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Künstler-Magazin 02-2014

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Verbandsnachrichten / Tipps<br />

www.kuenstler-magazin.de<br />

Roland Voges<br />

ABO-Fallen im Internet<br />

BGH bejaht Betrugsversuch<br />

Mit Abo-Fallen haben wir uns<br />

hier schon mehrfach beschäftigt.<br />

Das ist auch nötig, denn<br />

nach Schätzungen der Verbraucherzentralen<br />

fallen monatlich<br />

(!) 20.000 Nutzer darauf herein.<br />

Nun hat der Bundesgerichtshof<br />

BGH mit Urteil vom<br />

05.03.<strong>2014</strong> (Az.: 2 StR 616/12)<br />

entschieden, dass eine auf Täuschung<br />

abzielende Internetseitengestaltung,<br />

mit der die Kostenpflichtigkeit<br />

einer angebotenen Leistung<br />

gezielt verschleiert wird,<br />

den Tatbestand des versuchten<br />

Betruges erfüllt. Deswegen kann<br />

sie keine Zahlungspflichten begründen.<br />

DER FALL: Der Angeklagte betrieb<br />

diverse kostenpflichtige Internetseiten<br />

mit fast gleicher Aufmachung,<br />

unter anderem einen Routenplaner.<br />

Um diesen nutzen zu<br />

können, musste der Nutzer<br />

zunächst seine persönlichen Daten<br />

(Vor- und Nachname, Anschrift,<br />

E-Mail-Adresse, Geburtsdatum)<br />

eingeben. Der Klick auf<br />

den Button "Route berechnen"<br />

führte nach einem am Ende des<br />

unteren Seitenrands als Bestandteil<br />

eines mehrzeiligen Textes<br />

klein abgedruckten Hinweis zum<br />

Abschluss eines kostenpflichtigen<br />

Abonnements. Dieses gewährte<br />

dem Nutzer zum Preis von Ä<br />

59,95 die Zugangsmöglichkeit zu<br />

dem Routenplaner für drei Monate.<br />

Den Hinweis auf das kostenpflichtige<br />

Abo konnte der Nutzer abhängig<br />

von Größe des Monitors<br />

und Bildschirmauflösung erst<br />

nach vorherigem "Scrollen"<br />

wahrnehmen.<br />

Nach Ablauf der Widerrufsfrist<br />

sandte der Angeklagte den Nutzern<br />

Zahlungsaufforderungen, an<br />

die Nichtzahler später Zahlungserinnerungen.<br />

Einige Nutzer wurden<br />

dann noch von Rechtsanwälten<br />

angeschrieben mit der Drohung,<br />

bei Nichtzahlung einen<br />

Schufa-Eintrag zu erhalten.<br />

Das LG Frankfurt verurteilte den<br />

Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe<br />

von zwei Jahren auf Bewährung<br />

wegen versuchten Betrugs.<br />

Der legte beim BGH Revision<br />

ein und beanstandete, unter<br />

Berücksichtigung europarechtlicher<br />

Vorgaben liege keine Täuschungshandlung<br />

vor. Außerdem<br />

sei den Nutzern kein Vermögensschaden<br />

entstanden, da sie ja den<br />

Routenplaner nutzen konnten.<br />

Der BGH fand klare Worte und<br />

verwarf die Revision. Die Gestaltung<br />

der Internet-Seite ziele auf<br />

Täuschung ab, was nicht dadurch<br />

ausgeschlossen werde, dass das<br />

einem sorgfältigen Betrachter<br />

auffallen kann. Vielmehr habe der<br />

Angeklagte die Seite offensichtlich<br />

gerade im Hinblick auf die bei vielen<br />

Nutzern zu erwartende Unaufmerksamkeit<br />

oder Unerfahrenheit<br />

so gestaltet. Weder schließe Europäisches<br />

Recht (hier die Richtlinie<br />

2005/29/EG des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates<br />

vom 11. Mai 2005 über unlautere<br />

Geschäftspraktiken) die Strafbarkeit<br />

aus, noch drohe kein Vermögensschaden.<br />

Dieser Schaden<br />

liege darin, dass die Gegenleistung<br />

der dreimonatigen Nutzungsmöglichkeit<br />

des Routenplaners<br />

für den Nutzer praktisch<br />

wertlos ist.<br />

ALSO ACHTUNG: Bekanntlich<br />

sind Routenplaner auch gratis<br />

verfügbar. etwa über das Michelin-Portal.<br />

Überhaupt gilt, dass<br />

fast alle Dienste mit versteckten<br />

Kostenfallen bei seriösen Anbietern<br />

auch kostenlos erhältlich<br />

sind, so freie Software, Kochrezepte,<br />

Hausaufgabehilfe oder<br />

Sonderangebote.<br />

Macht ein Anbieter seinen Dienst<br />

oder Download davon abhängig,<br />

dass Sie zuvor ihre persönlichen<br />

Daten eingeben, ist höchste Vorsicht<br />

geboten. Entweder verlassen<br />

Sie sofort die Seite und suchen<br />

nach einem anderen Anbieter,<br />

der Ihnen dasselbe ohne Abfrage<br />

Ihrer Daten anbietet. Oder<br />

Sie lesen zumindest die gesamte<br />

Internet-Seite einschließlich der<br />

AGB vom ersten bis zum letzten<br />

Wort durch und achten auf ggf.<br />

kleine Hinweise auf vertragliche<br />

Verpflichtungen. Denn: Ihre persönlichen<br />

Daten benötigt gerade<br />

der unseriöse Betreiber, um Sie<br />

später mit Rechnungen und Mahnungen<br />

eindecken zu können.<br />

Das gilt natürlich auch bei per<br />

Post zugesandten Angeboten, etwa<br />

bei Brancheneinträgen, einer<br />

typischen Abzockerspielwiese.<br />

Es gibt auch zweifelhafte Anbieter,<br />

die ihre Kostenhinweise anders<br />

gestalten. Auch auffälligere Hinweise<br />

auf den Abschluss eines<br />

kostenpflichtigen Vertrages gibt<br />

es, die trotzdem, gerade in Eilsituationen,<br />

übersehen werden. Da<br />

die Frage, ob es sich um eine betrügerisch<br />

aufgemachte Seite<br />

handelt, immer nur im konkreten<br />

Einzelfall entschieden werden<br />

kann, sollten Sie sich gar nicht<br />

erst in die Gefahr bringen, in eine<br />

solche Situation zu geraten. Richtig<br />

ist zwar, dass derartige Anbieter<br />

praktisch nie den Klageweg<br />

beschreiten. Sie leben von den<br />

Geldern, die ihnen gutgläubige<br />

oder endgenervte Opfer freiwillig<br />

zahlen, um Ruhe zu haben. Aber<br />

dafür gibt es keine Garantien. Ich<br />

persönlich warte auch gespannt<br />

darauf, dass an solchen Praktiken<br />

mitwirkende Rechtsanwälte wegen<br />

Beihilfe zum Betrug verurteilt<br />

werden. Auf diese Kollegen kann<br />

ich gut verzichten.<br />

Der IFSU berät Sie intensiv und<br />

vertritt Ihre Interessen im Konfliktfall.<br />

Werden Sie Mitglied im IFSU !<br />

Rechtsanwalt Roland Voges<br />

Präsident und Justitiar des<br />

IFSU e.V.<br />

Palmaille 59<br />

22767 Hamburg<br />

Tel: 040/30 99999 10<br />

E-Mail: ravoges@web.de<br />

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