Wander-Skala - Bergportal.ch
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hiketouren hiketouren<br />
Das Mär<strong>ch</strong>en vom See ohne Namen<br />
Sewen UR. Es war einmal ein kleiner, aber feiner See im<br />
Meiental, so s<strong>ch</strong>ön, dass man ihn ni<strong>ch</strong>t übersehen konnte. Do<strong>ch</strong><br />
zur Verwunderung aller hatte der kleine See keinen Namen auf<br />
der Karte erhalten. Wi<strong>ch</strong>tigtueris<strong>ch</strong> und ho<strong>ch</strong>näsig s<strong>ch</strong>auten der<br />
felsige Sewenstock und der spitze Ho<strong>ch</strong> Sewen auf ihn herab.<br />
Die Wiesen und Steine von Sewenalp, Sewenstöss und Sewen<br />
aber hatten Mitleid mit dem kleinen See und versu<strong>ch</strong>ten ihn<br />
zu trösten, und ein s<strong>ch</strong>öner Glets<strong>ch</strong>er namens Sewenzwä<strong>ch</strong>ten<br />
s<strong>ch</strong>enkte ihm sogar alle seine Tränen. Das ging viele Jahre so,<br />
und ausser den Gämsen, Steinböcken und Murmeltieren wusste<br />
kaum jemand vom S<strong>ch</strong>icksal des kleinen Sees ohne Namen.<br />
Bis eines Tages die Mens<strong>ch</strong>en kamen und ganz in der Nähe<br />
ein s<strong>ch</strong>önes Haus aus Stein bauten. Als das Haus fertig war,<br />
s<strong>ch</strong>auten sie na<strong>ch</strong> oben zu den umliegenden Bergen und ents<strong>ch</strong>ieden<br />
si<strong>ch</strong>, das Haus auf den Namen Sewenhütte zu taufen.<br />
Seither kommen viele weitere Mens<strong>ch</strong>en, um den kleinen See zu<br />
besu<strong>ch</strong>en. Sie springen in sein fris<strong>ch</strong>es Wasser, baden in ihm,<br />
rudern auf ihm, fotografieren ihn, sitzen an seinem Ufer und<br />
wissen dabei gar ni<strong>ch</strong>t so re<strong>ch</strong>t, wie sie ihn rufen sollen – wo er<br />
do<strong>ch</strong> keinen Namen hat! Man<strong>ch</strong>mal sagen sie ihm Sewen-See,<br />
ma<strong>ch</strong>mal Sewenalpsee, man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> nur Seeli.<br />
Aber was die wenigsten wissen: Dem See ist das alles egal.<br />
Im Sommer la<strong>ch</strong>t er in die s<strong>ch</strong>öne Bergwelt hinaus, dass es<br />
eine Freude ist, und im Winter krie<strong>ch</strong>t er unter sein wunderbares<br />
Duvet aus S<strong>ch</strong>nee und geniesst seine Ruhe und seinen<br />
Winters<strong>ch</strong>laf. Und wie re<strong>ch</strong>t er hat! Denn die Orte, die ihn<br />
umgeben, also der Sewenstock, die Sewenalp, der Ho<strong>ch</strong> Sewen,<br />
die Sewenhütte und alle anderen, wären ohne ihn gar ni<strong>ch</strong>ts<br />
und haben ihren Namen von ihm erhalten – weil Sewen in einer<br />
uralten Spra<strong>ch</strong>e ganz einfa<strong>ch</strong> «am See» bedeutet. Am kleinen,<br />
aber feinen See im Meiental.<br />
144 |outdoor guide|winter|07|08<br />
Foto: Marco Volken<br />
S<strong>ch</strong>wierigkeit: T2, dur<strong>ch</strong>gehend markierte Bergwanderwege.<br />
<strong>Wander</strong>zeit: 1¾ Std., Abstieg 1¼ Std.<br />
Höhendifferenz: Auf- und Abstieg 610 m.<br />
Ausgangs- und Endpunkt: Meiental, Haltestelle Gorezmettlen<br />
(1613 m), an der Postautolinie Gös<strong>ch</strong>enen–Sustenpass–Meiringen.<br />
Vorsi<strong>ch</strong>t, nur je ein Vormittags- und Na<strong>ch</strong>mittagskurs pro<br />
Ri<strong>ch</strong>tung.<br />
Einkehren/Unterkunft: Sewenhütte SAC (2150 m),<br />
60 Plätze, im Sommer und Herbst bewartet, Tel. 041 885 18 72,<br />
www.sewenhuette.<strong>ch</strong>.<br />
Strecke: Gorezmettlen – dur<strong>ch</strong> den Gitzi<strong>ch</strong>rummenflue-Wald<br />
hinauf – über alpine Weiden und an Felsbrocken vorbei zur<br />
toll gelegenen Sewenhütte – lei<strong>ch</strong>t absteigend zum Sewen-See<br />
(2089 m). Kurz zurück Ri<strong>ch</strong>tung Hüttte, dann links hinab auf<br />
dem unteren Hüttenweg na<strong>ch</strong> Rieter – re<strong>ch</strong>ts hinab dur<strong>ch</strong> den<br />
Färnigenwald zur Strasse bei Gorezmettlen (1560 m) – zurück<br />
zum Ausgangspunkt.<br />
Varianten: Vom Sewen-See auf markiertem Bergweg über<br />
Merzenstafel – Tanzplatte na<strong>ch</strong> Meien Dörfli (T2, 1½ Std.). Vom<br />
Sewen-See auf markiertem Alpinweg über Rot Bergli – Hobeng –<br />
Gorneren na<strong>ch</strong> Gurtnellen/Wiler (T4, 4 Std.).<br />
Karten: Landeskarte 1:25 000, 1211 Meiental. Urner <strong>Wander</strong>karte<br />
1:25 000, Blatt Maderanertal.<br />
Literatur: Kundert/Ho<strong>ch</strong>rein, «Bergfloh», Rotpunktverlag 2006.<br />
Kundert/Volken, «Alpinwandern Zentrals<strong>ch</strong>weiz – Glarus –<br />
Alpstein», SAC-Verlag 2006.<br />
Info: www.top-of-uri.<strong>ch</strong>, www.uri.info.<br />
Marco Volken<br />
Bildlegende Bildlegende<br />
I<strong>ch</strong> bin au<strong>ch</strong> ein Ozean<br />
Seewli UR. Verheissungsvolle Töne aus der Inners<strong>ch</strong>weiz:<br />
«Die Karibik der Berge», preist die Homepage der Seewlialp.<br />
Damit lockt der kleine Urner Bergsee die Internet-Surfer mit<br />
virtuellen Assoziationen an Barbados und Jamaica, an Mojito<br />
und Blue Curaçao, an Calypso Chicken, an Reggae und Cha-<br />
Cha-Cha, an Rastafari und Voodoo. Ganz so tropis<strong>ch</strong> heiss geht<br />
es am Fuss des imposanten Windgällenmassivs ni<strong>ch</strong>t wirkli<strong>ch</strong><br />
zu und her, die Orts<strong>ch</strong>aften hören auf Namen wie Silenen<br />
und Unters<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>en, die volkstypis<strong>ch</strong>en Getränke sind Ürner<br />
S<strong>ch</strong>warzes oder Chryter, gegessen wird Älpler Magronä, getanzt<br />
zu Vögeli-S<strong>ch</strong>ottis<strong>ch</strong> oder Chatzemüsig, in Glaubenssa<strong>ch</strong>en<br />
herrs<strong>ch</strong>t Katholizismus, und die s<strong>ch</strong>warze Magie heisst hierzulande<br />
Betruf. Aber völlig aus der Luft gegriffen ist der Verglei<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t, denn das Seewli – oder, au<strong>ch</strong> hier wieder, der Seewlisee<br />
– hat dur<strong>ch</strong>aus karibis<strong>ch</strong>e Qualitäten. Der Strand ist aus Sand<br />
(na ja, sagen wir aus Kies), das Wasser dur<strong>ch</strong>aus karibikblau,<br />
und zum örtli<strong>ch</strong>en Angebot gehört gar eine Buena Vista – auf<br />
alle umliegenden Berge und auf das 1500 Meter tiefer gelegene<br />
Reusstal.<br />
Irritirend bloss, dass über der Website www.seewli.<strong>ch</strong>.vu die<br />
vanuatis<strong>ch</strong>e, also südpazifis<strong>ch</strong>e Flagge weht. Aber das ist halt so<br />
eine Sa<strong>ch</strong>e mit der Herkunft. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> kommt sogar der älteste<br />
Urner, der Föhn, aus dem sonnigen Süden, die Kalkfelsen<br />
der nahen Windgällenwand sind auf Grund gelaufene Tier<strong>ch</strong>en<br />
und Mus<strong>ch</strong>eln eines warmen Ozeans, und der Kanton Uri lag<br />
einst unter dem glei<strong>ch</strong>en Wasser wie die Karibik. Also auf ins<br />
exotis<strong>ch</strong>e Ürnerland, an die Playa Seewli!<br />
S<strong>ch</strong>wierigkeit: : T2–3, dur<strong>ch</strong>gehend markierte Bergwanderwege.<br />
<strong>Wander</strong>zeit: Aufstieg 3 Std., Abstieg 2¼ Std.<br />
Foto: Marco Volken<br />
Höhendifferenz: Aufstieg 800 m, Abstieg 1150 m<br />
Ausgangspunkt: Unters<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>en Post (999 m), an der Postautolinie<br />
Flüelen–Klausenpass–Linthal. Mehrere Restaurants.<br />
Endpunkt: Chil<strong>ch</strong>erbergen (1159 m), Bergstation der Kleinseilbahn<br />
na<strong>ch</strong> Silenen (Tel. 079 339 57 02, www.seewli.<strong>ch</strong>.vu,<br />
www.seilbahnen-uri.<strong>ch</strong>). Von Silenen weiter mit dem Bus zum<br />
Bahnhof Erstfeld.<br />
Einkehren: Sittlisalp (1617 m), Alpkäserei, mehrere Bauernbetriebe<br />
bieten Erfris<strong>ch</strong>ungen an. Seewli (2032 m),<br />
einfa<strong>ch</strong>e Alpwirts<strong>ch</strong>aft mit Massenlager, Tel. 041 883 17 37,<br />
www.seewli.<strong>ch</strong>.vu.<br />
Strecke: Unters<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>en Post – südwärts ins enge Brunnital<br />
zur Talstation der Seilbahn auf die Sittlisalp (Fahrten zur vollen<br />
Stunde, bei Bedarf öfter, Tel. 041 879 10 20, www.unters<strong>ch</strong>ae<strong>ch</strong>en.<strong>ch</strong>)<br />
– auf markiertem Bergweg waagre<strong>ch</strong>t südwärts und ins<br />
Griesstal hinein – bei den Hütten von Vorder Griesstal (1907 m)<br />
links hinauf – Seewligrat (2245 m) – hinab zum Seewli (2028 m)<br />
– fast horizontal bis Riedersegg – in steilem Zickzack dur<strong>ch</strong> den<br />
Rüteliwald zur Bergstation Chil<strong>ch</strong>erbergen bei Ändi.<br />
Varianten: Vom Griesstal ni<strong>ch</strong>t über den Seewligrat, sondern<br />
weiter talaufwärts, zum Ho<strong>ch</strong> Fulen, dann südwärts über den<br />
Sti<strong>ch</strong> zum Seewli (T3, 1¼ Std. länger).<br />
Karten: Landeskarte 1:25 000, 1192 S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>ental. Urner <strong>Wander</strong>karte<br />
1:25 000, Blatt Maderanertal.<br />
Literatur: Kundert/Volken, «Zür<strong>ch</strong>er Hausberge», AT-Verlag<br />
2008. Ba<strong>ch</strong>mann, «Sagenhaftes <strong>Wander</strong>n», Rotpunktverlag<br />
2003.<br />
Info: www.top-of-uri.<strong>ch</strong>, www.uri.info.<br />
Marco Volken<br />
outdoor guide|sommer|08|145