br />
Tschüss "mein Kind". Gib gut auf dich acht, ja?<br />
CLAUDIA<br />
Aber ja!<br />
Sie umarmen sich übertrieben, lachen dann beide.<br />
Claudia geht ab, winkt noch von der Tür.<br />
JULIA (schmunzelt noch einen Moment)<br />
Julia, was hast du doch für ein Glück mit diesen beiden Mädchen - pardon, mit den<br />
beiden jungen Frauen! (Sie legt das Buch vom Tisch auf einen Stuhl, wischt den<br />
Tisch ab, legt eine Decke auf. Dann will sie abwaschen, holt eine Plastikschüssel aus<br />
dem Spülschrank, tut sie in die Spüle, will den Hahn aufdrehen. Da fällt ihr ein, dass<br />
der ja kaputt ist. Sie geht mit der Schüssel zur Badezimmertür, klopft an.)<br />
JULIA<br />
Annette?<br />
ANNETTE (aus dem off)<br />
Ja?<br />
JULIA<br />
Du, entschuldige, darf ich mal eben Wasser zum Abwaschen holen?<br />
ANNETTE<br />
Moment! --- So, komm rein.<br />
JULIA (öffnet die Tür, geht ab. man hört kurz Wasser einlaufen. Sie kommt zurück in<br />
die Küche.)<br />
Es klingelt. Julia geht zur Wohnungstür.<br />
JULIA (noch draußen)<br />
Michael! Na, das ist ja eine Überraschung!<br />
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MICHAEL<br />
Hallo, Mama.<br />
Sie kommen herein. Michael ist modebewusst - leger gekleidet.<br />
MICHAEL (sieht sich kurz um)<br />
Ganz nett hier - nur etwas düster! - Moment.<br />
Er zieht den Vorhang am Fenster auf.<br />
So ist´s besser.<br />
JULIA<br />
Gut, dass du deinen Vater nicht mitgebracht hast.<br />
MICHAEL<br />
Der ist heute auf die Jagd gegangen. Er meint, er braucht jetzt Ruhe zum Überlegen.<br />
JULIA<br />
Und bei jedem Reh, das ihm vor die Flinte läuft, stellt er sich vor, das wäre ich! - Gut,<br />
dass er sowieso nie trifft! - Aber erzähl mal, kommst du nur, um deine arme alte<br />
Mutter zu besuchen, oder schickt dich dein Vater, um mir ins Gewissen zu reden?<br />
MICHAEL<br />
Ach was, er weiß gar nicht, dass ich hier bin. Er hat mir ja sogar verboten, hierher zu<br />
kommen! Er hat wohl Angst, dass ich den beiden „anarchistischen Amazonen“ in die<br />
Hände fallen könnte.<br />
JULIA (ungläubig)<br />
Anarchistische Amazonen?<br />
MICHAEL<br />
Das waren seine Worte.<br />
JULIA<br />
Das sind zwei ganz nette junge Frauen, nur eben zu fortschrittlich, als dass dein<br />
Vater sie verstehen oder akzeptieren könnte.<br />
MICHAEL (setzt sich)<br />
Ja, er hat eben etwas altmodische Vorstellungen.<br />
JULIA<br />
"Antiquiert" träfe es glaube ich besser!<br />
MICHAEL<br />
Jedenfalls hat er an der ganzen Sache ganz schön zu knabbern. - Wie lange willst du<br />
ihn eigentlich hinhalten?<br />
JULIA<br />
Ihn - "hinhalten" ?? Was meinst du denn damit?<br />
MICHAEL<br />
Na, bis du wieder nach Hause zurückkommst, meine ich. Du kannst ja nicht auf<br />
Dauer bleiben und studieren! Also: eine Woche noch, oder zwei?<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 26 - Plausus Theaterverlag a0182
Plausus Theaterverlag Heike Stuch – Kasernenstr. 56 – 53111 Bonn<br />
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JULIA<br />
Ich glaube, meine ganze Erziehung war für die Katz! Du bist ja bald genauso<br />
schlimm wie dein Vater! - Bitte nimm zur Kenntnis, dass es mein voller Ernst ist mit<br />
dem Studium! Und solange dein Vater mir das nicht zugestehen will, bleibe ich hier!<br />
Zuhause hätte ich sonst keine Ruhe. Und du brauchst auch gar nicht erst zu<br />
versuchen, mich umzustimmen! Das hat keinen Zweck!<br />
MICHAEL<br />
Ach Mama, du sollst ja dein Studium und deine Freiheit haben. Aber Paps und du,<br />
Ihr gehört doch zusammen! Da finde ich es nicht richtig, dass du hier wohnst und er<br />
woanders.<br />
JULIA<br />
Wie ich schon sagte: solange Dein Vater mich nicht tun lässt, was ich für richtig<br />
halte, bleibe ich hier!<br />
MICHAEL<br />
Du, mir fällt auf, dass du immer "Dein Vater" sagst. Nicht "Papa" oder "Heiner" wie<br />
früher. Bedeutet das, dass du sogar mehr willst, als nur eine räumliche Trennung?<br />
JULIA<br />
Eine Scheidung, meinst du? - Ich weiß nicht! Ich meine, es ist schon lange nicht<br />
mehr so zwischen uns, wie früher, aber - irgendwie mag ich ihn immer noch gerne.<br />
Obwohl er ein unausstehliches Ekel ist! - Ach, ich brauche einfach noch Zeit zum<br />
Nachdenken. Mehr als ein oder zwei Wochen.<br />
Sie steht dabei auf, fängt gedankenverloren an, abzuwaschen.<br />
MICHAEL<br />
Ja, das ist schon so eine Sache mit den zwischenmenschlichen Beziehungen.<br />
(fängt an, abzutrocknen)<br />
Ich hab da zum Beispiel vor ein paar Tagen ein Mädchen kennen gelernt: hübsch,<br />
intelligent, nett, unkompliziert. Ich habe sie sofort gemocht. Wir haben uns ganz toll<br />
unterhalten. Da sehe ich die absolute Traumfrau: wunderschöne, lange blonde<br />
Haare, ein Gesicht wie gemalt und eine Figur - joi, joi! Ich bin ihr hinterhergegangen,<br />
spreche sie an, sie macht den Mund auf - und ich denke, ein Heuschober spricht zu<br />
mir! Ich hätte nie gedacht, dass Menschen mit einem derart niedrigen<br />
Intelligenzquotienten überhaupt lebensfähig sind! Es hat dann eine Zeit gedauert, bis<br />
ich sie wieder los wurde, ich gehe zurück, wo ich die andere verlasen hatte - und sie<br />
war verschwunden!<br />
JULIA<br />
Was hast du denn erwartet? Dass sie schmachtend auf die Rückkehr ihres Helden<br />
wartet?<br />
MICHAEL<br />
Nein, nein! - Ach, ich kam mir ja so blöd vor! Und ich kennen nicht mal ihren Namen!<br />
JULIA<br />
Wenn du jetzt Mitleid erwartest, mein Sohn, hast du dich getäuscht!<br />
Sie ist mit dem Abwasch fertig, setzt sich an den Tisch, blättert im Gesetz.<br />
MICHAEL<br />
Nicht mal ein bisschen?<br />
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Julia schüttelt den Kopf.<br />
MICHAEL<br />
Na, wahrscheinlich hab ich´s auch gar nicht verdient. (sieht Julia blättern)<br />
Was ist das?<br />
JULIA<br />
BGB.<br />
MICHAEL<br />
Paragraph1353 Absatz 1 Satz 2!<br />
JULIA<br />
Wie?<br />
MICHAEL<br />
Lies mal!<br />
JULIA (blättert, liest dann laut)<br />
"Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet." - Und<br />
was soll das?<br />
MICHAEL<br />
Den Paragraphen hat Paps gefunden und ist damit zu seinem Anwalt gegangen.<br />
JULIA<br />
Du meinst, er will mich verklagen, damit ich zurückkomme? Geht denn das?<br />
MICHAEL (zuckt mit den Schultern)<br />
Bin ich Anwalt?<br />
JULIA<br />
Na warte! Was er kann, kann ich schon lange! Ich nehme mir auch einen Anwalt!<br />
MICHAEL<br />
Also keine gütliche Lösung?<br />
JULIA<br />
Wenn er so anfängt, dann nicht! Er will doch nur erreichen, dass ich reumütig<br />
zurückkehre und alles so bleibt, wie es ist.<br />
Beginnt, weiter im Gesetz zu lesen.<br />
MICHAEL<br />
Tja, da kann ich dann wohl nichts mehr machen! - Hast du noch was zum<br />
abwaschen?<br />
JULIA´ (ins Gesetz vertieft)<br />
Dieses Juristendeutsch! - Äh, was? - Nein, nein, du kannst das Wasser wegkippen.<br />
Michael will das Wasser in den Ausguss gießen.<br />
JULIA<br />
Aber nicht in das Spülbecken! Der Abfluss ist undicht!<br />
(liest weiter, runzelt dabei die Stirn)<br />
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MICHAEL<br />
Na schön. - Das Bad ist da?<br />
zeigt auf die Badezimmertür<br />
JULIA (abwesend)<br />
Ja, ja.<br />
MICHAEL (geht mit der Schüssel zur Badezimmertür, öffnet sie, will eintreten, bleibt<br />
dann überrascht stehen)<br />
Oh!<br />
Annette kreischt im Bad auf.<br />
Julia sieht von dem Gesetzbuch auf.<br />
MICHAEL (zu Annette)<br />
Äh, ich wollte eigentlich nur mal eben das Wasser ausgießen. - Darf ich?<br />
JULIA<br />
Michael!!<br />
MICHAEL<br />
Jaa! (schließt die Tür)<br />
JULIA<br />
Ich hatte ganz vergessen: wir haben noch keinen Badezimmerschlüssel!<br />
MICHAEL (verzückt)<br />
Und keinen Duschvorhang! (stellt die Schüssel in die Spüle zurück)<br />
Paps hat mit keinem Wort erwähnt, dass du mit hübschen Anarchistinnen<br />
zusammenlebst.<br />
JULIA<br />
Komisch! Sonst lässt er keine Gelegenheit aus, über das Aussehen anderer Frauen<br />
zu schwärmen. MEIN Aussehen scheint ihn nicht mehr zu interessieren.<br />
MICHAEL (sieht zum Bad, setzt sich)<br />
Also, die täte mir schon gefallen! Mal sehen, ob sie heute schon was vor hat.<br />
JULIA (bestimmt)<br />
Lass die Finger von ihr! Annette ist ein nettes und anständiges Mädchen. Ich möchte<br />
nicht, dass sie in die Finger eines so dominanten Kerls wie dich gerät.<br />
(leiser, zu sich) So wie es mir ergangen ist.<br />
Ein Moment Pause.<br />
MICHAEL (beginnt, im BGB zu blättern)<br />
Hör mal, Paragraph 1361! Du hast doch wenig Geld als Studentin, nicht?<br />
(Er liest laut aus dem Gesetz vor, tief über das Buch gebeugt, als wäre er sehr<br />
kurzsichtig. Währenddessen öffnet sich die Tür, Claudia kommt herein, stellt den<br />
Einkaufskorb auf den Tisch, Michael gegenüber. Sie haben beide noch nicht ihre<br />
Gesichter gesehen.)<br />
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CLAUDIA (im Hereinkommen)<br />
Puh! Drei Treppen hoch mit all dem Zeug, das ist besser als Hanteln stemmen! - Wer<br />
ist das?<br />
JULIA<br />
Mein Sohn Michael. Er klärt mich gerade über meine Rechte auf!<br />
MICHAEL (unterbricht sein Vorlesen)<br />
Also, Mama, bitte hör mir doch zu, wenn -<br />
CLAUDIA (erkennt Michael wieder, schreit auf.)<br />
DUUU!<br />
MICHAEL (schafft es, sich gleichzeitig zu erschrecken, aufzuspringen und<br />
zurückzuweichen. Dabei entfährt ihm ein erschreckter Aufschrei) Wah!<br />
CLAUDIA<br />
Ich hatte nicht gehofft, dich Westentaschencasanova noch einmal wiederzusehen!<br />
(Sie geht langsam und drohend auf Michael zu, der weicht zurück.)<br />
MICHAEL<br />
Tja, ist das nicht lustig? Gerade habe ich meiner Mutter von der Sache erzählt, dass<br />
ich Idiot dich habe stehen lassen und so, und wie leid mir das alles tut - und jetzt<br />
kommst du hier herein!<br />
ANNETTE (erscheint im Bademantel in der Badezimmertür, betrachtet die Szene)<br />
CLAUDIA<br />
Irre lustig! Wie in einer billigen Komödie! Aber hier gibt´s kein Happy-End! Ich werde<br />
dich nämlich ganz langsam erwürgen und dir dann die Augen auskratzen!<br />
JULIA (trocken)<br />
Andersherum hätte er mehr davon.<br />
CLAUDIA<br />
Gute Idee! Also andersherum!<br />
ANNETTE (überraschend heftig)<br />
Ja, gib´s ihm! Er hat mich sexuell belästigt!<br />
Julia lacht leise.<br />
CLAUDIA<br />
Sieh an! Nun, dann muss ich ihm wohl auch noch die Nase abschneiden!<br />
ANNETTE (ernsthaft, leidenschaftlich)<br />
Und alle Zähne ziehen, bei vollem Bewusstsein! - Das tut doll weh!<br />
CLAUDIA (nickt)<br />
So sei es! - Hast du noch einen letzten Wunsch?<br />
MICHAEL (fällt auf die Knie)<br />
Bitte vergib mir! Es war doch nur - sie war so schön, weißt du? Da hab ich überhaupt<br />
nicht nachgedacht!<br />
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CLAUDIA<br />
Das war klar! Männer denken sowieso nicht mit dem Kopf!<br />
ANNETTE<br />
Nein? Womit denn dann?<br />
CLAUDIA<br />
Das erkläre ich dir später! - So, sie war also schön?<br />
MICHAEL<br />
Ja, aber strohdumm - nichts für mich.<br />
CLAUDIA<br />
So, du möchtest also eine kluge Frau?<br />
MICHAEL<br />
Ja, ja!<br />
CLAUDIA<br />
Wohl, um Mängel bei dir auszugleichen, was? - Na gut, was bietest du als<br />
Entschädigung?<br />
MICHAEL<br />
Ein Essen?<br />
CLAUDIA<br />
Im (teures Restaurant am Aufführungsort)?! Akzeptiert!<br />
MICHAEL<br />
Im (Restaurant wie oben)? (schluckt) Also gut.<br />
CLAUDIA (tut, als hätte er etwas anderes gesagt)<br />
Was sagst du? Gleich heute Mittag? (sieht auf ihre Armbanduhr) Doch, das geht! -<br />
Du darfst jetzt wieder aufstehen. Ich mache mich eben fertig, dann können wir los!<br />
(ab)<br />
ANNETTE (steht reichlich fassungslos da)<br />
JULIA (amüsiert sich prächtig)<br />
MICHAEL (nach einer kurzen Pause, unglücklich fragend)<br />
Du, Mama...?<br />
JULIA (zückt ihr Portemonnaie)<br />
Wie viel?<br />
MICHAEL<br />
Na ja, das (Restaurant wie oben)...<br />
JULIA (reicht ihm ein paar Geldscheine)<br />
Reicht das?<br />
MICHAEL (strahlt)<br />
Danke, Mama! (steckt das Geld schnell ein.)<br />
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ANNETTE (leise zu JULIA)<br />
Das ist dein Sohn?!<br />
JULIA<br />
Ich fürchte, ja.<br />
ANNETTE<br />
Oh. Aber ich wollte nicht-<br />
JULIA<br />
Du musst dich nicht entschuldigen. Er bekommt, was er verdient. (blickt Michael<br />
strafend an)<br />
Michael blickt verlegen weg.<br />
Claudia kommt zurück, hat sich eine Jacke übergezogen.<br />
MICHAEL (erstaunt)<br />
Schon fertig?<br />
CLAUDIA<br />
Ich bin immer fertig. Schließlich rennen mir die Männer ständig die Bude ein! - Und<br />
für einen wie dich bin ich sogar nach einer durchzechten Nacht noch schön genug!<br />
(zu Annette)<br />
Annette, ein anderes Mal, ja? Bitte sei mir nicht böse, aber ich habe eine wichtige<br />
Mission zu erfüllen: ich muss diesem Kerl Manieren beibringen! - Also dann!<br />
(hakt sich bei Michael ein) Tschüss! (zieht ihn mit sich hinaus)<br />
Julia lacht leise vor sich hin<br />
ANNETTE (verständnislos)<br />
Was war das?<br />
JULIA (grinst)<br />
Das Happyend einer billigen Komödie.<br />
ANNETTE<br />
Aber, die waren so - so (merkwürdig)! Ich verstehe das nicht! - Und dann gibst du<br />
ihm auch noch Geld!?<br />
JULIA<br />
Das Glück meines Sohnes liegt mir eben am Herzen.<br />
ANNETTE<br />
Ja, hast du denn keine Angst um ihn? Was Claudia ihm da alles angedroht hat...<br />
JULIA<br />
... und worin du sie noch bestärkt hast.<br />
ANNETTE (geht nicht darauf ein)<br />
Wenn die so weitermachen, dann fangen sie nachher noch an, sich zu prügeln.<br />
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JULIA<br />
Wohl eher das Gegenteil! - Pass auf, da Claudia nun nicht da ist, dann werden wir<br />
zwei alleine etwas Kosmetik bei dir ausprobieren. - Und nebenbei werde ich dich in<br />
die vielfältigen Facetten des menschlichen Balzverhaltens einführen. Okay?<br />
ANNETTE<br />
Gut. Ich bin gleich fertig!<br />
(geht wieder ins Bad)<br />
Julia nimmt die Waschschüssel leert sie im Bad, stellt sich dann an die Spüle,<br />
trocknet die Schüssel ab. Die Flurtür geht langsam auf. Julia bemerkt das nicht, sie<br />
steht mit dem Rücken dazu. Ein riesiger Blumenstrauß erscheint langsam. Dann<br />
fliegt die Tür mit einem Ruck auf, der Professor steht da. Man sieht ihm schon an der<br />
Kleidung an, dass er nicht ganz in die Kategorie "normal" passt.<br />
PROFESSOR (laut, begeistert)<br />
Frau Petermann!<br />
JULIA (lässt vor Schreck die Schüssel fallen, dreht sich dann um)<br />
Herr Professor!<br />
PROFESSOR<br />
Die Tür war nicht richtig geschlossen. Da habe ich die sich mir bietende Gelegenheit<br />
beim Schopfe ergriffen, um Ihnen eine Überraschung zu bescheren!<br />
JULIA<br />
DAS ist Ihnen wahrhaftig gelungen! (betrachtet die Blumen) Aber ich hatte Ihnen<br />
doch schon mehrfach gesagt, dass -<br />
PROFESSOR (unterbricht)<br />
Menschen sagen oft Dinge, die sie gar nicht so meinen! Ich möchte Ihnen, liebste<br />
Julia, die Gelegenheit geben, das, was sie so voreilig dahinsagten, noch einmal zu<br />
überdenken. - Julia, Sie sind die entzückendste Studentin, die je meine Vorlesungen<br />
besucht hat! Endlich eine reife, kluge Frau - keines von diesen überintelligenten<br />
jungen Dingern, die heute den Campus zuhauf bevölkern. (räuspert sich) Ich würde<br />
über alle Maßen erfreut sein, wenn Sie mir am heutigen Samstag die Ehre zuteil<br />
werden ließen, mit mir essen zu gehen.<br />
JULIA<br />
Herr Professor, ich -<br />
PROFESSOR (unterbricht sanft)<br />
"Archibald", bitte!<br />
JULIA<br />
Herr Professor, ich habe Ihnen genau das gesagt, was ich meinte, und ich meine das<br />
immer noch!<br />
PROFESSOR<br />
Aber sind Sie denn nicht einsam, liebste Julia? Ich könnte Ihnen die Wärme geben,<br />
die Sie in dieser für Sie so schwierigen Situation doch vermissen müssen!<br />
Jürgen <strong>Baumgarten</strong> – „<strong>Studentenfutter</strong>“ - 33 - Plausus Theaterverlag a0182
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JULIA<br />
Ich entscheide selber, wann ich Wärme brauche, und bei wem ich sie mir hole! Bei<br />
Ihnen jedenfalls nicht, und wenn Sie der letzte Mann auf Erden wären!<br />
ANNETTE (erscheint in der Badezimmertür)<br />
Belästigt der Mann dich?<br />
JULIA<br />
Ja!<br />
ANNETTE<br />
Gut, ich hole den Schrubber! (wieder ab)<br />
PROFESSOR<br />
Was meint die junge Dame?<br />
JULIA (beiläufig)<br />
Ach, wir haben hier unsere eigene Methode, mit aufdringlichen Männern fertig zu<br />
werden. Kennen Sie Ori Noco? Das ist eine thailändische Kampfsportart mit langen<br />
Stäben. Wenn ein Gegner keinen Kampfstab hat, ist er natürlich arm dran!<br />
PROFESSOR<br />
Mit Stäben?<br />
ANNETTE (kommt mit dem Schrubber zurück)<br />
JULIA<br />
Sonst macht sie ja Karate, aber sie hat sich gerade erst die Finger manikürt.<br />
Annette kommt bedrohlich langsam auf den Professor zu.<br />
PROFESSOR (hastig)<br />
Tja, ich glaube, ich muss dann gehen - ich werde noch erwartet! Auf Wiedersehen,<br />
die Damen! (schnell ab)<br />
JULIA<br />
Toll, Annette, wie du das gemacht hast! Dein brutaler Blick hat ihn verjagt!<br />
ANNETTE<br />
Brutaler Blick?? - Und wieso Karate und - was sagtest du? - Ori Noco?<br />
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