CASUS.MAGAZIN
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CASUS.MAGAZIN
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Ausgabe 05/2009<br />
KUNST- UND KULTUR<strong>MAGAZIN</strong> AUS DER REGION HEILBRONN<br />
»Kostenlos, aber nicht umsonst«<br />
WEITERSPIELEN<br />
MIT<br />
NORMEN STOLL | HARRY MERGEL | DR. MATTHIAS SCHWARZER |<br />
ALEXANDER BERTSCH | EVOL/CTINK | GIOVANNA-BEATRICE CARLESSO |<br />
ASTRID SOURKOVA | HARALD RIEGG | ALE FORMENTI | HEIKO SCHWEITZER
ARTWORK_02<br />
»print.cut.72« von Normen Stoll. Sichten<br />
INHALT<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong><br />
<strong>CASUS</strong> ist ein kostenloses Kunst- und Kulturmagazin aus der Region Heilbronn.<br />
Präsentationen von Dichtung, Kunst und Bildung als prägende Bestandteile des<br />
Lebens sind stetige Inhalte. Ziel ist es, die Region Heilbronn, die dort lebenden<br />
Menschen mit anderen Kulturzentren zu vernetzen.<br />
> INTERVIEW_04<br />
Harry Mergel über Kulturpolitik in Heilbronn. Nachlesen<br />
> BILDUNGEN_08<br />
Dr. Matthias Schwarzer zur Bedeutung von Musikausbildung. Zuhören<br />
> WEITERSPIELEN_11<br />
Eine Seite zum Spielen. Bearbeiten<br />
> LYRIK_12<br />
Alexander Bertsch »Der Börsengang«. Raffen<br />
> ARTWORK_13<br />
EVOL/CTINK »Plattenbauten« aus Dresden. Navigieren<br />
> EDITORIAL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Stefan Stuchlik haben wir für die verantwortungsvolle Aufgabe gewinnen können, unsere<br />
Kalender in der Print- und Webausgabe zu betreuen. Wir freuen uns und danken ihm sehr<br />
für sein Engagement.<br />
In dieser Ausgabe findet sich eine Extra-Seite allein für Dich: Du kannst sie bedrucken, bemalen,<br />
zerknüllen, ein Hütchen daraus falten oder ein Schiffchen für den Neckar. Wenn Du<br />
magst, kannst Du uns das von Dir gestaltete Blatt auch zuschicken (Adresse rechts unten<br />
im Impressum). Wir veranstalten nämlich vom 04. Dezember 2009 bis in den Januar 2010<br />
hinein eine Ausstellung in der Stadtbibliothek und zeigen Künstler, die wir in <strong>CASUS</strong> bereits<br />
publiziert haben. Zudem werden auch mindestens zwei Konzert-Lesungen (Dichter-Lesung<br />
und Live-Musik) statt finden. Wir zeigen zu dieser Ausstellung jede eingesandte Arbeit–wir<br />
sind ja keine Casting-Show.<br />
Anlässlich des Gedichts von Alexander Bertsch möchten wir auf seinen Lyrikband Dämmerungswelten<br />
verweisen, der Anfang 2010 beim Verlag Andreas Hackenberg, Ludwigsburg,<br />
erscheinen soll.<br />
Zum Schluss noch der Hinweis, dass wir in nächster Zeit wohl keine Videos mehr online<br />
zeigen werden. Zur besonderen Gestaltung unserer Homepage haben wir schon einige<br />
neue Ideen.<br />
Grüße<br />
Das <strong>CASUS</strong>.TEAM<br />
Titelbild: Foto aus dem Archiv der Städtischen Musikschule Heilbronn<br />
Ausgabe 05/2009: September/Oktober<br />
> DER KOPF IST RUND_16<br />
Giovanna-Beatrice Carlesso »Zwei Schritte«. Wagen<br />
> KÜNSTLER_18<br />
Astrid Sourkova »Die zwei Weltseiten«. Verbinden<br />
> ERZÄHLUNG_20<br />
Harald Riegg »Menschen, die Uniformen tragen«.Aufpassen<br />
> KÜNSTLER_22<br />
Ale Formenti »Zombie Town«.Aufsuchen<br />
> AUF DER SUCHE_24<br />
Heiko Schweitzer »Philosophie«. Neva stop diggin’<br />
> AUSSTELLUNGEN_26<br />
Highlights aus der Region und weitere Termine. Besuchen<br />
> IMPRESSUM<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong><br />
Wollhausstraße 17 | 74072 Heilbronn<br />
mail@casusmagazin.com | casusmagazin.com<br />
HERAUSGEBER | GESTALTUNG<br />
HANS - JÖRG SEIDLER | hj.seidler@casusmagazin.com<br />
REDAKTION BILD<br />
SERGEJ VUTUC | sergej.vutuc@casusmagazin.com<br />
REDAKTION TEXT<br />
DR. BERNHARD STUMPFHAUS | b.stumpfhaus@casusmagazin.com<br />
LEKTORAT<br />
EVA KLUMP | eva.klump@casusmagazin.com<br />
KALENDER<br />
STEFAN STUCHLIK | kalender@casusmagazin.com<br />
ANZEIGEN<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> | anzeigen@casusmagazin.com<br />
DRUCK<br />
DRESDNER VERLAGSHAUS DRUCK GMBH | Meinholdstraße 2 | 01129 Dresden<br />
miersch.angelika@dd-v.de | sz-online.de<br />
URHEBERRECHTE<br />
Keine Reproduktion des Inhalts ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers.<br />
Unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos etc. ohne Haftung seitens des Herausgebers.<br />
Veröffentlichungen vorbehaltlich redaktioneller Bearbeitung.<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009 03
<strong>CASUS</strong>: Sie stehen neben der Kultur auch den Bür -<br />
ger ämtern, der Stabsstelle Integration, dem Amt<br />
für Familie, Jugend und Senioren, dem Ordnungsamt,<br />
dem Schul-, Kultur- und Sportamt und schließlich<br />
dem Städtischen Gesundheitsamt vor. Bei einer<br />
sol chen Bündelung von verschiedenen Aufgaben,<br />
wäre es verkürzt, Sie nach Ihrem Kultur ver ständnis<br />
allein in künstlerischer Hinsicht zu fragen.<br />
Was umfasst für Sie städtische Kulturpolitik?<br />
Harry Mergel: Sie ist zunächst die Summe aller Angebote,<br />
die wir im kulturellen Bereich der Stadt zur Verfügung<br />
stellen. Natürlich sind das die Unternehmungen der<br />
Kulturinstitute, aber auch alle Initiativen und freie Angebote.<br />
Und es ist unsere Aufgabe, allen eine Chance zu ge -<br />
ben, sich zu präsentieren. Kulturpolitik heißt da rü ber<br />
hi naus: alle Gruppierungen innerhalb der Bevöl kerung<br />
mit in den kulturellen Prozess einzubeziehen.<br />
Unsere Kulturpolitik folgt einem integralen Ansatz. Ich<br />
muss heute besonders darauf achten, diese Gesell schaft,<br />
die immer weiter auseinanderdriftet, zusammenzuhal -<br />
ten. Es gilt Verständnis für bestimmte kulturelle Identi -<br />
tä ten bei unterschiedlichen Herkünften zu schaffen, damit<br />
auf dieser Basis ein vernünftiges Zusammenleben<br />
mög lich ist. Kulturpolitik muss bei den jeweils Anderen<br />
das Verständnis dafür wecken, warum und in welcher<br />
Weise die kulturellen Gebräuche und sozialen Verhaltens<br />
mus ter voneinander differieren. Sie muss helfen,<br />
Vorurteile abzubauen.<br />
Bedeutet ›integraler Ansatz‹, kulturelle Vielfalt in<br />
ein einheitliches kulturelles Feld einzubetten?<br />
Die Frage ist:Was ist das Ziel von Integration? Das kann<br />
nicht Assimilation sein, Eingewöhnung in eine deutsche<br />
Kultur. Das Ziel ist es, Verständnis für Andersartigkeit<br />
zu schaffen. Vom gleichgültigen Nebeneinander zum<br />
verständnisvollen Miteinander, das ist die Vision an der<br />
wir arbeiten. Das ist der Grund, warum wir unsere Aufgabe<br />
nicht nur in der klassischen Kulturpolitik sehen.<br />
Wir ver suchen zum Beispiel auch unsere Mitarbeiter<br />
interkulturell weiterzubilden.<br />
Wir haben also Teilgesellschaften, die das gesell -<br />
schaftliche Leben einer Stadt ausmachen…<br />
…die aber miteinander harmonisieren und funktionie -<br />
ren können. Es ist wichtig zu realisieren, dass wir in ei -<br />
ner multikulturellen Gesellschaft leben. Ich glaube nicht,<br />
INTERVIEW<br />
HARRY MERGEL<br />
1956 in Heilbronn geboren; Studium der Wirtschaftswissenschaften und Geschichte<br />
für Lehramt; Dipl. Verwaltungswirt; 1986 – 2005 Lehrer an der Andreas-Schneider-Schule<br />
in Heilbronn; seit 1989 für die SPD im Gemeinderat; 1996 – 2005 Fraktionsvorsitzender;<br />
seit 2005 Bürgermeister; zwanzig Jahre Leitung des Gaffenberg-Festivals in Heilbronn.<br />
Interview: BERNHARD STUMPFHAUS Fotografie: SERGEJ VUTUC<br />
dass es darum gehen kann, einzelne Identitäten zuguns -<br />
ten einer neuen, gemeinsamen abzuschaffen, sondern<br />
viel mehr darum, ganz bewusst das Profil und die Stär -<br />
ken der jeweiligen Gruppen sichtbar zu machen. Für<br />
Heil bronn sehe ich diesbezüglich Felder, in denen noch<br />
ei ni ges aufzuarbeiten ist: So haben wir viele für die Stadt<br />
repräsentative Veranstaltungen, in denen die Zuwan de -<br />
rerkulturen kaum oder gar nicht vorkommen. Für mich<br />
wäre es wünschenswert und normal, wenn bei solchen<br />
Anlässen auch spanische, türkische oder italienische<br />
Grup pen zu sehen wären.<br />
Erreichen Sie bei diesen Anstrengungen denn auch<br />
bildungsferne Gruppen?<br />
Es ist unsere Aufgabe, auch die nicht privilegierten Be -<br />
völ kerungsteile der Gesellschaft mit am kulturellen Prozess<br />
teilhaben zu lassen. Die Jugendliteraturtage etwa<br />
hatten als Zielgruppe Hauptschüler, die in der Schule<br />
nur wenig mit Literatur in Berührung kommen. Oder<br />
wir haben bei den Tanztheatertagen eng und erfolg -<br />
reich mit einer Sonderschule zusammengearbeitet. Heilbronn<br />
hat eine städtische Kulturförderung einge richtet,<br />
von der viele gar nicht wissen, dass es sie gibt: z.B. einen<br />
Haus haltstitel Förderung der freien Kulturarbeit. Ich<br />
würde mir wünschen, dass mehr Gruppen aus den Jugend<br />
häu sern, aus den Zuwandererkreisen, aus Sozialprojekten<br />
eine Förderung ihrer Vorhaben bean tragen. Die<br />
Förde rung soll dazu dienen, mutigen Kulturprojekten<br />
unter die Arme zu greifen, von denen man im Vor hinein<br />
nicht immer weiß, welchen Erfolg sie haben werden. Diesen<br />
Freigeist leisten wir uns aus Überzeugung.<br />
Dabei ignoriere ich persönlich eine Teilung in Sub- und<br />
Hochkultur. Für mich sind das alles kulturelle Lebens -<br />
äu ßerungen, die mir gleich viel wert sind. Natürlich fehlt<br />
es in Heilbronn auch an gewissen Szenen. Aber ge rade<br />
in der Zuwandererszene sehe ich sehr spannende Ansätze,<br />
die eine Verbindung herstellen zwischen dem,<br />
was man als Erfahrungen und Identität aus seiner ange -<br />
stammten Heimat mitbringt und dem Main Stream in<br />
unseren Medien. Da entstehen beeindruckende kultu -<br />
relle Mischformen, die wir gern mehr in das öffentliche<br />
Bewusstsein rücken würden.<br />
Welche Rolle spielt bei diesen Projekten die Orientierung<br />
am Publikum? Manchmal ist es ja schon<br />
ein großer Gewinn, wenn man die Teilnehmer einfach<br />
zum Mitmachen bewegen kann. Wäre es nicht<br />
bes ser, sie allein auf Durchführbarkeit anzulegen?<br />
Ich denke schon, dass wir diesen Aufforderungscharakter<br />
realisieren, gerade beispielsweise beim Tanztheater.<br />
Hier merkte man deutlich, dass man das Selbstbewusst -<br />
sein der Akteure stärken kann. Beifall ist wichtig und<br />
stärkt das Selbstwertgefühl. Daran anschließend stellt<br />
sich die Frage nach Kontinuitäten, wie man solche Erfahrungen<br />
nachhaltig weiterleben kann. Und ich habe die<br />
große Hoffnung, hier produktiv ansetzen zu können.<br />
Wie wollen Sie das erreichen?<br />
Wir sehen unsere zentrale Aufgabe bei den Kindern und<br />
Jugendlichen mit dem Schwerpunkt der musisch-kul -<br />
turellen Bildung. Heilbronn ist mittlerweile–das haben<br />
wir in kurzer Zeit geschafft–, die Stadt mit der höchsten<br />
Quote in der schulischen Ganztagsbetreuung in Baden-<br />
Württemberg. Damit erreichen wir bereits 35 % unse -<br />
rer Kinder in den Grundschulen und versuchen das<br />
weiter auszubauen. Ich kann nirgendwo kulturelle Teilhabe<br />
bes ser vermitteln als in den Schulen. Zwar haben<br />
wir im Moment schon im Theater, im Stadtarchiv, im<br />
Mu se um und anderen Einrichtungen entsprechende<br />
An ge bote. Deren Veranstaltungen haben aber den Nachteil,<br />
dass sie nicht regelmäßig stattfinden.Aber das, was<br />
die Schu len brauchen, ist Kontinuität und Verläss lich -<br />
keit: D.h., die innerschulischen Veranstaltungen müssen<br />
wöchen t lich stattfinden, für die Dauer zumindest eines<br />
Halbjah res. Wir sind dabei, Unterrichtsmodule, etwa für<br />
Musik, Film, bildende Kunst schulfähig zu machen. Je -<br />
des Kind muss doch die Möglichkeit haben, ein Instru -<br />
ment zu ler nen! Das ist im Moment nicht der Fall. Ich<br />
glaube, wenn wir diesen Unterricht an die Schulen verlegen,<br />
dann gibt es eine Chance, alle Kinder zu errei -<br />
chen. Und dann ist hoffentlich die Zeit vorbei, in der nur<br />
bestimmte Bevöl ke rungskreise ihre Kinder ins Ballett<br />
und in die Musik schule fahren, während andere von diesen<br />
Einrichtungen faktisch ausgeschlossen sind. Wir<br />
sind hier schon relativ weit. Es gibt in unserer Verwaltung<br />
seit kurzem ein Büro für Bildungsmanagement.<br />
Auch hier sind wir Pioniere in Baden-Württemberg.<br />
Nun kam die Zusage vom Land, dass wir uns noch mit<br />
einem Lehrer verstärken dürfen. Dieses Büro hat vor<br />
allem die Aufgabe, den Ganzta ges betrieb an den Schu -<br />
len qualitativ aufzuwerten, insbe sondere durch die Ver -<br />
bindung mit den anderen Kultureinrichtungen in der<br />
Stadt. Und wir sind bereits dabei abzufragen, was für<br />
Schwerpunkte unsere Institute setzen wollen und wel -<br />
che Themen sie anbieten können. Die Kulturinstitute<br />
dürfen für sich davon ausgehen, dass solch ein Unter-<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009 05
icht pro Stunde 18–20 Euro kosten darf, so dass hier<br />
bescheidene, zusätzliche Einnahmen erwar tet werden<br />
können. Ich bin überzeugt: Wir müssen kulturelle Res -<br />
sourcen in noch stärkerem Maße an die Schu len und<br />
Kindergärten transferieren. Wo wir allerdings noch Defizite<br />
haben, das sind die Angebote für die zwölf- bis<br />
achtzehnjährigen Jugendlichen.<br />
Greift man für diese Veranstaltungen allein auf<br />
städt ische und staatliche Angebote zurück oder<br />
auch auf privates Engagement, das dann ein ge -<br />
kauft wird?<br />
Wir gestalten den Lebensraum Schule, und in diesem<br />
Lebensraum müssen sich verschiedene Professionen<br />
und Anbieter wiederfinden lassen.<br />
Wie sehen Sie das in Bezug auf Unternehmen, die<br />
sich mit solchen Veranstaltungen nicht nur ge -<br />
mein nützig präsentieren, vielleicht auch auf die<br />
Inhalte Einfluss nehmen wollen?<br />
Ich habe nichts dagegen, mit Unternehmen zu koope -<br />
rieren, etwa als Mäzene oder Sponsoren. In Heilbronn<br />
gibt es die in der Bundesrepublik einmalige Situation,<br />
dass wir ab dem dritten Lebensjahr Sprachförderung<br />
anbieten. Diese wird überwiegend bezahlt von der Dieter-Schwarz-Stiftung,<br />
ohne dass jemand verlangt, einschlägig<br />
Werbung zu machen oder Inhalte bestimmen<br />
möchte. Ent scheidend sind immer Konzept und Profil der<br />
Schule oder des Kindergartens: welche Schwerpunkte<br />
die je wei lige Leitung und die Kollegien setzen.<br />
Richtschnur für das, was wir kulturell machen, bleibt<br />
für mich die Aufklärung und das Ziel, den Einzelnen in<br />
die Lage zu versetzen, mündig an der Gesellschaft, in<br />
der er lebt, teilzunehmen; ihm die Möglichkeit zu bie -<br />
ten, Dinge auch kritisch zu hinterfragen, auf dass die<br />
Menschen für sich klären: ›In welcher Gesellschaft lebe<br />
ich eigentlich?‹ ›Von welchen Umständen bin ich abhängig?‹.<br />
Damit das Leben dann entweder erträglicher<br />
wird, oder geändert werden kann.<br />
Ist das aber nicht eher störend und für die ge sell -<br />
schaftliche Verwaltung zu zeitaufwändig, wenn<br />
man die Menschen zu solch einer Aufmerksam -<br />
keit anhält?<br />
Nein! So stelle ich mir eine lebendige Demokratie vor.<br />
Ich habe jedoch auch große Bedenken, wenn ich die<br />
Wirklichkeit betrachte: Wie repressive Gewalten Mün -<br />
digkeit erschweren, anstatt Erkenntnis zu ermöglichen.<br />
Dann mache ich mir große Sorgen und sehe wachsende<br />
Verantwortung bei den Schulen und Institutionen hier<br />
ge genzusteuern. Nie waren die Verhältnisse mehr von<br />
ei ner Spaßgesellschaft entfernt und dennoch haben<br />
wir sie.<br />
Wie sehen Sie bei Ihren Bemühungen das Enga -<br />
ge ment der Bürger?<br />
Ich fühle mich noch dem Leitsatz verpflichtet: Kultur<br />
für alle! Das gilt für die Seite der Anbieter genauso wie<br />
für die der Adressaten. Gemessen an diesem Ziel ist das<br />
Engagement auf beiden Seiten noch ausbaufähig. Die<br />
klassischen Kulturinstitutionen in Heilbronn erreichen<br />
INTERVIEW<br />
optimistisch geschätzt zwischen 10 und 20 % unserer<br />
Bürger. Damit kann ich mich nicht zufrieden geben.<br />
Wenn Sie einen solch großen Teil des schulischen<br />
Engagements privat gestalten lassen, ent stehen da<br />
nicht Abhängigkeiten? Wenn bei spielsweise beim<br />
Science-Center, das von Innovationen und damit<br />
von zuverlässiger Finanzierung abhängig ist, die<br />
Sponsoren nach einiger Zeit, sei es aus Gründen<br />
einer Wirtschaftskrise, sei es aus Gründen des internen<br />
Marketings, wegfallen, dann ist Innovation<br />
nicht mehr möglich und die Qualität sinkt.<br />
Ich habe diesbezüglich keine Ängste. Zum Science-Center<br />
grundsätzlich: Wir haben hier die glückliche Situation,<br />
dass der Stifter diese Säule seiner Stiftertätigkeit<br />
langfristig abgesichert hat. Solche Entwicklungen wird<br />
es also nicht geben. Und ich habe die Erfahrung ge -<br />
macht, dass dort Wissenschaft und Bildung das letzte<br />
Wort haben .<br />
Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass in vielen Be -<br />
rei chen der Kunst eine generelle Tendenz besteht hin<br />
zur Privatisierung. Denken Sie z.B. an die Museen. Ich<br />
gehe davon aus, die Kunsthalle, die wir im Moment bau -<br />
en, wird wahrscheinlich die letzte öffentlich geför der -<br />
te sein. Der ganze Markt privatisiert sich. Sammler bauen<br />
private Galerien und Kunsthallen. Als Kommune<br />
müssen wir uns dann fragen: ›Was bleibt da für uns?‹<br />
und die Antwort lautet: Wir machen die Grundlagen -<br />
arbeit. Kunster zie h ung und Kulturvermittlung bleiben<br />
eine staatliche Aufgabe. In der sog. Hochkultur wird<br />
man jedoch nicht mehr ohne private Sponsoren und<br />
Mäzene auskommen.<br />
Aber gibt es da bei privaten und öffentlichen Insti<br />
tutionen nicht widerstreitende Ansprüche be -<br />
züg lich ihrer Meinungsmacht? Beispielsweise hat<br />
ein Museum ja einen gesellschaftlichen Auftrag,<br />
eine Sammlung anzulegen, sie zu erhalten, wissenschaft<br />
lich zu betreuen und sie dann der Öffent -<br />
lichkeit zu präsentieren, auch einmal mit unbequemen<br />
Wahr heiten aufzuwarten, jedenfalls mit<br />
einer gewissen Neutralität. Die Privaten können<br />
hier mehr nach eigenen Interessen verfahren<br />
ohne gesellschaft liche Pflichten.<br />
Natürlich gehört das, was Sie eben als gesell schaft -<br />
lichen Auftrag geschildert haben, zur kulturellen Grundvermitt<br />
lung. Grundlagenarbeit muss der Staat leisten,<br />
auf allen Ebenen, unter Beteiligung der Kommunen.<br />
Allerdings sehe ich solch ein Engagement zur Zeit<br />
nicht gefährdet. Und in einer freien Gesellschaft müs -<br />
sen wir auch mit dem Phänomen leben, dass Kultur<br />
vereinnahmt und instrumentalisiert werden kann.Aber<br />
solche Diskussion führen ja nur ganz wenige. Im Moment<br />
habe ich viel eher das Gefühl, dass die kulturellen<br />
Belange in ihrer Gesamtheit, so wie wir sie hier diskutieren,<br />
in der Öffentlichkeit zu kurz kommen. Im Fokus<br />
stehen die Finanzpolitik oder Teilaspekte der Kulturpolitik,<br />
etwa die Integrationspolitik. Was kaum statt -<br />
findet, ist die breite gesellschaftliche Diskussion über<br />
Kultur: Was ist Kultur, welchen Zweck hat sie und<br />
welche Ziele verfolgt sie? Was ist mit der überwiegenden<br />
Mehrheit? Wie setzen sich die Menschen mit ihrer<br />
Situation in der Demo kratie auseinander? Wie nehmen<br />
sie die Nachrichten und Sendungen im Fernsehen<br />
wahr? Was ist mit ihrer scheinbaren Sprachlosigkeit?<br />
Welche Mittel und Wege finden sie, diese zu überwin -<br />
den? Mir liegt wirklich viel daran, Dinge in dieser Stadt<br />
sichtbar zu machen, die verborgen schlummern. Mir ist<br />
wichtig, dass sich die Leute dann auch äußern. Es gab<br />
hier in der Stadt eine große Aufregung, als ein Hip-Hop-<br />
Video bekannt wurde, in dem junge Zuwanderer reim -<br />
ten, in der Stadt ginge es kriminell zu. Ich finde es schade,<br />
so etwas zufällig auf Youtube zu finden. Besser wäre<br />
eine öffentliche Ausei nandersetzung.<br />
Es ist interessant zu sehen, dass sich beispiels -<br />
weise in der Street-Art hier in Heilbronn eine<br />
von den Institutionen völlig unabhängige Bewegung<br />
formiert hat, die ohne finanzielle Unterstützung<br />
der Stadt national und sogar international<br />
zu Geltung gekommen ist.<br />
…und was macht dann der etablierte Kunstbetrieb? Er<br />
vereinnahmt das Ganze, indem er DON [Anm. d. Red.:<br />
Heilbronner Graffitikünstler] gewisse Flä chen zur Verfügung<br />
stellt, sich zu äußern, ohne Kick. Man muss zu -<br />
geben, dass die Sprayer-Szene uns auf wirklich häss liche<br />
Ecken in dieser Stadt aufmerksam gemacht hat, die<br />
man dann mit deren Hilfe aufwerten konnte. Es war si -<br />
cherlich ein ungewöhnlicher Dialog aber letzt endlich<br />
für alle Beteiligten ein Gewinn.<br />
Zum Schluss noch die Frage nach dem Heilbronner<br />
Leuchtturmprojekt Kunsthalle. Das ist ja eine<br />
Präsentation für Hochkunst. Wie wollen Sie hier<br />
die Bürger erreichen oder nach außen die Stadt<br />
präsentieren?<br />
Die Kunsthalle schließt zunächst eine Lücke und ermöglicht<br />
in Zukunft auch die Präsentation groß flä chi -<br />
ger Formate. Außerdem können wir uns auf eine spannen<br />
de Zusammenarbeit mit dem Kunstverein in dieser<br />
Halle freuen. Sie haben ja eben die Ziele der Museums -<br />
arbeit genannt. Das wird weiterhin unser Schwerpunkt<br />
blei ben, wie auch die Kulturvermittlung, die Museumspädagogik.<br />
Großprojekte, die vielleicht touristisch Auswirkungen<br />
hätten, sind weniger unser Anliegen, sind<br />
aber auch nicht ausgeschlossen.Also: an unseren gene -<br />
rellen Zielen verändert diese Halle aber nichts.<br />
Könnten Sie sich auch vorstellen, experimentelle<br />
Veranstaltungen, beispielsweise aus der Stadt Heilbronn<br />
selbst, dort stattfinden zu lassen?<br />
Natürlich. Genauso spannend finde ich allerdings den<br />
Gedanken, in der experimenta von Zeit zu Zeit Kunst<br />
und moderne Technik zu konfrontieren.<br />
In Heilbronn haben manche ja das Gefühl, dass Ent -<br />
wicklungen der letzten Jahrzehnte an uns vorüber ge -<br />
gangen sind, etwa die Videokunst… In der experimenta<br />
bietet sich vielleicht die Möglichkeit, manches nachzuholen<br />
und technische Entwicklungen im Bereich der<br />
Kunst vorzustellen. Ich bin mir sicher, dass die Leitung<br />
der experimenta sich hier offen zeigt. Damit sind wir<br />
in Heilbronn in der privilegierten Situation, ganz verschie<br />
dene, spannende Projekte im Science-Center und<br />
in der Kunsthalle verwirklichen zu können.<br />
06 <strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009
Was bringt fünfzig Jugendliche im Alter von 14 bis 19<br />
Jahren dazu, auf ein Zeichen hin punktgenau und gänzlich<br />
zusammen einen Akkord anzustimmen und mit ei -<br />
nem mu sikalischen Spiel zu beginnen, einen Tanzsatz<br />
aus ei ner längst vergangenen Zeit und Kultur zu spielen<br />
oder eine Filmmusik aus dem neuesten Produkt der<br />
Fir ma Hollywood?<br />
Jahrelang hat jeder Einzelne von diesen jungen Leuten<br />
sich mit seinem Instrument beschäftigt, ungezählte Stunden<br />
ein Handwerk erlernt und eine Sprache stu diert,<br />
die ohne Worte und Begriffe Emotionen ausdrücken<br />
kann und ästhetische Phänomene. Da sitzen sie also zu -<br />
sammen mit Anderen ihres Alters, deren All tags spra che<br />
sie vielleicht nur ansatzweise verstehen, de ren kultu reller<br />
Zusammenhang, deren Lebensgewohnhei ten fremd<br />
für sie sind. Aber in der Konzentration auf den einen<br />
Ge genstand, auf die Musik, schwinden alle Barrie ren,<br />
wird aus Scheu Vertrauen, aus skeptischer Distanz Interesse,<br />
aus Ressentiment Sympathie. Jeder Musikpä dagoge,<br />
der mit Ensemblearbeit und Orches terproben zu<br />
tun hat, hat diese Beobachtung immer wieder gemacht,<br />
und es ist eine der schönsten, die man in Zeit und Ge -<br />
sellschaft ma chen kann.<br />
BILDUNGEN<br />
STÄDTISCHE<br />
MUSIKSCHULE HEILBRONN<br />
Musikausbildung in den Zeiten der Krise. Ein kulturpolitischer<br />
Auftrag zur Rettung der nächsten Generation?<br />
Text: DR. MATTHIAS SCHWARZER Bilder: ARCHIV STÄDT. MUSIKSCHULE HEILBRONN<br />
Für Menschen, die sich mit Musikpädagogik beschäftigen,<br />
ist es seit dem Altertum – Sokrates bezeugt dies –<br />
eine Bin senweisheit, welch seelenhygienische Bedeutung<br />
die Musikausübung für den jungen Menschen hat.<br />
Stand frü her die Bildung des ästhetischen Urteils im<br />
Mittelpunkt, so sollen mittlerweile Defizite wie Kon -<br />
zentrationsmangel durch das Musizieren bei Kindern<br />
und Ju gendlichen ausgeglichen, möglichst sogar beho -<br />
ben werden, die Leistungsbereitschaft gestärkt, Selbstwertgefühl<br />
gesteigert, soziale Kompetenz geschaffen –<br />
diese Potenziale des Mu sikmachens stehen im Fokus<br />
neuer pädagogischer und kulturpolitischer Strömung -<br />
en. War früher eher das Erge b nis wichtig: »Eva-Maria<br />
kann eine Mozart-Sonate spielen«, so ist heute der Pro -<br />
zess von Bedeutung: »Seit unser Ke vin in dieser Strei -<br />
cherklasse ist, begreift er die Textaufgaben in Mathe<br />
viel besser« (Zitat aus einer Studie der Bertelsmann-<br />
Stiftung). Der Weg wurde zum Ziel.<br />
Wie sieht dieser Weg aus? Im Idealfall bietet eine der<br />
rund eintausend öffentlichen Musikschulen der Repu -<br />
blik eine Musikausbildung vom Kleinkindalter bis in<br />
die Studentenzeit, vielerorts auch Angebote für Erwachsene,<br />
seit einigen Jahren vermehrt auch solche für Se-<br />
nioren. Vom Musikgarten bis 50+, wer will, kann seine<br />
musikalischen Fähigkeiten ständig vervollkommnen. Dabei<br />
wird nicht auf bloße Sollerfüllung Wert gelegt. Der<br />
Weg zur Musik soll Freude machen, bei Kindern spie -<br />
lerisch sein, für Er wachsene auch auf unterem Ni veau<br />
anspruchsvoll. Und größten Wert legen die öffen t lichen<br />
Musikschulen des Verbandes deutscher Musikschulen<br />
auf die Gruppen ar beit, sowohl im Unterricht, der im<br />
Ver gleich zur her kömmlichen Methode des Ein zelunterrichtes<br />
um eine in ter aktive Komponente erwei tert<br />
wurde, als auch in den verschiedensten Möglich keiten<br />
der Musizierpraxis: Kammermusik im Ensemble von<br />
drei bis fünfzehn Musi kanten, Bands im Pop-, Jazz- und<br />
Rockbereich, ›Spielkreise‹ in den unterschiedlichsten<br />
Varianten für Barock, Folklore, Per kussions instrumente<br />
aller Kontinente oder mit selbst gebauten Instrumen ten<br />
nach mittelalterlichen Vorlagen, um im Zunftgewand bei<br />
einem Jahrmarkt Straßenmusik zu machen.<br />
Musik schu len sind gegründet, um die verschie densten<br />
Be rei che zu sammen zu bringen wie auch die klas si schen<br />
For men der Orchesterarbeit zu pflegen. So bietet beispiels<br />
weise die Städtische Musikschule in Heilbronn<br />
für die Be rei che Streicher und Bläser jeweils einen vier-<br />
08 <strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
stu figen Ausbildungsgang von den ersten Schrit ten im<br />
gemein samen Spiel bis zum Musizieren im sympho ni -<br />
schen Orchester.<br />
Auch im Unterricht wird Wert auf individuelle und zugleich<br />
nachhaltige Ausbildung und Betreuung gelegt.<br />
Eltern-Kind-Gruppen bilden oft den Einstieg ins Musikschulleben.<br />
Tast-Klopf-Rhythmus-Spiele trainieren hapti<br />
sche Fähigkeiten bei den Anderthalbjährigen, Rufflos -<br />
keln erste Unterscheidungen von Tonhöhen. Und die Eltern<br />
können ihre eigene Erinnerung von früher ge hör -<br />
ten Kinderliedern auffrischen. Weiter geht es mit der<br />
›Mu sikali schen Früherziehung‹ der Drei- bis Fünfjährigen,<br />
in der erste Lieder gesungen werden, Tanz und Bewegung<br />
zur Musik und das Ausprobieren von ein fa chen<br />
Instrumen ten angeboten wird – mit Klanghölzern, Trommeln,<br />
Rasseln, Zymbeln und was sonst alles noch orga -<br />
ni sierten Krach machen kann. Darauf baut die ›Musikalische<br />
Grund ausbildung‹ auf, die mit Beginn der Grundschulzeit<br />
das bisher spielerisch Erlernte vertieft. Viele<br />
Kin der lernen zugleich mit den Grundbegriffen der<br />
Mu sik – Noten, Rhyth mus, Hören, Singen – die Anfangs -<br />
schrit te auf der Flöte oder Gitarre im Rahmen des Gruppenunterrich<br />
tes in der Grundausbildung. Manche ha ben<br />
aber schon ihr Trauminstrument entdeckt und üben dies<br />
nun im Instru mentalunterricht, soweit es die körperli -<br />
chen Mög lichkeiten zulassen.Auch hier ist wieder der<br />
In stru mentallehrer als beratender Fachmann vonnöten.<br />
Ein Instrument lernt man heute nicht mehr bloß im Ein -<br />
zelunterricht. Variable Unterrichtszeiten korres pon die -<br />
ren mit variablen Formen, vom Partnerunterricht bis<br />
zur Gruppe von fünf, sechs Spielern sind viele Spiel ar -<br />
ten im pädagogischen Repertoire der speziell hierfür<br />
ausgebil deten Musikschullehrer. Eine Gruppe funktio -<br />
niert anders als der Schüler im Einzelunterricht rea giert.<br />
Oberstes Ge bot ist die individuelle Förderung und die<br />
altersrelevante Motivation – denn ein Instrument erlernt<br />
sich nicht von sel bst. Begabung, Fleiß und Ausdauer sind<br />
Voraussetzung en, die mit wechselnder Präsenz ein Mu -<br />
sikerleben prägen, auch den musikalischen Teil ei nes<br />
Nicht-Profis, eines Ama teurs. Diesem Begriff des ›Liebhabers‹<br />
eignet nicht nur etwas Nostalgisches, sondern<br />
auch etwas sehr Zutreffen des: Ohne Liebe zur Sa che geht<br />
es in der Musik nicht. Dann aber stellen sich er staun li -<br />
che Dinge ein. Die Be geis terung, die man der Musik entgegenbringt,<br />
überträgt sich auf die Mitspieler, sie über -<br />
trägt sich auf die Zuhörer. Und schon wird der nicht<br />
genau bestimmbare Nebeneffekt des Musizierens wirksam,<br />
ein Effekt, der in unserer Gesellschaft immer wichtiger<br />
wird, damit sie Gesell schaft im Miteinander bleibt<br />
und nicht eine Sammlung verkap selter Einzelwesen.<br />
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das<br />
Mu sikschulsystem in der Bundesrepublik zu einem flä -<br />
ch en deckenden Netz ausgebaut. Ob Kinder in den Ge -<br />
nuss einer musikalischen Erziehung kamen, blieb je doch<br />
ganz der privaten Entscheidung vorbehalten, war mit<br />
zu sätz lichen Kosten und Zeitaufwand verbunden, war<br />
im Extremfall Luxus und blieb für bestimmte Grup pen<br />
der Gesellschaft unzugänglich. Die allmählich einsetzende<br />
Veränderung in der Schullandschaft hat auch hier ein<br />
Um denken bewirkt: Musik für alle, oder auch »Je dem<br />
Kind sein Instrument«, das JEKI-Projekt in Bo chum<br />
star tend und schließlich über NRW hinaus bekannt, trat<br />
mit keinem kleineren Ziel an die Öffen t lich keit, als alle<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
BILDUNGEN<br />
Kin der zu erreichen, die Bevölkerung von Grund aus zu<br />
›mu si kalisieren‹. Gleichzeitig mach ten Nachmittags un -<br />
ter richt und Ganztagesschule die her kömmliche Form<br />
des Instru mentalunterrichtes im mer schwieriger, da die<br />
frei en Nach mittage seltener, freie Zeit an sich für Jugend<br />
liche immer kostbarer wur de. Der Kuchen ist klei -<br />
ner ge wor den: Die Musik trat in einen unguten Wett -<br />
streit mit anderen Hobbys, sport li che wie musische, in<br />
Konkurrenz auch zu Freund schafts pflege, sozialen Kontakten,<br />
Aktivitäten von Ju gendgruppen.<br />
Gegen Ende der neunziger Jahre stellte eine Expertengruppe<br />
fest, was den Beteiligten schon lange schwante:<br />
»Immer weniger Kinder lernen das Singen, der musi ka -<br />
li sche Nachwuchs scheint ernsthaft gefährdet.« Statt<br />
im schu lischen Bereich die musische Ausbildung als<br />
Ge gengewicht und Ausgleich zur abstrahierenden Be -<br />
schäftigung in den meisten anderen Fächern zu stär -<br />
ken, ging die Zahl der Unterrichtsstunden in allen Stu -<br />
fen der allgemein bildenden Schulen zurück. Mit der<br />
Fragestellung, ob hier nicht ein Kulturgut von eminent<br />
wichtiger Bedeu tung für die Ausbildung des jungen Menschen<br />
verloren gehe, initiierte die Bertelsmann-Stiftung<br />
das Projekt: För derung der Musikkultur bei Kindern.<br />
Zwischen 1999 und 2004 wurden an fünf Grundschu -<br />
len und zwölf Kin dergärten in NRW nachhaltig und intensiv<br />
elementare Mu sikkurse abgehalten. Die Lehrer<br />
und Erzieher wurden geschult und während des ge samten<br />
Projektes fachlich betreut. Erfahrungs austausch unter<br />
einander und Bera tung durch die Fachleute der be -<br />
glei tenden Hoch schu len war immer gegeben.<br />
Die Ergebnisse überraschten. Eltern und Erzieherinnen<br />
bzw. Lehrer stellten im Laufe der Kurse einen Klima -<br />
wan del in den Gruppen fest und ein Sozial- und Lernver<br />
halten, das sich evident zum Positiven verändert<br />
hat te.Auch die beteiligten Erzieherinnen hatten einen<br />
positi ven Auf trieb bekommen, hatten Musikmachen als<br />
wich tiges Hilfs mittel ihrer Betreuungsarbeit wieder entdeckt.<br />
Aus dem Abschlussbericht des Projektes (Bertelsmann<br />
Stif tung / Luchte / König, Gütersloh 2004) sei nur<br />
ein Zitat aus der beeindruckenden Fülle von Statements,<br />
die in den Evaluations-Interviews gegeben wurden,<br />
an ge führt. Eine Mutter äußert sich bündig: »Mein<br />
Sohn ver steht Musik nicht mehr als ein Konservenpro -<br />
dukt aus dem Radio, sondern er hört hin, versucht zu<br />
hören, was da ist.« Unabhängig vom eigenen instrumentalen<br />
Können ist hier offensichtlich Kreativität und Wissbegierde<br />
geweckt, ein kleiner Mensch schaffte den Sprung<br />
aus der virtuellen Welt der Apparate in das belebende<br />
Wechselspiel von Rezeption und Reflexion, wurde aktiv,<br />
zum Entdecker.<br />
Die gleichen Ergebnisse wie die Bertelsmann-Studie<br />
zei tigte schon vier Jahre früher eine Untersuchung des<br />
Frankfurter Soziologen Hans Günther Bastian, der mit<br />
ei ner Langzeituntersuchung an Berliner Grundschulen<br />
zwi schen 1992 und 1998 der Frage nachging: Wirkt sich<br />
vermehrter Musikunterricht auf das Verhalten der Schüler<br />
aus? Verglichen wurden Schulen, an denen herkömmlich<br />
ein Mal in der Woche Musik unterrichtet wurde, mit<br />
Schulen mit musikbetonter Ausrichtung, in denen es<br />
zwei Mal in der Woche Musikunterricht gab, dazu noch<br />
Instrumentalunterricht und das praktische Musizieren<br />
in einer Ensemblestunde. Die Studie aus dem Jahr 2000<br />
(Hans Günther Bastian: Musikerziehung und ihre Wir -<br />
kung, Mainz 2000) liest sich wie eine Handlungsanwei -<br />
sung an alle für Pädagogik Verantwortlichen. Für die<br />
unter suchten Fel der: Soziale Kompetenz und soziale<br />
Re flexionsfä higkeit, Intelligenz, Konzentration, Kreativität,<br />
Emotionale Labilität, Selbstkonzept, Allgemeine<br />
Schul leistungen schnitten die Kinder an den Schulen<br />
mit Musik schwerpunkt jeweils besser bis deu tlich bes -<br />
ser ab. Ein »geradezu sensationelles und für Eltern wichtiges<br />
Ergebnis: Der erhebliche Zeitaufwand geht ganz<br />
eindeutig nicht zu Lasten der allgemeinen schulischen<br />
Leistungen.« Bastian zieht das Resümee: »Musiker zie -<br />
hung fördert ne ben der Freude an der Musik und der<br />
eigenen musikali schen Begabung wichtige Persönlich -<br />
keitsmerkmale: Extraversion im ausdrucksstarken Spiel,<br />
Teamfähigkeit im Ensemblemusizieren, Gewissen haf -<br />
tigkeit gegenüber dem musikalischen Werk und der<br />
Musiksozietät, emotionale Stabilität im Podiums stress<br />
der Darbietung, Intelligenz in der verstehenden und<br />
künstlerischen Interpretation eines Musikwerkes.«<br />
Musikpädagogen in Kindergarten, Schule und Musik -<br />
schule erfahren täglich die Wirkung und den Wert ihres<br />
Un terrichtens und den Stellenwert, der ihrem Tun in<br />
ei ner ökonomisch orientierten Zeit zugewiesen wird.<br />
Dass dieser Wert nicht nur ein irrationales Vermuten<br />
von idea listischen Traumtänzern ist, sondern sich empirisch<br />
nach weisen lässt, verdanken wir neueren Unter -<br />
su chung en. Damit ist aber auch die Zeit zum Handeln<br />
ge kommen. Musikausbildung kostet Geld! Aber passt<br />
die se Erkennt nis nicht trefflich zu den gerade auch in<br />
Kri senzeiten im mer wieder geäußerten Über zeugungen,<br />
dass die jun ge Generation unser wichtigstes Kapi tal sei<br />
und Bildung die besten Zinsen liefere?<br />
09
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
WEITERSPIELEN<br />
11
LYRIK<br />
DER BÖRSENGANG<br />
Gedicht: ALEXANDER BERTSCH<br />
Ein Mensch ist an die Börse gegangen,<br />
um sein Emotionalienpaket anzubieten;<br />
der Effekt, beziehungsweise die Effekten<br />
zahlten es ihm heim:<br />
Schon am ersten Tag<br />
fingen die Sehnsuchtspapiere an zu sinken,<br />
seine Hoffnungen fielen in den Keller,<br />
die Liebesaktien sackten ins Uferlose,<br />
die Kurve der Erträgnis fiel und fiel.<br />
Der Bär und der Stier lachten<br />
und vereinigten sich in aller Öffentlichkeit;<br />
die Politiker lachten<br />
und vereinigten sich je nach Veranlagung,<br />
eine Landesbank outete sich<br />
und vereinigte sich mit ihresgleichen,<br />
die Aktionäre gingen leer aus,<br />
die Dividende trieb es mit sich selbst<br />
und verzichtete auf jede Art von Vermehrungsversuch,<br />
die Regierung schüttete Milliarden aus<br />
und hoffte auf einen Viagra-Effekt,<br />
aber der Aktienindex blieb unten.<br />
Die Sehnsuchtspapiere verschimmelten<br />
in geschlossenen Fonds,<br />
die Hoffnungen waren<br />
längst durch Spekulationen verschütt gegangen<br />
und die Liebe<br />
verkam im Keller einer Bad-Bank.<br />
Der Mensch ging nach Hause<br />
und dachte auf Amerikanisch:<br />
That’s awful, a Real sad Estate.<br />
12 <strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009
EVOL/CTINK »Plattenbauten«<br />
Fotografische Dokumentationen des Künstlers zu seinen Installationen, die anlässlich<br />
der Ostrale'09 auf dem Gelände des ehemaligen Erlwein-Schlachthofes im Ostragehege<br />
in Dresden entstanden.<br />
01 / triple towers<br />
je 35x45x550 cm, Schablonen und Sprühfarbe, Dresden 2009<br />
02, 03 / this city ctinks!<br />
Schablonen und Sprühfarbe, Dresden 2009<br />
Installation in einem etwa 8x10 m großen und 1,7 m tiefen Loch im Boden einer Halle,<br />
das offenbar einmal das Fundament einer großen Kesselanlage bildete, in dem Seife<br />
gekocht wurde oder eine ähnliche Verwertung von ›Tierabfällen‹ stattfand.<br />
O-Ton EVOL: »›Tierkörperverwertung‹ haben mir Arbeiter gesagt. Es stinkt auch über<br />
15 Jahre nach Schließung der Anlagen noch unglaublich nach verbranntem Horn und<br />
Knochen darin–Caspar-David-Friedrichstadt!«<br />
weitere Informationen unter: www.evoltaste.com
Dir stockt der Atem. Beinahe hättest du es gar nicht be -<br />
merkt. Bemerkt, dass es nur noch wenige Meter sind,<br />
die dich vom Sieg trennen. Genau genommen sind es<br />
zwei Schritte. Nur noch zwei kleine, sagen wir, mittel -<br />
große Schritte. Und dann wärst du endlich drü ben, dort,<br />
wo deine Füße den ersehnten festen Boden un ter sich<br />
verspüren könnten. Endlich befreit also von dieser wak -<br />
keligen Ungewissheit in Schwindel erregen der Höhe.<br />
Du könntest dich ins grüne Gras legen, auf der siche ren<br />
Seite, die Arme weit ausbreiten und in den wol kenlo -<br />
sen Himmel blicken. Sicherlich wol kenlos. Selbst ver -<br />
ständ lich würden sie noch etwas zittern, deine Bei ne,<br />
von die ser ganzen Anstrengung.Aber ausmachen würde<br />
es dir nichts, nein, vielleicht wärst du sogar ganz stolz<br />
da rauf und glücklich in die sem Moment. Denn du könntest<br />
dir sagen: Ja, ich habe es geschafft.<br />
Doch bisher hast du noch rein gar nichts geschafft. Die<br />
Erlösung dagegen scheint dir alles andere als zum Grei -<br />
fen nahe. Vielmehr unmöglich sind diese zwei letz ten<br />
Schritte. Du spürst es. War die Angst für kurze Zeit ver -<br />
gessen, deren bitterer Geschmack dir lange schon auf<br />
der Zunge liegt, so ist sie nun wieder zurückge kehrt.<br />
Zwei mittelgroße Schritte sind nun unausführ bar. Du<br />
könntest auch von eineinhalb großen Schrit ten ausgehen,<br />
oder vier kleinen. Ändern würde es nichts, denn<br />
sie sind dennoch unmöglich. Und du weißt das. Du hast<br />
das im Gefühl, das es nicht klappen würde. Nie mals.<br />
Dabei sagt dir dein Verstand eindeutig etwas anderes.<br />
Seit Beginn dieses Abenteuers hast du einen Weg von<br />
über 97 mittelgroßen und kleinen Schritten zu rück -<br />
gelegt, du hast mitgezählt. Und nun, kurz vor der verdie<br />
nten Errettung, kann dein gesunder Menschenverstand<br />
nicht zulassen, dass dich gerade jetzt die große<br />
Feigheit lähmt. Stattdessen kennt dein Verstand sehr<br />
wohl deine Furcht vor dem Abschluss der Dinge. Du<br />
hast doch schon immer Angst vor dem Schluss strich -<br />
ziehen. Vor dem Ende einer Freundschaft, dem Ende<br />
eines Buches, eines Films, selbst ein Happy End erfüllt<br />
dich mit Grauen. An das Lebens ende willst du erst gar<br />
nicht denken.<br />
Doch diese Mutlosigkeit darf dich nicht hindern am<br />
Gehen, diesmal nicht. Das sagt dir dein Verstand. Zwei<br />
Schritte könnten dein Leiden ein für alle Mal beenden.<br />
Dein Leben verändern. Sie könnten für immer dieses<br />
Muster in dir brechen, das dich stets scheitern und an<br />
dir selbst zweifeln lässt. Diese zwei Schritte könnten<br />
dich stark machen und selbstsicher.<br />
DER KOPF IST RUND<br />
ZWEI SCHRITTE<br />
Giovanna-Beatrice Carlesso, Jahrgang 1991, lebt in Brackenheim und schreibt Prosa;<br />
wurde mehrfach zum Treffen Junger Autoren nach Berlin eingeladen; WS 2009/2010<br />
Beginn eines Frühstudiums der Germanistik an der Universität Stuttgart.<br />
Mit der Kurzgeschichte Zwei Schritte wurde sie mit dem Publikumspreis des<br />
18. Hattinger Förderpreis für junge Literatur ausgezeichnet.<br />
Kurzgeschichte: GIOVANNA-BEATRICE CARLESSO<br />
Du weißt genau, auf den Verstand kannst du dich verlassen.<br />
Gilt das aber auch in dieser Höhe? Auf diesem<br />
schmalen Stück Holz, welches du Brücke nennst?<br />
Sie würden viel Überwindung kosten, diese letzten zwei<br />
Schritte ohne Geländer, auf das du dich stützen könn -<br />
test. Noch kannst du das, und wie ein Schraubstock halten<br />
sich deine behandschuhten Hände an dem höl zer -<br />
nen Handlauf fest. Zwei Schritte ohne Halt, ohne Sicherheit.<br />
Aber dann endlich drüben. Auf der anderen Seite.<br />
Ja, man würde dir dort mit stillem Respekt bege gnen,<br />
mit einem freundlichen Lächeln. Möglicherweise würde<br />
sogar eine Belohnung auf dich warten und zur kalorien -<br />
armen Gemüsesuppe am Abend würde dir zur Abwechs<br />
lung keine verdünnte Cola aufgetischt werden, sondern<br />
ein Glas des echten, sprudelnden Ge tränks, ka ra mell -<br />
braun schimmernd.<br />
Du sollst dich ins Zeug legen. Denn du willst kein Was -<br />
ser mehr in deiner Coca-Cola, du willst auch nicht mehr<br />
der Angsthase sein, ausgelacht von den anderen. Du willst<br />
endlich einen schönen Tag hier erleben. Doch das ist<br />
nur möglich, wenn du den Mut dazu aufbringst, dei ne<br />
Versteinerung aufzugeben und dich in Bewegung zu<br />
setzen. Endlich mal in Bewegung zu setzen. Du könn -<br />
test auch springen, wenn du wolltest. Denn im Grunde<br />
ge nom men befindest du dich – prozentual gesehen –<br />
eindeutig mehr auf der sicheren als auf der unsicheren<br />
Seite. Du stehst sozusagen an der dünnen Grenze des<br />
Ich-habe-es-geschafft-Gefühls. Nein, bist schon fast da -<br />
rüber hinaus, fast frei – aber eben doch nur fast. Und<br />
dieses fast, das verursacht dir Bauchschmerzen. Das<br />
hängt dir bleischwer an den Füßen. Festgeklebt sind sie,<br />
auf dieser wackelnden Hängebrücke. Dir ist, als wäre<br />
die Verbindung von deinem Gehirn zu den Bei nen ge -<br />
kappt worden. Als hätte man dein Nervensystem boy -<br />
kottiert und die Füße könnten deinen von Sy napsen<br />
aus gestrahlten Nervensignalen keine Folge mehr leisten.<br />
Die Bewegungssteuerung ist ausgefallen. Das ist beun<br />
ruhigend. Du willst nach Hause. Du willst in dein<br />
Zim mer. Du willst den Fischen im Aquarium zu sehen,<br />
wie sie ihre Bahnen schwimmen. Du willst den geriffelten<br />
Umschlag des großen Weltatlasses strei cheln, den<br />
du von Frau Dr. Baumann geschenkt be kommen hast.<br />
Das beruhigt. Du willst zu deiner Mutter.Aber das geht<br />
nicht. Es geht nur zurück oder nach vorne.<br />
Die Panik, sie treibt dein flatterndes Herz dazu an, unab -<br />
lässig Angst-Adrenalin durch deinen Körper zu pum pen.<br />
Deine Nebennieren arbeiten auf Hochtouren. In dieser<br />
doch sehr prekären Situation Entscheidungen zu treffen,<br />
die dein Fort- oder Zurückschreiten zur Fol ge ha -<br />
ben, das scheint dir völlig undenkbar. Du willst kei ne<br />
Entscheidungen treffen. Du bist nichts weiter als ei ne<br />
große, furchtsam zitternde Masse. Wenn du es dir jetzt<br />
wieder genauer überlegst, so kommst du zu dem Schluss,<br />
dass du dich wohl doch eher auf der Verlierer-Seite be -<br />
findest. Gefühlsmäßig. Du bist nicht frei, nicht geret tet.<br />
Und du bist vor allem eines nicht: mutig. In deinen<br />
Adern fließt nichts Mutiges, nicht die kleinste Menge<br />
an Kühnheit.<br />
Der Mut, der hat dich bereits in deinem achten Lebensjahr<br />
verlassen. Du erinnerst dich noch genau. Es war<br />
Som mer. Damals standest du in drei Meter Höhe über<br />
dem Wasserbecken. Du wolltest springen, hattest es dir<br />
fest vorgenommen, wolltest es den anderen Jungen<br />
gleich tun, die, nachdem sie ihren Müttern gewunken<br />
hatten, sich schreiend, wild mit den Armen rudernd in<br />
die Luft katapultierten und sich als Wasserbomben ins<br />
Becken stürzten.<br />
Da standest du also, am Rande des Brettes, bereit zu<br />
springen. Und gerade in diesem Augenblick fühltest du,<br />
wie sich der Mut von dir verabschiedet hatte, plötzlich<br />
ausgeflogen war. Wimmernd standest du nun da, wie<br />
vor den Kopf gestoßen. Du legtest dich ganz flach auf<br />
das Sprungbrett und versuchtest, dich mit beiden Händen<br />
daran festzuklammern. Angst hatte dich überwäl -<br />
tigt. Deine Mutter musste zu dir hinaufsteigen und dich<br />
wieder hinuntertragen. Die Menschen lachten. Dem<br />
Va ter war es peinlich, schnell packte er alles zusammen<br />
und ihr fuhrt nach Hause. Danach verlor man kein Wort<br />
mehr darüber.<br />
Seit diesem Ereignis hast du die Schokolade dem Frei -<br />
bad vorgezogen. Und das Essen wurde dir plötzlich zu<br />
einer Freude. Es füllte die Leere in dir, die entstanden<br />
war, als dein Selbstwertgefühl dir den Rücken zuge -<br />
kehrt hatte.<br />
Jetzt hättest du die Möglichkeit dich zu revanchieren.<br />
Mit zwei lächerlichen Schritten.Aber du hast Angst und<br />
lenkst deine Gedanken auf Pizza, Hackbraten und Käsefondue.<br />
Du weißt, wie du dich beruhigen kannst. Nicht<br />
umsonst nimmst du Privatstunden in autoge nem Trai -<br />
ning. Du denkst an Frau Dr. Baumann. Denkst an das,<br />
was sie dir zu sagen pflegt. Stellst dir vor, du seist das<br />
016 <strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
Meer.Atmest tief ein, atmest tief aus. Ein und aus. Zwei.<br />
Denkst an den geschmolzenen Käse, der die Pilze und<br />
die Pap rika auf deiner großen Party-Pizza ein bettet.<br />
Denkst an Schnitzel mit Pommes. Atmest ein und at mest<br />
aus. Zwei. Du stellst sie dir genau vor, die salzigen Pom -<br />
mes Frites mit Mayonnaise. Oder Spaghetti Bologne se.<br />
Schwei ne rüc ken steak auf dicken Bohnen mit Brat kartoffeln.<br />
Zwei. Trüffel-Risotto mit Parmesankäse. Zwei.<br />
Es funktioniert nicht. Jedes Bild, das du vor deinem inneren<br />
Auge heraufbeschwörst, wird von einer großen,<br />
geschwungenen Zwei verdrängt. Zwei Schritte. Diese<br />
Zahl lässt dich nicht mehr los. Sie fordert eine Ent scheidung<br />
und eine daraus resultierende Handlung.<br />
Leider ist dir bewusst, dass deine Mutter hier nicht zu -<br />
gegen ist. Sie kann dich nicht retten und dich hier run -<br />
ter holen.Auch hättest du ernsthafte Bedenken, dass sie<br />
dich mit deinen 98 Kilogramm, was bei einer Körpergröße<br />
von 165 Zentimetern nicht gerade wenig ist, so<br />
ohne weiteres auf den Arm nehmen und dich hinab, in<br />
Sicherheit, tragen könnte. Wie damals, im Freibad.<br />
Im Gegenteil ist es sogar so, dass sie die Hauptschuld<br />
da ran trägt, dass du hier deine Sommerferien verbringen<br />
musst. Fernab von Zuhause, weit entfernt von ei -<br />
nem Gefühl der Geborgenheit.<br />
Ja, du könntest weinen. Sehen würde das sowieso niemand,<br />
schließlich trägst du diesen unbequemen, mit<br />
einem Sehschutz versehenen Helm, dessen Gurtverschluss<br />
schmerzlich in deinen Hals schneidet.<br />
Zwei Schritte bis zum Sieg und eine einzige Entscheidung,<br />
die es zu fällen gilt. Ein stechendes Gefühl in dei -<br />
ner Brust, Tränen in den Augen. Zwei Schritte und du<br />
wärst ein neuer Mensch.<br />
»Achtung, Thomas!«<br />
Die geschrienen Worte katapultieren dich aus deiner<br />
wol kenlosen Gedankenwelt. Es ist die Stimme des Betreuers.<br />
»Hör mal, ich lass dich jetzt lieber runter. Du willst mir<br />
doch keine Wurzeln schlagen«, schreit dieser und mit<br />
einem Mal stehst du nicht mehr auf der Hängebrücke,<br />
sondern bist mitten in der Luft, schwebst dort, die<br />
Schwer kraft überwunden. Und ruderst mit den Armen,<br />
so wie du es im Freibad getan hättest, wärst du ge sprungen.<br />
Wärst du nur gesprungen.<br />
Mit dem Seil, das an deinem großen, gelben Gürtel befes<br />
tigt ist, lässt man dich herab und du landest etwas<br />
un sanft auf einem der überall unter dem Erlebnisparcours<br />
aufgespannten Netze.<br />
Diese sollen den Stürzenden auffangen und ihn damit<br />
vor einem schmerzhaften Aufprall bewahren, wurde dir<br />
und den anderen erklärt.<br />
Du rollst dich auf dem auf- und abschwingenden Netz<br />
zusammen. Du würdest gerne die Arme ausbreiten und<br />
in den Himmel blicken. Doch der Sehschutz hat sich<br />
beschlagen.<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
DER KOPF IST RUND<br />
»Keine Angst, Thomas, du bist jetzt in Sicherheit«, ruft<br />
der Betreuer und du kannst dir denken, dass sie kichern<br />
werden, die anderen. Wenn sie dich fragen und du<br />
sagst, dass es wieder nicht geklappt hat. Du willst ihre<br />
abfällig grinsenden Gesichter nicht sehen. Als Einziger<br />
der Gruppe B hast du den Parcours immer noch nicht<br />
geschafft. Selbst Olaf hat ihn schon bezwungen. Das<br />
ärgert dich.<br />
»Kommst du jetzt, Thomas? Die anderen helfen schon<br />
das Zelt aufzubauen. Nicht enttäuscht sein, Junge. Morgen<br />
ist auch noch ein Tag.«<br />
Im Erholungscamp für übergewichtige Kinder und Jugendliche<br />
werden täglich gemeinsame Wanderungen<br />
un ternommen und Wettkämpfe veranstaltet. Der Abenteuerparcours<br />
mit dem Hochseilgarten gefällt am meisten<br />
und wurde auf dem Prospekt als der absolute<br />
Hö he punkt, eine Herausforderung für Groß und Klein<br />
angepriesen, bei der man erfahren kann, was Gruppen -<br />
zu sam menhalt wirklich bedeutet. Die Dixi-Klos waren<br />
jedoch nicht abgebildet, auf der reich illustrierten Bro -<br />
schüre, die sich deine Mutter per Post hat zukommen<br />
lassen. Diese stehen stinkend aufgereiht hinter den<br />
Schlaf zelten, die alle um das Lagerfeuer aufgeschlagen<br />
sind. Hier wird wenig gegessen und Pantomime, man chmal<br />
auch Gitarre gespielt. Nachtisch gibt es nur je den<br />
zwei ten Tag, bestehend aus grüner Götterspeise oder<br />
Milchreis mit Himbeersauce.<br />
Du richtest dich auf und ergreifst die ausgestreckte Hand<br />
des Betreuers. Dich erwarten mit Wasser verdünnte Cola<br />
und fettarme Gemüsesuppe.<br />
Bild: »Pilatus sprach: Was ist Wahrheit?« © Carlesso Verlag<br />
017
KÜNSTLER<br />
DIE ZWEI WELTSEITEN<br />
Astrid Sourkova zeigt ihre Arbeit vom 20. September bis 15. November 2009 im<br />
Kunstverein Heilbronn. Die Ausstellung ist als Gesamtinstallation aus verschiedenen Einzelwerken<br />
angelegt. Diesem so entstandenen räumlichen Bild entspricht ein inneres Bild.<br />
Werke: ASTRID SOURKOVA<br />
018 <strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
In der Ausstellung Die zwei Weltseiten ist das Symbol der Stadt<br />
grund legend. Es verbildlicht die Welt und ihre gött li che, universale<br />
Ordnung. In einem Raum ist die Stadt in Kreuz form dargestellt<br />
und umfasst damit alle Dimensionen, alle Ele men te<br />
und Himmelsrichtungen. Dabei entsprechen die zwei Bal ken<br />
den zwei Weltseiten. Im anderen Raum wird eine Stadt darge -<br />
stellt, die gerade zerbricht. Die zeitliche Abfolge der beiden<br />
Räu me spielt keine Rolle. Gemeint ist der Kreislauf, die Gleichzeitigkeit<br />
von Entstehung und Untergang.<br />
oben Entwurf der Welt nach Habima Fuchs<br />
rechts Gewand und Ausrüstung einer Wanderprophetin, Europa, 21. Jahrhundert<br />
unten Die Turmvision<br />
KÜNSTLER<br />
www.kunstverein-heilbronn.de | Öffnungszeiten: Di–So: 13 Uhr bis 17 Uhr, sowie nach Vereinbarung<br />
019
Einer der Höhepunkte des dörflichen Lebens ist das<br />
jährliche Dorffest. Alle Vereine und sämtliche Schul -<br />
klassen müssen dafür aktiv werden. Bei einem Umzug<br />
vom Schlosshof zum Sportplatz werden in entsprechenden<br />
Kostümen historische Begebenheiten nach gestellt.<br />
Obwohl in unserer Gegend sicher nie Cowboys<br />
und Indianer sich gegenseitig das Leben schwer mach -<br />
ten oder gar nahmen, bin ich als Rothaut verkleidet.<br />
Die schwarze Langhaarperücke wirkt wie eine Dampf -<br />
haube, der von der Hitze weich gewordene Teer klebt<br />
an den nackten Füßen. Vor uns bewegt sich der Fanfa -<br />
renzug. Die historischen Uniformen waren sicher nach<br />
dem Vorbild zu Kaisers Zeiten geschnitten und genäht.<br />
Die Menschen zu der Zeit waren offensichtlich kleiner<br />
und schlanker als die heutigen Musikanten. Hier stellt<br />
sich nicht die Frage, wie das Runde in das Eckige kom -<br />
me, sondern das viel zu Dicke in das zwei Nummern<br />
zu Kleine. Die meisten erinnern an eine Presswurst.Vorneweg<br />
geht der Tambourmajor. Dessen Uniform ist<br />
noch eine Spur bombastischer, mit noch mehr Quasten<br />
und Kordeln. Eigentlich ist der Mann eine drastische<br />
Fehl besetzung, denn er ist mittlerweile schwerhörig<br />
und ständig betrunken. Da das Repertoire der Kapelle<br />
nie geändert wird und sämtliche Märsche im gleichen<br />
Tempo gespielt werden, muss der Herr Major lediglich<br />
zu Beginn einmal energisch mit seinem beflaggten<br />
Takt stock in die Luft stoßen und losmarschieren. Der<br />
Rest ergibt sich von selbst. Er beherrscht zwei Routinen,<br />
zum einen das einarmige Wirbeln zum andern<br />
den Stock hoch in die Luft werfen und wieder fangen.<br />
Manchmal wird er vorgeführt. Die Kapelle verlangsamt<br />
den Tritt, bis sie schließlich nur noch auf der Stelle<br />
marschiert. Der Schwerhörige zelebriert weiter und<br />
gewinnt unter dem Gejohle des gaffenden Volkes ei nen<br />
beträchtlichen Vorsprung. Bemerkt er seinen Alleingang,<br />
verdüstert sich seine Miene und er trampelt auf<br />
der Stelle bis die Lücke geschlossen ist. Heute gibt es<br />
jedoch eine Variation. Die Musiker drücken sich an den<br />
Straßenrand und schließen in lockerer Formation auf.<br />
Erst nach einiger Zeit bemerkt er, dass er einem Haufen<br />
Indianer und Cowboys voran schreitet. Wütend verlässt<br />
er den Zug, lehnt seinen Stock neben die Türe vom<br />
›Deutschen Haus‹ und verschwindet in der Kneipe.<br />
–<br />
Nachdem ich annähernd zwei Stunden zirka drei Ki -<br />
lometer vor dem Grenzübergang Basel in der Warte -<br />
schlange stehe und genau weiß, dass auf einer Hinweistafel<br />
weiter vorne zu lesen ist, dass das Rot der<br />
Ampel stundenlang geschaltet sein kann, drücke ich<br />
mich auf die PKW-Spur. Ich weiß auch, dass Zuwiderhandlungen<br />
geahndet werden, das steht ebenfalls auf<br />
ERZÄHLUNG<br />
MENSCHEN,<br />
DIE UNIFORMEN TRAGEN<br />
»Host wos zum rupfm?« Ob ich was habe? »Jo, host net wos zum rupfm,<br />
a Koks oda wann’s sei muaß a weng Speed?…«<br />
Text: HARALD RIEGG<br />
dem Schild.Aber ich bin garantiert nicht früh um zwei<br />
losgefahren, um gegen neun mit meiner Lieferung in<br />
Thun zu sein und steh dann stundenlang an einer roten<br />
Ampel. Wenn ich Glück habe, sind die Unifor -<br />
mierten anderweitig beschäftigt. Sind sie. Ihre bedauernswerten<br />
Opfer sind zwei rumänische Trucker. So<br />
komme ich ungestraft auf dem Zollhof an und finde<br />
einen Parkplatz in einer der vorderen Reihen. Das verspricht<br />
relativ kurze Fußwege im strömenden Regen,<br />
um an meine Papiere zu gelangen. Im Büro gebe ich<br />
die Dokumente ab und werde für eine Viertelstunde<br />
zum Warten nach draußen auf den Gang vertröstet. Da<br />
aber ist es kalt und es stinkt. Also gut, wenn es sein<br />
muss, darf ich auch hier drinnen warten. Die Sachbe -<br />
arbeiterin öffnet ihre E-Mails.Als erstes sehe ich einen<br />
zotigen Bilderwitz und danach fünf Bilder vom Unterleib<br />
eines Mannes, der da eine Kobra tätowiert hat. Ihr<br />
Kopf prangt auf seiner Eichel, reckt sich Bild für Bild<br />
in Angriffsposition. Ihr Kollege bestätigt auf Anfrage,<br />
dass er die beiden Mails ebenfalls erhalten und bereits<br />
weitergeleitet hat. Das verkürzt meine Wartezeit. Sie<br />
öffnet eine Datei, sucht kurz und druckt meine Papiere<br />
aus. Maximal zwei Minuten nimmt’s in Anspruch.Alles,<br />
was mir dazu in den Sinn kommt, verschiebe ich in<br />
meinen mentalen Papierkorb. Nicht nur wegen der unfeinen<br />
Worte, sondern aus Respekt vor den Schikanen,<br />
die meine Kritik mit sich bringen könnten. Zurück im<br />
Fahrzeug warte ich auf eine Lücke. Ich sehe die Licht -<br />
hupe und fahre an. Gleichzeitig ruckt auch der andere<br />
ein Stück nach vorn. Ein Witzbold am Lenkrad, ein<br />
zweiter auf dem Beifahrersitz. Unter zwei Seppelhüten<br />
mit Gamsbart vom Lachen verzerrte Gesichter. Der Beifahrer<br />
steigt aus. Rot und blau kariertes Hemd und<br />
trotz der Kälte eine kurze Krachlederne. Durch mein<br />
geöffnetes Seitenfenster höre ich sein: »Host wos zum<br />
rupfm?« Ob ich was habe? »Jo, host net wos zum rupfm,<br />
a Koks oda wann’s sei muaß a weng Speed? Mir san no<br />
bis Ungarn unterwegs und hoben ois scho weg.« Wie<br />
er denn darauf kommt, dass ich hier in Sachen ambulanter<br />
Drogenhandel unterwegs sei: »A weil’s ausschau -<br />
gst, wiad ausschaugst.« Sie lassen mich trotzdem Ein -<br />
fädeln und auf den hundert Meter zur Abfertigung mal<br />
ich mir das Horrorszenario aus. Zwei Hiasel zugedröhnt<br />
bis zum Haaransatz als Herrscher über vierzig<br />
Tonnen bewegte Masse. Die beiden passieren die Ab -<br />
fertigungsspur rechts neben mir, als mich eine junge<br />
Frau in Uniform anweist, auf die Waage zu fahren. Ich<br />
krabbel aus dem Führerhaus und werde mit der Frage<br />
konfrontiert: »Sind Sie der Fahrer dieses Wagens?« Da<br />
sie die hoch geachtete Königsdisziplin ›Kaugummi -<br />
kauen und gleichzeitig mit mir reden‹ so souverän<br />
meistert, will ich sie nicht der Unlogik zeihen. Mit wie -<br />
gen muss Sie mich, da ich zum Gesamtgewicht zähle.<br />
»Sie haben überladen. Da müssen Sie eine Buße gewärtigen.«<br />
Weisungsgemäß parkiere ich mein Fahrzeug auf<br />
einem separaten Platz. Das Missverständnis lässt sich<br />
klären. Das Gewicht stimmt, lediglich die Angaben auf<br />
meiner Mautkarte sind fehlerhaft. Die muss ich korri -<br />
gieren lassen. Ganz am anderen Ende des Hofes. Hinter<br />
einem Schalter steht einer, der mich erst blöd anglotzt,<br />
vernehmbar rülpst und dann auf einen Knopf drückt,<br />
der eine Jalousie zwischen uns fallen lässt. An einem<br />
an deren Schalter habe ich mehr Glück.Als der Beamte<br />
meine Papiere zu mir rüber schiebt, frage ich, ob ich<br />
denn nun alles hätte. Er guckt, als hätte ich ihm einen<br />
unsittlichen Antrag gemacht, nickt dann aber. Ziemlich<br />
durchweicht sitze ich ein paar Minuten spä ter hinterm<br />
Steuer und lenke das Gefährt auf die Einbahnstrasse<br />
mit der extra Ausfahrt. Gerade als der Beamte die ihm<br />
zugedachten Papiere entgegen nehmen will, klingelt<br />
sein Telefon. Nach einem Blick auf mein Kennzeichen<br />
und ein paar unverständlichen Worten beendet er das<br />
Gespräch. Ich muss den LKW wieder abstellen und ein<br />
Papier abholen, das doch nicht ausgehändigt wurde.<br />
Kein Wort der Entschuldigung. Wie der durch den Re -<br />
gen. Mein Nervenkostüm hat eine Laufmasche. Da hilft<br />
keine Spucke und kein Nagellack. Die läuft weiter.<br />
Wenn ich jetzt nicht hier weg komme, werden durch<br />
das löchrige Gewebe Dinge nach drau ßen dringen, die<br />
niemand erleben will. Doch es gibt ein Einsehen, die<br />
Schranke öffnet sich. Ich bin durch.<br />
–<br />
Zum zweiten Mal diese Woche bin ich auf dem Weg zu<br />
einem Kundentermin in Pleidelsheim. Wie bereits vor<br />
zwei Tagen ist auf der Autobahnauffahrt in Untergruppenbach<br />
eine Polizeikontrollstelle eingerichtet. Wieder<br />
stehe ich auf der Standspur. Das bekannte Spiel wird<br />
wiederholt. Die weiblichen Beamten nehmen sich die<br />
Fahrzeuge vor, in denen Kinder mitfahren. Zu mir trottet<br />
der Missgestimmte, der mich bereits vor zwei Tagen<br />
nervte. »Sie waren nicht angeschnallt!« tönt er mir entgegen.<br />
War ich doch, was ein anderer Beamter bestätigen<br />
kann. Das hebt die Laune des mir zugedachten<br />
Herrn in keiner Weise. Muss er sich wieder mal auf<br />
die erfolglose Suche nach Waffen und Drogen machen.<br />
Unter seinen wachsamen Augen räume ich den Inhalt<br />
meines Kofferraumes wieder in mein Fahrzeug. Bei<br />
der Übergabe meiner Papiere frage ich ihn: »Wieso um<br />
alles in der Welt werde ich ständig rausgezogen, noch<br />
dazu zwei mal in drei Tagen?« »Weil Sie aussehen, wie<br />
Sie aussehen.«<br />
20 <strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009
KÜNSTLER<br />
ZOMBIE TOWN<br />
»Zombie Town is the city where I’m from. No matter about the name, I can<br />
tell you it’s in the north of Italy, but it could be anywhere in the world.<br />
Here people are dead, there’s no light in the eyes: walk, buy, eat icecream<br />
and go to church on Sunday. Everything is normal, right? But who cares<br />
about normal things? To be 20 km far from one of the most important and<br />
influential city in the world doesn’t matter. Nobody cares. Here everything<br />
is cool: houses are beautiful, they have gardens in the backyard, kids always<br />
smile, they eat everyday and everybody’s happy. Unfortunately<br />
they’re all dead and they don’t care about the world going on outside the<br />
town. I was born in this city and I have my headquarter here since 30<br />
years. I don’t know anybody from this place, except my parents. I don’t<br />
think I care about getting in touch with someone from here. Sometimes I<br />
feel like a zombie too, but the real ones: a creepy walking dead man looking<br />
for human flesh. But the zombies you can find in the movies are ten<br />
thousand ways more funnier than the ones that I see everyday here.«<br />
Text und Fotografie: ALE FORMENTI<br />
022 <strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
weitere Informationen unter:<br />
www.aleformenti.com | www.basementizid.com<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
KÜNSTLER<br />
023
Mein diesjähriges Urlaubsziel war Belgien. Als mir im<br />
Vorfeld unserer Reise meine Lebenspartnerin vorschlug,<br />
zu sammen mit einer Bekannten nach Belgien zu fah ren,<br />
stimmte ich sofort zu, da mir Brüssel in den Sinn kam. In<br />
den 1980er Jahren habe ich einige Kurztrips nach London<br />
unternommen, bei denen ich regelmäßig in Brüssel<br />
Zwischenstopp gemacht hatte. Brüssel ist ein Mekka für<br />
Schallplattensammler. Eindhoven lag übrigens auch nur<br />
einen Katzensprung von unserem Ur laubs ziel entfernt.<br />
Und da habe ich meiner Lebenspartnerin unterbreitet,<br />
dass ich auf jeden Fall einen Tag nach Eindhoven und ei -<br />
nen weiteren nach Brüssel fah ren möchte. Da sie mich<br />
und meine Exkursionen durch Schallplattenläden kennt,<br />
zog sie es vor, mit unserer Be kannten und unserem Sohn<br />
am Urlaubsort zu bleiben.<br />
Ähnlich wie es einen Vampir unaufhörlich nach fri sch -<br />
em Blut dürstet oder wie ein Junkie ständig auf der Su che<br />
nach dem nächsten Hit ist, so ist ein fanatischer Plat tenjunkie<br />
immer auf der Jagd nach schwarzem Gold. Was<br />
bietet sich da besser an als eine Reise in ein frem des Land,<br />
wo man in anderen Revieren verborgene Schät ze heben<br />
kann. Vor Expeditionsbeginn empfiehlt es sich im Internet<br />
schon einmal nach ein paar Adres sen zu suchen, die<br />
sich im Zielgebiet befinden, wobei erfahrene Jäger ei -<br />
gent lich jeden versteckten Schallplattenladen auch so<br />
sehr schnell finden. Um sich Ärger im Urlaub zu erspa ren,<br />
em p fehle ich jedem Sammler, der in einer Bezie hung lebt,<br />
die Fronten im Vorfeld zu klä ren. Als langjähriger Betrei -<br />
ber eines Schallplattenladens erlebe ich es immer wie der,<br />
dass Kun den, mit ihrer weniger verständnis vol len Freun -<br />
din den Laden betreten und nach wenigen Minu ten ist die<br />
Kata strophe dann auch schon perfekt. »Schatz kön nen<br />
wir jetzt gehen?« »Hast du es bald?« »Mir wird’s lang sam<br />
langweilig!« Hier ist Ein falls reich tum und Strategie ge fragt.<br />
Falls sich Plattensammler mit nicht so verständnis vol len<br />
Freun din nen unter unse ren Lesern befin den, möchte ich<br />
ihnen folgenden Tipp mitgeben:Wenn Sie über das nö ti ge<br />
Kleingeld verfügen, drücken Sie einfach ihrer Frau etwas<br />
Geld zum Shoppen in die Hand und tref fen Sie sich nach<br />
dem Besuch im Plat tenladen wieder.<br />
Leider verbreitet sich langsam immer mehr der Ge danke,<br />
dass man sich seine Schallplatten bequem übers Internet<br />
bestellen kann, was übrigens zum Aussterben vieler Schall -<br />
plattenläden führt. Für mich kommt das nicht in Frage.<br />
Denn mit einigen Schallplatten in meiner Sammlung ver -<br />
bin de ich Geschichten, die oft mit dem Kauf dieser Schallplatten<br />
zusammen hängen. Meist ist schon der Besuch<br />
ei nes Schallplattenladens ein Erlebnis, weil man fast im -<br />
mer interessante Leute trifft und zudem häufig Platten<br />
kauft, die man gar nicht gesucht hat und die ei nem dann<br />
neue Musikrichtungen erschließen. Das Ge fährliche an<br />
solchen Exkursionen ist, dass man völlig die Zeit vergisst.<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
AUF DER SUCHE NACH DEM SCHWARZEN GOLD<br />
PHILOSOPHIE<br />
»Neva stop diggin’«<br />
Text: HEIKO SCHWEITZER<br />
Ach ja, mein Ausflug nach Brüssel… Ein Besuch kann<br />
sich für einen Sammler sehr schnell zu einer Odyssee<br />
entwickeln. Das Angebot von Schallplattenläden ist überwältigend.<br />
Es gibt dort Läden, die einen mit ihrem übergroßen<br />
und qualitativ hochwertigen Sortiment derma -<br />
ßen mit Reizen überfluten, dass man fast nicht mehr klar<br />
denken kann. Wer so einen Laden sucht und sich für Rock,<br />
Soul und Jazz interessiert, sollte unbedingt the collector<br />
im Herzen von Brüssel aufsuchen. Dieser Laden ist wirklich<br />
sehr einfach zu finden und sein Sortiment ist umwer<br />
fend. Um alle Schallplattenläden in Brüssel rich tig zu<br />
erkunden, bräuchte man eigentlich 3–4 Tage, in denen<br />
man dann mit Sicherheit kein Sonnenlicht se hen würde.<br />
Ein weiterer Vorteil eines Besuches im Schall plattenladen<br />
ist, dass man oft sehr rare Scheiben weitaus billi -<br />
ger erwerben kann als über Internetplattformen. Das<br />
hängt damit zusammen, dass kleine Läden ihre Schall -<br />
platten selten über das Internet anbieten. Meist gehen<br />
auch die Meinungen über den Erhaltungszustand von<br />
Schallplatten auseinander. Im Schallplattenladen kann<br />
man deren Qualität selbst prüfen. Oft bekommt man in<br />
kleinen Läden auch tolle Plattentipps, da die Leute, die<br />
jetzt noch solche Läden betreiben, es meist mit Leidenschaft<br />
tun. Wenn man sich in fremden Städten befindet<br />
und auch mal abends ausgehen möchte, ist ein Besuch<br />
im Platten laden immer die beste Möglichkeit, sich über<br />
Veranstaltungen zu informieren. Natürlich setzt man sich<br />
dabei gewissen Strapazen aus: So habe ich beispiels wei -<br />
se für den Rückweg von Brüssel, eine Strecke von nor maler<br />
weise einer Stunde Fahrzeit, während der Rush Hour<br />
drei Stunden gebraucht.Aber genau das macht es aus. Es<br />
gibt für mich dann nichts Schöneres, wenn man mit sei -<br />
nen frisch erworbenen Schätzen zu Hause auf der Couch<br />
sitzt und die Plattencover betrachtet. Legt man die erste<br />
Schallplatte auf den Plattenteller, ist das ein ma gischer<br />
Moment. Der Sound einer Schallplatte ist so wieso nicht<br />
zu toppen. Wer das versteht, der wird auch begreifen,<br />
dass Musik im MP3-Format für Leute wie mich absolut<br />
bedeutungslos ist.<br />
Neva stop diggin’ ist für mich eine Einstellung, die mein<br />
Leben lebenswert macht.<br />
Hier ein kleiner Auszug der auf meiner Reise nach Belgien<br />
erworbenen Schallplatten:<br />
Jade Warrior/Last Autumn’s<br />
Dream (Vertigo Swirl )<br />
Jade Warrior starteten ihre<br />
Ka r riere als Underground Hard-<br />
Rock-Band. Ihre spä teren LPs<br />
sind stilistisch eher Progressiv<br />
Rock. Die Gründungsmitglie -<br />
der Tony Duhig und Jon Field spielten vorher beide<br />
zusammen bei der Band July. Last Autumn’s Dream gilt<br />
als das bes tes Album von Jade Warrior.<br />
Twink/Think Pink (Reissue<br />
Akarma)<br />
Twinks wirklicher Name war<br />
John Alder. 1967 war er Drummer<br />
der Band Dane Stephens<br />
and The Deep Beats; später<br />
hie ßen sie The Fairies. 1968<br />
spielte er bei den Pretty Things, die er 1969 verließ, um<br />
dann mit Hilfe einiger Mitglieder der Deviants sein Solo -<br />
album Think Pink aufzunehmen. Das Album ist eine wil -<br />
de British Psychedelic Platte und als Originalpressung<br />
ultra rare.<br />
Paul Parrish/Walking In The<br />
Forrest Of My Mind (Music<br />
Factory Records)<br />
Tolle Folk-Pop LP. Der beste<br />
Song heißt genauso, wie die<br />
Platte selbst:Wal king in the<br />
forrest of my mind. Ein psyche<br />
delic Folk-Pop Song mit Orchestersounds und jeder<br />
Menge Fuzz und Phaser.<br />
John Lennon And Yoko Ono/<br />
Two Virgins (Apple)<br />
Diese LP ist aus einer Sonntagnachmittagslaune<br />
heraus entstan<br />
den. John Lennon hatte<br />
sich auf dem Dachboden des<br />
Hauses, in dem er wohnte, ein<br />
kleines Studio eingerichtet. Dort produzierte er freaky<br />
Sounds mit einer Bandmaschine. Ab und zu hat er ein<br />
paar wenige dieser Soundschnipsel für einzelne Beatles<br />
Alben nutzte (z.B. Revolver). Der größte Teil war zu die -<br />
ser Zeit noch unveröffentlicht. Eines Tages langweilten<br />
er und Yoko Ono sich und er fragte sie, ob sie nicht zu -<br />
sammen Musik machen sollten. Er ließ dann experimen -<br />
telle Sounds von der Bandmaschine abspielen, zu denen<br />
Yoko Ono schräge Gesänge lieferte, die er mit einem<br />
Mel lotron begleitete. Diese Session ging die ganze Nacht<br />
und am nächsten Morgen machten sie wohl Lie be. Be sonders<br />
ist auch das Cover zu dem Lennon mein te, dass sie<br />
damit ausdrücken wollten: »Seht her, so sind wir von Gott<br />
geschaffen mit all unseren optischen Feh lern.« Eine emp -<br />
fehlenswerte Platte für Leute, die sehr experimentelle<br />
und schräge Musik lieben.<br />
025
AUSSTELLUNGEN<br />
HIGHLIGHTS DER REGION<br />
September und Oktober 2009<br />
KUNSTHALLE TÜBINGEN – ANSELM REYLE »ACID MOTHERS TEMPLE«<br />
Ausstellungsdauer: 17. Oktober 2009 – 06. Januar 2010<br />
Metallisch glänzende Oberflächen und leuchtende Neonfarben sind ein Kennzeichen der<br />
Kunst von Anselm Reyle (*1970 in Tübingen). Die Malerei dient ihm als Ausgangspunkt,<br />
doch hat er längst auch den dreidimensionalen Raum für seine Bildsprache erschlossen,<br />
zum Beispiel mit industriell gegossenen Objekten und Neon-Installationen.<br />
Anselm Reyle setzt sich gezielt mit den Traditionen der Kunst des 20. Jahrhunderts aus -<br />
einander –von Francis Picabia über Sigmar Polke und die Minimal Art bis zu Martin Kippenberger.<br />
Er führt das in der Pop Art begonnenen Projekt einer Verschmelzung von<br />
Hochkultur und Populärkultur fort und erschließt der Kunst dabei ungewohnte Motivgruppen<br />
und Materialien.<br />
Als shooting star der vergangenen Jahre ist der in Berlin lebende Künstler mittlerweile international<br />
in zahlreichen großen Privatsammlungen und Museen vertreten.<br />
Kunsthalle Tübingen | Philosophenweg 76 | 72076 Tübingen<br />
kunsthalle-tuebingen.de<br />
Abbildung: »ohne Titel« | Anselm Reyle, 2008 | Foto: Matthias Kolb | © VG Bild-Kunst, Bonn 2009<br />
STÄDTISCHE GALERIE BIETIGHEIM-BISSINGEN – »POP POLIT PIN UPS. POP ART<br />
GRAFIK AUS DER SAMMLUNG BECK«<br />
Ausstellungsdauer: 25. Juli –11. Oktober 2009<br />
Die Ausstellung präsentiert mit rund 90 Werken eine Auswahl der wichtigsten internationalen<br />
grafischen Positionen der Pop Art und ihres Umfelds – ergänzt durch eine Reihe<br />
von Multiples – aus der bedeutenden Sammlung des Düsseldorfer Rechtsanwalts Heinz<br />
Beck, die sich heute im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen befindet.<br />
Ihre Motive entnahmen die Künstler der Alltagskultur, der Welt des Konsums, der Musik,<br />
der Massenmedien, der Comics, der Modewelt oder der Werbung – gemäß des Mottos von<br />
Andy Warhol »All is pretty«.<br />
Künstler u.a.: Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg, Andy Warhol, Arman, Samuel<br />
Buri,Thomas Bayrle, Sigmar Polke und Gerhard Richter.<br />
Städt. Galerie Bietigheim-Bissingen | Hauptstraße 60–64 | 74321 Bietigheim-Bissingen<br />
bietigheim-bissingen.de/Ausstellungen<br />
Abbildung: »Detail F-111« | James Rosenquist, 1965 | Foto: Thomas Henne | © VG Bild-Kunst, Bonn 2009<br />
KUNSTMUSEUM STUTTGART – BEN WILLIKENS »LICHT UND DUNKEL«<br />
Ausstellungsdauer: 25. Juli – 04. Oktober 2009<br />
Neben einem der zentralen Hauptwerke von Ben Willikens, den Arbeiten zu Leonardo da<br />
Vincis Abendmahl, ist in der Ausstellung die vollständige Serie »ORTE« zu sehen, eine Auseiandersetzung<br />
mit realer Architektur, prominenten NS-Bauten aus 1930er Jahren.<br />
Kunstmuseum Stuttgart | Kleiner Schlossplatz 1 | 70173 Stuttgart<br />
kunstmuseum-stuttgart.de<br />
STÄDTISCHE MUSEEN HEILBRONN – »BEN WILLIKENS. 70 AQUARELLE«<br />
Ausstellungsdauer: 25. April – 04. Oktober 2009<br />
Gleichzeitig wird in den Heilbronner Museen ein umfassender Blick auf jüngste Arbeiten<br />
des Künstlers eröffnet. In der für Willikens ungewöhnlichen Technik des Aquarells überarbeitet<br />
und kommentiert der Künstler sein eigenes Schaffen.<br />
Städtische Mussen Heilbronn | Deutschhofstraße 6 | 74072 Heilbronn<br />
museen-heilbronn.de<br />
Abbildung: »Abendmahl« | Ben Willikens, 1976–79 | Foto: Andreas Freitag | © VG Bild-Kunst, Bonn 2009<br />
026 <strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
BASEMENTIZID<br />
05. September –30. September 2009<br />
Ale Formenti »Zombie Town«<br />
Wollhausstraße 17 | 74072 Heilbronn<br />
basementizid.com<br />
GALERIE DES HEIDELBERGER FORUM FÜR KUNST<br />
12. September –04. Oktober 2009<br />
»Die Malerei oder das Bild«<br />
Heiliggeiststraße 21 | 69117 Heidelberg<br />
heidelberger-forum-fuer-kunst.de<br />
GALERIE MANFRED RIEKER<br />
ab Mitte August 2009<br />
Andreas Grunert »Jan van Munster III«<br />
Unter der Friedrich-Ebert-Brücke | 74019 Heilbronn<br />
galerie-rieker.de<br />
GALERIE RAINER WEHR<br />
16. September –06. November 2009<br />
»und ewig lockt die Malerei IV« Junge Malerei<br />
Alexanderstraße 53 | 70182 Stuttgart<br />
galerie-rainer-wehr.de<br />
GALERIE DER STADT BACKNANG<br />
29. September –15. November 2009<br />
»Thomas Kitzinger«<br />
Stiftshof 2 | 71522 Backnang<br />
backnang.de<br />
GALERIE STIHL<br />
14. Juni – 20. September 2009<br />
John Cage »Kunst = Leben«<br />
09. Oktober 2009–25. Januar 2010<br />
Faszination Architekturzeichnung »Räume und Träume«<br />
Weingärtner Vorstadt 12 | 71332 Waiblingen<br />
galerie-stihl-waiblingen.de<br />
HEIDELBERGER KUNSTVEREIN<br />
05. September –25. Oktober 2009<br />
»Images recalled. Bilder auf Abruf.«<br />
Hauptstr. 97 | 69117 Heidelberg<br />
hdkv.de<br />
KUNSTBEZIRK STUTTGART<br />
15. September –30. September 2009<br />
»artothek«<br />
10. Oktober –13. Oktober 2009<br />
Projekt »Zeitreise«<br />
Leonhardsplatz 28 | 70182 Stuttgart<br />
kunstbezirk-stuttgart.de<br />
KUNSTHALLE MANNHEIM<br />
05. September –25. Oktober 2009<br />
»Images recalled. Bilder auf Abruf.«<br />
Friedrichsplatz 4 | 6865 Mannheim<br />
kunsthalle-mannheim.de<br />
KUNSTHALLE TÜBINGEN<br />
11. Juli – 04. Oktober 2009<br />
Tal R »You laugh an ugly laugh«<br />
Philosophenweg 76 | 72076 Tübingen<br />
kunsthalle-tuebingen.de<br />
KUNSTHALLE WÜRTH<br />
27.April –27. September 2009<br />
David Hockney »Nur Natur«<br />
16. Oktober 2009 – Frühjahr 2010<br />
»Max Ernst. Erzählungen von recht gefährlichem Inhalt «<br />
Lange Straße 35 | 74523 Schwäbisch Hall<br />
kunst.wuerth.com<br />
KÜNSTLERHAUS STUTTGART<br />
<strong>CASUS</strong>.<strong>MAGAZIN</strong> 05/2009<br />
AUSSTELLUNGEN<br />
11. Juli – 12. September 2009<br />
»Metahaven«<br />
24. September – 28. November 2009<br />
»Ei Arakawa«<br />
Reuchlinstr. 4b | 70178 Stuttgart<br />
kuenstlerhaus.de<br />
KUNSTMUSEUM STUTTGART<br />
11. Juli 2009 – 01. November 2009<br />
»Kaleidoskop. Hoelzel in der Avantgarde«<br />
Kleiner Schlossplatz 1 | 70173 Stuttgart<br />
kunstmuseum-stuttgart.de<br />
KUNSTVEREIN HEILBRONN<br />
20. September – 15. November 2009<br />
Astrid Sourkova »Die zwei Weltseiten«<br />
Titotstrasse 1 | 74072 Heilbronn<br />
kunstverein-heilbronn.de<br />
KUNSTVEREIN LUDWIGSBURG<br />
30.August – 04. Okotber 2009<br />
»Reihe Lebenswirklichkeit – Aino Kannisto«<br />
27. September – 25. Okotber 2009<br />
»Sonderausstellung im Schloß – Walter Wörn«<br />
Wilhelmstrasse 45/1 | 71638 Ludwigsburg<br />
kunstverein-ludwigsburg.de<br />
KUNSTVEREIN REUTLINGEN<br />
20. September – 15. November 2009<br />
»Robert Schad«<br />
Eberhardstrasse 14 | 72764 Reutlingen<br />
kunstverein-reutlingen.de<br />
KUNSTVEREIN SCHWÄBISCH HALL<br />
30.August – 01. November 2009<br />
Anja Kempe »Rauminstallation und Video «<br />
Am Markt 7 | 74523 Schwäbisch Hall<br />
kvsha.de<br />
KUNSTVEREIN ULM<br />
30.August –18. Oktober 2009<br />
Stefan Mauck »the families complex«<br />
Kramgasse 4 | 89073 Ulm<br />
kunstverein-ulm.de<br />
MANNHEIMER KUNSTVEREIN<br />
12. Juli – 13. September 2009<br />
»Broken Vision«<br />
Augustaanlage 58 | 68165 Mannheim<br />
mannheimer-kunstverein.de<br />
MUSEUM FRIEDER BURDA<br />
27. Juni –11. Oktober 2009<br />
»Der Blaue Reiter im Museum Frieder Burda«<br />
24. Oktober 2009 –21. Februar 2010<br />
»Baselitz. 50 Jahre Malerei«<br />
Lichtentaler Allee 86 | 76530 Baden-Baden<br />
museum-frieder-burda.de<br />
MUSEUM IM PREDIGER<br />
15. Mai – 13. September 2009<br />
»Kunst aus einhundert Jahren 1909 – 2009«<br />
Johannisplatz 3 | 73525 Schwäbisch Gmünd<br />
schwaebisch-gmuend.de<br />
MUSEUM WÜRTH<br />
15. Januar 2009 – 06. Januar 2010<br />
»Im Blick des Sammlers. Neuerwerbungen…«<br />
Reinhold -Würth-Straße 15 | 74653 Künzelsau<br />
kunst.wuerth.com<br />
MUSEUM RITTER<br />
17. Mai – 27. September 2009<br />
François Morellet »Die Quadratur des Quadrats –<br />
Eine Introspektive«<br />
18. Oktober 2009 – 11. April 2010<br />
»Hommage an das Quadrat 1915 – 2009«<br />
Alfred-Ritter-Straße 27 | 71111 Waldenbuch<br />
museum-ritter.de<br />
NEUE KUNST IM HAGENBUCHER<br />
23. Juli – 30. September 2009<br />
»Claudia Busching«<br />
10. Oktober – 18. Oktober 2009<br />
»Michael Stephan/Brigitte Raabe«<br />
Dammstraße 47 | 74076 Heilbronn<br />
neue-kunst-im-hagenbucher.de<br />
PFORZHEIM GALERIE<br />
10. Mai 2009 – 11.April 2010<br />
»Horst Antes – René Dantes Kopf und Körper«<br />
Bleichstraße 81 | 75173 Pforzheim<br />
pforzheim.de<br />
STAATSGALERIE STUTTGART<br />
20. Juni – 25. Oktober 2009<br />
»Das Olga-Album«<br />
04. Juli – 02. November 2009<br />
»Film und Foto: Eine Hommage«<br />
Konrad-Adenauer-Straße 30 – 32 | 70173 Stuttgart<br />
staatsgalerie.de<br />
STÄDTISCHE GALERIE KARLSRUHE<br />
27. Juni 2009 – 27. September 2009<br />
»Dürer, Rembrandt, Baselitz... Meisterwerke<br />
der Druckgrafik«<br />
Lichthof 10 | 76135 Karlsruhe<br />
staedtische-galerie.de<br />
STÄDTISCHE MUSEEN HEILBRONN<br />
04. Juli–04. Oktober 2009<br />
»Wen Skulpturen zu Steinbrüchen werden«<br />
Deutschhofstraße 6 | 74072 Heilbronn<br />
museen-heilbronn.de<br />
TREFFPUNKT ROTEBÜHLPLATZ<br />
26. Juni – 01. Oktober 2009<br />
»Kurt Grunow – Bricolage«<br />
30. September – 22. November 2009<br />
»Ara Güler – Das Auge von Istanbul«<br />
Rotebühlplatz 28 | 70173 Stuttgart<br />
treffpunkt-rotebuehlplatz.de/ausstellungen<br />
WEISSENHOFGALERIE<br />
17. Juni – 13. September 2009<br />
»Ulm vs. Frankfurt a.M.«<br />
Am Weißenhof 30 | 70191 Stuttgart<br />
weissenhofgalerie.de<br />
WÜRTTEMBERGISCHER KUNSTVEREIN<br />
30. Mai –02.August 2009<br />
»Subversive Praktiken«<br />
Schlossplatz 2 | 70173 Stuttgart<br />
wkv-stuttgart.de<br />
ZKM – KARLSRUHE<br />
bis 28. September 2009<br />
»Wahlheimat; wo Kunst auf Demokratie trifft«<br />
bis 18. Oktober 2009<br />
»Extended. Sammlung Landesbank Baden-Württemberg«<br />
Lorenzstraße 19 | 76135 Karlsruhe<br />
mnk.zkm.de<br />
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