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PDF (1,6 MB) - Mohr Siebeck Verlag

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B. Strukturvergleich<br />

Kap. 16<br />

tions- und verfahrensrechtliche Sicherungen unabdingbar. 179 Art. 13 GG enthält ein<br />

differenziertes Schrankensystem in den Abs. 2 bis 7, das primär an Art und Intensität<br />

des Eingriffs anknüpft. 180 Je nach Eingriffsintensität legt das GG Anforderungen an<br />

die Form und das Verfahren des Eingriffs sowie an die jeweils erforderlichen materiellen<br />

Gründe fest. Auch wenn die Schrankensystematik des Art. 13 GG insgesamt nicht<br />

besonders überzeugend ist, verdienen die – allerdings unterschiedlich ausgestalteten<br />

– Richtervorbehalte der Absätze 2 bis 5 Beachtung. 181 Danach ist jedenfalls sowohl bei<br />

der Durchsuchung als auch beim Lausch- und Spähangriff die richterliche Anordnung<br />

die Regel. Besondere Probleme werfen auch die Schranken des verfassungsrechtlichen<br />

Schutzes von Ehe und Familie auf. Dabei ist zunächst festzustellen, dass Ehe und Familie<br />

in Art. 6 Abs. 1 GG vorbehaltlos gewährleistet werden. 182 Beim Elternrecht dagegen<br />

findet sich in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG ein qualifizierter Gesetzesvorbehalt, zu<br />

dem Art. 6 Abs. 3 GG eine ausdrückliche Schranken-Schranke normiert. Im Übrigen<br />

(zu einschlägigen ausländerrechtlichen Fragestellungen → Rn. 48) ist auf kollidierendes<br />

Verfassungsrecht abzustellen, soweit staatliche Eingriffe – jenseits der Ehe und<br />

Familie definierenden Regelungen 183 – der Rechtfertigung bedürfen. Was schließlich<br />

das Zusammenspiel von Schutzbereich und Schranken beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht<br />

betrifft, so greift zwar vom Grundsatz her die Schrankentrias des Art. 2<br />

Abs. 1 GG. 184 Sie wird aber wegen des Zusammenspiels mit Art. 1 Abs. 1 GG erheblich<br />

modifiziert, sodass das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Ergebnis weniger weitreichenden<br />

Schranken unterliegt als die allgemeine Handlungsfreiheit. 185 Nicht durchgesetzt<br />

haben sich Versuche, das allgemeine Persönlichkeitsrecht ganz an Art. 1 Abs. 1<br />

GG heranzuführen und seine Uneinschränkbarkeit zu konstruieren. 186 Das Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />

wird allerdings beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht grundsätzlich<br />

streng angewendet und markiert dadurch deutliche Grenzen der Einschränkbarkeit.<br />

187 Auf der Grundlage einer sogenannten Sphärentheorie 188 gibt es in diesem<br />

Zusammenhang Bemühungen der Rechtsprechung, den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts,<br />

der gelegentlich als Intimsphäre gekennzeichnet wird, absolut zu schützen.<br />

189<br />

179<br />

So auch BVerfGE 100, 313 (359 ff. u. 385 ff.).<br />

180<br />

Vgl. dazu Hermes, in: Dreier, GG, Art. 13 Rn. 29.<br />

181<br />

Hermes, in: Dreier, GG, Art. 13 Rn. 31.<br />

182<br />

Dies betonen Pieroth/Schlink, Rn. 707.<br />

183<br />

Hierbei wiederum ist die Lehre von der Institutsgarantie zu berücksichtigen; vgl. dazu Mager<br />

(Fn. 36), 195 ff.<br />

184<br />

Dies ist auch nach wie vor der vom BVerfG gewählte Ausgangspunkt; vgl. BVerfGE 65, 1 (44);<br />

78, 77 (85). Es legt dann aber strengere Maßstäbe bei der Auslegung der »verfassungsmäßigen Ordnung«<br />

an; vgl. dazu Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 I Rn. 86.<br />

185<br />

Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 I Rn. 86; Kunig, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 2 Rn. 30; Jarass<br />

(Fn. 57), NJW 1989, 857 (860 f.).<br />

186<br />

So aber etwa P. Tiedemann, Von den Schranken des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, DÖV<br />

2003, 74 (76 f.). Für eine Beschränkbarkeit nur durch Grundrechte anderer J. Lücke, Die spezifischen<br />

Schranken des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihre Geltung für die vorbehaltlosen Grundrechte,<br />

DÖV 2002, 93 (94 ff.).<br />

187<br />

Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 I Rn. 87.<br />

188<br />

Vgl. beispielsweise BVerfGE 32, 373 (378 f.); zur Sphärentheorie insgesamt R. Alexy, Theorie<br />

der Grundrechte, 1985, 327 ff.<br />

189<br />

Krit. zur Tauglichkeit dieser Konstruktion Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 I Rn. 87 f.<br />

Thilo Marauhn/Judith Thorn 893

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