Kriminalistik-SKRIPT
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<strong>Kriminalistik</strong>-<strong>SKRIPT</strong><br />
Schweiz: Justizpsychiatrie<br />
Studienbriefe für die Fachhochschulausbildung der Polizei · Schriftleitung: Horst Clages, Ltd. Kriminaldirektor a.D., Bad Honnef<br />
Der praktische Fall:<br />
Eingriffsrecht*<br />
Von Christoph Keller, Ibbenbüren<br />
Schwerpunkte:<br />
* Fortsetzung zu KR-<strong>SKRIPT</strong> 8/00, S. 576.<br />
Strafprozessuale Standardmaßnahmen<br />
(Kontrollstelle, Durchsuchung,<br />
Festnahme, Zufallsfunde),<br />
Datenspeicherung<br />
Vorliegend bedurfte es der Beschlagnahme (§ 94 Abs. 2<br />
StPO), da der Beutel offenbar nicht freiwillig herausgegeben<br />
wurde. Laut Sachverhalt erfolgte die Sicherstellung<br />
gegen den ausdrücklichen Willen der F. KHK C und KOK<br />
D sind als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG)<br />
wegen Gefahr im Verzug zur Anordnung befugt (s. § 98<br />
Abs. 1 StPO). Nach § 98 Abs. 1 S. 1 StPO soll binnen drei<br />
Tagen die richterliche Bestätigung der Beschlagnahme<br />
beantragt werden. Der (neue) Vorgang (Strafanzeige gegen<br />
F) ist daher unverzüglich der Staatsanwaltschaft zuzuleiten.<br />
Ist die Sicherstellung bzw. einstweilige Beschlagnahme<br />
des Beutels auf § 108 Abs. 1 S. 1 StPO gestützt worden,<br />
ergibt sich die Verpflichtung zur Vorlage an die Staatsanwaltschaft<br />
aus § 108 Abs. 1 S. 2 StPO. Hinsichtlich zu<br />
beachtender Formvorschriften vgl. §§ 107, 109 StPO. Ansonsten<br />
bestehen gegen die Zulässigkeit dieser Maßnahmen<br />
keinerlei Bedenken 62 .<br />
6. Durchsuchung des Pkw des Z<br />
Als Ermächtigung kommt § 102 (§ 105) StPO in Betracht.<br />
Danach dürfen auch die dem Verdächtigen (Z) gehörenden<br />
Sachen durchsucht werden, wenn zu vermuten ist, dass die<br />
Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen<br />
wird. Diese Voraussetzungen liegen (eindeutig) vor. Z war<br />
Verdächtiger. Es war mit einiger Wahrscheinlichkeit davon<br />
auszugehen (Erfolgsvermutung), dass die Durchsuchung des<br />
Pkw des Z Beweismittel zutage förderte, zumal die Durchsuchung<br />
in der Wohnung der F insoweit negativ verlief.<br />
Da auch Gefahr im Verzuge vorlag (§ 105 Abs. 1 StPO),<br />
war die Durchsuchung des Pkw des Z rechtmäßig. Auch<br />
hinsichtlich sonstiger Anforderungen ergeben sich keine<br />
Bedenken.<br />
Aufgabe 2<br />
Bei der Durchsuchung handelt es sich um eine strafprozessuale<br />
Maßnahme, so daß der Verwaltungsrechtsweg<br />
(vgl. § 40 VwGO) ausscheidet. Wenn die Polizei aus<br />
eigener Kompetenz (§ 163 StPO) strafverfolgend tätig<br />
wird, handelt sie auf dem Gebiete des Justizverwaltungsrechts.<br />
Bei strafprozessualen Eingriffen gelten ausschließlich<br />
die Rechtsbehelfe des Strafverfahrens- und Justizverwaltungsrechts.<br />
Hier ist allerdings festzustellen, dass<br />
den vielfältigen strafprozessualen Eingriffsmöglichkeiten<br />
keine lückenlose Rechtsschutzregelung gegenüber steht.<br />
Fehlt ein spezieller Rechtsbehelf in der StPO, sollte nicht<br />
zuletzt aufgrund Art. 19 Abs. 4 S. 2 GG die analoge<br />
Anwendung des sachnächsten Verfahrens herangezogen<br />
werden 63 .<br />
Eine Beschwerde nach den §§ 304ff. StPO kommt nicht<br />
in Betracht, diese ist nur gegen gerichtliche Beschlüsse und<br />
richterliche Verfügungen zulässig 64 .<br />
Vorliegend handelte es sich um eine polizeiliche Durchsuchungsanordnung.<br />
Gegen polizeiliche Anordnungen oder<br />
Maßnahmen ist eine Beschwerde nach §§ 304ff. StPO nicht<br />
zulässig.<br />
In Betracht kommt jedoch ein Antrag auf gerichtliche<br />
Entscheidung analog § 98 Abs. 2 S. 2 StPO (Rechtsweg<br />
zum Amtsgericht) 65 . Dieser Antrag ist nach h. M. auch nach<br />
Abschluss der Durchsuchung zwecks Feststellung der<br />
Rechtswidrigkeit der Anordnung zulässig 66 . Gegen die<br />
richterliche Entscheidung ist wiederum Beschwerde nach<br />
§ 304 StPO möglich 67 .<br />
Nach bisheriger Auffassung war der Rechtsweg nach § 23<br />
EGGVG dann eröffnet, wenn die Art und Weise der Durchsuchung<br />
beanstandet wurde 68 . Diese Rechtsprechung hat der<br />
BGH nunmehr aufgegeben, so dass jetzt auch für diesen Fall<br />
§ 98 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechend anwendbar ist 69 .<br />
Ergänzend sei erwähnt, dass eine Belehrungspflicht in<br />
§ 98 Abs. 2 letzter Satz StPO zumindest bei Beschlagnahmen<br />
ausdrücklich vorgeschrieben ist.<br />
Aufgabe 3<br />
Der Antrag auf Einrichtung einer landesweiten Datei zur<br />
Speicherung von sogenannten Anhaltemeldungen (Beobachtungs-<br />
und Feststellungsberichte) ist durchaus kritisch<br />
zu beurteilen. Das Ziel einer Anhaltemeldung besteht darin,<br />
beobachtete oder kontrollierte Personen mit später bekanntgewordenen<br />
Straftaten in Zusammenhang zu bringen.<br />
Daneben können Bewegungsbilder polizeilich auffälliger<br />
Personen erstellt sowie (auch) Gruppenzugehörigkeiten<br />
bzw. Täterverbindungen erkannt werden. Dass Anhaltemeldungen<br />
unverzichtbare Handlungsinstrumente polizeilicher<br />
Arbeit sind, liegt auf der Hand und braucht hier nicht näher<br />
diskutiert werden 70 .<br />
Die Anhaltemeldung gehört zum gefahrenabwehrenden<br />
Handlungsraum der Polizei. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung<br />
ist in aller Regel ein strafprozessualer Anfangsverdacht<br />
i. S. v. § 152 Abs. 2 StPO nicht zu begründen.<br />
Zielrichtung ist die antizipierte Repression. Eine zu<br />
fertigende Anhaltemeldung wird nur im Ausnahmefall<br />
Grundlage für die Erhebung personenbezogener Daten<br />
sein; zumeist wird ein anderer Anlass vorliegen. Kriminaltaktisch<br />
ist die Fertigung einer Anhaltemeldung insbesondere<br />
dann in Erwägung zu ziehen, wenn sich eine Person an<br />
einem gefährlichen oder gefährdeten Ort zu einer tatkritischen<br />
Zeit aufhält und gewisse (atypische) Verhaltensweisen<br />
zeigt.<br />
Diese gefährlichen/gefährdeten Orte führen dann im<br />
Verbund mit tatkritischen Zeiten und atypischen Verhaltensweisen<br />
der betroffenen Personen zu einem durch Tatsachen<br />
belegbaren Gefahrenverdacht, der einen Aufklärungseingriff<br />
zwecks Sachverhaltsermittlung ermöglicht (vgl.<br />
z. B. §§ 9, 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. a PolG NW).<br />
Eine Anhaltemeldung enthält zumeist mehrere Phasen<br />
eines Datenverarbeitungsprozesses, im einzelnen die Datenerhebung<br />
(s. § 3 Abs. 3 BDSG), die Datenspeicherung<br />
(s. § 3 Abs. 5 Nr. 1 BDSG), die Datenübermittlung (s. § 3<br />
Abs. 5 Nr. 3 BDSG) 71 und die Datennutzung (§ 3 Abs. 6<br />
BDSG). Nun hat sich seit dem Urteil des BVerfG zum<br />
Volkszählungsgesetz 72 die Erkenntnis etabliert, dass jeder<br />
<strong>Kriminalistik</strong> 9/00<br />
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<strong>Kriminalistik</strong>-<strong>SKRIPT</strong>: Eingriffsrecht<br />
Umgang mit einem personenbezogenen Datum grundrechtsrelevant<br />
sein kann bzw. grundrechtsrelevant ist. So<br />
greifen die o. g. einzelnen Phasen des Datenverarbeitungsprozesses<br />
i. Z. m. Anhaltemeldungen zweifelsohne in<br />
das (Grund-)Recht auf informationelle Selbstbestimmung<br />
aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ein. Es müssen<br />
infolgedessen alle Phasen als eigenständige Rechtseingriffe<br />
beurteilt werden 73 .<br />
Die personenbezogenen Daten des Betroffenen (Personalien,<br />
Angaben über Umstände des Antreffens usw.) sind<br />
wesentlicher Bestandteil der Anhaltemeldung. Ihre Ausfertigung<br />
stellt sich datenschutzrechtlich als Datenspeicherung<br />
dar. Gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 DSG NW (vgl. z. B. auch<br />
§ 3 Abs. 5 Nr. 1 BDSG oder § 2 Abs. 2 DSG SH) ist<br />
Speichern (Speicherung) das Erfassen, Aufnehmen oder<br />
Aufbewahren von Daten auf einem Datenträger zum Zwecke<br />
ihrer weiteren Verarbeitung. Es ist dabei unerheblich,<br />
ob die Daten in suchfähiger oder nicht suchfähiger Form<br />
gespeichert werden. Jede Fixierung personenbezogener<br />
Daten, in welcher Form auch immer, wird erfasst. Auch<br />
kommt es nicht auf die Art des Datenträgers an. Geeignet<br />
ist vielmehr jedes Material, auf dem personenbezogene<br />
Daten festgehalten werden können 74 . Eine Speicherung<br />
kann demnach sowohl in normalen Akten als auch in<br />
Dateien vorgenommen werden.<br />
Die Polizei kann gem. § 24 Abs. 1 PolG NW rechtmäßig<br />
erlangte personenbezogene Daten in Akten oder Dateien<br />
speichern, verändern oder nutzen, soweit dies zur Erfüllung<br />
ihrer Aufgaben 75 , zu einer zeitlich befristeten Dokumentation<br />
oder zur Vorgangsverwaltung erforderlich ist (vgl. z. B.<br />
auch § 37 Abs. 1 BWPolG, Art. 38 Abs. 1 BayPAG, § 42<br />
Abs. 1 BerlASOG, § 39 Abs. 1 BbgPolG, § 16 Abs. 1<br />
HambPolDVG, § 20 Abs. 1, Abs. 8 HessSOG, § 22 Abs. 1<br />
SachsAnhSOG, § 43 Abs. 1 SächsPolG, § 188 Abs. 1<br />
SchlHVwG, § 40 Abs. 1 ThürPAG). Die polizeigesetzlichen<br />
Ermächtigungen erlauben quasi generalklauselartig<br />
die Datenverarbeitung in den einzelnen (Datenverarbeitungs-)Phasen<br />
u. a. dann, wenn es zur Erfüllung polizeilicher<br />
Aufgaben erforderlich ist. Polizeiliche Aufgabe ist<br />
(auch) die vorbeugende Verbrechensbekämpfung (s. z. B.<br />
§ 1 Abs. 1 S. 2 PolG NW).<br />
Eine Begrenzung findet statt im Rahmen des Grundsatzes<br />
der Verhältnismäßigkeit und durch das Zweckbindungsgebot.<br />
Da es sich bei den o. g. Befugnisnormen um<br />
Ermächtigungen ohne tatbestandliche Begrenzungen (ohne<br />
tatbestandseingrenzende Konkretisierungen) handelt, ist<br />
insbesondere die strikte Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes<br />
zu beachten, „der der Ausstattung der polizeilichen<br />
Datenverarbeitung unter dem Blickwinkel der Bequemlichkeit<br />
und des Prestigedenkens entgegensteht, soweit<br />
es um die Verarbeitung personenbezogener Daten<br />
geht“ 76 . Die gespeicherten Daten sind zu löschen, sobald<br />
das weitere Aufbewahren nicht mehr erforderlich ist.<br />
In den Polizeigesetzen verankerte Prüffristen (soweit<br />
vorhanden) markieren dabei äußerste Zeitgrenzen,<br />
nach deren Erreichen die Datenspeicherung zu überprüfen<br />
ist.<br />
Hier ist zu beachten, daß die Erforderlichkeit bezüglich<br />
der Dauer der Speicherung stets gegeben sein muß. Erforderlichenfalls<br />
sind die Daten also vor Ablauf der Prüffristen<br />
zu löschen.<br />
Im Sachverhalt ergeben sich insbesondere unter Berücksichtigung<br />
des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes schwerwiegende<br />
Bedenken gegen die Speicherungen der Anhaltemeldungen.<br />
Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass dieses<br />
(schematische) Vorgehen erforderlich ist, da die Banküberfälle<br />
durch das Geständnis von Z geklärt sind. Abgesehen<br />
hiervon könnten auch Zweifel an der Geeignetheit der<br />
Speicherung bestehen. Dieser Teilgrundsatz des Übermaßverbotes<br />
verlangt, dass die staatliche Maßnahme zur Verwirklichung<br />
des angestrebten Zwecks geeignet ist. Damit<br />
wird ein allgemeines Sachlichkeitsgebot postuliert, das in<br />
seinen praktischen Auswirkungen mit dem Willkürverbot<br />
zu vergleichen ist 77 . Der angestrebte (erklärte) Zweck liegt<br />
in der Bekämpfung der Banküberfälle. Es ist fraglich, ob<br />
dieser Zweck durch eine Datenspeicherung erreicht werden<br />
kann. Zwar ist im Polizeirecht i. Z. m. mit präventivpolizeilichen<br />
Identitätsfeststellungen anerkannt, dass durch<br />
Aufhebung der Anonymität ein gewisser Abschreckungseffekt<br />
ausgelöst werden kann, der die Maßnahme als geeignet<br />
qualifizieren erscheinen lassen kann. Von einem derartigen<br />
Abschreckungseffekt kann im Falle der Datenspeicherung<br />
indessen nicht ausgegangen werden. Der Betroffene weiß<br />
nichts von der Speicherung seiner personenbezogenen<br />
Daten.<br />
Eine derart undifferenzierte Vorgehensweise der Polizei<br />
führt zudem zu einer Datenspeicherung auf Vorrat, die mit<br />
dem Grundgedanken des Urteils des BVerfG zum Volkszählungsgesetz<br />
schwerlich in Einklang zu bringen ist.<br />
Das Fertigen einer Anhaltemeldung ist nicht (generell)<br />
unzulässig; rechtlich problematisch aber ist die – wenn<br />
auch aus kriminalistischer Sicht verständliche – Aufforderung<br />
an alle im vollzugspolizeilichen Dienst tätigen Beamten,<br />
alle auch nur irgendwie verdächtigen Umstände in<br />
Form von Anhaltemeldungen schriftlich festzuhalten, um<br />
diese Informationen dann (systematisch) zu speichern.<br />
Zumindest bei negativem Ergebnis der entsprechenden<br />
Überprüfung(en) wird eine Speicherung „ins Blaue hinein“<br />
mit den Grundsätzen des Volkszählungsurteils nicht zu<br />
vereinbaren sein 78 . Allein Effektivitätserwägungen dürfen<br />
nicht zentrales Element polizeilicher Handlungsmaximen<br />
sein. Auf die (leidige) Diskussion „Datenschutz ist Täterschutz“<br />
wird hier nicht eingegangen 79 .<br />
Exkurs:<br />
Werden die personenbezogenen Daten eines Betroffenen<br />
gespeichert und werden diese Daten dann für die Strafverfolgung<br />
benötigt, so wird der Grundsatz der Zweckbindung<br />
durchbrochen. In den meisten Polizeigesetzen ist explizit<br />
eine Zweckbindung für die im Gefahrenabwehrbereich<br />
erhobenen Daten normiert (s. z. B. § 23 Abs. 1 PolG NW,<br />
§ 37 Abs. 2 BWPolG, Art. 37 Abs. 2 BayPAG, § 38 Abs. 1<br />
BbgPolG, § 20 Abs. 3 HessSOG, § 36 Abs. 1 MVSOG oder<br />
§ 39 ThürPAG). Gem. § 23 Abs. 1 S. 1 PolG NW darf die<br />
Speicherung, Veränderung und Nutzung nur zu dem Zweck<br />
erfolgen, zu dem die Daten erlangt worden sind.<br />
Keine entsprechenden Regelungen enthalten – soweit<br />
ersichtlich – die Bundesländer Bremen und Rheinland-<br />
Pfalz. § 27 Abs. 1 BremPolG gestattet die Verarbeitung<br />
personenbezogener Informationen allgemein zur Erfüllung<br />
polizeilicher Aufgaben. § 25a Abs. 1 RhPfPOG erlaubt<br />
generell die Verarbeitung erhobener Daten zur Erfüllung<br />
der in § 25 a Abs. 1 Nr. 1 bis 5 RhPfPOG aufgezählten<br />
polizeilichen Aufgaben. Die entsprechenden Regelungen<br />
sind dann den einschlägigen Vorschriften der Landesdatenschutzgesetze<br />
zu entnehmen (vgl. § 27 Abs. 3 BremPolG<br />
i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 4 BremDSG bzw. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1<br />
i. V. m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 RhPfDSG).<br />
Das Zweckbindungsgebot stellt also sicher, daß personenbezogene<br />
Daten nur zur Erreichung eines bestimmtes<br />
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<strong>Kriminalistik</strong>-<strong>SKRIPT</strong>: Eingriffsrecht / <strong>Kriminalistik</strong><br />
Zieles – nämlich desjenigen, welches der Datenerhebung<br />
durch die Polizei zugrunde lag – gespeichert, verändert<br />
oder genutzt werden dürfen.<br />
Dieser Grundsatz der Zweckbindung kann allerdings<br />
durchbrochen werden, und zwar dann, wenn die Daten<br />
auch zu dem neuen Zweck erhoben werden dürfen (z. B.<br />
§ 23 Abs. 1 S. 2 PolG NW; Prinzip der Einmalerhebung und<br />
Mehrfachnutzung). Diese Regelung ist mehr als sinnvoll.<br />
Durch sie wird letztlich auch die Effizienz polizeilichen<br />
Handelns gesichert und vermeidbarer Aufwand vermieden.<br />
Eine – ansonsten erforderliche – erneute Datenerhebung<br />
würde einen Betroffenen stärker belasten.<br />
Eine Gegenausnahme stellt insoweit das Gesetz für die<br />
nach § 11 PolG NW erhobenen Daten zur Gefahrenvorsorge<br />
auf 80 . In Hamburg (s. § 16 Abs. 2 HambPolDVG) und<br />
Schleswig-Holstein (s. § 188 Abs. 1 SchlHVwG) wird<br />
(zusätzlich) auf die Erhebungsmethode abgestellt.<br />
Eine klassische Zweckdurchbrechung ist die Verwendung<br />
präventiv erlangter Daten zu repressiven Zwecken.<br />
An dieser Stelle sei erwähnt, daß (nur) das NdsGefAG<br />
ausdrücklich vorsieht, daß Daten, die zum Zweck der<br />
Gefahrenabwehr erhoben oder sonst verarbeitet worden<br />
sind, nach Maßgabe der Vorschriften der StPO zum Zwecke<br />
der Verfolgung von Straftaten gespeichert, verändert und<br />
genutzt werden dürfen (vgl. § 39 Abs. 7 NdsGefAG) 81 .<br />
Aus den Aufgabenzuweisungsnormen der Polizeigesetze<br />
ergibt sich aber (auch) die Wahrnehmung anderer, durch<br />
Rechtsvorschrift übertragener Aufgaben (s. z. B. § 1 Abs. 4<br />
PolG NW oder Art. 2 Abs. 4 BayPAG). Im SaarPolG wird<br />
nicht in der Aufgabenzuweisungsnorm auf die Anwendbarkeit<br />
anderer Rechtsvorschriften hingewiesen, sondern in<br />
der Generalklausel (s. § 8 Abs. 2 SaarPolG).<br />
Auch im HambSOG findet sich in der Aufgabenzuweisungsnorm<br />
keine entsprechende Aussage. Die entsprechende<br />
Kompetenz ergibt sich hier aus § 2 Abs. 1 S. 2 Hamb-<br />
PolDVG. Danach bleiben anderweitige besondere Rechtsvorschriften<br />
über die Datenverarbeitung unberührt.<br />
Die Verfolgung von Straftaten ist eine der Polizei durch<br />
Rechtsvorschrift übertragene Aufgabe (§ 163 StPO). Die<br />
Strafverfolgung kann als ein anderer polizeilicher Zweck<br />
angesehen werden, wenn sie eine der Polizei nach der<br />
Aufgabenzuweisungsnorm des entsprechenden Polizeigesetzes<br />
i. V. m. § 163 StPO obliegende Aufgabe ist. Es gilt<br />
festzustellen, daß die Verwendung von Daten – die aus<br />
gefahrenabwehrenden Gründen erhoben wurden – zu strafverfolgenden<br />
Zwecken zulässig sein kann, wenn – und das<br />
ist entscheidend – die Polizei die Daten (auch) zu dem<br />
entsprechendem Zweck der Strafverfolgung erheben durfte<br />
82 . Ob die Nutzung der Daten davon abhängt, dass die<br />
jeweiligen Eingriffsvoraussetzungen vergleichbar sind, ist<br />
strittig. Dies ist entscheidend für die Frage, ob die Daten<br />
auch mit derselben Erhebungsmethode hätten erhoben<br />
werden dürfen oder erhoben werden dürften. Nach Bäumler<br />
kommt man nur bei Einbeziehung der Erhebungsmethode<br />
bei der Zweckbindung zu befriedigenden Ergebnissen<br />
(s. a. § 16 Abs. 2 HambPolDVG und § 188 Abs. 1 SchlHVwG)<br />
83 .<br />
Last not least sei noch einmal hervorgehoben, daß die<br />
Verwendung der Daten innerhalb der StPO sich nach den<br />
Vorschriften derselben richtet 84 .<br />
Anmerkungen:<br />
Die umfangreichen Ausführungen zu den Anmerkungen sind im Internet ....<br />
abrufbar.<br />
Prüfungsklausur mit Lösung<br />
im Fach <strong>Kriminalistik</strong><br />
Von Kriminaldirektor Gerhard Schmelz,<br />
Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden,<br />
Fachbereich Polizei<br />
Die vorliegende Laufbahnprüfungsklausur für Beamtinnen<br />
und Beamte der Kriminalpolizei des Landes Hessen befasst<br />
sich mit Studieninhalten des Grund- und Hauptstudiums.<br />
Schwerpunkte: Erster Angriff, Rechtsmedizin, Bildung<br />
von besonderen Aufbauorganisationen (Soko), Ermittlungsverfahren,<br />
Fahndung und Beweislehre.<br />
Lage<br />
1. Erstmitteilung<br />
Als Bereitschaftsbeamter/-beamtin der ZKB (Zentrale Kriminalitätsbekämpfung)<br />
der PD Limburg werden Sie am<br />
Samstag, den 9. 8. 1997, um 3.40 Uhr, vom DGL der<br />
Polizeistation Limburg über folgenden Sachverhalt informiert:<br />
„Heute, um 2.50 Uhr, teilte die Zeugin A. der PST Limburg<br />
telefonisch mit, dass auf der Kreisstraße 478 zwischen<br />
den Ortschaften Offheim und Dehrn (Anlage 1) eine stark<br />
betrunkene männliche Person auf der Straße vor dem dortigen<br />
Schloss liege. Die sich zufällig in der Nähe befindliche<br />
Streife Basalt 10/24 traf drei Minuten nach der Mitteilung<br />
vor Ort ein. Die Mitteilerin und ihr Begleiter, Herr B, der<br />
sich um die auf der Straße liegende Person kümmerte, wurden<br />
vor Ort angetroffen. Auf der Straße lag eine männliche<br />
Person, aus deren Mund Erbrochenes ausgetreten war. Deutlicher<br />
Alkoholgeruch war wahrnehmbar.<br />
Da trotz intensiver Wiederbelebungsmaßnahmen kein<br />
Puls mehr fühlbar war, wurde um 3.09 Uhr der Notarzt<br />
verständigt, der um 3.17 Uhr eintraf und nach längerer<br />
Reanimation um 3.35 Uhr nur noch den Tod feststellen<br />
konnte.<br />
Zunächst haben wir einen Verkehrsunfall vermutet, gehen<br />
nun aber von einem Raubmord aus, da alle persönlichen<br />
Gegenstände des Toten fehlen und seine Kleidung<br />
beschädigt ist.“<br />
2. Eigene Feststellungen am Leichenfundort/Tatort<br />
Sie begeben sich unmittelbar nach dieser Mitteilung zum<br />
Fundort/Tatort, den Sie um 3.50 Uhr erreichen.<br />
2.1 Angetroffene Personen<br />
Am Tatort/Fundort treffen Sie sechs Beamtinnen/Beamte<br />
der PSt Limburg, die NAW-Besatzung und Mitglieder der<br />
Freiwilligen Feuerwehr Dehrn an. Die Zeugin A. und ihr<br />
Bekannter (B) befinden sich nicht mehr vor Ort.<br />
2.2 Überblick/Mitteilung ELO Ort<br />
Am Leichenfundort/Tatort verschaffen Sie sich einen Überblick.<br />
In Ergänzung zu dem bereits bekannten Sachverhalt<br />
teilt Ihnen der DGL der PSt Limburg mit, dass es sich bei<br />
dem Verstorbenen wohl zweifelsfrei um den Steffen J. aus<br />
Steeden handelt, da die Zeugin C, die zufällig in Begleitung<br />
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<strong>Kriminalistik</strong>-<strong>SKRIPT</strong>: <strong>Kriminalistik</strong><br />
ansonsten für den Straßenverkehr gesperrt ist. Dennoch<br />
wird sie gerne als kürzester Weg zwischen Dehrn und<br />
Offheim – meist von Einheimischen – genutzt.<br />
Am Leichenfundort/Tatort befindet sich rechts in Richtung<br />
Offheim ein asphaltierter Parkplatz, links Wiesengelände<br />
und zum Schloss gehörende Gebäude. Hinweise auf<br />
Kampf- oder Unfallspuren sind nicht vorhanden.<br />
2.5 Leichenschau<br />
Die Lage der Leiche wurde durch die Reanimationsmaßnahmen<br />
verändert. Jetzt ist sie nur noch mit einem weißem<br />
T-Shirt und einer Unterhose bekleidet. Die restliche Kleidung<br />
(ein Paar schwarze Herrenschuhe, eine braune Feincord-Hose<br />
und ein Paar Socken) wurden bereits sichergestellt.<br />
Die Leiche liegt in Rückenlage, der Kopf zeigt in<br />
Richtung Offheim.<br />
Anlage 1: Lage des Ereignisortes<br />
K 478<br />
Anlage 2: Eigentlicher Fundort (nicht maßstabsgerecht!)<br />
am Fundort/Tatort vorbei kam und sich ebenfalls nicht<br />
mehr vor Ort aufhält, mitteilte, diesen persönlich gut<br />
gekannt und vor Ort wiedererkannt zu haben. Außerdem<br />
erfahren Sie Namen und Anschriften der Freundin und der<br />
Eltern des Verstorbenen.<br />
2.3 Mitteilungen des Notarztes<br />
Der Verstorbene war bereits beim Eintreffen des NAW<br />
(3.17 Uhr) klinisch tot.<br />
2.4 Beschreibung des Fundortes/Tatortes (Anlage 2)<br />
Bei der Kreisstraße 478 handelt es sich um eine voll<br />
ausgebaute (asphaltierte) Straße, die für Anlieger frei,<br />
Leichenbeschreibung:<br />
Männliche Person, ca. 20 bis 22 Jahre alt, sportliche Figur,<br />
ca. 175 cm, Augen und Mund sind geschlossen, Körper ist<br />
noch fühlbar warm.<br />
Besonderheiten/Verletzungen/Schäden:<br />
• Im Gesicht sind Reste von Erbrochenem erkennbar.<br />
• Eine auffällig rote Verfärbung befindet sich an der linken<br />
Ohrmuschel (Hämatom).<br />
• Aus der Nase tritt dickflüssige, sekrethaltige Masse hervor.<br />
• In der Leistengegend ist ein aufwärts in Richtung Bauchmitte<br />
verlaufendes Hämatom schwach erkennbar.<br />
• Im Bereich der Hüfte befinden sich schwach ausgepägte,<br />
strickförmige Hämatome.<br />
• Im Rückenbereich ist das Konfluieren von Livores erkennbar.<br />
Sie sind leicht wegdrückbar.<br />
• Die Unterhose ist eingekotet.<br />
• Die Pupillen sind lichtstarr.<br />
• Die Hose ist linksseitig beschädigt (ca. 5 cm links vom<br />
Verschluss am Hosenbund eingeschnitten und dann bis<br />
zum Kniebereich bis nach unten aufgerissen); die linke<br />
Tasche ist nach außen gekehrt.<br />
• Geldbörse oder sonstige Gegenstände wurden nicht aufgefunden.<br />
• Der rechte Handrücken trägt einen Stempelaufdruck<br />
„Kirmesdisko Eschhofen“.<br />
2.6 Weitere Ermittlungen<br />
Nachdem Sie vor Ort die notwendigen Maßnahmen getroffen<br />
bzw. veranlasst haben, suchen Sie zunächst die Freundin<br />
(6.00 Uhr) und dann die Eltern des Verstorbenen (6.40<br />
Uhr) auf.<br />
2.6.1 Freundin<br />
Von der Freundin Anne S. erfahren Sie folgendes:<br />
Ihr Freund Steffen und sie seien in Eschhofen auf der<br />
dortigen Kirmesveranstaltung gewesen. Die meiste Zeit<br />
habe man sich aber mit anderen Bekannten an unterschiedlichen<br />
Örtlichkeiten aufgehalten. Zuletzt habe sie den<br />
Steffen gegen 1.00 Uhr vor dem Kirmeszelt in stark<br />
alkoholisiertem Zustand gesehen. Anschließend sei sie mit<br />
einer Freundin nach Hause gefahren. Steffen habe ein<br />
Portemonnaie und ein auffallendes Feuerzeug (Pistolenattrappe)<br />
bei sich gehabt.<br />
Steffen sei öfter von Kirmes- oder sonstigen Veranstaltungen<br />
zu Fuß nach Hause gegangen.<br />
636 9/00 <strong>Kriminalistik</strong>
<strong>Kriminalistik</strong>-<strong>SKRIPT</strong>: <strong>Kriminalistik</strong><br />
Gegen Mitternacht habe es auf der Kirmes eine Auseinandersetzung<br />
zwischen ortsansässigen Kirmesburschen und<br />
einer ausländischen Gruppierung gegeben, an der ihr Freund<br />
aber vermutlich nicht beteiligt war.<br />
2.6.2 Eltern<br />
Die Eltern des Steffen machten vor allem zu den mitgeführten<br />
Gegenständen folgende Angaben:<br />
Steffen habe ein Portemonnaie bei sich getragen, auf<br />
dessen Oberseite der Name „Harley Davidson“ fest ins<br />
Leder eingepresst war (mit Kette). In dem Portemonnaie<br />
dürften sich ca. 150 DM Bargeld, BPA, Polizeidienstausweis,<br />
Führerschein und EC-Karte befunden haben.<br />
Ferner habe er einen Schlüsselbund mit drei Schlüsseln<br />
(zwei BKS-Haustürschlüssel und ein Pkw-Schlüssel für<br />
seinen Fiat-Tipo mit auffälliger blauer Plastikumrandung)<br />
mit sich geführt. Am Schlüsselbund befand sich ein Anhänger<br />
(eine 2-3 cm lange Polizeianhaltekelle). Besonders<br />
auffällig gewesen sei sein Feuerzeug, eine Pistolenattrappe,<br />
silber mit braunen Plastikgriffschalen, Aufschrift „P 38“,<br />
mit einer echter Pistole leicht zu verwechseln.<br />
Eine Armbanduhr habe er nicht getragen.<br />
Über Schwierigkeiten oder Probleme sei nichts bekannt.<br />
Er sei ein eher „ruhiger Vertreter“ gewesen. Steffen sei<br />
derzeit in Rheinland-Pfalz in Ausbildung zum PK.<br />
2.6.3 Obduktion<br />
Nach Rücksprache mit der StA Limburg wird die Obduktion<br />
am 9. 8. 1997, ab 11.00 Uhr, im Rechtsmedizinischen<br />
Institut in Gießen vorgenommen.<br />
2.6.4 Tatortspurensicherung<br />
Am Fundort/Tatort können außer der bereits sichergestellten<br />
Kleidung des Toten lediglich auf dem angrenzenden<br />
Parkplatz diverse Zigarettenkippen und zwei scheinbar<br />
frisch abgelegte Dosen Bitburger Bier sichergestellt werden.<br />
Aufgaben (Bearbeitungszeit: 4 Zeitstunden)<br />
Aufgabe 1 (20 %) 1<br />
Erläutern Sie, welche kriminalistisch relevanten Maßnahmen<br />
im Zusammenhang mit der durchzuführenden<br />
Obduktion zu treffen sind, welche Erkenntnisse Sie von<br />
der Obduktion der Leiche erwarten und warum die Mitwirkung<br />
der Polizei bei der Obduktion von Bedeutung<br />
ist.<br />
Aufgabe 2 (35 %)<br />
Welche äußeren Verletzungen/Veränderungen müssten an<br />
der Leiche vorhanden sein, wenn man im vorliegenden Fall<br />
von einer unnatürlichen Todesart durch Ersticken ausgehen<br />
würde. Schildern und begründen Sie hierbei schwerpunktmäßig<br />
die besonderen Todesarten Erdrosseln, Erwürgen,<br />
Erhängen und Aspirationstod durch gasförmige, flüssige<br />
oder feste Stoffe und stellen Sie die jeweils wesentlichen<br />
Unterschiede deutlich heraus.<br />
Aufgabe 3 (25 %)<br />
Im vorliegenden Fall soll noch am 9. 8. 1997 eine Sonderkommission<br />
aufgestellt werden.<br />
Aufgabe 3.1<br />
Erläutern Sie, welche Vor- bzw. Nachteile beim Einsatz<br />
einer Soko allgemein zu bedenken sind.<br />
Aufgabe 3.2<br />
Begründen Sie, wie die Soko im vorliegenden Fall aufbauorganisatorisch<br />
strukturiert sein sollte.<br />
Aufgabe 3.3<br />
Welche Ermittlungsschwerpunkte sollte die Soko bilden.<br />
Aufgabe 4 (20 %)<br />
Erläutern Sie die bisher vorliegende Indiz-/Beweislage im<br />
vorliegenden Fall aus Sicht der Beweislehre und stellen Sie<br />
hierbei besonders heraus, welche Probleme zum jetzigen<br />
Zeitpunkt im Hinblick auf eine überzeugende Täterüberführung<br />
vorliegen dürften und welche Indizien/Beweise<br />
(Personen- und Sachbeweise) für eine schlüssige Täterüberführung<br />
noch erhoben werden müssten.<br />
Lösung<br />
Zu Aufgabe 1<br />
Als relevante kriminalistische Maßnahmen sollten zumindest<br />
folgende erörtert werden:<br />
• Fotografische Dokumentation<br />
• Abkleben der Leiche<br />
• Fingernagelschmutz sichern<br />
• Haarproben sichern<br />
• Restliche Kleidung sichern<br />
• Blutentnahme veranlassen<br />
Als mögliche Erkenntnisse, die durch die Obduktion zu<br />
erlangen sind, sollten folgende Bereiche behandelt werden:<br />
• Todesursachenermittlung (natürlicher Tod?, Ersticken/<br />
Aspiration?, Vergiftung?, stumpfe/scharfe Gewalt?)<br />
• Todeszeitbestimmung (in Ergänzung zu den vorliegenden<br />
Erkenntnissen)<br />
• Mageninhalt?<br />
• Tatrekonstruktion (Verletzungen)<br />
• Fundort = Tatort?<br />
• Mithilfe zur Identifizierung<br />
Bei der Bedeutung der (indirekten) Mitwirkung der Polizei<br />
bei der Obduktion sollten folgende Bereiche behandelt<br />
werden:<br />
• Information der Staatsanwaltschaft<br />
• Identifizierung (gem. § 88 StPO)<br />
• Spurensicherung (Entkleidung, Fingernagelschmutz)<br />
• Dokumentation (Foto)<br />
• Vor allem: Informationsaustausch im Hinblick auf<br />
• Ermittlungsstand, Ermittlungshinweise (zeitnahe Information<br />
an Soko, Ermittlungsführer)<br />
• Hinweise an den Obduzenten (Tat-/Geschehensablauf)<br />
• Anregung weiterer Untersuchungen/Sicherstellungen<br />
(toxikologische ?)<br />
Zu Aufgabe 2<br />
Schwerpunktmäßige Erläuterung der äußeren Veränderungen/Verletzungen:<br />
Erdrosseln 1 :<br />
Zyanose, Dunsung, Drosselmarke (gleichmäßig tiefer Eindruck,<br />
horizontaler, symetrischer Verlauf), Exchymosen,<br />
Schaumpilz, Abgang von Kot bzw. Urin, Abwehrverletzungen<br />
Erwürgen 1 :<br />
Zyanose, Dunsung, Würgemale (von vorne oder hinten,<br />
postmortale Ausdrocknung), Ekchymosen, Schaumpilz,<br />
Abgang von Kot bzw. Urin, Abwehrverletzungen<br />
<strong>Kriminalistik</strong> 9/00<br />
637
<strong>Kriminalistik</strong>-<strong>SKRIPT</strong>: <strong>Kriminalistik</strong><br />
Erhängen 1 :<br />
Dunsung, Verletzungen an Extremitäten, Ekchymosen, Zyanose,<br />
Strangmarke (Verlauf zum Aufhängepunkt, Negativabdruck<br />
des Werkzeuges, grundsätzlich oberhalb des Kehlkopfes,<br />
Hahnenkammbildung, asymetrischer Verlauf), Abgang<br />
von Kot, Urin, Ejakulat<br />
Aspirationstod durch gasförmige,<br />
flüssige oder feste Stoffe 1 :<br />
Gasförmig: Farbe der Haut bzw. der Leichenflecke,<br />
Erstickungserscheinungen?<br />
flüssig: Schaumpilz, Erstickungserscheinungen?<br />
fest: Erstickungserscheinungen<br />
Zu Aufgabe 3<br />
Zu Aufgabe 3.1<br />
Vorteile<br />
Konzentration auf einen Tatkomplex<br />
Intensität der Ermittlungen<br />
• Ideenfindung, Gruppendynamik, Erfahrungskumulation,<br />
Teamwork<br />
Motivation<br />
Personelle, materielle Ausstattung<br />
Flexibilität (Arbeitszeiten, Ablauforganisation)<br />
• Überschaubare Gliederung, kurze Entscheidungs-/Informationswege<br />
Nachteile:<br />
Schwächung der Regelorganisation<br />
Personal und Sachmittel aus anderen Bereichen<br />
Mehrarbeit zu Lasten der Regelorganisation<br />
Räumlichkeiten<br />
Qualifizierung eingesetzter Beamter/Anfahrtswege<br />
Sachausstattung<br />
• Informationsverluste mit Regelorganisation/Schnittstellenprobleme<br />
Erfolgs-/Zeitdruck<br />
• Komplexität des Informationsaufkommens, Arbeitsteilung,<br />
Informationsstand der eingesetzten Kräfte<br />
• Gesamtdokumentation<br />
Zu Aufgabe 3.2<br />
Am vorliegenden Fall könnte die Aufbauorganisation wie<br />
folgt dargestellt werden 2 :<br />
• Leitung der Soko durch erfahrenen Beamten/in<br />
• Zentrale Aktenführung durch geeignete Beamte in der<br />
Nähe zum Soko-Leiter aufgrund der Informations- und<br />
Kommunikationsprobleme<br />
• Zentrale Hinweisaufnahme (zumindest in der Anfangsphase),<br />
da mit erhöhtem Hinweisaufkommen zu rechnen<br />
ist.<br />
• Soko-Abschnitt Fahndung mit den Schwerpunkten Öffentlichkeitsfahndung<br />
(potentielle Zeugen) und Sachfahndung<br />
(fehlende Gegenstände)<br />
• Soko-Abschnitt Ermittlung mit der Aufgabe der Abklärung<br />
des Opfers, seines Umfeldes sowie der Täterermittlung<br />
inklusive der Bearbeitung der Spuren- und Beweislage.<br />
Zu Aufgabe 3.3<br />
Ermittlungsschwerpunkte:<br />
• Zeugenermittlung im Bereich der Kirmesveranstaltung,<br />
zumal die Kirmes über das Wochenende noch läuft (ein-<br />
schließlich der bekannt gewordenen Schlägerei zwischen<br />
Ausländern und Kirmesburschen)<br />
• Nachbarschaftsbefragungen im Bereich des Fundortes<br />
• Nachbarschaftsbefragungen im Bereich der Kirmes und<br />
entlang der mutmaßlichen Fahrtstrecke bzw. Fußweges<br />
• Öffentlichkeitsfahndung (Presse, Handzettel)<br />
• Großflächige Spurensuche um den Fundort inklusive der<br />
Fahrtstrecke Eschhofen–Dehrn<br />
• Sachfahndung<br />
• Eingabe der Personalpapiere in INPOL<br />
• Ermittlungen EC-Karte<br />
• Beschaffung von Vergleichsstücken<br />
• Fundbüros<br />
• Ermittlungen bei Ausbildungskollegen<br />
Zu Aufgabe 4<br />
Vorliegende Indizien/Beweise (aus Sicht der Beweislehre)<br />
3 :<br />
(Spurenlage - Beweislage), Indiz, Beweis, Indiz-/Beweisbündel<br />
(-ring), -kette<br />
Fallbezogen:<br />
Kleidung und Leiche:<br />
• Derzeitige Beweisrelevanz? Bedeutung der Untersuchungsstellen<br />
für Spurensuche /-sicherung<br />
• Äußere Verletzungen: augenscheinlich nicht todesursächlich<br />
• Innere Verletzungen?<br />
• Erbrochenes: Aspirationstod?<br />
• Obduktionserkenntnisse: noch nicht bekannt<br />
Tatort/Fundort:<br />
• Zigarettenkippen: Beweisrelevanz?<br />
• Bierdosen: Beweisrelevanz?<br />
• Erbrochenes<br />
Probleme:<br />
Relevante Indizien/Beweise für Täterüberführung (derzeit)<br />
kaum vorhanden; keine schlüssige Indiz-/ Beweiskette<br />
(Begründung)<br />
Erforderlich zur Täterüberführung sind weitere Beweise<br />
wie:<br />
• Mikrospuren an der Leiche bzw. an der Kleidung (Fasern,<br />
DNA-relevante Spuren wie Haare, Blut oder sonstige<br />
Sekrete),<br />
• Wiederauffinden der nicht mehr vorhandenen Gegenstände<br />
(Begründung),<br />
• Personalbeweise (Täter, Mittäter, Zeugen).<br />
Abschließend sollte die besondere Bedeutung des Personalbeweises<br />
zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens herausgestellt<br />
werden, da die objektive Beweislage derzeit für<br />
eine Täterüberführung noch nicht ausreichen dürfte.<br />
Literatur:<br />
1 Dietz, G., „Gerichtliche Medizin“ J. A. Barth Leipzig (1970). Forster, B.,<br />
Ropohl, D. „Mediznische <strong>Kriminalistik</strong> am Tatort“, Enke Verlag (1993).<br />
Penning, R., Rechtsmedizin systemisch, UniMed Verlag AG (1996).<br />
Schwerd, W., Lehrbuch der Rechtsmedizin für Mediziner und Juristen,<br />
Deutscher Ärzte Verlag GmbH (1979). Wirth, I., Strauch, H. J., Rechtsmedizin,<br />
Grundwissen für die Ermittlungspsraxis, <strong>Kriminalistik</strong> Verlag<br />
(2000).<br />
2 BKA-Forschungsreihe Band 31 „Effektivität und Effizienz kriminalpolizeilicher<br />
Organisationsformen auf Zeit“ (1994). BKA-Forschungsgruppe<br />
„Soko Leitfaden“ (1997).<br />
3 Polizei Aktuell Band 37 „Beweis und Beweisverbote“ (1985). Nack, A.,<br />
„Beweislehre“, in <strong>Kriminalistik</strong>-Handbuch für Praxis und Wissenschaft,<br />
Band 2, S. 189 ff., Hrsg. Störzer, Kube, Timm, Boorberg Verlag (1994)<br />
638 9/00 <strong>Kriminalistik</strong>
<strong>Kriminalistik</strong>-<strong>SKRIPT</strong>: Bürgerliches Recht<br />
Eigentumserwerb vom<br />
Nichtberechtigten<br />
– Die Regelungen über den Eigentumserwerb<br />
vom Nichtberechtigten an beweglichen Sachen<br />
gem. §§ 929, 932 BGB und ihre Bedeutung für die<br />
Verwirklichung von Straftatbeständen, dargestellt<br />
an Hand von Fällen –<br />
Von Regierungsdirektor Erwin Poppe,<br />
Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege<br />
Niedersachsen, Fachbereich Polizei<br />
Grundsatz<br />
Der Grundsatz, dass nur der Eigentümer einer Sache in der<br />
Lage ist, sein Eigentumsrecht an einen anderen zu übertragen,<br />
kommt in der die Eigentumsübertragung an beweglichen<br />
Sachen regelnden Vorschrift des § 929 BGB dadurch<br />
zum Ausdruck, dass dort auf der Seite des Übertragenden<br />
vom Eigentümer der zu übereignenden Sache die Rede ist.<br />
Dieser Grundsatz wird jedoch durch die Regelungen<br />
über den Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten der<br />
§§ 932ff. durchbrochen, da diese Vorschriften den Eigentumsübergang<br />
an den Erwerber auch für den Fall vorsehen,<br />
dass der eine Partner dieses Eigentumsübertragungsgeschäftes,<br />
der Veräußerer, selbst gar nicht Eigentümer der<br />
Sache ist (§ 932 Abs.1 S.1).<br />
Beispiel:<br />
Wenn T eine dem E gehörende Sache in Besitz hat – z. B. als<br />
Entleiher – so ist es ihm prinzipiell möglich, diese Sache an den<br />
gutgläubigen (d.h., an das Eigentum des T glaubenden) Erwerber<br />
K zu veräußern und ihn damit unter Verlust des Eigentums bei E<br />
zum Eigentümer der Sache zu machen, ohne selbst je Eigentümer<br />
gewesen zu sein.<br />
Dieser Veräußerer wird dadurch somit in die Lage versetzt,<br />
Rechte zu übertragen, die ihm selbst nicht zustehen, was<br />
ersichtlich einen Eingriff in die Rechtsposition des wirklichen<br />
Eigentümers bedeutet und an dieser Stelle bereits die<br />
Frage nach der strafrechtlichen Relevanz solchen Verhaltens<br />
ihm gegenüber auslöst.<br />
Der gesetzgeberische Grund für diese nicht ohne weiteres<br />
einleuchtende Privilegierung des Erwerbers zu Lasten<br />
des Sacheigentümers ist der Vertrauensschutzgrundsatz<br />
dahingehend, dass die tatsächliche Rechtslage dem äußeren<br />
Rechtsschein entspricht.<br />
Grundidee dieser Vertrauenschutzregelungen ist der<br />
Schutz des Rechtsverkehrs .<br />
Im Zusammenhang mit der Regelung des § 932 BGB<br />
ergibt sich dieser Rechtsschein aus der in § 1006 BGB<br />
enthaltenen (widerlegbaren) gesetzlichen Vermutung, dass<br />
der jeweilige Besitzer einer beweglichen Sache für die Zeit<br />
seines Besitzes auch Eigentümer der Sache sei.<br />
Kurz:<br />
Wer vom Besitzer erwirbt darf grundsätzlich darauf<br />
vertrauen, dass er vom Eigentümer erwirbt.<br />
Den Interessenkonflikt zwischen dem bisherigen Eigentümer<br />
(E) und dem Erwerber (K) entscheidet das BGB<br />
zugunsten des K, wenn E die ihm gehörende Sache willentlich<br />
aus seinem Besitz gegeben hat (etwa in Form der<br />
Leihe, der Miete, eines Werkvertrages zu Reparaturzwekken)<br />
und zugunsten des E, wenn die Sache ohne oder gegen<br />
seinen Willen aus seinem Besitz gelangt ist (z. B. durch<br />
Diebstahl oder durch Verlieren). Denn § 935 BGB schließt<br />
den Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten und damit<br />
den Eigentumsverlust beim Eigentümer in den dort genannten<br />
Fällen aus, mag der Erwerber auch noch so fest an<br />
das Eigentum des Veräußerers geglaubt haben.<br />
(Ausnahme § 935 Abs. 2: Geld, Inhaberpapiere – wie<br />
z. B. Inhaberaktien – sind auch nach Abhandenkommen<br />
gutgläubig erwerbbar. In diesen Fällen wird dem Vertrauensschutz<br />
des gutgläubigen Erwerbers wegen des Erfordernisses<br />
reibungsloser Umlauffähigkeit dieser Sachen Vorrang<br />
eingeräumt. Ebensolchen Vorrang genießt der gutgläubige<br />
Erwerb bei einer öffentlichen Versteigerung.).<br />
Anmerkung:<br />
Dieser Beitrag beschränkt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />
auf den Grundfall des Übereignungsgeschäfts der §§ 929,<br />
932 BGB. Auf eine Darstellung der Erwerbsvorgänge gem.<br />
§§ 930, 933 sowie §§ 931, 933 BGB wird daher an dieser Stelle<br />
verzichtet.<br />
Zivil- und strafrechtliche Bedeutung<br />
Je nachdem, ob gutgläubiger Erwerb stattfinden kann oder<br />
nicht, ergeben sich zwischen Eigentümer, Veräußerer und<br />
Erwerber unterschiedliche zivilrechtliche Beziehungen mit<br />
entsprechend unterschiedlichen strafrechtlichen Folgen:<br />
Konstellation A:<br />
T hat vom Eigentümer (E) ein Buch unentgeltlich für einen<br />
Monat überlassen bekommen und veräußert es für 100 DM<br />
weiter an den K, der T für den Eigentümer hält.<br />
1. Bürgerlich rechtliche Vorgänge:<br />
• Zwischen E und T ist ein Leihvertrag gem. § 568 BGB<br />
zustande gekommen, der den T zum vertragsgemäßen<br />
Gebrauch (§ 603 BGB) mit dem Verbot der Weitergabe der<br />
Sache ohne Erlaubnis des Verleihers sowie zur Rückgabe<br />
(§ 604 BGB) verpflichtet.<br />
• Aufgrund dieses Vertrages ist es zur Übertragung des<br />
unmittelbaren Besitzes an dem Buch an den T gekommen.<br />
• Zwischen T und K ist ein Kaufvertrag (§ 433 BGB) über<br />
das dem E gehörende Buch geschlossen worden, mit dem<br />
sich der T gegenüber K zur Übertragung von Eigentum und<br />
Besitz (§ 433 Abs. 1) und K gegenüber T zur Zahlung des<br />
Kaufpreises (§ 433 Abs. 2) verpflichtet hat.<br />
• In Erfüllung der vorgenannten Verpflichtungen haben<br />
zwischen T und K zwei Rechtsgeschäfte i.S. § 929 BGB<br />
stattgefunden: Einigung und Übergabe bezüglich des Buches<br />
(T an K) sowie bezüglich des Kaufpreises (K an T).<br />
Zwar gehörte das Buch nicht dem T. Da jedoch K an<br />
dessen Eigentum glaubte und ihm bezüglich dieses Glaubens<br />
auch kein Vorwurf grober Fahrlässigkeit (§ 932 Abs.<br />
2) gemacht werden kann (das kann z. B. der Fall sein, wenn<br />
ein extrem niedriger Kaufpreis oder die äußeren Umstände<br />
des Angebots auf Hehlerware schließen lassen) und das<br />
Buch auch nicht ohne bzw. gegen den Willen des E aus<br />
dessen Besitz gelangt ist (§ 935 BGB), ist K Eigentümer<br />
geworden und E hat sein Eigentum verloren.<br />
2. Strafrechtliche Bewertung:<br />
• § 263 StGB des T zu Lasten des E:<br />
Hat T bereits bei Abschluss des Leihvertrages (bzw. bei<br />
Entgegennahme des Buches) den Willen zur Weiterveräußerung<br />
gehabt, so hat er E einen in Wirklichkeit nicht<br />
vorhandenen Rückgabewillen vorgespiegelt und somit über<br />
eine innere Tatsache getäuscht.<br />
(Wird fortgesetzt)<br />
<strong>Kriminalistik</strong> 9/00<br />
639
KR-<strong>SKRIPT</strong>-Info<br />
Stichwörter: Operative Fallanalyse (OFA),<br />
ViCLAS (Violent Crime Linkage Analysis<br />
System),<br />
Täter-Profiling<br />
Von Kriminaldirektor Gerhard Schmelz,<br />
Verwaltungshochschule Wiesbaden, Fachbereich Polizei<br />
Fortsetzung zu KR-<strong>SKRIPT</strong>-Info 8/00, S. 576.<br />
1. Historie<br />
1.1 USA<br />
R. K. Kessler begann 1975 in der verhaltenspsychologischen<br />
Abteilung des FBI „Behavioral Science Unit“ (BSU) mit ersten<br />
Untersuchungen zu diesem Problembereich, als er zunächst 36<br />
verurteilte Sexualmörder und später über hundert weitere verurteilte<br />
Vergewaltiger und andere Gewaltverbrecher interviewte.<br />
Aufgrund dieser ersten Daten erstellte er erste „Persönlichkeitsprofile“.<br />
Das FBI begründete 1985 die Datenbank VICAP (Violent<br />
Criminal Apprehension Program), in der bis 1993 bereits insgesamt<br />
über 7000 Gewaltverbrechen gespeichert waren. Mit dieser<br />
Anwendung will das FBI reisenden Mördern in den USA auf die<br />
Spur kommen, zumindest aber Zusammenhänge zwischen einzelnen<br />
Taten erkennen.<br />
1.2 Österreich<br />
Das Projekt „IMAGO 300“ wird im Herbst 1993 in folgenden<br />
Phasen gestartet:<br />
1. Phase: Vorerhebung bei allen relevanten Polizeidienststellen<br />
in Österreich d.h. Meldung aller sexuell motivierten<br />
Tötungsdelikte vom 1. 1. 1975 bis zum 31. 12. 1993<br />
2. Phase: Auswertung relevanter Daten<br />
3. Phase: Eingabe in Eingabemaske (in Zusammenarbeit mit<br />
FBI und BKA)<br />
Projektziele<br />
1. Anlage einer zentralen Täterdatei<br />
2. Ermittlungshilfe bei künftigen Delikten (Tatortanalyse, Täterprofilerstellung)<br />
3. Aufhellung der Motivfrage bei scheinbar motivlosen Taten<br />
4. Überprüfung der US-amerikanischen Ergebnisse über Tatortanalyse<br />
und Profilerstellung auf europäische Verhältnisse aus<br />
polizeilicher Sicht<br />
4-Phasen-Modell<br />
Der Ablauf einer Tötungshandlung läßt sich in vier Phasen<br />
unterteilen:<br />
1. Vortatverhalten und Planung<br />
2. Tötungshandlung<br />
3. Beseitigung der Leiche<br />
4. Verhalten nach der Tat<br />
In jeder Tatphase trifft der Täter seine Persönlichkeit individuell<br />
betreffende Entscheidungen und macht Aussagen zu seinen<br />
spezifischen Fähigkeiten. Besonderer Beachtung ist hierbei der<br />
„Personifizierung“ zu widmen. Personifizierung meint das Täterverhalten,<br />
das über „die eigentliche Tatbegehung hinausgeht“<br />
und Täterphantasien realisiert. Es stellt sich daher die Frage, was<br />
der Täter getan hat, was er zur Durchführung des Verbrechens<br />
nicht tun hätte müssen?<br />
Wenn ein Täter bei mehreren Delikten das gleiche, über die<br />
eigentliche Tatbegehung hinausgehende Verhalten wiederholt,<br />
spricht man von der Täterhandschrift !<br />
(Wird fortgesetzt)<br />
<strong>Kriminalistik</strong><br />
Unabhängige Zeitschrift für die kriminalistische Wissenschaft und Praxis<br />
54. Jahrgang<br />
Herausgeber:<br />
Dr. Klaus Ulrich Kersten,<br />
Präsident des Bundeskriminalamtes<br />
Gerhard Müller,<br />
Leiter des LKA Hamburg<br />
Hans-Eberhard Gersonde,<br />
Direktor des Landeskriminalamtes<br />
Schleswig-Holstein<br />
Uwe Kranz,<br />
Präsident des LKA Thüringen<br />
Wilfried Kusber,<br />
Direktor des LKA Niedersachsen<br />
Günther Flossmann<br />
Direktor des LKA Sachsen-Anhalt<br />
Axel Lüdders,<br />
Direktor des LKA Brandenburg<br />
Hans-Heinrich Preußinger,<br />
Präsident des LKA Rheinland-Pfalz<br />
Peter Raisch,<br />
Präsident des LKA Sachsen<br />
Hartmut Rohmer,<br />
Direktor des LKA Nordrhein-Westfalen<br />
Franz-Hellmut Schürholz,<br />
Präsident des LKA Baden-Württemberg<br />
Klaus Jürgen Timm,<br />
Direktor des Hessischen LKA<br />
Hans-Ulrich Voß,<br />
Landeskriminalpolizeidirektor,<br />
Leiter des LKA Berlin<br />
Harald Weiland<br />
Direktor des LKA Saarland<br />
Ingmar Weitemeier,<br />
Direktor des LKA Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
Heinz Haumer,<br />
Präsident des Bayerischen LKA<br />
Hans-Martin Zimmermann,<br />
Ltd. Kriminaldirektor, Leiter des Fachbereichs<br />
II der Polizei-Führungsakademie<br />
Kurt Niederhauser,<br />
Kommandant der Kantonspolizei Bern<br />
Redaktion:<br />
Waldemar Burghard,<br />
Direktor des LKA Nds. a. D., Sandbrink 1,<br />
49086 Osnabrück, Telefon 0541/3864 01,<br />
Telefax 0541/385706 (Chefredakteur).<br />
Horst Clages,<br />
Ltd. Kriminaldirektor a. D.,<br />
Wolkenburgstraße 25, 53604 Bad Honnef,<br />
Telefon 02224/941031<br />
(verantwortlich für KR-<strong>SKRIPT</strong>).<br />
Prof. Dr. Edwin Kube,<br />
Abteilungsleiter im Bundeskriminalamt<br />
Prof. Dr. Jürgen Vahle,<br />
Dornberger Straße 38, 33615 Bielefeld,<br />
Tel. 05 21/123223 (verantw. für Recht<br />
aktuell)<br />
Redaktion Schweiz:<br />
Dr. Roman Pfister (Koordination),<br />
Bereichsleiter bei der Stadtpolizei Zürich,<br />
Postfach 2214, 8021 Zürich,<br />
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++41(0)12167189,<br />
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20, 74189 Weinsberg.<br />
ISSN 0023-4699<br />
640 9/00 <strong>Kriminalistik</strong>