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Auswege aus der Krise im Irak – unterschiedliche Ansichten und ...

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<strong>Auswege</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Krise</strong> <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> –<br />

<strong>unterschiedliche</strong> <strong>Ansichten</strong> <strong>und</strong><br />

gemeinsame Ziele<br />

fiemsettin Küzeci<br />

Einführung<br />

Es ist eine Tatsache, dass die USA <strong>und</strong> ihre Verbündeten am 9. April<br />

2003 eine <strong>der</strong> Nahost-Diktaturen <strong>der</strong> letzten hun<strong>der</strong>t Jahre vernichteten,<br />

es ihnen aber bisher nicht gelang, <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> öffentliche Ordnung,<br />

Sicherheit <strong>und</strong> den Schutz <strong>der</strong> Bevölkerung zu gewährleisten.<br />

Während massenhafter Terror in allen Bereichen des <strong>Irak</strong>s, von Norden<br />

bis Süden, hervortritt, erstreckt sich die Macht <strong>der</strong> US-gestützten<br />

Regierung nur auf die „grüne Zone“. Zusammen mit <strong>der</strong><br />

Verabschiedung des jüngsten Fö<strong>der</strong>ations- <strong>und</strong> Erdölgesetzes durch<br />

das irakische Parlament trat nach dem Scheitern von Malikis<br />

Sicherheitsplan ein Plan in Aktion, <strong>der</strong> die Teilung des <strong>Irak</strong>s unter<br />

Schiiten, Sunniten <strong>und</strong> Kurden in drei Gebiete vorsieht.<br />

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<strong>Auswege</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Krise</strong> <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> – <strong>unterschiedliche</strong> <strong>Ansichten</strong> <strong>und</strong><br />

gemeinsame Ziele<br />

Dem Plan zufolge ist die Zentralregierung in Bagdad für gemeinsame<br />

Interessen wie Grenzsicherung <strong>und</strong> die Teilung <strong>der</strong> Öleinnahmen<br />

zuständig. Die Auseinan<strong>der</strong>setzungen zwischen <strong>der</strong> Maliki <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Sadr Gruppe jedoch haben sowohl die Regierung wie auch den <strong>Irak</strong> in<br />

eine Sackgasse geführt. Die For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Sadr-Gruppe, die sechs<br />

Minister <strong>aus</strong> dem Kabinett abzog, wurden we<strong>der</strong> von Maliki noch von<br />

den USA erfüllt. Die USA bringen auf allen Plattformen zum<br />

Ausdruck, dass die Sadr Gruppe den <strong>Irak</strong> spalten wolle, die sunnitischen<br />

Araber <strong>und</strong> die Turkmenen jedoch wollen die Einheit des <strong>Irak</strong>s<br />

<strong>und</strong> die Herstellung von Frieden.<br />

Heute scheint die wichtigste Phase des so genannten<br />

Demokratisierungsprozesses des <strong>Irak</strong>s abgeschlossen. Es ist eine<br />

un<strong>aus</strong>weichliche Tatsache, dass Artikel 140 <strong>der</strong> durch zwei Wahlen<br />

<strong>und</strong> ein Referendum entstandenen Verfassung den <strong>Irak</strong> in eine<br />

Sackgasse treiben wird. Nachdem mit einem zweifelhaften<br />

Referendum die Verfassung angenommen wurde, verfällt das<br />

Parlament angesichts <strong>der</strong> Frage, wie sie umzusetzen ist, in düstere<br />

Gedanken. Die Mehrheit möchte die Verfassung so schnell wie möglich<br />

än<strong>der</strong>n.<br />

Neben dem von den USA verbreiteten Medienterror gibt es jeden Tag<br />

hun<strong>der</strong>te von Toten <strong>und</strong> Entführungen, während die Welt stumm<br />

bleibt <strong>und</strong> nicht die Frage stellt, warum Soldaten, Frauen, Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Alte sterben müssen. Währenddessen versuchen die USA <strong>und</strong> ihre<br />

Verbündeten ungeniert sich die Bodenschätze des irakischen Volkes<br />

anzueignen.<br />

Heute ist <strong>der</strong> <strong>Irak</strong> vollkommen außer Kontrolle geraten. Seit Beginn<br />

des Krieges ist die Zahl <strong>der</strong> getöteten Zivilisten auf mehr als eine<br />

Million gestiegen. Fünf Millionen sind zu Flüchtlingen geworden.<br />

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fiemsettin Küzeci<br />

Die Angehörigen <strong>der</strong> irakischen Medien, die diese Tatsachen sehen<br />

<strong>und</strong> selbst unmittelbar erleben, haben große Schwierigkeiten, dem<br />

Druck <strong>der</strong> irakischen Regierung, die sich hinter <strong>der</strong> US-Macht versteckt,<br />

sowie <strong>der</strong> USA <strong>und</strong> ihrer Verbündeter standzuhalten. Sie können<br />

nicht offen <strong>und</strong> ehrlich, unparteiisch <strong>und</strong> objektiv berichten <strong>und</strong><br />

kommentieren. Die Zensur durch die USA <strong>und</strong> die beschränkte<br />

Pressefreiheit des <strong>Irak</strong> ist für Journalisten, für alle Medienangehörigen<br />

des <strong>Irak</strong>s ein Alptraum. Im <strong>Irak</strong> Journalist zu sein gleicht dem sprichwörtlichen<br />

„Hemd <strong>aus</strong> Feuer“. Dass jeden Tag zwei Journalisten <strong>und</strong><br />

einige Kameraleute entführt werden <strong>und</strong> die US-Razzien auf<br />

Fernsehstudios <strong>und</strong> Zeitungen zeigen ein weiteres Mal das so genannte<br />

Demokratieverständnis <strong>der</strong> Weltmacht USA.<br />

Die USA för<strong>der</strong>n die Kurden mit je<strong>der</strong> Art von politischer, finanzieller<br />

<strong>und</strong> militärischer Hilfe, was ihnen Gelegenheit <strong>und</strong> Erleichterung bei<br />

<strong>der</strong> Verwirklichung des seit hun<strong>der</strong>t Jahren gehegten Traums eines<br />

unabhängigen Kurdistans gibt.<br />

Der Iran unterstützt jede schiitische Fraktion einzeln <strong>und</strong> hat begonnen,<br />

durch die Nutzung des hohen schiitischen Bevölkerungsanteils<br />

die Gebiete außerhalb <strong>der</strong> kurdischen unter seine Kontrolle zu bringen.<br />

Die Schiiten dienen mit ihrer Politik weit mehr den Interessen des<br />

Iran als ihren eigenen.<br />

Als ihnen ihr Wi<strong>der</strong>stand nichts nützte, nahmen die sunnitischen<br />

Araber <strong>im</strong> Januar 2006 an den Wahlen teil, um an <strong>der</strong> Verfassung beteiligt<br />

zu werden, womit sie Teil des unlösbaren Problems wurden.<br />

Seit <strong>der</strong> Lösung des <strong>Irak</strong>s vom osmanischen Reich, d.h. seit 1920,<br />

waren die Turkmenen die ethnische Gruppe, die am stärksten<br />

Ungerechtigkeiten <strong>und</strong> ethnischen Säuberungen <strong>aus</strong>gesetzt war. Auch<br />

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<strong>Auswege</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Krise</strong> <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> – <strong>unterschiedliche</strong> <strong>Ansichten</strong> <strong>und</strong><br />

gemeinsame Ziele<br />

nach <strong>der</strong> US-Besetzung wurden sie von <strong>der</strong> Staatsführung <strong>aus</strong>geschlossen.<br />

Durch die neue Regierung erhielten sie nicht, was ihnen<br />

zustand. Weil ihre Repräsentation <strong>im</strong> Parlament unzureichend blieb,<br />

haben sie in vielen Kommissionen kein Mitspracherecht. Nachdem die<br />

USA <strong>und</strong> ihre Verbündeten zwischen den Bru<strong>der</strong>völkern Zwietracht<br />

gesät hatten, erlitten sie in Tuzhurmatu, Kirkuk <strong>und</strong> Telafer Massaker,<br />

während die demographisch-ethnische Struktur <strong>der</strong> Region verän<strong>der</strong>t<br />

wurde.<br />

Telafer, Kornkammer des <strong>Irak</strong> <strong>und</strong> bekannt für seinen harten<br />

Wi<strong>der</strong>stand, stellt ein großes Hin<strong>der</strong>nis für die Gründung eines kurdischen<br />

Staates dar. Die Bevölkerung Telafers mit ihren 600.000<br />

Turkmenen in 70 Aschiret waren neben Angriffen <strong>der</strong> USA, <strong>der</strong> KDP<br />

<strong>und</strong> irakischer Truppen auch Ziel <strong>der</strong> he<strong>im</strong>tückischen Intrigen <strong>der</strong><br />

Tekfiriler <strong>aus</strong> Syrien, saudiarabischer Wahhabiten, des israelischen<br />

Mossad, <strong>der</strong> amerikanischen CIA, <strong>der</strong> <strong>im</strong> Iran <strong>aus</strong>gebildeten Bedir<br />

Brigade, <strong>der</strong> Mehdi Armee Sadrs <strong>und</strong> Saddams Baath Partei.<br />

Die Falle <strong>im</strong> Artikel 140 <strong>der</strong> irakischen Verfassung ist eine <strong>der</strong> schmutzigsten<br />

Intrigen um die Best<strong>im</strong>mung des Schicksals von Kirkut.<br />

Verfügte Kirkut vor dem 9. April über eine Bevölkerung von 803.000,<br />

so ist die Einwohnerzahl <strong>der</strong> Stadt heute auf 1,5 Millionen aufgeblasen<br />

worden. Kurden, die <strong>aus</strong> Erbil, Süleymaniye, Dohuk, Zaho, dem Iran,<br />

Syrien, <strong>der</strong> Türkei <strong>und</strong> den europäischen Län<strong>der</strong>n – hier vor allem<br />

Schweden – kommend sich dort ansiedelten, wurde Arbeit,<br />

Verpflegung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsdienst geboten, während die<br />

Beschwerden <strong>der</strong> alteingesessenen Bevölkerung beständig wachsen.<br />

Der Direktor des Meldeamts von Kirkuk Nazım El Ubaydi, <strong>der</strong> sich<br />

weigerte den zugewan<strong>der</strong>ten Kurden Ausweispapiere <strong>aus</strong>zustellen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Provinzschulrat von Kirkuk, <strong>der</strong> einzigen Behörde unter turkmenischer<br />

Kontrolle, İbrah<strong>im</strong> İsmail Tuzlu, <strong>der</strong> sich weigerte, Kurden<br />

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Kirkuk seit 2003<br />

Einen Tag nachdem US-Soldaten am 9. April 2003 Bagdad eroberten,<br />

besetzen kurdische Peschmerga angesichts einer sich auflösenden irakischen<br />

Armee kampflos Mosul <strong>und</strong> Kirkuk. Diese Aktion, die dem am<br />

19. März 2003 in Ankara von den USA, <strong>der</strong> Türkei, <strong>der</strong> KDP, <strong>der</strong> KYP<br />

<strong>und</strong> ITC unterzeichneten Vertrag zuwi<strong>der</strong>lief, demzufolge keinen<br />

Milizen, son<strong>der</strong>n nur US-Truppen Kirkuk besetzen durften, wurde von<br />

den USA nicht behin<strong>der</strong>t, so dass zunächst 10.000 Peschmerga in<br />

Kirkuk eindrangen. Die bewaffneten Peschmerga besetzten alle öffentlichen<br />

Gebäude <strong>und</strong> verwüsteten Mel<strong>der</strong>egister <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>bücher.<br />

Außerdem verlegten sie alle Nahrungsmitteldepots <strong>der</strong> Stadt nach<br />

Süleymaniye <strong>und</strong> Erbil. Die Stadt geriet stufenweise vollständig unter<br />

kurdische Kontrolle. Bis auf das Bildungsdirektorat wurden alle übrigen<br />

durch kurdische Peschmerga kontrolliert. Die kurdische<br />

Verwaltung versuchte, indem sie in Süleymaniye <strong>und</strong> Erbil unter dem<br />

Schlagwort „Kurdistan“ Alternativen zu öffentlichen Institutionen <strong>der</strong><br />

Stadt schufen, Gewerbetreibende, Kammern <strong>und</strong> Massenorganisationen<br />

zu spalten.<br />

Der Polizeichef, <strong>der</strong> Sicherheitschef <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kommandant <strong>der</strong> schnellen<br />

Eingreiftruppe sind Kurden, die zwei kurdischen Parteien<br />

angehören. Durch Kontrollpunkt an den Zufahrtsstraßen <strong>der</strong> Stadt<br />

wird die Bevölkerung in ihrem alltäglichen Leben belästigt. In den arabischen<br />

<strong>und</strong> turkmenischen Stadtvierteln werden regelmäßige<br />

Durchsuchungskampagnen durchgeführt, bei denen Häuser geschänfiemsettin<br />

Küzeci<br />

ohne Diplom als Lehrer einzusetzen, wurden am helllichten Tag mitten<br />

in <strong>der</strong> Stadt von kurdischen Gruppen umgebracht.<br />

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<strong>Auswege</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Krise</strong> <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> – <strong>unterschiedliche</strong> <strong>Ansichten</strong> <strong>und</strong><br />

gemeinsame Ziele<br />

det <strong>und</strong> Menschen festgenommen werden. Bis heute liegt die Zahl <strong>der</strong><br />

durch Peschmerga Festgenommenen über 600. Wie auch eine<br />

Menschenrechtsdelegation <strong>der</strong> Vereinten Nationen festgestellt hat,<br />

wurden diese Gefangnen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Stadt in die Kerker von Akra, Erbil<br />

<strong>und</strong> Süleymaniye gebracht.<br />

Um auf Menschenrechtsverstöße in Kirkuk zu kommen, so wurden <strong>im</strong><br />

Hinblick auf die <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> Arabisierungskampagne zu Saddams<br />

Zeiten enteigneten turkmenischen Immobilien in Kirkuk zwecks<br />

Rückerstattung an die Alteigentümer „Kommissionen zur Klärung<br />

von Vermögensfragen“ gegründet. Bei diesen Kommissionen stellten<br />

Turkmenen unter Vorlage von 41.000 Dossiers Anträge. Aufgr<strong>und</strong> politischer<br />

Behin<strong>der</strong>ung durch die kurdische Seite konnten die<br />

Kommissionen bisher nur 10 % <strong>der</strong> Anträge behandeln.<br />

Die kurdischen Behörden haben diese strittigen Gr<strong>und</strong>stücke zusammen<br />

mit Staatsland parzelliert <strong>und</strong> an kurdische Zuwan<strong>der</strong>er verteilt.<br />

Weil <strong>der</strong> Provinzgouverneur, <strong>der</strong> Bürgermeister <strong>und</strong> die übrigen<br />

Einrichtungen sich in <strong>der</strong> Hand <strong>der</strong> Kurden befinden, verfügen die<br />

Turkmenen über keine Beschwerdeinstanz. In Kirkuk verfügen die<br />

Peschmerga über 300.000 Waffen. Dies wird von <strong>der</strong> Bevölkerung als<br />

Bedrohung wahrgenommen <strong>und</strong> beeinflusst den demokratischen<br />

Prozess nachteilig.<br />

Von den 4.237 Häftlingen <strong>im</strong> von Barzani kontrollierten Gefängnis in<br />

Erbil sind 658 Turkmenen. Die Zahl <strong>der</strong> inhaftierten Journalisten,<br />

Literaten <strong>und</strong> Künstler beträgt 357.<br />

Der turkmenische Häftling Hasan Salih Abbav (31 Jahre) <strong>aus</strong> Telafer<br />

berichtet: „Wir sind 35 Personen in einer Zelle von vier mal fünf<br />

Metern. We<strong>der</strong> Essen noch Trinken werden <strong>aus</strong>reichend gegeben. Es<br />

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fiemsettin Küzeci<br />

gibt auch keine medizinische Versorgung. Misshandlungen treten zu<br />

je<strong>der</strong> Zeit an jedem Tag willkürlich auf. Die Zahl <strong>der</strong> seit dem 9. April<br />

2003 in den Gefängnissen von Erbil getöteten Turkmenen hat 250<br />

erreicht. In meiner Zelle befinden sich mit mir 25 Turkmenen.“<br />

Von den führenden Persönlichkeiten <strong>der</strong> Turkmenen wurden viele bei<br />

verschiedenen Attentaten getötet. Unter ihnen waren <strong>der</strong> Schulrat <strong>der</strong><br />

Provinz Kirkuk İbrah<strong>im</strong> İsmail Tuzlu <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kirkuk Repräsentant <strong>der</strong><br />

ITC Mustafa Kemal Yayçılı sowie vier Vorstandsmitglie<strong>der</strong>, Oberst<br />

Sabah Karaltın, <strong>der</strong> Direktor des Meldeamts von Kirkuk Oberst Nazım<br />

El Ubaydi, das Mitglied des turkmenischen Rates, <strong>der</strong> ITC-<br />

Koordinator Yaşar Cengiz <strong>und</strong> viele an<strong>der</strong>e…<br />

Als Folge <strong>der</strong> Entführung turkmenischer Geschäftsleute wurde eine<br />

Lösegeldsumme von insgesamt 20 Millionen Dollar ermittelt. Viele<br />

haben den <strong>Irak</strong> verlassen <strong>und</strong> sich in Jordanien, Syrien <strong>und</strong> <strong>der</strong> Türkei<br />

nie<strong>der</strong>gelassen. Hun<strong>der</strong>te haben bei den UN-Büros Anträge gestellt,<br />

um nach Europa zu gehen.<br />

Angehörige <strong>der</strong> KDP <strong>und</strong> KYP, die <strong>im</strong> turkmenischen Gebiet Kirkuks<br />

eine gehe<strong>im</strong>e Volkszählung durchgeführt haben, haben das Feld<br />

„Turkmene“ auf dem Formular getilgt. Dies bedeutet die Tilgung <strong>der</strong><br />

turkmenischen Identität in Kirkuk.<br />

Eine Lösung <strong>der</strong> <strong>Irak</strong> <strong>Krise</strong><br />

• Vordringlich ist, dass die Vereinten Nationen, die arabischen<br />

Nachbarstaaten <strong>und</strong> die Türkei be<strong>im</strong> Wie<strong>der</strong>aufbau des <strong>Irak</strong> eine<br />

aktive Rolle übernehmen. Die USA müssen unverzüglich einen<br />

Zeitplan für den Abzug <strong>aus</strong> dem <strong>Irak</strong> vorlegen.<br />

• Die Milizkräfte <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> müssen so schnell wie möglich entwaffnet<br />

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<strong>Auswege</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Krise</strong> <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> – <strong>unterschiedliche</strong> <strong>Ansichten</strong> <strong>und</strong><br />

gemeinsame Ziele<br />

werden. Dies kann in Zusammenarbeit mit den politischen Parteien<br />

<strong>im</strong> <strong>Irak</strong> verwirklicht werden.<br />

• Das irakische Parlament muss die strittigen Artikel <strong>der</strong> unter<br />

großer Eile <strong>und</strong> zweifelhaften Umständen verabschiedeten<br />

Verfassung <strong>aus</strong>setzen. Insbeson<strong>der</strong>e müssen <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismus, das<br />

Erdölgesetz <strong>und</strong> Artikel 140 zum Schicksal von Kirkuk überprüft<br />

werden.<br />

• Die USA <strong>und</strong> die irakische Regierung müssen unverzüglich mit <strong>der</strong><br />

Umsetzung eines neuen Aktionsplans zur Vertreibung <strong>der</strong> <strong>aus</strong>ländischen<br />

Kräfte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Terrororganisationen <strong>aus</strong> dem <strong>Irak</strong> beginnen.<br />

• Zum Schutz <strong>der</strong> Einheit des <strong>Irak</strong>s sowie zur Herstellung von<br />

Frieden <strong>und</strong> Sicherheit muss unverzüglich unter UN-Kontrolle eine<br />

Friedenstruppe unter Beteiligung <strong>der</strong> arabischen Staaten <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er<br />

erfahrener Län<strong>der</strong> <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> zum Einsatz kommen.<br />

• Im <strong>Irak</strong> muss unter Kontrolle <strong>der</strong> UN <strong>und</strong> von Län<strong>der</strong>n, die als<br />

Schiedsrichter in Frage kommen, eine neue Volkszählung durchgeführt<br />

werden. Für eine tragfähige Rekonstruktion des <strong>Irak</strong>s sind<br />

Wahlen unter Beteiligung aller Gruppen erfor<strong>der</strong>lich.<br />

• Die Gründung eines kurdischen Staats <strong>im</strong> Nord-<strong>Irak</strong>, <strong>der</strong> unter<br />

dem Namen „Nahost Projekt“ Vorstufe für die Gründung eines<br />

Groß-Israels wäre, muss verhin<strong>der</strong>t werden.<br />

• Kirkuk mit seinem Anteil von 4,5 % an den Weltölreserven <strong>und</strong> 45<br />

% an den irakischen Ölvorkommen, muss seinen Status als eigenständige<br />

irakische Stadt behalten <strong>und</strong> entwe<strong>der</strong> mit einem beson<strong>der</strong>en<br />

Status o<strong>der</strong> einer Anbindung an die Zentralregierung ver-<br />

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fiemsettin Küzeci<br />

waltet werden.<br />

• Zum 1926 geschlossenen Ankara Abkommen zu Kirkuk <strong>und</strong> Mosul<br />

müssen sich die Türkei <strong>und</strong> die USA mit ihren Verbündeten<br />

nochmals zusammensetzen <strong>und</strong> die offenen Frage auf <strong>der</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lage des internationalen Rechts lösen.<br />

• Es steht außer Zweifel, dass, sollte eine grenzüberschreitende<br />

Operation <strong>der</strong> Türkei gegen die PKK über ihr Ziel hin<strong>aus</strong>schießen,<br />

keine Lösung bringen <strong>und</strong> zu neuem Chaos führen wird.<br />

Die Türkei ist sich bewusst, welche Gefahren <strong>aus</strong> einer Integration<br />

Kirkuks in Kurdistan erwachsen würden. Die vom Militär <strong>und</strong> dem<br />

MIT-Staatssekretariat <strong>der</strong> Regierung übermittelten Warnungen haben<br />

zur Wachsamkeit <strong>der</strong> Türkei beigetragen. Die Kirkuk-Frage geht nicht<br />

nur die aktuelle Regierung, son<strong>der</strong>n die ganze Türkei <strong>und</strong> auch die<br />

Welt an. Sie ist von einer Art, dass sie Ausgangspunkt für einen Dritten<br />

Weltkrieg werden könnte. Wir können sagen, dass Kirkut für die<br />

Türkei eine Erdbebenzone <strong>und</strong> eine Versicherung ist. Es wird alle<br />

Parteien zufrieden stellen, wenn diese Frage unter Aufsicht <strong>der</strong> UN<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> internationalen Gemeinschaft sowohl rechtlich als auch durch<br />

Übereinkunft gelöst wird.<br />

Ich denke, dass nach den allgemeinen <strong>und</strong> den Präsidentschaftswahlen<br />

in <strong>der</strong> Türkei in den nächsten Tagen die neu zu gründende<br />

Regierung sowohl in <strong>der</strong> Kirkut wie auch außenpolitischen Fragen<br />

ernste <strong>und</strong> glaubwürdige Schritte unternehmen wird, die in<br />

Abst<strong>im</strong>mung mit den Verbündeten Ruhe <strong>und</strong> Stabilität <strong>der</strong> Region herstellen.<br />

Eine solche Haltung wird die politischen Parteien <strong>im</strong> <strong>Irak</strong> beruhigen<br />

<strong>und</strong> die bleibende Entschlossenheit <strong>der</strong> Türkei wi<strong>der</strong>spiegeln.<br />

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