Nina Fischer & Maroan el Sani Blind Spots

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Kazunao Abe,
Jelle Bouwhuis
Foreword
The œuvre of Berlin-based artist duo Nina
Fischer and Maroan el Sani coincides with
a specific period in history: the fall of the
Berlin Wall and the successive abolition
of communism in Europe. Like any other
artist in the subsequent period of late or
global capitalism, they could no longer
rely on the old avant-garde system of one
style following another. The economy has
fully absorbed this culture of the new and
neutralized its critical potential. However,
as argued by Fredric Jameson, there is a
way for art to maintain its criticality. Artists
could concentrate on ‘cognitive mapping’,
that is, seeking possibilities to endow
the individual with some new heightened
sense of his or her place in the global system.
This implies that an artwork should
be related to specific locations that can
function as objects to be mapped and
remapped, identified and re-identified,
along the moments of the mobile trajectories
of our current epoch. 1
When Jameson wrote this in 1991,
Fischer and el Sani had already moved
to Berlin and had started what could be
considered to be their version of ‘cognitive
mapping’ in photos, films and installations.
This retrospective catalogue highlights
nine recent works, which all deal with sites
that have obvious ideological or at least
post-ideological implications. And in most
of these nine works location is not just an
abstracted part of the world we live in, but
places in which the individual is resituated,
even though his or her presence can be
as diffuse as the ideological afterglow of
the sites themselves.
Fischer and el Sani travel around the
world to find a global audience for their
work and to research subjects for new
projects. Examples include Japan, where
they worked in Tokyo and presented
a solo exhibition in the Yamaguchi Center
for Arts and Media. Or in the Netherlands,
where they made a film in the developing
financial district of the Dutch capital
and exhibited it as an installation in the
Stedelijk Museum Bureau Amsterdam.
Fischer and el Sani have visited many
more cities, places and buildings – all
having been specific witnesses of modern
history, of the shift from an ideologically
divided world into a globally homogenized,
ideological void. Places that were once
hallmarks, centres of political culture and
avant-garde art, that have become more
or less temporally blind spots in contemporary
society. This catalogue brings them
back to our consciousness in their altered,
mystified phases: not utopian anymore,
not obsolete, but rather not yet redefined.
The phase that Fischer and el Sani capture
so accurately in their works.
Note
1. Fredric Jameson, Postmodernism, or, The
Cultural Logic of Late Capitalism, Verso, London/
New York 1991, p. 51–52.
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Kazunao Abe,
Jelle Bouwhuis
Vorwort
Die Werke des in Berlin beheimateten
Künstlerduos Nina Fischer und Maroan
el Sani fallen zeitlich mit einer besonderen
geschichtlichen Epoche zusammen: mit
dem Mauerfall und dem darauf folgenden
Niedergang des Kommunismus in Europa.
Wie alle Künstler in der anschließenden
Periode des globalen Spätkapitalismus
können auch sie sich nicht länger auf die
alte avantgardistische Regel verlassen,
nach der ein Stil den anderen ablöst.
Der Kommerz hat diese Kultur des Neuen
völlig vereinnahmt und ihr kritisches Potenzial
neutralisiert. Wie Fredric Jameson
darlegt, bleibt der Kunst allerdings noch
ein Weg, ihren kritischen Charakter aufrechtzuerhalten.
Künstlerinnen und Künstler
könnten sich auf „Cognitive Mapping“
konzentrieren, das heißt, sie könnten nach
Möglichkeiten suchen, dem Individuum
ein besseres Gespür für den eigenen
Platz im globalen System zu vermitteln.
Dies impliziert, dass ein Kunstwerk auf
bestimmte Orte Bezug nehmen sollte, die
als immer neu zu erfassende und zu identifizierende
Objekte entlang der Momente
der beweglichen Bahnen unserer gegenwärtigen
Epoche fungieren können. 1
Als Jameson dies 1991 schrieb, hatten
sich Fischer und el Sani bereits in Berlin
niedergelassen und in Fotos, Filmen und
Installationen mit etwas begonnen, was
man als ihre Version des „Cognitive Mapping“,
des Kartografierens der Wahrnehmung,
betrachten könnte. Der vorliegende
retrospektive Katalog beleuchtet neun
jüngere Werke, die allesamt an Orten
mit deutlich ideologischen oder zumindest
postideologischen Bezügen entstanden
sind. In den meisten dieser neun Arbeiten
ist der Ort nicht nur ein abstrahierter Teil
der Welt, in der wir leben, sondern etwas,
worin das Individuum neu eingeordnet
wird, auch wenn seine Anwesenheit ebenso
diffus sein mag wie der ideologische
Nachglanz dieser Orte selbst.
Fischer und el Sani reisen um die ganze
Welt, um für ihre Werke ein internationales
Publikum zu finden und Themen
für neue Projekte zu erkunden. Beispiele
hierfür sind Japan, wo sie in Tokio arbeiteten
und eine Einzelausstellung im
Yamaguchi Center for Arts and Media
präsentierten, oder die Niederlande, wo
sie im aufstrebenden Finanzviertel der
Hauptstadt einen Film drehten und ihn
im Rahmen einer Installation im Stedelijk
Museum Bureau Amsterdam zeigten.
Fischer und el Sani besuchten noch
weit mehr Städte, Örtlichkeiten und Gebäude,
die allesamt besondere Zeugen
moderner Geschichte waren, Zeugen der
Wandlung von einer ideologisch geteilten
Welt in eine global homogenisierte,
ideologische Leere. Orte, die einst bedeutende
Zentren der politischen Kultur und
der avantgardistischen Kunst darstellten,
sind in der gegenwärtigen Gesellschaft
zu mehr oder weniger blinden Flecken
geworden. Dieser Katalog bringt sie in
unser Bewusstsein zurück, jedoch in veränderten,
rätselhaften Stadien: Sie sind
nicht mehr utopisch, auch nicht obsolet,
sondern nur noch nicht neu definiert. Diesen
Zustand fangen Fischer und el Sani in ihren
Arbeiten überaus genau ein.
Notiz
1. Fredric Jameson, Postmodernism, or, The
Cultural Logic of Late Capitalism, Verso, London/
New York 1991, S. 51–52.