Stellungnahme - Kita-Portal MV
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Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur<br />
Mecklenburg- Vorpommern<br />
Herr Jeremies<br />
19048 Schwerin<br />
10.12.2010<br />
<strong>Stellungnahme</strong> der LIGA der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege zum<br />
Entwurf einer Verordnung über die inhaltliche Ausgestaltung und Durchführung<br />
der frühkindlichen Bildung (VO FrühBi M-V)<br />
Sehr geehrter Herr Jeremies,<br />
die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege bedanken sich für die Möglichkeit,<br />
zum o.g. Verordnungsentwurf Stellung nehmen zu können. Die Spitzenverbände bemühen<br />
sich üblicherweise um einen grundlegenden Konsens und geben deshalb nachfolgend<br />
eine gemeinsame <strong>Stellungnahme</strong> ab.<br />
Wir äußern uns nur zum Bereich der Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen,<br />
da bei den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege und ihren Mitgliedsorganisationen<br />
keine Kindertagespflege angeboten wird.<br />
Der vorgelegte Verordnungsentwurf soll wesentliche pädagogische Schwerpunkte der<br />
inhaltlichen Ausgestaltung und Durchführung der frühkindlichen Bildung entsprechend<br />
der Bildungskonzeption für 0 bis 10- jährige Kinder in M-V regeln sowie die Verteilung<br />
der zur Verfügung stehenden Mittel 1 .<br />
Hier entstehen aus unserer Sicht Inkongruenzen<br />
− da sich einerseits diese VO auf die Bildungskonzeption bezieht, die noch nicht<br />
fertig gestellt ist und deshalb bisher nur in Teilen in Kraft gesetzt wurde. Gerade<br />
zu den wesentlichen pädagogischen Grundlagen, die die Förderung von Kindern<br />
betreffen, gibt es z.B. noch keine abgestimmte theoretische Grundlage. 2<br />
1 Schreiben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg- Vorpommern vom 11.Nov.2010 zur<br />
Verbandsanhörung zum Entwurf VOFrühBi M-V<br />
2 Kurzprotokoll der 92. Sitzung des Bildungsausschusses des Landtages M-V am 9.9.2010 zur öffentlichen Anhörung<br />
zur Bildungskonzeption für 0- 10- jährige Kinder in M-V. Prof. Dr. Fthenakis: „Das (theoretische) Fundament,<br />
soweit es in diesem Entwurf als solches bezeichnet werden könne, sei nicht kongruent. Es würden sich widersprüchliche<br />
Positionen theoretischer Art finden. Ein solches Fundament könne keine Orientierung bieten.<br />
Von daher empfehle er, sich mit dieser Thematik am gründlichsten auseinander zu setzen“<br />
Geschäftsstelle:<br />
August-Bebel-Str. 3<br />
19055 Schwerin<br />
Tel:<br />
Fax:<br />
0385 / 590 98 - 0<br />
0385 / 590 98 - 30<br />
Sparkasse Mecklenburg-Schwerin<br />
BLZ 140 520 00<br />
Kto.-Nr.: 390 065 390<br />
Internet: www.liga-mv.de<br />
E-Mail: info@liga-mv.de<br />
Amtsgericht Schwerin<br />
VR503
- 2 -<br />
Fraglich ist deshalb, auf welcher theoretischen Basis dieser VO- Entwurf die<br />
Ausgestaltung und Durchführung der frühkindlichen Bildung regelt?<br />
− da über die VO des Sozialministeriums zur individuellen Förderung (nach § 1<br />
Abs. 5 KiföG) und der gezielten individuellen Förderung (nach § 1 Abs. 6 KiföG)<br />
sowie deren Finanzierung (nach § 18 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 2 des KiföG)- Entwurf<br />
BeDoVO vom 07.10.2010- ebenfalls wesentliche Schwerpunkte der inhaltlichen<br />
Ausgestaltung der frühkindlichen Förderung geregelt sind (individuelle<br />
Förderung und gezielte individuelle Förderung von Kindern). Aus unserer Sicht<br />
entsteht hier eine Unübersichtlichkeit zwischen den Verordnungen (welche VO<br />
regelt was konkret?) und unterschiedlichen Zuständigkeiten (BM und SM) die einen<br />
permanenten Klärungsbedarf gegenüber der Praxis nach sich zieht.<br />
§ 1 Abs. 2 des VO- Entwurfes benennt Ziele für die pädagogische Arbeit der Fachkräfte,<br />
die so nicht in der bisherigen Bildungskonzeption formuliert sind. Die noch nicht<br />
fertig gestellte Bildungskonzeption führt in diesem Zusammenhang wieder zu dem Dilemma,<br />
dass die Kontinuität zwischen Bildungskonzeption und den Verordnungen nicht<br />
herzustellen ist.<br />
Zu § 1 Abs. 3<br />
Im höherrangigen SGB VIII ist in § 22a Abs. 1 schon die Verpflichtung geregelt, pädagogische<br />
Konzeptionen zu entwickeln und einzusetzen. Adressat dieser Verpflichtung<br />
sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Diese VO überträgt diese Aufgabe<br />
nun an alle Kindertageseinrichtungen und Tagespflegepersonen, was rechtssystematisch<br />
richtig ist. Über Satz 2 ist geregelt, dass diese einrichtungsspezifischen Konzeptionen<br />
den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe vorgelegt werden sollen.<br />
Wir empfehlen hier eine Konkretisierung zum maximalen zeitlichen Abstand der Vorlage.<br />
§ 1 Abs. 4 nimmt Bezug auf Qualitätskriterien, die in der Bildungskonzeption aufgeführt<br />
sind. Wie vorher schon ausgeführt, liegt diese Bildungskonzeption aber noch nicht abschließend<br />
vor. Hierin sind auch bisher keine Qualitätskriterien vorgegeben.<br />
In § 1 Abs. 4 Punkt 1. wird ein neuer Schwerpunkt für die individuelle Förderung von<br />
Kindern benannt: die sprachliche Förderung. Dieser Schwerpunkt findet sich aber weder<br />
im KiföG noch im Entwurf zur BeDoVO- Verordnung. Er ist bisher auch nicht in der<br />
Bildungskonzeption als separater Schwerpunkt angelegt.<br />
Nach unserer Auffassung haben alle Bildungs- und Erziehungsbereiche für die Entwicklung<br />
von Kindern einen gleich hohen Stellenwert und sind deshalb von gleichrangiger<br />
Bedeutung. Näheres hierzu auch nachfolgend unter § 3.<br />
In § 1 Abs. 4 Punkt 2 sollen die einrichtungsspezifischen Konzeptionen Aussagen zur<br />
Anwendung landesweit verbindlicher Verfahren zur Beobachtung und Dokumentation<br />
enthalten. Diese landesweit verbindlichen Verfahren können unseres Erachtens<br />
laut § 1 Abs. 5 KiföG aber nur auf den Kindergarten- Zeitraum bezogen werden. Zudem<br />
kann deren Anwendung nur freiwillig sein. Laut BeDoVO- Entwurf und KiföG muss das<br />
bisher vorgeschriebene DESK 3-6- Verfahren nur angewendet werden, wenn ein Träger<br />
zusätzliche Landesmittel für die gezielte individuelle Förderung von Kindern in Anspruch<br />
nehmen will und kann (wenn es die Voraussetzung überdurchschnittlicher Elternbeitragsübernahmen<br />
erfüllt). Entsprechend § 1 Abs. 5 KiföG kann für die alltagsintegrierte<br />
Beobachtung und Dokumentation gar kein landesweit verbindlich festgelegtes Verfahren
- 3 -<br />
vorgeschrieben werden. Auch die BeDoVO muss hier eine entsprechende Öffnung ermöglichen.<br />
Insofern bedarf es aus unserer Sicht in dieser VO einer Konkretisierung hinsichtlich der<br />
Anwendung von verbindlichen Verfahren zur Beobachtung und Dokumentation.<br />
Mit den Aussagen in § 2 des Entwurfes FrühBi M-V stimmen wir grundlegend überein.<br />
Das entwicklungsangemessene Eingehen auf den Bewegungsdrang und die Wissbegierde<br />
der Kinder folgt einem fachlichen Focus, der die individuellen Entwicklungsprozesse<br />
des einzelnen Kindes wertschätzt und sie zum Ausgangspunkt des pädagogischen<br />
Handelns macht.<br />
§ 3 Abs. 1 des Entwurfes des Sozialministeriums zur BeDoVO (vom 7.10.2010) schreibt<br />
hingegen der individuellen Förderung von Kindern die Aufgabe zu, Abweichungen in der<br />
kindlichen Entwicklung auszugleichen und geht damit davon aus, dass die kindliche<br />
Entwicklung an normativen Entwicklungsständen zu bemessen wäre. Diese Sicht hat<br />
die LIGA im Rahmen der Anhörung zum Entwurf der BeDoVO kritisiert.<br />
Den beiden Verordnungsentwürfen (FrühBi M-V und BeDoVO) liegen aus unserer Sicht<br />
unterschiedliche Aussagen zum pädagogischen Verständnis zugrunde. Diese Inkongruenz<br />
findet sich (wie vorher schon erläutert) auch in der teilweise in Kraft gesetzten<br />
Bildungskonzeption wieder (siehe Fußnote 2 auf S. 1).<br />
§ 3 weist dem Förderschwerpunkt Sprache einen besonderen Stellenwert zu. Der<br />
Schwerpunkt bei der sprachlichen Förderung findet sich nicht im KiföG und bisher auch<br />
nicht in der bisherigen Bildungskonzeption, obwohl dies in Satz 3 dieses VO- Entwurfes<br />
bezogen auf die Bildungskonzeption ausgewiesen wird. Warum diese fachliche<br />
Schwerpunktsetzung für Mecklenburg- Vorpommern erfolgt, wird auch im Rahmen dieses<br />
Verordnungsentwurfes nicht begründet.<br />
Analysiert man die Problemlagen von Kindern in Mecklenburg- Vorpommern beim<br />
Übergang von den Kindertageseinrichtungen in die Grundschulen (Einschulungsuntersuchungen)<br />
so ist diese alleinige Schwerpunktsetzung auch nicht nachvollziehbar. Die<br />
motorische, soziale und emotionale Förderung von Kindern ist aus unserer Sicht gleichermaßen<br />
wichtig.<br />
Zudem wird hier wiederum eine kindbezogene, defizitorientierte Sicht aufgemacht, die<br />
nicht unserem fachlichen Verständnis entspricht. Probleme, die auch aus unzureichenden<br />
Rahmenbedingungen resultieren können, werden alleine als Probleme der Kinder<br />
ausgewiesen.<br />
Die Größenordnung der Entwicklungsauffälligkeiten bei Kindern in allen Bereichen der<br />
kindlichen Entwicklung ist in unserem Bundesland jedoch so gravierend, dass man nicht<br />
von Einzel-, sondern von strukturell angelegten Problemen ausgehen muss. Sprache<br />
entwickelt sich über das Sprechen. Daraus ergibt sich, dass pädagogische Fachkräfte<br />
zunächst einmal ausreichend Zeit haben müssen, um jedem einzelnen Kind ausreichend<br />
zuhören und mit ihm sprechen zu können. Wenn festgestellt werden muss, dass<br />
durch die immer noch unzureichenden Fachkraft- Kind- Relationen in allen Altersbereichen<br />
der Kindertagesbetreuung nicht genügend Zeit für das grundlegende Miteinander-<br />
Sprechen eingeräumt werden kann, so sollte man nicht auf korrigierende Sprachförderprogramme<br />
abstellen, sondern dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen so gestaltet<br />
werden, dass sie den grundlegenden Entwicklungserfordernissen der Kinder entsprechen.<br />
§ 4 Absatz 1- 6 führen näher zu den Formen der Zusammenarbeit aus. Die in Absatz 1<br />
benannte kindorientierte Zusammenarbeit aller Fachkräfte in einer Einrichtung gehört zu<br />
den selbstverständlichen Grundlagen der Arbeit in Kindertageseinrichtungen.
- 4 -<br />
Die in § 4 Absatz 2 ausgewiesene Zusammenarbeit jeder Kindertageseinrichtung mit<br />
mindestens einer Grundschule ist grundlegend sinnvoll, das gilt ebenfalls für die beschriebenen<br />
Inhalte der Kooperation. Es ist nur fraglich, ob die personellen Ressourcen<br />
der <strong>Kita</strong>s (und der Grundschulen) dies auch ermöglichen werden. Es gibt erste Hinweise<br />
aus derzeit laufenden Verhandlungen zu Leistungs- und Entgeltvereinbarungen nach<br />
dem neuen KiföG, dass die Personalschlüssel so eng vereinbart werden sollen, dass zu<br />
befürchten ist, dass die Fachkraft- Kind- Relationen nicht eingehalten werden können<br />
oder Abstriche bei der mittelbaren Arbeitszeit zugelassen werden müssen.<br />
Wir verweisen auf ungeklärte datenschutzrechtliche Aspekte in § 4 Absatz 2 Nr. 5<br />
und 6. Wenn hier bei der „Dokumentation“ die kindbezogene Dokumentation der <strong>Kita</strong>-<br />
Fachkraft (Portfolio oder Buch der Fachkraft) bzw. die eigene Dokumentation des Kindes<br />
(Portfolio oder Buch des Kindes) gemeint ist, dann muss dahingehend Verfahrensklarheit<br />
bestehen, dass der Schutz sensibler personenbezogener Daten der Kinder auch<br />
in der Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der Grundschulen gewährleistet ist. Diese<br />
Verfahrensklarheit ist hier nicht erkennbar.<br />
Sollen hingegen in dieser Zusammenarbeit allgemeine, nicht kindbezogene Entwicklungsaufgaben<br />
des Kindes beschrieben und dokumentiert werden, so halten wir dieses<br />
für fachlich kritikwürdig, da Kinder keine normativen Entwicklungsaufgaben erfüllen<br />
müssen.<br />
Es wird also deutlich, dass die Formulierungen in § 4 Absatz 2 Nr. 5 unterschiedlich<br />
deutbar sind. Hier bedarf es aus unserer Sicht einer Klarstellung bzw. der Berücksichtigung<br />
des Schutzes personenbezogener Daten. Wir empfehlen an dieser Stelle zudem,<br />
die Verwendung des Begriffes „angehendes Schulkind“ zu überprüfen. Dieser Begriff<br />
impliziert eine Sicht auf das Kind, die von einer zu erreichenden Schulfähigkeit ausgeht<br />
und legt nahe, dass diese Schulfähigkeit von der Grundschule definiert wird. Darauf<br />
würde logischerweise ein Training der Schulfähigkeit in den <strong>Kita</strong>s folgen. Punkt 6 dieses<br />
Absatzes bestätigt dann auch unsere Befürchtungen, indem von geeigneten „Maßnahmen“<br />
gesprochen wird.<br />
Kinder werden in <strong>Kita</strong>s hingegen in Freude auf sich Selbst und auf das Leben<br />
vorbereitet. Sie haben ein Recht auf ihre Einzigartigkeit und individuelle Entwicklungswege.<br />
Maßnahmen in Form von individuellen Interventionsprogrammen beinhalten die<br />
Gefahr, dass Kinder in ihrem Entwicklungsdrang ausgebremst werden, weil sie sich beschämt<br />
und entmutigt fühlen.<br />
Entsprechend § 4 Absatz 3 sollten die Tagespflegepersonen möglichst mit einer Kindertageseinrichtung<br />
kooperieren. Unserer Auffassung nach sollte diese Zusammenarbeit<br />
nicht nur möglichst, sondern verbindlich zustande kommen, um Effekte für die pädagogische<br />
Praxis in beiden Betreuungsbereichen zu erreichen.<br />
Diesbezüglich schlagen wir folgende Formulierung vor: „Tagespflegepersonen sollen mit<br />
einer Kindertageseinrichtung kooperieren“.<br />
Die durch § 4 Absatz 4 verbindlich vorgegebene Nutzung von Angeboten und<br />
Diensten außerhalb der Kindertageseinrichtungen wird von uns sehr begrüßt. Solche<br />
Angebote sind demnach keine zusätzlichen Angebote der <strong>Kita</strong>s mehr, sie sind (wie<br />
in vielen Einrichtungen schon immer oder mindestens seit vielen Jahren gehandhabt)<br />
Bestandteil der Leistungsangebote und demnach entgeltrelevant.<br />
Die entsprechend Satz 2 dieses Absatzes beschriebene Nutzung dieser Angebote<br />
„nach Möglichkeit“ würde aus unserer Sicht auch einen finanziellen Vorbehalt einschließen.<br />
Um den Kindern die Möglichkeit zu geben, diese wertvollen Erfahrungsräume
- 5 -<br />
zu erschließen, empfehlen wir folgende Konkretisierung: „Dazu sind vorhandene Angebote<br />
wie z.B. . zu nutzen, sofern sie vorhanden bzw. erreichbar sind“.<br />
§ 4 Absatz 5 sieht die umfassende Förderung aller Kinder durch eine enge Zusammenarbeit<br />
mit dem schulpsychologischen Dienst, den Erziehungsberatungsstellen,<br />
sowie den Jugend-, Sozial- und Gesundheitsämtern vor. Die hier aufgezeigte<br />
Reihenfolge erschließt sich für uns im Hinblick auf die jetzt schon praktizierte Zusammenarbeit<br />
der Kindertageseinrichtungen nicht. Hier wird zuvorderst mit den Jugend-,<br />
Sozial- und Gesundheitsämtern zusammen gearbeitet, an zweiter Stelle mit den Erziehungsberatungsstellen.<br />
Mit dem schulpsychologischen Dienst gibt es erfahrungsgemäß<br />
eher weniger Kontakt. Es gibt hingegen gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit<br />
Ehe-, Lebens- und Familienberatungsstellen sowie mit Frühförderstellen. Deswegen<br />
empfehlen wir, diese in den Katalog der Kooperationseinrichtungen bzw. -dienste aufzunehmen.<br />
Wie schon zu § 4 Absatz 2 Nr. 5 ausgeführt, muss auch an dieser Stelle für die Kooperation<br />
mit externen Diensten gewährleistet sein, dass das Recht auf informationelle<br />
Selbstbestimmung (Datenschutz) eingehalten wird. Durch entsprechende Verfahrensklarheit<br />
ist zu sichern, dass personenbezogene Daten nur mit Einwilligung der Personensorgberechtigten<br />
oder aufgrund einer konkreten gesetzlichen Grundlage weitergegeben<br />
werden. Ansonsten ist eine vorherige Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung<br />
der Daten erforderlich.<br />
Die fachlichen Intentionen zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Personensorgeberechtigten<br />
in § 4 Absatz 6 teilen wir. Satz 3 impliziert jedoch ein top- down- Verfahren<br />
(Fachkräfte beraten die Personensorgeberechtigten), woraus eine partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit eher nicht erwächst. Im in Kraft gesetzten Teil der Bildungskonzeption<br />
„Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern“ findet sich das<br />
so nicht wieder. Hier wird von einem gegenseitigen Austausch von Erfahrungen und<br />
wechselseitiger Unterstützung in der Bildungs- und Erziehungsarbeit ausgegangen. Dabei<br />
werden unterschiedliche Sichtweisen respektiert und daraus gemeinsam ein Konsens<br />
erarbeitet. Wir empfehlen hier eine entsprechende redaktionelle Korrektur.<br />
§ 5 Absatz 1 Satz 2 legt eine gemeinsame Verantwortung von Kindertageseinrichtungen<br />
und Grundschulen für die Sicherstellung der Anschlussfähigkeit von Bildungszielen<br />
und - inhalten fest.<br />
Die Anschlussfähigkeit der Bildungsziele und Bildungsinhalte wird aber jeweils durch die<br />
Bildungskonzeption für 0 bis 10- jährige Kinder und das Schulgesetz gesichert. Demnach<br />
erschließt sich aus der Formulierung des Satzes 2 dieses Absatzes nicht, wie<br />
durch eine Vor- Ort- Kooperation ein theoretisches Fundament gesichert werden soll?<br />
Eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen sollte sich aus unserer<br />
Sicht fachlich vorrangig an den Bedarfen der Kinder ausrichten.<br />
In § 5 Absatz 3 bleibt unklar, welcher Nachweis hier von <strong>Kita</strong>- Trägern gegenüber den<br />
örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe erbracht werden soll?<br />
Die Sicherung von gemeinsamen Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen von<br />
<strong>Kita</strong>- Fachkräften und Lehrkräften der Grundsschulen kann nur Aufgabe der örtlichen<br />
Träger der öffentlichen Jugendhilfe bzw. des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe<br />
(§ 85 Abs. 2 Nr. 8 SGB VIII) sein.<br />
<strong>Kita</strong>- Träger haben keine Personalhoheit über die Lehrkräfte an Grundschulen. Insofern<br />
können sie nicht für die Fort- und Weiterbildung der Lehrer in die Pflicht genommen
- 6 -<br />
werden. Weiterhin wären für diese Fort- und Weiterbildung dann auch entsprechende<br />
finanzielle Mittel bereit zu stellen.<br />
Der Bezug auf § 1 Absatz 4 Sätze 3 und 4 des KiföG bringt hier ebenfalls keine Klärung.<br />
Hier wird davon gesprochen, dass die <strong>Kita</strong>- Fachkräfte und die Lehrkräfte an Grundschulen<br />
nach Möglichkeit an gemeinsamen Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen<br />
teilnehmen sollen.<br />
Falls mit diesem Abschnitt gemeint sein soll, dass die Teilnahme an solchen Veranstaltungen<br />
nachgewiesen werden soll, muss das in der vorgelegten VO auch so formuliert<br />
werden. Unklar bleibt dann trotzdem noch, wie die verbindliche Nachweispflicht (über<br />
die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen oder das Angebot solcher Veranstaltungen?)<br />
nach dem vorgelegten VO- Entwurf mit dem KiföG zusammen passt, der auf eine<br />
Teilnahme an gemeinsamen Fort- und Weiterbildungen nach Möglichkeit abstellt?<br />
Aus einem verbindlichen Nachweis müsste bei Verletzung dieser Auflage ja eine entsprechende<br />
Konsequenz folgen.<br />
Zur Finanzierung<br />
Festzustellen ist zunächst, dass ein Teil der finanziellen Mittel nach dieser Verordnung<br />
umgewidmet wird (außer Mittel für die Finanzierung der Fach- und Praxisberatung und<br />
für die Finanzierung von Modellprojekten). Nach dem KiföG 2004 standen aus diesen<br />
ehemaligen „Vorschulmitteln“, die dann später zu finanziellen Mitteln beim Bildungsministerium<br />
wurden, bis 2010 noch Mittel für die Finanzierung von methodisch- didaktischem<br />
Material und für die Finanzierung von pädagogischen Projekten für Kinder im<br />
Jahr vor der Schule zur Verfügung. Diese Mittel werden durch diesen Verordnungsentwurf<br />
jetzt der pädagogischen Praxis entzogen. Es wird nicht bestritten, dass es<br />
notwendig ist, die Aufgaben nach diesem Verordnungsentwurf zu erfüllen. Ihre Finanzierung<br />
aus Mitteln, die vorher den Kindern direkt zugute kamen, wird aber die Bedingungen<br />
vor Ort verschlechtern. Die Finanzierung des Overheads kann aus unserer Sicht<br />
nicht so wichtig sein wie die Finanzierung der praktischen Arbeit vor Ort.<br />
In § 6 und § 7 wird nun deutlich, wie hoch die finanziellen Mittel des Bildungsministeriums<br />
ausfallen, die den Aufgaben nach diesem VO- Entwurf zugrunde liegen, das sind:<br />
− 2,2 Mio. Euro für die Finanzierung der Fach- und Praxisberatung<br />
− 1,3 Mio. Euro für die Umsetzung der Bildungskonzeption, darunter:<br />
o 0,8 Mio. Euro für die Einführung und Weiterentwicklung der Bildungskonzeption<br />
o 0,3 Mio. Euro für die Durchführung von Modellprojekten<br />
o 0,2 Mio. Euro zur anteiligen Finanzierung der Qualitätsentwicklung und –<br />
sicherung nach § 10a Abs. 2 (wissenschaftliche Evaluation) i.V.m. § 1<br />
Abs. 5 und 6.<br />
§ 8 regelt nun aber leider nicht die konkrete anteilige Verteilung der finanziellen Mittel<br />
für die Fach- und Praxisberatung in den 3 verschiedenen Ausgabenpositionen. Das<br />
könnte das etablierte System der Fach- und Praxisberatung nachhaltig gefährden, weil<br />
z.B. nicht klar ist, mit welchen Finanzierungsanteilen hier die neue Ausgabenposition Nr.<br />
3. (Finanzierung der gemeinsamen Fortbildung von <strong>Kita</strong>- Fachkräften und Lehrkräften in<br />
Schulen durch Regionalkoordinatoren) enthalten ist. Unseres Erachtens sind diese<br />
Regionalkoordinatoren bei den staatlichen Schulämtern und damit beim Bildungsministerium<br />
angesiedelt. Die restlichen Mittel für die Fach- und Praxisberatung müssten jedoch<br />
an die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe weiter gereicht werden.
- 7 -<br />
Wir bitten also um eine entsprechende Klarstellung zur Höhe der einzelnen Ausgabenpositionen<br />
in § 8 Nr. 1 und 2 sowie Nr. 3- Regionalkoordinatoren- und um Informationen,<br />
wo die Aufgabe der Regionalkoordination angesiedelt sein soll.<br />
Aus § 9 Satz 1 Nr. 1 leiten wir ab, dass bei der Finanzierung der gemeinsamen Fortbildungen<br />
von <strong>Kita</strong>- Fachkräften und Lehrkräfte an Grundschulen für die Lehrkräfte keine<br />
finanziellen Mittel aus dieser VO entfallen, sondern dass diese anderweitig zur Verfügung<br />
gestellt werden.<br />
In § 10 Absatz 2 wird die Systematik der Zuweisung der finanziellen Mittel für die<br />
Fach- und Praxisberatung so verändert, dass die finanziellen Mittel nicht mehr nach<br />
der Anzahl der belegten Plätze verteilt werden, sondern nach in Vollzeitäquivalenten<br />
umgerechneten Plätzen. Das geschieht zwar adäquat zur Veränderung der Bezugsgröße<br />
ab 2012 für die Ausreichung der finanziellen Landesmittel nach dem KiföG. Diese<br />
Veränderung wird aber zu einer Verschlechterung der finanziellen Ausstattung in der<br />
Fach- und Praxisberatung in Regionen führen, in denen ein größerer Anteil der Kinder<br />
Teilzeit und Halbtags betreut wird 3 . Diese Systematik kann nicht nachvollzogen werden,<br />
weil die Fach- und Praxisberatung sich an die Fachkräfte richtet und nicht davon abgeleitet<br />
werden kann, wie lange Kinder in der Einrichtung sind. Die Änderungsnotwendigkeit<br />
der Systematik ab 2012 ist ebenfalls nicht plausibel. Unnötigerweise wird hier eine<br />
Verschiebung der finanziellen Ausstattung der Fach- und Praxisberatung organisiert.<br />
Die LIGA empfiehlt dringend, auch ab 2012 die Bezugsgröße für die Finanzierung<br />
der Fach- und Praxisberatung wie bis 2011 zu belassen, sie also nach der Anzahl<br />
der belegten Plätze auszurichten.<br />
§ 11 Absatz 1 sieht die umgehende Weiterleitung der Finanzmittel durch die örtlichen<br />
Träger an die Träger der Kindertageseinrichtung vor. Wir begrüßen diese umgehende<br />
Weiterleitung, möchten aber darauf hinweisen, dass hier eine konkrete Darstellung und<br />
Einheitlichkeit des Verfahrens angezeigt ist, um den Trägern der Kindertageseinrichtungen<br />
die Weiterleitung transparent aufzuzeigen und eine gleichmäßige Verteilungssystematik<br />
zu gewährleisten.<br />
Burghardt Siperko<br />
Vorsitzender<br />
3 Diese schlechtere Finanzausstattung hat die LIGA schon im Rahmen ihrer <strong>Stellungnahme</strong> zum Entwurf<br />
des 3.Änderungsgesetzes KiföG bezogen auf die Veränderung der Bezugsgröße bei der kindbezogenen<br />
Pauschale ab 2012 kritisiert.