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LEIPZIGS NEUE • 6 ‘04 • 19. MÄRZ 2004 BUCHMESSE • 11<br />
Zu den sonderbarsten<br />
Kapiteln der deutschen<br />
Nachkriegsliteraturgeschichte<br />
gehört die<br />
Aufnahme des unbequemen<br />
Literaten Günter Grass in<br />
der DDR. „Geben Sie den<br />
Schriftstellern die Freiheit<br />
des Wortes“, forderte Grass<br />
1961 auf dem V. Schriftstellerkongreß<br />
der DDR.<br />
1966 folgte der Bruch der<br />
DDR-Kulturpolitik mit<br />
dem Literaten. Auslöser<br />
war im Jahr 1966 die Uraufführung<br />
seiner Auseinandersetzung<br />
mit dem<br />
17. Juni 1953 Die Plebejer<br />
proben den Aufstand im<br />
Westberliner Schiller-Theater.<br />
Klaus Pezold skizziert in<br />
seinem jüngst erschienenen<br />
Buch Günter Grass –<br />
Diese Frau Professor Dr. Renate<br />
Baumgarten hat wahrlich<br />
nur für ihre Karriere gelebt.<br />
Dass sie dabei schon in jungen<br />
Jahren eine gute, ja wohl ausgezeichnete<br />
Ärztin, Chefärztin,<br />
Hochschullehrerin und Wissenschaftlerin<br />
– auf dem Gebiet der<br />
Infektionskrankheiten – wurde,<br />
das ist in ihrer uneitel und flott<br />
geschriebenen Biografie nachzulesen.<br />
Eine Fachfrau, objektiv,<br />
Anzeigen<br />
Metamorphosen<br />
Stimmen aus dem Leseland<br />
die Rezeptionsgeschichte<br />
vor und nach 1990. Er lässt<br />
dabei u. a. Stephan Hermlin,<br />
Johan-nes Bobrowski,<br />
Chefärztin in Ost und West<br />
Eine Veranstaltung des AHRIMAN-Verlages, Freiburg:<br />
„Gabriels Einflüsterungen“<br />
Friedrich Schorlemmer,<br />
Hermann Kant, Volker<br />
Braun, Da-niela Dahn (im<br />
Vorwort) und Christa Wolf<br />
zu Wort kommen. Auch<br />
eine Erstveröffentlichung<br />
von Hans Mayer ist zu finden.<br />
Dem Leser erschließt<br />
sich ein differenziertes<br />
Bild über den Umgang mit<br />
dem heutigen Literaturnobelpreisträger<br />
im Osten<br />
Deutschlands .<br />
Der jüngere Leser wird<br />
sich verwundert die Augen<br />
reiben, wenn er erfährt,<br />
dass im Leseland DDR bis<br />
Anfang der 80er Jahre die<br />
Werke von Grass nicht verlegt<br />
werden durften. 1997<br />
machte Volker Braun darauf<br />
aufmerksam, dass der<br />
strenge Kritiker des „allumfassenden<br />
Systems der<br />
DDR“ im Moment des Untergangs<br />
zum Anwalt des<br />
Ostens geworden war.<br />
Klaus Pezold ist ein lesenswertes<br />
Buch über den langwierigen<br />
Prozess des kritischen<br />
Annäherung gelungen.<br />
Es ist gleichermaßen<br />
ein Geschichtsbuch über<br />
eine immer weiter in die<br />
Ferne rückende Zeit geworden.<br />
• D. M.<br />
Klaus Pezold: Günter<br />
Grass – Stimmen aus dem<br />
Leseland., Militzke Verlag,<br />
Leipzig 2003. 232 S., geb.,<br />
19,90 Euro<br />
sachlich, korrekt-herzlich im<br />
Umgang mit den ihr Anvertrauten.<br />
Immer wissbegierig,<br />
immer Lernende, andere auf diesem<br />
Weg mitreißend.<br />
Der Werdegang der Tochter aus<br />
„kapitalistischen Hause“, wie<br />
sie ironisch betont, war in der<br />
DDR gewiss kein allzu komplizierter.<br />
Auch wenn sie es selbst<br />
anders sieht und – um nur ein<br />
Beispiel zu nennen – im gemeinsamen<br />
Kartoffelernteeinsatz<br />
von Medizinstudenten und<br />
Soldaten „eine wohldurchdachte<br />
Maßnahme“ sieht, „gesellschaftliche<br />
Differenzierungen bereits<br />
im Ansatz zu ersticken“.<br />
„Not macht erfinderisch“ – der<br />
Titel ihres Buches ist nicht zu<br />
widerlegen. Es haperte an sehr<br />
vielem in der DDR, an frischverputzten<br />
Krankenhäusern, an Ärzten,<br />
an modernster Technik ...<br />
All diese von Renate Baumgarten<br />
nachvollziehbar vorgetragene<br />
Kritik, alle Alltagsärgernisse<br />
relativieren sich schlagartig ab<br />
Seite 222 mit dem Kapitel „Wie<br />
ich die Wende erlebte“. Da tauchen<br />
dann plötzlich Wendehälse,<br />
Karrieristen und neue Besen<br />
auf. Nur dass sie eben nicht<br />
gut kehren. Wahrscheinlich alles<br />
doch Ausdruck dessen, dass in<br />
der DDR nicht die Oppositionellen,<br />
sondern meistens doch<br />
nur die fachlich Untauglichen in<br />
ihre Schranken gewiesen wurden.<br />
Das schreibt Frau Professor<br />
so nicht. Aber ihre entwürdigenden<br />
Erlebnisse vor allem mit<br />
„einer höchst fragwürdigen<br />
Ehrenkommission“ belegen<br />
diesbezüglich genug. Dort warf<br />
man übrigens auch ihr vor: „Sie<br />
Eine historisch-kritische Bestandsaufnahme des Islam von Jaya Gopal<br />
Lesung und Diskussion mit dem Übersetzer und Herausgeber Fritz Erik Hoevels<br />
Sonntag, 28. März 2004, 14.30 Uhr<br />
Leipziger Buchmesse, Halle 3, Forum 1<br />
Lesung und<br />
Gespräch<br />
im Haus Steinstraße,<br />
(Steinstraße<br />
18)<br />
Freitag, 26. März,<br />
20 Uhr<br />
WOLF WETZEL<br />
Krieg ist Frieden:<br />
Über Bagdad, Srebrenica,<br />
Genua,<br />
Kabul nach ...<br />
Eine Veranstaltung<br />
des „Bündnis gegen<br />
Krieg“<br />
(<strong>Neue</strong>r-Krieg@gmx.net)<br />
sind viele Male in der Bundesrepublik<br />
gewesen. Warum sind<br />
sie nicht drüben geblieben. Schon<br />
das allein belastet Sie.“<br />
Ich kann nur empfehlen, diese<br />
Erinnerungen zu lesen.<br />
Was aber, Frau Professor, hat<br />
Sie geritten, solch eine perverse<br />
Aussage zu treffen: „Über die<br />
während der DDR-Zeit zur<br />
Zwangsarbeit im Kalkbruch verurteilten<br />
Häftlinge habe ich bei<br />
meinen Recherchen keine eindeutige<br />
Auskunft erhalten. Ich<br />
denke, mit Analogien zum Dritten<br />
Reich würde ich nicht falsch<br />
liegen.“<br />
• MAXI WARTELSTEINER<br />
Renate Baumgarten: Not macht<br />
erfinderisch. Drei Jahrzehnte<br />
Chefärztin in Ost und West. Mitteldeutscher<br />
Verlag, Halle.<br />
2004. 278 Seiten, 24,90 Euro<br />
Zur Premiere des ersten Louise-<br />
Otto-Peters-Jahrbuchs<br />
am 26. März, 16.00 Uhr,<br />
wird ins Schumannhaus, Inselstr. 18,<br />
eingeladen. Autorinnen lesen aus<br />
ihren Texten. Mit musikalischer<br />
Umrahmung. Eintritt: 3 Euro."<br />
LEIPZIGER<br />
VERLAGE<br />
Heute: Militzke<br />
In einem der alten Leipziger<br />
Bürgerhäuser, in der Huttenstraße<br />
Nr. 5, hat der Militzke<br />
Verlag mit seinen 19 Mitarbeitern<br />
seinen Sitz. Auf vier<br />
Etagen sind hier alle Bereiche<br />
vertreten, von der Herstellung<br />
bis zum Vertrieb. Pro Jahr entstehen<br />
etwa 80 Titel, die Anzahl<br />
der lieferbaren liegt bei ca. 1300<br />
– verfasst von nahezu 300 Autoren.<br />
Reiner Militzke gründete seinen<br />
Verlag im Januar 1990. Verleger<br />
zu sein war sein persönlicher<br />
Traum, nun hatte er ihn verwirklicht.<br />
Seit Verlagsgründung<br />
gilt die Aufmerksamkeit des<br />
Hauses neben einem umfangreichen<br />
Schulbuchprogramm dem<br />
anspruchsvollen und zugleich<br />
unterhaltenden Sachbuch mit<br />
Themen zur Zeit- und Kulturgeschichte<br />
sowie Biografien.<br />
Der Verlag hat seinen Sitz in<br />
unmittelbarer Nähe einer Schule.<br />
Das mag Zufall sein, aber<br />
tatsächlich setzt der Verlag seit<br />
Beginn seiner Tätigkeit auf die<br />
Edition dringend benötigter<br />
neuer Lehrbücher und Unterrichtsmaterialien<br />
für die Fächer<br />
Ethik/Philosophie und<br />
Sozialkunde/Gemeinschaftskunde/Politische<br />
Bildung.<br />
Gute Unterhaltungs- und anspruchsvolle<br />
Genreliteratur sind<br />
bei Militzke kein Widerspruch.<br />
Dafür spricht zum Beispiel die<br />
„Reihe M“, in der Krimis und<br />
Thriller aus der Feder deutschsprachiger<br />
Autoren erscheinen.<br />
• JÖRN F. SCHINKEL<br />
Trägerin des alternativen<br />
Nobelpreises:<br />
Felicia Langer liest<br />
in Leipzig<br />
Felicia Langer, israelische<br />
Rechtsanwältin und Autorin, die<br />
1990 für ihren Kampf gegen die<br />
völkerrechtswidrige Gewaltpolitik<br />
der israelischen Regierungen<br />
und für die Rechte der<br />
palästinensischen Bevölkerung,<br />
für einen gerechten Frieden den<br />
alternativen Nobelpreis erhielt,<br />
publiziert im Lamuv-Verlag<br />
Göttingen 2004 ihr neues Buch<br />
„Brandherd Nahost oder: Die<br />
geduldete Heuchelei“.<br />
Lesung und Gespräch zu brennend<br />
aktuellen Fragen wie:<br />
• Ist die „Roadmap“ ein Fahrplan<br />
zum Frieden?<br />
• Welche Entwicklungen verhindern<br />
ein friedliches Miteinander<br />
von Israelis und Palästinensern?<br />
• Was ist von der Antisemitismus-Debatte<br />
in Deutschland zu<br />
halten?<br />
am 28. 3. 2004, 13 Uhr (Moderation<br />
Christel Hartinger, Friedenszentrum<br />
Leipzig) im Congreß<br />
Center auf dem Messegelände