Policy Paper Klima Regional 2013
Policy Paper Klima Regional 2013
Policy Paper Klima Regional 2013
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Handlungsempfehlungen für klimabezogene<br />
Transformationsprozesse<br />
im Alpenraum<br />
Weltweit ist der <strong>Klima</strong>wandel mit seinen Folgen mittlerweile messbar;<br />
sichtbar und spürbar jedoch wird er für den Einzelnen vor allem in seinem<br />
unmittelbaren Lebensumfeld.<br />
Anders gesagt: Der globale <strong>Klima</strong>wandel wird erst regional und lokal erfahrbar,<br />
und deshalb müssen wirksame <strong>Klima</strong>schutz- und <strong>Klima</strong>anpassungsstrategien<br />
in erster Linie auf dieser Ebene ansetzen.<br />
Das Projekt „<strong>Klima</strong> <strong>Regional</strong>: Soziale Transformationsprozesse für <strong>Klima</strong>schutz<br />
und <strong>Klima</strong>anpassung im Alpenraum in Bayern und Südtirol“ hat die<br />
Voraussetzungen für erfolgreiches „<strong>Klima</strong>-Handeln“ untersucht und leitet<br />
aus den Ergebnissen konkrete Empfehlungen für Politik, Wirtschaft und<br />
Verwaltung sowie für die Bürgerinnen und Bürger ab.
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Problemstellung: Der globale <strong>Klima</strong>wandel<br />
muss regional bewältigt werden<br />
Bergregionen sind – neben Küstengebieten und Flussmündungen – vom <strong>Klima</strong>wandel<br />
besonders betroffen. Vor allem im Alpenraum liegt die Erwärmung schon<br />
heute deutlich über dem Landesdurchschnitt – eine Entwicklung mit gravierenden<br />
Folgen: So hat sich das Risiko von Extremwetterereignissen wie Starkniederschlägen<br />
und Hochwasser erhöht. Die Gefahren durch Steinschlag, Bodenerosion, Lawinenabgänge,<br />
Sturm und Trockenheit nehmen zu. Gleichzeitig verschieben sich die<br />
biologischen Zonen immer weiter nach oben, zahlreiche Pflanzenarten sind bedroht,<br />
die Gletscher schrumpfen und die Schneesicherheit nimmt ab.<br />
Wissenschaft und Raumplanung sehen deshalb seit langem Handlungsbedarf.<br />
Dennoch steigen die Emissionen von klimaschädlichen Treibhausgasen auch im<br />
Alpenraum weiter an und Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des <strong>Klima</strong>wandels<br />
werden nur sehr zögerlich in Gang gesetzt.<br />
Strategien für <strong>Klima</strong>schutz zielen vor diesem Hintergrund darauf ab, klimaschädliche<br />
Emissionen, Lebens- und Wohnformen zu begrenzen. Die Alpenstädte und -gemeinden<br />
sind gefordert, ihren Ausstoß von Kohlendioxid durch die Nutzung regenerativer<br />
Energien und durch ein verändertes Verkehrs-, Bau- und Konsumverhalten zu verringern.<br />
Strategien für <strong>Klima</strong>anpassung sehen die Erhöhung der örtlichen Widerstandsfähigkeit<br />
der Alpenorte, ihrer Bewohnerinnen und Bewohner wie auch der natürlichen<br />
Umwelt vor. Dies beinhaltet besseren Schutz vor Extremwetterereignissen wie Hochwasser<br />
und Hitzewellen, vor klimabedingten Gesundheitsgefährdungen sowie die<br />
Anpassung an veränderte Wirtschafts- und Freizeitbedingungen, beispielsweise in<br />
Landwirtschaft und Tourismus.<br />
Im BMBF-geförderten Projekt „<strong>Klima</strong> <strong>Regional</strong>: Soziale Transformationsprozesse für<br />
<strong>Klima</strong>schutz und <strong>Klima</strong>anpassung“ wurden diesbezüglich auf der Wahrnehmungs-,<br />
Handlungs- und Strukturebene Erfolgsfaktoren für klimagerechte Transformationsprozesse<br />
untersucht, sowie Barrieren, die den gewünschten Veränderungen entgegenstehen.<br />
Zusammenfassend sei vorab gesagt: Entscheidend für die Wirksamkeit aller Strategien<br />
wird künftig das Zusammenspiel sein zwischen staatlichen Vorgaben, die übergreifend<br />
gelten und „von oben“ gesetzt werden, und gemeindlichen Entwicklungsprojekten,<br />
die sich lokal und „von unten“ herausbilden. Für die von verschiedenen Seiten angestoßenen,<br />
teils heterogenen und widersprüchlichen Transformationsprozesse „im<br />
Labor des <strong>Klima</strong>wandels“ gibt es bisher noch keine eindeutigen Ergebnisse und vergleichenden<br />
Bewertungen. Deshalb besteht ein erster Schritt darin, einzelne Aspekte<br />
der auftretenden Spannungen genauer herauszustellen. Der Erfolg von <strong>Klima</strong>schutz<br />
und <strong>Klima</strong>anpassung hängt wesentlich von einer produktiven Lösung dieser Spannungen<br />
ab. Unsere Befunde und Handlungsempfehlungen versuchen Anregungen<br />
zu geben, wohin die Reise gehen kann.<br />
Status-quo: Nicht hier, nicht wir, nicht jetzt<br />
Die Untersuchungen zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger in den Alpenregionen<br />
auf individueller Ebene die eigene Betroffenheit durch den <strong>Klima</strong>wandel überwiegend<br />
als eher gering, ungewiss und zeitlich noch weit entfernt einschätzen. Die einschlägige<br />
Gesetzgebung und die überörtliche Raumplanung als unterste Ebene einer<br />
auf <strong>Klima</strong>schutz und -anpassung bezogenen Politik sehen sich dagegen durchaus in<br />
der Pflicht, hier und heute klimagerechte Siedlungs- und Entwicklungsbedingungen zu<br />
schaffen (vgl. zum Beispiel „Zugspitzthesen“). Die Umsetzung von geeigneten Maßnahmen<br />
ist allerdings von örtlichen Entscheidungsträgern und Investoren abhängig.<br />
Auf kommunaler Ebene führen wiederum vielfach als drängender wahrgenommene<br />
Handlungszwänge zu einer geringen Identifikation mit klimabezogenen Maßnahmen<br />
und zu deren schleppender Umsetzung. Alltagsnahe Probleme wie der Erhalt oder<br />
die Verbesserung der lokalen Wirtschaftskraft, der Umgang mit dem demographischen<br />
Wandel und finanziellen Engpässen werden als dringlicher erachtet.<br />
Pioniergemeinden:<br />
Und sie bewegen sich doch<br />
Dennoch entwickeln zahlreiche Städte und Gemeinden kommunale und teilregionale<br />
Strategien für <strong>Klima</strong>schutz und <strong>Klima</strong>vorsorge, häufig im Zusammenhang mit<br />
neuen Energiekonzepten. So entstehen Bioenergie-Regionen, werden klimaneutrale<br />
Stadtteile entworfen und klimabewusste Lebensstile erprobt. Die Ballungsräume<br />
profitieren dabei von der Expertise und Investitionsstärke einschlägiger Planungsstäbe,<br />
Fachreferate und Wirtschaftsakteure. In den Gemeinden im ländlichen Alpenraum<br />
entstehen zukunftsfähige und an Nachhaltigkeit orientierte Entwicklungsmodelle<br />
dagegen vor allem in horizontalen Abstimmungsprozessen in lokalen und regionalen<br />
Verbünden.<br />
Manche Maßnahmen und Konzepte sind jedoch nur auf den ersten Blick zielführend:<br />
Die intensive Nutzung von Biomasse oder Wasserkraft als regenerativem Energieträger<br />
beispielsweise kann mit einer Gefährdung des örtlichen Artenreichtums und<br />
landwirtschaftlicher Funktionen einhergehen. Manche Formen des vermeintlich nachhaltigen<br />
Bauens werden eine positive Energiebilanz kaum erreichen und sind zudem<br />
für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen nicht erschwinglich. Weil in vielerlei<br />
Hinsicht unklar ist, wie heutige <strong>Klima</strong>schutz- und <strong>Klima</strong>anpassungsmaßnahmen die<br />
zukünftige Handlungsfähigkeit vor Ort beeinflussen, sind gesellschaftliche Such- und<br />
Lernprozesse erforderlich: Die Regionen sind gefordert, für ihre speziellen Probleme<br />
und Bedürfnisse passende Dialog- und Entscheidungsformen und schließlich möglichst<br />
optimale Lösungen zu finden. Dabei sollten immer Gestaltungs- und Handlungsräume<br />
offen gehalten werden. So ist zu berücksichtigen, welche Auswirkungen sich aus geplanten<br />
Maßnahmen für die Widerstandskraft gegenüber Krisen, für Wirtschafts- und<br />
Innovationsstärke, für Integration und Teilhabe ergeben.<br />
Um den verantwortlichen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern<br />
dafür wichtige Informationen an die Hand zu geben, stellen wir im Folgenden die<br />
politikrelevanten Ergebnisse und abgeleitete Handlungsempfehlungen vor.<br />
2 3
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Befunde und Empfehlungen im Überblick<br />
<strong>Klima</strong>wahrnehmung und Handlungsbewusstsein<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
6.<br />
7.<br />
8.<br />
9.<br />
Befund Handlungsbereich Handlungsempfehlung<br />
<strong>Klima</strong>wandel als abstraktes<br />
Phänomen<br />
<strong>Klima</strong>wandel als Problem<br />
„der Anderen“<br />
<strong>Klima</strong>wandel als Experten-<br />
Thema<br />
<strong>Klima</strong>wandel als Bildungsthema<br />
<strong>Klima</strong>handeln zur Sicherung<br />
der Lebensqualität und<br />
Daseinsvorsorge<br />
<strong>Klima</strong>handeln als kollektives/<br />
gemeinsames Projekt<br />
<strong>Klima</strong>handeln zur Stärkung der<br />
lokalen Widerstandsfähigkeit<br />
<strong>Klima</strong>handeln im interkommunalen<br />
Netzwerk<br />
<strong>Klima</strong>maßnahmen und<br />
Lebenszufriedenheit<br />
Bildung & Information<br />
Bildung & Information<br />
Beteiligung & Bewusstseinsbildung<br />
(Schul-) Bildung<br />
Politik & Verwaltung<br />
Kommunale Beteiligungsprozesse<br />
Politik & Raumplanung<br />
Intermediäre<br />
Organisationen<br />
Raumplanung &<br />
Bewusstseinsbildung<br />
Abstrakte <strong>Klima</strong>befunde in lokale<br />
Lebenswelten einbetten<br />
<strong>Regional</strong>e Relevanz des <strong>Klima</strong>problems<br />
herausstellen<br />
Handlungsbereitschaft durch Stärkung<br />
von Handlungskompetenz fördern<br />
<strong>Klima</strong>wandel als regional relevantes<br />
Problem curricular verankern<br />
<strong>Klima</strong>thema lokal einbetten und mit<br />
Zukunftserwartungen verknüpfen<br />
Entstehung von gemeinsamen<br />
Visionen über ortsbezogene Wege<br />
in die Zukunft fördern<br />
Statt Vulnerabilitätsanalysen<br />
Möglichkeiten zur Verbesserung<br />
der Resilienz aufzeigen<br />
Überregionale Lernprozesse durch<br />
Netzwerke fördern<br />
Wirtschaftswachstum und Lebensqualität<br />
abwägen<br />
1. <strong>Klima</strong>wandel als abstraktes Phänomen<br />
Der „globale <strong>Klima</strong>wandel“ wird als ein Phänomen in Zahlen, Kurven, Karten und<br />
Diagrammen präsentiert und wahrgenommen. Das Thema scheint sich deshalb<br />
vor allem an Experten zu richten (vgl. Punkt 3). Diese Form der Darstellung von<br />
<strong>Klima</strong>-Befunden begründet zwar den Handlungsbedarf mit wissenschaftlicher Expertise,<br />
wirkt aber auf der Handlungsebene abstrakt und lebensfern. So bleiben<br />
Durchschnittswerte, die Stabilitäten suggerieren, dem individuellen Erleben von<br />
täglichen, jährlichen oder generationenübergreifend wahrgenommenen Schwankungen<br />
und Veränderungen fremd.<br />
Um Handlungsbereitschaft zu fördern, sollten demgegenüber kleinräumige Prognosen<br />
von <strong>Klima</strong>wandelfolgen mit konkretem, regionalem Bezug formuliert und kommuniziert<br />
werden. Abstrakte Darstellungen sollten in alltagsnahe Fallbeispiele oder sog.<br />
<strong>Klima</strong>erzählungen eingebettet werden und die Möglichkeit zur Identifikation mit<br />
emotionalen Bezügen anbieten. Lebensnahe Bilder, die Verknüpfung des <strong>Klima</strong>wandels<br />
mit erfahrbaren Veränderungen und die Herstellung persönlicher „Betroffenheiten“<br />
wirken eher handlungsmotivierend als Zahlen und Diagramme.<br />
2. <strong>Klima</strong>wandel als natürliches Phänomen oder Problem „der Anderen“<br />
In den Alpengemeinden werden Wetter- und Umweltveränderungen durchaus<br />
wahrgenommen. Uneinigkeit herrscht jedoch bezüglich der Frage, ob diese Veränderungen<br />
von Menschen verursacht wurden (anthropogener <strong>Klima</strong>wandel) oder<br />
ob es natürliche <strong>Klima</strong>veränderungen sind. In der Breite gilt der <strong>Klima</strong>wandel als<br />
wissenschaftlich erwiesen und medial ausreichend thematisiert. Gleichzeitig wird<br />
er als Phänomen wahrgenommen, das sich andernorts bemerkbar macht und auch<br />
andernorts verursacht wird: So werden die Auswirkungen vor allem für die Länder<br />
des globalen Südens befürchtet und die Verursachung vor allem in urbanen und<br />
hochindustrialisierten Zentren verortet. Bezüge zwischen eigenem Lebensstil und<br />
anthropogenem <strong>Klima</strong>wandel werden zwar hergestellt, führen aber bisher nicht zu<br />
umfassenden Handlungsveränderungen.<br />
Die regionalen Ursachen und Folgen des <strong>Klima</strong>wandels sollten deshalb in klarem<br />
Zusammenhang verdeutlicht und in leicht verständlicher Form dargestellt werden.<br />
10. <strong>Klima</strong>maßnahmen als<br />
Raumplanung<br />
Kompakte Siedlungsstrukturen<br />
Querschnittsaufgabe<br />
und bedarfsgerechte Wohnformen<br />
3. Der <strong>Klima</strong>wandel als Experten-Thema<br />
durchsetzen<br />
Der <strong>Klima</strong>wandel ist für nahezu alle Befragten in den Alpengemeinden – Bürgerinnen<br />
und Bürger wie Politikerinnen und Politiker – ein Thema, das gerne Fachleuten<br />
11. <strong>Klima</strong>maßnahmen und<br />
Raumplanung &<br />
Pluralität von Instrumenten und<br />
überlassen wird. Viele erklären sich für nicht zuständig („Ich bin doch kein Experte“)<br />
soziale Milieus<br />
Technologieanbieter schrittweise Erprobung fördern<br />
und verweisen auf die hohe Unsicherheit des Wissens über <strong>Klima</strong>folgen („Das<br />
<strong>Klima</strong> war in den Alpen schon immer unabsehbaren Schwankungen ausgesetzt“).<br />
12. <strong>Klima</strong>maßnahmen und<br />
Politik & Gesetzgebung Vorgaben und Förderprogramme<br />
Da die eigenen Kompetenzen als gering und die Unsicherheit des Wissens als hoch<br />
Planungs(un)sicherheit<br />
mit längerfristigen Planungssicherheiten<br />
versehen<br />
eingeschätzt werden, fehlt die Wahrnehmung einer „handlungsförderlichen Selbstwirksamkeit“,<br />
auch im Kollektiv – eine Konstellation, die vorsorgendes Handeln<br />
tendenziell blockiert.<br />
4 5
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Zudem verweisen Studien über Gemeinwesenentwicklung darauf, dass ein schwächenund<br />
bedarfsorientierter Ansatz bestehende Handlungsfähigkeiten und -potenziale<br />
eher blockiert, während ein stärken- und erfolgsorientierter Ansatz problembezogene<br />
Handlungskapazitäten fördert und bündelt.<br />
Zugleich zeigen unsere Untersuchungen auch, dass visionäre Einzelpersonen durchaus<br />
Maßnahmen für <strong>Klima</strong>schutz und -anpassung erfolgreich anstoßen können.<br />
Wenn es ihnen gelingt, für weitere Schritte interne und externe Unterstützung zu<br />
mobilisieren, entstehen Lernprozesse und <strong>Klima</strong>projekte auf kommunaler und teilregionaler<br />
Ebene.<br />
4. <strong>Klima</strong>wandel als Bildungsthema<br />
<strong>Klima</strong>anpassungsforschung und -beratung sollten daher weniger am vorhandenen<br />
Expertenwissen und stärker an lokalen Handlungsfähigkeiten ansetzen.<br />
Für die <strong>Klima</strong>anpassung auf regionaler Ebene sollten externe Akteure die lokalen<br />
Handlungskapazitäten aufgreifen und unterstützen sowie lokale MeinungsführerInnen<br />
in die Entwicklung von passgenauen Maßnahmen einbinden.<br />
Nachfolgende Generationen, die jetzt noch im Kindes- und Jugendalter sind, stellen<br />
Bezüge zwischen anthropogenem <strong>Klima</strong>wandel und eigenem Lebensstil insbesondere<br />
dann her, wenn sie von ihren Lehrkräften dazu angeleitet werden. Schulen sind<br />
also zentrale Orte, um Handlungsanstrengungen für <strong>Klima</strong>schutz und <strong>Klima</strong>anpassung<br />
gesellschaftlich zu verankern und zeitlich bzw. generationenübergreifend zu verstetigen.<br />
Auch hier ist die Einbettung in lokale und regionale Problemstellungen und Entwicklungsfragen<br />
ein Schlüsselmoment. In bayerischen Gemeinden zeigte sich bereits bei<br />
Grundschulkindern ein ausgeprägtes Problembewusstsein bezüglich der Sicherung<br />
der Daseinsvorsorge.<br />
Davon ausgehend wurden vereinzelt Bezüge zu <strong>Klima</strong>schutz und <strong>Klima</strong>anpassung<br />
hergestellt. Der <strong>Klima</strong>wandel blieb aber abgesehen davon ein stark vom Expertenund<br />
Mediendiskurs geprägtes Thema, mit dem die Kinder wenig anzufangen wussten.<br />
In Südtirol führt ein stärkeres Engagement von staatlicher und curricularer Seite zu<br />
einem höheren Wissen der Kinder über Ursachen und regionale Auswirkungen des<br />
<strong>Klima</strong>wandels. Damit einhergehende Handlungsbereitschaften auch für den eigenen<br />
Lebensstil bzw. die eigene Gemeinde ließen sich allerdings nicht unmittelbar<br />
aufzeigen. In Zukunftswerkstätten an Schulen fand sich auch bei den Kindern keine<br />
klimabezogene Risikowahrnehmung.<br />
Zusammenfassend sprechen die Erkenntnisse auch im Bildungsbereich für eine stärkere<br />
Einbettung und Konkretisierung des <strong>Klima</strong>wandelthemas in lokale und regionale<br />
Handlungsbezüge.<br />
Vom Wissen zum Handeln:<br />
Kollektive Handlungsstrategien<br />
5. <strong>Klima</strong>handeln zur Daseinsvorsorge und Sicherung der Lebensqualität<br />
Die Auswirkungen des <strong>Klima</strong>wandels gelten in den meisten Gemeinden noch als<br />
Zukunftsproblematik, die allein selten zu konkreten Maßnahmen motiviert, wohl<br />
aber in anstehenden Planungsprozessen mit berücksichtigt wird.<br />
Die besten Realisierungschancen haben <strong>Klima</strong>schutz und <strong>Klima</strong>anpassung, wenn sie<br />
auf regionaler Ebene mit sensiblen Themen wie dem ökonomischen Strukturwandel,<br />
dem demographischen Wandel oder der Energiewende verknüpft werden. In den<br />
Südtiroler Gemeinden wird die Handlungsinitiative dafür stark bei staatlichen Entscheidungsträgern<br />
gesehen. In Bayern führt demgegenüber die Wahrnehmung<br />
einer begrenzten staatlichen Gestaltungsfähigkeit auf regionaler Ebene zu mehr<br />
Eigeninitiativen. So etablieren sich in bayerischen Gemeinden neue Kooperationsformen<br />
zwischen Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft, wie beispielsweise regionale<br />
Entwicklungsprojekte in den Bereichen Landwirtschaft, Handwerk und Tourismus,<br />
bürgerschaftlich organisierte Dienstleistungen (Dorfläden, Bürgerbusse) oder Genossenschaften<br />
bzw. neue Unternehmensformen im Energiebereich.<br />
Allgemein: Alltagsnahe Fragen der Daseinsvorsorge, der Lebensqualität sowie des<br />
wirtschaftlichen Wohlergehens der Region wirken stärker aktivierend als die vage<br />
Furcht vor den Auswirkungen des globalen <strong>Klima</strong>wandels. Dieser Befund gilt für alle<br />
Akteursgruppen, ob Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaftsakteure, zivilgesellschaftliche<br />
Verbände oder zuständige Behörden.<br />
<strong>Klima</strong>anpassung und <strong>Klima</strong>schutz sollten auf regionaler Ebene als wichtiger Bestandteil<br />
der Sicherung zukünftiger Lebensqualität und nicht als isolierte Aufgabe<br />
verankert werden.<br />
6. <strong>Klima</strong>handeln als kollektives Projekt<br />
Gemeinsames <strong>Klima</strong>handeln entsteht vor allem dort, wo die Einschätzung von Ausgangspunkten,<br />
wünschenswerten Zielen und „richtigen Wegen“ geteilt wird. Die gemeinsame<br />
Entwicklung von Visionen für eine lebenswerte Zukunft vor Ort schafft<br />
die Basis für kollektive Suchprozesse und deren spätere Akzeptanz. Gemeinsame<br />
Visionen motivieren individuell zu Verantwortungsübernahme und persönlichem<br />
Einsatz und schaffen kollektiv Vertrauen und Orientierung über Mittel und Wege. Sie<br />
erleichtern den Einbezug unterschiedlicher Gruppen und können helfen, Interessenkonflikte<br />
zu überbrücken. In den Untersuchungsgebieten erwiesen sich geteilte<br />
Visionen als starkes Fundament für klimabewusste Entscheidungsprozesse.<br />
Die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung gemeinsamer Visionen ist Raum<br />
für Austausch und Verständigung. Bürgerforen oder die beteiligungsorientierte<br />
Bearbeitung lokaler Planungsfragen können hierfür als Sprungbrett dienen. Sie<br />
erlauben die Verständigung über mittel- und langfristige Handlungsziele und den<br />
Einbezug lokaler Schlüsselpersonen und MeinungsführerInnen. Dabei kommen auch<br />
Fragen einer akzeptablen Ressourcen- und Lastenverteilung zur Sprache. Gewachsene<br />
Visionen lassen sich schließlich leichter in regional etablierte Kommunikations- und<br />
Organisationsroutinen integrieren als von außen auferlegte Entwicklungsziele.<br />
6 7
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
In den untersuchten Alpengemeinden wirkten die folgenden Visionen besonders<br />
aktivierend für nachhaltigkeitsorientiertes, kollektives Handeln:<br />
• Erhalt von Dörflichkeit und regionaler Identität<br />
• Stärkung der Autonomie & Selbstbestimmung<br />
• Schutz von nahräumlicher Natur und Landschaft<br />
• Erhalt von Kaufkraft und Arbeitsplätzen in der Region - auch gegenüber dem Sog<br />
benachbarter Metropolen<br />
• Erhalt der Ortsbindung nachfolgender Generationen<br />
Anstehende Planungen sollten von Beteiligungsprozessen begleitet werden, die eine<br />
Verständigung über den Umgang mit Zukunftsfragen erlauben. So können gemeinsame<br />
Visionen entstehen, die das notwendige <strong>Klima</strong>handeln über Interessenkonflikte<br />
hinweg verankern.<br />
7. <strong>Klima</strong>handeln zur Stärkung der lokalen Widerstandsfähigkeit<br />
Wie bei der Alpenbevölkerung allgemein, ließ sich in keiner der untersuchten<br />
Alpengemeinden eine klare klimabezogene Risikowahrnehmung feststellen. Trotzdem<br />
werden Umweltveränderungen genau beobachtet und als Bedrohung für den<br />
wirtschaftlich wichtigen Tourismus, für Land- und Forstwirtschaft, aber auch als<br />
mögliche Chance für die Etablierung neuer Erwerbsmöglichkeiten in beiden Bereichen<br />
gesehen. Als kommende Risiken werden demgegenüber ein befürchteter<br />
Bevölkerungsschwund, insbesondere der Rückzug Jüngerer, und damit einhergehend<br />
zukünftige Löcher in der Infrastruktur und eine Marginalisierung der alpinen<br />
Gemeinden und Arbeitsmärkte wahrgenommen.<br />
Kollektive Handlungsbereitschaft entsteht deshalb vor allem dann, wenn Maßnahmen<br />
auf die Sicherung bzw. Verbesserung der zukünftigen Lebensqualität und<br />
Wirtschaftsstärke zielen. Maßnahmen, die auf eine Stärkung der örtlichen Widerstandskraft<br />
gegenüber globalen Krisen zielen – wie bspw. eine regionale Sicherung<br />
der Energieversorgung – finden eher Akzeptanz als klimabezogene Maßnahmen,<br />
die als Beeinträchtigung der zukünftigen Ortsperspektiven betrachtet werden. Die<br />
Betonung örtlicher Bedrohungsszenarien durch Externe fördert eher Widerstand<br />
gegenüber nahegelegten Anpassungsinstrumenten. Sie werden als unangemessene<br />
Bevormundung erlebt und als nicht durchsetzbar abgelehnt.<br />
Zudem erweisen sich die lokalen Antworten auf den <strong>Klima</strong>wandel als so verschiedenartig<br />
wie die spezifischen Problemlagen und Zukunftsvisionen vor Ort. Diese<br />
Vielfalt bringt eine sinnvolle Streuung verschiedener Lösungswege mit sich und<br />
verringert zugleich das Ausmaß möglicher unerwünschter Nebenfolgen. Deshalb<br />
gilt es, statt nach „großen Lösungen“ zu suchen, im Umgang mit dem <strong>Klima</strong>wandel<br />
verstärkt lokale und teilregionale Handlungsstrategien mit Bezug zu regionalen Ursachen<br />
und Folgen zu entwickeln und ihre Konsequenzen für weitere Lernprozesse<br />
genau zu vergleichen.<br />
8. <strong>Klima</strong>handeln im interkommunalen Netzwerk<br />
Interkommunale und überregionale Organisationen – z.B. „Allianz in den Alpen“,<br />
„Alpine Pearls“ oder die internationale Alpenschutzkommission CIPRA – können als<br />
wichtige Lern- und Austauschplattformen Prozesse nachhaltiger Entwicklung befördern.<br />
Die Untersuchung proaktiven <strong>Klima</strong>handelns in den Alpengemeinden zeigt,<br />
dass sie Erfordernisse von <strong>Klima</strong>schutz und <strong>Klima</strong>anpassung transportieren, Wege<br />
zum Umgang mit diesen Herausforderungen aufzeigen und zur Nachahmung von<br />
erprobten Modellen jenseits kommunaler Konkurrenz motivieren.<br />
Die Mitgliedschaft in bestehenden Verbünden und die Etablierung kooperativer Netze<br />
auch auf kleinräumigem Niveau fördern entsprechende Handlungskapazitäten und<br />
aktivieren kommunale Eigeninitiative, wie etwa das regionale Entwicklungsmodell<br />
„Ökomodell Achental“ bzw. „Bio-Energie-Region Achental“. Dabei findet jenseits<br />
monetärer Förderung eine Unterstützung kommunaler Entwicklungsprojekte durch<br />
den Austausch von Wissen über erfolgreiche und gescheiterte Strategien nachhaltiger<br />
Entwicklung statt.<br />
Interkommunale Lernprozesse werden durch geeignete Netzwerke unterstützt. Gleichzeitig<br />
wird die Konkurrenz zwischen Gemeinden vermindert und die notwendige<br />
Bereitschaft zum interkommunalen Schulterschluss gestärkt. Die Förderung bestehender<br />
und neuer überregionaler Netzwerke des Austauschs und der Zusammenarbeit<br />
kann einen Beitrag zur Verstetigung und Verbreitung von Transformationsprozessen<br />
für <strong>Klima</strong>schutz und <strong>Klima</strong>anpassung leisten.<br />
<strong>Klima</strong>maßnahmen und Sozialstruktur<br />
9. <strong>Klima</strong>schutz und Lebenszufriedenheit<br />
Kompakte, tendenziell städtische Siedlungsstrukturen stoßen um 20 Prozent weniger<br />
<strong>Klima</strong>gase aus, weil sie sparsamer mit Wohnraum umgehen und kürzerer Wege sowie<br />
günstigere Oberflächen-Volumen-Verhältnisse ermöglichen. Insofern können ländlichdisperse<br />
Alpenregionen kaum Vorreiter beim <strong>Klima</strong>schutz sein. Zugleich konstatieren<br />
wir aber in diesen Regionen um ca. 30 Prozent niedrigere Einkommen und damit verbunden<br />
einen geringeren Umweltverbrauch in anderen Konsumbereichen, wie zum<br />
Beispiel bei Ernährung und Flugreisen. Unsere Befragungen in München und Bozen<br />
zeigen zudem, dass die Lebenszufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger nicht vom<br />
Einkommen und von der Wohnfläche – und damit von erhöhten Umweltbelastungen<br />
– abhängig sind, sondern vor allem von Gesundheit und sozialen Beziehungen.<br />
Maßnahmen, die eher auf Wohlbefinden als auf Wirtschaftswachstum abzielen,<br />
sollten daher auf Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger treffen.<br />
10. <strong>Klima</strong>schutz als Querschnittsaufgabe<br />
Damit <strong>Klima</strong>handeln als eine Stärkung der lokalen Handlungsmöglichkeiten wahrgenommen<br />
wird, durch das die Verwundbarkeit der Gemeinden verringert werden<br />
<strong>Klima</strong>schädliche und klimagerechte Konsequenzen ergeben sich meistens indirekt,<br />
kann, sollte eine schrittweise Entwicklung von integrativen und lokal angepassten<br />
als Nebenfolgen von Bevölkerungsdynamik, Energieversorgung, Infrastrukturausbau<br />
Maßnahmen angestrebt werden. Unterschiedliche <strong>Klima</strong>maßnahmen sollten systematisch<br />
und Wohlstandsentwicklung. Da Handlungsentscheidungen unserer industriegesell-<br />
beobachtet und bezüglich ihrer erwünschten und unerwünschten Folgen<br />
schaftlichen Lebensweise nicht auf <strong>Klima</strong> und Umwelt selbst abzielen, kann man<br />
verglichen werden.<br />
„<strong>Klima</strong>handeln“ auch kaum direkt adressieren.<br />
8 9
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Stattdessen sollten die genannten Prozesse in einer klimagerechten Weise umgesteuert<br />
werden. Im Bereich der Energieversorgung geschieht dies schon in recht umfassendem<br />
Maße, weil die fossilen Energieträger knapp werden und Investitionen in<br />
regenerative Alternativen daher zunehmend lohnenswert erscheinen. In dem Maße,<br />
wie Regionen vom demographischen Wandel betroffen sind, könnten die erforderlich<br />
werdenden Infrastrukturmaßnahmen klimagerecht ausgelegt werden:<br />
Ältere Menschen bleiben nach dem Auszug der Kinder und dem Tod des Lebenspartners<br />
in den dann nicht mehr bedarfsgerechten, viel zu großen Wohnungen zurück.<br />
Entsprechend sind sie auch überproportional von Energiearmut betroffen.<br />
11. <strong>Klima</strong>maßnahmen und soziale Milieus<br />
Zuzugsgebiete sollten nachverdichtet werden. Geschlossenere Baukörper und kürzere<br />
Wegstrecken gehen dann mit entsprechend geringerem Umweltverbrauch einher.<br />
Entsiedlungsgebiete sollten gezielt rückgebaut werden, um lawinen- oder hochwassergefährdete<br />
Räume sowie besonders naturschutzsensible Lagen frei zu geben.<br />
Die Etablierung geeigneter Wohnmodelle, die das Zusammenleben von Jung und Alt<br />
fördern, könnte eine klimagerechte Antwort sein. Auch Veränderungen im Immobilienrecht<br />
können den Umzug in bedarfsgerechtere Wohnverhältnisse erleichtern.<br />
Maßnahmen zur Energiesanierung oder zum <strong>Klima</strong>schutz stoßen nicht überall in der<br />
Gesellschaft auf die gleiche Resonanz. Dabei setzen die Sozialstruktur sowie die Siedlungsstruktur<br />
von Gemeinden entscheidende Rahmenbedingungen. Zugespitzt zeigt<br />
sich folgendes Bild: Sozialstrukturell gibt es auf der einen Seite Bevölkerungsgruppen<br />
mit hoher Bildung und hohen Einkommen. Tendenziell sind diese gegenüber „Hightech“<br />
und damit auch gegenüber technisch innovativem Umweltschutz aufgeschlossen<br />
und verfügen über die notwendigen Investitionsmittel, diesen umzusetzen.<br />
Auf der anderen Seite stehen Bevölkerungsgruppen mit geringeren Einkommen, deren<br />
Lebenssicherung und Lebenszufriedenheit eher auf der Pflege kultureller Tradition<br />
und stabilen gemeinschaftlichen Zusammenhalts beruht. Ihre Bereitschaft zu Improvisation,<br />
Selbsthilfe und Einschränkung der Konsumwünsche ist (notgedrungen) größer.<br />
Technischer und administrativer Umweltschutz stoßen hier vielfach auf Ablehnung.<br />
Andererseits führen diese Gruppen wegen des eingeschränkten Konsums meist eine<br />
weniger klimabelastende Lebensweise. In ländlich-dispersen Siedlungsgebieten ist der<br />
Einsatz von alternativen Energien – Solartechnologie, Windkraft, Wärmepumpen etc. –<br />
oft leichter möglich als in städtisch verdichteten Strukturen. Hier gibt es auch passende<br />
Eigentumsverhältnisse und Mentalitäten, die Dinge „selbst in die Hand zu nehmen“.<br />
Umgekehrt bestehen in Städten erhebliche Einsparmöglichkeiten über die gemeinsame<br />
Nutzung von Infrastrukturen. Die Bürgerinnen und Bürger sind an die damit<br />
verbundenen Vorzüge und Zumutungen des urbanen Zusammenlebens gewöhnt.<br />
Zusammenfassend heißt das: Es ist entscheidend, für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen<br />
und Milieus passende Maßnahmen zu finden. Das Entwickeln unterschiedlicher<br />
Maßnahmen hat überdies den Vorteil, dass nicht alle Investitionen auf<br />
ein einziges Instrument konzentriert werden, das sich möglicherweise im Nachhinein<br />
als wenig tauglich oder zu stark mit Nebenwirkungen belastet erweist. Damit würde<br />
es sich doppelt lohnen, der Vielfalt der Gesellschaft mit einer Vielfalt von Maßnahmen<br />
gerecht zu werden.<br />
12. <strong>Klima</strong>maßnahmen und Planungs(un)sicherheit<br />
In der Kommunalpolitik wie bei den privaten Haushalten ist die Bereitschaft zu<br />
klimabezogenem Handeln und zur Umsetzung von Vorgaben „von oben“ sehr wohl<br />
vorhanden. Bayerische Gemeinden sind beispielsweise Willens, ihren Beitrag zur<br />
„Energiewende“ zu leisten und regenerative Energien regional und lokal zu erzeugen.<br />
Die Realisierung von Vorhaben verzögert sich allerdings häufig aufgrund von<br />
Planungsunsicherheiten, die durch sich wandelnde Rahmenbedingungen entstehen<br />
– beispielsweise Veränderungen im EEG, Abstandsänderungen für Windräder in<br />
Bayern und sich schnell verändernde <strong>Klima</strong>Haus-Vorgaben in Südtirol.<br />
Auch von Privathaushalten werden Maßnahmen wie energetische Sanierung mit<br />
Blick auf bestehende Vorgaben und Anreize geplant - aber auch zurückgestellt, wenn<br />
sich Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen abzeichnen. Das Fehlen<br />
verlässlicher Planungsgrundlagen wird als handlungsbeeinträchtigend empfunden.<br />
Für dieses Problem im Umgang mit dem <strong>Klima</strong>wandel gibt es keine Patentrezepte.<br />
Es geht um das grundsätzliche Dilemma experimentellen Vorgehens: Wie lassen sich<br />
die damit verbundenen Risiken begrenzen und Innovationsimpulse auch weiterhin<br />
aufnehmen und etablieren? Antworten müssen in einer koordinierten Arbeitsteilung<br />
zwischen konkreten Suchprozessen vor Ort wie der Entwicklung von allgemeinen<br />
Rahmenbedingungen gefunden werden.<br />
<strong>Klima</strong>bezogene Programme sollten in ihrer Breitenwirkung begrenzt, aber dafür<br />
längerfristiger angesetzt werden, damit die beteiligten Akteure Planungssicherheit<br />
und Bestandsschutz genießen und die Ergebnisse sinnvoll evaluiert werden können.<br />
Auf diese Weise können neuartige Lösungsmodelle vor ihrer flächendeckenden<br />
Einführung schrittweise erprobt und laufende Umsetzungsstrategien und weiterführende<br />
Lernprozesse teilweise voneinander entkoppelt werden.<br />
Haben Sie noch Fragen?<br />
Gerne stehen wir bereit, um über unsere Forschungsbefunde auch detailliert zu<br />
berichten.<br />
Bitte kontaktieren Sie uns dazu über unsere Projektwebseite: www.klima-regional.de.<br />
Impressum<br />
© <strong>Klima</strong> <strong>Regional</strong>, <strong>2013</strong><br />
Koordination: Dr. Katrin Vogel, Wissenschaftszentrum Umwelt, Universität Augsburg<br />
Layout: 2bex Design + Konzept, Kaufbeuren<br />
10 11
Handlungsempfehlungen für klimabezogene Transformationsprozesse im Alpenraum<br />
Eine Auswahl bisheriger Veröffentlichungen<br />
aus dem Projekt:<br />
Beck, S./ Böschen, S./ Kropp, C. / Voss, M. (<strong>2013</strong>): Jenseits des Anpassungsmanagements. Zu den<br />
Potenzialen sozialwissenschaftlicher <strong>Klima</strong>wandelforschung. In: GAIA 1/<strong>2013</strong>, S. 8-13.<br />
Böschen, S. (<strong>2013</strong>): Modes of Constructing Evidence: Sustainable Development as Social Experimentation—The<br />
Cases of Chemical Regulations and Climate Change Politics. In: Nature and Culture 8(1),<br />
S. 74–96.<br />
Böschen, S./ Gill, B./ Kropp, C./ Vogel, K. (Hrsg.) (2014): <strong>Klima</strong> von unten. <strong>Klima</strong>wandel und Transformation.<br />
Frankfurt am Main: Campus (in Vorb.).<br />
Böschen, S./ Kropp, C./ Brickmann, I./ Elixhauser, S./ Türk, J./ Vogel, K. (<strong>2013</strong>): “Responsibilty for<br />
Sustainability” – Umgang mit <strong>Klima</strong>wandel als soziale Innovation. In: Löw, M. (Hrsg.): Vielfalt und<br />
Zusammenhalt. 36. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (Tagungsdokumentation).<br />
Frankfurt am Main: Campus (im Erscheinen).<br />
Brickmann, I./ Kropp, C./ Türk, J. (2011): Aufbruch in den Alpen – Lokales Handeln für die globale Transformation?<br />
In: Beck, G./ Kropp, C. (Hrsg.): Gesellschaft innovativ – Wer sind die Akteure? Wiesbaden:<br />
VS Verlag. S. 65-84.<br />
Elixhauser, S./ Vogel, K./ Böschen, S. (<strong>2013</strong>): Meshworks and the Making of Climate Places. A Framework<br />
for Research on the Local Dimensions of Climate Change. In: Nature & Culture (eingereicht).<br />
Gill, B./ Schubert, J. (<strong>2013</strong>): Sozialstruktur, Wirtschaftsweise und Umweltverbrauch. Ein Forschungsprogramm,<br />
exemplarisch operationalisiert am Beispiel bayerischer Gemeinden. In: Kölner Zeitschrift<br />
für Soziologie und Sozialpsychologie (in Vorb.).<br />
Kropp, C. (<strong>2013</strong>): Demokratische Planung der <strong>Klima</strong>anpassung? Über die Fallstricke partizipativer Verfahren<br />
im expertokratischen Staat. In: Knierim, A./ Baasch, S./Gottschick, M. (Hrsg.): Partizipation und<br />
<strong>Klima</strong>wandel - Ansprüche, Konzepte und Umsetzung München: Oekom Verlag, S. 55-74.<br />
Kropp, C./ Tuerk, J. (<strong>2013</strong>): Bringing climate change down to earth – Local visions and networks<br />
as drivers for climate policy integration. In: Esguerra, A./Helmrich, N./Risse, T. (Hrsg.): Contested<br />
Sustainability Governance in Areas of Limited Statehood. Cambridge, Massachusetts: MIT Press (forthcoming).<br />
Schubert, J./ Wolbring, T./ Gill, B. (2012): Settlement Structures and Carbon Emissions in Germany:<br />
The Effects of Social and Physical Concentration on Carbon Emissions in Rural and Urban Residential<br />
Areas. In: Environmental <strong>Policy</strong> and Governance, (http://b-gill.userweb.mwn.de/publika/Settlement_<br />
EnvPolGov2012.pdf).<br />
Projektpartner<br />
Gefördert durch:<br />
DLR<br />
12