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Steigerung von Qualität und Ausbeute in der ... - DASGIP

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Blitzlicht Biomanufactur<strong>in</strong>g<br />

<strong>Steigerung</strong> <strong>von</strong> <strong>Qualität</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Ausbeute</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Wirkstoffproduktion<br />

Christian Kaiser, Stefan Krüß, Michael Küchler, Richter-Helm BioLogics, Hamburg<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Multifermentersysteme im Litermaßstab hat <strong>in</strong> den vergangenen Jahren stetig<br />

zugenommen. Dabei ist sowohl die messtechnische Ausrüstung als auch die verfahrenstechnische<br />

Gestaltung <strong>der</strong> Bioreaktorsysteme vorangetrieben worden. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> verbesserten<br />

Vergleichbarkeit zwischen den small-scale-Fermentern <strong>und</strong> Bioreaktoren im Labor-, Technikums-<br />

<strong>und</strong> Produktionsmaßstab werden diese heute für das Screen<strong>in</strong>g <strong>von</strong> Stämmen <strong>und</strong> Fermentationsparametern<br />

sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Prozessentwicklung als auch für Scale-down-Experimente<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Dabei erlauben erweiterte Monitor<strong>in</strong>goptionen die Identifizierung qualitätskritischer<br />

Attribute (CQA) <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Zusammenhang mit Prozesskenngrößen im laufenden Prozess,<br />

e<strong>in</strong> wesentlicher Anspruch <strong>der</strong> PAT-Initiative <strong>der</strong> FDA. In parallelen Kultivierungen im kle<strong>in</strong>en<br />

Maßstab haben Forscher die Chance, mit ger<strong>in</strong>gem Zeit- <strong>und</strong> Kostenaufwand die kritischen<br />

Prozessparameter (CPP) zu erforschen. Methoden <strong>der</strong> statistischen Versuchsplanung (DoE – Design<br />

of Experiments) stellen dabei die effiziente Planung <strong>der</strong> durchzuführenden Versuche sicher<br />

<strong>und</strong> helfen, Wechselwirkungen zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Faktoren zu identifizieren. Durch e<strong>in</strong>en<br />

geeigneten Grad an Prozessautomatisierung können die Prozesse <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> vorgegebenen<br />

Grenzen geführt <strong>und</strong> damit die Reproduzierbarkeit <strong>der</strong> Bioreaktionsprozesse erhöht werden.<br />

Wie die verbesserten technischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zu e<strong>in</strong>er effizienteren Prozessentwicklung<br />

beitragen, zeigt das folgende Beispiel e<strong>in</strong>es zu entwickelnden Upstream-Prozesses für die<br />

Wirkstoffproduktion mit dem Bakterium Escherichia coli.<br />

Herstellungsprozesse rekomb<strong>in</strong>anter Produkte<br />

<strong>in</strong> Bioreaktoren basieren im Wesentlichen auf<br />

den zellbiologischen Produktionsorganismen<br />

Bakterien, Hefen sowie tierischen bzw. Humanzelll<strong>in</strong>ien.<br />

Die Expression rekomb<strong>in</strong>anter<br />

(therapeutischer) Prote<strong>in</strong>e wird ungeachtet<br />

aufkommen<strong>der</strong> eukaryotischer Expressionssysteme<br />

wie etwa CHO-Zellen, Pichia pastoris,<br />

Saccharomyces cerevisiae sowie Hansenula<br />

polymorpha immer noch am häufigsten mit<br />

Abb. 1: Prozessverlauf e<strong>in</strong>er Kultivierung im 1 L-Multifermentersystem; pO 2 : relativer Gelöstsauerstoffpartialdruck;<br />

F R1 : Zufütterrate aus dem Reservoir 1 (Glukose); c XL : Biotrockenmasse;<br />

J L : Flüssigphasentemperatur; c S1M : Glukosekonzentration <strong>in</strong> <strong>der</strong> Medienphase;<br />

c P1L : Zielprote<strong>in</strong>konzentration; V L : flüssiges Reaktionsvolumen<br />

www.laborwelt.de<br />

dem hervorragend charakterisierten Host-<br />

System Escherichia coli durchgeführt 1 . Die<br />

e<strong>in</strong>fache Kultivierung, das schnelle Wachstum<br />

sowie die ger<strong>in</strong>gen Kosten für die benötigten<br />

Fermentationsmedien stellen dabei offensichtliche<br />

Vorteile dar.<br />

Durch die große Anzahl verfügbarer Stämme<br />

<strong>und</strong> Expressionsvektoren ergibt sich bei E. coli<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl <strong>von</strong> Möglichkeiten, schon auf<br />

molekularbiologischer Ebene E<strong>in</strong>fluss auf die<br />

Zielproduktbildung zu nehmen. Hierbei steht<br />

neben e<strong>in</strong>em hohen Expressionsniveau bei<br />

E. coli auch die Art <strong>der</strong> Expression im Fokus.<br />

Die Expression <strong>in</strong> unlöslichen (nicht aktiven)<br />

E<strong>in</strong>schlusskörpern (Inclusion bodies – IBs)<br />

bietet e<strong>in</strong>e höhere Stabilität des Zielproduktes<br />

gegenüber Proteasen <strong>und</strong> verr<strong>in</strong>gert die<br />

Kontam<strong>in</strong>ation des Startmaterials für die<br />

Aufre<strong>in</strong>igung durch zelleigene Prote<strong>in</strong>e. Dem<br />

steht entgegen, dass <strong>der</strong> Rückfaltungsprozess<br />

für jedes Prote<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuell entwickelt <strong>und</strong><br />

optimiert werden muss. Ineffiziente Prozesse<br />

bee<strong>in</strong>flussen dabei die Produktausbeute<br />

negativ <strong>und</strong> können zur Kontam<strong>in</strong>ation des<br />

Zielproduktes durch falsch gefaltete Derivate<br />

führen, welche sich später schlecht abre<strong>in</strong>igen<br />

lassen 2 .<br />

Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse<br />

wurden alle mit e<strong>in</strong>em rekomb<strong>in</strong>anten E. coli<br />

BL21-Stamm erzielt, welcher e<strong>in</strong> hitze<strong>in</strong>duzierbares,<br />

<strong>von</strong> Richter-Helm BioLogics konstruiertes<br />

Expressionsplasmid trägt. Bei dem<br />

Zielprote<strong>in</strong> handelt es sich um e<strong>in</strong> humanes<br />

API, welches als Fusionsprote<strong>in</strong> hauptsächlich<br />

<strong>in</strong> IBs exprimiert wird.<br />

Reproduzierbare Ergebnisse mit<br />

automatisiertem Drei-Phasen-Prozess<br />

Nach <strong>der</strong> Auswahl e<strong>in</strong>es Produktionsstammes<br />

muss e<strong>in</strong>e geeignete Prozessführungsstrategie<br />

entwickelt werden, um e<strong>in</strong>e<br />

optimale Produkt ausbeute im Upstream<br />

zu erzielen. Um e<strong>in</strong>e hohe volumetrische<br />

Produktivität zu erzielen, wird E. coli dafür<br />

häufig <strong>in</strong> Fed-Batch-Prozessen zu hohen<br />

Zelldichten herangezüchtet. Dies br<strong>in</strong>gt<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> nachfolgenden GMP-<br />

Produktion Kosten- <strong>und</strong> Zeitvorteile, wenn<br />

Rüstzeiten sowie aufwendige CIP-Prozeduren<br />

<strong>und</strong> Re<strong>in</strong>igungsvalidierungen zu berücksichtigen<br />

s<strong>in</strong>d. Exemplarisch ist e<strong>in</strong>e generische<br />

Fed-Batch-Kultivierung, die als Startpunkt<br />

für die Upstream-Prozessentwicklung bei<br />

Richter-Helm BioLogics dient, <strong>in</strong> Abbildung 1<br />

dargestellt. Der Prozess lässt sich im Wesentlichen<br />

<strong>in</strong> drei Prozessphasen unterteilen. Die<br />

unlimitierte Batch-Phase, die substratlimitierte<br />

Fed-Batch-Phase sowie die Produktionsphase,<br />

die ebenfalls im Fed-Batch-Modus<br />

durchgeführt wird.<br />

18 | 11. Jahrgang | Nr. 3/2010 LABORWELT


Tab 1: Wichtige die Zielprote<strong>in</strong>expression bee<strong>in</strong>flussende Parameter 3-6<br />

Parameter Variationen Parameter Variationen<br />

Medium M<strong>in</strong>eralmedium Induktion Induktionstemperatur<br />

Semi-def<strong>in</strong>iertes Medium Zeitpunkt <strong>der</strong> Induktion<br />

Komplexmedium Induktorkonzentration<br />

Spurenelemente Induktorzugabe<br />

Am<strong>in</strong>osäuren pH Sollwert<br />

Vitam<strong>in</strong>e pH-Profil<br />

Zufütterung L<strong>in</strong>eares Profil Temperatur Sollwert<br />

Exponentielles Profil Temperaturprofil<br />

Komb<strong>in</strong>ation aus exp. <strong>und</strong> l<strong>in</strong>. Profil pO 2 Sollwert<br />

Zur Verbesserung <strong>der</strong> Reproduzierbarkeit <strong>und</strong><br />

Vergleichbarkeit <strong>von</strong> Ergebnissen steht e<strong>in</strong>e<br />

Reihe <strong>von</strong> Automatisierungsmöglichkeiten<br />

zur Verfügung. Das verwendete Multifermentersystem<br />

<strong>der</strong> Firma <strong>DASGIP</strong>®, Jülich,<br />

bietet hierfür e<strong>in</strong>e sehr geeignete Auswahl<br />

an Regelungs- <strong>und</strong> Steuerungsmöglichkeiten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> systemzugehörigen Software<br />

<strong>DASGIP</strong>®-Control 4.0. Je<strong>der</strong> zur Verfügung<br />

stehende Regler (pH, pO 2 , Temperatur, Zufütterpumpen,<br />

Begasungsraten) kann über alle<br />

vorhandenen Prozessgrößen <strong>und</strong> Schaltzeiten<br />

getriggert <strong>und</strong> damit an-, aus- o<strong>der</strong> mehrfach<br />

geschaltet werden. Zusätzlich können Filter-<br />

<strong>und</strong> Verzögerungszeiten e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />

um e<strong>in</strong>e fehlerhafte Initiation <strong>der</strong> Regler zu<br />

vermeiden <strong>und</strong> serielle Steuerungen zu realisieren.<br />

Für die e<strong>in</strong>zelnen Regler besteht die<br />

Möglichkeit, konstante Sollwerte vorzugeben<br />

sowie zeitlich o<strong>der</strong> an an<strong>der</strong>e Prozessgrößen<br />

gekoppelte Profile <strong>in</strong> Form <strong>von</strong> Tabellen o<strong>der</strong><br />

Funktionen vorzugeben. Für die pO 2 -Regelung<br />

steht zusätzlich e<strong>in</strong>e Kaskade zur Verfügung,<br />

um über die Drehzahl, die Begasungsrate<br />

<strong>und</strong> die Gasmischung <strong>von</strong> Luft <strong>und</strong> O 2 e<strong>in</strong>e<br />

ausreichende Sauerstoffversorgung <strong>der</strong><br />

Zellen über den gesamten Prozessverlauf<br />

sicherzustellen.<br />

In dem <strong>in</strong> Abbildung 1 dargestellten<br />

Prozessverlauf stellt die Initialisierung <strong>der</strong><br />

pO 2 -Drehzahlregelung die erste Automatisierungsaufgabe<br />

dar. Sobald <strong>der</strong> pO 2 -Wert für<br />

mehr als 30 Sek<strong>und</strong>en unter den Sollwert <strong>von</strong><br />

30% fällt, wird diese gestartet.<br />

Anschließend muss <strong>der</strong> vollständige Verbrauch<br />

<strong>der</strong> vorgelegten Glukose detektiert<br />

werden, um die Glukosezufütterung <strong>und</strong><br />

damit die Fed-Batch-Phase zu <strong>in</strong>itialisieren.<br />

Als Trigger kann hierbei <strong>der</strong> pO 2 -Wert genutzt<br />

werden. Überschreitet dieser e<strong>in</strong>en Wert <strong>von</strong><br />

45% für mehr als 30 Sek<strong>und</strong>en, wird e<strong>in</strong> vorgegebenes<br />

Zufütterprofil gestartet. Für die<br />

Glukosezufütterung stehen dabei – genau wie<br />

für die Korrekturmittel Säure, Lauge <strong>und</strong> Antischaummittel<br />

– kont<strong>in</strong>uierlich ansteuerbare<br />

Präzisionsschlauchpumpen zur Verfügung.<br />

Abb. 2: Prote<strong>in</strong>bildungsk<strong>in</strong>etik bei unterschiedlichen Induktionstemperaturen; c XL := Biotrockenmasse;<br />

c P1L := Zielprote<strong>in</strong>konzentration; J Ind := Induktionstemperatur<br />

Blitzlicht Biomanufactur<strong>in</strong>g<br />

Die Pumpenkalibrierung erfolgt automatisiert<br />

<strong>und</strong> simultan prä-experimentell über<br />

die <strong>DASGIP</strong>®-Control-Software mit Hilfe <strong>von</strong><br />

Differenzwägungen <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Medien. Die Umrechnung <strong>der</strong> relativen <strong>in</strong> die<br />

absoluten Zufütterraten erfolgt system<strong>in</strong>tern.<br />

Über die E<strong>in</strong>gabe des Startvolumens zu<br />

Kultivierungsbeg<strong>in</strong>n sowie die E<strong>in</strong>gabe <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen Probenahmeraten steht je<strong>der</strong>zeit<br />

das gesamte aktuelle Fermentationsvolumen<br />

während des Prozesses zur Verfügung.<br />

Die letzte Automatisierungsaufgabe stellt<br />

dann die Induktion <strong>der</strong> Kultur für die Initialisierung<br />

<strong>der</strong> Produktionsphase dar. Bei<br />

Temperatur-<strong>in</strong>duzierbaren Systemen erfolgt<br />

dies über e<strong>in</strong>e Erhöhung <strong>der</strong> Kultivierungstemperatur,<br />

bei chemisch <strong>in</strong>duzierbaren System<br />

durch Zugabe e<strong>in</strong>es Induktors. Die Induktion<br />

kann dabei entwe<strong>der</strong> zeitlich an e<strong>in</strong> Ereignis<br />

geb<strong>und</strong>en (z.B. 1 St<strong>und</strong>e nach Start <strong>der</strong> Zufütterung)<br />

o<strong>der</strong> aber an die aktuelle Zelldichte<br />

gekoppelt werden. Diese kann onl<strong>in</strong>e sowohl<br />

über e<strong>in</strong>e Trübungsmessung als auch über<br />

die Abgasmessung berechnet werden (Daten<br />

nicht dargestellt).<br />

<strong>Qualität</strong>skritische Parameter<br />

<strong>und</strong> Prozessoptimierung<br />

Das systematische Screen<strong>in</strong>g nach optimalen<br />

Parametern während <strong>der</strong> Prozessentwicklung<br />

ist nicht nur <strong>von</strong> entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung,<br />

um maximale Produktausbeuten zu<br />

erreichen, son<strong>der</strong>n liefert auch zusätzlich<br />

wichtige Informationen, um die Robustheit<br />

des Upstream-Prozesses zu beurteilen. Diese<br />

können im Folgenden e<strong>in</strong>gesetzt werden, um<br />

Spezifikationen <strong>und</strong> Grenzen für den Produktionsprozess<br />

zu def<strong>in</strong>ieren, <strong>und</strong> geben erste<br />

entscheidende H<strong>in</strong>weise für die <strong>in</strong> den kl<strong>in</strong>ischen<br />

Phasen anstehende Prozessvalidierung.<br />

Je mehr Informationen während <strong>der</strong> Phase <strong>der</strong><br />

Prozessentwicklung generiert werden, desto<br />

ger<strong>in</strong>ger fällt oft <strong>der</strong> Arbeits- <strong>und</strong> Zeitaufwand<br />

für diese entscheidende <strong>und</strong> kosten<strong>in</strong>tensive<br />

Phase auf dem Weg zur Marktzulassung aus.<br />

E<strong>in</strong>en Überblick über wichtige, die Zielprote<strong>in</strong>expression<br />

bee<strong>in</strong>flussende Parameter gibt<br />

die Tabelle 1. Da e<strong>in</strong> komplettes Screen<strong>in</strong>g aller<br />

Parameter schon alle<strong>in</strong> aus Kosten- <strong>und</strong> Zeitgründen<br />

nicht realistisch ist, muss zunächst<br />

e<strong>in</strong>e geeignete Auswahl getroffen werden.<br />

Hierfür muss die Art <strong>der</strong> Expression (löslich<br />

vs. IBs; zytoplasmatisch vs. sekretiert) sowie<br />

die verwendete Komb<strong>in</strong>ation Vektor-Stamm-<br />

Produkt berücksichtigt werden. Auf Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>von</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur beschriebenen Prozessen<br />

sowie den vorliegenden Erfahrungen konnte<br />

entschieden werden, welche Parameter <strong>in</strong><br />

welchem Wertebereich untersucht werden<br />

sollten.<br />

Es wurden <strong>in</strong>sgesamt 26 Kultivierungen im<br />

1 L-Maßstab durchgeführt, wobei die <strong>in</strong> Tabelle<br />

1 farblich h<strong>in</strong>terlegten Parameter untersucht<br />

wurden. Im ersten Ansatz wurde <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss<br />

LABORWELT 11. Jahrgang | Nr. 3/2010 | 21


Blitzlicht Biomanufactur<strong>in</strong>g<br />

Abb. 3: E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Induktionstemperatur (TInd) sowie <strong>der</strong> optischen Dichte zu Induktionsbeg<strong>in</strong>n<br />

(ODInd) auf das IB/sol-Verhältnis sowie die Zielprote<strong>in</strong>konzentration<br />

verschiedener Medien h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Prote<strong>in</strong>expression<br />

analysiert. Dabei zeigte sich, dass<br />

e<strong>in</strong> semi-def<strong>in</strong>iertes Glukosemedium unter<br />

Zusatz <strong>von</strong> pflanzlichem Pepton zur besten<br />

Expressionsleistung führt. Der Produkttiter<br />

<strong>von</strong> 1,2 g/L (Abb. 1) liegt dabei deutlich höher<br />

als auf semi-def<strong>in</strong>ierten Glycer<strong>in</strong>medien (ca.<br />

320 mg/L) <strong>und</strong> glukosehaltigem M<strong>in</strong>eralmedium<br />

(ca. 900 mg/L). Zusätzlich ergab sich das<br />

beste IB/sol-Verhältnis (Verhältnis Inclusion<br />

bodies zu löslichem Prote<strong>in</strong>) <strong>von</strong> etwa 90%<br />

zu 10% bei E<strong>in</strong>satz des semi-def<strong>in</strong>ierten Glukosemediums.<br />

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, zeigt <strong>der</strong><br />

verwendete Stamm e<strong>in</strong>e sehr gute Prote<strong>in</strong>expression<br />

während <strong>der</strong> ersten vier bis<br />

sechs St<strong>und</strong>en nach Induktion. Anschließend<br />

ist ke<strong>in</strong>e nennenswerte Zielprote<strong>in</strong>bildung<br />

mehr zu verzeichnen. Als mögliche Ursachen<br />

wurden im ersten Ansatz e<strong>in</strong>e zu ger<strong>in</strong>ge<br />

Wachstumsrate – bed<strong>in</strong>gt durch das l<strong>in</strong>eare<br />

Zufütterprofil –, genetische Instabilität o<strong>der</strong><br />

fehlende Medienzusätze <strong>in</strong> Betracht gezogen.<br />

Mit Hilfe <strong>der</strong> folgenden Versuche konnte die<br />

genetische Instabilität ausgeschlossen werden.<br />

Die Produktausbeuten wurden durch den<br />

Zusatz <strong>von</strong> Pepton im Feedmedium sowie e<strong>in</strong>e<br />

exponentielle Zufütterung mit e<strong>in</strong>er Wachstumsrate<br />

<strong>von</strong> µ w = 0,2 h –1 zwar leicht auf ca. 1,5<br />

g/L verbessert, die Prote<strong>in</strong>expression erfolgte<br />

jedoch auch hier nur während <strong>der</strong> ersten St<strong>und</strong>en<br />

nach Induktion.<br />

Um den Zellstress durch die hohe Induktionstemperatur<br />

sowie die hohe Expressionsleistung<br />

zu reduzieren, wurden im nächsten<br />

Ansatz unterschiedliche Expressionstemperaturen<br />

untersucht. Zusätzlich wurden Experimente<br />

durchgeführt, bei denen die Kulturen<br />

bei höheren Zelldichten <strong>in</strong>duziert wurden, um<br />

e<strong>in</strong>en höheren, Zellmasse-geb<strong>und</strong>enen Produkttiter<br />

zu erreichen. Die Planung <strong>der</strong> Experimente<br />

erfolgte dabei nach den Methoden <strong>der</strong><br />

statistischen Versuchsplanung. Die E<strong>in</strong>gangsgrößen<br />

waren dabei die Induktionstemperatur<br />

sowie die optische Dichte zu Induktionsbeg<strong>in</strong>n.<br />

Als Zielgrößen wurden die Produktausbeute<br />

sowie das IB/sol-Verhältnis def<strong>in</strong>iert.<br />

Die Ergebnisse e<strong>in</strong>es Ansatzes im Multifermentersystem<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Abbildung 2 dargestellt.<br />

Dabei wurden dieselben Medien <strong>und</strong> Zufütterprofile<br />

für alle vier Fermenter verwendet,<br />

was <strong>der</strong> synchrone Verlauf <strong>der</strong> Biomassebildung<br />

(c XL ) wi<strong>der</strong>spiegelt. Es ist offensichtlich,<br />

dass bereits bei e<strong>in</strong>er Induktionstemperatur<br />

<strong>von</strong> 40°C im Vergleich zu 42°C die Phase <strong>der</strong><br />

Produktbildung leicht verlängert werden<br />

konnte. Bei e<strong>in</strong>er weiteren Herabsetzung <strong>der</strong><br />

Induktionstemperatur auf 38°C konnte bei<br />

gleichbleibend starker Expressionsleistung<br />

die Zielprote<strong>in</strong>bildung über den gesamten<br />

Prozess aufrechterhalten <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Produkttiter<br />

mit 4.5 g/L entscheidend verbessert<br />

werden.<br />

Durch e<strong>in</strong>e spätere Induktion <strong>der</strong> Kulturen<br />

(5 h nach Feedstart) <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit e<strong>in</strong>er<br />

Induktionstemperatur <strong>von</strong> 38°C konnte die<br />

Endkonzentration des Zielprote<strong>in</strong>s weiter<br />

auf 7,5 g/L gesteigert werden (Daten nicht<br />

dargestellt).<br />

Der E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> betrachteten Faktoren<br />

unter Verwendung <strong>der</strong> statistischen Versuchsplanung<br />

ist <strong>in</strong> Abbildung 3 dargestellt.<br />

Daraus wird ersichtlich, dass e<strong>in</strong>e niedrige<br />

Induktionstemperatur <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />

e<strong>in</strong>er hohen Zelldichte zu Induktionsstart zu<br />

den besten Produkttitern führt. E<strong>in</strong> Nachteil<br />

<strong>der</strong> ger<strong>in</strong>geren Induktionstemperatur ist dabei<br />

das schlechtere IB/sol-Verhältnis (70% zu<br />

30%) im Vergleich zur Induktion bei höheren<br />

Temperaturen. Durch die wesentlich höhere<br />

Produktbildung bei niedrigen Temperaturen<br />

kann <strong>der</strong> Verlust an IBs jedoch vernachlässigt<br />

werden.<br />

Im weiteren Verlauf des Projektes konnte<br />

die Produktkonzentration durch die Variation<br />

des verwendeten pflanzlichen Peptons <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>e verlängerte Expressionsphase bis auf 11<br />

g/L erhöht werden. Anschließend wurde <strong>der</strong><br />

Prozess erfolgreich <strong>in</strong> den 10 L-Maßstab skaliert<br />

<strong>und</strong> – bed<strong>in</strong>gt durch den besseren Sauerstoffe<strong>in</strong>trag<br />

<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene längere<br />

Expressionsphase – e<strong>in</strong>e Produktkonzentration<br />

<strong>von</strong> mehr als 20 g/L erzielt werden.<br />

22 | 11. Jahrgang | Nr. 3/2010 LABORWELT<br />

Fazit<br />

In dem hier vorgestellten Projekt wurden <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Multifermentersystem im Labormaßstab<br />

26 Kultivierungen für die Upstream-<br />

Prozessentwicklung durchgeführt. Durch die<br />

parallele Prozessführung werden dabei identische<br />

Startbed<strong>in</strong>gungen durch den E<strong>in</strong>satz<br />

<strong>der</strong> gleichen Vorkulturen sichergestellt <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

schnelles <strong>und</strong> effizientes Parameterscreen<strong>in</strong>g<br />

ermöglicht. Durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Automatisierung<br />

<strong>der</strong> Fermentationsprozesse wurde die<br />

Vergleichbarkeit <strong>und</strong> Reproduzierbarkeit <strong>der</strong><br />

Kultivierungen gewährleistet.<br />

Es wurden <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> verwendeten<br />

Medien <strong>und</strong> Medienzusätze, die Zufütterprofile<br />

für die Fed-Batch-Phase sowie die<br />

Induktionstemperatur <strong>und</strong> <strong>der</strong> Induktionszeitpunkt<br />

näher untersucht. Dabei wurden auch<br />

Verfahren <strong>der</strong> statistischen Versuchsplanung<br />

(DoE) e<strong>in</strong>gesetzt. Durch die Absenkung <strong>der</strong><br />

Induktionstemperatur konnte die Expressionsphase<br />

entscheidend verlängert <strong>und</strong> damit<br />

die Produktkonzentration deutlich gesteigert<br />

werden. Die Produktausbeute konnte dadurch<br />

um 1 L-Maßstab <strong>von</strong> 1,2 g/L auf 11 g/L nahezu<br />

verzehnfacht werden.<br />

Literatur<br />

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Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g Science, 61, 876-885<br />

Korrespondenzadresse<br />

Dr. Christian Kaiser<br />

Richter-Helm BioLogics, Hamburg<br />

Habichthorst 30, 22459 Hamburg<br />

C.Kaiser@richter-helm-biologics.eu

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