Steiermark Report Juni 2013 - einseitige Ansicht - Kommunikation ...
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Kopfkult fasziniert Inge Farcher<br />
in der Kunsthalle Leoben<br />
Leoben kann wieder mit einer aufsehenerregenden Schau punkten: Erstmals in Österreich ist<br />
„Faszination Schädel“ bis 1. Dezember <strong>2013</strong> zu sehen. Die Ausstellung, die in Deutschland bereits<br />
über 130.000 Besucher begeistert hat, wirft faszinierende Schlaglichter auf die Rolle des menschlichen<br />
Kopfes im Laufe der Geschichte der verschiedenen Kulturen.<br />
Bild: Bärbel Wacker<br />
Mit 300 Exponaten von rund<br />
40 Leihgebern aus ganz<br />
Europa vermitteln die Ausstellungsmacher<br />
neben dem naturwissenschaftlichen<br />
Blickwinkel interessante,<br />
verblüffende und manchmal auch<br />
berührende Einblicke in den weltweiten<br />
Kult um den Kopf. Bei der Pressekonferenz<br />
meinte der aus Deutschland<br />
angereiste Kurator der Ausstellung<br />
Wilfried Rosendahl: "Schädelkult ist<br />
ein Menschheits-, ja ein Weltphänomen.<br />
Vielleicht sind wir doch viel<br />
mehr eine große Familie, als man heute<br />
denken mag. Die Reiss-Engelhorn-<br />
Museen in Mannheim haben erstmals<br />
gewagt, dieses weltweite Phänomen in<br />
eine Ausstellung zu packen."<br />
Ahnenschädel und Kopftrophäen<br />
Die verschiedenen Ausstellungsräume<br />
sind den verschiedenen Kulturen<br />
gewidmet. In Asien spielte der Kopf<br />
beispielsweise im Hinduismus und<br />
auch im Buddhismus eine besondere<br />
Rolle. So zählen kunstvoll bearbeitete<br />
und dekorierte Schädl zu den bedeutendsten<br />
Kultobjekten des tantrischen<br />
Rituals. In Ozeanien auf der Insel<br />
Neuguinea brachte das Volk der<br />
Iatmul dem Schädl besondere<br />
Wertschätzung entgegen. So<br />
wurde er einige Zeit nach der<br />
Beerdigung dem Grab entnommen.<br />
Erfahrene Männer<br />
modellierten dann die<br />
Gesichtszüge der Verstorbenen<br />
mit einer speziellen<br />
Paste aus Lehm und Öl<br />
nach. Die Maske erhielt<br />
Haare der Trauernden als<br />
Zeichen der Verbundenheit<br />
mit dem Toten. Erst wenn<br />
der Schädel fertig verziert<br />
war, fanden jene Feierlichkeiten<br />
für den<br />
Verstorbenen statt, mit<br />
denen sein Geist<br />
endgültig in das Reich<br />
30 Zurück zum Inhalt<br />
der Seelen geschickt werden konnte.<br />
Aber der Schädl diente nicht nur als<br />
Andenken an Verstorbene, sondern<br />
auch als Trophäe und Machtsymbol.<br />
Auf der Insel Borneo und bei einigen<br />
Volksgruppen im Nordosten Indiens<br />
war beispielsweise die Kopfjagd ein<br />
wichtiger Bestandteil des religiösen<br />
und gesellschaftlichen Lebens. Nur ein<br />
Krieger, der den Kopf eines Widersachers<br />
vorweisen konnte, durfte<br />
heiraten.<br />
Schädelkult in Europa<br />
Überraschend ist allerdings, dass<br />
der Schädelkult nicht nur in den für<br />
uns exotisch anmutenden Gegenden<br />
sehr verbreitet war, sondern auch im<br />
historischen Europa. Kunstvoll bemalte<br />
Schädel in Beinhäusern zeugen ebenso<br />
davon wie die kostbaren Reliquien<br />
verschiedener Heiliger in Kirchen und<br />
Klöstern. Auch sind wissenschaftliche<br />
Schädelsammlungen sowie eine davon<br />
abgeleitete „Rassenkunde“ nur aus<br />
Europa bekannt.<br />
Für Leobens Bürgermeister Dr. Matthias<br />
Konrad findet mit der diesjährigen<br />
Ausstellung eine Erfolgsgeschichte ihre<br />
Fortsetzung: "Unsere Ausstellungen haben<br />
längst Anerkennung beim kulturinteressierten<br />
Publikum gefunden und<br />
sind zu einem bedeutenden wirtschaftlichen<br />
Faktor für die Stadt und die<br />
Region geworden." Begleitet wird die<br />
Ausstellung von einem umfassenden<br />
Rahmenprogramm aus Vorträgen und<br />
Diskussionen sowie speziellen Angeboten<br />
für Kinder und Jugendliche. So<br />
werden zehn Workshops für Kinder<br />
ab 8 Jahren angeboten, die sich mit der<br />
„Kraft der Masken“ beschäftigen oder<br />
auch den „Kristallschädeln auf der<br />
Spur“ sind.<br />
www.schaedelkult.at<br />
Bild: Hugo Maertens, Brügge; Museum of Anthropology Athen, Theodoros Pitsios