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Suchthilfe Rahmenkonzept ... - Diakonie Wolfsburg

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<strong>Suchthilfe</strong><br />

<strong>Rahmenkonzept</strong><br />

Suchtberatungsstelle <strong>Wolfsburg</strong><br />

Sucht- und Drogenberatungsstelle<br />

Gifhorn/Wittingen<br />

Nordsteimker Straße 3 · 38446 <strong>Wolfsburg</strong><br />

Telefon 05361 501 1800<br />

Fax 05361 501 1820<br />

E-Mail suchtberatung@diakonie-wolfsburg.de<br />

www.diakonie-wolfsburg.de/suchtberatung


Inhalt<br />

1. Trägerschaft / Einzugsgebiet ............................................................................ 3<br />

2. Zielgruppe .......................................................................................................... 3<br />

2.1. Abhängigkeitskranke Frauen und Männer........................................................... 3<br />

2.2. Menschen mit pathologischem Glücksspielverhalten .......................................... 4<br />

2.3. Menschen mit Essstörungen............................................................................... 5<br />

2.4. Menschen mit problematischer Nutzung des Internets........................................ 5<br />

2.5. Angehörige und weitere Bezugspersonen, die sich beteiligt und beeinträchtigt<br />

fühlen.................................................................................................................. 5<br />

3. Grundlagen ....................................................................................................... 5<br />

3.1. Behandlungsansatz ............................................................................................ 5<br />

3.2. Persönlichkeitsmodell ......................................................................................... 7<br />

4. Grundlagen von Beratung und Therapie.........................................................10<br />

4.1. Verständnis von Beratung und Therapie.............................................................11<br />

4.2. Verständnis von Abhängigkeit und teilhabe bezogener Therapie (ICF) ..............11<br />

5. Diagnostische Phase........................................................................................13<br />

6. Ambulante Entwöhnungsbehandlung.............................................................14<br />

6.1. Indikation ............................................................................................................15<br />

6.2. Kontraindikation..................................................................................................15<br />

6.3. Phasenverlauf der ambulanten Rehabilitation ....................................................16<br />

6.4. Kombinationsbehandlung ...................................................................................16<br />

6.5. Nachsorge / Ambulante Weiterbehandlung.........................................................16<br />

7. Behandlungsziele .............................................................................................17<br />

8. Therapeutisches Setting und Angebote..........................................................17<br />

8.1. Einzeltherapie.....................................................................................................18<br />

8.2. Gruppentherapie.................................................................................................18<br />

8.3. Paar- und Familientherapie.................................................................................19<br />

8.4. Einzel- und Gruppentherapie für Familienangehörige und weitere<br />

Bezugspersonen.................................................................................................19<br />

8.5. Medizinische Information und Therapie ..............................................................19<br />

8.6. Psychosoziale Hilfen ..........................................................................................19<br />

8.7. Meditative und entspannende Verfahren.............................................................20<br />

8.8. Selbstsicherheitstraining .....................................................................................20<br />

8.9. Themenzentrierte Intensivphase.........................................................................20<br />

8.10. Rückfallpräventionsprogramm S.T.A.R. .............................................................20<br />

1


9. Weitere Angebote der <strong>Suchthilfe</strong> .....................................................................21<br />

9.1. Einzelberatung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus Familien<br />

suchtkranker Eltern .............................................................................................21<br />

9.2. Einzelberatung für Menschen mit Alkoholauffälligkeiten im Straßenverkehr........21<br />

9.3. Angebote für riskante Konsumenten und Missbraucher.......................................21<br />

9.4. Betreuung, Beratung und ambulante Behandlung pathologischer Glücksspieler .22<br />

9.5. Einzelberatung/-therapie bei Essstörungen.........................................................22<br />

9.6. Psychosoziale Betreuung Substituierter..............................................................22<br />

9.7. Tabakentwöhnung ..............................................................................................22<br />

9.8. Suchtberatung nach SGB II / Vermittlungshemmnis Sucht ................................23<br />

9.9. Mediensuchtberatung .........................................................................................23<br />

9.10. Ambulant Betreutes Wohnen für Alkohol- und Drogenabhängige ......................23<br />

9.11. Selbsthilfegruppen ..............................................................................................24<br />

9.12. Suchtprävention .................................................................................................24<br />

9.13. Öffentlichkeitsarbeit ...........................................................................................24<br />

10. Supervision und Fortbildung............................................................................25<br />

11. Qualitätsmanagement und Statistik ................................................................25<br />

12. Zusammenarbeit und Kooperationen mit Facheinrichtungen der<br />

Suchtkrankenhilfe .............................................................................................25<br />

13. Literaturverzeichnis<br />

2


1. Trägerschaft / Einzugsgebiet<br />

Träger der Einrichtungen der Diakonischen <strong>Suchthilfe</strong> ist das Diakonisches Werk<br />

<strong>Wolfsburg</strong> e.V. Die Suchtberatungsstelle in <strong>Wolfsburg</strong> besteht seit 1979. Zum<br />

Einzugsgebiet der Fachstelle gehören Bewohnerinnen und Bewohner der kreisfreien<br />

Stadt <strong>Wolfsburg</strong>. Die Sucht- und Drogenberatungsstelle Gifhorn mit der Außenstelle<br />

in Wittingen wurde zum 01.01.2007 in die Trägerschaft des Diakonisches Werk<br />

<strong>Wolfsburg</strong> e.V. übernommen. Zum Einzugsgebiet gehören die Bewohnerinnen und<br />

Bewohner des Landkreises Gifhorn.<br />

Zur <strong>Suchthilfe</strong> gehören daneben ein Ambulant Betreutes Wohnen für<br />

Alkoholabhängige in <strong>Wolfsburg</strong> und ein Ambulant Betreutes Wohnen für<br />

Drogenabhängige in Gifhorn/Wittingen. Zudem haben sich verschiedene<br />

Selbsthilfegruppen der Diakonischen <strong>Suchthilfe</strong> angeschlossen und treffen sich in<br />

deren Räumlichkeiten.<br />

2. Zielgruppen<br />

Abhängigkeitskranke Frauen und Männer mit dem Suchtmittel Alkohol, Medikamente,<br />

illegale Drogen und Tabak<br />

Menschen mit einem pathologischen Glücksspielverhalten<br />

Menschen mit Essstörungen<br />

Menschen mit anderen, nicht stoffgebundenen Süchten, wie einer problematischen<br />

Nutzung des Internets („Medien-/Onlinesucht“)<br />

Menschen mit einem selbstschädigenden und risikoreichen Substanzkonsum<br />

Angehörige und weitere Bezugspersonen, die sich in irgendeiner Form beteiligt bzw.<br />

beeinträchtigt fühlen<br />

2.1. Abhängigkeitskranke Frauen und Männer<br />

Abhängigkeitskranke Frauen und Männer werden in der beratenden und<br />

therapeutischen Arbeit in ihrer gesamten Person auf der Basis des bio-psycho-<br />

sozialen Persönlichkeitsansatzes gesehen und angenommen. Die Lebens- und<br />

Genussfähigkeit ist durch einen süchtigen Prozess eingeschränkt. Unter diesem<br />

Ganzheitsprinzip rücken die Beeinträchtigungen auf der geistig-seelischen,<br />

körperlichen und sozialen Ebene in den Mittelpunkt des beratenden und<br />

therapeutischen Handelns.<br />

3


Das Ganzheitsprinzip berücksichtigt dabei den einzelnen Menschen in seinen<br />

Dimensionen von Leiblichkeit, sozialem Netz, materieller und ökonomischer<br />

Sicherheit in einem wertorientierten und kulturellen Kontext. Unsere systemische<br />

Sichtweise bringt somit die Abhängigkeitserkrankung eines Einzelnen in einen<br />

interaktionellen Zusammenhang mit seiner Umwelt.<br />

Ein abhängigkeitskranker Mensch ist eine Persönlichkeit, die weitgehend unabhängig<br />

und selbstständig ihr Leben in Eigenverantwortung und in Verantwortung vor Gott<br />

führen soll und kann. Grundlage für unsere Arbeit ist das christliche Menschenbild mit<br />

einer ganzheitlichen Zuwendung und einem diakonischen, wertorientierten Handeln.<br />

Wir sehen uns als Dienstleister für abhängigkeitskranke Menschen und sind dem<br />

Diakonischen Auftrag verpflichtet und setzen ihn in unserem Tun um.<br />

Abhängigkeitskranke Frauen und Männer werden als Partner gesehen, die aktiv und<br />

selbstverantwortlich an der Genesung mitarbeiten. Die Basis der Beratung und<br />

Therapie stellt eine vertrauensvolle, tragfähige Beziehung zwischen Betroffenen und<br />

Helfern dar.<br />

2.2. Menschen mit pathologischem Glücksspielverhalten<br />

Pathologisches Glücksspielverhalten als eine Form des krank- und zwanghaften<br />

Glücksspielens zeigt sich als eine sichtbare Einschränkung der Persönlichkeit mit<br />

negativen Auswirkungen auf die eigene Person, in den zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen, im sozialen und wirtschaftlichen Bereich mit einem symptomatischen<br />

und selbstzerstörerischen Verlauf. Der Wiederholungszwang bringt den Glücksspieler<br />

unter zunehmender Einschränkung der Entscheidungsfähigkeit in einen Kreislauf<br />

ohne Ende.<br />

Therapieziele sind insbesondere das Bewusstwerden des pathologischen Prozesses<br />

und der Aufbau von geeigneten Bewältigungsstrategien, besonders zur<br />

Wiedererlangung der eigenen Entscheidungsfähigkeit. Grundbedingung ist hier<br />

ebenfalls eine Spielabstinenz.<br />

4


2.3. Menschen mit Essstörungen<br />

Hierzu gehören hauptsächlich Menschen mit Störungen des Essverhaltens (Bulimie,<br />

Anorexia nervosa, binge eating disorder), die diese Störung für sich als einen<br />

süchtigen Prozess erleben und Beratung oder ambulante Behandlung suchen.<br />

Das systemische Erklärungsmodell gestörten Essverhaltens stellt die Grundlage in der<br />

Behandlung dar.<br />

2.4. Menschen mit problematischer Nutzung des Internets<br />

Erscheinungsformen sind insbesondere exzessives Surfen im Netz, Chatten, Mailen,<br />

Konsolenspiele, Online-Rollenspiele (World of Warcraft, Ego-Shooter) und<br />

Internetpornografie.<br />

2.5. Angehörige und weitere Bezugspersonen, die sich beteiligt und beeinträchtigt<br />

fühlen<br />

In der Beratungs- und Therapiearbeit mit Familienangehörigen, Lebenspartnern und<br />

weiteren Bezugspersonen, wie z.B. Arbeitskollegen oder Freunden, steht das<br />

Bewusstmachen der eigenen co-abhängigen, selbstschädigenden Entwicklung im<br />

Zusammentreffen mit dem suchtkranken Menschen im Vordergrund. Es werden<br />

gemeinsam alternative Bewältigungsstrategien erarbeitet, was verändernde<br />

Auswirkungen auf das Familien- und Umweltsystem und den betroffenen Suchtkranken<br />

haben kann.<br />

3. Grundlagen<br />

3.1. Behandlungsansatz<br />

Die wissenschaftlichen Grundlagen, auf denen der Beratungs- und<br />

psychotherapeutische Behandlungsansatz fußt, orientieren sich an den<br />

tiefenpsychologischen, lerntheoretischen und humanistischen Theorien und Therapien.<br />

Ein integrativer und systemorientierter Behandlungsansatz, der die Ergebnisse und<br />

Erfahrungen von wissenschaftlicher Forschung in tiefenpsychologischer,<br />

lerntheoretischer und humanistischer Theorie und Therapie verbindet, hat sich in der<br />

Suchtbehandlung inzwischen unter Berücksichtigung der multifaktoriellen Genese<br />

bestätigt. Wir sehen eine Abhängigkeitserkrankung damit auch als Familienerkrankung<br />

an.<br />

5


Hinter der Persönlichkeit des abhängigkeitskranken Menschen verbergen sich in der<br />

Regel tiefe strukturelle Mängel und erhebliche Defizite in den Ich-Funktionen sowie<br />

häufig eine schwere narzisstische Persönlichkeitsstörung. Nicht ausreichend<br />

entwickelte Ich-Funktionen, wie u.a. Selbstbewusstsein, Realitätsbezogenheit,<br />

Frustrationstoleranz, Konfliktfähigkeit und fehlende Affektdifferenzierung versucht der<br />

abhängigkeitskranke Mensch mit Hilfe des Suchtmittels auszugleichen.<br />

Bedrohliche Affektzustände wie Wut, Angst oder Hilflosigkeit können unter dem<br />

Einfluss des Suchtmittels ausagiert oder gemildert werden. Das Suchtmittel übernimmt<br />

eine Regulationsfunktion und hilft dem abhängigkeitskranken Menschen, sich selbst<br />

und seine Beziehungen zu organisieren.<br />

Als Ursache der Ich-Störungen werden massive Probleme in der frühkindlichen<br />

Entwicklung angenommen. Das Selbst wird als schwach und minderwertig erlebt, der<br />

abhängigkeitskranke Mensch hat in der Kindheit oft keine hinreichende Unterstützung<br />

erfahren, die zu starker Frustration oder Verwöhnung geführt haben. In unserer<br />

Therapie sind besonders die Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene und<br />

der Widerstand für therapeutische Interventionen zu nutzen.<br />

Die Selbstwahrnehmung der Affekte und die realitätsgerechte Prüfung der<br />

Beziehungen in der Gruppentherapie stehen dabei im Vordergrund. Das Ziel ist u.a. die<br />

als bedrohlich erlebten, abgespaltenen Affekte in die Gesamtpersönlichkeit zu<br />

integrieren und damit eine psychische Stabilität mit reifen Ich-Funktionen unter<br />

ständigem Realitätsbezug zu erreichen.<br />

In der Erklärung der Persönlichkeit eines abhängigkeitskranken Menschen, der<br />

Entstehung und Aufrechterhaltung von Abhängigkeit, sind die Ergebnisse der<br />

Lerntheorien ein für unsere Therapie ebenso bedeutsamer psychologischer Ansatz. Im<br />

Mittelpunkt steht hier das beobachtbare offene Verhalten des Suchtkranken.<br />

In den lerntheoretischen Grundannahmen funktioniert Alkoholtrinken auf der Grundlage<br />

von Lernprinzipien, die Gebrauch als auch Missbrauch bewirken und aufrechterhalten.<br />

Vom Problemtrinken wird dann gesprochen, wenn die betreffende Person selbst<br />

negative Auswirkungen im körperlichen, psychischen und sozialen Bereich spürt.<br />

Häufigkeit und Intensität sind somit ein Gradmesser für die Schwere der Problematik.<br />

6


Das Suchtmittel hat einen positiven und negativen Verstärkungswert. Reduktion von<br />

Angst und Stress, Abbau von Aggressionen und Wut sowie Hemmungen und<br />

Langeweile sind häufig Motive für das Trinken.<br />

Sich immer mehr positive oder negative Verstärkung in Form des Suchtmittels zu<br />

holen, bewirkt einen zunehmend alkoholbezogenen Lebensstil. Der Suchtkranke lernt,<br />

dass das Suchtmittel ein wirksames Mittel zur Bewältigung belastender Situationen<br />

darstellt. Spannungsreduzierende Effekte des Alkohols sind inzwischen empirisch<br />

nachgewiesen.<br />

Die sozial-kognitive Lerntheorie von BANDURA dient in unserer Therapie als<br />

wesentliche Basis für Interventionen. BANDURA nahm eine Erweiterung auf die<br />

subjektive, phänomenologische Ebene vor, so dass die kognitiven, affektiven und<br />

verhaltensbedingten Effekte in den Mittelpunkt treten. Kognitive, soziale und andere<br />

Persönlichkeitsfaktoren können einen Suchtverlauf und z. B. ein Rückfallgeschehen<br />

derart beeinflussen, dass in der Therapie die Bearbeitung von Einstellungen,<br />

Bewertungen und Verhaltensmustern im Vordergrund stehen müssen. Das Entwickeln<br />

und Verbessern von subjektiver und sozialer Kompetenz in den verschiedenen Ebenen<br />

ist das Ziel der therapeutischen Interventionen.<br />

Diese Sichtweise bedeutet für uns keinen Gegensatz zur tiefenpsychologischen<br />

Theorie, sondern integriert beide Persönlichkeitsmodelle auf der Affekt-,<br />

Wahrnehmungs- und Wirkungsebene. Die Integration der verschiedenen Modelle wird<br />

aus unserer Sicht sowohl personenzentriert als auch umweltbezogen der Komplexität<br />

des Suchtgeschehens gerecht.<br />

Die humanistischen Theorien, welche die wesentlichen Prinzipien für Gesprächs- und<br />

Kommunikationstherapie darstellen, bringen besonders die Aspekte für ein<br />

angemessenes Therapeutenverhalten mit Empathie und Kongruenz sowie die<br />

Bearbeitung der verschiedenen Kommunikationsebenen (Inhalts- und<br />

Beziehungsaspekt) sowie die digitale und analoge Kommunikation und die<br />

Metakommunikation hervor.<br />

3.2. Persönlichkeitsmodell<br />

Verhaltenstheoretische Alkoholismusmodelle mit grundsätzlichen Annahmen und<br />

wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Suchtpersönlichkeit mit der Entstehung,<br />

Ausprägung und Behandlung der Abhängigkeit sind wesentliche Grundlagen unseres<br />

Behandlungsansatzes.<br />

7


Wir sehen dabei besonders den paradigmatischen Wechsel in der Entwicklung der<br />

Verhaltenstheorie und Therapie des Alkoholismus weg von den klassischen lern-<br />

theoretischen Modellvorstellungen hin zu einer kognitiv orientierten Verhaltenstherapie<br />

als bedeutsam an.<br />

Aus den früheren klassischen lerntheoretischen Modellen sollen die Aversionstherapie<br />

mit ihren elektrischen und chemischen Behandlungsansätzen sowie die Spannungs-<br />

Reduktions-Theorie der Alkoholabhängigkeit kurz genannt werden. Die Erkenntnisse<br />

aus der Spannungs-Reduktions-Theorie haben heute innerhalb der kognitiv orientierten<br />

Verhaltenstheorie durchaus noch einen gewissen Stellenwert, da beim Abhängigen die<br />

durch soziale Einstellungen geprägten Erwartungen zu den entspannenden Effekten<br />

des Alkohols verhaltenswirksam sein können.<br />

Die soziale Lerntheorie, wie sie bereits Ende der 60-er Jahre von BANDURA<br />

beschrieben wurde, stellt den Übergang zu den neuen verhaltenstheoretischen Modell-<br />

vorstellungen der Alkoholabhängigkeit dar, wobei BANDURA anfangs auch noch von<br />

der klassischen Spannungs-Reduktions-Hypothese beim Alkoholismus ausging. Bei<br />

der sozialen Lerntheorie sollen insbesondere drei Grundannahmen für die<br />

Persönlichkeit des Alkoholikers näher beschrieben werden.<br />

1. Die umfangreiche Variabilität von normalem und krankhaftem Trinkverhalten muss<br />

in Abhängigkeit von kulturellen und sozialen Einflüssen gesehen werden. Die<br />

sozial geprägten Einstellungen zum Alkohol mit den bestehenden akzeptierten<br />

Regeln über den Umgang mit Alkohol und die daraus resultierenden<br />

Verhaltensänderungen sind dabei die verbindenden Elemente.<br />

2. Art und Umfang von normalem und krankhaftem Trinkverhalten stellen Ergebnisse<br />

aus dem Sozialisationsprozess des Individuums dar, wobei z.B. durch den Einfluss<br />

der Eltern oder peer-group-Trinknormen und Erwartungshaltungen aus der<br />

jeweiligen Umwelt in die eigene Persönlichkeit integriert werden. BANDURA sieht<br />

dabei Modelllernprozesse als zentrale Lernmechanismen im Erwerb des<br />

Trinkverhaltens an.<br />

3. Es wird davon ausgegangen, dass das aktuelle Trinkverhalten unter der Kontrolle<br />

von sozialen Interaktionsprozessen steht, wie beispielsweise der Grad der<br />

sozialen Interaktion oder Isolation, die Art der Situation oder Aktivität, soziale<br />

Gruppennormen, aber auch die Ausgangsstimmung des Individuums selbst.<br />

8


Die sozial-kognitive Lerntheorie des Alkoholismus führte zu einer theoretischen<br />

Erweiterung der sozialen Lerntheorie von BANDURA. Die Verhaltens-<br />

wahrscheinlichkeit in Bezug auf Konsum von Alkohol ist dabei von mehreren<br />

Variablen abhängig:<br />

- der kognitiven Erwartung des Einzelnen, dass ein Resultat als Ergebnis des<br />

Verhaltens auftritt ( Wirkungstrinken),<br />

- die subjektiv empfundene Bedeutung des Ergebnisses und<br />

- die Art der psychologischen Situation, in der sich das Individuum befindet.<br />

BANDURA beschreibt zu den Handlungs-Ergebnis-Erwartungen als zusätzliche<br />

Unterscheidung die sogenannten Selbstwirksamkeitserwartungen des<br />

Individuums, von denen es abhängt, inwieweit eine Person<br />

Bewältigungsfertigkeiten in Problemsituationen einsetzt und aufrechterhält. An<br />

dieser Stelle ist besonders MARLATT (1983) zu erwähnen, der aus den<br />

verschiedenen Theorien ein sozial-kognitives Modell des Trinkverhaltens und der<br />

Alkoholabhängigkeit entwickelte. Vier wesentliche Aspekte sind hier enthalten:<br />

1. eine Risikosituation, bei der sich die Person hilflos oder unter Kontrolle von<br />

anderen Personengruppen oder der Umwelt fühlt,<br />

2. die Selbstwirksamkeitserwartung als die wahrgenommene Verfügbarkeit von<br />

Bewältigungsfertigkeiten als Alternative zum Alkoholkonsum,<br />

3. die Erwartung über den Effekt, des Alkohols als Bewältigungsstrategie, welche<br />

bestimmtes Verhalten durch den Alkoholkonsum möglich macht und<br />

4. die Verfügbarkeit von Alkohol und die in einer bestimmten Situation<br />

bestehenden Trinkzwänge.<br />

Damit gewinnt dieses Modell von MARLATT besonders auch Bedeutung in der<br />

Erklärung der Beziehung von Alkoholkonsum und sozialem Stress. In der Rückfall-<br />

prophylaxe setzen wir das alternative Erklärungsmodell mit der kognitiv-verhaltens-<br />

bedingten Rückfallanalyse ein, um das eindimensionale Krankheitskonzept des<br />

Alkoholismus mit dem Kontrollverlust zu erweitern.<br />

9


Zusammengefasst siedeln wir das Persönlichkeitsmodell des Alkoholabhängigen in<br />

der sozial-kognitiven Lerntheorie an (im Wesentlichen fußend auf den Arbeiten und<br />

Ergebnissen von BANDURA und MARLATT), die den Einsatz vielfältiger verhaltens-<br />

therapeutischer Verfahren ermöglichen. Trinkverhalten und Persönlichkeit sind dabei<br />

abhängig von sozialem und kulturellem Kontext, erworben und aufrechterhalten in<br />

sozialen Interaktionsprozessen. Kognitive Erwartungsmuster steuern das<br />

Trinkverhalten dabei genauso und sind verantwortlich für die Entstehung und<br />

Aufrechterhaltung abhängigen Verhaltens wie auch weitere kognitive Faktoren, wie<br />

z.B. Einstellung, Bewertung, Abwehrprozesse und Mechanismen der<br />

Reizverarbeitung.<br />

Alkohol- und Drogenkonsum können als eine fehlgeleitete Bewältigungsstrategie des<br />

Individuums gesehen werden. Suchtmittelabhängigkeit generell stellt ein gelerntes<br />

Verhalten dar, dessen schädigende Verhaltensweisen wieder verlernbar sind.<br />

Die Erkenntnisse aus der neurobiologischen Forschung, besonders aus den letzten<br />

Jahren, fließen in unseren konzeptionellen Beratungs- und Therapieansatz mit ein.<br />

Dabei ist grundlegend festzustellen, dass die Einnahme von abhängigkeits-<br />

erzeugenden Substanzen nicht nur aktuelle physische Reaktionen, sondern auch<br />

dauerhafte Veränderungen bewirken. Die Umbauten im zentralen Nervensystem<br />

können sowohl das Auftreten von Entzugserscheinungen, als auch das Verlangen<br />

(Craving) nach Suchtmitteln auslösen.<br />

4. Grundlagen von Beratung und Therapie<br />

Das Beratungs- und Therapiekonzept orientiert sich an wissenschaftlichen Theorien<br />

und Verfahren von<br />

- Tiefenpsychologie/Psychoanalyse<br />

- Verhaltenstheorie und -therapie<br />

- Humanistischer Psychologie mit Gesprächspsychotherapie und<br />

Kommunikationstherapie<br />

- Systemischer Therapie<br />

- und anderer begleitender Verfahren.<br />

Die auf dieser Grundlage beruhenden Beratungskonzepte von Sozialarbeit/<br />

Sozialpädagogik sind in das Beratungs- und Therapiekonzept integriert (Einzelhilfe,<br />

Casemanagement, Gruppenarbeit, Familienberatung und Gemeinwesenarbeit).<br />

10


4.1. Verständnis von Beratung und Therapie<br />

Beratung zielt in erster Linie auf eine bewusste Wissens- und Einsichtsvermittlung in<br />

kognitive und auch emotionale Prozesse in einem kommunikativen Kontext hin.<br />

Therapie ist ein weitergehender Lern- und Wachstumsprozess mit dem Ziel einer<br />

Verhaltens- und/oder Persönlichkeitsveränderung.<br />

Therapie ist besonders auch ein Prozess des Wachsens in einer therapeutischen<br />

Beziehung mit einer positiven und kreativen Nutzung eigener Energien und<br />

Ressourcen zur Stärkung und Entfaltung der Selbstheilungskräfte.<br />

4.2. Verständnis von Abhängigkeit und teilhabe bezogener Therapie (ICF)<br />

Abhängigkeit wird in Beratung und Therapie als eine komplexe Störung des Erlebens,<br />

des Verhaltens, der sozialen Beziehungen und der körperlichen Funktionen mit<br />

Krankheitswert gesehen. Sie stört die Selbstregulationsfähigkeit der Person.<br />

Wesentliche Elemente dieser Fähigkeit sind die Wert- und Zielorientierung, die<br />

differenzierte emotionale Reaktionsfähigkeit, die Nähe-Distanz-Regulation in<br />

zwischenmenschlichen Beziehungen, die Konfliktfähigkeit, das Selbstvertrauen, die<br />

Frustrationstoleranz, die Selbstbeobachtung und die Selbstbewertung sowie die<br />

Erwartungshaltung insgesamt zu Lebensperspektiven.<br />

Unter Berücksichtigung des bio-psycho-sozialen Persönlichkeitsmodells wird die<br />

Abhängigkeitsentwicklung eines Menschen im Wesentlichen als ein Zusammentreffen<br />

und interaktionelles Geschehen verschiedener psychischer, sozialer und<br />

substanzbezogener Bedingungen verstanden. Besonders Lebensereignisse,<br />

Prägungsprozesse, Lernerfahrungen, Verfügbarkeit eines Suchtmittels, Einflüsse und<br />

Haltungen von Gesellschaft und Kultur und direktem Lebensumfeld bestimmen das<br />

therapeutische Handeln.<br />

Primäres Ziel der Therapie ist es, suchtkranke Menschen in ihren Möglichkeiten und<br />

Fähigkeiten zu fördern, sich aktiv mit körperlichen, seelischen und sozialen Problemen<br />

und Beschwerden auseinanderzusetzen, denen sie zuvor meinten hilflos ausgeliefert<br />

zu sein oder ausweichen zu müssen.<br />

11


Dieses bedeutet sowohl Veränderungen im affektiven Erleben, in der kognitiven<br />

Verarbeitung als auch im Verhalten. Alle positiven Einstellungs- und<br />

Verhaltensänderungen können jedoch nichts daran ändern, dass abhängigen<br />

Menschen eine dauerhafte Rückkehr zum gemäßigten Umgang mit Suchtmitteln nicht<br />

mehr möglich ist. Nur eine völlig abstinente Lebensweise wird eine stärkere positive<br />

Selbstbewertung, eine bewusste persönliche Wertorientierung, aktives Problemlösen<br />

und Entscheiden, die Übernahme von Verantwortung, Selbstständigkeit,<br />

Selbstsicherheit und einen besseren Umgang mit belastenden Gefühlen und<br />

Situationen ermöglichen.<br />

Durch den interdiziplinären Ansatz in der engen Zusammenarbeit zwischen<br />

Sozialarbeiter/Sozialpädagoge, Psychologe und Arzt ist gewährleistet, dass die<br />

Wechselwirkung von organischen, psychischen und sozialen Faktoren bei der<br />

Abhängigkeitserkrankung in unserem Krankheits- und Behandlungsmodell<br />

berücksichtigt sind.<br />

Die Kenntnis um die Wechselwirkungen von organischen, psychischen und sozialen<br />

Faktoren bei einer Abhängigkeitserkrankung ist erweitert und ergänzt um den Ansatz<br />

der funktionalen Gesundheit auf der Basis der ICF (Internationale Klassifikation der<br />

Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO). Das bio-psycho-soziale Modell ist Grundlage für die Annahmen der ICF.<br />

Funktionale Gesundheit ist demnach vorhanden, wenn unter Berücksichtigung des<br />

gesamten Lebenshintergrundes eines Menschen<br />

- die körperlichen Funktionen und Körperstrukturen, die den geistigen und<br />

seelischen Bereich mit einschließen, anerkannten statistischen Normen<br />

entsprechen,<br />

- bei den Aktivitäten der Mensch das tun kann, was von einem Menschen ohne<br />

Gesundheitsprobleme erwartet wird<br />

- und der Mensch sich in allen Lebensbereichen, die ihm wichtig sind, in der Weise<br />

entfalten kann, wie es von einem Menschen ohne Beeinträchtigung erwartet<br />

werden und er/sie damit an allen Lebensbereichen teilnehmen kann.<br />

12


Die Komponenten (Körperfunktionen und Strukturen, Aktivitäten und Teilhabe) sind<br />

abhängig von den Gesundheitsproblemen und den Personen- und Umweltfaktoren und<br />

werden dadurch beeinflusst und variiert.<br />

(Beispiel: Langzeitarbeitslosigkeit ruft psychische Erkrankung oder Abhängigkeit hervor<br />

bzw. verstärkt diese).<br />

Im Verständnis von Abhängigkeit und Therapie werden darum besonders die<br />

Auswirkungen und Beeinträchtigungen auf die<br />

- Körperfunktionen und -strukturen (Schädigungen oder Folgeerkrankungen des<br />

Alkoholismus) diagnostiziert und wenn möglich therapiert<br />

- Aktivitäten (was ist noch möglich), ressourcenorientiert bei beruflichen Tätigkeiten,<br />

in der Selbstversorgung und Kommunikation, in den sozialen Beziehungen oder<br />

Mobilität berücksichtigt<br />

- Teilnahme gesehen, die die Daseinsentfaltung und das selbstbestimmte Leben in<br />

verschiedenen Lebensbereichen meint. In der Diagnostik werden darum besonders<br />

die Barrieren, die dies verhindern, aber auch die Förderfaktoren, die es trotz eines<br />

gesundheitlichen Problems erleichtern oder ermöglichen, festgestellt.<br />

Die Feststellungen werden im Behandlungsplan mit aufgenommen und können<br />

dadurch in der ambulanten Rehabilitation berücksichtigt und bearbeitet werden. Ziel ist<br />

dabei immer, in der Rehabilitationsmaßnahme einen Abbau bzw. eine Verringerung<br />

oder die Aufhebung der Beeinträchtigungen funktionaler Gesundheit zu erreichen.<br />

5. Diagnostische Phase<br />

Die diagnostische Phase umfasst mindestens 12 Wochen. Am Anfang steht eine<br />

ausführliche Eingangsdiagnostik, besonders bezogen auf<br />

- die Motivation und Behandlungseinsicht,<br />

- die Abklärung der zugrundeliegenden Persönlichkeitsdefizite,<br />

- eine systemische Betrachtung der gesamten Person im Familien- und<br />

Umweltsystem, mit einer ausführlichen Verhaltensanalyse, die kognitive,<br />

emotionale und somatische Elemente berücksichtigt,<br />

- die Berücksichtigung der ICD-10 Kriterien (Internationale Klassifikation psychischer<br />

- Störungen der WHO) des Abhängigkeitssyndroms und schädlichen Gebrauchs,<br />

13


- die Beeinträchtigung der funktionalen Gesundheit nach dem bio-psycho-sozialen<br />

Modell der ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung<br />

und Gesundheit der WHO).<br />

In diesen Zeitraum fallen<br />

- eine ärztliche Untersuchung (Arzt),<br />

- eine psychologische Untersuchung (Diplom-Psychologe),<br />

- eine Aufnahme der Sozial- und Suchtanamnese und die Erfassung des<br />

psychosozialen Bedingungsgefüges (Diplom-Sozialarbeiter),<br />

- das Erarbeiten der Handlungsmöglichkeiten und Defizite des Klienten,<br />

- falls erforderlich die Einleitung der Durchführung einer stationären<br />

Entgiftungsbehandlung,<br />

- Vermittlung von Informationen zur Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit und<br />

Co-Abhängigkeit,<br />

- Kontaktaufnahme zu Angehörigen und Bezugspersonen,<br />

- Klärung der Rahmenbedingungen der ambulanten Rehabilitationsmaßnahme.<br />

Gegen Ende der diagnostischen Phase wird ein Behandlungsplan mit formulierten<br />

Grob- und Feinzielen und die Behandlungsvereinbarung getroffen. Der Arzt der<br />

Einrichtung ist in den Fallbesprechungen und durch die medizinische Visite an der<br />

Diagnostik, Indikationsstellung und Aufstellung des Rehabilitationsplanes beteiligt.<br />

6. Ambulante Entwöhnungsbehandlung<br />

Für eine ambulante Entwöhnungsbehandlung/Therapie kommen abhängigkeitskranke<br />

Frauen und Männer in Frage, die<br />

- erstmalig eine ambulante Therapie durchführen wollen und sollen,<br />

- im Anschluss an eine stationäre Kurzzeitbehandlung der ambulanten<br />

Weiterbebehandlung aufgrund noch nicht ausreichend erfolgter psychischer<br />

Festigung bedürfen,<br />

- nach abgeschlossenem stationären Modul im Rahmen der<br />

Kombinationsbehandlung Nord, die Suchttherapie ambulant fortsetzen,<br />

- aufgrund von Krisensituationen akut rückfallgefährdet sind und auch bei Rückfällen<br />

nach stationärer Therapie.<br />

14


Die Motivation bei Abhängigkeitskranken muss dabei ausreichend sein. Die<br />

Auswirkungen des Abhängigkeitsprozesses im physischen und psychischen sowie im<br />

sozialen Bereich dürfen noch nicht so schwerwiegend sein, dass die Behandlung im<br />

ambulanten Setting von vornherein erschwert oder ausgeschlossen wäre. Das betrifft<br />

besonders die Bereiche der Selbstkontrolle und Selbststeuerung.<br />

Bei der ambulanten Rehabilitation, die auf der Grundlage der Vereinbarung<br />

„Abhängigkeitserkrankungen“ durchgeführt wird, gelten während der Behandlung die<br />

Richtlinien der zuständigen Leistungs- und Kostenträger. Die inhaltliche und formale<br />

Verantwortung für die Durchführung der ambulanten medizinischen<br />

Rehabilitationsmaßnahme trägt der Beratungsstellenarzt.<br />

6.1. Indikation<br />

- Bereitschaft und Fähigkeit zu dauernder Abstinenz<br />

- Einsicht in den Abhängigkeitsprozess und eine erforderliche Behandlung<br />

- Überwiegend selbstmotivierter Leidensdruck<br />

- Bereitschaft und Fähigkeit, Absprachen und die Behandlungsvereinbarung<br />

einzuhalten<br />

- Kein Vorliegen einer akuten Selbst- (Suizidgefahr) oder Fremdgefährdung<br />

- Freiwilligkeit<br />

- Soziale Integration mit einem noch weitgehend intakten Umfeld in den Bereiche<br />

Familie, Arbeit, Einkommen und Wohnsitz<br />

6.2. Kontraindikation<br />

- Akute Suizidalität und Psychose<br />

- Schwere psychische und physische Störungen und Folgeschäden aus dem<br />

Suchtverlauf<br />

- Anstehende Haftstrafen sowie ausstehende Strafverfahren, die eine regelmäßige<br />

Teilnahme nicht möglich machen<br />

- Unfähigkeit zur Abstinenz im ambulanten Setting<br />

- Soziale Desintegration und Obdachlosigkeit<br />

- Chronifizierte Abhängigkeit bei langer Suchtkarriere<br />

15


6.3. Phasenverlauf der ambulanten Rehabilitation<br />

Die ambulante Entwöhnungsbehandlung /Rehabilitation verläuft in mehreren Phasen.<br />

Die erste Therapiephase ist zuerst auf sechs Monate begrenzt und der Beginn der<br />

ambulanten Rehabilitation. Gemeinsam mit den Klienten wird vor Ablauf der ersten<br />

Therapiephase durch den Beratungsstellenarzt und das therapeutische Team über die<br />

Verlängerung entschieden und diese bei den Leistungsträgern beantragt. Nach der<br />

Bewilligung wird der Therapieprozess fortgesetzt. Eine ambulante Rehabilitation dauert<br />

6 bis18 Monate, wobei das erste Jahr in der Regel den wesentlichen therapeutischen<br />

Prozess beinhaltet.<br />

Die Nachsorge schließt sich der Therapie an und ist dabei auf die Aktivierung des<br />

Selbsthilfepotentials, die Integration in das soziale Umfeld und den Wiederanschluss<br />

bzw. Anschluss an eine Selbsthilfegruppe ausgelegt.<br />

6.4. Kombinationsbehandlung<br />

Die Fachstelle prüft anhand festgelegter Kriterien eingangs, ob neben der originären<br />

ambulanten Rehabilitation auch eine durch ambulante, ganztags ambulante und<br />

stationäre Module vernetzte Behandlungsmaßnahme in Frage kommt. Die<br />

Gesamtzeitdauer der Kombinationsbehandlung beträgt 12 Monate. Für die<br />

PatientInnen bietet eine Kombinationsbehandlung die Möglichkeit, auf den<br />

Krankheitsprozess bezogen so effektiv und individuell wie möglich eine optimale<br />

Behandlung zu erhalten (näheres regeln Konzept und Kooperationsvereinbarungen).<br />

6.5. Nachsorge / Ambulante Weiterbehandlung<br />

Schwerpunkt der ambulanten Nachsorge / Weiterbehandlung ist die Aktivierung des<br />

Selbsthilfepotentials und die Begleitung bei der Reintegration in das berufliche und<br />

soziale Umfeld. Die bereits in einer stationären Maßnahme erreichten<br />

Behandlungsziele und Veränderungen fließen in die ambulante Weiterbehandlung mit<br />

ein. Die Freizeitaktivitäten, die Entwicklung und Förderung von neuen oder<br />

vorhandenen Interessen mit der erforderlichen Stabilisierung der Persönlichkeit stehen<br />

ebenfalls im Vordergrund. Die Anbindung an die zur Verfügung stehenden<br />

Selbsthilfegruppen wird angestrebt. Die regelmäßige Teilnahme an einer<br />

Selbsthilfegruppe ist prognostisch unverzichtbar.<br />

16


7. Behandlungsziele<br />

Das Therapieziel für den Abhängigkeitsprozess ist die Abstinenz, um positive<br />

Veränderungen in der Persönlichkeit mit den sich daraus ergebenden<br />

Lebensumfeldveränderungen erreichen zu können. Ein abstinentes, drogenfreies<br />

Leben wird als Grundbedingung gesehen, um aus dem Krankheitsprozess<br />

herauszufinden. Als wesentliche Behandlungsziele der ambulanten Rehabilitation sind<br />

anzusetzen,<br />

- dauerhafte, zufriedene Abstinenz,<br />

- Verbesserung und Änderung von problematischen psychosozialen<br />

Verhaltensweisen, Einstellungen und Persönlichkeitsdefiziten,<br />

- Erhöhung der sozialen Kompetenz, besonders der zwischenmenschlichen<br />

Interaktion und Beziehungsfähigkeit,<br />

- angemessenes Konfliktverhalten,<br />

- berufliche Integration bzw. Re-Integration und Erhaltung der Erwerbsfähigkeit,<br />

- Akzeptanz der eigenen Person, der Abhängigkeit und Steigerung von<br />

Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit,<br />

- Entwicklung von realitätsorientierten Lebens- und Handlungsperspektiven ,<br />

- Bewusstwerden und Ablösen von süchtigen Beziehungsmustern im systemischen<br />

Kontext und Aufbau einer autonomen Identität,<br />

- Erhöhung der Selbst- und Fremdwahrnehmung,<br />

- Verbesserung und Differenzierung von emotionaler, d.h. affektiver Dynamik,<br />

- Bewusstwerden von Abwehrmechanismen und Übertragungsphänomen.<br />

In der ambulanten Rehabilitation nehmen die Betroffenen mit ihren realen<br />

Alltagsbedingungen, den Belastungen und Konflikten am therapeutischen Prozess teil.<br />

Neben der aktuellen Bearbeitung solcher konkreten Belastungen nimmt eine<br />

kontinuierliche Rückfallprophylaxe einen bedeutenden Raum in der Therapie ein.<br />

8. Therapeutisches Setting und Angebote<br />

Die ambulante Rehabilitation für Suchtkranke wird sowohl als Einzel- wie auch<br />

Gruppentherapie durchgeführt. Dem Patienten werden dabei regelmäßig ein bis zwei<br />

Therapieeinheiten pro Woche angeboten. Dazu gehören nach Indikation ebenfalls<br />

Paar- und Familiengespräche/-therapie. Für Angehörige und Bezugspersonen werden<br />

therapeutisch orientierte Einzel- und Gruppengespräche angeboten. Meditative und<br />

entspannende Verfahren kommen zur Anwendung.<br />

17


Der Ablauf der ambulanten Therapie ist vertraglich geregelt und erwartet sowohl vom<br />

Klienten als auch vom Therapeuten hohe Verbindlichkeit. Grundsätzlich wird zuerst<br />

von einer sechsmonatigen Behandlungsdauer ausgegangen, die je nach Indikation bis<br />

längstens 18 Monate verlängert werden kann.<br />

8.1. Einzeltherapie<br />

Eine Einzeltherapie ist besonders indiziert, wenn<br />

- die Problematik einer Gruppentherapie entgegensteht,<br />

- Klienten aus beruflichen oder persönlichen Gründen nicht in der Lage sind, an der<br />

Gruppentherapie teilzunehmen,<br />

- eine besondere Problematik eine tiefergehende persönliche Bearbeitung<br />

erforderlich macht,<br />

- die Gruppenfähigkeit eingeschränkt oder noch nicht erreicht ist.<br />

Ausschließlich psychotherapeutisch orientierte Einzeltherapie im Rahmen der<br />

ambulanten Rehabilitation ist nicht vorgesehen.<br />

Die Einzeltherapie beginnt nach Abschluss der diagnostischen Phase und kann auch<br />

parallel zur Gruppentherapie durchgeführt werden. Die Einzeltherapie findet in der<br />

Regel einmal wöchentlich mindestens 50 Minuten statt.<br />

8.2. Gruppentherapie<br />

Die Gruppentherapie stellt das Kernstück der ambulanten Rehabilitation dar. Die<br />

Gruppentherapie wird als halboffene Gruppe über einen Zeitraum von sechs bis<br />

18 Monaten durchgeführt. Die Therapiegruppe trifft sich einmal wöchentlich für<br />

mindestens 100 Minuten. Sie wird in der Regel im Co-Therapeuten-System geleitet.<br />

Die Urlaubs- und Krankheitsvertretung ist gewährleistet. Die Regelgruppengröße<br />

beträgt bis zu zwölf PatientInnen.<br />

KlientInnen aus der stationären Therapie, bei denen ambulante therapeutische<br />

Weiterbehandlung durchgeführt wird, sind in die Gruppentherapie integriert.<br />

18


Einzel- und Gruppentherapie findet nach Absprache mit den Patienten statt. Besonders<br />

wird eine schichtbedingte Arbeitszeit berücksichtigt, so dass die Sitzungen vormittags,<br />

nachmittags und in den Abendstunden erfolgen können.<br />

8.3. Paar- und Familientherapie<br />

Paar- und Familientherapie kann zusätzlich in der ambulanten Rehabilitation<br />

durchgeführt werden, wenn besonders interaktionelle Konflikte in den familiären<br />

Beziehungen vorhanden sind.<br />

8.4. Einzel- und Gruppentherapie für Familienangehörige und weitere<br />

Bezugspersonen<br />

Nach Möglichkeit werden Bezugspersonen von Beginn an in die Beratung/Therapie mit<br />

einbezogen. Je nach Indikation werden Einzel- und Gruppengespräche sowie<br />

Krisenintervention angeboten.<br />

Für Bezugspersonen, deren abhängigkeitskranke PartnerInnen ambulante Therapie im<br />

Sinne der Vereinbarung „Abhängigkeitserkrankungen“ durchführen, werden<br />

regelmäßige Gespräche angeboten.<br />

8.5. Medizinische Information und Therapie<br />

Durch den Beratungsstellenarzt erhalten die TeilnehmerInnen der ambulanten<br />

Therapie begleitend medizinische Information und Beratung und falls erforderlich in<br />

Absprache mit dem Hausarzt und dem niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie und<br />

Neurologie medizinische Behandlung.<br />

8.6. Psychosoziale Hilfen<br />

Begleitende Maßnahmen sind darüber hinaus gezielte Hilfen zur alltäglichen<br />

Lebensbewältigung, z.B. Hilfen in finanziellen Schwierigkeiten, bei der Arbeits- und<br />

Wohnungssuche u.ä.<br />

19


8.7. Meditative und entspannende Verfahren<br />

Als zusätzliches Gruppenangebot werden solche Verfahren, wie z.B. progressive<br />

Muskelentspannung und Meditationen angeboten. Sie werden von entsprechend<br />

ausgebildeten Fachkräften durchgeführt.<br />

8.8. Selbstsicherheitstraining<br />

Als zusätzliches Angebot im Sinne einer Indikationsgruppe wird in Abständen ein<br />

Selbstsicherheitstraining (Assertiveness-Training) angeboten.<br />

8.9. Themenzentrierte Intensivphase<br />

Zur Vertiefung von Aspekten im Therapiekonzept wird eine themenzentrierte<br />

Intensivphase durchgeführt. Die Themen sind sowohl sucht- als auch<br />

persönlichkeitsbezogen. Sie dauert bis zu fünf Wochen und umfasst vier Einheiten pro<br />

Patient und Woche und ein Angehörigenseminar. Näheres regelt ein spezielles<br />

Konzept.<br />

8.10. Rückfallpräventionsprogramm S.T.A.R.<br />

Die Fachstelle bietet in der ambulanten Entwöhnungsbehandlung/Rehabilitation die<br />

Teilnahme am strukturierten Trainingsprogramm "Rückfallprävention mit<br />

Alkoholabhängigen" (S.T.A.R.) nach KÖRKEL/SCHINDLER an. Das<br />

Präventionsprogramm besteht aus insgesamt 15 Modulen und wird von geschulten<br />

MitarbeiterInnen moderiert. Zentrale aufeinander abgestimmte Themen und<br />

Fragestellungen zur Vorbeugung und zum Umgang mit Rückfällen werden aufgegriffen<br />

und bearbeitet.<br />

Es werden z.B. Kenntnisse vermittelt über<br />

- Grundinformationen zum Alkoholverlangen und Rückfälligkeit<br />

- Risikosituationen und Umgang mit unangenehmen Gefühlen<br />

- Ablehnen von Trinkaufforderungen<br />

- Bedeutung des Lebensstils und Einfluss des sozialen Umfeldes auf Abstinenz<br />

und/oder Rückfall<br />

20


9. Weitere Angebote der Suchtberatungsstelle<br />

9.1. Einzelberatung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus<br />

Familien suchtkranker Eltern<br />

Unter systemischer und präventiver Sichtweise werden Angebote für Kinder und<br />

Jugendliche aus Familien suchtkranker Eltern durchgeführt. Die Beratung und Therapie<br />

erfolgt ausschließlich im Einzelsetting.<br />

9.2. Einzelberatung für Menschen mit Alkoholauffälligkeiten im<br />

Straßenverkehr<br />

Für diese Personengruppe, die hauptsächlich mit Auflagen der Medizinisch-<br />

Psychologischen-Untersuchungsstelle des Technischen Überwachungsvereins (TÜV)<br />

in unsere Suchtberatungsstelle kommt, wird Einzelberatung und medizinische<br />

Information angeboten.<br />

Ziel ist im Wesentlichen die Beteiligten zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung<br />

mit der eigenen Alkoholgefährdung zu befähigen. Dabei werden die alkoholbedingten<br />

Einflüsse mit Straßenverkehr berücksichtigt. Bei vorliegender Abhängigkeit kann sich<br />

über die Einzelberatung und Motivation eine ambulante oder stationäre<br />

Entwöhnungsbehandlung anschließen.<br />

9.3. Angebote für riskante Konsumenten und Missbraucher<br />

Die Hilfeangebote für Klienten mit riskantem Konsum und Missbraucher werden von<br />

der Fachstelle kontinuierlich aufgebaut und erweitert. Mit dem Drink-Less-Programm<br />

sollen die Menschen angesprochen werden, die eine deutliche Verringerung ihres<br />

Alkoholkonsums wollen. Eine diagnostische Einschätzung über den Grad der<br />

Suchtgefährdung, die Abklärung der Ziele und die Prüfung der Ausschlusskriterien<br />

gehen dem ambulanten Programm voraus. Das Programm mit jeweils 10 Sitzungen<br />

wird im Einzelsetting durchgeführt.<br />

Alkoholabhängige Frauen und Männer und solche, die bereits eine Abstinenz erreicht<br />

haben, werden nicht in das Programm aufgenommen.<br />

21


9.4. Betreuung, Beratung und ambulante Behandlung pathologischer Glücksspieler<br />

Die Betreuung pathologischer Glücksspieler umfasst Einzelberatung, Begleitbetreuung<br />

und Weitervermittlung in stationäre Einrichtungen sowie Durchführung der ambulanten<br />

Nachsorge nach abgeschlossener stationärer Behandlung und ambulante Therapie in<br />

Einzelfällen. Daneben erfolgt die Vermittlung in die der Beratungsstelle<br />

angeschlossenen Selbsthilfegruppe für Spieler.<br />

9.5. Einzelberatung/-therapie bei Essstörungen<br />

Einzelberatung/-therapie wird überwiegend bei KlientInnen mit Bulimie und binge<br />

eating dissorder durchgeführt. Ggf. erfolgt die Vermittlung in eine stationäre<br />

Therapiemaßnahme. Die Durchführung von ambulanter Nachsorge/ Weiterbehandlung<br />

nach abgeschlossener stationärer Therapie wird ebenfalls durchgeführt.<br />

9.6. Psychosoziale Betreuung Substituierter<br />

In der Sucht- und Drogenberatungsstelle Gifhorn/Wittingen wird die psychosoziale<br />

Betreuung Substituierter angeboten. Die psychosoziale Betreuung soll den<br />

drogenabhängigen Menschen durch geeignete Unterstützungsmaßnahmen in<br />

psychischen, sozialen und lebenspraktischen Bereichen helfen, die seelischen und<br />

sozialen Folgen der Abhängigkeit von illegalen Drogen zu erkennen und zu<br />

überwinden.<br />

Der Umfang der Betreuung richtet sich auf der Basis einer vertraglichen Vereinbarung<br />

nach den individuellen Umständen und dem Krankheitsverlauf des drogenabhängigen<br />

Menschen. Regelmäßige Einzelgespräche stellen die Grundlage für die psychosoziale<br />

Betreuung dar. Darüber hinaus können Gruppenaktivitäten und Gruppenberatung<br />

stattfinden.<br />

9.7. Tabakentwöhnung<br />

Beim Vorliegen einer süchtigen Tabakproblematik führt die Suchtberatungsstelle<br />

kursmäßig Raucherentwöhnungen durch. Grundlage dafür ist das anerkannte<br />

Programm "Rauchfrei in 6 Schritten". Die durchführenden MitarbeiterInnen sind<br />

entsprechend qualifiziert und anerkannt. Mit den gesetzlichen Krankenkassen sind<br />

dazu Vereinbarungen getroffen. Im Bedarfsfall wird Einzelberatung durchgeführt.<br />

22


9.8. Suchtberatung nach SGB II / Vermittlungshemmnis Sucht<br />

Auf der Grundlage einer Leistungsvereinbarung zwischen der Stadt <strong>Wolfsburg</strong>/<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>Wolfsburg</strong> SGB II und der Suchtgefährdetenhilfe der <strong>Diakonie</strong><br />

<strong>Wolfsburg</strong> führt die Fachstelle die Suchtberatung für EmpfängerInnen von<br />

Arbeitslosengeld II durch. In Gifhorn ist ein sozialpädagogischer Mitarbeiter des<br />

Landkreises in der Sucht- und Drogenberatungsstelle zur Beratung der<br />

ALG II-Empfänger eingesetzt.<br />

Wenn sich bei dem Hilfesuchenden ein Suchtproblem herausstellt, welches die<br />

Vermittlung in Arbeit einschränkt oder behindert, verweisen die MitarbeiterInnen der<br />

Arbeitsagentur an uns. In vertraulichen Einzelgesprächen wird zur Klärung der<br />

persönlichen Situation beigetragen und eine Diagnosestellung vorgenommen. Neben<br />

Information und Beratung werden gemeinsame Lösungen mit dem Hilfesuchenden<br />

erarbeitet und umgesetzt (näheres dazu siehe Rahmenleistungsvereinbarung).<br />

9.9. Mediensuchtberatung<br />

Die <strong>Suchthilfe</strong> verzeichnet eine stetige Zunahme an Beratungsanfragen von<br />

Betroffenen und Angehörigen zur problematischen Internetnutzung, die auch als<br />

Medien-/Onlinesucht, Internet- und Computerabhängigkeit oder pathologischer<br />

PC-Gebrauch in Fachgremien intensiv diskutiert wird. Erscheinungsformen der<br />

problematischen Internetnutzung sind insbesondere exzessives Surfen, Chatten,<br />

Mailen, Konsolenspiele, Online-Rollenspiele, wie z.B. World of Warcraft, Ego-Shooter<br />

und Internetpornografie.<br />

Unsere Einzelberatung richtet sich an Personen, die in diesen Problembereichen als<br />

Betroffene oder Angehörige Unterstützung und Hilfe suchen. Bei Bedarf erfolgt eine<br />

Vermittlung in eine ganztags ambulante oder stationäre Therapie.<br />

9.10. Ambulant Betreutes Wohnen für Alkohol und –Drogenabhängige<br />

Das Ambulant Betreute Wohnen für alkohol- und medikamentenabhängige Frauen und<br />

Männer in <strong>Wolfsburg</strong> umfasst eine Wohngruppe mit vier Einzelzimmern, die gemischt-<br />

geschlechtlich belegt werden können und das Ambulant Betreute Einzelwohnen als<br />

aufsuchendes Hilfeangebot. Die Betreuten des Ambulant Betreuten Wohnens können<br />

an der ambulanten Rehabilitation Abhängigkeitskranker teilnehmen.<br />

23


Die Betreuung wird von ausgebildeten pädagogischen Fachkräften geleistet. Näheres<br />

dazu siehe Konzept des Ambulant Betreuten Wohnens.<br />

Das Ambulant Betreute Wohnen für Drogenabhängige in Gifhorn wird in Form der<br />

aufsuchenden Hilfe des Betreuten Einzelwohnens geleistet. Näheres dazu siehe<br />

Konzept des Ambulant Betreuten Wohnens für Drogenabhängige.<br />

9.11. Selbsthilfegruppen<br />

Der <strong>Suchthilfe</strong> sind in <strong>Wolfsburg</strong> und im Landkreis Gifhorn mehrere Selbsthilfegruppen<br />

angeschlossen. Darüber hinaus gibt es innerhalb der Vernetzung in der<br />

Suchtkrankenhilfe <strong>Wolfsburg</strong> eine Zusammenarbeit mit weiteren Selbsthilfegruppen<br />

und den Arbeitskreisen und Arbeitsgemeinschaften Sucht.<br />

9.12. Suchtprävention<br />

Die Fachstellen führen eine Reihe von suchtpräventiven Maßnahmen und Projekten<br />

durch. Suchtpräventive Angebote sind ein bedeutender Bestandteil im<br />

Leistungskatalog der Fachstellen. Sie beteiligen sich an landes- und bundesweiten<br />

Suchtkampagnen und führen Schulungen und Fortbildungen für verschiedene<br />

Interessengruppen zu aktuellen Themen der <strong>Suchthilfe</strong> vor Ort durch. In der<br />

Betrieblichen Suchtberatung fördern die Fachstellen besonders die Multiplikatoren<br />

in Firmen und Unternehmen. Sie arbeiteten in Kirchengemeinden und<br />

Konfirmandengruppen/-freizeiten mit und tragen zur Gestaltung von suchtbezogenen<br />

Unterrichtseinheiten in Schulen bei.<br />

9.13. Öffentlichkeitsarbeit<br />

Öffentlichkeitswirksame Informationstage werden angeboten, wie auch die<br />

Beteiligung der Medien/Presse entsprechend berücksichtigt.<br />

Die Fachstellen sind vertreten im Arbeitskreis Sucht <strong>Wolfsburg</strong> und der<br />

Arbeitsgemeinschaft Sucht im Landkreis Gifhorn. Außerdem sind sie Mitglied in<br />

den Sozialpsychiatrischen Verbünden. Sie nehmen an Regionalkonferenzen und<br />

überregionalen Zusammenkünften der <strong>Suchthilfe</strong> mit ihren Verbänden teil.<br />

24


10. Supervision und Fortbildung<br />

Supervision wird für die MitarbeiterInnen in regelmäßigen Abständen durchgeführt.<br />

Fallbesprechungen finden in den Teamgesprächen wöchentlich mit dem<br />

Beratungsstellenarzt statt.<br />

Die MitarbeiterInnen sind gehalten, zur Qualifizierung, fachlichen Vertiefung und<br />

Weiterentwicklung Fortbildungen zu absolvieren. Die nichtärztlichen MitarbeiterInnen in<br />

der ambulanten Rehabilitation verfügen über die Anerkennung als Psychologischer<br />

Psychotherapeut und/oder Heilpraktiker für Psychotherapie zu ihren anerkannten<br />

therapeutischen Weiterbildungen.<br />

11. Qualitätsmanagement und Statistik<br />

Die <strong>Suchthilfe</strong> ist beteiligt an der Ebis-Statistik (Programmsystem für Einrichtungen der<br />

ambulanten Suchtkrankenhilfe im einrichtungsbezogenen Informationssystem, GSDA<br />

GmbH). Eigene katamnestische Erhebungen, wie auch Erhebungen zur<br />

Kundenzufriedenheit werden ebenfalls durchgeführt. Die Suchtberatungsstelle ist<br />

eingebunden ist das Qualitätsmanagement der Niedersächsischen Landesstelle für<br />

Suchtfragen (NLS) und hat mit der Entwicklung eines Qualitätshandbuches begonnen.<br />

Im Rahmen der Kombinationsbehandlung nimmt die <strong>Suchthilfe</strong> regelmäßig am<br />

Qualitätszirkel teil. Darüber hinaus werden die Ergebnisse des<br />

Qualitätssicherungsprogrammes der Sozialleistungsträger in das interne<br />

Qualitätsmanagement der <strong>Suchthilfe</strong> einfließen.<br />

12. Zusammenarbeit und Kooperationen mit Facheinrichtungen der<br />

Suchtkrankenhilfe<br />

Die <strong>Suchthilfe</strong> ist eingebunden in das ambulante und stationäre Betreuungs- und<br />

Behandlungsnetz für abhängigkeitskranke Menschen und deren Bezugspersonen.<br />

Interdiziplinäre Zusammenarbeit im eigenen Team und im Bezugs- und Umweltsystem<br />

sind Handlungsgrundlage. Die <strong>Suchthilfe</strong> verfügt über mehrere vertragliche<br />

Kooperationsvereinbarungen mit Rentenversicherungsträgern und<br />

<strong>Suchthilfe</strong>einrichtungen und Organisationen zur qualitativen Absicherung von<br />

Behandlungsmaßnahmen.<br />

Kornelia Andreß<br />

Leiterin der <strong>Suchthilfe</strong><br />

25


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Hogrefe Verlag, 2004<br />

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19. PETRY, Jörg<br />

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Kohlhammer Verlag, 2007<br />

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