JUNI/JULI 2013 · AUSGABE 4/2013 - Ev.-Luth. Kirchgemeinde Riesa
JUNI/JULI 2013 · AUSGABE 4/2013 - Ev.-Luth. Kirchgemeinde Riesa
JUNI/JULI 2013 · AUSGABE 4/2013 - Ev.-Luth. Kirchgemeinde Riesa
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KIRCHENNACHRICHTEN RIESA<br />
Zur Losung des Hamburger Kirchentages<br />
2<br />
Soviel du brauchst!<br />
Die Sonne brannte unerträglich heiß auf unsere<br />
von bunten Turbanen umhüllten Köpfe und Gesichter.<br />
Wir waren froh, als wir nach drei Stunden<br />
endlich mit schmerzenden Hintern vom Rücken<br />
der Kamele steigen konnten. Die Oase war spärlich<br />
bewachsen. Nachdem die Sonne im Sandmeer versunken<br />
war, beeilten wir uns, in der rasch heraufziehenden<br />
Dunkelheit zurück zu den aus Stöcken<br />
und alten Kameldecken zusammengebundenen<br />
Zelten zu kommen. Sie sollten heute unser Nachtquartier<br />
werden. Der Brunnen bestand aus einigen<br />
übereinander in den Wüstensand eingegrabenen<br />
bodenlosen Plastikfässern. Mit einem an einen<br />
Strick gebundenen alten Fit-Kanister schöpften wir<br />
mühsam ein paar Liter trübes Wasser - 5 Liter Wasser<br />
für 11 Leute zum Waschen und Zähne putzen.<br />
Wasser zum Trinken hatten wir uns zum Glück<br />
mitgenommen. Die Begleiter unserer kleinen Kamelkarawane<br />
hatten inzwischen ein Abendbrot gerichtet:<br />
Im Schein einiger Petroleumlampen gab es<br />
Couscous, Gemüse, etwas Hähnchenfleisch –<br />
wahrscheinlich mit dem Wasser aus dem Brunnen<br />
zubereitet. In die mondlose Nacht war inzwischen<br />
eine uns völlig unbekannte Dunkelheit hereingebrochen.<br />
Stundenlang genossen wir den Blick in<br />
einen überwältigenden Himmel mit Millionen von<br />
Sternen, wie wir ihn vorher noch nie gesehen hatten.<br />
Die Eindrücke des Tages und die unendliche,<br />
ungewohnte Stille erschwerten das Einschlafen.<br />
Am „strengen“ Geruch erkannten wir die Satteldecken<br />
der Kamele vom Nachmittag wieder, die<br />
uns nun in den löchrigen Zelten vor der heraufziehenden<br />
Kühle der Nacht schützen sollten. Wir hatten,<br />
soviel wir brauchten. Müssen wir Menschen in<br />
der Wüste unterwegs sein, um zu erkennen, was<br />
wir wirklich brauchen? Das Volk Israel musste 40<br />
Jahre lang bei der täglichen Versorgung mit Manna<br />
und Wachteln verinnerlichen, wie viel sie brauchen:<br />
Sie sammelten, die einen viel, die anderen<br />
wenig. Als sie mit dem Krug maßen, hatten die, die<br />
viel gesammelt hatten, nichts übrig und die, die<br />
wenig gesammelt hatten, keinen Mangel. Alle hatten<br />
gesammelt, soviel sie brauchten.<br />
(2. Mose 16, 17-18).<br />
Sicher war diese vierzig Jahre lang währende tägliche<br />
Erfahrung des Volkes Israels damals tiefgreifender<br />
als unsere Wüstenerfahrung eines Tages. Aber<br />
sie war auch nicht nachhaltig genug, um menschliches<br />
Handeln dauerhaft und für alle nachfolgenden<br />
Generationen zu bestimmen. „Soviel du brauchst“<br />
ist das Maß zwischen Mangel und Überfluss. Dieses<br />
zu finden ist eine Herausforderung aller Zeiten. Der<br />
Kirchentag Anfang Mai in Hamburg hat sich dieser<br />
Herausforderung für unsere Zeit heute gestellt: 10%<br />
der Weltbevölkerung brauchen 90% der Energie und<br />
der Rohstoffe dieser Erde, während sich die anderen<br />
90% der Menschheit in die restlichen 10% der Ressourcen<br />
teilen.<br />
Die Hälfte der Nahrungsmittel in Deutschland – 40<br />
Millionen Tonnen, das sind 500 kg pro Person im<br />
Jahr – landen im Abfall. Brauchen wir das? Wie lange<br />
kann das gut gehen? Wenn jeder soviel nimmt,<br />
wie er braucht, reicht es für alle. Das hat Gott seit<br />
Manna und Wachteln in der Wüste so eingerichtet.<br />
Das gilt auch heute noch. Da müssen wir, was die<br />
Teilnehmer des Kirchentags in Hamburg angedacht<br />
haben, weiterdenken und tun. Das ist es was wir<br />
weltweit und in <strong>Riesa</strong> am dringendsten brauchen:<br />
Wenn du soviel nimmst, wie du brauchst, haben die<br />
anderen auch, soviel sie brauchen.<br />
Das meint<br />
Euer Pfarrer Gunter Odrich