Gianfranco Soldera - Schweizerische Weinzeitung
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<strong>Gianfranco</strong> <strong>Soldera</strong> am<br />
Tat ort, im Keller seines<br />
Brunello-Weinguts<br />
Case Basse: Hier wurden<br />
die Hähne von zehn Holzfässern<br />
geöffnet und<br />
insgesamt 62 000 Liter<br />
Brunello di Montalcino<br />
ergossen sich auf den<br />
Kellerboden.<br />
– Herr <strong>Soldera</strong>, zunächst war ein Gerichtstermin auf den<br />
27. März angesetzt, nun haben Sie bereits am 22. März eine Pressemitteilung<br />
versandt, in der vom Ausgang des Prozesses berichtet wird.<br />
Wie kommt das?<br />
Der Beschuldigte hatte vom Gericht die Anwendung eines abgekürzten<br />
Verfahrens verlangt, des sogenannten «rito abbreviato». Daraufhin wurde<br />
der Fall von einem anderen Richter behandelt als demjenigen, der zunächst<br />
vorgesehen war, und der Termin wurde vorgezogen.<br />
– Bedeutet das, dass auch die polizeilichen Untersuchungen<br />
damit abgeschlossen sind?<br />
So ist es. Das angewandte Schnellverfahren sieht vor, dass der Richter<br />
alleine nach Aktenlage entscheidet, ohne Verhandlung. Bekennt sich der<br />
Angeklagte schuldig, bekommt er in der Regel einen Straferlass von einem<br />
Drittel der vorgesehenen Haftzeit.<br />
– Ist das nicht unbefriedigend? Die Frage, ob es Hintermänner<br />
der Tat gibt, bleibt ungeklärt.<br />
In den Akten gibt es keine anderen Beschuldigten.<br />
– Und Sie als Kläger können die Abkürzung des Verfahrens nicht<br />
verhindern?<br />
Nein. Wenn sich der Angeklagte schuldig bekennt und die Abkürzung des<br />
Verfahrens verlangt, habe ich kein Einspruchsrecht. Auch in Berufung gehen<br />
kann ich nicht, dieser Weg bleibt nur der Staatsanwaltschaft oder dem<br />
Verurteilten offen. Das heisst letztlich, dass nur der Verurteilte selbst noch<br />
die nächste Instanz anrufen könnte. Die Staatsanwaltschaft wird kaum in<br />
Revision gehen, denn sie hat sechs Jahre Haft verlangt, das Urteil lautet<br />
auf vier Jahre, das entspricht genau dem üblichen Drittel Straferlass.<br />
– Was war das für ein Mitarbeiter? Man liest, er habe sich<br />
mit Ihnen wegen einer Unterkunft gestritten, die Sie ihm verwehrt<br />
haben sollen. Erklärt ein solcher Konflikt diese Tat?<br />
Mitarbeiter ist zu viel gesagt, er war ein Hilfsarbeiter, am 5. September 2012<br />
hat er aufgehört, bei mir zu arbeiten. Ich kann nicht in seinen Kopf sehen,<br />
ich habe keine Ahnung, was ihn motiviert hat.<br />
– Sie haben nun ihren Austritt aus dem Consorzio bekannt<br />
gegeben. Warum?<br />
Aber das erklärt sich doch von selbst! Wenn Sie wüssten, welche Geschichten<br />
hier in Montalcino über mich kursieren, jeden Tag bekomme<br />
ich nochmal eine andere zu Gehör.<br />
– Gleichzeitig haben Sie auch angekündigt, den im Dezember<br />
gestoppten Verkauf ihrer Weine wieder aufzunehmen.<br />
Nach dem Vorfall wollte ich zunächst der Spekulation mit meinen Weinen<br />
Einhalt gebieten. Vom bereits abgefüllten 2006er ist ja nichts verlorengegangen.<br />
Und es gab in den meisten Berichten auch ein Missverständnis<br />
über die Jahrgänge 2007 bis 2012: Mir sind von jedem Jahrgang kleine<br />
Mengen geblieben. Weine, die in kleineren Behältnissen lagerten, als Füllwein<br />
oder weil nicht aller Wein eines Jahrgangs in den grossen Holzfässern<br />
Platz hat. Von den Jahrgängen 2007 bis 2012 werden in den kommenden<br />
Jahren nach und nach kleine Mengen in den Verkauf kommen. Ich hoffe,<br />
dass sich der Markt jetzt etwas beruhigt hat, denn meine Weine sind für<br />
Kenner gemacht und nicht für Spekulanten.<br />
– Und wie geht es weiter?<br />
Was die Geschehnisse des Dezembers betrifft, kann ich meinerseits<br />
nichts mehr tun. Wir müssen unter allen Umständen die Arbeit der Gerichte<br />
res pektieren. Aber ansonsten geht die Arbeit weiter. Zum Glück<br />
hat meine Familie genug Kraft, um weiterzumachen. Und auch ich selbst<br />
habe breite Schultern. Mein Beruf ist, Wein zu machen, und das ist eine<br />
wunderschöne Arbeit.<br />
37 — S c h w e i z e r i s c h e We i n z e i t u n g