Begegnungen - Evangelische Pfarrgemeinde Leoben ...
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Islam und Christliche Toleranz<br />
<strong>Begegnungen</strong><br />
Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Bünker!<br />
Einen für alle Christen besonders wichtigen Tag, den Karfreitag, haben Sie zum Anlass genommen wieder einmal für den Islam einzutreten.<br />
So wie Sie ja auch schon vor Ihrer Amtseinführung die ihres Erachtens wichtige Eingliederung der Türkei in die Europäische<br />
Union gefordert haben. Derartige Aussagen „meines“ Bischofes lassen mich zweifeln, ob ich noch beim richtigen „Verein“ bin.<br />
Ich wähle in diesem Falle bewusst die Bezeichnung „Verein“, da sie in diesem Falle meines Erachtens zutreffender ist als die Bezeichnung<br />
„<strong>Evangelische</strong> Kirche“, der ich seit meiner Taufe angehöre und deren Glaubensinhalte mir von Ihrem Vater vermittelt wurden.<br />
Und der heutige Papst hat seinerzeit als Kardinal Ratzinger auch gemeint, dass die evangelische Kirche ja gar keine Kirche<br />
sondern eher ein Verein sei. Ein großer Aufschrei unserer Kirchenleitungen ist auch damals ausgeblieben.<br />
Bei Ihren Aussagen zum Islam sollten Sie sich ein Beispiel an den Aussagen des katholischen Bischofs Kapellari nehmen. Er hat<br />
sich eindeutig gegen den Bau einer Moschee in Graz ausgesprochen. Und in seinem Buch „In und Gegen“ nimmt er in den Kapiteln<br />
„Es gibt viele Christen, die vom Islam nicht viel wissen“ und „Integration ist keine Einbahnstraße“ ausführlich Stellung. Schade, dass<br />
diese Aussagen von einem katholischen Bischof und nicht von „meinem“ Bischof kommen! Und vielleicht erinnern Sie sich an das<br />
„Papstzitat von Regensburg“ (Wikipedia), wo Papst Benedikt XVI. in verkürzter Form eine Aussage des spätmittelalterlichen byzantinischen<br />
Kaisers Manuel II. Palaiologos zur Rolle der Gewalt im Islam zitiert hat: „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht<br />
hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden, wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte,<br />
durch das Schwert zu verbreiten..“ Der Vatikan hat diese Aussage später stark abgeschwächt. Ich frage mich aber warum der Papst<br />
dann diese Aussage überhaupt gemacht hat. Schließlich war ja Mohammed nicht nur Religionsgründer sondern auch Kriegsherr!<br />
Was nun den Bau von Moscheen mit Minaretten betrifft scheint Ihnen nicht bekannt zu sein, dass beispielsweise Erdogan im Wahlkampf<br />
ein Gedicht vorlas, in dem es hieß: „Die Minarette sind unsere Bajonette – die Gläubigen sind unsere Armee“. Und dass an<br />
mehr als 40 von Saudis finanzierten Schulen in Großbritannien radikaler Scharia – Unterricht gelehrt wird, beispielsweise wie man<br />
einem Verbrecher die Hand abhackt, ist Ihnen wohl auch nicht bekannt.<br />
Wahrscheinlich begegnen Sie diesen Aussagen mit dem Hinweis, dass es auch im Christentum Auswüchse gegeben hat, die mit<br />
den Grundaussagen im Neuen Testament im Widerspruch stehen. Allerdings liegt dies schon hunderte Jahre zurück. Und da wir<br />
eben heute leben können wir nicht warten, dass sich der Islam vielleicht in hunderten Jahren ähnlich reformiert. Wobei allerdings<br />
nicht zu vergessen ist, dass nach den Aussagen im Koran die Welt muslimisch werden muss. Und auch wir Christen sind schließlich<br />
„Ungläubige“, denn in der 5. Sure heißt es eindeutig „Wahrlich, das sind Ungläubige, welche sagen: „Allah ist doch Christus, der<br />
Sohn Marias“. Sage ihnen: „Wer könnte es Allah verwehren, wenn er Christus, den Sohn Marias, mit seiner Mutter, samt allen Erdenbewohnern<br />
vertilgen wollte?“<br />
Abschließend noch ein Wort zu der von Ihnen immer wieder erwähnten Toleranz. Aristoteles hat dazu gesagt „Toleranz ist die allerletzte<br />
Tugend einer untergehenden Gesellschaft“. Und ich würde das ändern in „Toleranz ist die allerletzte Tugend einer untergehenden<br />
Religion“.<br />
Ich empfehle Ihnen daher sich im Zusammenhang mit dem Islam mehr mit den heutigen Tatsachen zu beschäftigen.<br />
Mit freundlichen Grüßen ein derzeit noch aktives Mitglied der evangelischen Kirche, Alfred Moser.<br />
Dr. Alfred Moser, A 8700 <strong>Leoben</strong><br />
Sehr geehrter Herr Dr. Moser,<br />
vielen Dank für Ihr Mail vom 27. April. Leider komme ich erst heute dazu, darauf zu antworten. Sie sprechen sich unter Verwendung<br />
eines Zitates von Aristoteles kritisch gegenüber einer Toleranz aus, die anderen Religionen zuerkannt wird. Für die <strong>Evangelische</strong><br />
Kirche in Österreich stellt sich anders dar. Das Toleranzpatent Kaiser Joseph II. von 1781 hat zwar mit großen Einschränkungen<br />
aber doch den Weg aus der Unterdrückung geöffnet und nach einiger Zeit die Gleichberechtigung unserer Kirche gebracht.<br />
Wie Europa mit dem islamischen Glauben der Menschen umgehen soll, die bei uns oft schon vor mehreren Jahrzehnten zugewandert<br />
sind und mittlerweile in beträchtlichem Ausmaß Bürger der Europäischen Länder (auch Österreichs) geworden sind, wird heftig<br />
diskutiert. Einfache Lösungen verbieten sich, gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass eine gelungene Integration nur dann erreicht<br />
werden kann, wenn auch die Religion der Zugewanderten entsprechend berücksichtigt wird. Als Grundlage dafür haben wir in Europa<br />
die uneingeschränkte Geltung der Menschenrechte, deren Kern das Recht auf freie Religionsausübung ist. Dieses Recht ist sowohl<br />
einzelnen Menschen, als auch religiösen Gemeinschaften zuerkannt und schließt selbstverständlich die Errichtung entsprechender<br />
Gottesdiensträume für die anerkannten Religionen (der Islam ist seit 1912 in Österreich anerkannt) ein.<br />
Ich halte diese Menschenrechtstradition für eine große Stärke Europas und denke nicht daran, sie durch die zugegebenermaßen<br />
auftretenden Probleme der Integration in Frage zu stellen. Aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus dem Koran helfen hier<br />
ebensowenig weiter wie umgekehrt aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus der Heiligen Schrift. Dass es aus der Geschichte<br />
auf beiden Seiten belastendes gibt, ist mir wohl bewusst. Es kommt aber darauf an, was für eine Zukunft wir für ein menschenrechtlich<br />
ausgerichtetes und für Religion offenes Europa wollen.<br />
Gerne bin ich bereit, mit Ihnen auch im persönlichen Gespräch diese Fragen zu erörtern, falls Sie dies wünschen, bitte ich Sie mit<br />
meinem Sekretariat (Dagmar Böhme, 01/479 15 23-100, d.boehme@evang.at) Kontakt aufzunehmen.<br />
Mit herzlichem Gruß, Michael Bünker<br />
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