Fachanwalt Für Strafrecht - Kanzlei Götz, 72622 Nürtingen
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Aktuelle Urteile - Ausgabe 02/2006<br />
Inhaltsverzeichnis:<br />
Arbeitsrecht:<br />
• Aufhebungsvertrag: Annahmeverzug nach Streit über das Zustandekommen<br />
des Vertrags<br />
Heinrich Götz<br />
Rechtsanwalt<br />
<strong>Fachanwalt</strong> für Miet- und<br />
Wohnungseigentumsrecht<br />
<strong>Fachanwalt</strong> für <strong>Strafrecht</strong><br />
• Urlaubsabgeltung: Resturlaub beim Übergang von der Arbeits- in die<br />
Freistellungsphase<br />
• Erholungsurlaub: Die Grundsätze zur Urlaubsübertragung und Abgeltung<br />
• Kündigungsrecht: Kündigungserklärungsfrist kann gehemmt sein<br />
Baurecht:<br />
• Sicherheitseinbehalte: Von welcher Bemessungsgrundlage muss korrekt<br />
berechnet werden?<br />
• Vertragsrecht: Ablösung von Sicherheitseinbehalt durch Bankbürgschaft<br />
• Bauträgervertrag: Mängelbeseitigung oder Rückabwicklung des Vertrags?<br />
• Gewährleistungsbürgschaft: Nachträgliche Veränderung der Verpflichtung<br />
ist nicht möglich<br />
Familien- und Erbrecht:<br />
• Ehefähigkeitszeugnis: Informationen für ausländische Staatsbürger, die<br />
in Deutschland heiraten wollen<br />
• Geschiedenenunterhalt: Aufstockungsunterhalt muss nicht sofort bei<br />
Scheidung verlangt werden<br />
• Kindesunterhalt: Kein zusätzlicher Zahlungsanspruch für halbtägigen<br />
Kindergartenbesuch<br />
• Erbrecht: Dauer und Ende der Testamentsvollstreckung<br />
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):<br />
• Aktuelle Gesetzgebung: Die zehn häufigsten Fragen zum neuen Energiepass<br />
• Nebenkosten: Gaszentralheizung muss nicht jährlich gereinigt werden<br />
• Nachbar: Personen- und Objektschutz muss hingenommen werden<br />
• WEG: Ausbau des Speichers zu Wohnzwecken bedarf der Zustimmung<br />
der anderen Wohnungseigentümer<br />
Hausanschrift:<br />
Am Kührain 14<br />
<strong>72622</strong> Nürtingen<br />
Postanschrift:<br />
Postfach 11 24<br />
72601 Nürtingen<br />
Telefon (0 70 22) 9 32 90 - 0<br />
Telefax (0 70 22) 9 32 90 - 30<br />
www.kanzlei-goetz.de<br />
info@kanzlei-goetz.de<br />
Geschäftskonto:<br />
Konto 8 662 787<br />
Baden-Württembergische Bank<br />
BLZ 600 501 01<br />
Anderkonto:<br />
Konto 555 575 004<br />
Volksbank Kirchheim-Nürtingen<br />
BLZ 612 901 20
Seite 2<br />
Verbraucherrecht:<br />
• Haftpflichtversicherung: Reparaturauftrag des Schädigers ohne Kenntnis<br />
des Versicherers<br />
• Unfallversicherung: Vermeidbarer Verbotsirrtum des Versicherungsnehmers<br />
• Gebrauchtwagen: Sachmangel oder "konstruktionsbedingte Eigentümlichkeit"?<br />
• Arztrecht: Krankenhausbetreiber schuldet bei nicht rechtzeitiger Aufklärung<br />
Schadenersatz<br />
• Reiserecht: Vorverlegung eines Flugs um 15 Stunden berechtigt zum<br />
Schadenersatz<br />
Verkehrsrecht:<br />
• Unfallschadensregulierung: Geschädigter muss nicht auf Restwertangebot<br />
der Versicherung warten<br />
• Merkantiler Minderwert: Anspruch kann bei gesuchtem Fahrzeugtyp<br />
ausgeschlossen sein<br />
• Geschwindigkeitsüberschreitung: Einordnung des Sprinters<br />
• Radfahrer: Haftungsquote bei Zusammenstoß nach Rotlichtverstoß<br />
Abschließende Hinweise:<br />
• Verzugszinsen<br />
• Steuertermine im Monat Februar 2006
Seite 3<br />
Arbeitsrecht<br />
Aufhebungsvertrag: Annahmeverzug nach Streit über das Zustandekommen<br />
des Vertrags<br />
Besteht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Streit, ob das Arbeitsverhältnis<br />
durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde und stellt sich im Nachhinein<br />
heraus, dass ein Aufhebungsvertrag nicht zu Stande gekommen ist, muss der<br />
Arbeitgeber nur Annahmeverzugsvergütung zahlen, wenn der Arbeitnehmer<br />
zuvor seine Arbeitsleistung angeboten hat.<br />
Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Streit zwischen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmerin über die Frage, ob das Arbeitsverhältnis durch<br />
einen Aufhebungsvertrag beendet wurde. Der Arbeitgeber hatte nach der vermeintlich<br />
vereinbarten Beendigung eine Abfindung auf das Konto der Arbeitnehmerin<br />
überwiesen. Diese erschien in der Folge nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz,<br />
sandte ihre Dienstschlüssel zurück und nahm die ihr zugesandten persönlichen<br />
Gegenstände entgegen. Erst nach sieben Monaten machte sie den Fortbestand<br />
des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend und nach einem Dreivierteljahr<br />
bot sie ihre Arbeitsleistung ausdrücklich an. Ihre Klage auf Zahlung der Arbeitsvergütung<br />
für die Zeit zwischen dem vom Arbeitgeber zu Unrecht angenommenen<br />
Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Angebot<br />
der Arbeitsleistung war erfolglos. Sie hätte nach Ansicht des BAG ihre Arbeitsleistung<br />
sofort anbieten müssen (BAG, 5 AZR 19/05).<br />
Urlaubsabgeltung: Resturlaub beim Übergang von der Arbeitsin<br />
die Freistellungsphase<br />
Nicht gewährter Urlaub ist bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses abzugelten<br />
(§ 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz [BUrlG]). Bei der Altersteilzeit im Blockmodell<br />
stellt der Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase allerdings<br />
keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses in diesem Sinne dar.<br />
Sind am Ende der Arbeitsphase noch Urlaubsansprüche offen, müssen diese<br />
nicht abgegolten werden, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG). Eine Abgeltung<br />
komme nur zum Ende der Freistellungsphase in Betracht. Voraussetzung<br />
sei aber, dass die Ansprüche zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfallen seien.<br />
Grundsätzlich würde jedoch ein übertragener Urlaubsanspruch am 31. März des<br />
Folgejahrs (es sei denn, tarif- oder einzelvertraglich sind andere Verfallfristen<br />
geregelt) verfallen.<br />
Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer ging am 1. Februar 2003 in die zweijährige Freistellungsphase.<br />
Vier Tage Resturlaub aus 2002 hatte er wegen einer angeordneten<br />
Urlaubssperre nicht nehmen können. Den ganzen Januar 2003 war er arbeitsunfähig<br />
krank gewesen. In diesem Fall verfallen die vier Tage aus 2002 mit dem 31.<br />
März 2003, die zwei Tage anteiliger Urlaub für Januar 2003 mit dem 31. März<br />
2004. Eine Abgeltung zum Ende der Freistellungsphase am 31. Januar 2005<br />
scheidet aus.<br />
Beispiel 2: Hätte der Arbeitnehmer lediglich eine einjährige Freistellungsphase<br />
mit seinem Arbeitgeber vereinbart, hätte er am 31. Januar 2004 (Ende der Freistellungsphase)<br />
noch Anspruch auf Abgeltung der beiden Urlaubstage für Januar<br />
2003, weil der Urlaubsanspruch erst am 31. März 2004 verfällt.
Seite 4<br />
Stellt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase einen Urlaubsantrag, wandelt<br />
sich der verfallene Urlaubs- in einen Schadenersatzanspruch um, wenn der<br />
Arbeitgeber die Unmöglichkeit der Urlaubsnahme zu vertreten hat. Das wäre<br />
wiederum nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer die restliche Zeit der Arbeitsphase<br />
krank ist (BAG, 9 AZR 143/04).<br />
Erholungsurlaub: Die Grundsätze zur Urlaubsübertragung und<br />
Abgeltung<br />
Bei der Urlaubsgewährung und insbesondere bei der Übertragung von Urlaubsansprüchen<br />
auf das nächste Kalenderjahr gilt:<br />
• Der Urlaubsanspruch muss normalerweise im laufenden Kalenderjahr<br />
gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG).<br />
• Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft,<br />
wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers<br />
liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG). Im Fall der<br />
Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des Folgejahres<br />
gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG). Durch Tarifvertrag<br />
kann ein längerer Übertragungszeitraum vereinbart werden.<br />
Kann der Urlaub wegen Krankheit oder Unfall während des Übertragungszeitraums<br />
nicht genommen werden, verfällt der Anspruch. Gleiches<br />
gilt, wenn die Urlaubsgewährung auf Grund eines Beschäftigungsverbots<br />
für eine Arbeitnehmerin nach dem Mutterschutzgesetz unmöglich<br />
war.<br />
Dem steht ebenfalls der Fall gleich, dass ein Urlaubsanspruch bis zum<br />
Ende des Übertragungszeitraums als Folge der Freistellung im Rahmen<br />
des Altersteilzeitmodells nicht erfüllt werden konnte.<br />
• Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder<br />
teilweise nicht mehr gewährt werden, muss eine Abgeltung erfolgen (§ 7<br />
Abs. 4 BUrlG).<br />
Nach der Auffassung des BAG entsteht kein Urlaubsabgeltungsanspruch,<br />
wenn der Arbeitnehmer nach dauernder Arbeitsunfähigkeit aus<br />
dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ohne die Arbeitsfähigkeit wieder erlangt<br />
zu haben.<br />
Endet dagegen nach Ausscheiden des Arbeitnehmers die Arbeitsunfähigkeit<br />
im Urlaubsjahr oder im Übertragungszeitraum so rechtzeitig,<br />
dass bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis der Urlaub hätte verwirklicht<br />
werden können, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung.<br />
• Gewährt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer vor Ablauf des Urlaubsjahres<br />
bzw. des Übertragungszeitraums den Urlaub nicht und hat er dies<br />
zu vertreten, tritt nach Zeitablauf an dessen Stelle als Ersatzanspruch ein<br />
Urlaubsanspruch in gleicher Höhe.
Seite 5<br />
Kündigungsrecht: Kündigungserklärungsfrist kann gehemmt<br />
sein<br />
Der Beginn der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist des § 626 BGB ist gehemmt,<br />
solange der Kündigungsberechtigte die zur Aufklärung des Sachverhalts<br />
nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinenden Aufklärungsmaßnahmen<br />
ergreift.<br />
Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hin. Habe der Arbeitgeber<br />
Anhaltspunkte für einen zur Kündigung führenden Sachverhalt, könne er Ermittlungen<br />
anstellen und insbesondere den Betroffenen anhören. In dieser Zeit beginne<br />
die Kündigungsfrist nicht zu laufen. Fristbeginn sei erst zu dem Zeitpunkt,<br />
zu dem der Arbeitgeber die Ermittlungen abgeschlossen und die Kenntnis des<br />
Kündigungssachverhalts habe. Unerheblich sei, ob die Maßnahmen tatsächlich<br />
zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben oder überflüssig waren.<br />
Diese Grundsätze gelten nach Ansicht des LAG sowohl bei einer Tatkündigung<br />
als auch bei einer Verdachtskündigung. Bei einer Verdachtskündigung müsse die<br />
Anhörung des Arbeitnehmers als Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung<br />
erfolgen. Bei der Tatkündigung sei die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers<br />
grundsätzlich erforderlich, damit dieser Gelegenheit erhalte, entlastende Umstände<br />
vorzubringen. Erst dann habe der Arbeitgeber die Kenntnis aller für und<br />
gegen die Kündigung sprechenden Umstände, die für den Beginn der zweiwöchigen<br />
Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB maßgeblich seien (LAG<br />
Hamm, 19 (9) Sa 232/05).
Seite 6<br />
Baurecht<br />
Sicherheitseinbehalte: Von welcher Bemessungsgrundlage<br />
muss korrekt berechnet werden?<br />
Von welcher Bemessungsgrundlage ist der vereinbarte Sicherheitseinbehalt bzw.<br />
die zu erbringende Bankbürgschaft vorzunehmen? Ist der Brutto- oder der Nettorechnungsbetrag<br />
maßgeblich? Die Antwort finden Sie im folgenden Beitrag.<br />
Grundsätzliches zum Sicherheitseinbehalt<br />
Nach § 14 Absatz 2 VOB/A wird empfohlen, dass Auftraggeber von ihren Auftragnehmern<br />
für die Vertragserfüllung als Sicherheit fünf Prozent und für die<br />
Gewährleistung drei Prozent der Auftragssumme einbehalten sollen. In der Praxis<br />
haben sich jedoch Einbehalte von zehn Prozent für die Vertragserfüllung bzw.<br />
fünf Prozent für die Gewährleistung eingespielt.<br />
§ 17 Absatz 6 Nummer 1 VOB/B regelt, dass der Einbehalt von der "Zahlung"<br />
vorzunehmen ist. Das heißt: Der Einbehalt ist von dem Betrag zu berechnen, den<br />
der Auftraggeber dem Auftragnehmer schuldet. Ob der Einbehalt nun vom Brutto-<br />
oder vom Nettorechnungsbetrag einbehalten wird, hängt somit entscheidend<br />
davon ab, ob der Auftraggeber die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldet.<br />
Auftraggeber schuldet die Umsatzsteuer nach § 13b UStG<br />
Ist der Auftraggeber nach §13b UStG Schuldner der Umsatzsteuer, weil sein<br />
Subunternehmer Bauleistungen abrechnet oder weil ein im Ausland ansässiges<br />
Unternehmen über in Deutschland steuerpflichtige Werklieferungen oder sonstige<br />
Leistungen abgerechnet hat, ist der Sicherheitseinbehalt stets vom Nettobetrag<br />
zu berechnen. Schließlich schuldet der Auftraggeber dem Subunternehmer<br />
in den Fällen des § 13b UStG ja nur den Nettobetrag.<br />
Beispiel: Die Hoch- und Tiefbau AG erhält von einem Subunternehmer eine<br />
Rechnung über netto 200.000 EUR, für die § 13b UStG gilt. Es wurde für Gewährleistung<br />
eine Sicherheit in Form einer Bankbürgschaft von fünf Prozent vereinbart.<br />
In diesem Fall beträgt der Sicherheitseinbehalt also 10.000 EUR.<br />
Umsatzsteuer/Vorsteuer: Die Hoch- und Tiefbau AG muss in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung<br />
jedoch die volle Umsatzsteuer in Höhe von 32.000 EUR und<br />
Vorsteuer in gleicher Höhe anmelden (200.000 EUR x 16 Prozent). Es liegt keine<br />
Minderung des Entgelts vor.<br />
Subunternehmer schuldet die Umsatzsteuer<br />
Werden Leistungen abgerechnet, für die § 13b UStG nicht zur Anwendung<br />
kommt (zum Beispiel Kranvermietung), wird der Einbehalt aus dem Bruttobetrag<br />
berechnet. In solchen Fällen schuldet der Auftraggeber dem Subunternehmer<br />
nämlich den Bruttobetrag.<br />
Beispiel: Die Hoch- und Tiefbau AG bekommt von einem Unternehmer eine<br />
Rechnung über 50.000 EUR zuzüglich 8.000 EUR Umsatzsteuer, wobei § 13b<br />
UStG nicht greift. Es wurde ein Sicherheitseinbehalt von fünf Prozent vereinbart.<br />
Der Einbehalt beträgt in diesem Fall 2.900 EUR (fünf Prozent von 58.000 EUR).<br />
Umsatzsteuer/Vorsteuer: Da ein Sicherheitseinbehalt keine Minderung des Entgelts<br />
darstellt, schuldet der Rechnungsaussteller die vollen 8.000 EUR Umsatzsteuer<br />
und der Auftraggeber kann die volle Vorsteuer in Höhe von 8.000 EUR<br />
geltend machen.
Seite 7<br />
Wichtig: Ist als Sicherheit für die Vertragserfüllung ein Einbehalt von 10 Prozent<br />
oder für die Gewährleistung von fünf Prozent vereinbart, und wird dieser Einbehalt<br />
in einem 13b-Fall versehentlich vom fiktiven Bruttobetrag vorgenommen,<br />
wird die 10 Prozent- bzw. fünf Prozent-Höchstgrenze überschritten, die die VOB<br />
maximal zulässt. Das kann im Extremfall dazu führen, dass der Werkvertrag unwirksam<br />
wird.<br />
Bemessungsgrundlage für die Bauabzugssteuer<br />
Liegt für einen Nachunternehmer keine gültige Freistellungsbescheinigung vor,<br />
müssen 15 Prozent der Gegenleistung einbehalten und ans Finanzamt abgeführt<br />
werden. Obwohl die Gegenleistung bei Anwendung des § 13b UStG im Nettorechnungsbetrag<br />
besteht, fordert der Gesetzgeber hier den Einbehalt vom Bruttobetrag.<br />
Beispiel: Der Bauherr erhält eine Rechnung für Bauleistungen über netto<br />
100.000 EUR, für die er die Bauabzugssteuer einbehält und abführt. Es liegt ein<br />
Fall des § 13b UStG vor. Zudem ist ein Sicherheitseinbehalt von 10 Prozent vereinbart.<br />
Auf den Sicherheitseinbehalt wird die Bauabzugssteuer erst angewandt, wenn<br />
dieser an den Nachunternehmer ausbezahlt wird.<br />
Vertragsrecht: Ablösung von Sicherheitseinbehalt durch<br />
Bankbürgschaft<br />
Ist vereinbart, dass eine Gewährleistungsbürgschaft durch die Vorlage einer<br />
unbefristeten Bankbürgschaft abgelöst werden kann, muss der Auftraggeber den<br />
Sicherheitseinbehalt an den Unternehmer auszahlen.<br />
Diese Entscheidung traf nun der Bundesgerichtshof (BGH). Unterlasse der Auftraggeber<br />
dies und lasse er auch eine vom Unternehmer gesetzte Nachfrist verstreichen,<br />
den Einbehalt auf ein Sperrkonto einzuzahlen, habe er das Recht auf<br />
jede Sicherheit verloren. Er müsse dann den aus der Schlussrechnung zurückgehaltenen<br />
Betrag auszahlen und auch die Bürgschaft zurückgeben (BGH, VII ZR<br />
11/04).<br />
Bauträgervertrag: Mängelbeseitigung oder Rückabwicklung<br />
des Vertrags?<br />
Bauträger müssen es sich künftig sehr genau überlegen, ob sie sich auf eine<br />
Rückabwicklung des Vertrags einlassen oder reklamierte Mängel beseitigen. Das<br />
gilt vor allem, wenn der Eigentümer schon einige Jahre in der Wohnung wohnt.<br />
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nämlich entschieden, dass sich der Nutzungsvorteil<br />
des Eigentümers nur nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung im<br />
Vergleich zwischen der tatsächlichen Nutzung und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer<br />
von 80 Jahren berechnet. Bemessungsgrundlage für die<br />
Wertminderung durch die Bewohnung ist dabei nicht der Kaufpreis, sondern der<br />
tatsächliche Wert der mangelhaften Immobilie. Folge im konkreten Fall: Der<br />
Eigentümer musste nur einen Nutzungsvorteil von 9.331 EUR zahlen - und nicht<br />
den fiktiven Mietzins, den der Bauträger angesetzt hatte. Der hätte sich auf<br />
47.462 EUR belaufen.<br />
Wichtig: Bei einer Rückabwicklung im Wege des Großen Schadenersatzes muss<br />
der Bauträger dem Eigentümer auch noch die Finanzierungskosten ersetzen. Wer
Seite 8<br />
als Bauträger in eine ähnliche Lage kommt, sollte also eine schnelle Entscheidung<br />
herbeiführen, ob der Mangel beseitigt oder der Vertrag rückabgewickelt<br />
wird. Nach dieser Entscheidung ist die Mangelbeseitigung meist der günstigere<br />
Weg (BGH, VII ZR 325/03).<br />
Gewährleistungsbürgschaft: Nachträgliche Veränderung der<br />
Verpflichtung ist nicht möglich<br />
Der Hauptschuldner kann die Verpflichtung des Bürgen nicht per Rechtsgeschäft<br />
verändern.<br />
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem Fall hin, in dem die<br />
ursprünglich vereinbarte förmliche Abnahme durch eine konkludente Abnahme<br />
ersetzt wurde. Dies stelle nach Ansicht des OLG eine nachträgliche Vereinbarung<br />
dar, die den Bürgen nicht binde. Solle nämlich die Bürgschaft die vertragsgemäße<br />
Gewährleistung für fertig gestellte und abgenommene Arbeiten sicherstellen,<br />
müsse die Haftung des Bürgen von der ursprünglich vereinbarten förmlichen<br />
Abnahme abhängen. Anderenfalls werde dem Bürgen möglicherweise ein<br />
Streit darüber aufgenötigt, ob eine konkludente Abnahme in Kenntnis eines<br />
Mangels erfolgt sei oder nicht (OLG Köln, 17 U 170/03).
Seite 9<br />
Familien- und Erbrecht<br />
Ehefähigkeitszeugnis: Informationen für ausländische Staatsbürger,<br />
die in Deutschland heiraten wollen<br />
Nach geltendem Recht muss ein ausländischer Staatsbürger, der in Deutschland<br />
heiraten will, ein so genanntes Ehefähigkeitszeugnis seines Heimatstaats beibringen.<br />
Hierin wird bestätigt, dass nach dem Recht dieses Staats kein Hindernis<br />
für eine Ehe besteht. Viele Staaten stellen diese Zeugnisse jedoch nicht oder nur<br />
eingeschränkt aus oder die Bescheinigung entspricht nicht den gesetzlichen<br />
Anforderungen. Daher können die Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen,<br />
die je nach Heimatstaat verschieden sind, von der Pflicht zur Vorlage eines<br />
Ehefähigkeitszeugnisses befreit werden. Für diese Entscheidungen sind die Präsidenten<br />
der Oberlandesgerichte zuständig.<br />
Den Befreiungsantrag kann das heiratswillige Paar allerdings nicht selbst stellen.<br />
Er wird vielmehr vom zuständigen Standesbeamten bei der Anmeldung zur Eheschließung<br />
entgegengenommen und dem Oberlandesgericht (OLG) zur Entscheidung<br />
vorgelegt.<br />
Heiratswillige Paare können sich vorab bereits durch die "Kölner Liste online"<br />
über die Voraussetzungen eines erfolgreichen Befreiungsantrags informieren.<br />
Diese Liste gliedert sich in Allgemeine Hinweise zum Verfahren für den Bezirk<br />
des OLG Köln und in ein alphabetisches Länderverzeichnis, in dem von "Ägypten"<br />
bis "Zypern" die je nach Heimatland unterschiedlichen Anforderungen an<br />
eine Befreiung näher dargestellt sind. Die "Kölner Liste online" kann ab sofort<br />
unter www.olg-koeln.nrw.de unmittelbar auf der Startseite ("Aktuelles") sowie<br />
über die Rubrik "Aufgaben" aufgerufen werden.<br />
Geschiedenenunterhalt: Aufstockungsunterhalt muss nicht<br />
sofort bei Scheidung verlangt werden<br />
Aufstockungsunterhalt wird unabhängig vom Zeitpunkt der Geltendmachung<br />
geschuldet, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zur Zeit der Scheidung vorgelegen<br />
haben.<br />
Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Frau hin, deren Ehe 1999<br />
geschieden wurde. Sie verlangte erst ab 2001 nachehelichen Unterhalt. Nach<br />
Ansicht des BGH sei es belanglos, dass die Frau den Unterhalt erst zu diesem<br />
Zeitpunkt geltend gemacht habe, obwohl das Scheidungsurteil schon seit 1999<br />
rechtskräftig sei. Allein ausschlaggebend sei eine Aufstockungslage zum Zeitpunkt<br />
der Ehescheidung (BGH, XII ZR 211/02).<br />
Kindesunterhalt: Kein zusätzlicher Zahlungsanspruch für halbtägigen<br />
Kindergartenbesuch<br />
Die Kosten für den halbtägigen Besuch eines Kindergartens stellen keinen Mehrbedarf<br />
des Kindes dar. Sie sind von den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle<br />
umfasst.<br />
Mit dieser Begründung wies das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg die Klage<br />
eines nichtehelichen Kindes gegen seinen Vater zurück. Die über den bereits<br />
gezahlten Regelbetrag hinausgehende Unterhaltsforderung sei unbegründet.<br />
Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass der halbtägige Besuch
Seite 10<br />
eines Kindergartens heutzutage die Regel sei. Die hierfür entstehenden Kosten<br />
würden daher üblicherweise bei Kindern ab dem 3. Lebensjahr anfallen. Sie seien<br />
daher durch die Sätze der Düsseldorfer Tabelle gedeckt. Mit diesen Pauschalen<br />
seien die durchschnittlichen, über einen längeren Zeitraum anfallenden Lebenshaltungskosten<br />
des Kindes abgedeckt (OLG Nürnberg, 10 UF 395/05).<br />
Erbrecht: Dauer und Ende der Testamentsvollstreckung<br />
Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung sollen Nachlass und Erben<br />
geschützt werden. Häufig geschieht die Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung,<br />
weil die Erben noch minderjährig sind.<br />
Die Dauer einer Testamentsvollstreckung richtet sich vorrangig nach den Anordnungen<br />
des Erblassers. Angeordnet werden kann<br />
• eine feste Laufzeit,<br />
• ein Endtermin,<br />
• eine auflösende Bedingung und<br />
• eine Koppelung an ein Ereignis.<br />
Die Dauer ist auf maximal 30 Jahre begrenzt. Im Zweifel wird die angeordnete<br />
Dauer durch Auslegung ermittelt. Es ist zwischen der Dauer des Testamentsvollstreckeramts<br />
und der Testamentsvollstreckung zu unterscheiden. Endet nur<br />
das Testamentsvollstreckeramt, ist zu prüfen, ob das Nachlassgericht einen<br />
Nachfolgetestamentsvollstrecker ernennen muss, falls ein solcher nicht bereits<br />
durch letztwillige Anordnung bestimmt ist. Bei Erlöschen des Testamentsvollstreckeramts<br />
läuft die Testamentsvollstreckung grundsätzlich weiter, es sei<br />
denn, der erklärte oder durch Auslegung ermittelte Wille des Erblassers geht<br />
dahin, dass damit auch die Testamentsvollstreckung enden soll. Dies ist insbesondere<br />
anzunehmen, wenn sich Ehegatten gegenseitig zu Testamentsvollstreckern<br />
einsetzen.<br />
Gesetzliche Fälle der Beendigung des Testamentsvollstreckeramts sind<br />
• Versterben des Testamentsvollstreckers,<br />
• Unwirksamkeit,<br />
• Kündigung durch den Testamentsvollstrecker und<br />
• Entlassung durch das Nachlassgericht.<br />
Diese Regelungen beziehen sich nicht auf die Vollstreckung selbst, außer der<br />
Erblasser hat insoweit auch die Beendigung der Vollstreckung angeordnet. Erlischt<br />
nur das Amt, muss ein Nachfolger bestimmt werden. Mangels einer Benennung<br />
durch den Erblasser erfolgt dies durch das Nachlassgericht.
Seite 11<br />
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht<br />
(WEG)<br />
Aktuelle Gesetzgebung: Die zehn häufigsten Fragen zum neuen<br />
Energiepass<br />
Der Energiepass für Gebäude trifft Aussagen über die energetische Qualität der<br />
Gebäudeaußenhaut einschließlich Dach, Fenster und Türen, Heizungstechnik<br />
sowie Abgaswärmeverluste. Grundlage ist die EU-<br />
Gesamtgebäudeenergieeffizienz-Richtlinie vom 16.12.02. Diese Richtlinie sollte<br />
bis zum 4.1.06 in nationales Recht umgesetzt werden. Obwohl der Gesetzgebungs-<br />
und Verordnungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, wird in der Praxis<br />
bereits oft nach dem Energiepass gefragt. Die folgenden Ausführungen stellen<br />
daher eine - vorläufige - Information dar.<br />
1. Für wen muss der Energieausweis ausgestellt werden?<br />
Der Pass ist für alle privaten und öffentlichen Gebäude ohne Unterschied auszustellen,<br />
ob sie zu Wohn- oder Gewerbezwecken genutzt werden. Ausnahmen<br />
gelten für selbstgenutzte Einfamilienhäuser, solange sie nicht veräußert werden.<br />
Für Baudenkmäler sind Ausnahmen von der Pflicht zur Erstellung und Vorlage<br />
eines Energieausweises möglich. Gleiches gilt, wenn die energetische Sanierung<br />
zu einer unbilligen Härte für den Eigentümer führen würde.<br />
2. Wer stellt den Energiepass aus?<br />
Der Energiepass kann von Architekten, Bauingenieuren oder sonst bauvorlageberechtigten<br />
Personen, Handwerkern und Schornsteinfegern mit spezieller und<br />
nachgewiesener Zusatzausbildung (Zertifizierung) ausgestellt werden. Augenblicklich<br />
gilt er nur für neu zu errichtende Gebäude. Künftig soll er auch für Bestandsimmobilien<br />
gelten.<br />
Die Deutsche Energieagentur unterhält eine Ausstellerdatenbank zertifizierter<br />
Aussteller im Internet (www.zukunft-haus.info.de; kostenlose Hotline: 0800<br />
736734).<br />
3. Mit welchem Preis muss gerechnet werden?<br />
Die Erstellungskosten werden momentan je nach Verfahren mit 300 bis 1.500<br />
EUR beziffert.<br />
4. Für welchen Zeitraum gilt der Energiepass?<br />
Der Energiepass gilt für zehn Jahre. Danach muss er aktualisiert werden.<br />
5. Nach welchen Vorgaben wird der Energiepass ausgestellt?<br />
Ein spezielles Verfahren zur Berechnung der energetischen Qualität des Gebäudes<br />
ist momentan vom Gesetzgeber noch nicht ausgewählt. In Betracht kommen<br />
sowohl ein bedarfskennwert-orientiertes Verfahren als auch eine Berechnung<br />
auf Verbrauchsgrundlage. Dazu muss die ausführende Verwaltungsvorschrift<br />
(AVV) erst erlassen und die EnEV novelliert werden.<br />
6. Welche Daten und Unterlagen muss der Hauseigentümer beibringen und<br />
wo können sie beschafft werden?<br />
Es sind die Bauunterlagen einzureichen. Sind sie nicht vorhanden, können sie bei<br />
der Bauaufsichtsbehörde beschafft werden. Insbesondere von Interesse sind<br />
neben Grundrisszeichnungen energetische Berechnungen der bauvorlageberechtigten<br />
Person, die gemeinsam mit dem Bauantrag vor Realisierung des er-
Seite 12<br />
stellten Bauvorhabens eingereicht worden sind, vor allem Wärmedämmwerte der<br />
verbauten Scheiben für Fenster, Balkontüren o.a.<br />
Neben technischen Unterlagen zu Heizungs- und Klimaanlagen sind auch Rechnungen<br />
von Bedeutung, aus denen das Kaufdatum sowie Art und Umfang des<br />
verbauten sonstigen Materials zur Installation der Heizung (wie z.B. Leitungsquerschnitte<br />
von Zu- und Abflusssträngen) sowie verwendetes Isolationsmaterial<br />
hervorgehen. Vor allem sollten sich aus den Unterlagen die Berechnung der<br />
Heizlast nach DIN 12831, die Auswahl der Heizungsanlage nach Art, Größe und<br />
Fabrikat sowie die Bestimmung der Anlagenaufwandszahl nach DIN 4107-10 für<br />
mögliche Alternativen ergeben.<br />
7. Wie wirkt sich der Energiepass auf die Werthaltigkeit der Immobilie aus<br />
und wie kann man gegensteuern?<br />
Eine große Gefahr des Energieausweises liegt in einer unmittelbaren Beeinflussung<br />
des Immobilienwerts. Der Energiepass ist beim Verkauf der Immobilie und<br />
bei ihrer Vermietung vorzulegen. Unterlegt man die bisher von der DENA entwickelten<br />
Bewertungskriterien für die energetische Qualität, ist zu befürchten,<br />
dass die Bestandsimmobilien einen sehr schlechten energetischen Qualitätsausweis<br />
im unteren Drittel der gewählten Skala erfahren. Dies schlägt unmittelbar<br />
auf die Höhe des Kaufpreises sowie auf die Höhe der erzielbaren Mieten durch.<br />
Beide werden nach unten tendieren. Dies gilt im Fall der Vermietung vor dem<br />
Hintergrund des bestehenden Mietermarkts mit einem Überangebot von Wohnungen<br />
ohnehin.<br />
Soweit möglich, ist mit den unter 6. genannten Unterlagen sowie mit vorhandenen<br />
Schornsteinfegermessprotokollen (CO²-Emission) und parallelen Messprotokollen<br />
beauftragter Firmen zur Heizungswartung gegebenenfalls unter Zuhilfenahme<br />
einer "möglichst kostengünstigen Lösung" über Verbände, Handwerker,<br />
Bekannte o.a. der energetische Bedarf des eigenen Gebäudes zu prüfen. Diese<br />
Prüfung im Vorfeld des Energiepasses macht unter folgenden Aspekten Sinn:<br />
Ist der Energiepass erst einmal Pflicht, wird es zu einem Auftragsstau im Hinblick<br />
auf die dann gewünschten energetischen Qualitätsverbesserungen kommen.<br />
Einzelne Gewerke sollten im Sommer durchgeführt werden, wie z.B. der Einbau<br />
neuer Heizungen, Fenster oder grundlegender Dämmarbeiten an der Gebäudeaußenhaut<br />
und im Dachbereich.<br />
Insbesondere die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet zinsgünstige Darlehen<br />
zur energetischen Qualitätsverbesserung von Gebäuden an. "Tagesfrische<br />
Konditionen" können unter www.kfw.de im Internet abgerufen werden.<br />
8. Welche Auswirkungen hat der Energiepass im laufenden Mietverhältnis?<br />
Dem Mieter stehen keine Mietminderungsrechte zu, wenn die im Energieausweis<br />
ausgewiesene energetische Qualität des Gebäudes tatsächlich nicht besteht.<br />
Ebenso wenig ergeben sich Schadenersatzansprüche, wenn der Mieter etwa direkt<br />
mit dem Energieversorger höhere Verbräuche abrechnen muss als sie im<br />
Energiepass ausgewiesen sind.<br />
Auch wenn der Energieausweis bei der Neuvermietung vorzulegen ist, wird er<br />
nicht zum Bestandteil des Mietvertrags und damit erst recht nicht zu einer zugesicherten<br />
Eigenschaft. Denn der Vermieter hat keinerlei darauf gerichteten Erklärungswillen,<br />
sondern genügt schlicht seiner öffentlich-rechtlichen Pflicht zur<br />
Vorlage des Energiepasses. Der Energiepass ist auch nicht mit dem Mietvertrag<br />
zu verbinden und wird dadurch nicht Vertragsbestandteil. Er ist nur vorzulegen.<br />
Der Ausweis bleibt im Eigentum des Vermieters.
Seite 13<br />
9. Wie können die Mieter an den Kosten des Energiepasses beteiligt werden?<br />
Wird ein Architekt oder Ingenieur mit der Erstellung des Energiepasses beauftragt,<br />
sind die Herstellungskosten als Baunebenkosten im Rahmen der Mieterhöhung<br />
nach Modernisierung anrechnungsfähig. Denn zu den Baunebenkosten<br />
gehören auch die Kosten für Architekten- und Ingenieurleistungen.<br />
10. Sind Besonderheiten bei Wohnungseigentümergemeinschaften zu beachten?<br />
Bei Eigentümergemeinschaften stellt sich die Frage, ob nicht ein Eigentümer auf<br />
der Grundlage einer ggf. "schwachen" Klassifizierung des Objekts einen gegen<br />
die Gemeinschaft gerichteten Anspruch auf Energieeinsparmaßnahmen erwirbt,<br />
da dann ein technisch-wirtschaftlicher Standard etabliert wird, der zu einer Verpflichtung<br />
der Eigentümer zur Durchführung einer so genannten modernisierenden<br />
Instandsetzung führt. Anspruchsgrundlage könnten §§ 14, 15 WEG sein. Ein<br />
solcher Anspruch ist wahrscheinlich. Obwohl der Energieausweis keine Rechtspflichten<br />
begründen soll und nur der Information dient, wird der Anspruch von<br />
einzelnen Eigentümern gestellt werden, wenn diese zeitnah ihre Wohnung<br />
verkaufen/vermieten wollen, um mit bestmöglich ausgewiesenem energetischen<br />
Standard einen möglichst hohen Preis zu erzielen.<br />
Soweit sich dies im konkreten Falle abzeichnet, sollten die Instandhaltungsrücklagen<br />
frühzeitig aufgestockt werden. Anderenfalls drohen kurzfristige Nachschusspflichten.<br />
Nebenkosten: Gaszentralheizung muss nicht jährlich gereinigt<br />
werden<br />
Betreibt ein Hauseigentümer eine moderne Gaszentralheizung, muss der<br />
Schornstein nicht mehr zwingend jährlich gereinigt werden.<br />
Diese Entscheidung traf nun das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz<br />
im Fall eines Hauseigentümers, der seinen Schornstein nicht mehr alljährlich<br />
vom Schornsteinfeger reinigen lassen wollte. Er habe einen neuen Gasheizkessel<br />
einbauen lassen, der den Brennstoff völlig rückstandsfrei verbrenne. Deshalb sei<br />
eine Kontrolle des Schornsteins ausreichend und eine Reinigung nur bei einer<br />
tatsächlichen Verschmutzung zur Gewährleistung der Betriebssicherheit gerechtfertigt.<br />
Dieser Auffassung ist das OVG nach Anhörung eines Sachverständigen für<br />
Schornstein- und Feuerungstechnik gefolgt. Die vorgesehene jährliche Kehrpflicht<br />
von Schornsteinen sei unnötig und belaste den Grundstückseigentümer<br />
unverhältnismäßig. Zwar diene die Reinigung der Schornsteine der Erhaltung der<br />
Feuersicherheit. Diese könne auch bei modernen Gasfeuerungsanlagen dadurch<br />
beeinträchtigt werden, dass Fremdkörper wie Vogelnester, Tierkörper, Ablagerungen<br />
von Blättern und Ähnliches zu Verengungen oder Verstopfungen des<br />
Leitungsquerschnitts führten. Jedoch würden solche Gefahrensituationen keine<br />
zwingende jährliche Reinigung vorschreiben. Vielmehr würden die öffentlichen<br />
Sicherheitsbelange ausreichend gewahrt, wenn regelmäßig eine Anlagenkontrolle<br />
erfolge, z. B. durch Ausspiegelung. Eine Reinigung des Schornsteins müsse nur<br />
bei Bedarf erfolgen.<br />
Hinweis: Diese Entscheidung hat nicht nur für Hauseigentümer Auswirkungen.<br />
Da es sich bei den Reinigungskosten um umlagefähige Nebenkosten handelt, ist<br />
der Mieter ebenso betroffen. Er sollte bei seinem Hauseigentümer sicherstellen,
Seite 14<br />
dass unnötige Reinigungen vermieden werden (OVG Rheinland-Pfalz, 6 A<br />
10105/05.OVG).<br />
Nachbar: Personen- und Objektschutz muss hingenommen<br />
werden<br />
Wohnt in einem Mehrfamilienhaus auch ein unter Polizeischutz stehender<br />
Staatsanwalt, müssen die Nachbarn die mit den Überwachungsmaßnahmen verbundenen<br />
Beeinträchtigungen auch über lange Zeit hinnehmen.<br />
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz.<br />
Weil gegen den Staatsanwalt Morddrohungen ausgesprochen wurden, wurde das<br />
betreffende Mehrfamilienhaus seit mehreren Jahren ständig überwacht. Unter<br />
anderem fanden regelmäßige Personenkontrollen statt. Die Klägerin ist der Ansicht,<br />
dass ihr der mit der jahrelangen Überwachung verbundene Eingriff in ihre<br />
Grundrechte nicht mehr zuzumuten sei. Die Klage gegen die Überwachungsmaßnahmen<br />
wies bereits das Verwaltungsgericht ab.<br />
Das OVG bestätigte nun diese Entscheidung. Die Lebensgefahr für den Staatsanwalt<br />
bestehe nach wie vor. Die Belastungen der Klägerin durch die Überwachungsmaßnahmen<br />
seien auch verhältnismäßig, da sie zum Schutz des Lebens<br />
anderer unvermeidbar seien. Zwar verkenne das Gericht nicht, dass die Personenkontrollen,<br />
denen die Klägerin und ihre Besucher ausgesetzt seien, sowie die<br />
tägliche Konfrontation mit der Existenz eines kriminellen Milieus als hochgradig<br />
belastend empfunden würden. Dem Staatsanwalt sei ein Wohnungswechsel jedoch<br />
nicht zuzumuten, zumal hierdurch die Problematik lediglich verlagert werde.<br />
Die Wohnung werde von ihm und seiner Ehefrau als gleichsam letzter Raum<br />
ihrer Privatsphäre angesehen. Außerdem komme die Ermittlungstätigkeit des<br />
Staatsanwalts im Bereich der organisierten Kriminalität dem Staat und der Allgemeinheit<br />
zugute, weil sie dem Schutz des Einzelnen vor schweren Straftaten<br />
diene. Sein Beruf habe zu einer erheblich reduzierten privaten Lebensweise geführt<br />
und ein Wohnungswechsel würde die soziale Isolierung weiter verstärken.<br />
Die Einschränkungen für den Staatsanwalt und seine Ehefrau gingen insgesamt<br />
weit über das hinaus, was die Klägerin und die anderen Mitbewohner an Belastungen<br />
hinzunehmen hätten (OVG Rheinland-Pfalz, 12 A 10951/04.OVG).<br />
WEG: Ausbau des Speichers zu Wohnzwecken bedarf der Zustimmung<br />
der anderen Wohnungseigentümer<br />
Der Ausbau eines Speichers zu Wohnzwecken stellt eine bauliche Veränderung<br />
dar, die wegen der damit verbundenen intensiveren Nutzungsmöglichkeit regelmäßig<br />
die übrigen Wohnungseigentümer in ihren Rechten beeinträchtigt und<br />
daher deren Zustimmung bedarf.<br />
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) München. Es wies aber auch<br />
darauf hin, dass es keine Regel ohne Ausnahme gebe. Bestehe nämlich wie im zu<br />
Grunde liegenden Fall die Wohnanlage aus selbstständigen Einfamilienhäusern,<br />
liege kein über das unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil für die anderen<br />
Wohnungseigentümer vor. Die Wohnnutzung des einzelnen Raums im Dachgeschoss<br />
innerhalb der Wohnung lasse keine Belegung des Hauses mit weiteren<br />
Personen erwarten. Entsprechend ergebe sich keine wesentlich intensivere und<br />
damit auch störendere Nutzung. Folge sei, dass die anderen Wohnungseigentümer<br />
keine Beseitigung des Ausbaus verlangen könnten (OLG München, 34 Wx<br />
28/05).
Seite 15<br />
Verbraucherrecht<br />
Haftpflichtversicherung: Reparaturauftrag des Schädigers ohne<br />
Kenntnis des Versicherers<br />
Ein Anerkenntnis des Schädigers kann schon in der Inauftraggabe der Reparatur<br />
einer Sache liegen.<br />
Das musste sich ein Versicherungsnehmer sagen lassen, der bei der Jagd den<br />
Bockdrilling eines Jagdfreunds beschädigt hatte. Nach Meldung des Schadenfalls<br />
bei seiner Jagdhaftpflichtversicherung gab er die Reparatur in Auftrag und bezahlte<br />
die Rechnungssumme. Der Versicherer sagte in Unkenntnis davon zunächst<br />
die Regulierung zu. Später lehnte er aber ab und berief sich auf Leistungsfreiheit<br />
wegen Obliegenheitsverletzung.<br />
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm gab in diesem Fall dem Versicherer Recht.<br />
Dieser sei nach den Allgemeinen Haftpflichtbedingungen nicht berechtigt, ohne<br />
vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch anzuerkennen<br />
oder zu befriedigen. Damit solle verhindert werden, dass sich Versicherungsnehmer<br />
und Dritte auf Kosten des Versicherers arrangieren und dadurch<br />
dem Versicherer die ihm allein zustehende Herrschaft der Fallbearbeitung nehmen.<br />
Gegen diese Obliegenheit habe der Versicherungsnehmer verstoßen.<br />
Schon die Erteilung des Reparaturauftrags stelle ein bedingungswidriges Anerkenntnis<br />
dar, da er sich dadurch vertraglich gegenüber der Reparaturfirma auch<br />
zur Zahlung der Reparaturkosten verpflichte. Zwar sei ausnahmsweise auch eine<br />
Reparatur bzw. die Befriedigung des Geschädigten ohne Zustimmung des Versicherers<br />
möglich, wenn die Verweigerung offenbar unbillig wäre. Erforderlich<br />
seien aber Umstände, die eine unterbleibende oder verzögerte Schadensregulierung<br />
für jeden anständigen Menschen auf den ersten Blick als Verstoß gegen die<br />
guten Sitten erscheinen lassen würde. Die Belastung gesellschaftlicher Beziehungen<br />
rechtfertige ebenso wenig wie die Gefährdung langjähriger Geschäftsbeziehungen<br />
einen Verstoß gegen das Anerkenntnis- und Befriedigungsverbot.<br />
Eine Jagdfreundschaft könne daher nicht als solche Ausnahme gelten (OLG<br />
Hamm, 20 U 231/04).<br />
Unfallversicherung: Vermeidbarer Verbotsirrtum des Versicherungsnehmers<br />
Eine "vorsätzliche Ausführung einer Straftat" liegt auch vor, wenn der Versicherungsnehmer<br />
in einem vermeidbaren Verbotsirrtum handelt.<br />
Das ist das Ergebnis der Klage eines Versicherungsnehmers, der nur einen Führerschein<br />
für Kleinkrafträder hatte. Er verletzte sich bei einer Fahrt mit einem<br />
Motorroller, für den der Führerschein nicht galt. Der Versicherer berief sich auf<br />
den Ausschluss "Ausführung einer vorsätzlichen Straftat". Der Versicherungsnehmer<br />
meinte, es fehle am Vorsatz, weil er von einem ausländischen Fahrzeugverleiher<br />
erfahren habe, mit dem Führerschein dürfe dieser Roller gefahren werden.<br />
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm ließ dies jedoch nicht gelten und wies<br />
seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil ab. Wenn der Versicherungsnehmer<br />
einem mit Rücksicht auf die Unzuverlässigkeit der Auskunft vermeidbarem<br />
Verbotsirrtum unterlegen sei, berühre das nach der hier maßgeblichen strafrechtlichen<br />
Sichtweise den Vorsatz nicht. Dann greife auch der Ausschluss (OLG<br />
Hamm, 20 U 104/05).
Seite 16<br />
Gebrauchtwagen: Sachmangel oder "konstruktionsbedingte<br />
Eigentümlichkeit"?<br />
Wann liegt nur eine "konstruktionsbedingte Eigentümlichkeit" vor, die nicht unter<br />
die Sachmängelhaftung fällt?<br />
Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken befassen.<br />
Es ging im Wesentlichen um die Innenverkleidung eines VW Sharan, Baujahr<br />
1996, den der Kläger im Juli 2002 für 12.000 EUR gekauft hatte. Die Innenverkleidung<br />
wies auffällige "schlitzartige Verformungen" auf. Die Kfz-Händlerin<br />
hielt diese Verformungen für eine "konstruktionsbedingte Eigentümlichkeit" und<br />
nicht für einen Sachmangel. Es handele sich um eine die Verkehrssicherheit nicht<br />
berührende Bagatelle, die dem Käufer bekannt gewesen sei. Dieser Argumentation<br />
schloss sich das OLG nicht an und verurteilte die Händlerin zur Rückzahlung<br />
des Kaufpreises. Auch wenn es sich um einen Konstruktionsfehler handele, müsse<br />
das Autohaus im Rahmen seiner Sachmängelhaftung dafür geradestehen. Der<br />
Käufer habe nicht damit rechnen müssen, ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse<br />
mit derart "optisch unschönen Verformungen" der Innenverkleidung zu<br />
erhalten. Der Mangel sei "erheblich" im Sinne der Vorschriften über den Vertragsrücktritt.<br />
Auch die Optik des Innenraums sei wichtig. Die Verformungen<br />
würden ins Auge springen und ein schlechtes Licht auf den Fahrzeugeigentümer<br />
werfen. Auf die niedrigen Reparaturkosten von knapp 300 EUR konnte die Händlerin<br />
nicht verweisen, weil das Gericht von einem unbehebbaren Mangel ausging.<br />
Auch das Argument "Mangel war bekannt" zog nicht. Der Käufer hatte den Wagen<br />
vor Abschluss des Kaufvertrags nicht besichtigt (OLG Saarbrücken, 1 U<br />
567/04).<br />
Arztrecht: Krankenhausbetreiber schuldet bei nicht rechtzeitiger<br />
Aufklärung Schadenersatz<br />
Wird ein Patient nicht rechtzeitig vor einer Operation über die Risiken aufgeklärt,<br />
muss ihm der Krankenhausbetreiber im Fall eines Schadeneintritts Ersatz<br />
leisten.<br />
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall eines Patienten,<br />
der wegen Schmerzen die Ambulanz eines Krankenhauses aufgesucht<br />
hatte. Am nächsten Tag wurde er in dem Krankenhaus operiert. Die Operation -<br />
es handelte sich um eine Leistenbruchoperation - war mit erheblichen Risiken<br />
verbunden, weil der Patient bereits zweimal voroperiert worden war. Nach der<br />
Operation verwirklichten sich diese Risiken, unter anderem wurde der Patient<br />
impotent.<br />
Das OLG verurteilte den Betreiber des Krankenhauses zum Schadenersatz, weil<br />
er nicht beweisen konnte, dass die Krankenhausärzte den Patienten rechtzeitig<br />
über die Risiken der Operation aufgeklärt hatten. Eine Aufklärung am Tag der<br />
Operation genüge dabei nicht. Erforderlich sei vielmehr eine Aufklärung mindestens<br />
am Vortag. Der Patient müsse so rechtzeitig aufgeklärt werden, dass er<br />
durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden<br />
Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in<br />
angemessener Weise wahren könne. Eine Aufklärung, die erst am Tag der Operation<br />
erfolge, sei - von Notfällen abgesehen - regelmäßig zu spät (OLG Koblenz, 5<br />
U 676/05).
Seite 17<br />
Reiserecht: Vorverlegung eines Flugs um 15 Stunden berechtigt<br />
zum Schadenersatz<br />
Wird ein Flugpassagier zum gebuchten Termin auf Grund einer Vorverlegung des<br />
Flugs um fünfzehn Stunden nicht befördert, muss ihm Schadenersatz geleistet<br />
werden, da eine Vertragsverletzung gegeben ist.<br />
Hierauf wies das Amtsgericht (AG) Frankfurt a.M. hin. Im Urteilsfall ging es um<br />
einen Flug, den die Fluggesellschaft aus Gründen der Auslastung 15 Stunden<br />
vorverlegt hatte. Die Passagiere wurden darüber nicht informiert. Als sie rechtzeitig<br />
zur Abfertigung am Flughafen erschienen, teilte man ihnen mit, das gebuchte<br />
Flugzeug sei seit Stunden abgeflogen. Weitere Unterstützungsleistungen<br />
erfolgten nicht. Alle Passagiere mussten sich bei anderen Fluggesellschaften<br />
einen Ersatzflug besorgen.<br />
Das AG sprach ihnen nun die Kosten des Ersatzflugs als Schadenersatzleistung<br />
zu. Flugpassagiere seien nicht verpflichtet, sich den Flug 48 Stunden vor Abflug<br />
rückbestätigen zu lassen bzw. zu einem verfrühten Zeitpunkt zu fliegen. Die Einbeziehung<br />
von Beförderungsbedingungen müsse bei Vertragsschluss erfolgen.<br />
Eine abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme auf der Homepage des Flugunternehmens<br />
genüge nicht. Die Fluggesellschaft könne sich daher nicht auf ihre<br />
Allgemeinen Beförderungsbedingungen berufen. In den Allgemeinen Beförderungsbedingungen<br />
war die Pflicht festgehalten, sich 48 Stunden vor geplantem<br />
Rückflug bei der Fluggesellschaft zu melden, um den Rückflug rückbestätigen zu<br />
lassen. Eine derartige Verpflichtung zu vereinbaren sei zwar grundsätzlich möglich,<br />
jedoch müsse dies mit dem Flugpassagier bei Abschluss des Beförderungsvertrags<br />
geschehen (AG Frankfurt a.M., 30 C 142/05).
Seite 18<br />
Verkehrsrecht<br />
Unfallschadensregulierung: Geschädigter muss nicht auf<br />
Restwertangebot der Versicherung warten<br />
Ein Geschädigter verstößt in der Regel nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung<br />
des Schadens, wenn er in einem Totalschadensfall sein Unfallfahrzeug zum<br />
Restwertbetrag laut Schadensgutachten veräußert, ohne abzuwarten, ob der<br />
Versicherer nach Empfang des Schadensgutachtens ein höheres Restwertangebot<br />
übermittelt.<br />
Mit dieser Entscheidung stärkt das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf die Stellung<br />
des Unfallgeschädigten. Geschehen war Folgendes: Nach einem Unfall des<br />
Klägers am 10.12.04 rechnete sein Anwalt unter Vorlage eines Gutachtens mit<br />
Schreiben vom 17.12.04 auf Totalschadenbasis ab. Am 20.12.04 verkaufte der<br />
Kläger seinen Wagen für 5.000 EUR (= Restwert lt. Gutachten) an ein Autohaus.<br />
Am 22.12.04 ging bei seinem Anwalt ein Kaufangebot i.H.v. 10.400 EUR ein, obwohl<br />
dieser, wie ausdrücklich mitgeteilt, dafür keine Empfangsvollmacht hatte.<br />
Der Kläger selbst erhielt vom Angebot erst am 29.12.04 Kenntnis. Die Versicherung<br />
legte ihrer Abrechnung den höheren Restwert zugrunde. Die Klage auf den<br />
Differenzbetrag war erfolgreich.<br />
Das OLG hat im Verhalten des Klägers keinen Verstoß gegen die gesetzliche<br />
Schadensminderungspflicht gesehen. Die Entscheidung steht im Einklang mit der<br />
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Hiernach darf das Unfallfahrzeug<br />
sogar schon vor Zuleitung des Schadengutachtens veräußert werden (BGH,<br />
VI ZR 132/04, OLG Düsseldorf, I-1 U 128/05).<br />
"Merkantiler Minderwert": Anspruch kann bei gesuchtem<br />
Fahrzeugtyp ausgeschlossen sein<br />
Selbst bei hohem Reparaturkostenaufwand ist ein merkantiler Minderwert eines<br />
beschädigten und fachgerecht reparierten Kfz nicht anzunehmen, wenn der<br />
Schaden kein eigentlicher Verkehrsunfallschaden war und das betroffene Fahrzeugmodell<br />
sehr gesucht und wertstabil ist.<br />
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. im Fall eines<br />
Pkw-Eigentümers. Beim Besuch einer Waschstraße war sein Wagen beschädigt<br />
worden. Das OLG entschied, dass er neben dem Ersatz des Sachschadens keine<br />
Entschädigung für einen merkantilen Minderwert verlangen könne. Nach den<br />
hier gegebenen Umständen sei der Handelswert des Wagens nicht gemindert.<br />
Der Schaden stelle keinen eigentlichen "Unfallschaden" dar, er betreffe die Fahrzeugstruktur<br />
nicht. Ein Kaufinteressent, der deshalb auf eine Verringerung des<br />
Kaufpreises dringen würde, wäre nicht recht ernst zu nehmen. Darüber hinaus<br />
handele es sich bei dem Wagen um ein sehr gesuchtes, wertstabiles Fahrzeugmodell.<br />
"Fadenscheinige" Versuche, den Preis eines solchen Wagens zu drücken,<br />
seien in diesem Rahmen von vornherein praktisch aussichtslos (OLG Frankfurt<br />
a.M., 24 U 111/05).<br />
Geschwindigkeitsüberschreitung: Einordnung des Sprinters<br />
Für die Einordnung eines Kfz als Lkw oder Pkw ist auf dessen konkrete Bauart,<br />
Ausstattung und Einrichtung abzustellen, weil diese Eigenschaften des Fahrzeugs<br />
für dessen Verwendung, insbesondere die Beladung, von maßgeblicher
Seite 19<br />
Bedeutung sind und damit das Fahrverhalten des Fahrzeugs und dessen Beherrschbarkeit<br />
entscheidend prägen. Der Einordnung in den Zulassungspapieren<br />
kommt keine entscheidende Bedeutung zu.<br />
Diese Feststellung traf nun das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Es machte<br />
deutlich, dass für die Unterscheidung von Pkw und Lkw auf die gesetzliche Legaldefinition<br />
im Personenbeförderungsgesetz zurückgegriffen werden müsse.<br />
Danach sei im vorliegenden Fall bei dem Sprinter der Marke Daimler-Chrysler<br />
von einem Lkw auszugehen, obwohl es sich laut Fahrzeugschein um einen Pkw<br />
mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,6 t handele. Das OLG argumentiert<br />
wie folgt: Das Fahrzeug sei nach seiner konkreten Bauart und Einrichtung nicht<br />
(auch nicht wahlweise) zur Personenbeförderung, sondern zum Gütertransport<br />
bestimmt. Es sei mit einer separaten Ladefläche ausgestattet, die durch eine<br />
dauerhaft installierte und mit Nieten an der Fahrzeugkarosserie befestigten<br />
Wand von der mit einer Sitzbank versehenen Fahrgastzelle abgetrennt gewesen<br />
sei. Der Laderaum sei seitlich mit Holz beplankt gewesen, der Fahrzeugboden<br />
mit Holzplatten ausgelegt, die an der Bodengruppe festgenietet waren. Unerheblich<br />
sei in diesem Zusammenhang, dass das betreffende Fahrzeug eine EG-<br />
Typgenehmigung der Klasse M 1, die sich auf Pkw bezieht, besessen habe und<br />
dementsprechend im Kfz-Schein als Pkw bezeichnet werde (OLG Hamm, 1 Ss<br />
OWi 272/05 und 1 Ss OWi 402/04).<br />
Radfahrer: Haftungsquote bei Zusammenstoß nach Rotlichtverstoß<br />
Wer als erwachsener Radfahrer verbotswidrig auf einem links befindlichen Fußund<br />
Radweg fährt und auch eine für ihn "rot" zeigende Ampel nicht beachtet,<br />
wodurch es zu einer Kollision mit einem anderen Radfahrer kommt, dem allenfalls<br />
ein geringfügiges Zuschnellfahren vorzuwerfen ist, muss den entstandenen<br />
Schaden alleine tragen.<br />
Mit dieser Entscheidung verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Celle eine<br />
Radfahrerin zum vollständigen Ersatz des Schadens des Radfahrers, mit dem sie<br />
zusammengestoßen war. Das OLG wies darauf hin, dass die Radfahrerin unstreitig<br />
verbotswidrig auf dem linksseitigen Fuß- und Radweg gefahren sei. Hätte sie<br />
sich vorschriftsmäßig verhalten und zunächst den rechtsseitigen Radweg benutzt,<br />
um dann die Straße zu überqueren, wäre sie für den entgegenkommenden<br />
Radfahrer frühzeitig erkennbar gewesen. Der Zusammenstoß hätte dann in der<br />
konkreten Art und Weise nicht geschehen können. Die Radfahrerin hätte es<br />
demnach in der Hand gehabt, nur durch ihr verkehrsgerechtes Verhalten den<br />
Unfall zu vermeiden. Wenn sie aber schon verbotswidrig auf dem linksseitigen<br />
Fuß- und Radweg fuhr, hätte sie die links befindliche Autofahrerampel beachten<br />
müssen. Dabei hätte sie in Rechnung stellen müssen, dass von links kommende<br />
Radfahrer "grün" hatten und daher in einem Zug über die Straße fahren würden.<br />
Selbst wenn sie meinte, die Ampel gelte für sie nicht, hätte sie wegen des zu<br />
erwartenden Querverkehrs rechtzeitig anhalten und vom Fahrrad steigen müssen.<br />
Auch dann wäre es nicht zu dem Unfall gekommen. Damit trägt sie letztlich<br />
allein die Schuld. Ein den geschädigten Radfahrer möglicherweise treffender<br />
Schuldvorwurf, dass er unter den gegebenen Umständen relativ schnell mit dem<br />
Fahrrad gefahren ist, tritt daher im Verhältnis zu dem groben Verkehrsverstoß<br />
der Radfahrerin völlig zurück (OLG Celle, 14 U 83/05).
Seite 20<br />
Abschließende Hinweise<br />
Verzugszinsen<br />
Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz<br />
nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1.<br />
Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem<br />
Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.<br />
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 beträgt<br />
1,37 Prozent.<br />
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:<br />
• für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,37 Prozent<br />
• für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag<br />
(§ 497 Abs. 1 BGB): 3,87 Prozent<br />
• für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,37<br />
Prozent<br />
Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen<br />
in der Vergangenheit:<br />
• vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent<br />
• vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent<br />
• vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent<br />
• vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent<br />
• vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent<br />
• vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent<br />
• vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent<br />
• vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent<br />
• vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent<br />
• vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent<br />
• vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent<br />
Steuertermine im Monat Februar 2006<br />
Im Monat Februar 2006 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:<br />
Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer<br />
- mittels Barzahlung und Zahlung per Scheck - bis Freitag, den 10. Februar<br />
2006.<br />
Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer -<br />
mittels Barzahlung und Zahlung per Scheck - bis Freitag, den 10. Februar 2006.
Seite 21<br />
Gewerbesteuerzahler: Zahlung - mittels Barzahlung und Zahlung per Scheck -<br />
bis Mittwoch, den 15. Februar 2006.<br />
Grundsteuerzahler: Zahlung - mittels Barzahlung und Zahlung per Scheck - bis<br />
Mittwoch, den 15. Februar 2005.<br />
Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend nach dem vierteljährigen<br />
Zahlungsgrundsatz gemäß § 28 Abs. 2 GrStG verlangen, dass Beträge bis 15 EUR<br />
auf einmal am Dienstag, den 15. August 2006 und Beträge bis einschließlich 30<br />
EUR je zur Hälfte am Mittwoch, den 15. Februar 2006 und Dienstag, den 15.<br />
August 2006 zu zahlen sind. Im Monat August 2006 können sich durch regionale<br />
Feiertage Abweichungen ergeben. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch jeweils<br />
am 1. Juli in einem Jahresbetrag entrichtet werden.<br />
Bitte beachten Sie: Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am Montag, den 13.<br />
Februar 2006 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am Montag, den 20.<br />
Februar 2006 für die Grund- und Gewerbesteuerzahler. Diese Frist gilt nicht für<br />
Barzahlung und Zahlung per Scheck.<br />
Wichtige Hinweise zu dieser Information<br />
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einer möglichen Haftung unsererseits kommt dadurch nicht zu Stande. Für entstehende<br />
Schäden haften wir, sofern entgegen unserer Auffassung eine Haftung<br />
begründbar sein sollte, nur bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzung<br />
oder Verletzung einer Kardinalpflicht.