Zwei von fünftausend - Bürgerinstitut
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Freiwilligenagentur<br />
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Neues Leben für die „Alte Mühle“<br />
Im alten Dorfkern <strong>von</strong> Enkheim, ein Stadtteil am östlichen<br />
Rand <strong>von</strong> Frankfurt, steht ein Fachwerkhaus. Einst war es das<br />
Herzstück einer alten Mühlenanlage samt Garten und Wiese.<br />
Seit kurzem ist das alte Haus Teil eines Lebensraums für Menschen<br />
mit geistiger Behinderung, denn rundum schmiegt sich<br />
der Neubau der Wohnstätte „Alte Mühle“. Auf dem Ge lände<br />
„Alte Mühle“ wurde 2009 nach Neu- und Umbau die Wohnstätte<br />
der Lebenshilfe e.V. Frankfurt am Main eröffnet. Die<br />
Leiterin der Einrichtung, Diana Lehr, zieht eine erste Bilanz:<br />
„Die Bewohner, Männer und Frauen, haben ein neues Zu -<br />
hause, in dem sie sich sehr wohl fühlen. Es bestehen bereits<br />
Kontakte zur Nachbarschaft, und das Enkheimer Vereinsleben<br />
lädt die neuen Bürger stets zu Veranstaltungen ein.Wir freuen<br />
uns auf ein Leben in diesem schönen Stadtteil – darauf, dass<br />
wir nicht nur Gäste bei Straßenfesten sind, sondern diese auch<br />
aktiv mitgestalten und selbst als Gastgeber beim jährlichen<br />
Gartenfest der Lebenshilfe viele Bergen-Enkheimer begrüßen<br />
können.“<br />
„Die ‚Alte Mühle‘ ist das emotionale Herzstück der Lebenshilfe<br />
Frankfurt“, stellt Diana Lehr fest. Das Wort „emotional“<br />
hat dabei eine große Bedeutung: Vor fast 50 Jahren kamen im<br />
Garten der alten Enkheimer Mühle Eltern und Angehörige<br />
<strong>von</strong> Kindern mit einer geistigen Behinderung zusammen und<br />
beschlossen, sich gemeinsam für ein besseres Leben ihrer<br />
Kinder und damit auch ihrer Familien einzusetzen. Aus diesem<br />
Engagement entstand später der gemeinnützige Verein<br />
Lebens hilfe Frankfurt am Main. Die Initiatorin zur Gründung<br />
des Vereins und Besitzerin des Anwesens „Alte Mühle“ war<br />
Christine Heuser, auch Mutter einer geistig behinderten Tochter.<br />
Sie wünschte sich, dass erwachsene Menschen mit einer geis -<br />
tigen Behinderung selbstbestimmt und außerhalb des familiären<br />
Umfelds leben können und ein eigenes Zuhause haben.<br />
Ihr Anwesen „Alte Mühle“ wurde nach ihrem Tod <strong>von</strong> der<br />
Le bens hilfe Frankfurt erworben.<br />
Ein individuelles Zuhause mit drei Wohngruppen<br />
In der Wohnstätte leben seit Mai 2009 20 erwachsene Menschen<br />
mit geistiger Behinderung in drei Wohngruppen mit<br />
jeweils zwei Betreuern. Zudem gibt es noch drei Kurzzeitplätze.<br />
Jeder Bewohner hat ein eigenes Zimmer, immer zwei teilen<br />
sich ein Bad, es gibt ein Wohnzimmer und ein Esszimmer für<br />
alle, und in der Küche bereiten Betreuer und Betreute die täglichen<br />
Mahlzeiten zu. Die Zimmer sind nach eigenen Vorstellungen<br />
eingerichtet, wer will, hat Fernseher und Telefon, und<br />
wer ein Hobby hat, mehr. Ein Bewohner zum Beispiel, erzählt<br />
Diana Lehr, „liebt es sehr, Klavier zu spielen“ und hat ein<br />
eigenes Klavier, „noch mehr liebt er es, wenn man ihm etwas<br />
Die Lebenshilfe Frankfurt nennt ihre<br />
jüngste Wohnstätte „emotionales Herzstück“<br />
Von wegen Alte Mühle: Blick aus dem Neubau<br />
vorspielt“. Inzwischen gibt es zu seiner Freude auch ein<br />
Klavier in der Tagesstätte im Parterre, wo 10 Menschen, darunter<br />
auch Externe, ein tagesstrukturierendes Angebot wahrnehmen<br />
können; hier wird gebastelt, gemalt, gespielt und mu si ziert oder<br />
entspannt. Die meisten Bewohner gehen aller dings einer Be -<br />
schäftigung nach, vorzugsweise in einer Werkstatt für be hinderte<br />
Menschen oder einer Tagesförderstätte.<br />
Ein besonderes Projekt der Lebenshilfe Frankfurt ist in Enkheim<br />
die „Wohnschule“ (Leitung: Annette Klein). <strong>Zwei</strong>mal in<br />
der Woche treffen sich ihre Teilnehmer mit dem Ziel, selbstständiger<br />
zu werden, um eigenständig wohnen und leben zu<br />
können. Es geht um Themen wie Umgang mit Geld, Haus halt<br />
und Wohnen, gesunde Ernährung, Kochen, Körperpflege,<br />
Freizeit gestaltung. Die „Wohnschule“ ist auf zwei Jahre an gelegt;<br />
teilnehmen können Menschen ab 17 Jahren, die noch bei ihren<br />
Familien oder in einer Wohneinrichtung leben.<br />
In der „Alten Mühle“ kümmern sich 40 Mitarbeiter der Lebens<br />
hilfe um die Bewohner. Zurzeit werden sie unterstützt<br />
<strong>von</strong> vier ehrenamtlichen Helfern, die den Großeinkauf für die<br />
Einrichtung erledigen, Bewohner zu Therapien oder Spaziergängen<br />
einladen und „wohnbegleitenden Dienst“ leisten. Es<br />
könnten mehr sein, wünscht sich Diana Lehr, „Menschen,<br />
die die Bereitschaft haben, sich auf Menschen mit einer geistigen<br />
Behinderung einzulassen“. Spontan fallen ihr zwei<br />
Aufgaben ein: Spazierengehen mit Bewohnern in den nahen<br />
Streuobstwiesen oder den Ausläufern des Stadtwaldes und<br />
Hilfe bei der Bändigung der Natur ums Anwesen („Wiese<br />
mähen, Büsche und Bäumchen beschneiden“). In dem Garten,<br />
wo für die Lebenshilfe Frankfurt am Main alles begann.<br />
I.G.