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Monatsbrief Juni 2013 - Freie Waldorfschule Wolfratshausen

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Das Klassenspiel der 8. Klasse: weit mehr als ein Theaterstück<br />

In der achten Klasse einer <strong>Waldorfschule</strong>, vor dem<br />

Abschluss der „Klassenlehrerzeit“ wird in der Regel<br />

ein größeres Theaterstück gespielt. Warum ist dieses<br />

Stück so wichtig und warum nimmt es in der 8. Klasse<br />

einen solchen Raum ein? Wir fragten Herrn Burghard<br />

Rühmann, den Klassenlehrer der 8. Klasse und besuchten<br />

die Proben, um mehr zu erfahren.<br />

Acht Schüler nehmen auf der Bühne ihre Positionen<br />

ein, weitere streichen draußen eine Tür weiß, andere<br />

malen Requisiten an, die zuvor vorbereitet wurden.<br />

„Seitdem Technik, Kostüme und Bühne in Ansätzen<br />

vorhanden sind, sind wir einen großen Schritt weiter“,<br />

erzählt die Regisseurin Edda von der Decken. Alle<br />

Schüler sind eingebunden,<br />

übernehmen<br />

Aufgaben auf und<br />

hinter der Bühne. Der<br />

Szenenplan ist eng,<br />

trotzdem bleibt immer<br />

Zeit für ein gemeinsames<br />

Mittagessen.<br />

Die Probenwochen<br />

sind aufregend<br />

turbulent und anstrengend.<br />

Sie erfordern<br />

Mut zur Improvisation,<br />

Geduld,<br />

Durchhaltevermögen<br />

und Konzentration.<br />

„Es ist nicht damit<br />

getan, dass ihr eure<br />

Rollen sprecht, ihr<br />

müsst auch reagieren,<br />

mitspielen“,<br />

spornt die Regisseurin<br />

die Schauspieler<br />

an. Wie reagieren Bo,<br />

Scipio, Wespe und<br />

Co, wenn sie beleidigt<br />

sind, sich freuen<br />

oder wenn ihnen etwas<br />

peinlich ist? Die<br />

Schüler entwickeln<br />

nicht nur den Sprachrhythmus,<br />

Auf- und<br />

Abgänge, sie schlüpfen in andere Persönlichkeiten.<br />

Burghard Rühmann erklärt die Bedeutung des Klassenspiels<br />

einer 8. Klasse für die Schüler so: „In der 8.<br />

Klasse stehen die Schüler an der Schwelle zum<br />

Erwachsenwerden: Sie sind auf der Suche nach ihrer<br />

eigenen Persönlichkeit, erleben bisher unbekannte<br />

seelische Empfindungen und sehen sich neuartigen<br />

Herausforderungen gegenübergestellt. Die Schüler<br />

wollen sich und ihre erwachende Persönlichkeit ausprobieren<br />

und stoßen im wirklichen Leben dabei<br />

schnell an äußere Grenzen.<br />

Die Bühne und die Theaterarbeit kann ihnen einen<br />

geschützten Raum bieten, in dem sie sich in ihrer<br />

Entwicklung ausprobieren können: Die Maske einer<br />

Bühnenrolle erleichtert es ihnen, Seelisches zum Ausdruck<br />

zu bringen und vor anderen zu zeigen. Hierbei<br />

bietet sich ihnen die Gelegenheit, bisher unbekannte<br />

Aspekte ihrer Persönlichkeit und neue Ausdrucksmöglichkeiten<br />

zu entdecken.<br />

Nicht selten bringt die Theaterarbeit dadurch auch<br />

Bewegung in die Klassengemeinschaft. Die Schüler<br />

nehmen sich auf der Bühne gegenseitig neu wahr und<br />

sehen ihre Mitschüler in einem anderen Licht. Mancher<br />

findet auf diese Weise auch in der Klassengemeinschaft<br />

eine neue Rolle.“<br />

Die erste Voraussetzung für ein erfolgreiches Klassenspiel<br />

ist das Stück selbst. Es muss zur Klasse<br />

passen, damit bei den Schülern der Funke überspringt.<br />

Das Klassenspiel<br />

begleitete die<br />

Schüler ab Oktober.<br />

Zuerst wählten sie aus<br />

fünf Vorschlägen der<br />

Regisseurin und des<br />

Klassenlehrers das<br />

passende Stück: „Herr<br />

der Diebe“, frei nach<br />

dem Roman von Cornelia<br />

Funke.<br />

Wer dachte, es sei das<br />

„einfachere“ Stück,<br />

hatte sich mächtig geirrt.<br />

Weil das Regieteam<br />

und die Klasse<br />

den Wunsch hatten,<br />

möglichst nahe am<br />

Buch und an den Charakteren<br />

zu spielen,<br />

entschied sich Edda<br />

von der Decken kurzerhand<br />

die ursprüngliche<br />

Bühnenfassung<br />

mit filmischen Elementen<br />

zu erweitern. Über<br />

einige Wochen überarbeitete<br />

die Regisseurin<br />

das Stück zusammen<br />

mit zwei Schülerinnen.<br />

Heraus kam eine Bühnenfassung<br />

mit zwei<br />

Akten und insgesamt 37 Szenen! Dann befasste sich<br />

die Klasse im Rahmen des Unterrichts mit dem Stück.<br />

Leseproben, Szenen besprechen und anspielen kombiniert<br />

mit verschiedenen Theaterübungen und<br />

Stimmarbeit.<br />

Seit den Osterferien probte die Klasse auf der Bühne<br />

im Gasthaus „Beim Schlicke“, gleichzeitig bereiteten<br />

Schüler, Lehrer und helfende Eltern die Requisiten,<br />

Kostüme, Technik und das Bühnenbild vor. Häufig<br />

hieß es improvisieren, nicht zuletzt um die zahlreichen<br />

Requisiten schon für die Proben nutzen zu<br />

können. Nun sind die aufregenden Probewochen<br />

vorbei – allen Zuschauern viel Spaß beim Zusehen –<br />

auf dass der Funke weiter springt!<br />

Albertine Sprandel<br />

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