Art. 24 ArGV 3 - Seco
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Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz<br />
2. Kapitel: Besondere Anforderungen der Gesundheitsvorsorge<br />
3. Abschnitt: Arbeitsplätze<br />
<strong>Art</strong>. <strong>24</strong> Besondere Anforderungen<br />
<strong>Art</strong>. <strong>24</strong><br />
<strong>Art</strong>ikel <strong>24</strong><br />
Besondere Anforderungen (Ergonomie)<br />
1<br />
Bei den Arbeitsplätzen muss so viel freier Raum vorhanden sein, dass sich die Arbeitnehmer bei ihrer<br />
Tätigkeit unbehindert bewegen können.<br />
2<br />
Ständige Arbeitsplätze sind so zu gestalten, dass in zwangsloser Körperhaltung gearbeitet werden<br />
kann. Sitze müssen bequem und der auszuführenden Arbeit sowie dem Arbeitnehmer angepasst<br />
sein; nötigenfalls sind Arm- und Fussstützen anzubringen.<br />
3<br />
Die Arbeitsplätze sind so einzurichten, dass, wenn möglich, sitzend oder wechselweise sitzend und<br />
stehend gearbeitet werden kann. Kann die Arbeit nur stehend verrichtet werden, so sind Sitzgelegenheiten<br />
zur zeitweisen Benützung bereitzustellen.<br />
4<br />
Arbeitsplätze sind durch geeignete Massnahmen, wie Schutzwände oder räumliche Trennung, so<br />
einzurichten, dass die Arbeitnehmer vor Gesundheitsbeeinträchtigungen durch benachbarte Betriebseinrichtungen<br />
oder Lager geschützt sind.<br />
5<br />
Von ständigen Arbeitsplätzen aus muss die Sicht ins Freie vorhanden sein. In Räumen ohne Fassadenfenster<br />
sind ständige Arbeitsplätze nur zulässig, wenn durch besondere bauliche oder organisatorische<br />
Massnahmen sichergestellt ist, dass den Anforderungen der Gesundheitsvorsorge insgesamt<br />
Genüge getan ist.<br />
1. Absatz 1<br />
Als freie Bewegungsfläche am Arbeitsplatz müssen<br />
für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeit<br />
nehmer mindestens 1,5 m 2 zur Verfügung stehen,<br />
unabhängig von der <strong>Art</strong> der Arbeit.<br />
Zusätzlich ist folgendes zu beachten:<br />
Die Gestaltung des einzelnen Arbeitsplatzes (räumliche<br />
Konfiguration) im engeren Sinne umfasst:<br />
• den Zugang zum Arbeitsplatz und<br />
• den erforderlichen Bewegungsraum für die Arbeit.<br />
Während der Zugang zum Arbeitsplatz eher selten<br />
ergonomische Probleme aufwirft, ist ein ausreichender<br />
Bewegungsraum am Arbeitsplatz eine<br />
grundlegende Voraussetzung für die unbehinderte<br />
Arbeitsausführung.<br />
1.1 Grundsätze<br />
Der Zugang zum Arbeitsplatz erfüllt die ihm zukommende<br />
Funktion, wenn:<br />
• der Arbeitsplatz ohne Behinderung erreicht und<br />
verlassen werden kann, er frei von Hindernissen<br />
ist und ohne Körperdrehung oder andere<br />
Zwangshaltung durchschritten werden kann,<br />
• der Zugang die notwendigen Materialtransporte<br />
zulässt.<br />
Der erforderliche Bewegungsraum (Wirkraum) für<br />
den Menschen und seine Gliedmassen hängt von<br />
der auszuführenden Tätigkeit und den Körpermassen<br />
ab. Eine Berücksichtigung dieser individuellen<br />
Gegebenheiten ist im Einzelfall unerlässlich.<br />
Nebst der Körpergrösse sind vor allem zwei Aspekte<br />
zu berücksichtigen:<br />
• die Übertragung grösserer Kräfte (über 150 N)<br />
und<br />
• die Bedienung und Wartung von Betriebsmitteln.<br />
Sind am Arbeitsplatz grössere Kräfte zu übertragen,<br />
so muss der verfügbare Raum so bemessen<br />
sein, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
ungehindert den ganzen Körper bewegen<br />
können.<br />
SECO, August 2006<br />
3<strong>24</strong> - 1
<strong>Art</strong>. <strong>24</strong><br />
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz<br />
2. Kapitel: Besondere Anforderungen der Gesundheitsvorsorge<br />
3. Abschnitt: Arbeitsplätze<br />
<strong>Art</strong>. <strong>24</strong> Besondere Anforderungen<br />
Sind Betriebsmittel zu benutzen, zu bedienen oder<br />
zu warten, so bestimmt sich der notwendige Bewegungsraum<br />
sowohl nach der Körpergrösse der<br />
Benutzer als auch nach der Körperhaltung bei der<br />
Arbeit.<br />
1.2 Richtmasse für den Raumbedarf<br />
Damit Arbeiten ohne Behinderung ausgeführt<br />
werden können, sollen die Richtmasse in Abbildung<br />
3<strong>24</strong>-1 für bestimmte Körperhaltungen und<br />
Körperstellungen mindestens erfüllt werden.<br />
Beinfreiraum<br />
Besonders zu beachten ist die Bemessung des<br />
Beinfreiraumes unter Arbeitsplatten bei sitzender<br />
Tätigkeit (vgl. Abbildungen 3<strong>24</strong>-2 und 3<strong>24</strong>-3). Für<br />
besonders grosse oder besonders kleine Personen<br />
müssen individuelle Lösungen gesucht werden.<br />
Kompromisse hinsichtlich der lichten Beinraumhöhe<br />
sind unerlässlich, wenn eine ausreichende<br />
Beinraumhöhe in Konkurrenz zu einer entspannten<br />
Rumpf- und Armhaltung steht. Dies ist immer<br />
dann der Fall, wenn Tastaturen zu betätigen oder<br />
auf der Arbeitsplatte montierte Vorrichtungen benutzt<br />
werden müssen.<br />
Bewegungsraum<br />
Das Erfordernis eines ausreichenden Bewegungsraumes<br />
wird mit zwei Beispielen in den Abbildungen<br />
3<strong>24</strong>-4 bzw. 3<strong>24</strong>-5 verdeutlicht: Beide sind für<br />
Arbeiten mit oder ohne Informations- und Kommunikationselemente,<br />
z.B. Bildschirmgeräte, geeignet.<br />
Besondere Bewegungsräume sind bei der Inspektion,<br />
Wartung oder Instandsetzung von technischen<br />
Einrichtungen und Geräten zu beachten. Hier ergeben<br />
sich Körperstellungen wie Knien, Stehen<br />
gebückt, Liegen bäuchlings und Liegen rücklings.<br />
Eine ausreichende Grösse des Wartungsraumes ist<br />
sowohl aus der Sicht der Arbeitssicherheit als auch<br />
40<br />
60<br />
195<br />
120 75<br />
80<br />
30 o<br />
15 o<br />
Reichweite<br />
110<br />
91 - 101<br />
80<br />
min. 60<br />
Beinfreiraum<br />
70 15<br />
120<br />
140<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-1: Wirkraum des Menschen in verschiedenen Arbeitssituationen (Masse in cm)<br />
3<strong>24</strong> - 2
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3. Abschnitt: Arbeitsplätze<br />
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Anzustrebende minimale<br />
Breite des Beinraumes 70 – 80 cm<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-2: Beinfreiraum an Arbeitstischen; ausreichend<br />
für 95 Prozent der Männer (Masse in cm)<br />
Mindestbreite<br />
des Beinraumes 58 cm<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-3: Mindestfreiraum bei Tastatur- oder Vorrichtungsbenutzung<br />
(Masse in cm)<br />
der Ergonomie zu gewährleisten und der zusätzliche<br />
Platzbedarf für Bauteilewechsel, Werkzeuge<br />
oder Schutzbekleidung ist zu berücksichtigen.<br />
Arbeitsmöbel müssen so aufgestellt werden, dass es zu keiner<br />
Behinderung des Bewegungsablaufs während des Sitzens<br />
/ Aufstehens kommt.<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-4: Büroarbeitsplatz (Masse in cm)<br />
Beim Schaltertisch ist für die Arbeit im Sitzen genügend<br />
Beintraum bzw. im Stehen genügend Fussraum vorzusehen.<br />
Eine Tischlänge von 200 cm ist erforderlich, wenn auf<br />
der Arbeitsfläche ein Bildschirmgerät aufgebaut wird.<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-5: Schalterarbeitsplatz im Rauminnern (Masse<br />
in cm)<br />
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3. Abschnitt: Arbeitsplätze<br />
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2. Absatz 2<br />
Mit der Forderung nach zwangloser Körperhaltung<br />
beim Arbeiten werden vor allem folgende<br />
Ziele angestrebt:<br />
• Verringern der ungünstigen Belastung des Menschen,<br />
• Erleichtern der Arbeitsausführung,<br />
• Verbessern der Effizienz menschlicher Arbeit,<br />
• Ermöglichen einer unbehinderten Arbeitsweise.<br />
2.1 Zwangshaltungen<br />
Diese Ziele dienen der Gesundheitserhaltung,<br />
gleichzeitig aber auch einer verbesserten Leistungsfähigkeit<br />
durch Herabsetzung unnötiger körperlicher<br />
Belastung am Arbeitsplatz. Es müssen vor<br />
allem unnatürliche Körperhaltungen, sogenannte<br />
Zwangshaltungen, vermieden werden. Darunter<br />
versteht man physiologisch ungünstige Haltungen,<br />
die bestimmte Körperteile durch statische Muskelarbeit<br />
übermässig belasten und die Durchblutung<br />
und Entschlackung der beteiligten Muskulatur behindern.<br />
Zwangshaltungen sind besonders häufig Ursache<br />
körperlicher Beschwerden und Störungen.<br />
Die Ausschaltung oder grösstmögliche Herabsetzung<br />
jeder <strong>Art</strong> von Haltearbeit (z.B. Rumpf, Arme)<br />
muss bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der<br />
Arbeit sowie bei der Konstruktion der Maschinen<br />
und Werkzeuge der wichtigste Grundsatz sein.<br />
Dabei ist folgendes zu beachten:<br />
• Man vermeide gebeugte oder andere ungünstige<br />
Körperhaltungen. Seitliches Beugen des Rumpfes<br />
oder des Kopfes strengen mehr an als Beugen<br />
nach vorn.<br />
• Arbeiten im Bücken, Hocken, Knien, Liegen oder<br />
Überkopfarbeit am ständigen Arbeitsplatz sind<br />
so weit möglich zu vermeiden.<br />
• Man vermeide das frontale oder seitliche Verharren<br />
der Arme in ausgestreckter Haltung. Solche<br />
Stellungen setzen auch die Präzision und die Geschicklichkeit<br />
der Handarbeit herab.<br />
• Armbewegungen sollten entweder entgegengesetzt<br />
oder parallel ausgeführt werden.<br />
• Die Höhe des Arbeitsfeldes (Arbeitshöhe oder<br />
Tischhöhe) soll eine optimale Sehdistanz und<br />
Kopfstellung bei natürlicher Körperhaltung gewährleisten.<br />
Je kleiner die optimale Sehdistanz,<br />
um so höher muss das Arbeitsfeld sein.<br />
• Griffe, Bedienungshebel, Werkzeuge, Arbeitsgüter<br />
sollen an Maschinen und Arbeitsplätzen so<br />
angeordnet sein, dass die häufigsten Bewegungen<br />
körpernah und mit gebeugten Ellbogen ausgeführt<br />
werden können.<br />
• Mit Ellbogen-, Unterarm- oder Handstützen kann<br />
die Haltearbeit der Arme vermindert werden.<br />
2.2 Arbeits- und Sitzhöhen<br />
Arbeitstische, Werkbänke und Arbeitsstühle sind<br />
bei der Berufsarbeit die häufigsten Betriebsmittel.<br />
Die Arbeits- und Sitzhöhen sind für die Gesundheit<br />
von ausschlaggebender Bedeutung. Die Arbeitshöhe<br />
(Höhe des Arbeitsfeldes) muss neben<br />
den Körpermassen auch den Arbeitsgegenstand<br />
berücksichtigen.<br />
Die erforderliche Höhe von Tischen und Werkbänken<br />
hängt zudem davon ab, ob die Arbeit im Stehen<br />
verrichtet werden muss, oder ob Sitzarbeit<br />
bzw. Sitz- und Steharbeit im Wechsel möglich ist.<br />
feine Arbeit leichte Arbeit schwerere Arbeit<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-6: Tischhöhen bei stehender Arbeit<br />
3<strong>24</strong> - 4
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2. Kapitel: Besondere Anforderungen der Gesundheitsvorsorge<br />
3. Abschnitt: Arbeitsplätze<br />
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<strong>Art</strong>. <strong>24</strong><br />
Tabelle 3<strong>24</strong>-1: Tischhöhen bei stehender Arbeit (Anhaltswerte<br />
in cm)<br />
2.3 Arbeitstische<br />
Für stehend ausgeführte Tätigkeiten sind Tischhöhen<br />
am günstigsten, die 5 bis 10 cm unter der Ellbogenhöhe<br />
liegen. Die durchschnittliche Ellbogenhöhe<br />
beträgt für Männer 105 cm und für Frauen<br />
98 cm.<br />
Neben diesen allgemeinen, anthropometrisch begründeten<br />
Angaben muss auch die <strong>Art</strong> der Arbeit<br />
Berücksichtigung finden (vgl. Abb. 3<strong>24</strong>-6 und Tab.<br />
3<strong>24</strong>-1).<br />
Für sitzend ausgeführte Tätigkeiten ist bei Feinund<br />
Kontrollarbeiten, die Sehentfernung entsprechend<br />
zu senken, was im allgemeinen mit dem<br />
Anheben der Arbeitsfläche erreicht wird.<br />
Für eine angenehme Körperhaltung ist es unerlässlich,<br />
dass die Beine ungehindert bewegt werden<br />
können (Beinfreiraum siehe Abs. 1). Die Wahl<br />
grösserer Tischhöhen ist zweckmässiger, da bei<br />
kleinen Personen die richtige Körperhaltung durch<br />
Anpassung der Sitzhöhe und den Einsatz von Fussstützen<br />
erreicht werden kann (vgl. Tab. 3<strong>24</strong>-2).<br />
Arbeit mit Tastatur u. Bildschirm<br />
Tabelle 3<strong>24</strong>-2: Tischhöhen bei sitzender Arbeit (Anhaltswerte<br />
in cm)<br />
Höhenverstellbare Arbeitstische zur individuellen<br />
Anpassung der Arbeitshöhe sind anzustreben,<br />
um den häufig variierenden Anforderungen<br />
gerecht zu werden.<br />
2.4 Arbeitsstühle<br />
Für alle Arbeiten, die ganz oder teilweise im Sitzen<br />
verrichtet werden können, müssen besondere Sitzgelegenheiten<br />
vorhanden sein, die zur bequemen<br />
und stützenden Sitzhaltung eine Rückenlehne haben.<br />
Sehr wichtig ist die Anpassung des Stuhls an<br />
die individuelle Konstitution der auf ihm sitzenden<br />
Person. Hierfür sollte die Benutzerin resp. der Benutzer<br />
die Anweisungen in der Gebrauchsanleitung<br />
kennen und diese befolgen.<br />
Wo aufgrund des Arbeitsablaufs oder der Arbeitseinrichtungen<br />
andere Formen von Sitzgelegenheiten,<br />
z.B. Hochstühle mit Fussstützen, Hocker, Stehsitze,<br />
üblich oder erforderlich sind, können diese<br />
als Sitzgelegenheiten dienen. Auch an Sitzen zum<br />
kurzfristigen Hinsetzen während der Arbeit, z.B. in<br />
Verkaufsgeschäften, sollen Rückenlehnen vorhanden<br />
sein (vgl. <strong>Art</strong>. <strong>24</strong> Abs. 3).<br />
Die Höhen von Arbeitstisch und Arbeitssitz müssen<br />
aufeinander abgestimmt sein.<br />
Bei der Auswahl und Verwendung von Arbeitsstühlen<br />
ist folgendes zu beachten:<br />
vordere mittlere hintere<br />
Sitzhaltung Sitzhaltung Sitzhaltung<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-7: Dynamisches Sitzen<br />
2.4.1 Sitzfläche<br />
Allgemein empfohlen wird eine Sitzflächenbreite<br />
von 40 bis 45 cm und eine Sitztiefe von 38 bis<br />
42 cm. Grundsätzlich sollten bei der Wahl der Sitz-<br />
SECO, August 2006<br />
3<strong>24</strong> - 5
<strong>Art</strong>. <strong>24</strong><br />
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3. Abschnitt: Arbeitsplätze<br />
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form die individuellen Körpermasse berücksichtigt<br />
werden. Sie soll so ausgelegt sein, dass kleine Änderungen<br />
der Sitzrichtung, aber auch der Sitzhaltung<br />
möglich sind (sogenanntes dynamisches Sitzen,<br />
vgl. Abb. 3<strong>24</strong>–7).<br />
Empfohlen wird ein Kippmechanismus für die Neigung<br />
der Sitzfläche von 2° vorwärts bis 14° rückwärts<br />
gegenüber der Horizontalen.<br />
Eine leichte Neigung der Sitzfläche nach vorn ist<br />
vorteilhaft, vor allem bei Tätigkeiten mit visueller<br />
Betrachtung von Details. Sie ermöglicht eine grössere<br />
Öffnung des Winkels zwischen Wirbelsäule<br />
und Becken. Für Tätigkeiten, die einen Wechsel<br />
zwischen vorwärts und rückwärts geneigter sowie<br />
aufgerichteter Sitzhaltung ermöglichen, eignen<br />
sich jedoch besser Stühle mit leicht nach hinten<br />
geneigter Sitzfläche (3° bis 8° gegenüber der Horizontalen).<br />
Dies gilt sowohl für den Bürobereich<br />
als auch für die Mehrzahl der industriellen Arbeitsplätze.<br />
2.4.2 Rückenlehne<br />
Neben der Sitzfläche ist auch der Rückenlehne,<br />
dem Kernstück des Arbeitsstuhles Aufmerksamkeit<br />
zu schenken. Sie hat die Aufgabe, bei verschiedenen<br />
Sitzhaltungen eine gute Abstützung<br />
des Rückens (insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule)<br />
und damit eine Entlastung der Bandscheiben<br />
zu gewährleisten. Daher soll die Rückenlehne<br />
verstellt, geneigt und in der ausgewählten<br />
Neigung arretiert werden können. Wertvoll für die<br />
Gesundheit ist die Nutzung einer vorhandenen<br />
«Synchronmechanik», bei welcher die Rückenlehne<br />
den Rücken in einem flexibel einnehmbaren<br />
grösseren Winkelbereich abstützt. Die Stützkraft<br />
ist hierbei dem Körpergewicht anzupassen.<br />
In bestimmten Fällen ist eine hohe, bis auf die<br />
Schulterhöhe reichende Rückenlehne empfehlenswert.<br />
Dies gilt vor allem für Tätigkeiten, die notwendigerweise<br />
mit dauerndem Sitzen verbunden<br />
sind, z.B. für die intensive Arbeit an Bildschirmgeräten<br />
(Datenerfassung usw.), Kontrollarbeiten. Der<br />
Vorteil einer Abstützung auch des oberen Rückenteils<br />
steht aber oftmals im Widerspruch zur Forderung<br />
nach einer unbehinderten Arbeitsausführung.<br />
Fühlt sich jemand durch eine hohe Rückenlehne<br />
eingeengt oder in der Beweglichkeit von Oberkörper<br />
und Armen bei der Arbeit eingeschränkt,<br />
so ist eine halbhohe Rückenlehne vorzuziehen.<br />
2.4.3 Sitzhöhe<br />
Die geeignete Sitzhöhe entspricht dem individuellen<br />
Abstand zwischen Kniekehle und dem Boden,<br />
gemessen bei entspannter Beinmuskulatur.<br />
Beachte die Verstellbarkeit der einzelnen Komponenten:<br />
Tisch, Stuhl und Fussstütze<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-9: Arbeitsplatzsystem «Sitzende Arbeitsweise»<br />
Bei der Bildschirmarbeit sind die Eigenschaften und die<br />
Einstellung des Arbeitssitzes von besondere Bedeutung.<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-10: Stuhl für Bildschirmarbeitsplatz<br />
3<strong>24</strong> - 6
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2. Kapitel: Besondere Anforderungen der Gesundheitsvorsorge<br />
3. Abschnitt: Arbeitsplätze<br />
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<strong>Art</strong>. <strong>24</strong><br />
Arbeitssitze sollen grundsätzlich höhenverstellbar<br />
sein:<br />
• 42 bis 55 cm für Bürositze. (EN-Norm: Der Mindesthöhenverstellbereich<br />
für Bürostühle beträgt<br />
10 cm; die Grenzwerte 42 bzw. 51.5 cm müssen<br />
enthalten sein.)<br />
• 35 bis 48 cm oder bis zu 63 cm bei ausserordentlichen<br />
Höhen des Arbeitsfeldes, z.B. an Maschinen<br />
und Fliessbändern.<br />
2.4.4 Fussstützen<br />
Wenn eine einwandfreie Sitzhaltung mit Hilfe des<br />
Arbeits- bzw. Bürostuhls allein nicht erreicht werden<br />
kann, z.B. bei kleineren Personen und generell<br />
bei einer relativ hohen Lage des Arbeitsfeldes,<br />
ist der Arbeitsplatz zusätzlich mit einer Fussstütze<br />
auszustatten.<br />
Fussstützen müssen so beschaffen sein, dass die<br />
Füsse ganzflächig aufgesetzt werden können. Sie<br />
sollen in Höhe und Neigung verstellbar sein (Neigungswinkel<br />
im allgemeinen 25º). Allfällige Steuer-<br />
und Schaltpedale für Geräte müssen in die<br />
Fussstütze flächenbündig und unverrückbar integriert<br />
sein.<br />
Auf harten Böden sind weiche Rollen, auf weichen<br />
Böden harte Rollen geeignet. Zum Schutz vor<br />
Wegrollen sollen Rollen unter Belastung gebremst<br />
sein.<br />
Informationen:<br />
- SECO-Broschüre 710.068.d Sitzen bei der Arbeit<br />
3. Absatz 3<br />
Ein Arbeitsplatz, der einen wahlweisen Wechsel<br />
zwischen stehender und sitzender Arbeitshaltung<br />
zulässt, wird aus arbeitsphysiologischer Sicht als<br />
sehr günstig beurteilt. Tatsächlich werden im Stehen<br />
nicht die gleichen Muskeln beansprucht wie<br />
im Sitzen, so dass jeder Haltungswechsel zu einer<br />
Entlastung bestimmter Muskelgruppen führt. Auch<br />
die Versorgung der Bandscheiben mit Nährstoffen<br />
wird günstig beeinflusst. Dennoch, das Ausmass<br />
statischer Muskelarbeit für die Körperhaltung im<br />
Stehen ist deutlich grösser als im Sitzen, und auch<br />
der Kreislauf wird stärker beansprucht.<br />
2.4.5 Armstützen<br />
Armstützen an Stühlen dienen der Entlastung von<br />
Schulter und Arm.<br />
Ellbogen- und Armstützen, z.B. auf Arbeitstischen,<br />
sind vor allem bei einer besonderen Armhaltung<br />
erforderlich, die sich bei einer grossen Höhe des<br />
Arbeitsfeldes (Feinarbeit, kurze Sehdistanz) ergibt.<br />
Aber auch bei feinmotorischen Präzisionsarbeiten,<br />
wenn Arm und Hände einer vom Arbeitstisch unabhängigen<br />
Unterstützung bedürfen.<br />
Sie sollen geformt, verstellbar, allenfalls auch gepolstert<br />
sein und unnötige Haltearbeit der Arme<br />
(Zwangshaltung) verhindern.<br />
2.4.6 Kippsicherheit<br />
Das Untergestell von Drehstühlen muss mindestens<br />
5 Abstützpunkte haben. Es dürfen Rollen oder<br />
Gleiter verwendet werden, Rollen jedoch nur bei<br />
Stühlen, deren Sitzhöhe auf nicht höher als 65 cm<br />
einstellbar sind.<br />
Höhenverstellbarer Arbeitsstuhl mit drehbarem<br />
Unterteil (Fussstütze), welcher verschiedene<br />
Tätigkeiten in unterschiedlicher Sitzhöhe ermöglicht.<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-11: Stuhl für Werkstattarbeitsplatz<br />
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3<strong>24</strong> - 7
<strong>Art</strong>. <strong>24</strong><br />
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz<br />
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Bei der Einrichtung von Arbeitsplätzen ist deshalb<br />
generell folgendes zu beachten:<br />
Für Arbeiten, deren Durchführung im Sitzen<br />
möglich ist, müssen Stühle zur Verfügung stehen<br />
(vgl. <strong>Art</strong>. <strong>24</strong> Abs. 2 <strong>ArGV</strong> 3).<br />
Wo immer möglich, soll ein Wechsel zwischen<br />
sitzender und stehender Arbeit ermöglicht werden.<br />
Besonders wichtig sind Haltungswechsel u.a. bei<br />
folgenden Arbeitsbelastungen:<br />
• Arbeiten, die mit Zwangshaltungen (resultierend<br />
aus unnatürlichen Körperhaltungen, überwiegendem<br />
Stehen oder Sitzen) verbunden sind,<br />
• Arbeiten mit einförmiger Belastung. Es handelt<br />
sich dabei um Tätigkeiten mit relativ kurzen Wiederholungszyklen<br />
mit einförmiger Belastung immer<br />
gleicher Muskeln und Gelenke,<br />
• Arbeiten mit langandauernden, reizarmen Überwachungsaufgaben<br />
(Monotonie, psychische Ermüdung).<br />
3.1 Arbeits- und Sitzhöhen<br />
Arbeitsplätze für wechselweises Sitzen und Stehen<br />
sollen folgende Ausstattung haben:<br />
• einen zwischen 80 und 100 cm verstellbaren<br />
Hochsitz,<br />
• eine schräg ansteigende (15-25°), grossflächige<br />
Fussstütze auf 40 bis 50 cm,<br />
• einen genügend grossen Beinraum,<br />
• eine der Arbeitsaufgabe und der Körperlänge angepasste<br />
Höhe des Arbeitsfeldes, die eine natürliche<br />
Kopfhaltung zulässt.<br />
3.2 Überwiegend stehende Tätigkeit<br />
Die Stehhaltung bei der Arbeit ist u.a. bei Verkaufsund<br />
Schalterpersonal, Coiffeusen und Coiffeuren<br />
besonders ausgeprägt. Dieses langandauernde<br />
«Stehen an Ort» bewirkt nebst der Ermüdung der<br />
statisch belasteten Muskulatur vor allem auch eine<br />
Verschlechterung des venösen Blutrückflusses, was<br />
z.B. zu Krampfadern führen kann. Die Folgen einseitiger,<br />
überwiegend stehender Tätigkeiten erfordern<br />
deshalb geeignete Massnahmen:<br />
In erster Linie kommt das Sitzen als entlastende<br />
Massnahme in Frage.<br />
Abbildung 3<strong>24</strong>-12: Beispiel für einen kombinierten Sitz- /<br />
Steharbeitsplatz, z.B. Montage kleiner Teile, Verdrahten.<br />
(Masse in cm)<br />
Dabei soll, wie im Falle von Laden- und Schaltereinrichtungen,<br />
die Sitzgelegenheit möglichst integriert<br />
werden, z.B. im Sinne von Abb. 3<strong>24</strong>-11.<br />
Ist dies nur ungenügend lösbar, so sind Sitzgelegenheiten<br />
zur zeitweisen Benützung bereitzustellen,<br />
wobei folgendes zu beachten ist:<br />
• Die Stühle sollen möglichst im Arbeitsumfeld aufgestellt<br />
sein, so dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
in Wartezeiten Gelegenheit zum Sitzen<br />
gegeben wird (mindestens ein Stuhl auf zwei<br />
Vollzeitbeschäftigte).<br />
• Ist dies (u.a. in Verkaufsbereichen) nicht erreichbar,<br />
so muss den Beschäftigten ausreichend<br />
Möglichkeit zur aktiven und passiven Entspannung<br />
in einem Aufenthaltsbereich gegeben werden<br />
(vgl. <strong>Art</strong>. 33 <strong>ArGV</strong> 3).<br />
3<strong>24</strong> - 8
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz<br />
2. Kapitel: Besondere Anforderungen der Gesundheitsvorsorge<br />
3. Abschnitt: Arbeitsplätze<br />
<strong>Art</strong>. <strong>24</strong> Besondere Anforderungen<br />
<strong>Art</strong>. <strong>24</strong><br />
Auch jede Form eines Arbeitswechsels, z.B. zwischen<br />
Verkaufstätigkeit und Kommissionierung,<br />
ist mit einem Wechsel der Körperhaltung verbunden<br />
und trägt zur Entlastung einseitiger Haltungen<br />
bei.<br />
4. Absatz 4<br />
Der Mensch reagiert sowohl in physiologischer als<br />
auch in psychologischer Hinsicht auf sein Arbeitsumfeld<br />
und die weitere Umgebung. Massgebend<br />
für die Gesundheit und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz,<br />
aber auch für die Arbeitsleistung, sind<br />
die folgenden Umgebungsfaktoren:<br />
Raumklima, Lärm, Vibration, natürliche und<br />
künstliche Beleuchtung, Beeinträchtigungen<br />
durch Gase, Dämpfe, Rauch, Staub, Feuchtigkeit<br />
sowie Strahlung und andere arbeitshygienische<br />
Aspekte.<br />
Zwischen den verschiedenen Arbeitsplatzbereichen<br />
und benachbarten Betriebseinrichtungen und Räumen<br />
ergeben sich oft sehr unterschiedliche, sich<br />
widersprechende Bedürfnisse und Zwänge (Lärm,<br />
Klima), die zu Beeinträchtigungen und Belästigungen<br />
führen. Diese können sowohl technischen als<br />
auch wirtschaftlichen Ursprungs oder das Resultat<br />
mangelhafter Planung sein.<br />
Massgebend für die Beurteilung von Beeinträchtigungen<br />
durch benachbarte Betriebseinrichtungen<br />
sind die ergonomischen und hygienischen Erkenntnisse,<br />
wie sie in den <strong>Art</strong>ikeln 15 bis <strong>24</strong> <strong>ArGV</strong> 3 geregelt<br />
sind.<br />
Massnahmen zum Schutze der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer, die nebst Schutzwänden<br />
und räumlichen Abtrennungen auch Einhausungen,<br />
Isolationen und anderes mehr umfassen können,<br />
sind in der Regel vorzusehen<br />
• bei Lärmbelastungen, welche über den tätigkeitsbezogenen<br />
Richtwerten liegen (siehe dazu<br />
<strong>Art</strong>. 22 Ziffer 1.2.3. <strong>ArGV</strong> 3),<br />
• bei wiederholt auftretenden, impulsartigen Schallereignissen<br />
(Hämmern, Schläge, Knalle), welche<br />
vom überwiegenden Teil der betroffenen Personen<br />
als belästigend empfunden werden,<br />
• grundsätzlich bei Räumen mit unterschiedlichen<br />
Bedingungen der Raumtemperatur, Feuchtigkeit,<br />
Nässe und Hygiene (Schmutz, Keime etc.),<br />
• in Räumen mit klimatisch ungünstigen Bedingungen,<br />
z.B. zu niedriger Raumtemperatur, wenn<br />
darin Arbeitsplätze für mehr als 2 Std/Tag betroffen<br />
sind oder wenn anspruchsvolle Feinarbeiten<br />
(Messen, Kontrolle etc.) zeitweise zu verrichten<br />
sind (siehe dazu <strong>Art</strong>. 16 bis 21 <strong>ArGV</strong> 3),<br />
• bei Zugerscheinungen, wie sie sich bei längerem<br />
Öffnen von Toren oder Durchfahrten ergeben<br />
können (siehe dazu <strong>Art</strong>. 17 Abs. 2 <strong>ArGV</strong> 3),<br />
• wenn Arbeitsplätze durch Stäube, Rauche oder<br />
Abgase von Fahrzeugen beeinträchtigt werden,<br />
sofern diese durch Absaugungen nicht eliminiert<br />
werden können (siehe dazu <strong>Art</strong>. 18 <strong>ArGV</strong> 3),<br />
• wenn Arbeitsplätze durch Strahlung (Schweissen),<br />
Blitze oder Licht beeinträchtigt werden,<br />
• bei Beeinträchtigungen oder Belästigungen an<br />
Arbeitsplätzen mit unterschiedlichen Anforderungen,<br />
z.B. an die Sprachverständlichkeit, Konzentration,<br />
Beleuchtung.<br />
5. Absatz 5<br />
Die Erläuterungen zu <strong>Art</strong>ikel <strong>24</strong>, Absatz 5 finden<br />
sich bei <strong>Art</strong>ikel 15 Absatz 3 <strong>ArGV</strong> 3. Weitere Erläuterungen<br />
finden sich in der Wegleitung zu den <strong>Art</strong>ikeln<br />
4 und 17 der <strong>ArGV</strong> 4.<br />
SECO, August 2006<br />
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