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Materialien zur Geschichte der Juden aus Wawern - Mahnmal Trier

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Willi Körtels<br />

<strong>Materialien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong><br />

1


impressum<br />

Willi Körtels<br />

<strong>Materialien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde <strong>Wawern</strong><br />

Konz im September 2013<br />

Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors<br />

2


Inhaltsanagabe<br />

1 Vorwort 4<br />

2 Schulprojekt „Jüdische Kultur im Raum Konz“ 1987 5<br />

3. Geburtsurkunden 21<br />

4 Namenslisten<br />

Jüdische Einwohner in <strong>Wawern</strong> um 1930 23<br />

Jüdische Familien um 1930 26<br />

Aus <strong>Wawern</strong> stammend 29<br />

Ins Ausland Geflohene 30<br />

5. Antisemitische Übergriffe in <strong>Wawern</strong> 33<br />

6. Berufe 35<br />

7. Deportationen <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong> 36<br />

8. Opfer <strong>der</strong> Schoa <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong> 38<br />

9. Überlebende <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong> 39<br />

10 Familienanzeigen im „Aufbau“ mit Bezug zu <strong>Wawern</strong> 40<br />

11 Fotos 43<br />

12. Bericht über die ehemaligen jüdischen Gemeinden in 45<br />

<strong>der</strong> <strong>Trier</strong>ischen Landeszeitung vom 6.11.1973<br />

13. Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Gemeinden an 46<br />

<strong>der</strong> Saar im „Aufbau“ vom 1.2.1974<br />

14. Die jüdische Schule <strong>Wawern</strong> 46<br />

15. Der <strong>Trier</strong>er Oberrabbiner Joseph Kahn 1809-1875. 53<br />

Eine biographische Skizze<br />

Rezension von Fritz Hofmann, Dortmund 158<br />

Leo Baeck: An die Leser, 1932 135<br />

16. Fragebogen <strong>zur</strong> Erinnerungskultur 160<br />

17. Rückblick auf ein Jahrzehnt <strong>der</strong> Gedenkarbeit des 162<br />

För<strong>der</strong>vereins ehemalige Synagoge Könen e.V.<br />

18. Quellen [<strong>Wawern</strong>] 168<br />

19. Fotonachweis 169<br />

20. Quellen und Literatur <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong><br />

Region Konz-<strong>Trier</strong><br />

169<br />

3


Vorwort<br />

Die jüdische Gemeinde <strong>Wawern</strong> gehört zu den ältesten Gemeinden<br />

in <strong>der</strong> Region Konz. Sie ragt <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Vielzahl jüdischer<br />

Gemeinden insofern her<strong>aus</strong>, als sie wie die Gemeinde<br />

Thalfang einen Rabbiner hervorgebracht hat. Es handelt sich<br />

in <strong>Wawern</strong> um den Oberrabbiner Joseph Kahn 1809-1875 und<br />

in Thalfang um den Reformrabbiner Samuel Hirsch 1815-<br />

1889. Beide Personen fanden günstige familiäre Bedingungen<br />

vor, die ihren Lebensweg prägten. Während <strong>der</strong> Vater von<br />

Joseph Kahn <strong>der</strong> jüdische Lehrer in <strong>Wawern</strong> war, verfügte <strong>der</strong><br />

Vater von Samuel Hirsch als Viehhändler - für damalige Verhältnisse<br />

- über ungewöhnliche Sprachkenntnisse: er konnte<br />

die Thora in Hebräisch lesen. Beiden Dorfkin<strong>der</strong>n gelang <strong>der</strong><br />

Zugang <strong>zur</strong> Universität über die Talmudschule und beson<strong>der</strong>en<br />

Fleiß. Die Erfahrung von Toleranz im dörflichen Miteinan<strong>der</strong><br />

hatte ebenso Einfluss auf ihre Berufung, denn beide lobten in<br />

ihren späteren Schriften die Menschlichkeit ihrer Heimatdörfer<br />

und empfahlen diese größeren Kommunen als Vorbild. Gemeinsam<br />

studierten sie an <strong>der</strong> Bonner Universität und wurden<br />

dort Freunde fürs Leben. Während Joseph Kahn Oberrabbiner<br />

von <strong>Trier</strong> wurde, bekleidete Samuel Hirsch Rabbinerstellen in<br />

Dessau, in Luxemburg und in Philadelphia in den USA.<br />

Im Vergleich zu Thalfang fehlt in <strong>Wawern</strong> ein Buch über die<br />

jüdische Gemeinde, obwohl wertvolle Vorarbeiten geleistet<br />

sind: die Restauration <strong>der</strong> ehemaligen Synagoge, ein Lehrpfad<br />

<strong>zur</strong> jüdischen <strong>Geschichte</strong>, ein Aufsatz über die Reichspogromnacht,<br />

ein Betrag über die jüdische Schule, eine Biographien<br />

über Marianne Elikan-Reusch, den Oberrabbiner Joseph Kahn<br />

und über die Familie Hirschkorn. Die Vor<strong>aus</strong>setzungen für<br />

eine umfassende <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von <strong>Wawern</strong> sind also<br />

recht günstig.<br />

Diese Materialsammlung will dazu beitragen, dass ein Buch<br />

über die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Wawern</strong>er <strong>Juden</strong> entsteht.<br />

4


Schulprojekte zum Thema „Jüdische Kultur im Raum<br />

Konz“. Beitrag <strong>zur</strong> Festschrift des Gymnasiums Konz 2013<br />

Im zweiten Jahr meiner Pensionierung erreichte mich kurz vor<br />

Pfingsten des Jahres 2012 ein Brief des Schulleiters Herrn<br />

OSTD Paul Weirich, ob ich bereit und willens sei, einen Beitrag<br />

zu einer geplanten Festschrift zum vierzigjährigen Jubiläum<br />

des Gymnasiums Konz zu verfassen.<br />

Ich dachte unmittelbar an Projekte, die ich mit Kollegen o<strong>der</strong><br />

allein geplant und <strong>aus</strong>geführt hatte. In lebendiger Erinnerung<br />

geblieben waren mir zwei Projekte zum Thema „<strong>Juden</strong>tum im<br />

Raum Konz“, das eine im Schuljahr 1987/88 und das an<strong>der</strong>e<br />

im Schuljahre 2009 veranstaltet.<br />

Das erste Projekt hatte ich zusammen mit dem Kollegen<br />

OSTR Helmut Stoll vorbereitet und in die Tat umgesetzt, das<br />

zweite betreute ich allein. Während sich das erste Projekt an<br />

die Klassenstufe 12 richtete, wurde das zweite für die Jahrgangsstufe<br />

9/10 angeboten. Zwischen dem Jahre 1987 und<br />

2009 hatten sich die Vor<strong>aus</strong>setzungen grundlegend geän<strong>der</strong>t.<br />

Im Jahre 1987 fehlte noch eine Sprache, um über das Thema<br />

<strong>Juden</strong>tum in <strong>der</strong> Region reden zu können. Insofern betraten<br />

wir in dieser Zeit Neuland. Dies hatte sich 2009 weitgehend<br />

geän<strong>der</strong>t, weil in <strong>der</strong> Öffentlichkeit mehr o<strong>der</strong> weniger regelmäßig<br />

die regionale <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> thematisiert worden<br />

war. Dabei spielte die Zeitung eine zentrale Rolle. Die unterschiedliche<br />

Ausgangssituationen bedingte spezifische Methoden<br />

<strong>der</strong> Projektarbeit. So dominierten im Projekt von 1987 die<br />

Schülerinnen und Schüler, die in den Dörfern mit ehemals<br />

jüdischer Bevölkerung selbst Zeitzeugen aufsuchten und <strong>der</strong>en<br />

Berichte in die Projektarbeit einbrachten. Um die jüdischen<br />

Friedhöfe, Synagogen und Wohnhäuser in Augenschein zu<br />

nehmen, suchten wir mit Hilfe eines Kleinbusses die Zeugnisse<br />

jüdischer Kultur auf und fotografierten diese. Aus dem<br />

zusammengetragenen Material erstellten wir eine ca. dreißigseitige<br />

Schrift, die reißenden Absatz fand.<br />

5


Das Projekt von 2009 orientierte sich am Thema „<strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Konz“. Bekannt war zu diesem Zeitpunkt, dass<br />

es eine jüdische Gemeinde in Konz mit Synagoge und Friedhof<br />

gegeben hatte. In <strong>der</strong> Martinstraße waren bereits Stolpersteine<br />

für zwei ermordete jüdische Frauen verlegt worden<br />

und die Übersetzung <strong>der</strong> hebräischen Inschriften auf dem jüdischen<br />

Friedhof in Konz hatte Pastor Georg Dehn im Pfarrbrief<br />

<strong>der</strong> Pfarrgemeinde St. Nikol<strong>aus</strong> veröffentlicht.<br />

Im Lehrplan des Faches Religion des Gymnasiums war das<br />

Thema „<strong>Juden</strong>tum“ wie die an<strong>der</strong>en Weltreligionen zu verbindlichen<br />

Themen erklärt worden, nachdem das Zweite Vatikanische<br />

Konzil von 1962-65 eine positive Wertung aller<br />

Weltreligionen <strong>aus</strong>gesprochen hatte und die Synode von<br />

Würzburg in den siebziger Jahren sich dem Verhältnis <strong>der</strong><br />

Christen zum Holoc<strong>aus</strong>t angenommen hatte. In den Klassenstufen<br />

5 bis 10 sollte jede <strong>der</strong> großen Religionen einmal<br />

behandelt werden. Mit dem Thema „<strong>Juden</strong>tum“ und dem Holoc<strong>aus</strong>t<br />

sind an<strong>der</strong>e Unterrichtsfächer wie Deutsch, <strong>Geschichte</strong>,<br />

Fremdsprachen und Sozialkunde ebenfalls befasst.<br />

1. Projekt „Jüdische Zeugnisse im Raum Konz“ 1987<br />

Vor<strong>aus</strong>gegangen war dieser ersten Projektwoche am Gymnasium<br />

Konz ein Studientag des gesamten Kollegiums in <strong>der</strong><br />

Klostermühle in Herl. Nach gründlicher Abwägung aller Vorund<br />

Nachteile dieser ungewohnten Unterrichtsform „Projekttage“<br />

wurde ein erster Versuch zu Beginn des Schuljahres<br />

1987/88 gestartet.<br />

Unserer Projektidee lag <strong>der</strong> Wunsch zugrunde, die ehemalige<br />

jüdische Kultur im Raum Konz kennen zu lernen. Ausgangspunkt<br />

waren die jüdischen Zeugnisse in Konz und seinem<br />

Umland. Deswegen bildete eine Rundfahrt über Oberemmel,<br />

<strong>Wawern</strong> und Könen, den zentralen Orten mit jüdischer Bevölkerung<br />

in <strong>der</strong> Vergangenheit, am ersten Projekttag die<br />

Grundlage für die weitere Arbeit. Schüler/Schülerinnen und<br />

die Projektleiter konnten sich vor Ort ein Bild machen und<br />

6


umfangreiche Eindrücke und Kenntnisse <strong>zur</strong> Erstellung <strong>der</strong><br />

nachfolgenden Dokumentation erwerben. Die Bürgermeister<br />

<strong>der</strong> genannten Orte unterstützten unsere Nachforschungen.<br />

Wichtige Informationen lieferten uns einzelne Zeitzeugen, die<br />

uns ihre Erfahrungen und ihr Wissen <strong>aus</strong> ihrer Kindheit, die<br />

die Zeit des Nationalsozialismus war, mitteilten. Das Landeshauptarchiv<br />

Koblenz gewährte uns exemplarisch Einsicht in<br />

den Alltag des dörflichen <strong>Juden</strong>tums im Raum Konz. Beson-<br />

Projektteilnehmer auf dem jüdischen Friedhof Oberemmel<br />

<strong>der</strong>s freuten wir uns über die Bereitschaft von Herrn Norbert<br />

Hirschkorn, einem ehemaligen jüdischen Bewohner <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong>,<br />

mit uns in <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Synagoge über seine Erfahrungen<br />

zu sprechen. Mit großem Engagement verfassten die Schülerinnen<br />

und Schüler eine dreißigseitige Dokumentation, die<br />

erstmals in Wort und Bild über die jüdische Kultur im Raum<br />

Konz informiert. Das Material, das wir erarbeiteten, wurde im<br />

7


Waghalsige Forschertätigkeit an <strong>der</strong> ehemaligen Synagoge <strong>Wawern</strong><br />

Gymnasium Schülern und Eltern vorgestellt sowie mehrere<br />

hun<strong>der</strong>tmal in kopierter Form weitergegeben. Der <strong>Trier</strong>ische<br />

Volksfreund berichtete am 17./18. Oktober 1987 über unser<br />

Projekt unter <strong>der</strong> Über-schrift „Projektwoche führte Schüler<br />

des Gymnasiums in die jüdische Vergangenheit des Konzer<br />

Raums. Dokumentation über Kapitel <strong>der</strong> jüngeren deutschen<br />

<strong>Geschichte</strong> regt zum Nachdenken an.“ Unsere Ergebnisse<br />

wurden kurze Zeit später in <strong>der</strong> Presse verwendet, um an die<br />

Reichspogromnacht 1938 zu erinnern. Die Christlich-Jüdische<br />

Gesellschaft in <strong>Trier</strong> honorierte unsere Arbeit mit einem Preis.<br />

8


Am 27. Januar 1997 präsentierten wir die Ergebnisse unserer<br />

Projektarbeit anlässlich einer Gedenkfeier für die Opfer des<br />

Holoc<strong>aus</strong>t im Landesmuseum Mainz.<br />

Teilnehmende Schülerinnen/Schüler:<br />

Andreska, Bettina<br />

Bamberg, Uwe<br />

Bredin, Bernd<br />

Cremer, Dorothe<br />

Fech, Elke<br />

Schichel, Ute<br />

Schiefer, Petra<br />

Schmitt, Sonja<br />

Schmitz, Martina<br />

Schreier, Sandra<br />

9


Stinner, Ute<br />

Wei<strong>der</strong>t, Jürgen<br />

Projektleiter:<br />

OSTR Helmut Stoll<br />

OSTR Willi Körtels<br />

Projektergebnisse zu <strong>Wawern</strong>:<br />

a. Die Synagoge von <strong>Wawern</strong><br />

Am frühen Vormittag erreichen wir das n einem Flussbett<br />

gelegene Weindorf <strong>Wawern</strong>. In <strong>der</strong> Saarburgerstraße bietet<br />

sich uns dann aber gleich ein ernüchterndes Bild.<br />

Die alte, historisch bedeutsame Synagoge befindet sich in<br />

einem erbarmungswürdigen Zustand. Das Gebäude, 8 mal<br />

10m große Grundfläche, 10 m Firsthöhe, hat ein billiges Eternit-Satteldach,<br />

was so gar nicht zu dem gut erhaltenen Sandsteingemäuer<br />

passen will. Die Fenster- und die Türöffnungen<br />

lassen durch ihre Rundbogenform zwar noch einen sakralen<br />

Bau erkennen, sind jedoch nur provisorisch mit schäbigen<br />

Brettern verschlagen. An zwei <strong>der</strong> Fenster entdeckten wir noch<br />

Reste einer ehemals kunstvollen Gestaltung. Auch am nur<br />

noch zum Teil erhaltenen Holzportal finden sich eingeschnitzte<br />

Säuen und Ornamente. Der gesamte Bau macht auf alle,<br />

trotz des schlechten Zustandes, einen harmonischen Eindruck<br />

aufgrund seiner symmetrischen Glie<strong>der</strong>ung. Gestört wird das<br />

Bild durch ein an <strong>der</strong> Seite her<strong>aus</strong>gebrochenes Tor, dem eines<br />

<strong>der</strong> beiden Fenster weichen musste. Lediglich <strong>der</strong> Rundbogen<br />

ist noch erhalten. Vervollständigt wird dieser unerfreuliche<br />

Anblick noch durch eine an dem Tor befestigte Tafel mit <strong>der</strong><br />

Aufschrift: „Warnung vor dem Hunde“ sowie zwei mit Farbe<br />

aufgeschmierte Hakenkreuze, die man zu überstreichen versucht<br />

hat.<br />

10


Die Rückseite <strong>der</strong> Synagoge ist folgen<strong>der</strong>maßen geglie<strong>der</strong>t: In<br />

<strong>der</strong> Firstachse eine schlichte Holztür, etwas höher, links und<br />

rechts davon, zwei kreisrunde Fensteröffnungen und im Giebel<br />

ein Rundbogenfenster. Auch hier, wie an allen Seiten des Gebäudes,<br />

sind die Öffnungen in etwas hervorspringenden, bearbeiteten<br />

Sandstein gefasst.<br />

Erschreckend war für uns alle, dass <strong>der</strong> Hundezwinger direkt<br />

an <strong>der</strong> Rückseite aufgestellt ist. Bei einer früheren Besichtigung<br />

durch die Projektleiter befand sich <strong>der</strong> Hund sogar in <strong>der</strong><br />

Synagoge.<br />

Trotz dieser uns drohenden Gefahr wagen einige Schüler sich<br />

in das Innere des Baues. Außer einer schlecht erhaltenen<br />

Wandbemalung lässt sich wenig von <strong>der</strong> ehemaligen Funktion<br />

erkennen. Das viele Gerümpel deutet darauf hin, dass <strong>der</strong> Besitzer<br />

die Synagoge als Werkstatt und Abstellraum benutzt.<br />

13


„Ein würdiger Zweck eines ehemals heiligen Bauwerkes?“<br />

14


Wie kam es so weit…?<br />

Um das her<strong>aus</strong>zufinden, befragten wir den Bürgermeister und<br />

führten ein Gespräch mit einem ehemaligen jüdischen Bürger<br />

<strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong>. Erste Zeugnisse jüdischer Kultur sind in <strong>Wawern</strong><br />

Ende des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts nachzuweisen. Die Synagoge wurde<br />

1840 von in den im Ort lebenden jüdischen Bürgern <strong>aus</strong> eigenen<br />

Mitteln erbaut, was auf eine gute finanzielle Lage schließen<br />

lässt.<br />

Im Jahre 1935 zählte die jüdische Gemeinde 47 Seelen. Sie betrieben<br />

vor allem Viehhandel; es gab aber auch einen Drechsler<br />

sowie einen weiteren Handwerker.<br />

Die ehemals jüdischen Häuser standen in unmittelbarer Nähe<br />

<strong>der</strong> Synagoge. Im H<strong>aus</strong> Nr. 19 zum Beispiel befand sich ein<br />

Lebensmittelgeschäft sowie eine Drechslerei, die vermutlich<br />

von <strong>der</strong> gleichen Familie betrieben wurde.<br />

Auch das heutige H<strong>aus</strong> Nr. 21 gehörte ehemals einer jüdischen<br />

Familie, ist aber, wie fast alle jüdischen Häuser, nicht mehr in<br />

seinem ursprünglichen Zustand.<br />

Zum religiösen Leben:<br />

An jedem Freitagabend wurde ein Gottesdienst abgehalten,<br />

den <strong>der</strong> Vorsteher <strong>der</strong> Gemeinde leitete. Bei Beerdigungen,<br />

Hochzeiten und hohen Feiertagen kam <strong>der</strong> Rabbiner <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong>.<br />

Die Leichname <strong>der</strong> Verstorbenen brachte man auf den Friedhof<br />

in Nie<strong>der</strong>leuken bei Saarburg, da es in <strong>Wawern</strong> keinen<br />

eigenen Friedhof gab. Die Gläubigen begleiteten den Sarg bis<br />

zum Orts<strong>aus</strong>gang. Der Bürgermeister kann sich erinnern, dass<br />

die <strong>Juden</strong> Steine auf den Sarg legten. Wer viele Steine auf dem<br />

Sarg hatte, galt als beliebt. Diese religiöse Tradition wurde mit<br />

dem Nazi-Regime jäh unterbrochen. Aus beiliegendem Text<br />

geht hervor, dass zwischen 1934 und 1935 sowohl zwei jüdische<br />

Wohnhäuser als auch die Synagoge von <strong>Wawern</strong>er Mitbürgern<br />

beschädigt wurden. Offiziell ist heute jedoch nur bekannt,<br />

dass in <strong>der</strong> Reichspogromnacht die Fenster <strong>der</strong> Synagoge<br />

von <strong>der</strong> Wiltinger SA zerstört und das Innere verwüstet<br />

wurde. Die Thorarollen, <strong>der</strong> heilige Teil <strong>der</strong> Synagoge, wurden<br />

15


von <strong>Wawern</strong>er SA-Männern auf die Straße geworfen, <strong>aus</strong>gerollt<br />

und zertreten. Jedoch kam <strong>der</strong> Antisemitismus nicht über<br />

Nacht als Folge des Nationalsozialismus. Das Verhältnis zwischen<br />

<strong>Juden</strong> und <strong>Wawern</strong>er Bürgern war schon vor dieser Zeit<br />

teilweise spannungsgeladen.<br />

Von dem ehemaligen jüdischen Bürger Hirschkorn erfuhren<br />

wir, dass die <strong>Wawern</strong>er <strong>Juden</strong> nach <strong>der</strong> Reichspogromnacht 8<br />

Tage lang in Wäl<strong>der</strong>n, Scheunen und Wiesen „leben“ mussten.<br />

In <strong>Trier</strong> wurde ein Teil <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> <strong>aus</strong> umliegenden Dörfern<br />

von Bürgern aufgenommen. Mit <strong>der</strong> Deportation <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> im<br />

Jahre 1943 gab es keine jüdischen Bürger mehr in <strong>Wawern</strong>.<br />

Zwischen 1938 und 1945 fungierte die Synagoge als Quartier<br />

für Kriegsgefangene und Fremdarbeiter. In den letzten Kriegstagen<br />

wurde die Synagoge von <strong>der</strong> deutschen Wehrmacht,<br />

später den alliierten Streitkräften als Waffen- und Materiallager<br />

verwendet. In den 50er Jahren bot die Jüdische Kultusgemeinde<br />

das Bauwerk <strong>der</strong> <strong>Wawern</strong>er Gemeinde für 1200 DM<br />

an. Weil die <strong>Wawern</strong>er zu lange zögerten, erwarb schließlich<br />

ein Nachbar die Synagoge für 1400 DM.<br />

Der jetzige Eigentümer erhielt zwar von <strong>der</strong> Gemeinde die<br />

Auflage, das Gebäude zu erhalten; wir haben jedoch den Eindruck,<br />

dass nur <strong>der</strong> Schein gewahrte werden soll. Immerhin<br />

wurde ein neues Dach angebracht, dem jedoch die Empore im<br />

Inneren zum Opfer fiel.<br />

Den Hund mit freiem Ausgang <strong>zur</strong> Synagoge könnte man vielleicht<br />

als Wächter sehen.<br />

Das Gebäude ist schon lange Zankapfel in <strong>der</strong> Gemeindepolitik.<br />

Die Denkmalpfleger wollen die Synagoge restaurieren.<br />

Der Vorschlag, sie im Freilichtmuseum Konz-Roscheid aufzubauen,<br />

wurde mit <strong>der</strong> Begründung abgelehnt, dass es sich dann<br />

nicht mehr um ein Baudenkmal handle.<br />

Ein Teil des Gemein<strong>der</strong>ats ist <strong>der</strong> Auffassung, man sollte die<br />

Synagoge abreißen und an ihrer Stelle einen Dorfplatz anlegen.<br />

So wie sie jetzt <strong>aus</strong>sieht, ist die Synagoge wirklich nichts Sehenswertes<br />

mehr; eine vernünftige Restauration könnte jedoch<br />

16


eines <strong>der</strong> letzten Zeugnisse jüdischer Kultur im Konzer Raum<br />

<strong>der</strong> Nachwelt erhalten.<br />

b. Die jüdische Schule in <strong>Wawern</strong><br />

In <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Synagoge liegt recht versteckt die ehemalige<br />

jüdische Schule <strong>Wawern</strong>s.<br />

Das Gebäude fällt durch seine schmale, hohe Bauweise auf<br />

(14 m Höhe und 4,2 m Breite).<br />

An einer Schmalseite weist dieses Gebäude auf zwei Etagen<br />

jeweils zwei Fenster auf.<br />

Die Fenster- und Giebelseite sind fast vollständig mit Efeu und<br />

wildem Wein bewachsen.<br />

Das Gebäude wird heute nicht mehr genutzt.<br />

Es gehörte zu einem Bauernh<strong>aus</strong>, dessen Besitzer es früher als<br />

Schweinestall und Heuschober diente. Insofern befindet sich<br />

noch an <strong>der</strong> Giebelseite ein Heugreifer. Das Gebäude diente<br />

bis 1935/36 als Schule.<br />

Seit den 30er Jahren wurde es jedoch bereits als Wohnung<br />

genutzt. Wie uns Bürgermeister Binz erzählte, besuchten zu<br />

dieser Zeit die jüdischen Kin<strong>der</strong> die katholische Volksschule.<br />

Lediglich <strong>der</strong> Religionsunterricht wurde für die jüdischen<br />

Schüler geson<strong>der</strong>t erteilt.<br />

Im Keller des Schulgebäudes befand sich ursprünglich eine<br />

religiöses Bad, von dem jedoch nichts mehr zu erkennen ist,<br />

da es zubetoniert wurde. Das Bad soll das ein einzige dieser<br />

Art im weiten Umkreis gewesen sein. Das jüdische Bad spielte<br />

im <strong>Juden</strong>tum eine wichtige Rolle. Es war rituelle Reinigungsstätte<br />

für die Frauen, auch Mikwe genannt. Im Alten Testament<br />

werden bei beson<strong>der</strong>en Anlässen o<strong>der</strong> bei Unreinheit von<br />

Personen und Sachen Reinigungsbä<strong>der</strong> vorgeschrieben. Ursprünglich<br />

wurden zu diesem Zweck meistens natürliche Gewässer<br />

aufgesucht, seit dem Mittelalter aber überwiegen<br />

künstlich angelegte <strong>Juden</strong>bä<strong>der</strong>.<br />

17


Projektgruppe 1987<br />

2. Auf den Spuren <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Konz<br />

Unser Projekt im Rahmen <strong>der</strong> Projektwoche am Gymnasium<br />

Konz vom 21. bis 24. April 2009 war auf die Stadt Konz begrenzt.<br />

Deswegen konnten die Teilnehmer <strong>aus</strong>gewählte Orte in<br />

<strong>der</strong> Stadt zu Fuß erkunden. Ausgerüstet mit Notizblock, Videokamera<br />

und Fotoapparat suchten wir zuerst den kleinen jüdischen<br />

Friedhof hinter <strong>der</strong> Friedhofshalle auf. Dort referierte<br />

Pastor Georg Dehn über die jüdischen Beerdigungsbräuche<br />

und die Inschriften auf den Grabsteinen. Auf einem Grab entdeckten<br />

wir eine Grabplatte, die an zwei ermordete jüdische<br />

Frauen erinnerte, offenbar nach 1945 dort angebracht. Auf<br />

dem jüdischen Friedhof befindet sich ein Gedenkstein, <strong>der</strong> in<br />

den achtziger Jahren dort errichtet wurde. In <strong>der</strong> Martinstraße<br />

informierten wir uns über die dort verlegten Stolpersteine für<br />

Marianne und Mathilde Levy. In <strong>der</strong> Wiltingerstraße konnten<br />

wir einige ehemalige Häuser von jüdischen Bewohnern <strong>aus</strong>findig<br />

machen. In <strong>der</strong> Lindenstraße verweilten wir vor dem<br />

18


Gebäude, indem die ehemalige Synagoge eingerichtet war. An<br />

diesem Ort war in <strong>der</strong> Reichspogromnacht am 9./10. 1938 von<br />

nationalsozialistischen Randalierern die Thorarolle <strong>aus</strong> dem<br />

heiligen Schrein <strong>der</strong> Synagoge entnommen, auf <strong>der</strong> Straße<br />

<strong>aus</strong>gerollt und mit den Stiefeln zertreten worden. Teile <strong>der</strong><br />

Inneneinrichtung wurden auf die Straße getragen und dort<br />

verbrannt. Alle <strong>Juden</strong>häuser wurden in dieser Nacht vor den<br />

Augen von unbeteiligten Bürgern verwüstet.<br />

Die Teilnehmer l<strong>aus</strong>chen den Erläuterungen von Pastor Dehn<br />

Zur Erläuterung dieser Ereignisse trug eine Gruppe <strong>der</strong> Projektteilnehmer<br />

ein Rollenspiel <strong>zur</strong> Reichspogromnacht in<br />

Konz vor.<br />

Einige Schüler drehten einen kleinen Film zu unserem Projekt,<br />

in dem auch Interviews mit Konzer Bürgern, zu ihrem Verhältnis<br />

zu <strong>Juden</strong> befragt, aufgenommen wurden. Um die Ergebnisse<br />

unseres Projekts am Tag <strong>der</strong> offenen Tür am Gymnasium<br />

Konz zu präsentieren, errichteten wir eine Stellwand in<br />

19


einem uns zugeteilten Klassenraum. Außerdem boten wir einen<br />

Büchertisch mit den wichtigsten Werken <strong>zur</strong> jüdischen<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> an.<br />

Stolpersteine für Marianne und Mathilde Levy in Konz<br />

Projektteilnehmer:<br />

Gottlieb, Florian<br />

Neymann, Philipp<br />

Quiano, Aurelio<br />

Schäfer, Daniel<br />

Schirra, Felix<br />

Schönberger, Niklas<br />

Schramm, Christian<br />

Wagner, Christoph<br />

Wohl, Gerit<br />

Werel, Jan<br />

Zink, Fabian<br />

Projektleiter:<br />

OSTR Willi Körtels<br />

20


Geburtsurkunden<br />

21


Personenlisten:<br />

Jüdische Einwohner in <strong>Wawern</strong> um 1930<br />

Name Vorname Geburt Tod Quelle<br />

1. Bonem Sigmund 20.8.1868 1943 AB<br />

2. Bonem Lina 24.3.1878 1943 AB<br />

[Hirsch]<br />

Hottenbach<br />

3. Bonem Siegfried 27.3.1903 5.12.1974 AB/TW<br />

4. Bonem Selma 12.4.1904 AB/TW<br />

[Hayum]<br />

5. Bonem Sally AB<br />

6. Bonem Erna<br />

AB<br />

[Grumbach]<br />

7. Bonem Julius 13.5.1915 Lodz AB<br />

8. Bonem Edward Enkel AB<br />

9. Elikan<br />

Marianne 29.7.1928 SCHW<br />

(Reusch)<br />

10. Engelke Emmi 15.6.1886 SCHW<br />

11. Hirschkorn Aron 19.10.1885 Auschwitz TR/TW<br />

12. Hirschkorn Sara 13.11.1885 Auschwitz TR/TW<br />

[Lachmann]<br />

Treblitz ?<br />

13. Hirschkorn Sophia 22.11.1912 TW<br />

14. Hirschkorn Paula 4.8.1919 TW<br />

15. Hirschkorn Jakob 1.1.1914 SCHW/<br />

TW<br />

16. Hirschkorn Norbert 2.7.1921 SCHW/<br />

TW<br />

17. Hirschkorn Erna 3.10.1923 TW<br />

18. Hirschkorn Halina 25.10.1925 SCHW<br />

19. Hirschkorn Ernestine 17.8.1885 TW<br />

[Lachmann]<br />

20. Hirschkorn Sophia 30.12.1912 TW<br />

21. Hirschkorn Paula 20.7.1917 TW<br />

22. Hirschkorn Helena 2.8.1921 TW<br />

23. Hirschkorn Hermann 28.1.1925 TW<br />

24. Joseph<br />

[Levy]<br />

Eva 31.5.1904 LUX-ESC<br />

23


25. Joseph Moritz LUX-ESC<br />

26. Kahn Benny 5.8.1881 TW<br />

27. Kahn<br />

Henriette 24.2.1877 Auschwitz TR<br />

[Wolf]<br />

15.2.1943<br />

28. Kahn Herta 27.10.1928 TW<br />

29. Kahn Ilse LUX-ESC<br />

30. Kahn Jenny 18.4.1912 TW<br />

31. Kahn Leon 10.8.1913 LUX-ESC<br />

32. Kahn<br />

Marianne 28.2.1884 TW<br />

[Meyer]<br />

33. Kahn Max 11.11.1915 TW<br />

34.. Katz<br />

Martha 7.6.1913 AB<br />

[Wolf]<br />

35. Kaufmann Emma 22.8.1866 6.5.1943 TR<br />

[Meyer]<br />

Theresienstadt<br />

36. Kaufmann Malchen 3.1.1875 23.9.1942 TR<br />

[Jacobs]<br />

Chelmno<br />

37. Levy Benno 6.2.1928 15.9.1942 TR<br />

Chelmno<br />

38. Levy Kurt 19.9.1924 Lodz TR<br />

39. Levy Moritz 12.2.1889 28.10.194<br />

2<br />

Chelmno<br />

TR<br />

40. Levy<br />

[Wolf]<br />

Sophie 13.8.1897 28.10.194<br />

2<br />

Chelmno<br />

41. Martini Berta 2.2.1895 SCHW<br />

42. Meyer Betty 11.4.1910 SCHW<br />

[Süsskind]<br />

43. Meyer Louis 14.9.1898 16.3.1945 SCHW<br />

44. Schimmel Jacob 3.3.1915 AJ<br />

45. Wachsmann Ella 4.12.1926 New York/<br />

Descendent<br />

Ushmm/<br />

TW<br />

of<br />

Plaut<br />

46. Wachsmann<br />

[Kaufmann]<br />

Frieda 7.3.1903 Ushmm/<br />

TW<br />

47. Wachsmann Jakob 20.2.1924 Ushmm/<br />

TW<br />

24<br />

TR


48. Wachsmann Leo 10.10.1896 TW<br />

49. Wachsmann Lutbert 18.6.1925 Ushmm/<br />

TW<br />

50. Wolff Benjamin GU<br />

51. Wolf Cilli AB<br />

52. Wolf Donald AB<br />

53. Wolf Eduard 15.8.1886 3.3.1943 TR<br />

Auschwitz<br />

54. Wolf<br />

Frieda 11.10.1901 9.10.1944 TR<br />

[Wolf]<br />

Auschwitz<br />

55. Wolf<br />

Helma Sara 26.6.1886 TW<br />

[Hayum]<br />

56. Wolf Irene AB<br />

57. Wolff Isaak GU<br />

58. Wolf<br />

59. Wolf Isidor 7.12.1869 12.3.1944 TR<br />

Theresienstadt<br />

60. Wolf Iwan 30.9.1920 TW<br />

61. Wolf<br />

Esther Sara 11.8.1871 TW<br />

[Levy]<br />

62. Wolff Johannetta GU<br />

63. Wolf Leo 5.7.1897 3.3.1943 TR<br />

Auschwitz<br />

64. Wolff<br />

Maria Anna<br />

GU<br />

[Israel]<br />

65. Wolf Max 26.3.1867 31.8.1942 TR<br />

Theresienstadt<br />

66. Wolf Max 8.5.1909 TW<br />

67. Wolf<br />

Melanie 26.6.1889 3.3.1943 TR<br />

[Hayum]<br />

(Kirf)<br />

Auschwitz<br />

68. Wolf Moritz 30.6.1884 10.7.1957 AB/TW<br />

69. Wolf Nathan 28.1.1905 Minsk TR<br />

70. Wolf Nathan 27.9.1865 Treblinka TR<br />

71. Wolf Penas 1865 AJ<br />

72. Wolf<br />

Ruth<br />

AB<br />

[Krigman]<br />

73. Wolf<br />

[Hayum]<br />

Sara 8.2.1886 TW<br />

25


74. Wolff Sophie 13.8.1897 GU<br />

75. Wolf Siegfried 6.5.1982 AB<br />

76. Wolf Simon 1875 AJ<br />

77. Wolf Walter SCHW<br />

Abkürzungserklärung:<br />

AB=Aufbau, TR=<strong>Trier</strong> vergisst nicht, AJ=Alemannia Judaica, SCHW= Schwer,<br />

Edgar: Was ist <strong>aus</strong> ihnen geworden? ushmm= United Staates Holoc<strong>aus</strong>t<br />

Museum, GU=Geburtsurkunde, TR=<strong>Trier</strong> vergisst nicht,<br />

TW=Amtsverwaltung Tawern<br />

Familien um 1930<br />

1. Bonem Sigmund 20.8.1868 EM<br />

Bonem Lina 24.3.1878 EF<br />

[Hirsch]<br />

Hottenbach<br />

Bonem Siegfried 1903 S<br />

Bonem Selma 12.4.1904 ST<br />

[Hayum]<br />

Bonem Sally S<br />

Bonem Erna<br />

ST<br />

[Grumbach]<br />

Bonem Julius 13.5.1915 S<br />

2. Bonem Jakob<br />

Bonem<br />

[Wolf]<br />

Adele 17.1.1869<br />

3. Hirschkorn Aron 17.8.1885 EM<br />

Hirschkorn Sara 10.6.1887 EF<br />

Lachmann]<br />

Hirschkorn Jakob 1.1.1914 S<br />

Hirschkorn Norbert 2.7.1921 S<br />

Hirschkorn Sophia 22.11.1912 T<br />

Hirschkorn Paula 4.8.1919 T<br />

26


Hirschkorn Erna 3.10.1923<br />

Hirschkorn Halina 25.10.1925 T<br />

4. Hirschkorn Ernestine 18.8.1885 EF<br />

[Lachmann]<br />

Hirschkorn Sophia 30.12.1912 T<br />

Hirschkorn Paula 20.7.1917 T<br />

Hirschkorn Helena 2.8.1921 T<br />

Hirschkorn Hermann 28.1.1925 S<br />

5. Joseph Moritz 10.3.1898 EM<br />

Joseph Eva 31.5.1904 EF<br />

[Levy]<br />

6. Kahn Benny 5.8.1881 EM<br />

Kahn<br />

Marianne 28.2.1884 EF<br />

[Meyer]<br />

Kahn<br />

Jenni 18.4.1912 T<br />

[Solmitz]<br />

Kahn Max 11.11.1915 S<br />

Kahn Herta 27.10.1928 T<br />

7. Kahn Henriette 24.2.1877 EF<br />

Kahn Leon 10.8.1913 S=EM<br />

Kahn Ilse 30.8.1913 EF v. Leo<br />

8. Kaufmann Benni 12.1.1879 EM<br />

Kaufmann Malchen 3.1.1875 EF<br />

[Jacobs]<br />

9. Levy Max EM<br />

Levy Caroline EF<br />

Levy Sylvian S<br />

Levy<br />

[Kahn]<br />

Jeanne<br />

ST<br />

10. Levy Moritz 12.2.1889 EM<br />

Levy<br />

Sophie 13.8.1897 EF<br />

[Wolf]<br />

Levy Kurt 19.9.1924 S<br />

27


Levy Benno 6.2.1928 S<br />

11. Meyer Max EM<br />

Meyer Henriette<br />

EF<br />

[Lazarus]<br />

Meyer Louis 14.9.1898 S / v.m.<br />

Alma Frankfurter<br />

Meyer Betty 11.4.1910 T<br />

(Süsskind)<br />

Meyer<br />

(Goldberger)<br />

Claire<br />

T<br />

12. Wachsmann Leo 10.10.1896 EM<br />

Wachsmann Frieda 7.3.1903 EF<br />

[Kaufmann]<br />

(Kaisersesch)<br />

Wachsmann Jakob 20.2.1924 S<br />

Wachsmann Lutbert 18.6.1925 S<br />

Wachsmann Ella 4.12.1926 T<br />

13. Wolff Benjamin II. EM<br />

Wolff<br />

Johannetta<br />

EF<br />

[Kallmann]<br />

Wolff Sophie 13.8.1897 T<br />

14. Wolf Eduard 15.8.1886 EM<br />

Wolf<br />

Melanie 26.6.1889 EF<br />

[Hayum]<br />

Kirf<br />

Elikan<br />

Marianne 29.7.1928 T adoptiert<br />

(Reusch)<br />

Wolf<br />

(Katz)<br />

Martha 7.6.1913 T ?<br />

15. Wolf Isaak EM<br />

Wolf<br />

Anna Maria<br />

EF<br />

[Israel]<br />

Wolf Alex 8.1.1880 S<br />

16. Wolf Isidor 7.2.1869 EM<br />

Wolf Esther 9.8.1971 EF<br />

28


[Levy]<br />

Wolf Nathan 28.1.1905 S<br />

Wolf<br />

Henriette 25.1.1907 T<br />

[Eichenwald]<br />

Wolf Max 8.5.1909 S<br />

17. Wolf Leo 5.7.1897 EM<br />

Wolf<br />

Betty 29.5.1896 EF<br />

[Kaufmann]<br />

Wolf Alfred S<br />

Wolf Johanna T<br />

18. Wolf Max 26.3.1867 EM<br />

Wolf<br />

Frieda 11.10.1901 EF<br />

[Wolf]<br />

19. Wolf Moritz 30.6.1884 EM<br />

Wolf<br />

Sara 8.2.1886 EF<br />

[Hayum]<br />

Wolf Cilli T<br />

Wolf Donald S<br />

Wolf Walter S<br />

Wolf Siegfried S<br />

Wolf Irene T<br />

Wolf Iwan 30.9.1920 S<br />

20. Wolf Nathan 27.9.1865 EM<br />

Wolf Leo 5.7.1897 S<br />

Wolf Hugo S<br />

Aus <strong>Wawern</strong> stammend<br />

Bonem Max 26.4.1893 Luxemburg<br />

Frankreich<br />

Sobibor<br />

6.3.1943<br />

Bonem<br />

[Israel]<br />

Simone 13.11.1900 Luxemburg/<br />

Frankreich<br />

Bonem Joseph<br />

Raymond<br />

18.5.1923 Luxemburg/<br />

Frankreich<br />

Callo Hedwig 6.12.1887 Holland Auschwitz<br />

29


[Wolf] 17.9.1943<br />

Goldberger Claire<br />

Essen<br />

[Meyer]<br />

Eichenwald Henriette 25.1.1907 Wuppertal Izbica<br />

[Wolf]<br />

Hanau Babette 3.11.1876 Brotdorf Treblinka<br />

[Bonem]<br />

Israel Josephine 1864<br />

[Wolf]<br />

Kaufmann<br />

[Meyer]<br />

Emma 4.9.1866 Halle 6.5.1943<br />

Theresienstadt<br />

Meyer Louis 14.9.1898 Wiesbaden Dachau<br />

Samuel Marianne 28.2.1879 Trittenheim Lodz<br />

[Jacobs]<br />

Solmitz<br />

[Kahn]<br />

Jenny 1 18.4.1912 Holland Auschwitz<br />

6.3.1944<br />

Joseph Elise 1860 Aach Theresienstadt<br />

[Wolf]<br />

Wolf Alexan<strong>der</strong> 2 8.1.1880 Berlin Theresienstadt<br />

3.10.1942<br />

Ins Ausland geflohene jüdische Bürger<br />

1. Bonem Erna<br />

USA<br />

[Grumbach]<br />

2. Bonem Lina<br />

USA?<br />

[Hirsch]<br />

3. Bonem Max 26.4.1893 Luxemburg<br />

Frankreich<br />

4. Bonem Paula London<br />

5. Bonem Sally USA<br />

6. Bonem Siegfried USA<br />

7. Bonem Sigmund 20.8.1868 Lodz/USA<br />

8. Bonem Selma USA<br />

1 Das Bundesgedenkbuch gibt an, dass Jenny Solmitz in <strong>Wawern</strong> wohnte.<br />

2 Alexan<strong>der</strong> Wolf <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong> legte 1900 am FWG in <strong>Trier</strong> die Abiturprüfung<br />

ab und studierte Medizin. Er war Arzt in Berlin- Charlottenburg. Vgl.<br />

Festschrift FWG 1914, Verzeichnis <strong>der</strong> Abiturienten von Dr. Wickert.<br />

30


9. Callo Hedwig 6.12.1887 Holland<br />

[Wolf]<br />

10. Hirschkorn Paula 4.8.1919 London<br />

11. Hirschkorn Jakob 1.1.1914 Luxemburg<br />

12. Hirschkorn Norbert 5.6.1921 Luxemburg<br />

13. Hirschkorn Ernestine 17.8.1885 Paris<br />

[Lachmann]<br />

14. Hirschkorn Sophia 30.12.1912 Paris<br />

15. Hirschkorn Paula 20.7.1917 Paris<br />

16. Hirschkorn Helena 2.8.1921 Paris<br />

17. Hirschkorn Hermann 28.1.1925 Paris<br />

18. Joseph<br />

[Levy]<br />

Eva 31.5.1904 Luxemburg/<br />

Frankreich<br />

19. Joseph Moritz 10.3.1898 Luxemburg/<br />

Frankreich<br />

20. Kahn Benny 5.8.1881 Luxemburg/<br />

Bolivien<br />

21. Kahn Henriette 24.2.1877 Frankreich<br />

[Wolf]<br />

22. Kahn Hermann 18.6.1877 Holland<br />

23. Kahn Herta 27.10.1928 Luxemburg<br />

24. Kahn<br />

[Kahn]<br />

Ilse 30.8.1913 Luxemburg/<br />

Frankreich/<br />

Schweiz<br />

25. Kahn Leo 10.8.13 Luxemburg/<br />

Frankreich/<br />

Schweiz<br />

26. Kahn<br />

[Meyer]<br />

Marianne 28.2.1884 Luxemburg/<br />

Bolivien<br />

27. Katz<br />

Martha<br />

USA<br />

[Wolf]<br />

28. Levy Sylvian 15.1.1892 Frankreich<br />

Luxemburg<br />

Belgien<br />

29. Mayer Meier 9.7.1869 Luxemburg<br />

30. Meyer Isaak 2.1.1878 Luxemburg<br />

31. Solmitz Jenny 18.4.1912 Holland<br />

[Kahn]<br />

32. Wachsmann Ella 4.12.1926 Luxemburg/<br />

Kuba<br />

31


33. Wachsmann<br />

[Kaufmann]<br />

Frieda 7.3.1903<br />

(Kaisersesch)<br />

Luxemburg/<br />

Kuba<br />

34. Wachsmann Jakob 20.2.1924 Luxemburg/<br />

Kuba<br />

35. Wachsmann Ludbert 18.6.1925 Luxemburg/<br />

Kuba<br />

36. Wolf Abraham 13.3.1873 Holland<br />

37. Wolf Cilli<br />

USA<br />

[Wolf]<br />

38. Wolf Donald USA<br />

39. Wolf Gustav 26.3.1897 Luxemburg<br />

40. Wolf Irene USA<br />

41. Wolf Max 8.5.1909 Luxemburg<br />

42. Wolf Moritz USA<br />

43. Wolf Nathan 28.1.1905 Luxemburg<br />

44. Wolf Ruth<br />

USA<br />

[Krigman]<br />

45. Wolf Siegfried USA<br />

46. Wolf Siegmund 191.1879 Luxemburg<br />

47. Wolf Simon 6.3.1875 Luxemburg<br />

Die nach Luxemburg geflohenen <strong>Juden</strong> wurden im August 1940<br />

nach Frankreich gebracht. Einigen gelang von dort die Flucht nach<br />

Kuba (Familie Wachsmann) o<strong>der</strong> in die USA. An<strong>der</strong>e wurden von<br />

Luxemburg <strong>aus</strong> in die Konzentrationslager deportiert.<br />

32


Antisemitische Übergriffe in <strong>Wawern</strong><br />

33


Auskunft über die antisemitischen Vorgänge in <strong>Wawern</strong><br />

von 1933 bis 1938 gibt <strong>der</strong> Aufsatz:<br />

Eberhard, Pascale: Die Reichspogromnacht vom 9./10.<br />

November 1938 in <strong>Wawern</strong>. Ein Rückblick 70 Jahre danach,<br />

in: Jahrbuch des Kreises <strong>Trier</strong>-Saarburg, S. 244-<br />

255.<br />

Die nach Luxemburg geflohenen <strong>Juden</strong> wurden im August 1940<br />

nach Frankreich gebracht, weil die deutsche Wehrmacht Luxemburg<br />

besetzt hatte. Einigen gelang von dort die Flucht nach Kuba (Familie<br />

Wachsmann) o<strong>der</strong> in die USA. Ella Wachsmann heiratete am 7.<br />

September 1950 in New York Heinz Joachim Spangenberg, geboren<br />

am 31. Mai 1923. Die Kin<strong>der</strong> dieses Ehepaares sind Bert Leo<br />

(192.1952) und Debra (15.7.1955). [<strong>aus</strong>: Descendent of Plaut-<br />

Descendents.pdf]. An<strong>der</strong>e wurden von Luxemburg <strong>aus</strong> in die Konzentrationslager<br />

deportiert.<br />

Berufe jüdischer Bürger <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong><br />

Siegfried Bonem<br />

Aron Hirschkorn<br />

Israel Hirschkorn<br />

Jakob Hirschkorn<br />

Benny Kahn<br />

Leon Kahn<br />

Marianne Kahn<br />

Max Kahn<br />

Benny Kaufmann<br />

Ella Wachsmann<br />

Frieda Wachsmann<br />

Leo Wachsmann<br />

Benjamin Wolf<br />

Eduard Wolf<br />

Isaak Wolf<br />

Nathan Wolf<br />

35<br />

Viehhändler<br />

Schuhhändler<br />

Maler/Anstreicher<br />

Metzger<br />

Handelsmann<br />

Viehhändler<br />

Lebensmittelhändlerin<br />

Verkäufer<br />

Schnei<strong>der</strong><br />

Schülerin<br />

Modistin/H<strong>aus</strong>hälterin<br />

Holzbildhauer<br />

Handelsmann<br />

Geschäftsmann<br />

Handelsmann<br />

Viehhändler


Max Wolf<br />

Moritz Wolf<br />

Kaufmann<br />

H<strong>aus</strong>ierer<br />

Wohltätigkeits und Belehrungsverein in <strong>Wawern</strong><br />

Oberrabbiner Joseph Kahn berichtet am 20.4.1864 in <strong>der</strong> Zeitschrift „Ben<br />

Chananja“, S. 330: „Ungeachtet dieses, im Vergleiche zu an<strong>der</strong>en Gegenden<br />

günstigen Verhältnisses bestehen doch in den meisten selbst kleineren<br />

Gemeinden des Regierungsbezirkes [<strong>Trier</strong>] Wohltätigkeitsvereine<br />

verschiedener Art, von welchen mehrere auch noch den schönen Zweck<br />

<strong>der</strong> Belehrung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> durch Vorlesen und Erklären religiöser Bücher<br />

und jüdischer Zeitschriften verbinden. So sind vorzüglich in den Gemeinden<br />

Tholey, Saarlouis, Saarwellingen, Neunkirchen, Illingen,<br />

Schweich, <strong>Wawern</strong>, <strong>Trier</strong> u.a. <strong>der</strong>artige verschiedene Wohltätigkeits- und<br />

Belehrungsvereine.“<br />

Deportationen <strong>der</strong> <strong>Wawern</strong>er <strong>Juden</strong><br />

Name Vorname Deportation Datum/Ziel<br />

1. Bonem Julius <strong>Trier</strong> 16.10.1941<br />

Lodz<br />

2. Bonem Sigmund <strong>Trier</strong> 16.10.1941<br />

Lodz<br />

3. Hirschkorn Aron <strong>Trier</strong> 18.8.1944<br />

Auschwitz<br />

4. Hirschkorn Sara <strong>Trier</strong> 18.8.1944<br />

Auschwitz?<br />

5. Kaufmann<br />

[Meyer]<br />

Emma <strong>Trier</strong>/Halle 20.9.1942<br />

Theresienstadt<br />

6. Kaufmann Malchen <strong>Trier</strong> 16.10.1941<br />

Lodz<br />

7. Levy Benno <strong>Trier</strong> 16.10.1941<br />

Lodz<br />

8. Levy Kurt <strong>Trier</strong> 16.10.1941<br />

Lodz<br />

36


9. Levy Moritz <strong>Trier</strong> 16.10.1941<br />

Lodz<br />

10. Levy Sophie <strong>Trier</strong> 16.10.1941<br />

Lodz<br />

11. Wolf Eduard <strong>Trier</strong> 1.3.1943<br />

Auschwitz<br />

12. Wolf Esther Düsseldorf 21.7.1942<br />

Theresienstadt<br />

13. Wolf Frieda <strong>Trier</strong> 26.7.1942<br />

Theresienstadt<br />

14. Wolf Isidor Düsseldorf 21.7.1942<br />

Theresienstadt<br />

15. Wolf Leo <strong>Trier</strong> 1.3.1943<br />

Auschwitz<br />

16. Wolf Max <strong>Trier</strong> 26.7.1942<br />

Theresienstadt<br />

17. Wolf Melanie <strong>Trier</strong> 1.3.1943<br />

Auschwitz<br />

18. Wolf Nathan Nürnberg 11.9.1942<br />

Theresienstadt<br />

Über die Deportation <strong>der</strong> <strong>Wawern</strong>er <strong>Juden</strong> und die Folgen<br />

informieren die Werke:<br />

1. Schnitzler, Thomas: „Das Leben ist ein Kampf“ Marianne<br />

Elikan-Verfolgte des Nazi-Regimes, <strong>Trier</strong> 2008<br />

2. Eberhard, Pascale: Der Überlebenskampf jüdischer<br />

Deportierter <strong>aus</strong> Luxemburg und <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> im<br />

Ghetto Litzmannstadt, Saarbrücken 2012<br />

37


Opfer <strong>der</strong> Schoa <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong><br />

1. Bonem Julius 3 13.5.1915 Lodz<br />

2. Bonem Max 26.4.1893 6./7. 03. Sobibor<br />

1943<br />

3. Bonem<br />

[Hirsch]<br />

Lina 24.3.1878 1943 Theresienstadt<br />

4. Bonem Sigmund 20.8.1868 1943 Theresienstadt<br />

5. Hirschkorn Aron 17.5.1882 Auschwitz<br />

6. Hirschkorn Sara 10.6.1887 Auschwitz<br />

Lachmann]<br />

7. Kaufmann<br />

[Meyer]<br />

Emma 22.8.1866 6.5.1943 Theresienstadt<br />

8. Kaufmann Benni 12.1.1879 23.9.1942 Lodz/<br />

Chelmno<br />

9. Kaufmann<br />

[Jacobs]<br />

Malchen 3.1.1875 23.9.1942 Lodz/<br />

Chelmno<br />

10. Levy Benno 6.2.1928 15.9.1942 Lodz/<br />

Chelmno<br />

11. Levy Kurt 19.9.1924 Lodz<br />

12. Levy Moritz 12.2.1889 28.10.1942 Lodz/<br />

Chelmno<br />

13. Levy Sophie 13.8.1897 28.10.1942 Chelmno<br />

[Wolf]<br />

14. Levy Sylvian 15.1.1892 1944 Auschwitz<br />

Mauth<strong>aus</strong>en<br />

15. Meyer Louis 14.9.1898 16.3.1945 Dachau<br />

16. Wolf Abraham 13.3.1873 11.1.1945 Theresienstadt<br />

17. Wolf Eduard 15.8.1886 3.3.1943 Auschwitz<br />

18. Wolf Esther 9.8.1871 7.3.1945 Theresienstadt<br />

19. Wolf Frieda 11.10.190 9.10.1944 Auschwitz<br />

3 Julius Bonem wird in <strong>der</strong> Familienanzeige für die ermordeten Lina und<br />

Sigmund Bonem im „Aufbau“ vom 8.11.1946 erwähnt, aber hinter seinem<br />

Namen geben die Angehörigen an: „Aufenthalt unbekannt“. Zu diesem<br />

Zeitpunkt wissen sie nichts über das Schicksal von Julius.<br />

38


1<br />

20. Wolf Gustav 26.3.1897<br />

21. Wolf Isidor 7.2.1869 12.3.1944 Theresienstadt<br />

22. Wolf Leo 5.7.1897 3.3.1943 Auschwitz<br />

23. Wolf Max 26.3.1867 31.8.1942 Theresienstadt<br />

24. Wolf Melanie 26.6.1889 3.3.1943 Auschwitz<br />

[Hayum]<br />

25. Wolf Nathan 27.9.1865 Theresienstadt/<br />

Treblinka<br />

26. Wolf Nathan 28.1.1905 Minsk<br />

27. Wolf<br />

[Hayum]<br />

Sara 18.10.186<br />

7<br />

Theresienstadt/<br />

Treblinka<br />

Quelle:<br />

<strong>Trier</strong> vergisst nicht<br />

Nr. 1, 4, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 17, 18, 21, 22, 24, 25, 26, 27<br />

ushmm.org<br />

Nr. 2, 4, 11, 13, 15, 25, 26<br />

Bundesgedenkbuch<br />

Nr. 1, 3, 4, 5, 6, 10, 12, 13, 15, 17, 21, 22, 25<br />

Überlebende <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong><br />

1. Bonem Siegfried 1903 5.12.1974 USA<br />

2. Bonem Selma<br />

USA<br />

[Hayum]<br />

3. Bonem Sally USA<br />

4. Bonem Erna<br />

USA<br />

[Grumbach]<br />

5. Bonem Edward Enkel USA<br />

6. Hirschkorn Norbert 2.7.1921<br />

7. Hirschkorn Halina 25.10.1925<br />

8. Hirschkorn Jakob 1.1.1914<br />

9. Hirschkorn Paula 4.8.1919<br />

10. Reusch Marianne 29.7.1928<br />

39


[Elikan]<br />

11. Wachsmann Ella 4.12.1926 Kuba/USA<br />

12. Wachsmann Jakob 20.2.1924 Kuba<br />

13. Wachsmann Ludbert 18.6.1925 Kuba<br />

14. Wolf Martha 7.6.1913 USA<br />

(Katz)<br />

15. Wolf Cilli<br />

16. Wolf Donald<br />

17. Wolf Irene<br />

18. Wolf Moritz 10.7.1957 USA<br />

19. Wolf Ruth<br />

(Krigman)<br />

20. Wolf Siegfried 6.5.1982 USA<br />

21. Wolf Walter v. mit G.<br />

Meyer<br />

Familienanzeigen im “Aufbau” mit Bezug zu <strong>Wawern</strong><br />

Datum Name Art<br />

8.11.1946 Bonem Sigmund Trauer<br />

Bonem Lina<br />

Trauer<br />

[Hirsch]<br />

15.8.1947 Meyer Louis Dachau-<br />

Liste 10<br />

12.8.1949 Wolf Walter Hochzeit<br />

Meyer Gerda Hochzeit<br />

12.11.1948 Wolf Walter Verlobung<br />

Bamberger Gertrude Verlobung<br />

12.8.1949 Wolf Walter Hochzeit<br />

26.7.1957, S. 28 Wolf Moritz Trauer<br />

13.12.1974, S.24 Bonem Siegfried Trauer<br />

25.6.1982, S. 21 Wolf Siegfried Trauer<br />

17.6.1988, S. 27 Katz Martha Geburtstag<br />

22.5.1992, S. 19 Katz Martha Geburtstag<br />

40


Quelle: Aufbau vom 8.11.1946<br />

Quelle: Aufbau vom26.7.1957, S. 28<br />

41


Quelle: Aufbau vom 13.12.1974, S. 24<br />

Quelle: Aufbau vom 25.6.1982, S. 21<br />

42


Quelle: Aufbau vom 17.6.1988, S. 27<br />

Quelle: Aufbau vom 22.5.1992, S. 19<br />

Fotos<br />

43


Meyer, Louis<br />

Wolf, Eduard<br />

44


Norbert Hirschkorn<br />

Elikan-Reusch, Marianne<br />

Aus: <strong>Trier</strong>ische Landeszeitung vom 6.11.1973, S. 11<br />

45


Aufbau vom 1.2.1974, S. 4<br />

Die jüdische Schule <strong>Wawern</strong><br />

Seit wann erstmals in <strong>Wawern</strong> eine jüdische Schule betrieben<br />

wurde, wird aufgrund <strong>der</strong> spärlichen Dokumente weiterhin<br />

unbekannt bleiben. Vermutlich ist dieser Zeitpunkt nicht wesentlich<br />

von <strong>der</strong> frühesten Ansiedlung von <strong>Juden</strong> in <strong>Wawern</strong><br />

entfernt, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Mitte des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts liegt. 1 Ob Eltern<br />

o<strong>der</strong> Privatlehrer den Religionsunterricht erteilten, ist nicht<br />

mehr zu belegen. Die Praxis <strong>der</strong> Religionsweitergabe durch<br />

Eltern war in <strong>Wawern</strong> bereits um 1800 überwunden, denn vor<br />

1808 ist <strong>der</strong> jüdische Lehrer Meyer Kahn nachgewiesen. 2 Dieser<br />

Lehrer wird in einem Geburtsdokument seines Sohnes<br />

Joseph, dem späteren Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> (1808-1875),<br />

von 1808 „instituteur“ und in einem Sterbedokument seiner<br />

1 Vgl. Heidt/Lennartz: Fast vergessene Zeugen, S. 38.<br />

2 Kasper-Holtkotte, Cilli: <strong>Juden</strong> im Aufbruch, S. 365.<br />

46


Tochter Vogel von 1802 „maitre de ecole“ genannt. 3 Da <strong>der</strong><br />

<strong>aus</strong> Freudenburg stammende Kahn um 1799 die Witwe Bees<br />

Schmul-Levy in <strong>Wawern</strong> geheiratet hatte, hat seine Lehrertätigkeit<br />

vermutlich in diesem Jahr in <strong>Wawern</strong> begonnen und<br />

mit seinem frühen Tod im Jahre 1813 geendet. Als Ort <strong>der</strong><br />

jüdischen Schule, die heute noch als Gebäude existiert, ist das<br />

Anwesen Nr. 288, Sektion B, im Bungert, heute die Parzellennummer<br />

231, anzusehen. Wer nach 1813 in <strong>Wawern</strong> unterrichtete,<br />

ist unbekannt. Der berühmteste Schüler <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Zeit<br />

1814/15 bis 1822/23 ist <strong>der</strong> spätere Oberrabbiner von <strong>Trier</strong><br />

Joseph Kahn, <strong>der</strong> Sohn des jüdischen Lehrers Meyer Kahn und<br />

dessen Ehefrau Bees Kahn-Levy, <strong>der</strong> von 1815 bis 1820 in<br />

<strong>Wawern</strong> unterrichtet wurde 4 Erst 1845 wird wie<strong>der</strong> in <strong>Wawern</strong><br />

ein jüdischer Lehrer aktenkundig. 5 Dagegen wurde die jüdische<br />

Schule von <strong>Wawern</strong>, das damals <strong>zur</strong> Bürgermeisterei<br />

Kanzem gehörte, in den Jahren 1849 bis 1854 statistisch hinreichend<br />

erfasst. So lässt sich für 1849 die Zahl <strong>der</strong> schulpflichtigen<br />

Kin<strong>der</strong> genau bestimmen. Von den 18 jüdischen<br />

Kin<strong>der</strong>n besuchten alle die jüdische Schule, die von dem Vorsänger<br />

und Lehrer Simon Stern geleitet wurde. 6 Ein Jahr später<br />

wurden in <strong>Wawern</strong> fünf jüdische Kin<strong>der</strong> von dem Vorsänger<br />

und Lehrer Raphael Singer unterrichtet. 7 Derselbe Lehrer betreute<br />

im Jahre 1851 14 jüdische Kin<strong>der</strong>. Im Vermerk „werden<br />

jüdischen Kin<strong>der</strong>n Religionsunterricht erteilt“ ist <strong>der</strong> Name<br />

und die Funktion des Lehrers Singer angegeben: „Vorsänger<br />

3 Meldeamt Konz; vgl. Körtels, Willi: Oberrabbiner Joseph Kahn,<br />

S. 14/15.<br />

4 Ebda. Im Jahre 1823 lebten im Kreis Saarburg 125 jüdische Bürger,<br />

<strong>der</strong>en 18 Kin<strong>der</strong> von zwei rabbinisch geprüften Lehrern in drei<br />

Schulen unterrichtet wurden. Vgl. LHA Koblenz Best. 403, Nr.<br />

15222, S. 45.<br />

5 Manuskript <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von <strong>Wawern</strong>.<br />

6 LHA Koblenz Best. 442, Nr. 212, S. 66/67.<br />

7 Ebda., S.128/129.<br />

47


und Lehrer Raphael Singer zu <strong>Wawern</strong>.“ 8 Im Jahre 1852 nahmen<br />

19 Schüler am Unterricht des Lehrers Jacob teil. Ein<br />

Schüler besuchte die jüdische Schule in Oberemmel, vermutlich<br />

ein jüdischer Schüler <strong>aus</strong> Wiltingen. Der <strong>Wawern</strong>er Lehrer<br />

erteilte in diesem Jahr auch den sechs jüdischen Kin<strong>der</strong>n<br />

<strong>aus</strong> Saarburg den Religionsunterricht. 9 Im darauffolgenden<br />

Jahr wurden alle 13 jüdischen Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> christlichen Schule<br />

unterrichtet. Obwohl drei Kin<strong>der</strong> <strong>aus</strong> Saarburg im Fach Religion<br />

vom Lehrer in <strong>Wawern</strong> unterrichtet wurden, fehlt ein<br />

Vermerk zu Kanzem (<strong>Wawern</strong>). Auch in diesem Jahr besuchte<br />

ein Schüler die Schule in Oberemmel. 10 Für das Jahr 1854 sind<br />

15 Schüler nachgewiesen, von denen 15 die christliche und 11<br />

die jüdische Schule unter Leitung von Lehrer Meyer besuchten.<br />

Da die Gesamtzahl <strong>der</strong> jüdischen Kin<strong>der</strong> nur 15 beträgt,<br />

kann diese Angabe nicht stimmen Vermutlich umfasst die<br />

Gruppe <strong>der</strong> 11 jüdischen Kin<strong>der</strong>, die die jüdische Schule besuchten,<br />

nur die Schüler, die in <strong>Wawern</strong> am jüdischen Religionsunterricht<br />

teilnahmen. Lehrer Meyer hatte auch die beiden<br />

8 Ebda., S. S. 186/187.<br />

9 Ebda., S. 192/193. Zur Bürgermeisterei Kanzem gehörte auch <strong>der</strong><br />

Ort Wiltingen, in dem damals jüdische Bürger wohnten. Das in<br />

<strong>der</strong> Schule in Oberemmel unterrichtete Kind könnte <strong>aus</strong> Wiltingen<br />

stammen, da <strong>der</strong> Weg nach Oberemmel als weniger schwierig<br />

eingeschätzt wurde. Von Wiltingen nach <strong>Wawern</strong> wäre die Saar<br />

zu überwinden gewesen, was damals nur mit einer Fähre möglich<br />

war.- Die Gesamtzahl <strong>der</strong> jüdischen Schüler in <strong>der</strong> Bürgermeisterei<br />

Kanzem betrug 19 und die Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die die jüdische<br />

Schule besuchten, ebenfalls 19. Der Schüler, <strong>der</strong> in Oberemmel<br />

unterrichtet wurde, müsste zu den 19 Schülern hinzu gerechnet<br />

werden.<br />

10 LHA Koblenz Best. 442, Nr. 212, S. 260/26. Vermutlich ein Schüler<br />

<strong>aus</strong> Wiltingen, weil in diesen Jahren die jüdischen Bewohner<br />

<strong>aus</strong> Wiltingen <strong>der</strong> Synagogengemeinde Oberemmel angehörten.<br />

48


Heutiger Zustand <strong>der</strong> ehemaligen jüdischen Schule in <strong>Wawern</strong><br />

49


Schüler <strong>aus</strong> Saarburg unterrichtet. 11 Da um das Jahr 1854 die<br />

meisten jüdischen Elementarschulen <strong>der</strong> kleineren Orte in <strong>der</strong><br />

Region <strong>Trier</strong> <strong>aus</strong> finanziellen und organisatorischen Gründen<br />

aufgegeben wurden, könnte die statistische Information diesen<br />

Fall für <strong>Wawern</strong> schon für das Jahr 1854 bestätigen. Der jüdische<br />

Lehrer übernahm anschließend den Religionsunterricht in<br />

mehreren Gemeinden und war als Vorsänger und Schächter<br />

tätig.<br />

Im Jahre 1856 stellte <strong>der</strong> damalige Landrat Mersmann fest:<br />

„In Kirf, Freudenburg und <strong>Wawern</strong> wird <strong>der</strong> Religionsunterricht<br />

<strong>der</strong> schulpflichtigen <strong>Juden</strong>kin<strong>der</strong> durch eigene Religionslehrer<br />

erteilt, welche die an dem Synagogenbezirke beteiligten<br />

<strong>Juden</strong>schaft besoldet. Diese Lehrer haben nicht die gesetzliche<br />

Qualifikation <strong>zur</strong> Ausübung eines Elementar-Schulamtes, <strong>zur</strong><br />

Besoldung <strong>der</strong>artiger Personen sind die Interessenten (...) außer<br />

Stande. Soweit bekannt, wird <strong>der</strong> Religionsunterricht von<br />

Zeit zu Zeit kontrolliert, inwiefern hierdurch die nötige Fürsorge<br />

getroffen ist, weiß ich indessen nicht zu beurteilen.“ 12<br />

Aus einem Inspektionsbericht des Jahres 1868 wird deutlich,<br />

dass <strong>der</strong> jüdische Lehrer in <strong>Wawern</strong> noch deutschsprachige<br />

Texte mit hebräischen Buchstaben schreiben ließ. Die<br />

Behörden hätten diese „jüdisch-deutsche“ Schrift mit einigem<br />

Misstrauen gesehen, weil sie für die nichtjüdische Bevölkerung<br />

unverständlich war und neben Missverständnissen eine<br />

11 Ebda., S. 320/321. Die Kooperation <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von <strong>Wawern</strong> und<br />

Saarburg bezog sich auch auf die gemeinsame Nutzung des Friedhofs<br />

in Nie<strong>der</strong>leuken. Über die <strong>Juden</strong> in Saarburg vgl. den Beitrag<br />

von Rudolf Müller: Die <strong>Juden</strong>gemeinde, in Saarburg. <strong>Geschichte</strong><br />

einer Stadt, Bd. I, S. 25-30. Um 1900 suchte die jüdische Gemeinde<br />

Saarburg einen eigenen Religionslehrer, wie <strong>aus</strong> einer Anzeige<br />

in „Der Israelit“ zu ersehen ist. Vgl. Der Israelit vom 27.9.1900.<br />

12 LHA Koblenz Best. 442, Nr. 14099, S. 24, zitiert nach Heidt/<br />

Lennartz: „Fast vergessene Zeugen“, S. 391.<br />

50


gewisse Abson<strong>der</strong>ung des jüdischen Teils <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

begünstige. 13<br />

Bestätigt wird durch diese beiden Texte, dass in <strong>Wawern</strong><br />

weiterhin ein Lehrer eingesetzt war. Offenbar wurde nach<br />

1856 wie<strong>der</strong> eine jüdische Elementarschule unterhalten, wie<br />

<strong>der</strong> Inspektionsbericht von 1868 und ein Konflikt <strong>aus</strong> dem<br />

Jahre 1870 zwischen dem katholischen Pfarrer des Ortes und<br />

dem jüdischen Lehrer nahe legen. Der Oberrabbiner von <strong>Trier</strong>,<br />

<strong>der</strong> <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong> stammt, wandte sich an den Landrat des Kreises<br />

Saarburg mit <strong>der</strong> Bitte, den Konfliktfall in <strong>Wawern</strong> <strong>der</strong><br />

Regierung vorzutragen, damit diese das Bischöfliche Generalvikariat<br />

um Vermittlung ersuche. Der Ortsgeistliche Heyart<br />

hatte die jüdische Privatschule verpflichtet, sich in Hinsicht<br />

des wöchentlichen Stundenplans und <strong>der</strong> Ferienregelung <strong>der</strong><br />

christlichen Schule anzuschließen und auch am Freitagnachmittag<br />

zu unterrichten. Der jüdische Lehrer hatte dies abgelehnt,<br />

weil am Freitagnachmittag <strong>der</strong> Sabbatgottesdienst vorbereitet<br />

werden müsse. Die Regierung in <strong>Trier</strong> antwortete am<br />

26. März 1870 mit folgen<strong>der</strong> Lösung des Streitfalles: „Da die<br />

Israeliten in <strong>Wawern</strong> eine eigene Schule auf ihre Kosten erhalten,<br />

so steht diese in den innern Angelegenheiten, wie überall,<br />

nur unter <strong>der</strong> Aufsicht des betreffenden Schulinspektors, keineswegs<br />

aber unter <strong>der</strong> Aufsicht des Ortspfarrers, welcher<br />

letztere daher auch nicht berechtigt ist, dem Lehrer Vorschriften<br />

zu machen. Wenn <strong>der</strong> israelitische Lehrer Richard nun <strong>aus</strong><br />

Kultusrücksichten am Freitagnachmittag keinen Unterricht<br />

erteilt, so liegt durch<strong>aus</strong> kein Grund vor, ihm dies zu untersagen<br />

(...)“ 14<br />

Ein recht ungewöhnlicher Vorgang stellt die Bewerbung<br />

des Kantors und Religionslehrers Samuel Philippson <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong><br />

im Jahre 1879 dar. Während in <strong>der</strong> Regel die jüdischen<br />

Gemeinden in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> nach einem Religionslehrer<br />

13 Esperstedt, Joachim: Jüdische Schulen, in: Die <strong>Juden</strong> in ihrem<br />

gemeindlichen und öffentlichen Leben, S. 187.<br />

14 LHA Koblenz Best. 442, Nr. 13247, S. 77-78.<br />

51


und Kantor Ausschau halten, wird in diesem Falle <strong>der</strong> Kandidat,<br />

vielleicht sogar <strong>der</strong> Stelleninhaber, selbst aktiv, um an<br />

einem an<strong>der</strong>en Ort tätig zu werden. Samuel Philippson verweist<br />

in seiner Stellenanzeige auf die Referenzen „Seiner<br />

Ehrwürden Herr Rabbiner Dr. Ehrmann“ in <strong>Trier</strong>. 15<br />

Die jüdische Gemeinde <strong>Wawern</strong> hatte im Jahre 1885 75<br />

Mitglie<strong>der</strong>. 16<br />

Im Jahre 1925 bewarb sich Ferdinand Samuel (1901-1987),<br />

geb. in Freudenburg, um eine Religionslehrerstelle in verschiedenen<br />

kleineren jüdischen Gemeinden des <strong>Trier</strong>er Landes,<br />

u.a. auch <strong>Wawern</strong>. In seinem Bewerbungsschreiben an die<br />

Regierung in <strong>Trier</strong> heißt es: „Ergebenst Unterzeichneter möchte<br />

bei einer hohen Regierung beantragen, gestützt auf beiliegen<strong>der</strong><br />

Zeugnisabschrift und gestützt auf das Gutachten Seiner<br />

Ehrwürden des Herrn Oberrabbiners Dr. Altmann in <strong>Trier</strong>,<br />

eine hohe Regierung in <strong>Trier</strong> wolle mir gütigst die Berechtigung<br />

erteilen, an die jüdischen Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gemeinden Gerolstein,<br />

Kyllburg, Konz, Könen, <strong>Wawern</strong>, Kirf, Freudenburg,<br />

Hermeskeil und Schillingen Religionsunterricht zu erteilen. 17<br />

Der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung nahm<br />

seine Bewerbung an und wies die Regierung in <strong>Trier</strong> am 7.<br />

August 1925 an, „dem Ferdinand Samuel <strong>aus</strong> Freudenburg,<br />

Kreis Saarburg, <strong>zur</strong> Erteilung von jüdischem Religionsunterricht<br />

an jüdische Kin<strong>der</strong> in den Gemeinden Gerolstein, Kyllburg,<br />

Freudenburg, Kirf, <strong>Wawern</strong>, Konz, Könen, Hermeskeil<br />

und Schillingen den Privatunterrichtserlaubnisschein zu erteilen.“<br />

18 Im Jahre 1930 ist für den Religionsunterricht in <strong>Wawern</strong><br />

<strong>der</strong> in Freudenburg wohnende Wan<strong>der</strong>lehrer Heimann<br />

zuständig. 19 Noch 1935 besuchen die jüdischen Kin<strong>der</strong> von<br />

15 Der Israelit vom 15.10.1879, zitiert nach alemannia-judaica Suchwort<br />

Synagoge <strong>Wawern</strong> 26.11.10.<br />

16 Gemeindelexikon für die Provinz Rheinland 1888, S. 174/175.<br />

17 LHA Koblenz Best. 442, Nr. 13247, S. 125.<br />

18 LHA Koblenz Best. 442, Nr. 13247, S. 141<br />

19 Der Israelit vom 13.11.1930, zitiert nach alemannia-judaica<br />

52


<strong>Wawern</strong> die allgemeine Volksschule von <strong>Wawern</strong>, die von<br />

Lehrer Die<strong>der</strong>ich geleitet wurde, wie ein Foto vom Oktober<br />

dieses Jahres zeigt. Zu sehen sind die Schüler Erna Hirschkorn,<br />

Kurt Levy, Christine Glückstein, Jakob Wachsmann,<br />

Otto Glückstein, Ella Wachsmann, Marianne Elikan, Benno<br />

Levy, Herta Kahn und Felix Kaufmann. 20<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Opfer des Holoc<strong>aus</strong>t <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong> ist noch<br />

nicht abschließend geklärt. Von Überlebenden <strong>der</strong> <strong>Wawern</strong>er<br />

<strong>Juden</strong> finden sich vier Familienanzeigen im „Aufbau“ 21<br />

Der <strong>Trier</strong>er Oberrabbiner Joseph Kahn, 1809-1875.<br />

Eine biographische Skizze<br />

Text auf den folgenden Seiten!<br />

25.11.10.<br />

20 Heidt/Lennartz: Fast vergessene Zeugen, S. 399. Zu Marianne<br />

Elikan vgl. Schnitzler, Thomas: „Das Leben ist ein Kampf“ <strong>Trier</strong><br />

2008.<br />

21 Schwer: Was ist <strong>aus</strong> ihnen geworden? S. 60, 62, 67, 69.<br />

53


Inhaltsangabe<br />

. Thematik Seite<br />

1. Joseph Kahn: ein europäischer Avantgardist 55<br />

2. Vorwort des Verfassers 57<br />

3. Biographischer Forschungsstand 59<br />

4. In Fachkreisen bekannt und gewürdigt 62<br />

5. Neuere Erkenntnisse <strong>zur</strong> Biographie:<br />

Die Eltern 64<br />

Ausbildung 68<br />

Studium 69<br />

Amtseinführung 74<br />

Familiengründung 76<br />

In Luxemburg 82<br />

6. <strong>Wawern</strong>, das Heimatdorf von Joseph Kahn: ein 85<br />

Modell für Toleranz und Menschlichkeit<br />

7. Joseph Kahn, <strong>der</strong> Reformer des <strong>Juden</strong>tums 88<br />

8. Joseph Kahn und <strong>der</strong> preußische Staat 92<br />

9. Joseph Kahn und <strong>der</strong> Synagogenbau in <strong>der</strong> Region<br />

100<br />

<strong>Trier</strong><br />

10. För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> jüdischen Schulen 113<br />

11. Der jüdische Sprengel <strong>Trier</strong> 122<br />

.12. Ein Predigtbeispiel 126<br />

13. Das silberne Amtsjubiläum am 15./16. Dezember 134<br />

1866<br />

14. „Kahns Bade- und Reiseberichte“ 137<br />

15. Warum heute an Joseph Kahn erinnern? 140<br />

16. Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in <strong>der</strong> Weidegasse<br />

148<br />

in <strong>Trier</strong><br />

17. Kurzbiographie 149<br />

18. Quellen und Literatur 150<br />

19. Fotos 153<br />

20. Anhang 153<br />

54


Joseph Kahn: ein europäischer Avantgardist<br />

Zugegeben: es ist eine gewagte Hypothese, zumal Europa<br />

als geographisches und politisches Gebilde noch nicht existierte,<br />

als Joseph Kahn im Jahre 1809 in <strong>Wawern</strong> an <strong>der</strong> Saar geboren<br />

wurde. Viele Kriege und gr<strong>aus</strong>ame Verbrechen mussten<br />

die Völker <strong>der</strong> heutigen europäischen Län<strong>der</strong> erleben, damit<br />

endlich ihre Regierungen Pläne für ein friedliches und tolerantes<br />

Europa schmieden konnten. Dennoch ohne die Grundgedanken<br />

<strong>der</strong> europäischen Aufklärung und <strong>der</strong> französischen<br />

Revolution - Freiheit, Gleichheit und Brü<strong>der</strong>lichkeit - und jene<br />

Hoffnung auf eine reale Gleichbehandlung aller Bürger, die<br />

Joseph Kahn so tief prägte, gebe es vermutlich noch keine<br />

Verwirklichung <strong>der</strong> europäischen Utopie.<br />

Das Buch von Willi Körtels versetzt uns fachlich und einfühlsam<br />

in jene spannende Epoche <strong>der</strong> Hoffnung auf eine gerechtere<br />

Gesellschaft, die ein jüdischer Bürger - Joseph Kahn -<br />

als Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> 30 Jahre lang intellektuell und<br />

menschlich mitgestaltete. Joseph Kahn, das beweist <strong>der</strong> Autor,<br />

war ein Mensch, <strong>der</strong> für seine emanzipatorischen Ideen unermüdlich<br />

und behutsam kämpfte. Gegen den preußischen Staat,<br />

<strong>der</strong> die Gleichbehandlung aller Bürger - jenseits ihrer konfessionellen<br />

und politischen Zugehörigkeit - nicht verwirklichen<br />

wollte, gegen die <strong>Trier</strong>er Gegner eines aufgeklärten Zusammenlebens<br />

zwischen <strong>Juden</strong> und Christen. Aber auch gegen<br />

seine jüdischen Zeitgenossen, die <strong>der</strong> religiösen und politischen<br />

Tradition verpflichtet waren.<br />

Mit großer innerer Anteilnahme las ich, dass Josef Kahn im<br />

Jahre 1844 die <strong>Wawern</strong>er Synagoge einweihte und die Würdenträger<br />

des <strong>Juden</strong>tums und des Katholizismus <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er<br />

und Luxemburger Region zu diesem Anlass einan<strong>der</strong> trafen.<br />

Die jüdische und katholische Bevölkerung <strong>Wawern</strong>s empfing<br />

herzlich die zahlreichen Gäste von <strong>der</strong> Mosel, von <strong>der</strong><br />

Saar und <strong>aus</strong> Luxemburg, um das wichtige Ereignis zusammen<br />

zu feiern.<br />

55


Heute ist die <strong>Wawern</strong>er jüdische Gemeinde <strong>aus</strong>gelöscht.<br />

Ihr geistliches Gedankengut sowie die europäischen Utopien<br />

unserer Vorfahren leben jedoch weiter. Auch das heutige Europa,<br />

das uns immer noch mit einer langen Vergangenheit<br />

verbindet, braucht zukunftsweisende Vorbil<strong>der</strong>. Mögen heute<br />

junge Bewohner <strong>Wawern</strong>s u.a. auf den Spuren von Joseph<br />

Kahn Impulse für neue Hoffnungen und Sehnsüchte nach einem<br />

innigen Zusammenleben in Europa des XXI. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

finden, über die bloßen wirtschaftlichen Interessen und die<br />

kulturellen Unterschiede hin<strong>aus</strong>, die eigentlich eine Bereicherung<br />

für alle sind. Vor<strong>aus</strong>gesetzt, man verfügt über Neugierde<br />

für An<strong>der</strong>sdenkende und -fühlende. Zur Vertiefung einer gemeinsamen<br />

europäischen Identität, die gleichzeitig Kontinuität<br />

und Fortschritt ermöglicht und die außereuropäischen Völker<br />

einbezieht, ist es ein Muss.<br />

Joseph Kahns Ideen for<strong>der</strong>n her<strong>aus</strong> und drängen uns Heutige,<br />

das Zusammenwachsen Europas anzunehmen.<br />

Dr. Pascale Eberhard, <strong>Wawern</strong><br />

56


Vorwort des Verfassers<br />

Der För<strong>der</strong>verein Synagoge Könen e.V. gründete sich im<br />

Jahre 2002 mit <strong>der</strong> Absicht, auf die kaum mehr erinnerte jüdische<br />

Kultur im Raum Konz aufmerksam zu machen. Die<br />

Grün<strong>der</strong> dieses Vereins waren sich darin einig, dass eine Jahrhun<strong>der</strong>te<br />

währende jüdische Kultur in <strong>der</strong> Region Konz wahrgenommen<br />

und angenommen werden will, weil sie <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

gehört. Die Mitglie<strong>der</strong> dieses Vereins sind sich <strong>der</strong><br />

Schwierigkeiten bewusst, die sich mit <strong>der</strong> Aufarbeitung jüdischer<br />

<strong>Geschichte</strong> ergeben. Nach Jahrzehnten des Verschweigens<br />

und Verdrängens begrüßen nicht alle Bürger die Beschäftigung<br />

mit dieser Thematik. Anlässlich früherer Veröffentlichungen<br />

konnten wir beobachten, dass es kein einheitliches<br />

Bewusstsein gibt: die einen möchten nicht erinnert werden,<br />

weil sie sich an den Zustand <strong>der</strong> Verdrängung gewöhnt haben,<br />

und die an<strong>der</strong>n begrüßen es freudig, dass sie endlich informiert<br />

werden. Es handelt sich nicht so sehr um eine Problematik <strong>der</strong><br />

verschiedenen Generationen, denn zu den Befürwortern und<br />

Ablehnenden <strong>der</strong> regionalen historischen Aufklärung <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> gehören Alte und Junge.<br />

Inzwischen existiert eine Tafel, die an die Synagogen <strong>der</strong><br />

Region Konz erinnert. Zur <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> jüdischen Gemeinden<br />

Oberemmel und Könen liegt jeweils ein Buch vor. Schautafeln<br />

zu den Kin<strong>der</strong>n von <strong>Wawern</strong>, welche die Reichspogromnacht<br />

erlebten, zum Schicksal einer jüdischen Person <strong>aus</strong><br />

Könen und zu den <strong>Juden</strong> <strong>aus</strong> Konz wurden <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

vorgestellt. Am jüdischen Friedhof in Oberemmel wurde 1997<br />

eine Gedenktafel enthüllt. Im Rahmen des Europäischen Tages<br />

<strong>der</strong> Jüdischen Kultur werden alle zwei Jahre Führungen auf<br />

den jüdischen Friedhöfen in Könen und in Oberemmel angeboten.<br />

Zur Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 fanden<br />

zwei Klezmer-Konzerte in <strong>der</strong> restaurierten Synagoge von<br />

<strong>Wawern</strong> statt. Außerdem hat <strong>der</strong> För<strong>der</strong>verein Synagoge Könen<br />

e.V. Vorträge und öffentliche Führungen <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Region Konz angeboten. Alle Veranstaltun-<br />

57


gen wurden von <strong>der</strong> Presse in Bericht o<strong>der</strong> Reportageform<br />

begleitet. Im Rahmen <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> jüdischen Kultur<br />

<strong>der</strong> Region Konz wurde die <strong>Trier</strong>er Lyrikerin Elise Haas entdeckt,<br />

<strong>der</strong>en Biographie als Buch 2008 veröffentlicht wurde.<br />

In dieser Publikation über Joseph Kahn, die im Rahmen <strong>der</strong><br />

Erforschung <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von <strong>Wawern</strong> entstand,<br />

geht es um eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die vor 200<br />

Jahren in <strong>Wawern</strong> geboren wurde und in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> und<br />

weit darüber hin<strong>aus</strong> segensreich als Oberrabbiner gewirkt hat.<br />

Die Erforschung dieser weitgehend unbekannten Persönlichkeit<br />

unterstützten das Stadtarchiv <strong>Trier</strong> unter <strong>der</strong> Leitung<br />

von Dr. Reiner Nolden, das Stadtarchiv <strong>der</strong> Stadt Leer in Ostfriesland,<br />

das Standesamt Konz unter <strong>der</strong> Leitung von Frau<br />

Schwebach, das Standesamt Saarburg, die Archive <strong>der</strong> Universitäten<br />

Heidelberg und Bonn, das joods historisch museum<br />

Amsterdam, das Stadsarchief Amsterdam und das Antiquariat<br />

Spinoza in Amsterdam. Oberstudienrat Andreas Vaske übersetzte<br />

die standesamtlichen Dokumente in französischer Sprache<br />

ins Deutsche. Dr. Hans-Joachim Kann lektorierte das Manuskript.<br />

Die erfahrene Hilfe, auch von nicht namentlich erwähnten<br />

Personen und Institutionen, ging weit über die bürokratische<br />

Pflicht hin<strong>aus</strong>. Allen sei herzlich gedankt.<br />

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Richard Almond, ein<br />

Nachfahre von Joseph Kahn, <strong>aus</strong> Palo Alto in Californien, <strong>der</strong><br />

uns Fotos von lithographischen Aufnahmen von Joseph und<br />

Rebecca Kahn u.a. <strong>zur</strong> Verfügung stellte.<br />

Unterschrift von Oberrabbiner Joseph Kahn<br />

58


Biographischer Forschungsstand<br />

Eine <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von <strong>Wawern</strong> zu schreiben, ohne<br />

an Joseph Kahn zu erinnern, ist nicht denkbar, denn von keiner<br />

an<strong>der</strong>en Person <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde <strong>Wawern</strong> des neunzehnten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts ist mehr überliefert als von ihm. So erinnert<br />

ein Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof in <strong>der</strong> Weidegasse<br />

in <strong>Trier</strong> noch heute an <strong>Trier</strong>er Oberrabbiner. 1 Außerdem<br />

widmet das Internet-Lexikon „Jewish-Encyclopedia“ Joseph<br />

Kahn einen kleinen Beitrag, <strong>der</strong> von Isidor Singer und Siegmund<br />

Salfeld bearbeitet wurde. 2 Das im Jahre 2000 von Heinz<br />

Monz her<strong>aus</strong>gegebene „<strong>Trier</strong>er Biographische Lexikon“ stellt<br />

Joseph Kahn in einem Artikel vor, den Annette Haller, die<br />

Autorin des Werkes über den Jüdischen Friedhof in <strong>der</strong> Weidegasse,<br />

verfasste. 3 Die erste Bibliographie <strong>der</strong> Veröffentlichungen<br />

von Joseph Kahn findet sich in <strong>der</strong> von Mayer Kayserling<br />

1872 in Berlin her<strong>aus</strong>gegebenen „Bibliothek Jüdischer<br />

Kanzelredner“. 4 Von Joseph Kahn sind in diesem Artikel folgende<br />

im Druck erschienene Predigten erwähnt:<br />

1. Rede gehalten bei dem beson<strong>der</strong>n Gottesdienst, <strong>zur</strong><br />

Ehre S. Maj. Unseres Königs und Großherzogs Wilhelm<br />

II., bei Allerhöchst<strong>der</strong>selben Anwesenheit in unserer<br />

Stadt Luxemburg am 21. Juni (1840) (Luxemburg).<br />

2. Das Passah- als Versöhnungsfest. Predigt, gehalten in<br />

<strong>der</strong> Synagoge zu Saarlouis am Sabb[ath] vor dem Passahfeste<br />

5601 (1841). Saarbrücken 1841.<br />

1 Haller, Annette: Der Jüdische Friedhof in <strong>der</strong> Weidegasse in <strong>Trier</strong>,<br />

S. 52.<br />

2 http://www.jewishencyclopedia.com/view.jsp?artid=24&letter=K<br />

3 <strong>Trier</strong>er Biographisches Lexikon, S. 207/208.<br />

4 http://www.jewishencyclopedia.com/view.jsp?artid=24&letter=K;<br />

Ebenda. Eine Kopie dieses Beitrags stellte freundlicherweise das<br />

Antiquariat Spinoza in Amsterdam <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

59


3. Die Bestrebungen <strong>der</strong> neuen Rabbiner zielen nur darauf<br />

hin, das wahre alte <strong>Juden</strong>thum wie<strong>der</strong> herzustellen.<br />

Predigt, gehalten bei seinem Amtsantritt am S.<br />

Bajigasch 5602 (18. Dezember 1841). <strong>Trier</strong> 1842<br />

4. Der christlich-bürgerliche Neujahrstag für den Israeliten.<br />

Vortrag, gehalten in <strong>der</strong> Synagoge zu <strong>Trier</strong> am S.<br />

Waera 5603 (31. Dezember 1842). <strong>Trier</strong> o.J.<br />

5. Leichenrede, gehalten am Grabe des Herrn Joseph<br />

Penas, am 19. Februar 1855. <strong>Trier</strong> 1855<br />

6. Die Feier <strong>der</strong> Einweihung <strong>der</strong> neuen Synagoge zu<br />

<strong>Trier</strong>, am 9. und 10. September 1859. <strong>Trier</strong> 1860 (Enthält:<br />

Die Einweihungsrede und die Rede beim Sabbath-Morgen-Gottesdienste)<br />

7. „Je<strong>der</strong> bei seiner Fahne!“ Predigt, gehalten in <strong>der</strong> Synagoge<br />

zu <strong>Trier</strong> an den beiden Tagen des Schabuothfestes<br />

5623 (24. und 25. Mai 1863). <strong>Trier</strong> 1863<br />

8. Gott, <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Waisen! Rede <strong>zur</strong> Einweihung des<br />

jüdischen Waisenh<strong>aus</strong>es für Westphalen und Rheinland<br />

am 29. August 1863 in <strong>der</strong> Synagoge zu Pa<strong>der</strong>born.<br />

Pa<strong>der</strong>born 1863<br />

9. Liebe und Versöhnung nach <strong>der</strong> Lehre des <strong>Juden</strong>thums.<br />

Predigt, gehalten am Vorabend des Versöhnungstages<br />

5626 (1865). <strong>Trier</strong> 1866<br />

10. Kampf, Sieg und Friede! Rede bei dem feierlichen<br />

Dank-Gottesdienst für den errungenen glorreichen<br />

Frieden, gehalten in <strong>der</strong> Synagoge zu <strong>Trier</strong> am 18. Juni<br />

1871. Aachen o.J. 5<br />

Aus dem Jahre 1872 ist außerdem eine publizierte Predigt<br />

bekannt sowie eine Denkschrift, die 1874, also nach <strong>der</strong><br />

Drucklegung des bibliographischen Werkes von Kayserling,<br />

veröffentlicht wurde. 6 Aufgrund seines Bekanntheitsgrades ist<br />

5 Kayserling: Bibliothek jüdischer Kanzelredner, S. 299-300. Eine<br />

Kopie dieses Beitrags stellte mir freundlicherweise das Antiquariat<br />

Spinoza in Amsterdam <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

6 joods historisch museum Amsterdam, vgl. ttp://www.jhm.nl/bezoek<br />

60


die Tätigkeit von Oberrabbiner Kahn <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> in sechs jüdischen<br />

Zeitschriften gut dokumentiert. Es handelt sich um die<br />

„Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>tums“, „Der Orient“, „Der Israelit“,<br />

die „Israelitischen Annalen“ und um „Ben Chananja“.<br />

Während die „Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>tums“ die gesamte<br />

Zeitspanne seines Rabbinats von 1840 bis 1875 umfasst,<br />

enthält „Der Orient“ Beiträge <strong>aus</strong> den Jahren 1840 bis 1846,<br />

„Der Israelit“ Artikel <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Zeit von 1844 bis 1847, und in<br />

„Ben Chananja“ finden sich Berichte <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Zeit von 1860 bis<br />

1867. Insgesamt liegen 140 Zeitschriftenbeiträge vor, von<br />

denen allein 61 in <strong>der</strong> „Allgemeinen Zeitung des <strong>Juden</strong>tums“<br />

erschienen sind, zehn in „Der Orient“, vierzehn in „Der Israelit“,<br />

fünfzehn in „Israelitischen Annalen“ und sechsundzwanzig<br />

in „Ben Chananja“. Zwei Artikel <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Zeitschrift „Ben<br />

Chananja“ wurden in <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen jüdischen Zeitschrift<br />

„Nieuw Isr. Weekblad“ abgedruckt. Darüber hin<strong>aus</strong><br />

finden sich weitere Beiträge in dieser Zeitung, die nicht vorher<br />

in deutscher Sprache veröffentlicht worden waren, z.B. eine<br />

Predigt <strong>aus</strong> dem Jahre 1865, in <strong>der</strong> Joseph Kahn Stellung<br />

nimmt gegen antisemitische Aussagen eines katholischen<br />

Kongresses in <strong>Trier</strong>, insgesamt vier. 7 Die Zeitschrift „Der israelitische<br />

Volkslehrer“ enthält sieben Beiträge und die Zeitschrift<br />

„Die Neuzeit“ zwei zu Oberrabbiner Kahn. 8 Die bisher<br />

entdeckten Zeitschriftenartikel sind in ihrem Umfang sehr<br />

vom 23.12.2008; es handelt sich um die „Denkschrift, die gesetzliche<br />

Regelung des jüdischen Gemeinwesens. betreffend“, <strong>Trier</strong> 1874, nach<br />

Angaben des Leo-Baeck-Instituts New York, Suche im Catalog Nr.1 vom<br />

8.2.2009.<br />

7 Nieuwe Israel. Weekblad 1865, Nr. 14, S. 2. Dieser Beitrag liegt dem Verfasser<br />

als Kopie des joods historisch museum Amsterdam vor. Auch die<br />

Allgemeinen Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 4.10.1865, S. 664/665 weist auf<br />

antisemitische Aussagen des Kongresses katholischer Vereine Deutschlands<br />

in <strong>Trier</strong> hin. Die in <strong>der</strong> holländischen Ausgabe angekündigte Veröffentlichung<br />

trägt den Titel „ Jüdische Liebe und Versöhnung“ und ist 1866<br />

publiziert worden. Vgl. Kayserling: Bibliothek jüdischer Kanzelredner,<br />

S. 300.<br />

8 Der israelitische Volkslehrer, 1858, 1859, 1860; Die Neuzeit 1870,<br />

1875.<br />

61


unterschiedlich. Sie reichen von wenige Zeilen umfassenden<br />

Texten bis zu mehrteiligen Abhandlungen. Die große Zahl <strong>der</strong><br />

während seiner Amtszeit als Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> in Zeitschriften<br />

erschienenen Texte und gedruckten Predigten erweist<br />

Joseph Kahn als <strong>aus</strong>dauernd fleißigen religiösen Schriftsteller.<br />

Im Jahre 2004 erschien das von Michael Brocke und Julius<br />

Carlebach her<strong>aus</strong>gegebene „Biographische Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner“,<br />

das erstmals umfangreich über die Publikationen, die<br />

Dokumente und die Literatur zu Oberrabbiner Joseph Kahn<br />

informiert. Die Liste <strong>der</strong> Publikationen von Kayerling erfährt<br />

in diesem neueren Werk eine Ergänzung:<br />

1. Gutachten zugunsten Abraham Geigers, 18. November<br />

1842, in Rabbinische Gutachten über die<br />

Verträglichkeit <strong>der</strong> freien Forschung, Bd. II, S. 12-<br />

44<br />

2. Über Zweck und Wesen <strong>der</strong> Rabbiner-Versammlung,<br />

<strong>Trier</strong> 1845. 9<br />

In Fachkreisen bekannt und gewürdigt<br />

Obwohl in allen einschlägigen wissenschaftlichen Werken die<br />

Herkunft von Joseph Kahn <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong>, einem Dorf an <strong>der</strong><br />

unteren Saar mit einer jüdischen Synagogengemeinde, genannt<br />

wird, ist er in seinem Geburtsort so gut wie unbekannt. Deswegen<br />

könnte es ratsam sein, auf die bisher veröffentlichten<br />

Würdigungen einzugehen. Die bedeutende jüdische Enzyklopädie<br />

„Jewish-Encyclopedia“ weist in einem eigenen Beitrag<br />

auf Joseph Kahn hin. Dieser Artikel erwähnt die unglücklichen<br />

Lebensumstände, die <strong>der</strong> am 2. September 1809 in <strong>Wawern</strong><br />

geborene Joseph Kahn in seinen frühen Lebensjahren erfahren<br />

musste. Sein Vater, Lehrer und Kantor, sei früh gestorben und<br />

ein Sturz vom Pferd habe den Jungen Joseph Kahn daran ge-<br />

9 Biographisches Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner, S. 500-502.<br />

62


hin<strong>der</strong>t, sein Leben als Pferdehändler zu bestreiten. Stattdessen<br />

sei er nach Metz gezogen, um bei Meir Legard den Talmud zu<br />

studieren. Unter Jacob Ettlinger habe er seine Studien in<br />

Mannheim fortgesetzt. Danach habe er in Heidelberg und in<br />

Bonn an <strong>der</strong> Universität mit Erfolg studiert. Danach habe er<br />

dreißig Jahre das Oberrabbinatsamt in <strong>Trier</strong> inne gehabt, habe<br />

an den Rabbinerkonferenzen in Frankfurt a.M., in Breslau und<br />

in Kassel teilgenommen. Er sei ein eloquenter Prediger gewesen.<br />

10 Annette Haller berichtet in ihrem Beitrag zu Joseph<br />

Kahn im „<strong>Trier</strong>er Biographischen Lexikon“, dass er noch vor<br />

seiner Rabbinatszeit im Jahre 1841 am Pessachfest vor dem<br />

König-Großherzog Wilhelm II. <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lande in Luxemburg<br />

die Festrede gehalten habe. Als Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> habe<br />

er sich für die vernachlässigte Schulbildung, für die Reformierung<br />

des Gottesdienstes und für den Neubau <strong>der</strong> baufälligen<br />

Synagoge in <strong>der</strong> Weberbach eingesetzt. Die neue Synagoge<br />

am Zuckerberg sei schließlich 1859 eingeweiht worden. 11 In<br />

ihrem Werk „Der Jüdische Friedhof in <strong>der</strong> Weidegasse in<br />

<strong>Trier</strong>“ ergänzt die Autorin ihre Würdigung <strong>der</strong> Leistungen von<br />

Oberrabbiner Kahn, er sei „äußerst beliebt, einfühlsam und<br />

bescheiden, immer für seine Gemeindemitglie<strong>der</strong> <strong>zur</strong> Stelle“<br />

und im Umgang mit den christlichen Behörden beliebt und<br />

angesehen gewesen. Er habe sich dem Geiste <strong>der</strong> Emanzipation<br />

verschrieben, er habe sich für den politischen und religiösen<br />

Fortschritt des <strong>Juden</strong>tums eingesetzt, er sei ein treuer<br />

Geistlicher und ein Wohltäter <strong>der</strong> Armen, ein Vater den Witwen<br />

und Waisen gewesen. Man habe seinen Worten in tiefer<br />

Andacht gel<strong>aus</strong>cht. 12<br />

10 http://www.jewishencyclopedia.com/view.jsp?artid=24&letter=K;<br />

zu Jakob Ettlinger vgl. dessen Biographie von Jeanette Str<strong>aus</strong>s Almstad<br />

und Matthias Wolfers im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon,<br />

(www.bautz.de).<br />

11 <strong>Trier</strong>er Biographisches Lexikon, S. 207/208; vgl. auch Israelitische Annalen<br />

vom 6.8.1841, S. 255; als Bewerber für das Amt des Oberrabbiners<br />

von <strong>Trier</strong> predigte er mehrmals in Saarlouis. Vgl. Allgemeine Zeitung des<br />

<strong>Juden</strong>thums, 14.11.1840, S. 656.<br />

12 Haller, Annette: Der jüdische Friedhof an <strong>der</strong> Weidegasse in <strong>Trier</strong>,<br />

63


Neuere Erkenntnisse <strong>zur</strong> Biographie<br />

Weniger bekannt sind dagegen allgemeine biographische<br />

Kenntnisse zu Joseph Kahn. So war bisher nichts über seine<br />

Wohnung in <strong>Trier</strong> und seine Eltern zu erfahren. Mit wem er<br />

verheiratet war und wie seine Kin<strong>der</strong> hießen, ist erst seit dem<br />

Erscheinen des 2004 erschienenen Biographischen Handbuchs<br />

<strong>der</strong> Rabbiner bekannt.<br />

Die Eltern<br />

Der Vater von Joseph Kahn hieß Mayer Kahn und stammte<br />

<strong>aus</strong> Freudenburg. Er war bei <strong>der</strong> Geburt seines Sohnes Joseph<br />

im Jahre 1809 37 Jahre alt. Er wurde also im Jahre 1772 geboren.<br />

Sein Beruf wird mit „instituteur“ angegeben, welches mit<br />

Lehrer und Vorbeter übersetzt wird. Joseph Kahns Mutter<br />

heißt Bees, geb. Levy. Zeugen des Geburtsdokuments sind<br />

Emanuel Simon, Lehrer und Vorbeter, <strong>aus</strong> Könen und Johann<br />

Bidinger, Landwirt, <strong>aus</strong> Konz. 13 Die Namensangaben zu Joseph<br />

Kahns Vater werden im Heiratsregister <strong>der</strong> Stadt Leer,<br />

wo Joseph Kahn 1844 heiratete, bestätigt. Der Vorname seiner<br />

Mutter ist auch in diesem Dokument „Bees“, <strong>der</strong><br />

S. XXI./XXII; ebenso Ben Chananja vom 15.1.1867, S. 43: umfangreiche<br />

Würdigung Joseph Kahn nach einem Bericht des Schweicher Lehrers<br />

Michael Levy; ebenso <strong>der</strong> Nachruf in <strong>der</strong> Allgemeinen Zeitung des <strong>Juden</strong>thums<br />

vom 27.7.1875, S. 492ff.<br />

13 Geburtsurkunde von Joseph Kahn, Meldebehörde Konz. Zeugen dieses<br />

Dokuments sind ein jüdischer und ein christlicher Bürger <strong>aus</strong> Könen, <strong>der</strong><br />

Vorbeter Emanuel Simon, und <strong>aus</strong> Konz, <strong>der</strong> Landwirt Jean Bidinger.<br />

Dies zeigt, dass <strong>Juden</strong> und Christen damals im Alltag kooperierten. In <strong>der</strong><br />

Sterbeurkunde von Kahns früh verstorbenem Bru<strong>der</strong>s Vogel wird <strong>der</strong> Beruf<br />

von Mayer Kahn mit „maitre de ecole“ angegeben, vgl. Standesamt<br />

Konz 1802, „Acte de Décés“ , Nr. 7. Zeuge dieses Dokuments ist <strong>der</strong> <strong>aus</strong><br />

<strong>Wawern</strong> stammende Viehhändler Feis Levy, <strong>der</strong> in hebräischer Schrift<br />

unterzeichnete, während Mayer Kahn seinen Namen in lateinischen Buch<br />

staben schrieb.<br />

64


Geburtsurkunde von Joseph Kahn<br />

Mädchenname Levy wird mit „Lewy“ angegeben. 14 Sie war in<br />

erster Ehe mit Jakob Samuel (Schmul) verheiratet, <strong>der</strong> vor<br />

1799 verstarb. Aus dieser Ehe gingen zwei Kin<strong>der</strong> hervor:<br />

Jacob Samuel, geb.1792, und Esther Samuel, geb. 1796, die<br />

am 22.12.1803 starb. Im Jahre 1799 schloss Bees Levy eine<br />

zweite Ehe mit dem <strong>aus</strong> Freudenburg stammenden Mayer<br />

Kahn, dem Vater von Joseph Kahn. 15 Aus dieser Ehe stammt<br />

14 Stadtarchiv Leer, Heiratsregister 1844, Nr. 6, Stand 2. Januar 1845: in <strong>der</strong><br />

Todeseintragung für Esther Samuel wird ihre Mutter „Bees Loew Levy“<br />

genannt, vgl. Anm. 15, S. 13; in <strong>der</strong> Sterbeurkunde ihres Sohnes Vogel<br />

wird ihr Name mit „Bes Levy“ angegeben, vgl. Standesamt Konz 1807,<br />

„Acte de Decés“, Nr. 7.<br />

15 Heidt/Lennartz: Fast vergessene Zeugen, S. 266, Anm. 780; Standesamt<br />

Konz, 1803, Dokument Nr. 15: Zeugen <strong>der</strong> Todeseintragung sind Michel<br />

65


Lage des Geburtsh<strong>aus</strong>es von Joseph Kahn<br />

Das Landeshauptarchiv Koblenz nennt als Eigentümerin des<br />

markierten Anwesens für die Zeit nach 1820 Bees Levy, die<br />

Mutter von Joseph Kahn. 4 Bei diesem H<strong>aus</strong> handelt es sich mit<br />

hoher Wahrscheinlichkeit um das Geburtsh<strong>aus</strong> des späteren<br />

<strong>Trier</strong>er Oberrabbiners. Dieses Gebäude diente wie die jüdische<br />

Schule in Könen als Schule und als Wohnung für den<br />

jüdischen Lehrer. Teile des Anwesens lassen sich heute noch<br />

als ehemalige jüdische Schule wie<strong>der</strong>erkennen. In diesem Gebäude<br />

soll sich die ehemalige Mikwe <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde<br />

<strong>Wawern</strong> befinden, die heute überbaut ist.<br />

Müller, Schuhmacher, und Michel Steinmetz, Landwirt, beide <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong>.<br />

Standesamt Konz, „Acte de Déces“, Nr. 7. Weitere Geschwister<br />

Joseph Kahns sind im Meldeamt Konz nicht erfasst. (Auskunft von Frau<br />

Schwebach, Meldeamt Konz).<br />

4 Landeshauptarchiv Koblenz, Außenstelle Kobern-Gondorf, telefonische<br />

Information von Frau Brahm am 27.5.2009: Bees Levy ist als Eigentümerin<br />

des Anwesens Nr. 288, Sektion B, Im Bungert eingetragen, welches<br />

heute die Parzellennummer 231 trägt. Katasterplan von <strong>Wawern</strong>, bearbeitet<br />

von Frau Dr. Pascale Eberhard, <strong>Wawern</strong>.<br />

66


Für Joseph Kahn <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong><br />

In <strong>Wawern</strong>s schmalen Gassen<br />

tatest du deine ersten Schritte<br />

in H<strong>aus</strong> und Hof und in die Monade Dorf,<br />

begegnetest Mensch und Tier;<br />

die Geräusche und Gerüche des Alltags<br />

waren dir vertraut<br />

und <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Jahreszeiten<br />

und über ein Jahrzehnt lang die Sonnenauf- und -untergänge<br />

und die Bäume und die Reben<br />

und die Arbeit in Weinberg und Feld,<br />

die Blumen und die Käfer<br />

und <strong>der</strong> Ton <strong>der</strong> Glocke<br />

und die Gebete in <strong>der</strong> Synagoge.<br />

So lerntest du die Menschen kennen:<br />

Wie sie leben.<br />

Und wie sie sind.<br />

Und wie gefährdet<br />

und kurz ihre Zeit hier sein kann.<br />

Vertrauen und Freundlichkeit und Zuversicht haben dich tief<br />

geprägt<br />

und wie auf die Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ung des Lebens zu antworten ist.<br />

Du nahmst es als Erbe mit auf deine Pfade und Wege<br />

vom staunenden Kind bis zum Hochschulabsolventen<br />

und zum Oberrabbiner von <strong>Trier</strong>,<br />

entschieden für das, was getan werden muss,<br />

weil es die Zeit und die altehrwürdigen Weisungen des Ewigen<br />

gebieten,<br />

zum Wohle <strong>der</strong> dir Anvertrauten<br />

und zum Zeichen für viele -<br />

vielleicht bis heute.<br />

die am 17. Februar 1807 geborene Tochter Vogel Kahn, die<br />

nur acht Tage alt wurde. Joseph Kahn hatte also eine zwei<br />

67


Jahre ältere Schwester. Am 29. April 1813 verstarb Joseph<br />

Kahns Vater im Alter von einundvierzig Jahren. 5 Zu diesem<br />

Zeitpunkt war Joseph Kahn vier Jahre alt. Dies erklärt den<br />

Umstand, dass Joseph Kahn in seiner Ausbildungszeit einen<br />

Vormund benötigte.<br />

Ausbildung<br />

Joseph Kahn hatte einen älteren Stiefbru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> ihn, nachdem<br />

er dazu bestimmt worden war „zu lernen“ und Rabbiner<br />

zu werden, <strong>zur</strong> Talmudschule nach Metz brachte, wo er von<br />

Rabbiner Meir (Meyer) Lazard vier Jahre lang unterrichtet<br />

wurde. Während dieser Zeit wurde er von jüdischen Glaubensgenossen<br />

unterstützt. 6 Seine Mutter verließ <strong>Wawern</strong> in<br />

dieser Zeit und wohnte bis zu ihrem Tod in Luxemburg. 7 Nach<br />

dem Besuch <strong>der</strong> Talmudschule in Metz setzte er ab dem 20.<br />

September 1827 in <strong>der</strong> Jeschiwa in Mannheim unter Leitung<br />

von Jacob Ettlinger seine Talmudstudien 8 fort, die sich über<br />

weitere vier Jahre erstreckten und seinen Hochschulzugang<br />

ermöglichten.<br />

5 Standesamt Konz 1813, „Acte de decés“, Nr. 20. Die Eltern sind Isac Kaan<br />

und Malu Kaan. Seine Ehefrau heißt hier Elisabeth Levy; Elisabeth ist die<br />

vollständige Form von Bes o<strong>der</strong> Bees, auch bekannt als Betty o<strong>der</strong> Betsy.<br />

Zeugen dieses Dokuments sind Marc und Feis Levy <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong>. Vermutlich<br />

sind beide nahe Verwandte <strong>der</strong> Familie Kahn, vielleicht Brü<strong>der</strong> von<br />

Bees Levy. Dieses Dokument nennt sowohl für den Verstorbenen als auch<br />

für die Zeugen als Berufstätigkeit den Begriff „trafiguant“, welches mit<br />

Händler übersetzt werden kann. Damit ist <strong>der</strong> Broterwerb von Mayer Kahn<br />

benannt, nicht dessen Funktion als Lehrer in <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde.<br />

6 Kayserling: Bibliothek jüdischer Kanzelredner, S. 299.<br />

7 Landeshauptarchiv Koblenz, Frau Brahm, 28.5.2009. Die Allgemeine<br />

Zeitung des <strong>Juden</strong>thums erwähnt noch 1844, dass Verwandte von Joseph<br />

Kahn in Luxemburg wohnten. Vgl. Ausgabe vom 10.6.1844, S. 326.<br />

8 Biographisches Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner, S. 500; eine Liste <strong>der</strong> Mitstudierenden<br />

des Jahres 1828 findet sich in: Carsten Wilke: „Den Talmud und<br />

den Kant, S. 352, Anm. 86.<br />

68


Studium<br />

Vom Wintersemester 1831/32 bis zum Sommersemester<br />

1832 studierte er an <strong>der</strong> Universität Heidelberg Theologie.<br />

Demnach hatte Joseph Kahn seine Talmud<strong>aus</strong>bildung in Metz<br />

mit 14 Jahren begonnen; zum Studienbeginn in Heidelberg<br />

war er also 22 Jahre alt. Seine Matrikelnummer lautete 412.<br />

Da sein Vater bereits 1813 verstorben war, übernahm sein<br />

Halbbru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Kaufmann Jacob Samuel 9 <strong>aus</strong> Freudenburg,<br />

die Rolle seines Vormunds. Während seiner Studienzeit wohnte<br />

er in Heidelberg-Stadt Nr. 299 bei Daniel Carlebach <strong>zur</strong><br />

Miete. 10 In Heidelberg zeigte Joseph Kahn wenig Interesse an<br />

den naturwissenschaftlichen Angeboten <strong>der</strong> Universität. 11<br />

Die Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn besuchte Joseph<br />

Kahn laut „Anmeldungs-Buch“ seit dem Wintersemester<br />

1833/34. Ebenso wie an <strong>der</strong> Universität Heidelberg gab er an,<br />

dass Jacob Samuel <strong>aus</strong> Freudenburg sein Vormund sei. Aus<br />

dem Abgangszeugnis vom 15. Mai 1838 geht hervor, dass<br />

Joseph Kahn in Mannheim auf den Besuch <strong>der</strong> Universität<br />

vorbereitet worden war. Hinsichtlich seines Verhaltens sei<br />

nichts Nachteiliges bekannt, attestierten <strong>der</strong> Dekan <strong>der</strong> philosophischen<br />

Fakultät Prof. Dr. Freytag, <strong>der</strong> Universitäts-Richter<br />

Salomon und <strong>der</strong> Rector. Er habe sich auch keiner verbotenen<br />

Verbindung von Studierenden angeschlossen. 12 Während seines<br />

9 Jacob Samuel, geb. um 1792 in <strong>Wawern</strong>, gestorben am 10.5.1858 in Freudenburg,<br />

er war mit Reitz Kaan seit dem 22.12.1814 verheiratet. Seine<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse waren bescheiden. Vgl. Heidt/Lennartz: Fast<br />

vergessene Zeugen, S. 266 und 287. Ungeachtet <strong>der</strong> begrenzten Einkünfte<br />

unterstützte er seinen Halbbru<strong>der</strong> Joseph Kahn. Kayserling, <strong>der</strong> Verfasser<br />

<strong>der</strong> ersten Biographie über Joseph Kahn geht davon <strong>aus</strong>, dass ein Oheim<br />

erzieherischen Einfluss auf seine Lebensgestaltung genommen hat.<br />

10 Universitätsbibliothek Heidelberg: Die Matrikel <strong>der</strong> Universität Heidelberg<br />

1831 und 1832, VII 167, Matrikel-Nr. 412, vgl. auch Carsten Wilke:<br />

„Den Talmud und den Kant“, S. 423.<br />

11 Carsten Wilke: „Den Talmud und den Kant“, S. 425.<br />

12 Universität Bonn, Abgangszeugnis, Kopie 1 und 2; Joseph Kahn wird<br />

69


Abgangszeugnis von Joseph Kahn<br />

Quelle: Exmatrikel Akte <strong>der</strong> Universität Bonn, S.1<br />

unter <strong>der</strong> Register-Nummer 6487 geführt; vgl. auch Ben Chananja vom<br />

15.10.1867, S. 646; das Stadtarchiv Mannheim verwahrt keine Dokumente<br />

zu Joseph Kahns Besuch <strong>der</strong> dortigen Talmud-Schule auf, E-Mail vom<br />

29.12.2008.<br />

70


Studiums in Bonn wohnte er in <strong>der</strong> <strong>Juden</strong>gasse 813. 13 Vom<br />

Wintersemester 1833/34 bis zum Sommersemester 1836 hörte<br />

Joseph Kahn private und öffentliche Vorlesungen <strong>der</strong> Hochschullehrer<br />

Brandis (Psychologie, <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Philosophie,<br />

Über Kant und Fichte), Nitzsch (Biblische Apologie des alten<br />

und neuen Testaments), Hünemann (Allgemeine Kulturgeschichte<br />

des Mittelalters), Redepenning (Die Anfangsgründe<br />

<strong>der</strong> syrischen Synagogen), Blank, Freytag, Ritter (Lateinische<br />

Grammatik), Auguste (Ausgewählte Psalmen), Calster (Physiologie),<br />

Fichte (<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> neuesten Philosophie). 14<br />

Dem „Anmeldungs-Buch“ <strong>der</strong> Universität Bonn ist zu entnehmen,<br />

dass Joseph Kahn bei Prof. Dr. Schlegel von Michaeli<br />

1936 bis Ostern 1837 eine öffentliche Vorlesung zum Thema<br />

„<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> neueren deutschen Litteratur“ gehört hatte,<br />

für die er vom Universitätslehrer das Zeugnis erhielt: „Den<br />

fleißigen und aufmerksamen Besuch bis zum Schluss bezeugt<br />

August Schlegel“. 15 Im Sommersemester1837 hörte Joseph<br />

Kahn eine Privatvorlesung bei Prof. Dr. Sommer zum Thema<br />

„Erklärung <strong>der</strong> Genesis“ und beim gleichen Professor eine<br />

öffentliche Vorlesung <strong>zur</strong> biblischen Geographie. Außerdem<br />

war er bei den Hochschullehrern Nitzsch und Kinkel, bei letzterem<br />

in eine Vorlesung zum Thema „Neutestamentliche Zeitgeschichte“,<br />

eingeschrieben. Im Wintersemester1837/38 nahm<br />

er an einer Veranstaltung zum Thema „Homiletik und Katechese“<br />

bei Prof. Dr. Nitzsch teil. Professor Sommer bewertet<br />

seinen Studenten am 30. August 1837 wie folgt: „Mit viel<br />

13 Stadtarchiv Bonn, Schreiben vom 11.12.2008.<br />

14 Anmeldungs-Bogen <strong>der</strong> Universität Bonn zu Joseph Kahn 1833-1836.<br />

15 Archiv <strong>der</strong> Universität Bonn; August Wilhelm Schlegel, 8.9.1767 in Hannover<br />

geboren und am 12.5.1845 in Bonn verstorben, bedeuten<strong>der</strong> Romantiker;<br />

seine Vorlesungen waren offenbar gut besucht, denn Joseph Kahn<br />

ist unter Nr. 153 auf <strong>der</strong> Teilnehmerliste vermerkt. Bei August Wilhelm<br />

Schlegel eingeschrieben waren 1836 außerdem <strong>der</strong> <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> stammende<br />

Karl Marx und Samuel Hirsch, geboren in Thalfang. Vgl. Heinz Monz:<br />

Samuel Hirsch (1815-1889) Ein jüdischer Reformator <strong>aus</strong> dem Hunsrück,<br />

in: Weirich/Kr<strong>aus</strong>e: Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Thalfang S.<br />

80-83.<br />

71


Fleiß und löblichem Eifer Besuch bis zum Schluss“. Ähnliche<br />

Ergebnisse sind auch von an<strong>der</strong>en Hochschullehrern in verschiedenen<br />

Semestern belegt. Am 11. Mai 1838 schrieb Joseph<br />

Kahn an den Rektor <strong>der</strong> Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität<br />

einen Brief, in dem er bittet, dass ihm sein<br />

Abgangszeugnis <strong>aus</strong>gestellt werde, weil ihn „dringende Verhältnisse“<br />

dazu zwingen, die Universität zu verlassen. 16 Mit<br />

diesem Schreiben sind <strong>der</strong> Universitätsrichter Salomon sowie<br />

Prof. Dr. Gurtelther (?) befasst, bei dem Joseph Kahn im Wintersemester<br />

auch eine Vorlesung gehört hatte. Die Entscheidung<br />

zugunsten seines Antrags fiel am 13. Mai 1838, und am<br />

14.Mai 1838 wurde sein Abgangszeugnis <strong>aus</strong>gestellt. 17<br />

Die Umstände <strong>der</strong> plötzlichen Exmatrikulation gehen <strong>aus</strong><br />

den <strong>Materialien</strong> <strong>der</strong> Universität Bonn nicht hervor.<br />

Die Biographie über Joseph Kahn von Kayserling erwähnt,<br />

dass er nach seinem Studium in Bonn eine Zeit lang in Offenbach<br />

und Frankfurt a.M. als Lehrer tätig gewesen sei, bevor er<br />

wie<strong>der</strong> nach Bonn <strong>zur</strong>ück gekehrt sei, um seine „Preisschrift<br />

über den Propheten Zacharias <strong>aus</strong>zuarbeiten.“ 18 Eine redaktionelle<br />

Anmerkung zu einem Aufsatz von Joseph Kahn über<br />

„Die Spuren alter Buchstabenvert<strong>aus</strong>chung“ in den „Israelitischen<br />

Annalen“ vom 16. August 1839 nennt allerdings als<br />

Entstehungszeit das Jahr 1837. 1837 war Joseph Kahn noch<br />

Student in Bonn. Obwohl seiner Preisschrift <strong>der</strong> <strong>aus</strong>gesetzte<br />

16 Exmatrikulationsakte von Joseph Kahn, Archiv <strong>der</strong> Rheinischen Friedrich-<br />

Wilhelms-Universität Bonn.<br />

17 Ebda.. Die Archivmaterialien <strong>der</strong> Universität Bonn geben keinen Hinweis<br />

über eine Promotion von Joseph Kahn.<br />

18 Kayserling: Bibliothek jüdischer Kanzelredner, S. 299; das Archiv <strong>der</strong><br />

Universität Bonn verfügt we<strong>der</strong> über Kahns Preisschrift noch über einen<br />

Hinweis zu einer solchen Arbeit. In Bonn wurden die Sieger dieser Preisschriften<br />

jährlich am Stiftungsfest <strong>der</strong> Universität, dem 3. August, bekannt<br />

gegeben. „Für die betreffenden Jahre sind die Namen <strong>der</strong> Preissieger<br />

überliefert, Joseph Kahn befindet sich nicht unter ihnen. Falls er die genannte<br />

Preisschrift (...) eingereicht hat, so errang er mit ihr nicht den<br />

<strong>aus</strong>gesetzten Preis“. Vgl. Auskunft des Universitätsarchivs Bonn (Kristoffer<br />

Klein) vom 27.1.2009.<br />

72


Preis wegen formaler Mängel nicht zuerkannt worden sei, habe<br />

sie wegen ihres Gehaltes in den<br />

veröffentlichten Urteilen über die Konkurrenzschriften gebührende<br />

und ehrende Anerkennung gefunden. 19<br />

Im Jahre 1840 war Joseph Kahn in <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde<br />

von Saarlouis tätig. Dort hielt er mehrere Aufmerksamkeit erregende<br />

Predigten, von denen eine in Saarbrücken publiziert<br />

wurde. In Luxemburg predigte er am 21. Juni 1840 <strong>zur</strong> Ehre<br />

Seiner Majestät des Königs und Großherzogs Wilhelm II. <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>lande (1792-1849). Von Saarlouis <strong>aus</strong> reiste er nach<br />

seiner Wahl zum Oberrabbiner <strong>zur</strong> Amtseinführung nach<br />

<strong>Trier</strong>. Dies könnte bedeuten, dass sich Joseph Kahn nach Fertigstellung<br />

seiner Preisschrift über den Propheten Zacharias an<br />

<strong>der</strong> Universität Bonn im weiteren Umkreis von Saarlouis aufgehalten<br />

hat. Der Artikel über Joseph Kahns Amtseinführung<br />

als Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> in <strong>der</strong> „Allgemeinen Zeitung des<br />

<strong>Juden</strong>thums“ vom 5. März 1842 gibt an, dass er sich eineinhalb<br />

Jahre „größtenteils“ in Saarlouis aufgehalten habe. 20 Im<br />

Februar1840 war seine Berufung als Rabbiner in Koblenz vom<br />

Bonner Konsistorium hintertrieben worden. 21<br />

19 Israelitische Annalen vom 16.8.1839, S. 260. Ob diese Preisschrift zum<br />

Führen des akademischen Titels „Doktor“ berechtigte, geht <strong>aus</strong> den Unterlagen<br />

<strong>der</strong> Universität Bonn nicht hervor. Das Biographische Handbuch<br />

<strong>der</strong> Rabbiner, Bd. 1, hrsg. von Michael Brocke und Julius Carlebach,<br />

München 2004, gibt an, dass Joseph Kahn promoviert sei, ohne eine<br />

Quelle zu nennen. Vgl. Ebda., S. 500.<br />

20 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>tums vom 5.3.1842, S. 137. Das Biographische<br />

Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner erwähnt in seinem Beitrag zu Joseph Kahn<br />

den Aufenthalt in Saarlouis nicht, vgl. S. 500. Zur jüdischen Gemeinde<br />

Saarwellingen hatte er ein beson<strong>der</strong>s intensives Verhältnis, wie die Geschenke<br />

zu seiner Amtseinführung und zu seinem 25jährigen Amtsjubiläum<br />

nahe legen. Information von Richard Almond MD, Palo Alto, Californien.<br />

21 Biographisches Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner, S. 500.<br />

73


Amtseinführung<br />

Mit 19 von 25 Wahlmännerstimmen wurde Joseph Kahn<br />

am 18. August 1841 zum Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> gewählt. 22<br />

Seine rabbinische Ordination erhielt er durch die Reformrabbiner<br />

Lion Ullmann (Krefeld, 24. August 1841), Joseph Friedlän<strong>der</strong><br />

(Brilon, 25. August 1841) und Abraham Geiger (Breslau,<br />

27. Oktober 1841). 23<br />

Seine Amtseinführung als Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> fand am<br />

15. Dezember 1841 statt. Joseph Kahn war am Sonntag, dem<br />

12. Dezember, in Saarlouis aufgebrochen, hatte am Tag darauf<br />

seinem Heimatdorf <strong>Wawern</strong> einen Besuch abgestattet und war,<br />

von mehreren Gemeindemitglie<strong>der</strong>n begleitet, nach <strong>Trier</strong> weitergereist.<br />

Dort angekommen, wurde er „von <strong>der</strong> ganzen im<br />

Synagogenh<strong>aus</strong>e versammelten Gemeinde freudig und feierlich<br />

begrüßt, und in seine von <strong>der</strong> hiesigen Gemeinde schön<br />

<strong>aus</strong>möblirten Wohnung gebracht, wo die vornehmsten Frauen<br />

von hier sich fanden und geschmackvoll den Tisch mit den<br />

schönsten Konfituren geziert hatten. Des an<strong>der</strong>n Tages erschienen<br />

Deputationen <strong>aus</strong> den nächsten Ortschaften des Rabbinats.<br />

Auf Mittwoch sodann war die feierliche Installation<br />

durch die Landräthliche Behörde einberaumt. Schon 8 Tage<br />

vorher hatte unser Herr Oberbürgermeister und Landrath – als<br />

Kommissarius <strong>der</strong> Regierung bei diesem Wahlakte, alle Landräthe<br />

und Oberbürgermeister des ganzen Regierungsbezirkes<br />

aufgefor<strong>der</strong>t, allen Israeliten den Tag <strong>der</strong> Installation bekannt<br />

zu machen, damit je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Feierlichkeit beiwohnen könne,<br />

welches auch in allen Synagogen geschah“. 24 Die Amtseinführung<br />

fand in <strong>der</strong> Landrathur statt. Sämtliche israelitische Bürger<br />

hätten sich dort eingefunden sowie <strong>der</strong> „Königliche Land-<br />

22 Heinz Monz gibt an, dass für die Wahlentscheidung zugunsten von Joseph<br />

Kahn als Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> entscheidend war, dass er über eine Universitätsbildung<br />

verfügte. Vgl. Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von<br />

Thalfang, Anm. 99, S. 90.<br />

23 Biographisches Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner, S. 500.<br />

24 Ebda.<br />

74


ath“, die Mitglie<strong>der</strong> des israelitischen Konsistoriums und<br />

mehrere an<strong>der</strong>e Notabeln. Nachdem Joseph Kahn gemäß seiner<br />

Ernennung <strong>der</strong> großen Zahl <strong>der</strong> Israeliten von <strong>der</strong> „Königlichen<br />

Regierung“ vorgestellt worden war, hätten die beiden<br />

Konsistorialmitglie<strong>der</strong> Herr S. Allmayer und Herr N. Lazar<br />

ihn vereidigt. Anschließend habe <strong>der</strong> neue Oberrabbiner „sehr<br />

ergreifende Worte zum Danke und <strong>zur</strong> Angelobung treuer Erfüllung<br />

seines nun anzutretenden Berufs“ gesprochen. Am<br />

Nachmittag habe <strong>der</strong> Vorsteher Herr Allmayer <strong>der</strong> Oberrabbiner,<br />

den Notabilitäten und Fremden ein Diner gegeben. Am<br />

Abend habe die israelitische Schuljugend dem Oberrabbiner<br />

eine „Gesangständchen mit Fackeln“ dargebracht und ihm<br />

einen wertvollen Siegelring als Geschenk überreicht.<br />

Am 18. Dezember fand die Einführung in <strong>der</strong> festlich geschmückten<br />

Synagoge in Anwesenheit des Königlichen Landraths,<br />

mehrerer Regierungsräthe, vieler an<strong>der</strong>er Honoratioren<br />

christlicher Bürger und einer großen Zahl von Israeliten statt.<br />

Der Rabbinatsverweser Herr Lambert Schloß führte den Oberrabbiner<br />

<strong>zur</strong> Kanzel, wo er an den Oberrabbiner gerichtet eine<br />

Ansprache zu 4 Mose 27, 18 hielt, die diesem die Funktionen<br />

seines Amtes übergab; anschließend erteilte er „<strong>aus</strong> vollem<br />

Herzen“ den priesterlichen Segen. Daraufhin habe <strong>der</strong> neue<br />

Oberrabbiner mit seiner Ansprache begonnen. Zuerst habe er<br />

seine Jugendgeschichte geschil<strong>der</strong>t, die ihn zu diesem geistlichen<br />

Amt geführt hätte. Danach sei er auf den politischen und<br />

religiösen Fortschritt des <strong>Juden</strong>tums seit Mendelssohn eingegangen,<br />

<strong>der</strong> auch zum gründlichen und wissenschaftlichen<br />

Streben <strong>der</strong> jüdischen Geistlichen beigetragen habe. Er selbst<br />

habe sich als Vertreter dieser neuen Richtung <strong>aus</strong>gegeben.<br />

Seine Position habe er mit <strong>der</strong> Textstelle Jesaias 54, 13 begründet.<br />

Die Zuhörer hätten in „tiefster Andacht den Worten“<br />

gel<strong>aus</strong>cht; diese Predigt habe allgemeinen Beifall gefunden. 25<br />

25 Ebda., S. 138. Die Israelitische Gemeinde Saarwellingen schenkte<br />

Joseph Kahn einen silbernen Kiddusch-Becher mit <strong>der</strong> Widmung: „Ihrem<br />

lieben Oberrabbiner Herrn Joseph Kahn von Saarwellingen als Zeichen<br />

<strong>der</strong> Liebe und Hochachtung am 1. Februar 1842.“ Im Besitz von Richard<br />

75


Familiengründung<br />

Joseph Kahn heiratete am 14. Oktober 1844 im Alter von 35<br />

Jahren in Leer die 21jährige Rebekka van Biema <strong>aus</strong> Leer in<br />

Ostfriesland. 26 Die Trauung wurde von Landrabbiner Hirsch<br />

<strong>aus</strong> Emden vollzogen. Da die Stadt Leer zum Königreich<br />

Hannover gehörte, das künftige Ehepaar aber in <strong>Trier</strong>, das im<br />

Königreich Preußen lag, leben wollte, hatte <strong>der</strong> Königlich-<br />

Preußische Landrath und Oberbürgermeister in <strong>Trier</strong> am 29.<br />

September 1844 „die Obrigkeitliche Erlaubniß ertheilt“, dass<br />

<strong>der</strong> Herr Oberrabbiner Joseph Kahn in Leer die Tochter des<br />

Kaufmanns Samuel van Biema heiraten dürfe. Der Königlich-<br />

Preußische Landrath und Oberbürgermeister von <strong>Trier</strong> hatte<br />

weiterhin attestiert, dass Fräulein Rebecca van Biema durch<br />

ihre Verehelichung mit dem<br />

Einträge <strong>zur</strong> Eheschließung von Joseph Kahn und Rebecca Kahn,<br />

geb. van Biema, Quelle: Heiratsregister <strong>der</strong> Stadt Leer <strong>aus</strong> dem<br />

Jahre 1844, Stadtarchiv Leer<br />

Almond MD, Palo Alto, Californien.<br />

26 Heiratsregister <strong>der</strong> Stadt Leer für das Jahr 1844, Nr. 21; Rebekka van<br />

Biema wurde im Jahre 1823 geboren. Ihre Eltern waren <strong>der</strong> Grossist<br />

Samuel van Biema und Sara, geb. Cohn, die bereits 1840 verstarben war;<br />

im Heiratsregister <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> für das 1844, Nr. 258 ist die in Leer<br />

vollzogene Trauung am 18. Dezember 1844 eingetragen worden.<br />

76


Bescheinigung des Oberbürgermeisters von <strong>Trier</strong> für Joseph<br />

Kahn,<br />

Quelle: Stadtarchiv Leer<br />

Oberrabbiner Joseph Kahn eine preußische Unterthanin werde.<br />

27 Die Adressbücher <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> geben an, dass die Familie<br />

Joseph Kahn 1848 in <strong>der</strong> Fleischstraße, Nummer 476<br />

wohnte. 28<br />

Im Jahre 1858 ist sie in <strong>der</strong> Metzelstraße, Nr. 103 gemeldet,<br />

wo sie auch noch 1871 ihr Domizil hatte. 29 Das Adressbuch<br />

27 Stadtarchiv Leer, schriftliche Information vom 1.12.2008.<br />

28 Adressbuch <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> von 1848.<br />

29 Adressbücher <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> 1861, 1864, 1867, 1868, 1871; heute trägt<br />

dieses H<strong>aus</strong> die Nummer 26.<br />

77


von 1875, dem Todesjahr des Oberrabbiners, weist Joseph<br />

Kahn nicht mehr unter Metzelstraße, Nr. 103, <strong>aus</strong>. 30<br />

Das Ehepaar Kahn hatte drei Kin<strong>der</strong>:<br />

1. Bertha, geb. am 16. Februar 1846 31<br />

2. Sara Sophia, geb. am 19. Oktober 1849 32<br />

30 Adressbuch 1875.<br />

31 Geburtsregister <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> von 1846, Nr. 115; Bertha heiratete am 3.<br />

Juli 1865 den Kaufmann Leib Samuel <strong>aus</strong> Amsterdam, <strong>der</strong> am 27.7.1829<br />

in Freudenburg geboren wurde. Er ist <strong>der</strong> Sohn von Jacob Samuel und<br />

seiner Ehefrau Reitz, geb. Kahn, vgl. Stadtarchiv <strong>Trier</strong>, Heiratsregister<br />

1865, Nr. 82; vgl. ebenso stadsarchief amsterdam H 1865, vol. 8, p. 72v. –<br />

Jacob Samuel war <strong>der</strong> Vormund von Joseph Kahn gewesen, vgl. Anm. 22,<br />

S. 19. - Am 24. Februar 1868 wurde dem Ehepaar Samuel-Kahn in Amsterdam<br />

<strong>der</strong> Sohn Siegfried geboren. Am 3. April 1870 kamen die Zwillinge<br />

Joseph und die Rebecca <strong>zur</strong> Welt. Vgl. stadsarchief amsterdam BR<br />

1874-1892, vol. 244, p. 77. Joseph war wie sein Vater Kaufmann gewesen.<br />

Rebecca hieß verheiratet de Bruin. Beide Kin<strong>der</strong> wurden in Sobibor<br />

von den Nationalsozialisten ermordet. Am 4. Juni 1943 starb Joseph<br />

(stadsarchief amsterdam, Auskunft am 16.2.2009) und am 16.4.1943 starb<br />

Rebecca. Vgl. http://yadvashem.org/wps/portal/ 20.2.2009. In dieser<br />

Familie lebte seit dem 20. 11.1875 <strong>der</strong> am 28.3.1861 in Freudenburg<br />

geborene Samuel Samuel (stadsarchief amsterdam vol. 143,p.141), Sohn<br />

von Israel Samuel und Susanna Levy (Standesamt Saarburg, Geburtsakt<br />

Nr. 16), vgl. auch Heidt/ Lennartz: Fast vergessene Zeugen, S. 287, 302<br />

und 377. Israel Samuel ist nicht <strong>der</strong> jüngste Sohn von Jacob Samuel; denn<br />

nach ihm wurde 1829 Leib Samuel geboren, vgl. Stadtarchiv <strong>Trier</strong>, Heiratsregister<br />

1865, Nr. 82, ebenso stadsarchief amsterdam H 1865, p. 72.<br />

Israels Sohn Samuel ist <strong>der</strong> dritte Samuel Samuel in Freudenburg. Er<br />

kommt dort in den Steuerlisten nicht vor, weil er mit vierzehn Jahren nach<br />

Amsterdam übergesiedelt war.<br />

32 Geburtsregister <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> von 1849, Nr. 764; bisher sind keine weiteren<br />

Lebensdaten von Sara Sophia Kahn bekannt. Die Vermutung, dass sie<br />

nach Amsterdam verzogen war, hat das stadsarchief amsterdam nicht<br />

bestätigen können. (12.3.2009) Die Namen Rosa und Sara Kahn finden<br />

sich in einer Liste des Schiffes Frisia vom 21. 8. 1872, das nach New<br />

York startetete. Vgl. Hamburger Passenger List <strong>aus</strong> Progenealogist. Dieses<br />

Schiff kam am 5.9.1872 in New York an.<br />

(http://www.castlegarden.org/search). Die angegebenen Lebensalter<br />

stimmen in etwa mit den Daten <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> von Rosa und Sara Kahn überein.<br />

Es fehlen Informationen zum Herkunftsort und <strong>zur</strong> Provinz. Verlässliche<br />

Schlüsse lassen sich <strong>aus</strong> diesen Angaben kaum ziehen.<br />

78


3.<br />

Geburtsurkunde für Sara Sophia Kahn, Stadtarchiv <strong>Trier</strong><br />

79


3. Rosa Emilia, geb. am 28. November 1850 33<br />

Joseph Kahn schloss in <strong>der</strong> Familie seiner Frau als Oberrabbiner<br />

von <strong>Trier</strong> mehrere Ehen. Am 11. Juni 1850 traute er<br />

seine Schwägerin Rosetta van Biema mit dem Kaufmann Julius<br />

Vallenstein <strong>aus</strong> Berlin. Weiterhin schloss er, vermutlich um<br />

1860, die zweite Ehe seines Schwagers Benjamin Samuel van<br />

Biema, geb. 1821, mit <strong>der</strong> 1839 geborenen Julie Wolfers. Am<br />

14. Mai 1864 verheiratete sich seine Schwägerin Johanna van<br />

Biema mit dem Amsterdamer Arzt Dr. Abraham Israel. Auch<br />

hier vollzog Joseph Kahn die Trauzeremonie. 34<br />

Zu diesem Zeitpunkt lebte Joseph Kahns Ehefrau nicht<br />

mehr, denn sie war 20. Juli 1858 im Alter von 34 Jahren verstorben.<br />

35 In <strong>der</strong> Zeitschrift „Der israelitische Volkslehrer“<br />

vom Oktober 1858 entschuldigt sich <strong>der</strong> Oberrabbiner wegen<br />

eines überfälligen Artikels über das „Haindorf´sche israelitische<br />

Lehrerseminar“ in Münster mit den Worten: „Durch<br />

höchst traurige Familienereignisse verspätet“. 36 In <strong>der</strong>selben<br />

Ausgabe berichtet ein mit den Initialen „L.O.“ unterzeichneter<br />

Artikel, dass man sich in <strong>Trier</strong> mit dem „frommen und löblichen<br />

Vorhaben“ beschäftige, „<strong>der</strong> <strong>aus</strong>gezeichneten und Allen,<br />

die sie kannten, unvergesslichen seligen Gattin“ des Herrn<br />

Oberrabbiners Kahn ein „geeignetes Andenken“ in <strong>der</strong> „im<br />

Bau begriffenen neuen Synagoge stiften zu wollen“. 37 Dieses<br />

Anliegen soll <strong>aus</strong> „freiwilligen Beiträgen von zahlreichen<br />

Freunden und Freundinnen, Anverwandten und Verehrern <strong>der</strong>,<br />

mit seltenen Gaben des Geistes und Herzens <strong>aus</strong>gestatteten<br />

33 Geburtsregister <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> von 1850, Nr. 858; auch von Rosa Emilia<br />

fehlen weitere gesicherte Informationen. Siehe Anm. 45.<br />

34 Stadtarchiv Leer, schriftliche Information vom 1.12.2008; Vgl. auch Ben<br />

Chananja vom 20.6.1865, S. 422.<br />

35 Stadtarchiv <strong>Trier</strong>; sie wurde am 22. Juli 1858 auf dem jüdischen Friedhof<br />

in <strong>der</strong> Weidegasse in <strong>Trier</strong> beerdigt. Ihr Grabstein ist noch erhalten, vgl.<br />

Haller: Der Jüdische Friedhof an <strong>der</strong> Weidegasse in <strong>Trier</strong>, S. 237.<br />

36 Der israelitische Volkslehrer, Oktober 1858, S. 318; dieser Beitrag wurde<br />

im August 1858 verfasst.<br />

37 Ebda., S. 331.<br />

80


Frau begründet werden“. Der Verfasser bejaht dieses Vorhaben,<br />

weil „<strong>der</strong> schmerzliche Hintritt und die wehmutsvolle<br />

Erinnerung an jene theuere, so tief verehrte Freundin“ dies<br />

gebiete; es soll den „schwer gebeugten Freund“ (Joseph Kahn)<br />

trösten. Während <strong>der</strong> Grundsteinlegung <strong>der</strong> neuen Synagoge<br />

soll eine Tochter <strong>der</strong> Verstorbenen ein Gedicht vortragen,<br />

welches „die Verewigte gedichtet“ habe, und worin „sich ihre<br />

schöne fromme Seele klar abspiegelt“. 38<br />

Das „Biographische Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner“ gibt mit Verweis<br />

auf die Dezennaltabellen 1843-1853 des Stadtarchivs<br />

<strong>Trier</strong> an, dass Joseph Kahn ein zweites Mal geheiratet hatte.<br />

Die Heiratsurkunde vom 2. Juli 1848 bezieht sich allerdings<br />

auf eine Person, die auch Joseph Kahn heißt, die aber am 14.<br />

März 1825 geboren wurde und von Beruf Schumacher gewesen<br />

war. 39<br />

Am 26. August 1867 äußerte Joseph Kahn am Ende eines<br />

Kuraufenthalts in Bad Ems, dass er beabsichtige, seine Kin<strong>der</strong><br />

in Amsterdam zu besuchen. Offenbar hielten sich mehrere<br />

seiner Kin<strong>der</strong> dort auf. Zu diesem Zeitpunkt war mindestens<br />

eine seiner Töchter dort verheiratet. Seine Tochter Bertha<br />

Kahn hatte am 3. Juli 1865 den Kaufmann Leib Samuel <strong>aus</strong><br />

Amsterdam geheiratet, <strong>der</strong> in Freudenburg geboren wurde. In<br />

Amsterdam publizierte er theologische Texte in <strong>der</strong> jüdischen<br />

Zeitschrift „Nieuw Isr. Weekblad“ im Jahre 1866. Anlässlich<br />

eines Besuchs seiner Tochter im Jahre 1875 starb Joseph Kahn<br />

in Amsterdam.<br />

38 Ebda. Als Andenken für Frau Kahn wählte das eigens zu diesem<br />

Zweck gebildete „Comite“ unter Leitung von Dr. Adelheim eine prachtvolle<br />

Kanzel. Vgl. Der Israelitische Volkslehrer, März 1859, S. 101. Die<br />

Kanzel stand rechts neben dem Thoraschrein, erinnert sich Alice Resseguie,<br />

geb. Goldstein, in Eugene, Oregon, USA (14.1.2009). Das Städtische<br />

Museum verwahrt ein unveröffentlichtes Foto vom Innenraum <strong>der</strong><br />

<strong>Trier</strong>er Synagoge, auf dem die Kanzel zu sehen ist. Dieses Foto bestätigt<br />

die Angaben von Frau Resseguie.<br />

39 Biographisches Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner, S. 501; Dezennaltabellen <strong>der</strong><br />

Stadt <strong>Trier</strong> von 1843-1853, Stadtarchiv <strong>Trier</strong>. Vgl. Heiratsurkunde vom 2.<br />

Juli 1848 im Stadtarchiv <strong>Trier</strong>.<br />

81


In Luxemburg<br />

Joseph Kahn unterhielt <strong>zur</strong> jüdischen Gemeinde Luxemburg<br />

gute Beziehungen. Dies zeigt sich einerseits daran, dass<br />

seine Mutter von <strong>Wawern</strong> nach Luxemburg gezogen war, und<br />

er an<strong>der</strong>erseits noch vor seinem Amtsantritt als Oberrabbiner<br />

von <strong>Trier</strong> am Pesachfest 1840 in Anwesenheit des Königlichen<br />

Großherzogs Wilhelm II. eine vielbeachtete Predigt gehalten<br />

hatte, die im Druck vorliegt. 40 Wenige Jahre später trat er als<br />

Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> öffentlich in Erscheinung, als sein<br />

Studienkollege <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Bonner Zeit, Samuel Hirsch (1815-<br />

1889), in Luxemburg in das Amt des Großrabbiners eingeführt<br />

wurde. Diese Feier fand am 23. Juni 1843 statt. Am 20. Juni<br />

hatten sich bereits die Luxemburger Gemeindevertreter in<br />

<strong>Trier</strong> eingefunden, offenbar um in <strong>Trier</strong> ihren neuen Oberrabbiner<br />

zu treffen und die Feierlichkeiten zu besprechen. - Samuel<br />

Hirsch war vor seiner Amtseinführung in Luxemburg<br />

Rabbiner in Dessau gewesen. - Gemeinsam mit den beiden<br />

Geistlichen trafen die Gemeindevertreter am 23. Juni um 5<br />

Uhr in <strong>der</strong> Synagoge in Luxemburg ein. Da Joseph Kahn wegen<br />

seiner „lehrreichen Predigten“ in guter Erinnerung war,<br />

sollte „seine Gegenwart <strong>zur</strong> Feierlichkeit dieses Tages“ beitragen.<br />

Nachdem weißgekleidete Mädchen <strong>der</strong> israelitischen<br />

Schule den neuen Oberrabbiner überrascht hätten und ein religiöses<br />

Chorlied vorgetragen worden sei, habe <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er<br />

Oberrabbiner Kahn eine „kurze, aber dem Zweck <strong>der</strong> Sache<br />

ganz angemessene Rede gehalten, zu welcher er den Text des<br />

Psalmisten gewählt hätte: „Dieses ist <strong>der</strong> Tag, den <strong>der</strong> Ewige<br />

40 Kayserling: Bibliothek jüdischer Kanzelredner, S. 299; Heinz Monz datiert<br />

diese Predigt auf das Jahr 1841. Vgl. Heinz Monz: Samuel Hirsch.<br />

Ein jüdischer Reformator <strong>aus</strong> dem Hunsrück, in: Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in Thalfang, S. 90.<br />

82


Oberrabbiner Joseph Kahn<br />

Foto von Richard Almond MD, Palo Alto,Californien,<br />

83


Rebecca Kahn, geb. van Biema, Foto von Richard Almond MD.,<br />

Palo Alto, Californien<br />

84


gemacht, lasst uns an demselben uns freuen und fröhlich sein“.<br />

Die Gemeinde könne glücklich sein, einen „so aufgeklärten<br />

und in je<strong>der</strong> Beziehung achtungswürdigen Mann, <strong>der</strong> sich<br />

bereits in <strong>der</strong> gelehrten Welt einen Namen erworben“ habe,<br />

zum Vorsteher zu haben. Diese gehaltvolle Rede Kahns sei ein<br />

Beweis, „wie sehr ihm das Wohl dieser Gemeinde [Luxemburg]<br />

am Herzen liege. 41 Nach Angaben <strong>der</strong> Allgemeine Zeitung<br />

des <strong>Juden</strong>thums vom 10. Juni 1844 soll Joseph Kahn<br />

versucht haben, bevor er Oberrabbiner von <strong>Trier</strong> wurde, in<br />

Luxemburg selbst Rabbiner zu werden. Die Einrichtung eines<br />

Rabbinats in Luxemburg wird auf sein Bestreben <strong>zur</strong>ückgeführt.<br />

Außerdem hätte er Verwandte in Luxemburg. 42<br />

Heinz Monz vermutet, dass Joseph Kahn die Besetzung des<br />

Rabbinatsamtes in Luxemburg mit seinen Freund Samuel<br />

Hirsch beeinflusst habe. 43<br />

<strong>Wawern</strong>, das Heimatdorf von Joseph Kahn, ein Modell<br />

für Toleranz und Mitmenschlichkeit<br />

Joseph Kahn ist nach Auskunft jüdischer Zeitschriften<br />

zweimal im Rahmen beson<strong>der</strong>er Ereignisse, wie bereits berichtet,<br />

in sein Heimatdorf <strong>zur</strong>ückgekehrt, einmal, als er von<br />

Saarlouis kommend, wo er in <strong>der</strong> dortigen Synagogengemeinde<br />

tätig war, um in <strong>Trier</strong> als Oberrabbiner eingeführt zu werden,<br />

und ein zweites Mal, als er den Neubau <strong>der</strong> dortigen Synagoge<br />

einweihte.<br />

41 Der Orient, 1.8.1843, S. 244; dieser Artikel geht davon <strong>aus</strong>, dass Joseph<br />

Kahn schon „oft“ in Luxemburg gepredigt hat, so dass die gedruckte<br />

Predigt zum Pesach-Fest 1840 nicht die einzige ist. Nach Angaben <strong>der</strong><br />

Allgemeinen Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 10. Juni 1844 soll Joseph<br />

Kahn versucht haben, in Luxemburg Rabbiner zu werden.<br />

42 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 10.6.1844, S. 326-328.<br />

43 Heinz Monz: Samuel Hirsch, in: Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in<br />

Thalfang, S. 90.<br />

85


Zum ersten Besuch am 5. März 1842 berichtete die „Allgemeine<br />

Zeitschrift des <strong>Juden</strong>thums“, dass Joseph Kahn am<br />

13. Dezember 1841 in <strong>Wawern</strong> eingetroffen sei. Dabei seien<br />

ihm „zum Empfange“ (...) „fünf Wagen mit dem Vorstande an<br />

<strong>der</strong> Spitze“ entgegen gefahren 44 Dort sei beim Ortsvorsteher<br />

Herrn Herz Wolf eine festliche Tafel abgehalten worden, bevor<br />

<strong>der</strong> Zug, dem sich mehrere Gemeindemitglie<strong>der</strong> angeschlossen<br />

hätten, nach <strong>Trier</strong> weitergezogen sei, wo am Mittwoch,<br />

dem 15. Dezember die Feier <strong>zur</strong> Amtseinführung stattfand.<br />

45 Offenbar war die Freude in <strong>Wawern</strong> sehr groß, dass ein<br />

Sohn <strong>der</strong> Gemeinde das Amt des Oberrabbiners in <strong>Trier</strong> bekleiden<br />

durfte. Deswegen würdigte man ihn in Formen des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts, die nur beson<strong>der</strong>en öffentlichen Persönlichkeiten,<br />

wie dem Kaiser o<strong>der</strong> dem Bischof zuteilwurden.<br />

Als am 13. August 1844 in <strong>Wawern</strong> eine neue Synagoge<br />

eingeweiht wurde, weilte Oberrabbiner Joseph Kahn wie<strong>der</strong> in<br />

seinem Heimatdorf, wie die Zeitung „Der Israelit im neunzehnten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t“ in <strong>der</strong> Ausgabe vom 3. November 1844<br />

berichtet, weil er die sakralen Handlungen vornahm. Der Verfasser<br />

legt Wert darauf zu berichten, dass viele und angesehene<br />

Bürger zu diesem Anlass nach <strong>Wawern</strong> kamen: Die meisten<br />

Beamten, viele <strong>der</strong> ersten Bürger <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Umgebung von<br />

Saarburg 46 und einige katholische Geistliche seien eingetroffen,<br />

um an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Letztere hätten<br />

44 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>tums vom 5.3.1843, S. 137; <strong>der</strong> Verfasser<br />

dieses Artikels führt <strong>aus</strong>, dass sich Joseph Kahn vor seiner Amtseinführung<br />

in <strong>Trier</strong> eineinhalb Jahre in Saarlouis aufgehalten hatte. Nach Auskunft<br />

des Standesamts Saarlouis findet sich jedoch keine Eintragung zu<br />

Joseph Kahn im dortigen Mel<strong>der</strong>egister. Allerdings wird Joseph Kahn in<br />

einer Festschrift zum 100jährigen Bestehen <strong>der</strong> Saarlouiser Synagoge in<br />

<strong>der</strong> Silberherz-Straße genannt. E-Mail-Auskunft des Standesamtes Saarlouis<br />

vom 5.11.2008.<br />

45 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 5.3.1843, S. 137.<br />

46 Im Text steht <strong>der</strong> Name „Sonneburg“, doch es dürfte sich um eine Verschreibung<br />

für Saarburg handeln, da alle weiteren Informationen keinen<br />

Zweifel daran lassen, dass nur die Synagogeneinweihungsfeier in <strong>Wawern</strong><br />

gemeint sein kann, das in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> kleinen Stadt Saarburg liegt.<br />

86


sich „sehr günstig über die ganze Feierlichkeit, beson<strong>der</strong>s über<br />

den Choralgesang und die Predigt“ geäußert. Da die ortsansässigen<br />

<strong>Juden</strong> die über<strong>aus</strong> zahlreichen Gäste von <strong>der</strong> Mosel, von<br />

<strong>der</strong> Saar und <strong>aus</strong> Luxemburg nicht alle in ihren Häusern aufnehmen<br />

konnten, hätten die katholischen Einwohner „ihre<br />

Stuben und ihre Betten unentgeltlich <strong>zur</strong> Verfügung ihrer an<strong>der</strong>s<br />

glaubenden Mitbrü<strong>der</strong>“ gestellt. Während <strong>der</strong> drei Tage<br />

dauernden Feierlichkeiten habe nichts das „beste Vernehmen“<br />

getrübt. 47<br />

Dieser Zeitungsartikel soll den „neueren Angriffen auf Toleranz<br />

und Duldung, die ein nahes Blatt sich erlaubt“, entgegenwirken.<br />

Die Vorgänge in <strong>Wawern</strong> erhalten damit Vorbildcharakter<br />

für ein Modell des Zusammenlebens von <strong>Juden</strong> und<br />

Christen, das von Toleranz und Mitmenschlichkeit geprägt ist.<br />

Das Abschreckende <strong>der</strong> „gr<strong>aus</strong>amen <strong>Juden</strong>verfolgung“ wird<br />

dem Mittelalter zugeordnet. Die christlichen Bürger <strong>der</strong> Gegenwart<br />

seien geprägt vom Geist „unserer höchst humanen<br />

Regierung zu <strong>Trier</strong>“ und „unserer sehr freien und <strong>aus</strong>gezeichneten<br />

Zeitung, die fast in je<strong>der</strong> Nummer Günstiges über <strong>Juden</strong><br />

und für dieselben bringt“. 48 Es ist nicht zu übersehen, dass<br />

dieser Artikel die aufgeklärte Obrigkeit und die liberale Presse<br />

als Ursache für dieses günstige geistige Klima nennt. Zu diesem<br />

Klima trägt auch die jüdische Gemeinde von <strong>Trier</strong> bei, die<br />

am Thora-Freudenfest des Jahres 1843 Joseph Kahn einen<br />

silbernen Pokal überreicht in „Anerkennung und Würdigung<br />

[seines] religiösen Eifers und fortwährenden Strebens, die<br />

Institutionen unserer Gemeinde auf Grundsätzen <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

und Billigkeit zu erhalten“. 49<br />

47 Zitiert wird <strong>aus</strong> <strong>der</strong> „<strong>Trier</strong>ischen Zeitung“ Nr. 228 vom 13. August; vgl.<br />

Der Israelit im neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t vom 3.11.1844, S. 358/359.<br />

48 Ebda.., S. 358; mit dem Ausdruck „nahes Blatt“ könnte eine Zeitung in<br />

<strong>Trier</strong> gemeint sein, die nicht den liberalen Tendenzen <strong>der</strong> „<strong>Trier</strong>schen<br />

Zeitung“ folgte.<br />

49 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 4.9.1843, S. 695/696.<br />

87


Joseph Kahn als Reformer des <strong>Juden</strong>tums<br />

Joseph Kahn war am 18. August 1841 von fünfundzwanzig<br />

„Notablen <strong>aus</strong> dem ganzen Regierungsbezirk“ mit neunzehn<br />

Stimmen <strong>aus</strong> vier Bewerbern zum Rabbiner gewählt worden. 50<br />

Er verstand sich als eine Person, die das <strong>Juden</strong>tum weiterentwickeln<br />

wollte. Seine theologische Position kommt sehr gut in<br />

Überlegungen zum Ausdruck, die vor <strong>der</strong> zweiten Rabbinerkonferenz<br />

in Frankfurt am Main (15. 7. bis 7. 8.1845) im Juni<br />

1845 veröffentlicht wurden. Seine Ausführungen beziehen<br />

sich auf die Art und Weise, wie in <strong>der</strong> Versammlung beraten<br />

werden sollte. Zuerst ging er auf die unterschiedlichen Bewusstseinslagen<br />

<strong>der</strong> einzelnen Gemeinden ein. Er drängte deswegen<br />

nicht auf eine radikale Verän<strong>der</strong>ung, son<strong>der</strong>n setzte auf<br />

einen Weg, <strong>der</strong> die Gemeinden „allmälig“ weiter bringen werde.<br />

Aus diesem Grund empfahl er <strong>der</strong> künftigen Versammlung,<br />

„nur solche Gegenstände vor das Forum unserer Berathungen<br />

(zu) bringen, die jetzt am Nöthigsten und daher auch<br />

zu realisieren sind“, 51 Es sollten Themen erörtert werden, „<strong>der</strong>en<br />

Lösung allgemein gewünscht und die daher auch allenthalben<br />

jetzt schon den besten und segensreichsten Erfolg haben“<br />

würden. Trotz des „gr<strong>aus</strong>amen Dranges nach einer entschiedenen<br />

und durchgreifenden Reform im <strong>Juden</strong>thum“, <strong>der</strong><br />

weit verbreitet sei, solle an die gedacht werden, „die einen<br />

solchen Drang nicht fühlen und ihn nicht einmal begreifen<br />

können, die aber dennoch <strong>aus</strong> innigsten, religiösen Antriebe<br />

eine zeit- und verhältnisgemäße Umgestaltung mancher Dinge<br />

sehnlichst wünschen“. 52 Joseph Kahn dachte an die Folgen zu<br />

50 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 11.9.1841, S. 523; die Zeitung<br />

Der Orient, die in mehreren Beiträgen den Kandidaten Moses Heß favorisiert<br />

hatte, berichtete erst am 19.2.1842 enttäuscht von <strong>der</strong> Rabbinatswahl<br />

am 18.8.1841 in <strong>Trier</strong>. Heß sei nicht zum Zuge gekommen, weil er in<br />

<strong>Trier</strong> „heimisch“ sei und zahlreiche nicht gerade beliebte Verwandte in<br />

dieser Stadt habe. Der Orient blieb bis 1846 die einzige Zeitung, die über<br />

<strong>aus</strong> kritische Beiträge gegen den Kurs von Joseph Kahn veröffentlichte.<br />

51 Ebda.<br />

52 Ebda.; Joseph Kahn teilt diese Position mit seinem Amtskollegen Sa-<br />

88


großer Sprünge für die „Langsamen“ im Reformprozess. Er<br />

befürchtete, dass diese enttäuscht werden könnten und so in<br />

die „Hände und hierarchische Macht polnischer Rabbiner“<br />

gelangen könnten. 53 Deswegen schlug er vor, im Augenblick<br />

keine Prinzipien festzulegen, son<strong>der</strong>n zuerst umfangreiche<br />

Beratungen durchzuführen. Damit nicht ziellos diskutiert werde,<br />

solle in den ersten Sitzungen festgelegt werden, welche<br />

Anträge und Vorschläge beraten werden sollten. Seine pragmatische<br />

Haltung zeigt sich ebenso in seinem Vorschlag, die<br />

Beratungen nicht öffentlich abzuhalten, da dies „zu so vielem<br />

Unehrlichem und Schändlichem Veranlassung“ geben werde.<br />

Er fürchtet nicht die Altgläubigen, son<strong>der</strong>n die „Heuchler“ und<br />

die „Eiteln“, die selbst den Untergang des <strong>Juden</strong>tums nicht<br />

scheuten. Um letztere <strong>aus</strong>zuschließen, schlug er vor, „Einlaßkarten“<br />

zu vergeben. Auf die zu erwartenden Beschlüsse bezogen,<br />

lehnt er die Annahme <strong>der</strong> „Majorität“ ab, weil ja „gemäß<br />

<strong>der</strong> Bestimmungen“ nur beraten werden solle. Stattdessen<br />

solle angegeben werden, wie viele dafür und wie viele dagegen<br />

gestimmt hatten. 54<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> kam Joseph Kahn die Aufgabe zu, in den<br />

Wirren <strong>der</strong> Zeit Angriffe gegen den Kurs <strong>der</strong> fortschrittlichen<br />

Rabbiner abzuwehren. In <strong>der</strong> Ausgabe <strong>der</strong> „Allgemeinen Zeitung<br />

des <strong>Juden</strong>thums“ vom 30. Juni 1845 wehrte er sich gegen<br />

unaufrichtige Kritiker <strong>aus</strong> den eigenen Reihen. Er sprach vom<br />

„schändlichen Treiben und Schleichen im Dunkel <strong>der</strong> amsterdamer<br />

und frankfurter Heiligen, denen kein Mittel zu schlecht,<br />

keine Lüge zu groß ist, um die Rabbinerversammlung und<br />

<strong>der</strong>en Theilnehmer bei dem Volke und den Behörden zu verdächtigen,<br />

zu verleumden und Zwietracht zwischen den Gemuel<br />

Hirsch <strong>aus</strong> Luxemburg, <strong>der</strong> wie er an den Reform-Rabbiner-Kongressen<br />

in Braunschweig (1844), Frankfurt a.M. (1845) und Breslau<br />

(1846) teilgenommen hatte. Joseph Kahn begleitete diesen, als er 1843 in<br />

Luxemburg als Großrabbiner eingeführt wurde. Vgl. Monz: Beiträge <strong>zur</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Thalfang, S. 89 und 90, Anm.99.<br />

53 Ebda., S. 424.<br />

54 Ebda.<br />

89


meinden und <strong>der</strong>en Rabbinern zu stiften“. 55 Diese Angriffe<br />

belasteten ihn offenbar sehr stark, denn er spricht von heftigem<br />

Feuer, das ihn gewaltig aufrege. Er wisse sich dennoch<br />

getragen von seinen Gemeinden, die im „Geiste des ächten,<br />

religiösen Fortschrittes“ erkannt hätten, dass <strong>der</strong> Gottesdienst,<br />

<strong>der</strong> Jugendunterricht, die Gemeindeangelegenheiten und die<br />

bürgerlichen Verhältnisse einer Reform bedürften, für die<br />

„keine Mühen und Opfer“ gescheut werden dürften. Die Gegenseite<br />

gebe das <strong>Juden</strong>tum dem “gänzlichen Verfall“ preis,<br />

weil sie „unthätig“ in ihren vier Wänden hockten, „sich um<br />

Alles nicht kümmernd“. 56 Als Höhepunkt dieser nicht nur gegen<br />

ihn als Einzelperson geführten Kampagne kann die Veröffentlichung<br />

eines Schreibens einiger Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er<br />

jüdischen Gemeinde gegen die Rabbinerversammlungen in<br />

„Der Orient“ angesehen werden. Er habe sich „<strong>der</strong> sogenannten<br />

Rabbinerversammlung“ schon zweimal angeschlossen, die<br />

sich „außerhalb des rabbinischen und positiv-historischen <strong>Juden</strong>thums“<br />

befände. Die Unterzeichner befürchteten, dass <strong>der</strong><br />

Friede in <strong>der</strong> Gemeinde zerstört werde. Sie for<strong>der</strong>ten, „dasjenige<br />

aufzugeben, was wir für Irrlehren erkennen“, und das<br />

nicht „zu tadeln, was uns allen heilig ist.“ 57<br />

Konflikte existieren aber auch am an<strong>der</strong>en Rand des <strong>Juden</strong>tums<br />

dieser Zeit. So wurde Joseph Kahn im Jahre 1844 aufgefor<strong>der</strong>t,<br />

sich zum „neuen Reformverein“ schriftlich zu äußern,<br />

in dem Familien ihre Jungen nicht mehr beschneiden lassen<br />

wollten. Er lehnte es ab, in Form eines theologischen Gutachtens<br />

auf Angelegenheiten von Laien, <strong>der</strong>en Absicht es sei, den<br />

Offenbarungsglauben zu vernichten, zu antworten. In solchen<br />

Fällen sei es besser zu schweigen. Aufgabe eines Rabbiners<br />

sei es, sich mit „<strong>der</strong> Erhaltung unserer heiligen und göttlichen<br />

Religion“ zu befassen und durch Beispiele und Belehrung<br />

gegen unjüdische Grundsätze zu wirken. Das Ziel rabbinischer<br />

Tätigkeit sei es, durch „zeitgemäßes, dem Geiste unserer Reli-<br />

55 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 30.6.1845, S. 412.<br />

56 Ebda., S. 412/413.<br />

57 Der Orient vom 24. 9.1845, S. 307/308.<br />

90


gion entsprechendes, vernünftiges Fortschreiten (...) in aller<br />

Herzen aufrichtige Liebe, wahre Anhänglichkeit und innere<br />

Begeisterung“ zu bewirken, „damit die Schwachen und die<br />

Wankenden (...) erstarken und fester werden und bleiben und<br />

diejenigen, welche schon fast entsagt haben, <strong>aus</strong> Liebe und<br />

Freude in ihren Schoß wie<strong>der</strong> <strong>zur</strong>ückkehren“. 58<br />

Die Fragestellung nach <strong>der</strong> Zulässigkeit <strong>der</strong> Nicht-Beschneidung<br />

versucht er wie folgt zu klären: Die Beschneidung<br />

sei ein mosaisches Gebot und daher Pflicht jedes Israeliten.<br />

Denen, die jüdische Familien, die die Beschneidung ablehnen,<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> „Gesamtheit Israels“ <strong>aus</strong>schließen möchten, hielt er<br />

entgegen, dass die Beschneidung nicht die Bedingung des<br />

<strong>Juden</strong>tums sei. Das <strong>Juden</strong>tum sei eine Religion <strong>der</strong> Liebe, <strong>der</strong><br />

Freiheit und <strong>der</strong> Überzeugung. Der Geist Gottes sei Geist <strong>der</strong><br />

Weisheit, <strong>der</strong> Wahrheit und <strong>der</strong> Liebe. Deswegen riet er, in<br />

strittigen Fragen zu belehren, zu erörtern und sich gründlich<br />

<strong>aus</strong>einan<strong>der</strong> zu setzen, um „dem weiteren Umsichgreifen dieses<br />

Lossagens Einhalt zu thun“. 59<br />

Die Verantwortung, die Joseph Kahn für seinen Sprengel<br />

übernommen hatte, hin<strong>der</strong>te ihn allerdings nicht, über die Region<br />

hin<strong>aus</strong> aktiv zu werden. So verteidigt er im Jahre 1861<br />

beispielsweise seinen Rabbinerkollegen Schwarz in Köln gegen<br />

Angriffe, 60 engagiert sich auf mehreren Rabbinerkonferenzen<br />

im deutschsprachigen Raum und beschrieb die Situation<br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in Amsterdam in einem umfangreichen Beitrag. 61<br />

Wenn er sich <strong>zur</strong> Kur begab, nutzte er die freie Zeit, um die<br />

jüdischen Verhältnisse <strong>der</strong> Umgebung zu erkunden. 62<br />

58 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 17.6.1844, S. 346/347.<br />

59 Ebda., S. 347.<br />

60 Ben Chananja vom 22.11.1861, S. 406.<br />

61 Ben Chananja vom 14.2.1866, S.133/159/179/186/233/258/294/335/353.<br />

62 Ben Chananja vom 14.2.1866, S. 791; Grundlage seines Artikels war sein<br />

Kuraufenthalt vom 16. August bis Anfang September 1866 in Bad Cannstadt;<br />

außerdem ist ein Kuraufenthalt in Bad Ems bekannt.<br />

91


Joseph Kahn und <strong>der</strong> preußische Staat<br />

Bereits in seiner Einführungsfeier zum Oberrabbiner von<br />

<strong>Trier</strong> am 19. Dezember 1841 wurde deutlich, dass das Amt des<br />

Oberrabbiners keine rein jüdische Angelegenheit war, denn<br />

nach <strong>der</strong> Wahl durch das jüdische Konsistorium sprach <strong>der</strong><br />

königliche Landrat seine Ernennung <strong>aus</strong>. Gleiches galt auch<br />

für die beiden Konsistorialmitglie<strong>der</strong> Altmeyer und Lazar. 63 In<br />

seiner anschließenden Dankrede legt <strong>der</strong> neue Oberrabbiner<br />

das „heilige Versprechen“ ab, sein neues Amt „gegen unseren<br />

allgeliebten und allgnädigsten König, gegen unser geliebtes<br />

Vaterland und gegen meine Israeliten treu und gewissenhaft zu<br />

erfüllen“, (...) „meine Pflegekin<strong>der</strong> über ihre Pflichten gegen<br />

König und Vaterland so unterweisen, dass sie immer bereit<br />

seien für dieselben ihr Gut und Blut aufzuopfern,“ (...) all unsere<br />

Kräfte und Fähigkeiten dem König und dem Vaterlande<br />

zu widmen“. Die Dankrede endet mit einem Segensspruch:<br />

„Gott segne den König, Gott segne das Vaterland, Gott segne<br />

unsre Stadt. Amen“. 64 Es fällt auf, dass <strong>der</strong> König an erster<br />

Stelle genannt wird, gefolgt vom Vaterland, und erst am<br />

Schluss die Israeliten thematisiert werden. Aus heutiger Sicht<br />

vermittelt diese Situation den Eindruck, dass Joseph Kahn den<br />

König und sein monarchistisches System vorbehaltlos bejahte.<br />

Doch muss beachtet werden, dass hier Formelhaftes und die<br />

Etikette eine wichtige Rolle spielten. Joseph Kahn wusste um<br />

die nicht eingelöste Gleichstellung <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> preußischen<br />

Gesellschaft. Die Hoffnung auf eine allmähliche Verän<strong>der</strong>ung<br />

hatte er noch nicht aufgegeben. Der König aber war<br />

nicht prinzipiell sein Gegner, da er ein Klima <strong>der</strong> Toleranz<br />

begünstigte. Zuversichtlich stimmte ihn eine Petition <strong>zur</strong><br />

Gleichstellung <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> an den rheinischen Provinzial-<br />

Landtag, die von 150 gebildeten <strong>Trier</strong>er Bürgern im Jahre<br />

1843 verfasst und unterschrieben wurde. Die Kern<strong>aus</strong>sage<br />

63 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 5.3.1842, S. 137.<br />

64 Ebda.<br />

92


dieser Petition lautete: „Gesetzliche Verän<strong>der</strong>ungen, welche<br />

als nahe bevorstehend und die ganze bürgerliche Stellung <strong>der</strong><br />

Israeliten, jedenfalls aber ihre Kultus- und Schulverhältnisse<br />

betreffend, von Wohlunterrichteten bezeichnet werden, haben<br />

die übrigen Städte des Rheinlandes bewogen, schon jetzt ihre,<br />

auf den, keinerlei Einschränkung duldenden Prinzipien <strong>der</strong><br />

Rechtsgleichheit, wie auf <strong>der</strong> in den benachbarten Landen<br />

gemachten Erfahrung beruhenden Ansichten und Wünsche<br />

verfassungsgemäß <strong>zur</strong> Kenntnis S(eine)r. M(a)j(estät) des<br />

Königs zu bringen“. 65 Die Unterzeichner mahnten das am 5.<br />

April 1815 „feierlich ertheilte Versprechen“ des preußischen<br />

Staates „die unter <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> französischen Gesetzgebung<br />

eingetretene, beinahe völlige Gleichstellung <strong>der</strong> hiesigen<br />

Israeliten in politischen und bürgerlichen Rechten“ an. Statt<br />

<strong>der</strong> damals „erhofften und in Frankreich wirklich erfolgten<br />

Aufhebung des letzten Überbleibsels hun<strong>der</strong>tjähriger Unduldsamkeit“<br />

sei das als „Übergangsregel für nur zehn Jahre eingeführte<br />

sogenannte <strong>Juden</strong>-Dekret vom 17. März 1808 von Neuem<br />

auf unbestimmte Zeit verlängert“ worden. 66 Auf diese<br />

Weise wurden „diese durch Fleiß und Talente <strong>aus</strong>gezeichnete<br />

Bekenner eines an<strong>der</strong>en Glaubens in t<strong>aus</strong>end Dingen, die mit<br />

<strong>der</strong> Religion in gar keiner Verbindung stehen, eben wegen<br />

dieses Glaubens beschränkt und bedrückt“. 67 Dies wi<strong>der</strong>spräche<br />

<strong>der</strong> auf Gleichheit bedachten Entwicklung des Staatsbürgertums<br />

aller Untertanen. Joseph Kahn bezog sich nach einem<br />

Bericht <strong>der</strong> „Allgemeinen Zeitung des <strong>Juden</strong>thums“ vom 10.<br />

Juli 1843 in <strong>der</strong> Predigt eines Morgengottesdienstes in <strong>der</strong><br />

Synagoge auf diese Bürgerpetition. Er deutete die Bibelstelle<br />

65 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 3.7.1843, S. 390.<br />

66 Ebda., S. 391; Heinz Monz gibt in seinem Aufsatz „Zur <strong>Trier</strong>er <strong>Juden</strong>petition<br />

des Jahres 1843“ die Zahl <strong>der</strong> Unterzeichner mit 142 an, von<br />

denen 133 Namen identifiziert und in einer Liste festgehalten wurden.<br />

Neben <strong>der</strong> erneuten Veröffentlichung <strong>der</strong> Petition vermittelt er die Rezeptionsgeschichte<br />

dieser <strong>Trier</strong>er Petition. Vgl. Heinz Monz: Zur <strong>Trier</strong>er<br />

<strong>Juden</strong>petition des Jahres 1843, in: Landeskundliche Vierteljahresblätter<br />

Nr. 29, 1983, S. 45-53.<br />

67 Ebda.<br />

93


des vierten Buches Mose, Kapitel 4, Vers 21 ff., als an seine<br />

Gemeinde gerichtet: „(...) dass du dieses dein Vater- und Geburtsland<br />

als dein Kanaan anerkennest, dass du diesem dienen<br />

und ihm helfen willst seine Lasten zu tragen!“ 68 Mit dieser<br />

Interpretation legte <strong>der</strong> Oberrabbiner nahe, dass die jüdischen<br />

Bürger die Realität des Staates, in dem sie geboren, innerlich<br />

annehmen und Verantwortung übernehmen sollten. 69 Gegen<br />

Ende des Vortrags teilte er mit, dass die „edlen und bie<strong>der</strong>en<br />

christlichen Bürger unserer lieben Stadt [<strong>Trier</strong>, Anm. des<br />

Verf.] sich würdig angeschlossen haben an die <strong>der</strong> bedeutendsten<br />

unserer Rheinprovinz, um unsere jetzt versammelten Stände<br />

zu bitten, dass diese sich auch für uns bei unserm König<br />

verwenden möchten, damit wir an allen Staatsrechten gleich<br />

den übrigen Bürgern betheiligt würden“. Deswegen erbittet er<br />

einen „vollkommnen Segen für die edlen Bürger unserer Stadt:<br />

„O Gott, segne sie und bewahre sie; O Gott, laß dein Antlitz<br />

ihnen leuchten und sei ihnen gnädig; O Gott, wende dein Antlitz<br />

ihnen zu und verleihe ihnen Frieden“. 70 Dieses Beispiel<br />

zeigt, dass Joseph Kahn die Rolle <strong>der</strong> von <strong>der</strong> französischen<br />

Freiheit geprägten Bürger im Staat ernst nahm, weil sie die<br />

Idee <strong>der</strong> Gleichheit begünstige. Anfang Juli 1843 wurde auf<br />

dem „Siebenten Rheinischen Provinzial-Landtag“ die „Petition“<br />

mit 54 zu 19 Stimmen angenommen. 71 Dennoch rechnete<br />

68 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 10.7.1843, S. 413.<br />

69 Die jüdische Gemeinde <strong>Trier</strong> beteiligte sich an einer Hilfsaktion zugunsten<br />

des abgebrannten Hamburgs, wofür sich die Preußische Regierung<br />

bedankte. Vgl. Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 27.8.1842, S.<br />

525.<br />

70 Ebda. Die Nähe von <strong>Juden</strong> und Christen im <strong>Trier</strong> des Jahres 1843 ist<br />

lobenswert und erhält eine beson<strong>der</strong>e Note, wenn man sie mit den negativen<br />

geschichtlichen Ereignissen vor und nach dieser Epoche vergleicht.<br />

71 Von <strong>der</strong> Emanzipation zum Holoc<strong>aus</strong>t. Die Israelitische Synagogengemeinde<br />

zu Aachen 1801-1942, bearb. von Herbert Lepper, S. 11. Am 6.<br />

Juli 1836 war es in Preußen <strong>Juden</strong> verboten worden, christliche Vornamen<br />

zu verwenden. Der Oberrabbiner von Krefeld, Dr. Ullmann, stellte daraufhin<br />

in Frage, ob es christliche und jüdische Vornamen gebe, da die<br />

neutestamentlichen Namen jüdischen Ursprungs seien. Am 22. März 1841<br />

wurde schließlich <strong>der</strong> Erlass vom 6.Juli 1836 für die Gebiete aufgehoben,<br />

94


er mit dem Faktischen <strong>der</strong> Monarchie, die die rechtliche<br />

Gleichheit von <strong>Juden</strong> behin<strong>der</strong>te, aber für überzeugende Argumente<br />

nicht völlig verschlossen war. Als <strong>der</strong> preußische<br />

Staat im Jahre 1847 den jüdischen Gemeinden Synagogen-<br />

Gemeinde-Statuten aufoktroyierte, die im Wi<strong>der</strong>spruch zu den<br />

Interessen <strong>der</strong> einzelnen Gemeinden standen, kam es am 10.<br />

August 1847 in Köln <strong>zur</strong> Gründung eines „Comité[s] für die<br />

Angelegenheiten <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Rheinprovinz“, <strong>der</strong> auch <strong>der</strong><br />

Oberrabbiner von <strong>Trier</strong>, Joseph Kahn, angehörte. Obwohl <strong>der</strong><br />

Oberpräsident <strong>der</strong> Rheinprovinz Franz August Eichmann von<br />

dieser Gründung in Kenntnis gesetzt wurde und ihm angeboten<br />

wurde „bei Beratungen“ mitzuwirken, lehnte er aber eine<br />

Zusammenarbeit mit dieser neuen Vereinigung ab, weil <strong>der</strong><br />

preußische Staat nicht willens war, die beson<strong>der</strong>en Verhältnisse<br />

<strong>der</strong> einzelnen <strong>Juden</strong>gemeinden zu berücksichtigen, son<strong>der</strong>n<br />

auf Einheitlichkeit <strong>der</strong> Bestimmungen insistierte. 72<br />

Im Revolutionsjahr 1848 erschien kein von Oberrabbiner<br />

Kahn gekennzeichneter Zeitungsartikel. Doch spricht <strong>der</strong> am<br />

24. Januar 1848 unter <strong>der</strong> Überschrift „Aus <strong>der</strong> Rheinprovinz“<br />

in <strong>der</strong> Allgemeinen Zeitung des <strong>Juden</strong>thums veröffentlichte<br />

Beitrag Bewertungen des am 23. Juli 1847 erlassenen Gesetzes<br />

über die Verhältnisse <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> <strong>aus</strong>, die Joseph Kahn schon<br />

Jahre vorher, 1843, geäußert hatte. Die Formulierung „in unserem<br />

Thale an <strong>der</strong> äußersten Grenze unseres Vaterlandes“ umschreibt<br />

die geopolitische Lage <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong>. Der Verfasser<br />

gibt an, dass das neue Gesetz „mit dem größten Interesse“<br />

verfolgt worden sei, es hätte aber die in seit 35 Jahren gehegten<br />

Erwartungen und Wünsche zum Teil sehr herabgestimmt<br />

und die Gemüter verstimmt. Als Grund nennt er: Wer einmal<br />

zum Bewusstsein und <strong>zur</strong> Erkenntnis seines Rechts gelangt<br />

sei, den könne ein halbes Stück ihm zugestandenen Rechts<br />

niemals recht zusagen. Positiv vermerkt <strong>der</strong> Beitrag, dass es<br />

in denen „französisches Recht“ galt. Vgl. Ebda., S. 11.<br />

72 Von <strong>der</strong> Emanzipation zum Holoc<strong>aus</strong>t. Die Israelitische Synagogengemeinde<br />

zu Aachen 1801-1942 Bd. I., bearbeitet von Herbert Lepper, S.<br />

26.<br />

95


den Gemeinden <strong>zur</strong> Pflicht gemacht werde, die schulpflichtigen<br />

Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Religion von gebildeten Lehrern unterrichten<br />

zu lassen. Negativ wir hervorgehoben, dass das neue Gesetz<br />

die inneren Angelegenheiten <strong>der</strong> Gemeinde außer Acht<br />

lasse. Gerade in einer Zeit des religiösen Indifferentismus<br />

müssen Volkslehrer, Prediger und Rabbiner die Einzelnen zu<br />

einem „höheren Leben“ anregen. 73<br />

Die jüdischen Bürger von <strong>Trier</strong> beteiligten sich kaum am<br />

revolutionären Prozess von 1848. Da es aber zu Verfolgungen<br />

von <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Region kam, beklagte Oberrabbiner Kahn<br />

diese Ereignisse in einer öffentlichen Erklärung vom 5. April<br />

1848; auch <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Bischof Arnoldi wies diese Übergriffe<br />

<strong>zur</strong>ück. 74<br />

Im Jahre 1851 bahnt sich eine rückschrittliche Entwicklung<br />

des Verhältnisses von <strong>Juden</strong>tum und preußischem Staat an, die<br />

publizistisch von <strong>der</strong> „Kreuzzeitung“ getragen wird. Diese<br />

Zeitung verbreitet, die Revolution von 1848 sei von den <strong>Juden</strong><br />

verursacht worden, sie seien die „rothesten Republikaner“ und<br />

die <strong>Juden</strong> seien die größten Feinde <strong>der</strong> Regierung. 75 Die „Allgemeine<br />

Zeitung des <strong>Juden</strong>thums“ lehnt es ab, sich mit diesen<br />

Anfeindungen <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong> zu setzen. Stattdessen zitiert sie<br />

einen projüdischen Zeitungs<strong>aus</strong>schnitt <strong>der</strong> „<strong>Trier</strong>schen Zeitung“,<br />

<strong>der</strong> am Ziel <strong>der</strong> rechtlichen Gleichstellung <strong>der</strong> <strong>Juden</strong><br />

festhält. 76 Im Folgenden greift <strong>der</strong> Autor auf ein Privatschreiben<br />

des Herrn Oberrabbiners Kahn <strong>zur</strong>ück, das als Kommentar<br />

zu einem von ihm verfassten Rundschreiben zu verstehen<br />

sei. 77 Darin heißt es, dass die mittelalterlichen Bestrebungen<br />

des Königs und <strong>der</strong> Stände gegen die <strong>Juden</strong> abgewiesen werden<br />

sollen. Mit Blick auf die „Indifferenten“ in den eigenen<br />

Reihen sollen diese „<strong>aus</strong> ihrem sanften Schlafe“ aufgerüttelt<br />

73 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 24.1.1848, S. 70.<br />

74 Lindner, Erik: Deutsche <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Revolution, in „Der schlimmste<br />

Punkt in <strong>der</strong> Provinz“, S. 625.<br />

75 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 1.1.1851, S.4 und 6.<br />

76 Ebda., S. 6.<br />

77 Ebda., S. 4.<br />

96


und in ihrer behaglichen Ruhe und Sicherheit“ gestört werden.<br />

78 Auf die aktuellen politischen Vorgänge bezogen beklagt<br />

er, dass man beabsichtige, eine „Oberkirchenbehörde“ einsetzen,<br />

ohne dass man hierüber mit den jüdischen Vertretern gesprochen<br />

hätte. Überdies unterstelle diese Behörde, dass die<br />

<strong>Juden</strong> ihre eigenen Angelegenheiten nicht geordnet bekämen.<br />

Dies stelle einen Eingriff in die „religiöse Selbständigkeit“<br />

dar. 79 Deswegen rät er, die bevorstehende Versammlung israelitischer<br />

Abgeordneter solle sich nicht nur für Korporationsrechte<br />

einsetzen, son<strong>der</strong>n erwirken, dass Abgeordnete <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />

ganzen Monarchie ein „allgemeines Statut“ genehmigen, <strong>aus</strong>führen<br />

und überwachen, wie dies bereits in Österreich angeordnet<br />

wurde. Schließlich solle verlangt werden, dass Rabbiner<br />

und Vorbeter wie die übrigen Geistlichen besoldet werden,<br />

wie dies in Frankreich [Elsaß-Lothringen, Anm. des Verfassers],<br />

Belgien und Holland und einigen deutschen Staaten<br />

schon jetzt praktiziert werde. Es sei „heiligste Pflicht“, auf<br />

gesetzlichem Wege alles aufzubieten, dass die jüdische Religion<br />

nicht länger mehr den an<strong>der</strong>en nachgesetzt bleibe. 80 Zur<br />

Lage <strong>der</strong> Schule bemerkt <strong>der</strong> Oberrabbiner Kahn, dass jüdische<br />

Familien in kleinen Gemeinden einen Religionslehrer <strong>aus</strong><br />

eigener Tasche bezahlen müssten, damit ihre Kin<strong>der</strong> überhaupt<br />

in jüdischer Religion unterrichtet werden können. Dies wiege<br />

umso schwerer, weil sie ohnehin zum Gehalt des freien<br />

[christlichen, Anm. des Verfassers] Unterrichts finanziell beizutragen<br />

hätten, aber für ihre eigenen Schulen zusätzliche<br />

Opfer zu erbringen hätten. 81<br />

Aus diesem Vorgang ist zu ersehen, dass Oberrabbiner Joseph<br />

Kahn die ungerechte Situation <strong>der</strong> jüdischen Religion in<br />

Preußen seiner Zeit nicht nur im Stillen beklagte, son<strong>der</strong>n sie<br />

mit Hilfe <strong>der</strong> Zeitungen in die öffentliche Diskussion einbrachte.<br />

Dabei wird seine mutige und kämpferische Rolle<br />

78 Ebda., S. 5.<br />

79 Ebda.<br />

80 Ebda.<br />

81 Ebda., S. 6.<br />

97


deutlich; er verfolgt mit großer Aufmerksamkeit die politischen<br />

Geschehnisse und reagiert entschieden, wenn die Belange<br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> nicht fortschrittlich beschieden werden. Diese<br />

Aktivität wird allerdings von einem Teil <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde<br />

als unrabbinisch abgelehnt.<br />

Die Lage <strong>der</strong> jüdischen Bürger verbessert sich nur in kleinen<br />

Schritten. Erst 1871 erhielten die <strong>Juden</strong> die Gleichberechtigung.<br />

Nach Joseph Kahn sollte das Verhältnis von Staat und Religion<br />

nicht durch Grenzüberschreitung <strong>der</strong> beiden Institutionen<br />

bestimmt sein, wie es im preußischen Staatskirchensystem<br />

praktiziert wurde, son<strong>der</strong>n durch größtmögliche Eigenständigkeit.<br />

Damit ist er als Vordenker <strong>der</strong> rechtlichen Trennung von<br />

Kirche und Staat anzusehen, die die Kooperation von Staat<br />

und Religionen in sachlichen Angelegenheiten wie <strong>der</strong> Schule<br />

ermöglicht hätte. Er schreibt: „Und so lasse <strong>der</strong> Staat die jüdische<br />

Religion sich <strong>aus</strong> sich selbst entwickeln und fortbilden<br />

auf ruhigem wissenschaftlichen Wege, und nur auf diesem ist<br />

es möglich, dass mit <strong>der</strong> Zeit sich manches an<strong>der</strong>s her<strong>aus</strong>stellen<br />

werde.“ 82 Seine Zuversicht gründet er auf die positive<br />

Wirkung <strong>der</strong> Wissenschaft und auf die Dimension Zeit, die<br />

Fortschritt bringen wird. Der rechtliche Rahmen lässt allerdings<br />

noch Jahrzehnte auf sich warten. Das <strong>Juden</strong>tum erhält<br />

seine völlige Eigenständigkeit in Religionsangelegenheiten<br />

erst mit <strong>der</strong> Weimarer Reichsverfassung vom 11.August 1919.<br />

An<strong>der</strong>erseits wendet er sich dagegen, dass <strong>Juden</strong> dem Staat<br />

keinen Militärdienst leisten sollen. Er erkennt, dass dieser<br />

Ausschluss die noch nicht erlangte Gleichberechtigung zunichtemachen<br />

könnte. Deswegen formuliert er apodiktisch:<br />

„Bei den gläubigen Israeliten herrscht nicht <strong>der</strong> geringste<br />

Zweifel, dass ihre Söhne, so es ihre Vermögensumstände nur<br />

gestatten – als Freiwillige dienen zu lassen.“ 83 , dass je<strong>der</strong> Jo-<br />

82 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 29.4.1843, S. 255.<br />

83 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 9.4.1842, S. 217; Joseph Kahn<br />

betont die Freiwilligkeit des Militärdienstes und er weist auf die Vermögensumstände<br />

hin. Damit leistet er einen Beitrag <strong>zur</strong> Humanisierung des<br />

98


seph Kahn betont in seinen Gemeinden Bürger jüdischen<br />

Glaubens Pflichten und an<strong>der</strong>e Dienste dem Staat gegenüber<br />

zu beachten habe, sofern seine Vermögensumstände es gestatten.<br />

Dieses bedeutet, dass er die Ansprüche des Staates nicht<br />

isoliert von den wirtschaftlichen und familiären Verhältnissen<br />

betrachtet. Für ihn ist <strong>der</strong> Staat also kein Prinzip, dem sich die<br />

Einzelperson vorbehaltlos zu unterwerfen hat. Dass er am 18.<br />

Juni 1871 in <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Synagoge einen Dankgottesdienst für<br />

„den errungenen glorreichen Frieden“ 84 nach dem Krieg <strong>der</strong><br />

Deutschen gegen Frankreich hielt, entspricht seinen Vorstellungen<br />

eines emanzipierten <strong>Juden</strong>tums. Das von Joseph Kahn<br />

angedachte Verhältnis von Religion und Staat, den Militärdienst<br />

betreffend, führte dazu, dass <strong>Juden</strong> und Christen für<strong>der</strong>hin<br />

geeint in gleicher nationaler Motivation in den Krieg<br />

zogen. Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Erste Weltkrieg zeigte erstmals, dass<br />

zahlreiche jüdische Männer als deutsche Soldaten schwer verwundet<br />

und getötet wurden. Allein <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Region Konz starben<br />

in diesem Krieg mehrere jüdische Männer, z.B. <strong>aus</strong> Könen,<br />

<strong>aus</strong> Konz und <strong>aus</strong> Oberemmel. In Könen hält <strong>der</strong> Verfasser<br />

<strong>der</strong> Schulchronik die Namen <strong>der</strong> jüdischen Kriegstoten des<br />

Ortes fest. In Oberemmel erinnert eine Tafel aller Kriegstoten<br />

des Ersten Weltkrieges an <strong>der</strong> alten Kirche auch an die beiden<br />

jüdischen Gefallenen. In <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Synagoge wurde eine<br />

Tafel mit den Namen <strong>der</strong> Kriegstoten des Ersten Weltkrieges<br />

angebracht, die nach dem Zweiten Weltkrieg von jüdischen<br />

Gemeindemitglie<strong>der</strong>n <strong>aus</strong> <strong>der</strong> zerstörten Synagoge geborgen<br />

und in die neue Synagoge gebracht wurde. 85<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg erhält das deutsche <strong>Juden</strong>tum<br />

seine völlige Gleichberechtigung. Die Kern<strong>aus</strong>sage <strong>der</strong> Weimarer<br />

Reichsverfassung geht von <strong>der</strong> Trennung von Religion<br />

und Staat <strong>aus</strong>. Damit ist <strong>der</strong> Weg frei für eine eigenständige<br />

Organisation <strong>der</strong> einzelnen Religionen in Deutschland, die bis<br />

staatlichen Anspruchs auf die von Preußen und Habsburg beanspruchte<br />

allgemeine Militärpflicht.<br />

84 Kayserling: Bibliothek jüdischer Kanzelredner, S. 300.<br />

85 <strong>Juden</strong> in <strong>Trier</strong>. Katalog einer Ausstellung, S. 106.<br />

99


dahin unbekannt war. Diese neue Rechtssituation entspricht<br />

<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung von Joseph Kahn an den preußischen Staat seiner<br />

Zeit, die dieser aber nicht einlöste.<br />

Mit dem Beginn <strong>der</strong> Nazi-Herrschaft im Jahre 1933 ist <strong>der</strong><br />

Abbruch aller Ideen von Toleranz und Humanität verbunden,<br />

<strong>der</strong> alle aufklärerischen Bemühungen des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

zunichtemachte. Die fortschrittliche Verfassung <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik wurde von den Nationalsozialisten zuerst demagogisch<br />

abgewertet und anschließend außer Kraft gesetzt.<br />

Im Grundgesetz <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland von 1949<br />

wurden die Artikel <strong>der</strong> Weimarer Reichsverfassung, die das<br />

Verhältnis von Religion und Staat betreffen, neu verankert.<br />

Joseph Kahn und <strong>der</strong> Synagogenbau in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong><br />

Zur Erneuerung des <strong>Juden</strong>tums zählt für den <strong>Trier</strong>er Oberrabbiner<br />

Kahn auch <strong>der</strong> Bau neuer Synagogen in den überwiegend<br />

kleinen Gemeinden seines Amtsbezirkes. Dieser ist nicht<br />

identisch mit dem heutigen Regierungsbezirk <strong>Trier</strong>, son<strong>der</strong>n er<br />

ist erweitert um Teile des heutigen nördlichen Saarlandes.<br />

In <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> existierten um 1840 in den kleinen<br />

Gemeinden viele provisorische Gebetsräume, die in Privathäusern<br />

untergebracht waren, die die Funktion als Synagoge mehr<br />

recht als schlecht erfüllten. 86 In an<strong>der</strong>en Gemeinden waren die<br />

Synagogen zu klein, zu alt o<strong>der</strong> baufällig geworden, z.B. in<br />

Tholey, in in Spiesen, in Schweich und in <strong>Trier</strong>. Sowohl die<br />

Gebetsräume als auch die alten Synagogen genügten we<strong>der</strong><br />

dem neuen Anspruch <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> noch <strong>der</strong> zum Teil stark angestiegenen<br />

Zahl von Gemeindemitglie<strong>der</strong>n.<br />

86 Eine genaue Bestandsaufnahme fehlt. In den Quellen werden die privaten<br />

Gebetsräume zum Teil Synagogen genannt, gemäß dem Wortsinn als Ort,<br />

an dem man zum Beten zusammenkommt. Vgl. auch Reichard/Heidenblut:<br />

Synagogen im Landkreis <strong>Trier</strong>-Saarburg.<br />

100


Oberrabbiner Kahns Bautätigkeit neuer Synagogen bezieht<br />

sich auf die überwiegend kleinen Gemeinden seines Amtsbezirks,<br />

größere Synagogen entstanden lediglich in Scheich und<br />

in <strong>Trier</strong>.<br />

Ein mit dem Pseudonym „Zeta“ gezeichneter Artikel in <strong>der</strong><br />

„Allgemeinen Zeitung des <strong>Juden</strong>tums“ vom 5. Januar 1852<br />

vergleicht die Lage <strong>der</strong> jüdischen Landgemeinden in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

mit <strong>der</strong> neuen Lage, die Oberrabbiner Kahn geprägt<br />

hat. Während im „Konsistorialsprengel <strong>Trier</strong> die Landgemeinden<br />

verwahrlost, ohne Synagoge, ohne Religionsschule,<br />

überhaupt ohne jede, einer Religionsgemeinde nöthige Einrichtung“<br />

waren, sei seit dem Amtsantritt von Oberrabbiner<br />

Kahn in den Gemeinden seines Sprengels ein frischer, religiöser<br />

Geist erwacht, <strong>der</strong> „zu großen Opfern zum Bau schöner<br />

Synagogen“ geführt hätte. 87 In den vergangenen fünf bis sechs<br />

Jahren seien nicht weniger als 18 neue Synagogen errichtet<br />

worden und in jedem weiteren Jahr würde sich diese Zahl vergrößern.<br />

Der Verfasser hebt hervor, dass dies das Verdienst<br />

des <strong>Trier</strong>er Oberrabbiners sei, er hätte den „Aufschwung <strong>der</strong><br />

hiesigen Verhältnisse angeregt und das Feuer <strong>der</strong> Begeisterung<br />

für die gute Sache angefacht und unterhalten“. 88 Die „Allgemeine<br />

Zeitung des <strong>Juden</strong>tums“ gibt im Jahre 1865 an, dass<br />

Joseph Kahn in 47 von 49 Gemeinden neue Synagogen erbaut<br />

habe. 89 In „Kahns Bade- und Reiseberichte“, die Joseph Kahn<br />

während seines Kuraufenthaltes im Jahre 1867 in Bad Ems<br />

verfasste, nennt er die Zahl 29, bemerkt aber dazu, dass sich<br />

noch weitere Synagogen im Bau befänden. 90 Realistischer<br />

wäre es deshalb, von 30 bis 35 Synagogeneinweihungen <strong>aus</strong>zugehen.<br />

Auch kann die Zahl <strong>der</strong> Synagogeneinweihungen<br />

nicht <strong>der</strong> im Jahre 1838 mit 38 angegebenen Zahl 91 hinzu gerechnet<br />

werden, denn in einigen Orten wird <strong>aus</strong>drücklich da-<br />

87 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 5.1.1852, S. 18/19.<br />

88 Ebda., S. 19.<br />

89 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>tums vom 27.6.1865, S. 395.<br />

90 Ben Chananja, 1.10.1867, S. 617.<br />

91 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 21.6.1838, S. 1.<br />

101


auf hingewiesen, dass im Rahmen <strong>der</strong> Einweihungsfeierlichkeiten<br />

die Prozession <strong>der</strong> Gläubigen von <strong>der</strong> alten <strong>zur</strong> neuen<br />

Synagoge geleitet wurde, so zum Beispiel in Tholey, also vorhandene<br />

zu kleine o<strong>der</strong> baufällige Synagogen durch einen<br />

Neubau ersetzt wurden. Damit verlor die alte Synagoge ihre<br />

sakrale Bedeutung, zählte künftig nicht mehr als Synagoge<br />

und wurde abgerissen o<strong>der</strong> profanen Zwecken zugeführt. Nur<br />

in kleineren Gemeinden dürfte die neue Synagoge die erste am<br />

Ort gewesen sein. Häufig wurden vorher die Gottesdienste<br />

dieser keinen Gemeinden in privaten Räumen abgehalten.<br />

<strong>Wawern</strong> ist ein solches Beispiel. Die 1844 feierlich eingeweihte<br />

Synagoge, die als restauriertes Gebäude noch heute existiert,<br />

hatte keinen Vorgängerbau, son<strong>der</strong>n die Gemeinde hatte<br />

sich in einem Gebetsraum versammelt, <strong>der</strong> in einem Privath<strong>aus</strong><br />

eingerichtet war. 92 Ganz sicher aber hat sich die Zahl <strong>der</strong><br />

Synagogen in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> während <strong>der</strong> Amtszeit von<br />

Joseph Kahn merklich vergrößert.<br />

Nicht alle Einweihungsfeiern neuer Synagogen in <strong>der</strong><br />

Amtszeit von Oberrabbiner Kahn lassen sich in einem mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger umfangreichen Bericht in einer <strong>der</strong> jüdischen<br />

Zeitungen wie<strong>der</strong>finden. Aus <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> sind die Einweihungsfeiern<br />

<strong>der</strong> Synagogen in <strong>Wawern</strong>, in <strong>Trier</strong>, in<br />

Spiesen, in Tholey, in Schweich, in Bernkastel, in Zeltingen,<br />

in Trittenheim, in Neunkirchen und in Müstert-Emmel (Nie<strong>der</strong>emmel)<br />

in Form eines Zeitungsberichts festgehalten. 93 Ein<br />

Artikel über die Einweihungsfeier <strong>der</strong> Synagoge von Lösnich<br />

<strong>aus</strong> dem Jahre 1867 findet sich in „Kahns Bade- und Reise-<br />

92 Dieser Gebetsraum ist heute noch in einem Wohnh<strong>aus</strong> anhand von sakralen<br />

Fensterrahmen zu erkennen. Freundlicher Hinweis von Hans Greis,<br />

<strong>Wawern</strong>. In Oberemmel, in Trittenheim, in Bitburg, in Nie<strong>der</strong>emmel, in<br />

Mehring, in Leiwen und an<strong>der</strong>en Orten sind solche privaten Gebetsräume<br />

nachzuweisen. In Hermeskeil diente noch bis Ende <strong>der</strong> dreißiger Jahre<br />

ein Privatraum als Synagogoge. Vgl. Marx, Georg: <strong>Juden</strong> in Hermeskeil,<br />

S. 33.<br />

93 Zum Teil beziehen sich die Berichte in den jüdischen Zeitungen auf regionale<br />

Zeitungsberichte, z.B. zu <strong>Wawern</strong> und zu Trittenheim.<br />

102


Synagoge <strong>Wawern</strong>, heutiger Zustand<br />

103


Schweicher Synagoge, heutiger Zustand<br />

104


Plan <strong>zur</strong> Vor<strong>der</strong>seite <strong>der</strong> Synagoge <strong>Trier</strong> 1858<br />

105


Synagoge <strong>Trier</strong> 94<br />

94 Löwenstein, Isaac: Yom-ha-bikkurim: eine vollständige israelitische<br />

Confirmationshandlung am Schebuoth-Feste, Frankfurt 1883, S. 94. (Universitätsbibliothek<br />

Frankfurt a.M., Signatur Jud 1772. - Frau Maike Strobel<br />

sei herzlich gedankt für die Übermittlung <strong>der</strong> Kopien). Erstmals veröffentlicht<br />

in: Schulte, Bärbel: Max Lazarus. <strong>Trier</strong>-St. Louis- Denver. Ein<br />

jüdisches Künstlerschicksal, <strong>Trier</strong> 2010, S. 279. (Katalog-Handbuch <strong>zur</strong><br />

Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift <strong>Trier</strong> 21. März-27. Juni 2010).<br />

Dieses „Foto“ gehört aufgrund <strong>der</strong> unterschiedlichen zeitlichen Bezüge<br />

von Buch und Bild - <strong>der</strong> Druck erfolgte 1843, die <strong>Trier</strong>er Synagoge wurde<br />

dagegen erst 1859 eingeweiht - nicht zu diesem Buch, son<strong>der</strong>n ist als<br />

spätere Hinzufügung zu verstehen. Möglicherweise handelt es sich um<br />

ein Relikt des früheren Besitzers, <strong>der</strong> unter Amtspersonen einer jüdischen<br />

Gemeinde zu suchen ist, da sich dieses Buch an einen jüdischen<br />

Lehrer, einen Kantor o<strong>der</strong> einen Rabbiner richtet. Das Bild <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er<br />

Synagoge ist vermutlich zufällig in dieses Buch gelegt worden. Es ist<br />

bekannt, dass Oberrabbiner Stein von Frankfurt a.M. die Festrede <strong>zur</strong><br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge von <strong>Trier</strong> im Jahre 1859 hielt. Es lassen sich<br />

allerdings auch an<strong>der</strong>e Theorien entwickeln, die das Zusammentreffen<br />

von Buch und Bild erklären. So könnte es sich um einen Erinnerungsgegenstand<br />

an einen Besuch in <strong>Trier</strong> handeln o<strong>der</strong> um eine postalische<br />

versandte Grußkarte; im Augenblick fehlen Belege für eine eindeutige<br />

106


erichte“. 95 Allein im Jahre 1855 seien vier Synagogen im<br />

<strong>Trier</strong>er Sprengel eingeweiht worden. 96 Berichte darüber sind<br />

bisher noch nicht entdeckt worden. In <strong>der</strong> Beilage <strong>der</strong> „Allgemeinen<br />

Zeitung des <strong>Juden</strong>thums“ vom 19.12. 1865 wird die<br />

Einweihungsfeier <strong>der</strong> Synagoge in Neunkirchen beschrieben. 97<br />

Die Einweihungsfeiern werden in <strong>der</strong> Regel als großes Ereignis<br />

<strong>der</strong> Gesamtgemeinde, einschließlich <strong>der</strong> christlichen Mitbürger,<br />

beschrieben. Häufig wird darauf hingewiesen, dass die<br />

bürgerlichen Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde und des Landkreises<br />

anwesend waren. Auch christliche Geistliche werden vereinzelt<br />

als Mitfeiernde erwähnt. Der Oberrabbiner Kahn als wichtigste<br />

Person <strong>der</strong> Weihehandlung stand stets im Mittelpunkt<br />

Klärung dieser Frage.<br />

Die Abbildung <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Synagoge weist die Form einer großen Postkarte<br />

auf, auf <strong>der</strong> <strong>der</strong> graphische Inhalt im Querformat präsentiert ist. Diese<br />

Anordnung betont das Ausmaß des Baukörpers im neo-romanischen Stil.<br />

Der romanische B<strong>aus</strong>til habe sich an <strong>der</strong> Synagoge von Worms orientiert,<br />

führt <strong>der</strong> Architekt Christian Wilhelm Schmidt in seiner im Materialband<br />

<strong>zur</strong> Einweihung <strong>der</strong> Synagoge abgedruckten Baubeschreibung (Seite 52)<br />

<strong>aus</strong>. - Am unteren Rand <strong>der</strong> Abbildung findet sich in geschwungenem<br />

Schriftzug die Bezeichnung des dargestellten Gegenstandes: „Die neue<br />

Synagoge zu <strong>Trier</strong>“.<br />

95 Ben Chananja, 1.10.1867, S. 617; <strong>zur</strong> Synagogeneinweihung in Merzig<br />

vgl. Der Israelit im neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t vom 30. 10.1842, S. 178; <strong>zur</strong><br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge Trittenheim vgl. Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums<br />

vom 20.4.1857, S. 225, ebenso Schmitt, Christoph: „Ein Gottesh<strong>aus</strong><br />

zum Gebete für alle“. Die Synagoge <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde<br />

Trittenheim . Zur Synagogeneinweihung in <strong>Trier</strong> vgl. Zenz, Emil: <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t. Bd.II, S. 201/202. Sowohl von<br />

<strong>der</strong> Grundsteinlegung am 6. 10.1857 als auch von <strong>der</strong> Einweihungsfeier<br />

am 9./10. 9.1859 existieren Buch<strong>aus</strong>gaben, die Berichte, Reden, Gebete,<br />

Gedichte und Dokumente enthalten. Siehe Literaturliste.<br />

96 Israelitischer Volkslehrer vom September 1855, S. 366<br />

97 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums, Beilage <strong>zur</strong> Nr. 51 vom 19.12.1865;<br />

vgl. auch Ben Chananja vom 20.12. 1865, S. 915-916 und vom 7.12.1865,<br />

S. 920-921. Ungewöhnlich ist, dass Ben Chananja von <strong>der</strong> Synagogeneinweihung<br />

zwei Berichte veröffentlichte. In Neunkirchen weihte Joseph<br />

Kahn seine 28. Synagoge ein.<br />

107


Synagoge Neunkirchen, historische Aufnahme<br />

<strong>der</strong> Berichterstattung. Einzelheiten <strong>der</strong> Festpredigt und <strong>der</strong><br />

Liturgie sind fast jedem Artikel zu entnehmen. Der Artikel <strong>zur</strong><br />

Einweihungsfeier in Schweich und Bernkastel hob hervor,<br />

dass das Programm zu dieser Veranstaltung bereits bei <strong>der</strong><br />

Einweihungsfeier <strong>der</strong> Magdeburger Synagoge verwendet wurde;<br />

die „Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>tums“ druckte sogar<br />

einige Lie<strong>der</strong> <strong>aus</strong> Magdeburg ab. 98<br />

Als am 13. August 1844 in <strong>Wawern</strong> eine neue Synagoge<br />

eingeweiht wurde, nahm Oberrabbiner Joseph Kahn in seinem<br />

Heimatdorf, wie die Zeitung „Der Israelit in neunzehnten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t“ in <strong>der</strong> Ausgabe vom 3. November 1844 schreibt,<br />

die sakralen Handlungen vor. Der Verfasser legt Wert darauf<br />

98 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 1.11.1852, S. 538/539.<br />

108


zu berichten, dass viele und angesehene Bürger zu diesem<br />

Anlass nach <strong>Wawern</strong> gekommen waren: Die meisten Beamten,<br />

viele <strong>der</strong> ersten Bürger <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Umgebung von Saarburg 99<br />

Der Synagogenbau in <strong>Trier</strong> im Jahre 1857 nimmt einen<br />

breiten publizistischen Raum ein. Bereits die Feier <strong>zur</strong> Grundsteinlegung<br />

<strong>der</strong> neuen Synagoge <strong>Trier</strong> wurde in Buchform<br />

veröffentlicht. 100 Als Buch wurde auch die Einweihungsfeier<br />

am 9./10. September 1859 her<strong>aus</strong>gegeben. Berichtet wird über<br />

die Bauplanung, über die Finanzierung und die Baugeschichte<br />

ebenso wie über die Liturgie <strong>der</strong> Einweihungsfeier, an <strong>der</strong><br />

mehr als 700 Nicht-<strong>Juden</strong> teilnahmen, insgesamt 1300 Personen.<br />

Abgedruckt sind die zu diesem Anlass publizierten Zeitungsartikel<br />

<strong>der</strong> <strong>Trier</strong>´schen Zeitung. Bertha Kahn, die Tochter<br />

des Oberrabbiners, und Anna Rothschild hatten Gedichte vorgetragen.<br />

101<br />

Der Bau neuer Synagogen stellte für die zum Teil kleinen<br />

Gemeinden in <strong>der</strong> Region eine erhebliche finanzielle Belastung<br />

dar. In allen Berichten wird deshalb auf die außergewöhnlichen<br />

Anstrengungen einzelner Personen und <strong>der</strong> gesamten<br />

Gemeinden hingewiesen. In Bitburg hatten die jüdischen<br />

Viehhändler im Rahmen ihrer Handelsgeschäfte ihre<br />

christlichen Vertragspartner gebeten, einen Thaler für den Bau<br />

<strong>der</strong> dortigen Synagoge beizusteuern. 102<br />

99 Im Text steht <strong>der</strong> Name „Sonneburg“, doch dürfte es sich um eine Verschreibung<br />

für Saarburg handeln, da alle weiteren Informationen keinen<br />

Zweifel daran lassen, dass nur die Synagogeneinweihungsfeier in <strong>Wawern</strong><br />

gemeint sein kann, das in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> kleinen Stadt Saarburg liegt.<br />

100 Bau-Comité (Hrsg.): Grundsteinlegung <strong>zur</strong> neuen Synagoge <strong>Trier</strong> am 6.<br />

October 1857, <strong>Trier</strong> 1857. Die bisher unbekannte Lyrikerin Clara Levy<br />

hatte zu dieser Feier Gedichte beigetragen. Ob die von Bertha Kahn,<br />

Tochter des Oberrabbiners Joseph Kahn, und Anna Rothschild <strong>zur</strong> Einweihung<br />

<strong>der</strong> neuen Synagoge im Jahre 1859 vorgetragen Gedichte auch<br />

von Clara Levy stammen, ist nach dem jetzigen Kenntnisstand nicht zu<br />

beweisen, aber nicht unwahrscheinlich.<br />

101 Kahn, Joseph: Die Feier <strong>der</strong> Einweihung <strong>der</strong> neuen Synagoge zu <strong>Trier</strong> am<br />

9./10. September 1859, 2. Auflage, <strong>Trier</strong> 1860.<br />

102 Israeltisches Wochenblatt [<strong>Trier</strong>] 1887, S. 27. Dieses Ereignis wird rückblickend<br />

von <strong>der</strong> Bistumszeitung „Paulinus“ mit dem Begriff „Gewalt-<br />

109


Damit die neue Synagoge in <strong>Trier</strong> errichtet werden konnte,<br />

betätigte sich Oberrabbiner Kahn als „Selbstsammler“, <strong>der</strong> in<br />

Frankfurt a.M. und in Paris „namhafte Beiträge“ zu diesem<br />

Zweck erhielt. 103 Ausführlich gibt <strong>der</strong> Oberrabbiner Kahn <strong>aus</strong><br />

<strong>Trier</strong> Rechenschaft über die Herkunft <strong>der</strong> Gel<strong>der</strong>, die zum Bau<br />

<strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Synagoge benötigt wurden. Die größte Summe<br />

hatte die jüdische Gemeinde in <strong>Trier</strong> selbst aufzubringen. Zu<br />

diesem Zweck gab <strong>der</strong> Vorstand im Jahre 1854, nachdem <strong>der</strong><br />

Beschluss zu einem Neubau gefasst war, eine Liste <strong>aus</strong>, in die<br />

sich Freiwillige eintragen konnten, die bereit waren, in 5 Jahren<br />

20 Monatsraten zu leisten. Aus dieser Selbstverpflichtung<br />

wurden insgesamt 4300 Thaler eingesammelt. Die Zahlungen<br />

auf die einzelnen Jahre übertragen, zeigen, dass 1855, einem<br />

Krisenjahr, nur 508 Thaler zusammenkamen. An größeren<br />

Privatspenden sind 150 Thaler im Jahre 1854 und 500 Thaler<br />

im Jahre 1858 von Baron Rothschild <strong>aus</strong> Frankfurt vermerkt.<br />

Auf Vermittlung von Albert Cohn und Rabbiner Stein <strong>aus</strong><br />

Frankfurt zahlte <strong>der</strong> Bankier Rothschild <strong>aus</strong> Paris 1000 Thaler.<br />

Von Christen stammten insgesamt 600 Thaler. Als im Jahre<br />

1858 die Frau des Oberrabbiners, Rebecca Biema, starb, gründete<br />

sich ein Komitee zu ihrer Erinnerung, welches 2203 Thaler<br />

zum Bau <strong>der</strong> neuen Synagoge aufbrachte. Der Bürgermeister<br />

<strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> hatte im Jahre 1854 1500 Thaler zum Synagogenvorhaben<br />

zugesagt, diese Zusage allerdings an Bedingungen<br />

geknüpft: Die jüdische Schule und die Wohnung des jüdischen<br />

Elementarlehrers solle im jüdischen Gemeindeh<strong>aus</strong> untergebracht<br />

werden. Diese Bedingung wurde nicht realisiert.<br />

Im Jahre 1857 beschloss die Abgeordnetenversammlung <strong>der</strong><br />

Stadt, den Bau <strong>der</strong> Synagoge mit 500 Thalern zu för<strong>der</strong>n. Über<br />

1000 Thaler kamen zusammen <strong>aus</strong> Versteigerung und Vermietung<br />

von „Stätten“ in <strong>der</strong> neuen Synagoge. 104<br />

mittel“ bezeichnet.<br />

103 Der israelitische Volkslehrer, Oktober 1858, S. 331.<br />

104 Kahn, Joseph [Hrsg.]: Die Feier <strong>der</strong> Einweihung <strong>der</strong> neuen Synagoge.<br />

110


Dank <strong>der</strong> von Oberrabbiner Joseph Kahn zusammengetragenen<br />

<strong>Materialien</strong> lassen sich sowohl <strong>der</strong> Festzug als auch die<br />

Liturgie <strong>der</strong> Einweihungsfeier rekonstruieren.<br />

Der Festzug am 9. September 1859 von <strong>der</strong> Weberbach bis<br />

zum Zuckerberg ab 2 Uhr:<br />

Alle Fenster auf diesem Weg waren geschmückt mit Flaggen, Symbolen<br />

und Laubgewinden<br />

Die Schuljugend mit ihrem Lehrer<br />

Das Musikcorps<br />

Der Synagogengesangverein<br />

Die Träger <strong>der</strong> Thora-Rollen, umgeben von weißgekleideten Mädchen<br />

mit Blumenkränzen<br />

Zwei Mädchen, die die Schlüssel trugen<br />

Der Oberrabbiner Joseph Kahn und <strong>der</strong> assistierende Rabbiner Stein<br />

<strong>aus</strong> Frankfurt<br />

Der Vorstand <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde und das Bau-Komitee<br />

Mitglie<strong>der</strong> des Konsistoriums<br />

Die hohe Behörde<br />

Der Architekt und <strong>der</strong> Baumeister<br />

Gemeindemitglie<strong>der</strong><br />

Die Einweihungsliturgie:<br />

Überreichung <strong>der</strong> Schlüssel im Vorhof <strong>der</strong> Synagoge<br />

Öffnung <strong>der</strong> Synagogentüren<br />

Erklärung <strong>der</strong> hebräischen Inschriften<br />

Vortrag von zwei Gedichten von Bertha Kahn und Anna Rothschild<br />

111


Einweisungsgebet von Oberrabbiner Joseph Kahn<br />

Einzug in die Synagoge, begleitet von den Klängen des Musikcorps<br />

und Liedvorträgen des Synagogengesangvereins<br />

Die Thorarollen werden in die Mitte <strong>der</strong> Synagoge getragen<br />

Die Türen des Thoraschreins werden geöffnet und die Thorarollen<br />

eingestellt<br />

Gebetsvortrag und Thoralesung von Kantor Schnerb <strong>aus</strong> Merzig<br />

Predigt von Oberrabbiner Joseph Kahn<br />

Festrede von Rabbiner Stein <strong>aus</strong> Frankfurt<br />

Vorträge des Musikcorps und des Synagogengesangvereins<br />

Segen in hebräischer und deutscher Sprache für die Gemeinde, die<br />

Stadt, den König und das Vaterland von Oberrabbiner Joseph Kahn<br />

Obwohl die Bitburger Synagoge erst 1877, also zwei Jahre<br />

nach dem Tod von Joseph Kahn, eingeweiht wurde, ist sie<br />

dennoch in sein Bauprogramm einzuordnen, da die Vorüberlegungen<br />

zu einem Bauvorhaben dieser Art eine jahrelange Vorlaufzeit<br />

benötigen. Dass die Festrede <strong>zur</strong> Einweihung <strong>der</strong> neuen<br />

Synagoge <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Kantor und Religionslehrer Michael<br />

Levy, ein langjähriger Vertrauter des verstorbenen Oberrabbiners<br />

Joseph Kahn, hielt, spricht für den Einfluss des <strong>Trier</strong>er<br />

Rabbiners auf dieses Bauprojekt. 105<br />

Die Restauration <strong>der</strong> ehemaligen Synagoge <strong>Wawern</strong> ist<br />

dargestellt in dem Band „Neue Nutzung in alten Gebäuden“,<br />

hrsg. von Marie-Luise Niewodniczanska, o.J.,<br />

S. 43-46<br />

105 Der Israelit vom 25.4.1877, S. 389-390.<br />

112


För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> jüdischen Schule<br />

Oberrabbiner Joseph Kahn wirkt auf vielen Ebenen, damit<br />

sein Sprengel, <strong>der</strong> Regierungsbezirk <strong>Trier</strong>, eine fortschrittliche<br />

Entwicklung nimmt. Er för<strong>der</strong>t nicht nur den Synagogenbau,<br />

son<strong>der</strong>n legt großen Wert auf die Entwicklung <strong>der</strong> jüdischen<br />

Schulen. Bereits vor seinem Amtsantritt als Rabbiner von<br />

<strong>Trier</strong> befasste er sich mit <strong>der</strong> vorbildlichen jüdischen Elementarschule<br />

<strong>Trier</strong> unter Leitung von Isaak Levy. 106 Die Vorbildfunktion<br />

<strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Elementarschule bleibt über mehrere Generationen<br />

erhalten, aber in den Landgemeinden wird dieses<br />

Vorbild nach über 20 Jahren schulischen Engagements seitens<br />

des <strong>Trier</strong>er Rabbinats nicht Standard in allen jüdischen Gemeinden.<br />

Seine sechsteilige Artikelserie in <strong>der</strong> jüdischen Zeitschrift<br />

„Ben Chananja“ <strong>aus</strong> dem Jahre 1864 geht unter an<strong>der</strong>em<br />

auch auf die Lage <strong>der</strong> jüdischen Schulen ein. Vieles lasse<br />

zu wünschen übrig, manche Gemeinden verfügten über keinen<br />

Lehrer, an<strong>der</strong>e müssten sich mit einem unfähigen behelfen. Er<br />

erkennt die Gründe in <strong>der</strong> Weigerung <strong>der</strong> Gemeinden, einen<br />

Lehrer aufzunehmen und in den gesetzlichen Bestimmungen.<br />

107 Im Vergleich zu früheren Zeiten habe sich einiges geän<strong>der</strong>t.<br />

Viele Gemeinden hätten vorzügliche Elementar- und<br />

Religionslehrer, von denen einige sich durch vorzügliche<br />

Kenntnisse <strong>aus</strong>zeichneten. Einige Gemeinden hätten ihre Opferbereitschaft<br />

<strong>zur</strong> Anstellung eines Lehrers verdoppelt. Die<br />

meisten Lehrer versähen das Vorbeteramt und das des Schächters.<br />

Joseph Kahn ist zuversichtlich, dass sich die schulischen<br />

Unzulänglichkeiten in Zukunft vermin<strong>der</strong>n werden. 108<br />

Joseph Kahn sieht die Schule als Einrichtung, die intelligente<br />

jüdische Schüler für eine höhere Ausbildung qualifizie-<br />

106 Israelitische Annalen vom 18.1.1839, S. 23/24; ebenfalls sein Mitbewerber<br />

um das Rabbineramt, Moses Heß, vgl. Israelitische Annalen vom<br />

10.5.1839. S. 150.<br />

107 Kahn, Joseph: Aus dem Regierungsbezirke <strong>Trier</strong>, in: Ben Chananja vom<br />

30.3.1864, S. 263.<br />

108 Ebda.<br />

113


en kann, damit sie nicht in <strong>der</strong> traditionellen Viehhändlerrolle<br />

verbleiben. 109<br />

Die Verbesserung <strong>der</strong> jüdischen Schulen ist nicht nur sein<br />

Werk, son<strong>der</strong>n auch das <strong>der</strong> jüdischen Lehrer selbst. Erstmals<br />

versammelten sich dreizehn jüdische Lehrer <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Rheinprovinz<br />

im Jahre 1846 in Krefeld, um über die Probleme <strong>der</strong> jüdischen<br />

Schule zu diskutieren und einheitliche Lehrbücher für<br />

die jüdischen Fächer festzulegen. 110<br />

Auf die Lage <strong>der</strong> jüdischen Lehrer wurde die Öffentlichkeit<br />

in <strong>der</strong> Denkschrift israelitischer Lehrer Westphalens und <strong>der</strong><br />

Rheinprovinz vom Juli 1862 durch jüdische Lehrer aufmerksam<br />

gemacht. Die jüdischen Lehrer beklagten, dass sie zwar<br />

dieselbe Ausbildung wie ihre christlichen Kollegen erworben<br />

hätten, aber in den jüdischen Privatschulen ohne staatlichen<br />

Schutz unterrichten müssten. Dies hätte <strong>zur</strong> Folge, dass die<br />

Lehrer je<strong>der</strong>zeit entlassen werden könnten. Außerdem könne<br />

<strong>der</strong> jüdische Lehrer am Ende seiner Dienstzeit keine Rente<br />

erwarten. Deswegen sei <strong>der</strong> Beamtenstatus des jüdischen Lehrers<br />

zu for<strong>der</strong>n. Da die vom Staat begünstigte Schule eine<br />

christliche sei, müsse sich <strong>der</strong> jüdische Schüler die christlichen<br />

Anschauungen aneignen. Dies aber zerstöre jedes Glaubenselement<br />

des jüdischen Kindes. Das Gesetz begünstige und<br />

verlange die Heranbildung „einer glaubenslosen Generation<br />

unter den Israeliten.“ Eine jüdische Konfessionsschule sei<br />

deswegen notwendig, um die jüdische Identität zu gewährleisten.<br />

Deswegen for<strong>der</strong>ten die Lehrervertreter:<br />

den Beamtenstatus für die jüdischen Lehrer<br />

<br />

<br />

gleiche Grundsätze bei <strong>der</strong> Anstellung<br />

Kostenübernahme <strong>der</strong> jüdischen Schule durch die<br />

politischen Gemeinden<br />

109 Seine theologische Haltung kam in einer in Ottweiler gehaltenen Predigt<br />

zum Ausdruck: „Der Mensch darf auch nicht nur auf dem Boden stehen,<br />

an <strong>der</strong> Scholle kleben bleiben; er muss vielmehr auf <strong>der</strong> Himmelsleiter<br />

stets hinauf und fortschreiten, bis er die Spitze erreicht und <strong>zur</strong> Erkenntnis<br />

Gottes gelangt ist.“ Vgl. AZJ vom 11.2.1862.<br />

110 Eliav, Mordechai: Jüdische Erziehung in Deutschland, S. 398.<br />

114


ein Mindestgehalt von 250 Thalern jährlich<br />

Sitz und Stimme des jüdischen Lehrers im Schulvorstand<br />

Aufhebung des Verbots des Schulbesuchs christlicher<br />

Schüler in jüdischen Schulen.<br />

Schulinspektion durch einen Rabbiner. 111<br />

Die Haltung des <strong>Trier</strong>er Oberrabbiners Joseph Kahn in <strong>der</strong><br />

Schulfrage ist noch 12 Jahre nach seinem Tod ein Thema des<br />

jüdischen Lehrerverbandes. In seiner Ablehnung <strong>der</strong> Gesetze<br />

von 1847 sei die Ursache für ihre nach wie vor missliche Lage<br />

zu erkennen.<br />

Die jüdischen Elementarlehrer <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> beteiligen<br />

sich zeitlich verzögert als Einzelpersonen und in Verbänden<br />

organisiert an einer Dauerdiskussion über die Bedeutung <strong>der</strong><br />

jüdischen Schule, über die Lerninhalte und über die rechtliche<br />

und finanzielle Lage <strong>der</strong> Lehrer. Eine her<strong>aus</strong>ragende Persönlichkeit<br />

dieser Jahre stellt <strong>der</strong> in Hoppstädten tätige jüdische<br />

Lehrer Emanuel Hecht dar, <strong>der</strong> eine große Zahl von pädagogischen<br />

Schriften verfasste und mehrere Schulbücher überarbeite<br />

o<strong>der</strong> neu her<strong>aus</strong>gab. 112 Außerdem kämpfte er für die Belange<br />

<strong>der</strong> jüdischen Lehrer. Joseph Kahn würdigte diesen außergewöhnlichen<br />

jüdischen Lehrer in einem Nekrolog mit den<br />

Worten des Landesrabbiners Goldmann: Dr. Hecht habe als<br />

Lehrer, Schriftsteller und Kämpfer für den Fortschritt des <strong>Juden</strong>tums<br />

segensreich gewirkt. Neben seiner schriftstellerischen<br />

Arbeit habe er die Schule niemals vernachlässigt, sie sei eine<br />

<strong>der</strong> besten gewesen, er sei mit Begeisterung Lehrer gewesen<br />

und habe den Lehrerstand mit allem Eifer zu heben sich bemüht.<br />

113<br />

Publizistischer Ausdruck dieser öffentlich <strong>aus</strong>getragenen<br />

Diskussion stellt die von dem jüdischen Elementarlehrer Aron<br />

111 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 12.8.1862, S. 543-558; und<br />

vom 7.6.1888, S. 367/368.<br />

112 Kronenberger, Fritz: Dr. Emanuel Hecht 1921-1862, in: Mitteilungen des<br />

Vereins für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld, 1977, S. 33-40.<br />

113 Ben Chananja vom 14.3.1862, S. 90-91<br />

115


Nussbaum in <strong>Trier</strong> gegründete Zeitschrift „Israelitisches<br />

Volksblatt“ 114 dar. Allein in den Ausgaben des Jahres 1887<br />

finden sich fünfzehn Artikel zu Fragen <strong>der</strong> jüdischen Schule.<br />

Unter den namentlich gekennzeichneten Verfassern dieser<br />

Zeitschrift ist <strong>der</strong> jüdische Elementarlehrer German Sen<strong>der</strong> <strong>aus</strong><br />

Tholey mit einem „Mahnruf“ vertreten, <strong>der</strong> im Wesentlichen<br />

darauf zielte, die jüdischen Gemeinden zu bewegen, die neuen<br />

preußischen Gesetze <strong>zur</strong> Bildung von staatlich anerkannten<br />

Synagogengemeinden zu nützen, um die Belange <strong>der</strong> kleinen<br />

jüdischen Gemeinden zu stärken. Darin kommt <strong>der</strong> Missmut<br />

<strong>der</strong> jüdischen Lehrer über ihre bedrückende Lage zum Ausdruck:<br />

„Während über 500 jüdische Gemeinden in Preußen<br />

ihre Cultus-Angelegenheiten zum Theil schon bald vierzig<br />

Jahre gesetzlich geordnet wissen, blühen und eine sichere Zukunft<br />

haben, schrumpfen die sogenannten Gemeinden unseres<br />

114 Israelitisches Volksblatt. Volkstümliche Wochenschrift für die Interessen<br />

des <strong>Juden</strong>tums, her<strong>aus</strong>gegeben von Aron Nussbaum in <strong>Trier</strong>. In dieser<br />

Zeitschrift sind 10 Texte des jüdischen Lehrers Michael Levy enthalten,<br />

die sich in lyrischer Sprache auf jüdische Feste und biblische Themen<br />

beziehen. Michael Levy war über zwanzig Jahre lang Elementarlehrer in<br />

Schweich. Seit 1870 war er Chasan und Religionslehrer <strong>der</strong> israelitischen<br />

Religionsgesellschaft <strong>Trier</strong>. Diese bisher unbekannte Zeitschrift<br />

<strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> informiert über jüdische Sachverhalte in Deutschland<br />

und <strong>der</strong> ganzen Welt. Eine beson<strong>der</strong>e Aufgabe sehen die Verfasser in <strong>der</strong><br />

Reaktion auf antisemitische Berichte in <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er Bistumszeitung<br />

„Paulinus“ und <strong>der</strong> „Landeszeitung“.<br />

116


Bezirks, welche wohl <strong>Juden</strong>schaften, aber keine anerkannten<br />

Genossenschaften bilden, in je<strong>der</strong> Hinsicht von Jahr zu Jahr<br />

mehr zusammen, ja, gehen nach und nach ihrem Ruin sicher<br />

entgegen.“ 115 Ziel seiner Kritik ist nicht die staatliche Gesetzgebung<br />

den <strong>Juden</strong> gegenüber, son<strong>der</strong>n die Haltung <strong>der</strong> jüdischen<br />

Gemeindevorstände. Obwohl laut Ministerial-Reskript<br />

vom 30. Juni 1859 den öffentlichen Schulen „eine fortlaufende<br />

jährliche Beihilfe von den Communen gewährt werden“, gingen<br />

die Privatschulen leer <strong>aus</strong>. Ursache seien die Gemeinden<br />

selbst. Deshalb rät er: „(...) gehet hin und bildet Synagogengemeinden!“<br />

116 Er verwirft die Skepsis <strong>der</strong> jüdischen Gemeindevorstände<br />

gegenüber dem Gesetz vom 23. Juli 1847, gegen<br />

welches sich nicht nur jüdische Kritiker negativ geäußert hätten,<br />

denn am 6. Februar 1850 sei dieses Gesetz von beiden<br />

Kammern <strong>der</strong> preußischen Regierung revidiert und diese neue<br />

Fassung vom preußischen König „beschworen“ worden. In<br />

dieser neuen „Constitution“ seien die <strong>Juden</strong> Preußens „jüdische<br />

Preußen“ geworden. Dadurch sei <strong>der</strong> ungünstige Teil des<br />

Gesetzes von 1847 aufgehoben worden. Die jüdischen Gemeinden<br />

des Rheinlandes hätten sich dieser Neuregelung bereits<br />

angepasst und sich neu organisiert. Der <strong>Trier</strong>er Sprengel<br />

dagegen habe sich seinerzeit unter <strong>der</strong> Leitung des Oberrabbiners<br />

Joseph Kahn „entschieden ablehnend“ verhalten. Daran<br />

habe auch die Einladung an die Abgeordneten <strong>der</strong> jüdischen<br />

115 German Sen<strong>der</strong>: Mahnruf, in: Israelitisches Volksblatt 1887, S. 73. Sen<strong>der</strong><br />

spricht hier den Rückgang <strong>der</strong> Einwohnerzahl <strong>der</strong> meisten kleineren<br />

Gemeinden <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> an, die wesentlich Folge des Wegzugs in<br />

größere Städte ist, weniger mit <strong>der</strong> Auswan<strong>der</strong>ung nach Amerika zu<br />

erklären ist.<br />

116 Ebda, S. 74. Die Position von Oberrabbiner Joseph Kahn findet ihren<br />

Nie<strong>der</strong>schlag in einem Zeitungsartikel, <strong>der</strong> am 1.8.1867 in Ben Chananja<br />

veröffentlicht worden war: „Auch jetzt noch sind sie [die Gemeinden<br />

unseres Bezirks] fest entschlossen, dieses [das Gesetz vom 23.Juli 1847]<br />

nicht anzunehmen und wollen sich lieber verpflichten, freiwillig den<br />

Kultusbeitrag zu zahlen.“ Dieses Gesetz löst das napoleonische Konsistorialsystem<br />

vom 17.3.1808 ab. Vgl. Haller, Annette: Das Protokollbuch<br />

<strong>der</strong> jüdischen Gemeinde <strong>Trier</strong> (1784-1836), S. 35.<br />

117


Gemeinden durch den Königlichen Landrat von Spangenberg<br />

als Regierungskommissar am 4. Oktober 1853 nichts geän<strong>der</strong>t,<br />

weil die „Hauptstimmführer jener Zeit“ gegen die Annahme<br />

<strong>der</strong> neuen Gesetze waren. Noch Ende <strong>der</strong> 50er Jahre habe die<br />

Delegiertenversammlung in Ottweiler mit Ausnahme <strong>der</strong> Vertreter<br />

<strong>aus</strong> Merzig und Tholey die neuen Gesetze abgelehnt.<br />

Erst nach dem Tod von Oberrabbiner Kahn hätte eine Delegiertenversammlung<br />

am 12. Dezember 1876 in Saarbrücken<br />

die Notwendigkeit <strong>zur</strong> Bildung von Synagogengemeinden<br />

angenommen, ohne dass es zu einer praktischen Konsequenz<br />

geführt hätte. 117 Der Verfasser habe daraufhin zu einer Versammlung<br />

nach Ottweiler eingeladen, um die Gemeinden für<br />

eine staatliche Anerkennung zu gewinnen, <strong>der</strong> kein Erfolg<br />

beschieden war. Sein Mahnruf endet mit einem eindringlichen<br />

Appell an die jüdischen Gemeinden „in <strong>der</strong> Nähe und Ferne“<br />

eine „gesetzliche Körperschaft“ zu bilden, damit <strong>der</strong> Weg für<br />

öffentliche jüdische Schulen geebnet werde. 118<br />

Joseph Kahn hatte sich bereits in den ersten Jahren seines<br />

Rabbinats um die Verbesserung <strong>der</strong> Lehrerbildung bemüht. Er<br />

unterstützte ideell und materiell die Marks-Haindorf´sche<br />

Lehrerbildungsanstalt in Münster, die von dem Arzt Dr. Alexan<strong>der</strong><br />

Haindorf im Jahre 1827 gegründet worden war. 119<br />

Oberrabbiner Kahn wohnte im Jahre 1858 einer Prüfung<br />

von sechs Studierenden dieser Einrichtung bei. Obwohl nicht<br />

alle eine Vorbereitungseinrichtung besuchen konnten, seien<br />

die Prüfungsleistungen <strong>der</strong> Kandidaten hinreichend gewesen.<br />

Geprüft wurden Religionskenntnisse in <strong>der</strong> biblischen und<br />

jüdischen <strong>Geschichte</strong> und in hebräischer Grammatik. Der<br />

Kandidat habe die Bibel geläufig zu übersetzen und müsse<br />

einen hebräischen Kommentar lesen können. Die Prüfung sei<br />

117 Ebda.<br />

118 Ebda, S. 82. Bereits 1863 veröffentlichte die Allgemeine Zeitung des<br />

<strong>Juden</strong>tums einen Artikel <strong>zur</strong> Lage <strong>der</strong> jüdischen Schule <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong><br />

mit selbstkritischer Tendenz. Vgl. Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>tums<br />

vom 20.1.1863, S. 52.<br />

119 Erschens, Hermann: <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong>gemeinde in Leiwen, S. 28/29.<br />

118


von den Lehrern <strong>der</strong> Anstalt, einem Oberrabbiner o<strong>der</strong> einem<br />

in den hebräischen Disziplinen Gelehrte, abzunehmen, heißt es<br />

in dem Programm dieser Lehrerbildungseinrichtung vom 26.<br />

Oktober 1851. Die Kandidaten müssten lernen, einen Seminargottesdienst<br />

ein<strong>zur</strong>ichten, wie er in früheren Jahren bestand,<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> anwesenden Gemeinde entspricht.<br />

Außerdem müsse das Vorbeten und das Vorlesen <strong>der</strong> Tora<br />

unterrichtet werden. Die künftigen Lehrer müssten das Vorbeteramt<br />

einüben und Vorträge halten. Um dem Lehrermangel zu<br />

begegnen, müssten unvorbereitete Kandidaten in die Lehrerbildungseinrichtung<br />

aufgenommen werden. Diese hätten sich<br />

aber einer Prüfung über ihre Vorkenntnisse durch den „Dirigenten“<br />

<strong>der</strong> Anstalt o<strong>der</strong> einem von diesem bezeichneten<br />

Oberrabbiner zu unterziehen. 120<br />

Diese Einrichtung wurde von Gemeinden <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong><br />

und des Rheinlandes finanziell unterstützt. 121 Oberrabbiner<br />

Kahn lobt die Arbeit des Haindorfischen Vereins, er habe<br />

„sehr viel Gutes bewirkt“, beson<strong>der</strong>s wegen <strong>der</strong> Ausbildung<br />

<strong>der</strong> Lehrer, die in Westphalen und im Rheinland tätig seien. 122<br />

In dieser Anstalt wurde Wert auf eine praktische Lehrer<strong>aus</strong>-bildung<br />

gelegt; <strong>aus</strong> diesem Grunde war diesem Institut<br />

eine Elementarschule angeglie<strong>der</strong>t. Die Kandidaten wurden<br />

auf ihre spätere Tätigkeit in <strong>der</strong> Synagoge vorbereitet. In dieser<br />

Einrichtung wurde auch Simon Bonem <strong>aus</strong> Neumagen<br />

1836/37 <strong>aus</strong>gebildet. 123 An<strong>der</strong>e Lehrerseminare, <strong>der</strong>en Bewerber<br />

in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> angestellt wurden, befanden sich in<br />

Ems, Würzburg, Kassel, Hannover, Berlin und Köln.<br />

120 Kahn, Joseph, in: Der jüdische Volkslehrer Oktober 1858, S. 318-321.<br />

121 Von <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde <strong>Trier</strong> sind Listen von För<strong>der</strong>ern zwischen<br />

1835 und 1848 erhalten. Vgl. Stadtarchiv <strong>Trier</strong> Tb 11/001. Die Beteiligung<br />

<strong>der</strong> Königlichen Regierung in <strong>Trier</strong> an <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung dieser Einrichtung<br />

erfolgte in jährlichen Auffor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gemeinden, Beiträge<br />

zu entrichten. Über den Ertrag fertigte die Regierung einen Bericht an.<br />

Vgl. „Aus dem Regierungsbezirke <strong>Trier</strong>“ in Ben Chananja vom<br />

20.4.1864, S. 331.<br />

122 Ebda.<br />

123 Kahn, Joseph, in: Der jüdische Volkslehrer Oktober 1858, S. 318-321.<br />

119


Neben den Zeugnissen <strong>der</strong> bestandenen Lehrerprüfung legten<br />

einige wenige Bewerber um ein Lehramt in einer jüdischen<br />

Privatschule auch Gutachten o<strong>der</strong> Empfehlungen des Oberrabbiners<br />

<strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> vor, dies häufig dann, wenn die 2. Lehrerprüfung<br />

noch nicht abgelegt worden war. Es lassen sich auch<br />

Bewerbungsprozesse nachweisen, in denen <strong>der</strong> Leiter des Lehrerseminars<br />

und <strong>der</strong> zugeordnete Rabbiner einzelne Kandidaten<br />

empfehlen. Diese Gutachten enthalten nicht nur Aussagen<br />

zu den Lernergebnissen, son<strong>der</strong>n beziehen sich auf die Gesamtpersönlichkeit<br />

des künftigen Lehrers.<br />

In <strong>der</strong> Region bewarben sich in den Landgemeinden häufig<br />

Lehramtskandidaten kurz nach bestandenem 1. Lehrerexamen<br />

in einem Alter von erst 20 bis 22 Jahren. Selten lassen sich<br />

Stellenbesetzungen von älteren gestandenen Lehrerpersönlichkeiten<br />

beobachten. Diese jungen Lehrer, von denen per Suchanzeige<br />

erwartet wurde, dass sie unverheiratet waren, verließen<br />

oft schon nach einem Jahr die angenommene Lehrerstelle,<br />

um lukrativere Positionen in Städten anzunehmen. Ein völlig<br />

an<strong>der</strong>es Bild ergibt die Lehrersituation in <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong>, in<br />

<strong>der</strong> von 1837 bis 1937/38 alle jüdischen Lehrer mehrere Jahrzehnte<br />

tätig waren, bis sie <strong>aus</strong> Altergründen <strong>aus</strong> dem Schuldienst<br />

<strong>aus</strong>schieden. Auf diese Weise war es ihnen möglich,<br />

sich mit <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde und <strong>der</strong> Stadt zu identifizieren.<br />

Die Anstellung eines Lehrerkandidaten wurde mit einem<br />

Vertrag besiegelt, <strong>der</strong> vom Vorstand <strong>der</strong> jeweiligen Gemeinde<br />

und vom Bewerber unterzeichnet werden musste. Dieser Vertrag<br />

wurde <strong>der</strong> Schulbehörde <strong>zur</strong> Genehmigung vorgelegt.<br />

Einige Verträge wurden beanstandet.<br />

Anfang 1839 wurde von zwei wissenschaftlich gebildeten<br />

Rabbinatskandidaten, Moses Heß und Joseph Kahn, die Lage<br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> nicht nur positiv bewertet. Moses<br />

Heß sah Fortschritte in <strong>der</strong> Bildung von Wohltätigkeitsvereinen<br />

und in <strong>der</strong> Elementarschule in <strong>Trier</strong> unter Leitung von<br />

120


Lehrer Levy. 124 Einen differenzierteren Überblick vermittelte<br />

Joseph Kahn, <strong>der</strong> zwischen den politischen und religiösintellektuellen<br />

Verhältnissen unterschied. Die politischen Bedingungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> litten darunter, dass das sogenannte Moralpatent<br />

von Napoleon, das sich gegen den Wucher einer Provinz<br />

gerichtet hatte, von den preußischen Machthabern angewendet<br />

werde, obwohl es in Frankreich längst aufgehoben sei.<br />

Im Regierungsbezirk <strong>Trier</strong> sei sehr selten Wucher im Handel<br />

anzutreffen. In religiös-intellektueller Hinsicht lasse noch Vieles<br />

zu wünschen übrig, aber es gebe auch Fortschritte. Wie<br />

Moses Heß nennt er als Beispiel die jüdische Elementarschule<br />

von <strong>Trier</strong>. Auf Verlangen <strong>der</strong> Israeliten seien in Ottweiler,<br />

Merzig, Thalfang und an<strong>der</strong>en Orten geprüfte Lehrer angestellt<br />

worden. Für das jüdische Schullehrerseminarium in<br />

Münster würden <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Region jährlich Beträge gesammelt,<br />

wozu die Regierung die Gemeindevorsteher aufgefor<strong>der</strong>t habe.<br />

Aus dieser Einrichtung (Institut Dr. Haindorf) seien Kandidaten<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Region <strong>aus</strong>gebildet worden, die als tüchtige Lehrer<br />

tätig seien. Negativ zu Buche schlage allerdings <strong>der</strong> Umstand,<br />

dass sich die kleineren Gemeinden mit sogenannten Religionslehrern<br />

(Bachurim o<strong>der</strong> Ribbi) behelfen, was sich nachteilig<br />

auf die Schüler <strong>aus</strong>wirke. Diese seien zwar „min<strong>der</strong> kostspielig“<br />

und die Vorstände könnten besser über sie gebieten, doch<br />

die Folge sei, dass von dem unprofessionellen Religionsunterricht<br />

keine Verbesserung <strong>der</strong> Lage <strong>aus</strong>gehe: die Söhne <strong>der</strong><br />

Väter würden sich beruflich „lieber dem Handel als dem<br />

Handwerke o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en bürgerlichen Nahrungszweigen<br />

widmen.“ 125 In <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> jüdischen Elementarschulen<br />

auf dem Lande erkennt er das geeignete Mittel, „dass eine<br />

bessere Generation in dem <strong>Trier</strong>ischen heranwachse.“ 126<br />

Joseph Kahn äußert sich kritisch gegenüber den staatlichen<br />

Gesetzen, insofern sie die jüdischen Schulen im Vergleich zu<br />

124 Heß, Moses, in: Israelitische Annalen vom 10.5.1839, S. 150.<br />

125 Kahn, Joseph, in: Israelitische Annalen vom 18.1.1839, S. 23/24.<br />

126 Kahn, Joseph, in: Israelitische Annalen vom 14.8.1839, S. 283.<br />

121


den christlichen benachteiligen. Er kritisiert vor allem die private<br />

Lehrerbesoldung, die jüdische Familien unverhältnismäßig<br />

finanziell belastet und die Schulaufsicht, die in jüdischen<br />

Schulen nur von christlichen Geistlichen vorgenommen werden<br />

darf.<br />

Als im Jahre 1865 ein „Verein <strong>zur</strong> Unterstützung hilfsbedürftiger<br />

Lehrer, Lehrers-Witwen und Waisen in Deutschland“<br />

gegründet wird, regt er die Lehrer seines Bezirks an, diesem<br />

Verein beizutreten. Ebenfalls beantwortet er die Anfrage des<br />

Vorsitzenden <strong>der</strong> Hauptcomtés dieses Verbandes, Rabbiner<br />

Dr. Rothschild, <strong>aus</strong> Alzey, an <strong>der</strong> Her<strong>aus</strong>gabe des Jahrbuches<br />

„Achawa“ mitzuarbeiten, positiv. Dennoch übt er Kritik an <strong>der</strong><br />

unzulänglichen Ausformulierung <strong>der</strong> Statuten dieses neuen<br />

Vereins, <strong>der</strong> auf ganz Deutschland <strong>aus</strong>gedehnt werden soll. Er<br />

kritisiert die unzweckmäßige Art <strong>der</strong> Verwaltung des Vereinsvermögens,<br />

die zentrale Stellung von Hessen bei <strong>der</strong> Verwaltung<br />

des Vereins und dass nur dem Vorstand die Reisekosten<br />

bei Kongressen zu erstatten sind, nicht aber den übrigen Delegierten.<br />

127<br />

Der jüdische Sprengel <strong>Trier</strong><br />

Oberrabbiner Joseph Kahn veröffentlichte im Jahre 1864<br />

eine Artikelserie „Aus dem Regierungsbezirke <strong>Trier</strong>“, in <strong>der</strong> er<br />

einen einzigartigen Überblick über seinen Wirkungsbereich<br />

gibt. Der Leser erfährt, in welchen Landkreisen des Regierungsbezirks<br />

<strong>Trier</strong> jüdische Bürger wohnen, wo die größeren<br />

Gemeinden liegen und wo es nur eine geringe Bevölkerungsdichte<br />

jüdischer Bürger gibt. Die bevölkerungsreichsten Gemeinden<br />

sind <strong>Trier</strong> mit 100 Familien und mit je 50 Familien<br />

die Orte Illingen, Ottweiler, Wittlich, Schweich und Offen-<br />

127 Ben Chanaja vom 13.9.1865, S. 662-663. Im Jahre 1886 sind für den<br />

Monat April Mitgliedsbeiträge von Lehrer Speyer <strong>aus</strong> Schweich und von<br />

Rabbiner Dr. Zuckermandel <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> veröffentlicht. Vgl. AZJ vom<br />

11.5.1886, S. 320.<br />

122


ach a.G. 128 In den Kreisen Bitburg, Daun und Prüm lebten<br />

nur wenige Israeliten.<br />

In den Städten seien die meisten Jüdischen Bürger Kaufleute,<br />

auf dem Lande dagegen werde Weinhandel betrieben, wobei<br />

die wohlhaben<strong>der</strong>en nebenher durch Landwirtschaft ihre<br />

Existenz sicherten. Die Vermarktung des hiesigen „Saar-<br />

Mosel-Weins“ floriere. Es gebe auch Handwerker und Gerber.<br />

Allein in <strong>Trier</strong> erzielten 4 jüdische Bürger mit nicht unbedeutenden<br />

Gerbereien ihr Einkommen. Im Regierungsbezirk <strong>Trier</strong><br />

gebe es auch mehrere größere und kleinere Zigarrenfabriken,<br />

die von Israeliten unterhalten würden. Deswegen sei die Einkommenssituation<br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Region“ <strong>Trier</strong> durchschnittlich<br />

gut“. Die wenigen Armen würden „ohne große<br />

Opfer“ von den einzelnen Gemeinden unterhalten.<br />

Das Zusammenleben von Christen und <strong>Juden</strong> charakterisiert<br />

Joseph Kahn als friedlich. Die Behörden würden sich <strong>der</strong><br />

Israeliten „wolwollend und human“ annehmen. Es existierten<br />

noch diskriminierende Gesetze, die <strong>der</strong> Verfassung wi<strong>der</strong>sprächen,<br />

aber die Kammern und das Volk lehnten diese mit aller<br />

Kraft ab. 129<br />

Umfangreich informiert ein Artikel über die Vereine in jüdischen<br />

Gemeinden. Ausgehend von den „städtischen Spitälern“<br />

und dem „Landarmenh<strong>aus</strong>“ in <strong>Trier</strong>, die von <strong>der</strong> Kommune<br />

verpflichtet seien, alle Armen ohne Unterschied <strong>der</strong><br />

Religion aufzunehmen, bemerkt Kahn, dass verarmte jüdische<br />

Bürger selten von den Spitälern aufgenommen werden , aber<br />

häufiger im Landarmenh<strong>aus</strong>. Joseph Kahn versehe im Landarmenh<strong>aus</strong><br />

und in den Strafanstalten in <strong>Trier</strong> die Seelsorge an<br />

den jüdischen „Deternierten“ schon länger als 20 Jahre. Gemäß<br />

den Ideen <strong>der</strong> säkularen Gesellschaft hat die Bürgergesellschaft<br />

ehemals caritative Aufgaben <strong>der</strong> Religion in eigener<br />

Verantwortung übernommen. Dem Rabbiner wie den christlichen<br />

Geistlichen bleibt allerdings die Rolle des Seelsorgers<br />

128 Ben Chananja vom 24.2.1864, S. 151<br />

129 Ebda.<br />

123


überantwortet. Dies hat Konsequenzen für die Ziele <strong>der</strong> jüdischen<br />

wie <strong>der</strong> christlichen sozialen Vereine, die nicht mehr die<br />

ärgste Armut in den Gemeinden bekämpfen müssen, son<strong>der</strong>n<br />

Notlagen, die von den Hospitälern und dem Landarmenh<strong>aus</strong><br />

nicht abgedeckt werden. So befassen sich die „Wohlthätigkeitsvereine“<br />

in Tholey, Saarlouis, Saarwellingen, Neunkirchen,<br />

Illingen, Schweich, <strong>Wawern</strong> und <strong>Trier</strong> mit <strong>der</strong> Belehrung<br />

<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> durch Vorlesen und Erklären religiöser<br />

Bücher und Zeitschriften. Die in <strong>Trier</strong> existierenden Männervereine<br />

übernehmen die Bestattung von Toten, unterstützen<br />

arme Kranke, steuern Mittel <strong>zur</strong> H<strong>aus</strong>miete bei, verteilen im<br />

Winter Brennmaterial. Ein Synagogenchorverein för<strong>der</strong>t den<br />

Chorgesang im Gottesdienst. 130 Die Frauenvereine in <strong>Trier</strong><br />

tragen Sorge, dass arme Frauen Klei<strong>der</strong> erhalten, sie unterstützen<br />

Waisen, verteilen Fleisch an Festtagen, pflegen arme<br />

kranke Frauen. An Pesach erhalten die Armen in <strong>Trier</strong> Gaben<br />

<strong>aus</strong> den Zinsen <strong>der</strong> „Kallmanischen“ Stiftung.<br />

Das überregionale Engagement des Rabbinatsbezirks <strong>Trier</strong><br />

zeigt sich in <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des „Haindorfischen Vereins“ <strong>zur</strong><br />

Erlernung von Handwerken und Ausbildung von Elementarlehrern<br />

in Münster, an <strong>der</strong> sowohl <strong>der</strong> Oberrabbiner als auch<br />

die Königlichen Regierung beteiligt ist. Außerdem ist <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>er<br />

Oberrabbiner Mitglied im Kuratorium des jüdischen Waisenh<strong>aus</strong>es<br />

Pa<strong>der</strong>born. Er sammelt in und außerhalb Beiträge<br />

<strong>zur</strong> Unterhaltung dieser Einrichtung. 131 In dieser Einrichtung<br />

hielt Joseph Kahn am 29. August 1863 eine Predigt, in <strong>der</strong> er<br />

die Waisen ermuntert, ihr Schicksal anzunehmen. Ausgehend<br />

von seiner eigenen Erfahrung, mit 13 Jahren Vollwaise zu<br />

sein, führt er <strong>aus</strong>: „…<strong>der</strong> gütige Gott, <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Waisen,<br />

stand mir gnädigst bei; er weidete und nährte mich von meiner<br />

Jugend an bis auf den heutigen Tag.“ 132<br />

130 Ben Chananja vom 20.4.1864, S. 330<br />

131 Ben Chananja vom 20.4.1864, S. 331<br />

132 Ben Chananja vom 6.4.1864, S. 289. Diese Predigt wurde im<br />

Selbstverlag des Kuratoriums in Pa<strong>der</strong>born unter dem Titel „Gott<br />

124


Das Rabbinat beteiligt sich ebenso an einer Sammlung für<br />

Palästina, die Beträge werden an Albert Cohn in Paris gesendet,<br />

<strong>der</strong> sie am Bestimmungsort zweckmäßig und gerecht verteilt.<br />

133<br />

Über den Synagogengottesdienst weiß Joseph Kahn zu berichten,<br />

dass die früheren Missstände beseitigt seien. Das Wesen<br />

des Gottesdienstes sei „noch ein konservatives“, so dass an<br />

den alten Gebeten nichts verän<strong>der</strong>t worden sei. Jedoch sei <strong>der</strong><br />

Chorgesang und die deutsche Predigt sehr beliebt und einheimisch<br />

geworden. 134<br />

Oberrabbiner Joseph Kahn hofft, dass seine sechs Beiträge<br />

über den Regierungsbezirk <strong>Trier</strong> dazu beitragen, dass „manche<br />

Gemeinden“ das Gute nachahmen und Parteiungen <strong>aus</strong> ihrer<br />

Mitte beseitigen und den Frieden in sich erhalten. 135<br />

<strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Waisen“ veröffentlicht.<br />

133 Ben Chananja vom 20.4.1864, S. 331.<br />

134 Ben Chanja vom 30.3.1864, S. 263.<br />

135 Ebda.<br />

125


Ein Predigtbeispiel<br />

<strong>aus</strong>: Mayer Kayserling: Bibliothek jüdischer<br />

Kanzelredner, Berlin 1872, S. 298-305<br />

126


127


128


129


130


Annäherung an diese Predigt<br />

Dieses Predigt beginnt mit einem Bußgebet, in dem <strong>der</strong><br />

Sabbat und das Jom-Kippur-Fest personifiziert als Fürsten<br />

angesprochen werden. Darauf folgt eine Bitte an Gott, wenn er<br />

die bekannten und unbekannten Sünden an diesem Tage richte,<br />

die Gerechtigkeit ans Tageslicht zu för<strong>der</strong>n. Dem schließt sich<br />

ein Vers <strong>aus</strong> dem Psalm 133 an: „Siehe, wie schön und lieblich<br />

ist´s, wenn Brü<strong>der</strong> auch in Liebe zusammen wohnen.“<br />

Der Predigende spricht sodann die Zuhörer an, sie sollen<br />

„die beiden Fürsten“ begrüßen und feierlich empfangen, um<br />

131


sie innerlich bereit zu machen, die Versöhnungsbotschaft anzunehmen.<br />

Im Folgenden definiert er den Sabbat als „Fürst <strong>der</strong> Ruhe“,<br />

<strong>der</strong> Gott den Schöpfer vergegenwärtige und den „Fürsten <strong>der</strong><br />

Versöhnung, <strong>der</strong> Gott als den mit den Menschen sich Versöhnende<br />

verkünde, als Muster und Lehrer <strong>der</strong> Verbrü<strong>der</strong>ung aller<br />

Menschen durch Liebe und Versöhnung.<br />

Darauf greift <strong>der</strong> Oberrabbiner das Motiv <strong>aus</strong> dem Psalm<br />

133,1 wie<strong>der</strong> auf, die Botschaft <strong>der</strong> „beiden Fürsten“ sei „in<br />

leisem und sanftem Säuseln“ zu vernehmen, nicht nur an diesem<br />

Tage, son<strong>der</strong>n sie entböten Gottes „Segen und Leben in<br />

Ewigkeit“.<br />

Im folgenden Abschnitt weitet er den Begriff „Brü<strong>der</strong>“ auf<br />

alle Menschen, die Geschöpfe Gottes sind, <strong>aus</strong>.<br />

Darauf folgt ein Rückblick auf Vorträge des Predigers, die<br />

dieser am Neujahrstag gehalten hatte. Das Kernthema lautet:<br />

Lebet in Liebe und Versöhnung mit unsern, an<strong>der</strong>n Glaubensbekenntnissen<br />

angehörenden Brü<strong>der</strong>n und Schwestern und<br />

selbst auch mit denen unter ihnen, die uns nicht lieben, die uns<br />

hassen und gering schätzen.“<br />

Diesem Gedanken schließt sich eine Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit <strong>der</strong> „Schuld <strong>der</strong> Väter“ an. Joseph Kahn antwortet mit dem<br />

Wort des Propheten Ezechiel: „Je<strong>der</strong> sterbe nur ob seiner eigenen<br />

Sünde.“ Damit weist er die antijüdischen Äußerungen<br />

eines deutschen Kongresses katholischer Vereine in <strong>Trier</strong>, die<br />

<strong>Juden</strong> seien schuld am Tod Jesu, <strong>zur</strong>ück.<br />

Anschließend bezieht er sich auf den Missbrauch des Wortes<br />

„Jude“ in <strong>der</strong> damaligen Öffentlichkeit. „Jude“ bedeute<br />

„ein Gott-Loben<strong>der</strong> und Danken<strong>der</strong>“.<br />

Der folgende Abschnitt thematisiert den <strong>Juden</strong>hass in <strong>der</strong><br />

schönen Literatur. Die Zerrbil<strong>der</strong> von <strong>Juden</strong> resultierten <strong>aus</strong><br />

Unkenntnis <strong>der</strong> häuslichen und religiösen Zustände <strong>der</strong> <strong>Juden</strong>,<br />

so dass sich die antisemitischen Schriftsteller „gewissenlos<br />

schuldig“ machten. Gleiches gelte auch für einen Teil <strong>der</strong> Zeitungen<br />

(Tagesblätter) und Schriften, die den <strong>Juden</strong>hass „verewigten“.<br />

Wenn etwas Nachteiliges zu berichten sei, so er-<br />

132


wähnten die Verfasser, dass <strong>der</strong> Betreffende Jude sei, im umgekehrten<br />

Fall werde die Zugehörigkeit zum <strong>Juden</strong>tum unterschlagen.<br />

An dieser Stelle fügt er die Frage ein, ob die Zuhörer auch<br />

die lieben sollen, die in ihrem Hasse gegen <strong>Juden</strong> fortfahren.<br />

Mit Bezug zu 4 Mos. 14, 31 antwortet er überraschend: „Wir<br />

können nicht“.<br />

Zur Bekräftigung dieser Aussage erinnert Joseph Kahn an<br />

die vielen jüdischen Märtyrer, die durch „ihrer Väter [<strong>der</strong><br />

Christen] eigene Schuld“ gestorben seien.<br />

Der folgende Abschnitt korrigiert (dialektisch) die zuvor<br />

gemachten Aussagen. Die eigene Exodus-Erfahrung lehre,<br />

An<strong>der</strong>e mit Schonung und Liebe zu behandeln.<br />

Zahlreiche Bibelstellen <strong>aus</strong> dem 2., 3. und 5. Buch Mose<br />

unterstreichen die zentrale Botschaft des Oberrabbiners, die im<br />

Verbot gipfelt, den, <strong>der</strong> dich hasst und dir Böses angetan hat,<br />

wie<strong>der</strong> zu hassen und sich an ihm zu rächen. Die Nächstenliebe<br />

sei die biblische Botschaft.<br />

Im Folgenden führt er <strong>aus</strong>, dass sich, wie die Nächstenliebe,<br />

die Versöhnungsliebe auf alle Menschen erstrecke. Zur<br />

Verdeutlichung zitiert er Bibelstellen <strong>aus</strong> dem 2., 3. und 4.<br />

Buch Mose.<br />

Die Lesung des folgenden Tages vorweg nehmend, erzählt<br />

<strong>der</strong> Prediger die <strong>Geschichte</strong> des Propheten Jona. In den Vor<strong>der</strong>grund<br />

stellt er dessen Gottesbekenntnis: „Denn ich weiß,<br />

dass du ein gnädiger und barmherziger Gott bist, langmütig<br />

und reich an Gnade.“ Theologisch bekräftigt wird dieses Bekenntnis<br />

mit einem Zitat <strong>aus</strong> dem Midrasch Jalkut: „Für meine<br />

Liebe hassen sie mich, ich aber bin ganz Gebet.“<br />

Anschließend erläutert <strong>der</strong> Oberrabbiner seinen Zuhörern<br />

den Sinn des Versöhnungsfestes: Weil sie dem Gebot <strong>der</strong><br />

Feindesliebe im Alltag nicht in allen Fällen nachkommen,<br />

sollen sie Opfer bringen.<br />

Gegen Ende <strong>der</strong> Predigt wird <strong>der</strong> Versöhnungsgedanke in<br />

knapper Form wie<strong>der</strong>holt und mit <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung verbun-<br />

133


den, das eigene Verhalten dem vom Propheten Jesaja verkündeten<br />

Messianischen Reich anzunähern.<br />

Das silberne Amtsjubiläum am 15./16. Dezember<br />

1866<br />

Zum 25. Amtsjubiläum von Oberrabbiner Joseph Kahn<br />

fanden am 15. Dezember 1866 im Gemeindesaal und am 16.<br />

Dezember in <strong>der</strong> Synagoge Feiern statt. Von beiden Ereignissen<br />

berichtet <strong>der</strong> Schweicher Lehrer Michael Levy. 136<br />

Die Feierlichkeiten begannen am Freitagabend um 7 Uhr.<br />

Der hellerleuchtete Saal sei mit Girlanden und passenden Inschriften<br />

geschmückt gewesen. Zahlreich Gratulationsschreiben<br />

und Geschenke hätten auf den Tischen gelegen. Männer<br />

und Frauen hätten in großer Zahl Ehrengeschenke überreicht<br />

und den Jubilar beglückwünscht. Auch <strong>der</strong> Regierungspräsident<br />

von Gärtner sei anwesend gewesen. Der Synagogenchor<br />

unter Leitung von Herrn Kantor Schmal <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> hätte einen<br />

ergreifenden Gesang vorgetragen, <strong>der</strong> nach einem Gedicht des<br />

Berichterstatters vertont worden war. Anschließend hätte Herr<br />

Allmeyer, einer <strong>der</strong> ältesten Mitglie<strong>der</strong> des Festkomitee den<br />

Jubilar gewürdigt. Das Ehrengeschenk hätte <strong>aus</strong> vier silbernen<br />

Leuchtern bestanden. Auf dieses Geschenk Bezug nehmend<br />

hätte <strong>der</strong> Redner in Anlehnung an Sprüche 3,25 „Das Gebot ist<br />

eine Leuchte und die Lehre ein Licht“ den Jubilar gewürdigt,<br />

weil er immer in allem Guten vorleuchtete, sich um den Bau<br />

neuer Synagogen bemühte und stets in klarer, lichtvoller Sprache<br />

das Wort Gottes verkündete. Unter Tränen hätte darauf <strong>der</strong><br />

Jubilar allen gedankt, indem er an einen Vers <strong>aus</strong> seiner Antrittsrede<br />

vor 25 Jahren erinnerte: „Ich bin zu gering aller<br />

Barmherzigkeit und Treue, die du deinem Knecht erwiesen.“<br />

(1 Mos 32,11).<br />

136 Ben Chananja vom 15.1.1867.<br />

134


Der Berichtende hätte auf den Jubilar einen Toast <strong>aus</strong>gebracht:<br />

„Es lebe unser Herr Josef, <strong>der</strong> Hirte seiner Brü<strong>der</strong>.“<br />

Die Anwesenden hätten noch mehrere Stunden bei Erfrischungen<br />

munter und fröhlich zugebracht.<br />

Am Morgen des kommenden Tages hätte in <strong>der</strong> reichlich<br />

mit Blumen geschmückten Synagoge und bei brennendem<br />

Gaslicht eine weitere Feier stattgefunden. Anwesend seien<br />

gewesen <strong>der</strong> Regierungspräsident, <strong>der</strong> Landrat und <strong>der</strong> Bürgermeister.<br />

Nach dem Festgesang des Synagogenchores hätte<br />

Herr Lehrer Levy <strong>aus</strong> Ottweiler die Festpredigt nach Jes 9,1<br />

gehalten. Dabei sei er eingegangen auf die Bedeutung des<br />

Festtages, den Beruf des jüdischen Priesters und würdigte<br />

anschließend den Jubilar wegen seiner Verdienste für die Synagogen<br />

und das Gemeinde- und Schulwesen.<br />

Der Jubilar hätte sich daraufhin bedankt, indem er auf den<br />

Vers „Auch bis zum Alter und graue Haare, Gott verlass mich<br />

nicht.“ (Ps 71,18) Bezug genommen hätte. Ein Schlussgesang<br />

hätte die Feier beendet. Im Laufe dieses Tages seien noch<br />

viele Gratulanten in <strong>der</strong> Wohnung des Jubilars eingetroffen<br />

und zahlreiche Briefe und Telegramme seien angekommen.<br />

Zitate <strong>aus</strong> dem Buch Jesaja beenden die Predigt<br />

Geschenk <strong>der</strong> Israelitischen Gemeinde Saarwellingen<br />

Foto von Richard Almond, Palo MD, Palo Alto, Californien<br />

135


<strong>aus</strong>: Ben Chananja vom 15.1.1867<br />

136


Die vielleicht bedeutsamste Würdigung von Joseph Kahn<br />

stammt von seinem Rabbinerkollegen Leopold Löw (1811-<br />

1875), dem Universalgelehrten und Her<strong>aus</strong>geber <strong>der</strong> Zeitschrift<br />

„Ben Chananja“. Sie ist am 1. Dezember 1866 in <strong>der</strong><br />

Zeitschrift „Ben Chananja“ in einer unscheinbaren Form abgedruckt.<br />

Die zentralen Inhalte sind in einer Anmerkung am<br />

unteren Rand auf <strong>der</strong> Seite 846 zu finden, die sich auf die<br />

knappen Ankündigung dieses Ereignisses unter <strong>der</strong> Überschrift<br />

„Aus dem Regierungsbezirke <strong>Trier</strong>“ beziehen. Nachdem<br />

Oberrabbiner Joseph Kahn als „einer <strong>der</strong> tüchtigsten Vorkämpfer<br />

für Licht und Fortschritt“ vorgestellt wird, fährt die<br />

Anmerkung fort: „Der verehrte Jubilar braucht sich nicht, wie<br />

sein Namensbru<strong>der</strong> in dem Schriftabschnitte [Joseph, Anm. d.<br />

Verf.]des Jubeltages, seinen Brü<strong>der</strong>n erst zu erkennen zu geben.<br />

Er ist nicht nur den nahen, son<strong>der</strong>n auch den entfernten<br />

Brü<strong>der</strong>n als einer <strong>der</strong> edelsten Lehrer des heutigen Israels bekannt.<br />

´Lehre <strong>der</strong> Wahrheit ist in seinem Munde, und Unrecht<br />

ward nicht gefunden auf seinen Lippen; friedlich und redlich<br />

verkehrt er mit mir, und Viele hält er <strong>zur</strong>ück vom Vergehen.<br />

Denn die Lippen dieses Priesters bewahren die Wissenschaft,<br />

und Belehrung sucht man <strong>aus</strong> seinem Munde, denn er ist ein<br />

Bote des Herrn <strong>der</strong> Heerscharen (Mal. 2, 6.7).´ Möge es ihm<br />

unter <strong>der</strong> Obhut Gottes gegönnt sein, noch eine lange Reihe<br />

von Jahren <strong>der</strong> treue Hirte seiner gebildeten Herde zu sein!“ 137<br />

„Kahns Bade- und Reiseberichte“<br />

Im Jahre 1867 verbrachte Joseph Kahn vom 22. Juli bis<br />

zum 27. August in Bad Ems. 138 Während dieses langen Kuraufenthalts<br />

verfasste er seine Bade- und Reiseberichte, die in<br />

137 Ben Chananja vom 1. Dezember 1866, S. 846<br />

138 In Bad Ems, <strong>der</strong> bedeutenden Kurstadt, gab es im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t mehrere<br />

jüdische Kureinrichtungen, streng koscher geführte Gasthäuser und Hotels<br />

sowie jüdische Ärzte. Vgl. http://www.alemannia-judaica.de/bad_ems_<br />

137


mehreren Folgen von August bis Oktober 1867 in <strong>der</strong><br />

jüdischen Zeitschrift “Ben Chananja” abgedruckt wurden.<br />

Diese Berichte umfassen drei Teile, die mit lateinischen Zahlen<br />

versehen sind. In die einzelnen Teile sind Orts- und Zeitangaben<br />

eingefügt.<br />

Der erste Teil beginnt mit <strong>der</strong> Ortsangabe „Bad Ems“ und<br />

dem Datum „22. Juli“. Der Verfasser gibt an, er könne noch<br />

nicht viel berichten, da er erst seit Freitagmittag eingetroffen<br />

sei. Deswegen greift er auf Ereignisse <strong>zur</strong>ück, die seinen<br />

früheren Kuraufenthalt in Bad Cannstadt bei Stuttgart betreffen.<br />

Er berichtet über seine Eindrücke von Personen, mit denen<br />

er dort Gespräche geführt hat, informiert über die jüdischen<br />

Verhältnisse in Württemberg und setzt sich mit Themen<br />

<strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>, die sich auf das Fortbestehen des <strong>Juden</strong>tums in<br />

<strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> beziehen. Erst am Ende erwähnt er, dass er in<br />

Bad Ems einen Vortrag seines Kollegen Dr. Hochstädter gehört<br />

hat. Er bedauert, dass die jüdischen Kurgäste die Gottesdienste<br />

recht selten besuchen. 139<br />

Der zweite Bericht besteht <strong>aus</strong> zwei Abschnitten: Der erste<br />

trägt das Datum des 1. August, <strong>der</strong> zweite des 4. August.<br />

Da er inzwischen einen gut besuchten Gottesdienst erlebt<br />

hat, nimmt er seinen Tadel wegen des spärlichen Gottesdienstbesuches<br />

<strong>der</strong> jüdischen Kurgäste <strong>zur</strong>ück. Er informiert über<br />

die Gespräche mit Bekannten <strong>aus</strong> verschiedenen Län<strong>der</strong>n,<br />

thematisiert das Gebet zum Jerusalemer Tempel und <strong>zur</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

des Opferkultes.<br />

Der auf den 4. August datierte Teil beschreibt die jüdischen<br />

Verhältnisse von Schweden und Dänemark, soweit er sie <strong>aus</strong><br />

den Gesprächen namhafter Kurgäste kennen gelernt hat. Im<br />

Schlussteil setzt er sich mit einem Artikel ´Vom Rhein´, <strong>der</strong> in<br />

Nr. 15 des Ben Chananja erschienen ist, <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>. Sein<br />

Kollege Dr. Hochstädter habe diesen falsch verstanden. 140<br />

139 Ben Chananja, 1. 8.1867, S. 486-488.<br />

140 Ben Chananja, 15.8.1867, S. 506-508.<br />

138


Am 1. September 1867 erscheint <strong>der</strong> Schluss zum Kapitel<br />

II, datiert auf den 1. August. Dieser Beitrag ist in vier Unterpunkte<br />

geglie<strong>der</strong>t, die sich alle als Replik auf den vorher schon<br />

genannten Artikel ´Vom Rhein´ verstehen. Joseph Kahn erweist<br />

sich in diesem Text als wortgewaltiger Verfechter des<br />

aufgeklärten <strong>Juden</strong>tums. 141<br />

Der dritte Teil <strong>der</strong> Bade- und Reiseberichte wurde erst in<br />

<strong>der</strong> Ausgabe vom 1. Oktober 1867 veröffentlicht, obwohl er<br />

wie vorhergehende Kapitel den 1. August als Tag <strong>der</strong> Abfassung<br />

trägt. In diesem Beitrag geht es um die von Joseph Kahn<br />

vorgenommene Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in Lösnich an <strong>der</strong><br />

Mosel. Er betont, dass <strong>Juden</strong> und Christen die Feier gemeinsam<br />

begangen haben.<br />

Im Folgenden berichtet er von <strong>der</strong> Begegnung mit einem<br />

Ehepaar, das in Australien mehrere erwachsene Söhne „durch<br />

Tod“ verloren habe.<br />

Der Schluss zum Teil III, auf den 1., 25. und 26. August<br />

datiert, enthält umfangreich die Ergebnisse seiner Unterhaltung<br />

mit dem <strong>aus</strong>tralischen Ehepaar. In diesem Abschnitt beschreibt<br />

er die <strong>aus</strong>tralischen Verhältnisse des <strong>Juden</strong>tums. Am<br />

Ende des Bericht vom 1. August geht <strong>der</strong> Schreiber auf neue<br />

Entwicklungen in <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde von San Francisco<br />

in den USA ein. Der kurze Text vom 25. August informiert<br />

über das Zusammentreffen von Joseph Kahn mit dem Bekannten<br />

Kahana, einem Bankier <strong>aus</strong> Jassy.<br />

In seinem Bericht vom 26. August erfährt <strong>der</strong> Leser die<br />

Wie<strong>der</strong>begegnung zweier ehemaliger Talmudschüler. Joseph<br />

Kahn hatte zuvor über dreißig Jahre gemeinsam mit Rabbiner<br />

Dr. Frankel bei Rabbi Ettlinger den Talmud ´gelernt`. Joseph<br />

Kahn wird durch dieses Treffen an „<strong>aus</strong> dem Gedächtnis geschwundene“<br />

Ereignisse erinnert, die ihn „erheben“ und für<br />

die er sich bedankt. Im weiteren erklärt <strong>der</strong> Autor die Verschiedenheiten<br />

ihrer bei<strong>der</strong> religiösen Positionen mit den unterschiedlichen<br />

Erfahrungen <strong>der</strong> beiden Lebensläufe. Während<br />

141 Ben Chananja, 1.9.1867, S. 554-557.<br />

139


das Leben von Dr. Frankel „an stillen Wassern“ verlaufen sei,<br />

hätte er vielfach „im düsteren Thale“ “ringen und streben im<br />

friedlichen Leben“ müssen. 142<br />

Da er angibt, am darauffolgenden Tag seinen Kurort zu<br />

verlassen, um zu seinen Kin<strong>der</strong>n nach Amsterdam zu reisen,<br />

ist die Abreise am 27. August 1867 erfolgt.<br />

Glie<strong>der</strong>ung von Kahns Bade- und Reiseberichte<br />

Teil ergänzt Ort und Datum erschienen<br />

I Bad Ems, den 22. Juli 1.8.1867<br />

II Bad Ems, 1. August 15.8.1867<br />

Schluss Bad Ems, 1. August 1.9.1867<br />

III Bad Ems, den 1. August 1.10.1867<br />

Schluss Bad Ems, den 1. August 15.10.1867<br />

Bad Ems, den 25. August 15.10.1867<br />

Bad Ems, den 26. August 15.10.1867<br />

Warum heute an Joseph Kahn erinnern?<br />

Als Joseph Kahn am 10.Juli 1875 in Amsterdam bei einem<br />

Besuch seiner Tochter starb, verfügte die <strong>Trier</strong>er jüdische Gemeinde,<br />

dass er auf ihre Kosten nach <strong>Trier</strong> überführt und dort<br />

beerdigt werden sollte, wo er 33 Jahre 143 segensreich gewirkt<br />

hatte. Am 12. Juli 1875 um ein Uhr traf sein Leichnam auf<br />

dem <strong>Trier</strong>er Bahnhof ein, und um 4 Uhr wurde er unter Beteiligung<br />

zahlreicher jüdischer und christlicher Einwohner <strong>der</strong><br />

Stadt <strong>Trier</strong> beerdigt. Rabbiner Goldmann <strong>aus</strong> Birkenfeld und<br />

Rabbiner Dr. Blumenstein <strong>aus</strong> Luxemburg hielten die<br />

142 Ben Chananja, 15.10.1867, S. 643-647.<br />

143 Es ist nicht <strong>aus</strong>zuschließen, dass Oberrabbiner Kahn 34 Jahre lang im<br />

Amt<br />

war, denn noch im Todesjahr wird er in einem Zeitungsartikel <strong>der</strong> Allgemeinen<br />

Zeitung des <strong>Juden</strong>tums vom 13.4.1875, S. 253/254 als Kollege angesprochen.<br />

Eine Verabschiedungsfeier ist nicht bekannt.<br />

140


Sterbeanzeige von Joseph Kahn in Amsterdam<br />

Grabreden. Die große Bedeutung von Oberrabbiner Joseph<br />

Kahn fasste einer <strong>der</strong> Redner in dem Satz zusammen: „Durch<br />

seine segensreiche Wirksamkeit habe Oberrabbiner Kahn sich<br />

das unvergessliche Andenken erworben, das ihm seine Gemeinden<br />

in pietätvoller Treue bewahren werden“. 144 Dazu<br />

zählte auch die Synagogengemeinde <strong>Wawern</strong>. Sich heute an<br />

Joseph Kahn zu erinnern, ist von Schwierigkeiten bestimmt,<br />

die <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Zeit des neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>ts betrachtet unvorstellbar<br />

waren. Die jüdischen Gemeinden seines Sprengels<br />

144 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 27.7.1875, S. 492/493; vgl.<br />

ebenso Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 20.7.1875, S. 483. Ein<br />

weiterer Nachruf ist in <strong>der</strong> in Wien erschienenen Zeitschrift „Die Neu<br />

zeit“ im Jahre 1875 veröffentlicht worden. Vgl. Die Neuzeit 1875, S.<br />

241.<br />

141


sind bis auf die <strong>Trier</strong>er jüdische Gemeinde <strong>aus</strong>gelöscht, weil<br />

die Nationalsozialisten in <strong>der</strong> Shoa an den europäischen<br />

<strong>Juden</strong> Massenmord begingen. - Zu den Ermordeten gehören<br />

auch Joseph Kahns Enkel, Joseph Samuel und Rebecca de<br />

Bruin, geb. Samuel, Kin<strong>der</strong> seiner Tochter Bertha, die in Amsterdam<br />

den <strong>aus</strong> Freudenburg stammenden Leib Samuel geheiratet<br />

hatte. Joseph Samuel starb am 4. Juni 1943 und Rebecca<br />

de Bruin, geb. Samuel, starb am 16.4.1943 im Vernichtungslager<br />

Sobibor. - Hun<strong>der</strong>te von jüdischen Bürgern des <strong>Trier</strong>er<br />

Landes wurden ermordet, Hun<strong>der</strong>te flohen in an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong><br />

und kehrten nie wie<strong>der</strong> <strong>zur</strong>ück. Nachfahren <strong>der</strong> mit Joseph<br />

Kahn verwandten Familie Samuel <strong>aus</strong> Freudenburg leben heute<br />

in den USA.<br />

Einen Einblick in die Situation in <strong>Wawern</strong> in <strong>der</strong> Zeit von<br />

1933 bis 1940 vermittelt <strong>der</strong> wissenschaftliche Aufsatz von<br />

Pascale Eberhard. Die antijüdischen Maßnahmen stellten keineswegs<br />

nur von außen in den Ort hineingetragene Aktionen<br />

dar, son<strong>der</strong>n wurden unter an<strong>der</strong>em von Mitbürgern initiiert,<br />

die die nationalsozialistische Ideologie bejahten. 145<br />

In Yad Vashem, <strong>der</strong> zentralen Gedenkstätte für die Ermordeten<br />

<strong>der</strong> Shoa in Israel, wird im Tal <strong>der</strong> Gemeinden an die<br />

nicht mehr existierenden Gemeinden in Europa erinnert, darunter<br />

kommen auch Ortsnamen vor, in denen Joseph Kahn<br />

rund hun<strong>der</strong>t Jahre vorher hoffnungsfroh neue Synagogen<br />

einweihte, z.B. Schweich, <strong>Wawern</strong>, Trittenheim, Tholey. Der<br />

Optimismus, mit dem Oberrabbiner Kahn die jüdischen Gemeinden<br />

aufbaute, kann den Menschen <strong>der</strong> Gegenwart umso<br />

deutlicher vor Augen führen, welche Gr<strong>aus</strong>amkeit die Nationalsozialisten<br />

in Deutschland und an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>n<br />

an den <strong>Juden</strong> verübten. An<strong>der</strong>erseits macht sein Kampf<br />

gegen den auch damals nicht unbekannten Antisemitismus uns<br />

Heutigen klar, dass eine Gesellschaft nicht ohne Toleranz zwi-<br />

145 Eberhard, Pascale: Die Reichspogromnacht 1938 in <strong>Wawern</strong>, in: Jahrbuch<br />

des Kreises <strong>Trier</strong>-Saarburg 2009, S. 244-255; Vgl. auch „Das Leben<br />

ist ein Kampf“ Marianne Elikan -Verfolgte des Nazi-Regimes, hrsg. von<br />

Thomas Schnitzler, S. 1 und 2.<br />

142


schen den unterschiedlichen Religionen vorstellbar ist. Das<br />

bedeutet, dass das Gleiche in Form und Lehre <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en<br />

Religion gesucht und das Ungleiche <strong>aus</strong>gehalten werden<br />

muss und dass billigen - nationalen o<strong>der</strong> kulturellen - Einheitsideologien,<br />

die von sich behaupten, die absolute Wahrheit zu<br />

besitzen, wi<strong>der</strong>sprochen werden muss, weil sie dem Weltbild<br />

einer humanen Gesellschaft zuwi<strong>der</strong> sind. Ebenso erkannte<br />

Joseph Kahn das Problem <strong>der</strong> Gleichgültigkeit sowohl in seinen<br />

eigenen Reihen als auch in <strong>der</strong> Gesellschaft. Auch diese<br />

Thematik ist in <strong>der</strong> Gegenwart noch aktuell, weil das verbreitete<br />

Bewusstsein, <strong>der</strong> Spaß sei das entscheidende Ziel des<br />

Menschen, die wirklich bewegenden Fragen heutiger Existenz<br />

<strong>aus</strong>klammert. Schließlich wi<strong>der</strong>sprach er nicht, wenn er fortschrittlich<br />

genannt wurde o<strong>der</strong> seine Tätigkeit mit dem Fortschritt<br />

in Verbindung gebracht wurde. Joseph Kahn verstand<br />

seine Arbeit nie als inhalts- und wertneutrale Lebensmaxime,<br />

son<strong>der</strong>n für ihn war <strong>der</strong> Fortschritt nur human, wenn er von<br />

<strong>der</strong> Offenbarung, also vom Willen Gottes, getragen ist. Gottes<br />

Wille ist für Joseph Kahn auch dann gültig, wenn er „eine<br />

schwere und un<strong>aus</strong>führbare Zumuthung“ für viele darstellt,<br />

wie er im Bezug <strong>zur</strong> Versöhnung mit denen, die <strong>Juden</strong> hassen<br />

und gering schätzen, in einer Predigt zu Liebe und Versöhnung<br />

im Jahre 1865 <strong>aus</strong>führte. Damit bereitet er den Weg zu<br />

einem menschlichen Miteinan<strong>der</strong>. Denen, die die <strong>Juden</strong> seiner<br />

Zeit wegen des Todes Jesu kränkten und beleidigten, hält er<br />

entgegen, dass je<strong>der</strong> nur für seine Taten bestraft werden darf,<br />

nicht aber für die Taten <strong>der</strong> Vorfahren. Außerdem sei es wissenschaftliche<br />

Tatsache, dass die Römer <strong>aus</strong> politischen Gründen<br />

Jesus ermordet hätten. 146 Joseph Kahn reagiert mit diesen<br />

Worten auf antisemitische Aussagen eines Kongresses katholischer<br />

Vereine in <strong>Trier</strong> im Jahre 1865. In seiner Predigt zum<br />

Versöhnungstag 1865 führt er enttäuscht <strong>aus</strong>: „Machten wir<br />

doch ganz neulich hier, in unserer lieben Vaterstadt, <strong>der</strong>en<br />

Bürger stets liebevoll gegen uns sich benommen haben, die<br />

146 Kayserling: Bibliothek jüdischer Kanzelredner, S. 301.<br />

143


traurige Erfahrung, wie einige hervorragende Männer, und<br />

selbst Pfleger <strong>der</strong> Religion <strong>der</strong> Liebe, die Alles auf ihrem Gebiete<br />

rein conservieren und erlangen wollen, durch mehre Äußerungen<br />

gegen uns bekundet haben, dass sie nicht rein und<br />

frei von <strong>Juden</strong>haß sind“. Der christlichen Erinnerung an ihre<br />

Märtyrer hält er die unzähligen Märtyrer Israels entgegen, die<br />

„durch ihrer Väter eigene Schuld“ gestorben sind. 147 Joseph<br />

Kahn vertraute auf die Wirksamkeit <strong>der</strong> Wahrheit im Kampf<br />

gegen tradierte Vorurteile. Wenn dieser Weg verlassen wurde,<br />

wie im Falle <strong>der</strong> Mortara-Affäre in Bologna, als fanatische<br />

Christen einen jüdischen Jungen raubten und anschließend<br />

tauften, unterzeichnete Oberrabbiner Joseph Kahn zusammen<br />

mit den meisten deutschen Rabbinern einen Protestbrief an<br />

den damaligen Papst Pius IX. 148<br />

Allerdings ist es für ihn nicht vorstellbar, dass die <strong>Geschichte</strong><br />

von <strong>Juden</strong> und Christen zum Holoc<strong>aus</strong>t führen könnte.<br />

Dass die deutsche <strong>Geschichte</strong> in <strong>der</strong> ersten Hälfte des<br />

zwanzigsten Jahrhun<strong>der</strong>ts dennoch in eine bis heute unfassbare<br />

Menschheitskatastrophe mündete, zwingt den geistig wachen<br />

Menschen <strong>zur</strong> Suche nach Ursachen und Deutungen. Hat die<br />

Aufklärung den Menschen als zu gut eingeschätzt und seine<br />

irrationale Abgründigkeit übersehen? O<strong>der</strong> ist gar ein Bewusstsein<br />

<strong>der</strong> Abkehr von den Werten des Humanen, das in<br />

übersteigerten technischen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen<br />

o<strong>der</strong> vi-talistischen Prämissen seine Erfüllung suchte, die<br />

tiefere Ursache für diesen Rückfall in die Barbarei, weil es<br />

blind geworden war für die Gültigkeit des religiös Unverfügbaren?<br />

Immer wie<strong>der</strong> verweisen die Historiker auf den <strong>aus</strong><br />

verschiedenen Quellen gespeisten Antisemitismus, <strong>der</strong> sich<br />

schon bald nach 1870 <strong>aus</strong>breitete, als Motiv für den Völkermord<br />

an den <strong>Juden</strong>. Die Begriffe „Fortschritt“ und „Mo<strong>der</strong>ne“<br />

jedenfalls sind auf Grund des historisch gewordenen Holoc<strong>aus</strong>t<br />

schwer beschädigt worden und können kaum noch im<br />

147 Ebda., S. 302. Vgl. auch Nieuw Isr. Weekblad, 1865, Nr. 14, S. 2.<br />

148 Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums vom 20.9.1858, S. 530-531.<br />

144


Sinne eines vor<strong>der</strong>gründigen Glaubens an eine bessere Welt<br />

verwendet werden. Der Rabbiner Leo Baeck formulierte nach<br />

seiner Befreiung <strong>aus</strong> dem KZ Theresienstadt 1945 in New<br />

York:<br />

„Für uns <strong>Juden</strong> ist eine Geschichtsepoche zu Ende gegangen.<br />

(...) Unser Glaube war es, daß deutscher und jüdischer<br />

Geist auf deutschem Boden sich treffen und durch ihre<br />

Vermählung zum Segen werden können. Dies war eine<br />

Illusion – die Epoche <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in Deutschland ist ein für<br />

alle Mal vorbei“. 149<br />

Damit beschreibt Leo Baeck das Lebensgefühl vieler überleben<strong>der</strong><br />

jüdischer Bürger nach 1945: In Deutschland werde es<br />

wegen <strong>der</strong> Verbrechen <strong>der</strong> Nationalsozialisten kein jüdisches<br />

Leben mehr geben. Seine Aussagen markieren einen kulturellen<br />

Abbruch zwischen <strong>Juden</strong> und Christen in Deutschland.<br />

=========================<br />

Inzwischen sind über sechzig Jahre vergangen. In dieser<br />

langen historischen Zeitspanne gab es Zeiten des Verdrängens<br />

und Zeiten des Erinnerns. Es hat sich eine neue Gedenkkultur,<br />

die die Shoa thematisiert, etabliert. Viele nichtjüdische Deutsche<br />

bejahen die Erinnerung an die Verbrechen <strong>der</strong> Nationalsozialsten<br />

und beziehen <strong>aus</strong> dieser Erinnerung ihre Motivation,<br />

die gesellschaftlichen Verhältnisse heute mit dem Maßstab des<br />

Humanen zu begleiten. Heute denken nicht mehr alle jüdischen<br />

Bürger in Deutschland wie die Generation <strong>der</strong> Opfer.<br />

Deutschland ist auch für <strong>Juden</strong> zu einem Einwan<strong>der</strong>ungsland<br />

geworden. Es entstehen wie<strong>der</strong> neue Synagogengemeinden.<br />

Es lässt sich aber auch ein neuer Antisemitismus beobachten.<br />

Viele jüdische Einrichtungen müssen vor Übergriffen<br />

polizeilich geschützt werden.<br />

149 Gidal: Die <strong>Juden</strong> in Deutschland, S. 426.<br />

145


Erinnerung an <strong>aus</strong>gelöschte jüdische Gemeinden <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> in<br />

Yad Vashem, Jerusalem<br />

Vielleicht ließe sich heute wie<strong>der</strong> anknüpfen an die Ideale<br />

von Joseph Kahn. Dabei sollte <strong>der</strong> Gang <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> nicht<br />

vergessen werden, damit nicht Realitätsferne das Handeln<br />

bestimmt. Es wäre auch nicht falsch, die Ziele gemeinsamen<br />

Lebens von <strong>Juden</strong> und Christen in Deutschland nicht in abstrakter<br />

Gestalt, wie etwa mit dem Begriff „Geist“, zu umschreiben,<br />

denn dieser Begriff beinhaltete beispielsweise auch<br />

die unkritische Bejahung des Militärischen, son<strong>der</strong>n darauf zu<br />

achten, dass alle Bürger menschenwürdig existieren können.<br />

Dies könnte sich beispielsweise darin zeigen, antisemitische<br />

Äußerungen einzelner nicht zu überhören, son<strong>der</strong>n diese zu<br />

thematisieren und <strong>zur</strong>ück zu weisen. Dies sollte nicht nur die<br />

Aufgabe einer verantwortungsbewusster Presse sein, son<strong>der</strong>n<br />

eine selbstverständliche Bürgerpflicht, die alle angeht.<br />

Und noch ein Gedanke soll die Aktualität des <strong>Trier</strong>er Oberrabbiners<br />

<strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong> her<strong>aus</strong>stellen: Joseph Kahn liebte seinen<br />

Sprengel, die Region <strong>Trier</strong>, dennoch war er an den Belangen<br />

des <strong>Juden</strong>tums in Deutschland, in Europa und <strong>der</strong> ganzen<br />

146


Welt interessiert, wie man dies sowohl seinem Engagement<br />

zugunsten <strong>der</strong> Rabbinerkonferenzen entnehmen kann als auch<br />

seinen intensiven Gesprächen mit Rabbinern <strong>aus</strong> an<strong>der</strong>en europäischen<br />

Län<strong>der</strong>n, die er während seiner Kuraufenthalte traf.<br />

Insofern lebte er nicht <strong>aus</strong> einem provinziellen und nationalistischen<br />

Bewusstsein, son<strong>der</strong>n er verkörperte in seiner geistigen<br />

Orientierung und durch seine Reisetätigkeit die Idee Europas.<br />

Dass er in Amsterdam starb und in <strong>Trier</strong> beerdigt wurde, zeigt<br />

bis zu den letzten Tagen seines Lebens, zeichenhaft, einen<br />

nicht unbedeutenden Teil seines Vermächtnisses.<br />

Es wäre viel geleistet, wenn die Erinnerung an Joseph<br />

Kahn und sein Werk viele von denen erreichen würde, die<br />

bisher noch nichts von ihm wussten. Dass er ein großer Sohn<br />

<strong>der</strong> kleinen Gemeinde <strong>Wawern</strong> war, sollte im Bewusstsein<br />

heutiger Bürger dieses Ortes sowie <strong>der</strong> näheren und <strong>der</strong> weiteren<br />

Umgebung einen festen Platz haben. Vielleicht kann die<br />

Erinnerung an seinen 200. Geburtstag am 2. September 2009<br />

einen Beitrag dazu leisten.<br />

147


Grabstein von Joseph Kahn<br />

Aus: Annette Haller: Der Jüdische Friedhof an <strong>der</strong> Weidegasse in<br />

<strong>Trier</strong>, S. 52<br />

148


Lebenslauf, kurzgefasst<br />

Am 2. September 1809 in <strong>Wawern</strong> geboren<br />

Talmud-Studien in Metz 1823-1827<br />

Talmud-Studien in Mannheim 1827-1831<br />

Theologiestudium in Heidelberg 1831-1832<br />

Theologiestudium in Bonn 1833-1838<br />

Preisschrift über den Propheten Zacharias, Bonn<br />

Am 13. Dezember 1841 Besuch in <strong>Wawern</strong><br />

Am 19. Dezember 1841 Oberrabbiner von <strong>Trier</strong><br />

Bis 1848 wohnhaft in <strong>der</strong> Fleischstraße Nr. 476 in <strong>Trier</strong><br />

Von 1848 bis 1875 wohnhaft in <strong>der</strong> Metzelstraße Nr. 103 in <strong>Trier</strong><br />

Predigtedition Luxemburg 1840<br />

Predigtedition Saarbrücken 1841<br />

Predigtedition <strong>Trier</strong> 1842<br />

Silberner Pokal 1843<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in <strong>Wawern</strong> am 13. August 1844<br />

Eheschließung mit Rebekka van Biema 18.12.1844<br />

Edition <strong>zur</strong> Rabbinerkonferenz Frankfurt a.M.1845<br />

Rabbinerkonferenz in Frankfurt 1845<br />

Rabbinerkonferenz in Breslau 1846<br />

Geburt <strong>der</strong> Tochter Herta 16.2.1846<br />

Geburt <strong>der</strong> Tochter Sara Amalie 19.10.1849<br />

Geburt <strong>der</strong> Tochter Rosa Julia 28.11.1850<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in Schweich 1852<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in Bernkastel 1852<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in Zeltingen 1855<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in Müstert-Emmel (Nie<strong>der</strong>emmel) 1855<br />

Predigtedition <strong>Trier</strong> 1855<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in Trittenheim 1857<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in <strong>Trier</strong> 1859<br />

Predigtedition <strong>Trier</strong> 1860<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in Tholey 1864<br />

Predigtedition Jüdische Liebe und Versöhnung 1865<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge von Neunkirchen 1865<br />

Einweihung <strong>der</strong> Synagoge in Lösnich 1866<br />

Kuraufenthalte in Bad Ems und Bad Cannstadt 1866/67<br />

Kahns Bade- und Reiseberichte 1867<br />

Rabbinerkonferenz in Kassel 1869<br />

Predigtedition Berlin 1872<br />

Edition <strong>der</strong> Denkschrift, die gesetzliche Regelung des jüdischen Gemeinwesens<br />

betreffend, <strong>Trier</strong> 1874<br />

Silbernes Rabbinerjubiläum 1867<br />

Ende seiner Amtszeit 1874 ?<br />

Tod in Amsterdam am 10. Juli 1875<br />

Beerdigung in <strong>Trier</strong> am 12. Juli 1875<br />

149


Quellen und Literatur:<br />

1. Adressbücher <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> 1848, 1858, 1861, 1864,<br />

1867, 1868, 1871, 1875, Stadtbibliothek <strong>Trier</strong>, Bestand<br />

11/8, Nr. 3767<br />

2. Almond, Richard MD: Fotos von Joseph und Rebecca Kahn,<br />

Geschenke <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde Saarwellingen<br />

3. Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>tums 1838-1875<br />

4. Altmann, Alexan<strong>der</strong>: Adolf Altmann (1879-1944) A Filial<br />

Memoir, in: The Leo-Baeck-Year Book 1981, S. 145-167<br />

5. Archiv <strong>der</strong> Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität<br />

Bonn, Immatrikulations- und Exmatrikulationsakte Joseph<br />

Kahn, Schreiben vom 2.12.08<br />

6. Ben Chananja 1860-1867<br />

7. Biographisches Handbuch <strong>der</strong> Rabbiner, hrsg. von Michael<br />

Brocke und Julius Carlebach, Teil 1: Die Rabbiner <strong>der</strong><br />

Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen<br />

Län<strong>der</strong>n 1781-1871, bearbeitet von Carsten Wilke,<br />

Band 2: Kaempf – Zuckermann, München 2004, S. 500-<br />

502<br />

8. Der Israelit im neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t 1844-1847<br />

9. Der israelitische Volkslehrer 1858, 1859, 1860<br />

10. Der Orient 1840-1846<br />

11. Die Neuzeit 1870 u. 1875<br />

12. Dezennaltabellen <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> 1843-53, 1853-63<br />

13. Eberhard, Pascale: Die Reichspogromnacht 1938 in <strong>Wawern</strong>,<br />

in: Jahrbuch des Kreises <strong>Trier</strong>-Saarburg 2009, S. 244-<br />

255<br />

14. Geburtsregister <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> von 1846, 1849, 1850<br />

15. Geburtsurkunde von Joseph Kahn u.a., Standesamt Konz<br />

16. Gidal, Nachum T.: Die <strong>Juden</strong> in Deutschland von <strong>der</strong> Römerzeit<br />

bis <strong>zur</strong> Weimarer Republik, Köln 1997<br />

17. Haller, Annette: Der Jüdische Friedhof an <strong>der</strong> Weidegasse in<br />

<strong>Trier</strong>, <strong>Trier</strong> 2003<br />

18. Heidt, Günter/ Lennartz, Dirk S.: Fast vergessene Zeugen.<br />

<strong>Juden</strong> in Freudenburg und im Saar-Mosel-Raum 1321-1943,<br />

Nor<strong>der</strong>stedt 2000<br />

19. Heiratsregister <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> von 1844, Stadtarchiv <strong>Trier</strong><br />

150


http://www.jewishencyclopedia.com/view.jsp?artid=24&lett<br />

er=K (30.9.08)<br />

20. Israelitische Annalen 1841, 17.9.1841, S. 304<br />

21. Ittenbach, Elmar P.: Jüdisches Leben in Thalfang. <strong>Geschichte</strong><br />

und Schicksale, <strong>Trier</strong> 2011<br />

22. joods historisch museum Amsterdam (http:// www. jhm. nl/<br />

bezoek.aspx?ID=16)<br />

23. <strong>Juden</strong> in <strong>Trier</strong>. Katalog einer Ausstellung von Stadtarchiv<br />

und Stadtbibliothek <strong>Trier</strong> März – November 1988 unter<br />

Mitwirkung von Horst Mühleisen und Bernhard Simon,<br />

bearbeitet von Reiner Nolden, <strong>Trier</strong> 1988<br />

24. Kahn, Joseph: Das Pesach - als Versöhnungsfest. Predigt,<br />

gehalten in <strong>der</strong> Synagoge zu Saarlouis am Sabbath vor dem<br />

Pesachfeste 5601 (1841), Saarlouis 1841<br />

25. Kahn, Joseph: Predigt zu seinem Amtsantritt, <strong>Trier</strong> 1842<br />

26. Kahn, Joseph: Edition <strong>zur</strong> Rabbinerkonferenz in Frankfurt a.<br />

M. 1843<br />

27. Kahn, Joseph: Leichenrede, gehalten am Grabe des Herrn<br />

Joseph Penas am 19. Februar 1855, <strong>Trier</strong> 1855<br />

28. Kahn, Joseph: Predigt <strong>zur</strong> Einweihung <strong>der</strong> neuen Synagoge<br />

in <strong>Trier</strong>, <strong>Trier</strong> 1860<br />

29. Kahn, Joseph: <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Liturgie. I. Notizen über den<br />

Kaddisch, in: Ben Chananja, 1.10.1867 (Beilage)<br />

30. Kahn, Joseph: Denkschrift, die gesetzliche Regelung des<br />

jüdischen Gemeinwesens betreffend, <strong>Trier</strong> 1874<br />

31. Kahn, Joseph: Kahns Bade- und Reiseberichte, in: Ben Chananja<br />

1867<br />

32. Kahn, Joseph: Über die Heiligkeitt <strong>der</strong> thierischen Erstgeburt,<br />

in: Der israelitischen Volkslehrer 1859<br />

33. Kayserling, Meyer: Bibliothek jüdischer Kanzelredner,<br />

Berlin 1872, S. 298-305: (Joseph Kahn)<br />

34. Lindner, Erik: Deutsche <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Revolution von<br />

1848/49. Barrikadenkämpfer, radikale Demokraten, gemäßigte<br />

Parlamentarier und Monarchisten, in: „Der schlimmste<br />

Punkt in <strong>der</strong> Provinz“ Demokratische Revolution 1848/49 in<br />

<strong>Trier</strong> und Umgebung. Katalog- Handbuch, Her<strong>aus</strong>gegeben<br />

von Elisabeth Dühr, S. 622-642<br />

35. Marx, Albert: Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> im Saarland. Vom<br />

Ancien Régimes bis zum Zweiten Weltkrieg, Saarbrücken<br />

151


1992<br />

36. Marx, Georg: <strong>Juden</strong> in Hermeskeil, Kell a. See 1999<br />

37. Ders.: <strong>Juden</strong> in Schillingen, Kell a. See, 2001<br />

38. Mendes-Flohr, Jehuda Reinharz: The Jew in the mo<strong>der</strong>n<br />

world, Oxford Press US 1995<br />

39. Monz, Heinz: Samuel Hirsch (1815-1889) Ein jüdischer<br />

Reformator <strong>aus</strong> dem Hunsrück, in: Weirich, Hilde und<br />

Kr<strong>aus</strong>e, Winfried: Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von<br />

Thalfang, Spiesen-Elversberg 1995<br />

40. Monz, Heinz: Zur <strong>Trier</strong>er <strong>Juden</strong>petition des Jahres 1843, in:<br />

Landeskundliche Vierteljahresblätter Nr. 29, 1983, S. 45-53<br />

41. Neue Adresse: Kaiserstraße. 50 Jahre Synagoge <strong>Trier</strong>. Festschrift,<br />

hrsg. von Reinhold Bohlen und Benz Botmann, <strong>Trier</strong><br />

2007<br />

42. Nieuw Isr. Weekblad 1865, 1866<br />

43. Lepper, Herbert: Von <strong>der</strong> Emanzipation zum Holoc<strong>aus</strong>t. Die<br />

israelitische Synagogengemeinde Aachen 1802-1942, 2 Bde,<br />

Aachen 1994<br />

44. Schnitzler, Thomas(Hrsg.): „Das Leben ist ein Kampf“<br />

Marianne Elikan – Verfolgte des Nazi-Regimes, <strong>Trier</strong> 2008<br />

45. Stadsarchief Amsterdam BR 1864-1874, C 92, BR 1874-<br />

1892, vol. 143, vol. 224, S 1875, vol. 5<br />

46. Str<strong>aus</strong>s-Almstad, Jeanette/Matthias Wolfers, Biographie zu<br />

Jakob Ettlinger, in Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon<br />

(www.bautz.de/bbk/)<br />

47. <strong>Trier</strong>er Biographisches Lexikon, hrsg. von Heinz Monz,<br />

<strong>Trier</strong> 2000<br />

48. Wilke, Carsten: „Den Talmud und den Kant“. Rabbiner<strong>aus</strong>bildung<br />

an <strong>der</strong> Schwelle <strong>zur</strong> Mo<strong>der</strong>ne, Hildesheim 2003<br />

49. Zenz, Emil: <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong> im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

Bd. I: Vom Beginn <strong>der</strong> französischen Herrschaft bis zum<br />

Ende <strong>der</strong> Revolution von 1848 (1794-1850), <strong>Trier</strong> 1979<br />

152


Fotos:<br />

S. 83 Joseph Kahn, Richard Almond MD, Palo Alto 2009<br />

S. 84 Rebecca Kahn, Richard Almond MD, Palo Alto 2009<br />

S. 103 Synagoge <strong>Wawern</strong>, Franz Hermann, <strong>Wawern</strong><br />

S.104 Synagoge Schweich, Heribert Wissen, Schweich<br />

S.105 Synagoge <strong>Trier</strong>, http://www.alemannia-judaica.de/<br />

trier_synagoge.htm<br />

S. 106 Die neue Synagoge, Universitätsbibliothek Frankfurt<br />

a.M. Signatur Jud 1772, S. 94<br />

S. 108 Synagoge Neunkirchen, alemannia-judaica 2009<br />

http://www.alemannia-judaica.de/<br />

S. 135 Kiddusch-Becher, Richard Almond, Palo Alto 2009<br />

S. 146 Yad Vashem: Tal <strong>der</strong> Gemeinden, Willi Körtels 1999<br />

S. 148 Grab und Grabinschrift Joseph Kahn: Annette Haller:<br />

Der jüdische Friedhof an <strong>der</strong> Weidegasse in <strong>Trier</strong>, <strong>Trier</strong><br />

2003, S. 52<br />

Anhang<br />

Allgemeine Zeitung des <strong>Juden</strong>thums<br />

Ausgabedatum<br />

Seite<br />

21.6.1838 1<br />

20.7.1839 351<br />

2.5.1840 260<br />

27.6.1840 373<br />

14.11.1840 656<br />

10.4.1841 213-214<br />

11.9.1841 523-524<br />

8.1.1842 22<br />

5.3.1842. 137-139<br />

9.4.1842 216-217<br />

2.7.1842 395-396<br />

9.7.1842 408-410<br />

13.8.1842 489<br />

27.8.1842 525-526<br />

29.4.1843 254-255<br />

3.7.1843 390-391<br />

10.7.1843 412-413<br />

4.9.1843 335<br />

153


20.11.1843 695-696<br />

10.6.1844 326-328<br />

17.6.1844 344-345<br />

3.11.1844 358<br />

2.9.1844 506<br />

20.11.1844 340-2341<br />

30.6.1845 412-413<br />

7.7.1845 423-424<br />

1.8.1845 501-508<br />

21.9.1845 312<br />

24.11.1845 709-710<br />

5.1.1846 21-23<br />

2.2.1846 94<br />

5.7.1846 213-214<br />

31.8.1846 529-530<br />

19.7.1847 462-464<br />

24.1.1848 70-71<br />

9.12.1850 684<br />

1.1.1851 4-7<br />

5.1.1852 18-19<br />

1.8.1852 538<br />

22.11.1854 592<br />

15.1.1855 30-31<br />

18.6.1855 320<br />

2.7.1855 342<br />

20.4.1857 225<br />

16.11.1857 643-644<br />

8.2.1858 85-87<br />

11.10.1858 575-576<br />

13.12.1858 702<br />

3.10.1859 594-595<br />

30.9.1862 568-571<br />

9.6.1863 363<br />

14.7.1863 444<br />

28.7.1863 479<br />

19.1.1864 54<br />

24.10.1865 664-665<br />

1865 Nr. 61, Beilage<br />

11.12.1866 800<br />

8.1.1867 28-29<br />

13.4.1875 253-254<br />

20.7.1875 483<br />

154


27.7.1875 492-493<br />

Ben Chananja<br />

Ausgabedatum<br />

Seite<br />

1.8.1860 374-378<br />

2.8.1861 269-271<br />

22.11.1861 406<br />

14.3.1862 90<br />

3.1.1864 23-24<br />

22.3.1865 201-202<br />

20.6.1865 422<br />

13.9.1865 643 u. 662<br />

20.12.1865 915-916<br />

27.12.1865 920-921<br />

14.2.1866 133<br />

7.3.1866 186-187<br />

21.3.1866 233-234<br />

27.3.1866 258-259<br />

11.4.1866 294-296<br />

18.4.1866 301-306<br />

2.5.1866 335-336<br />

9.5.1866 353-354<br />

15.12.1866 846<br />

15.1.1867 43<br />

1.8.1867 476-477<br />

1.8.1867 486-487<br />

15.8.1867 505-507<br />

1.9.1867 554-557<br />

1.10.1867 617-619<br />

15.10.1867 643-647<br />

Der Israelit im neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

Ausgabedatum<br />

Seite<br />

30.10.1842 178<br />

30.7.1843 125<br />

13.8.1843 133<br />

7.4.1844 106<br />

9.6.1844 183<br />

20.10.1844 340-341<br />

3.11.1844 358-359<br />

3.11.1844 358<br />

155


21.9.1845 312<br />

5.7.1846 213-214<br />

7.2.1847 47-48<br />

14.3.1847 87<br />

28.3.1847 101<br />

20.6.1847 200<br />

Der Orient<br />

Ausgabedatum<br />

Seite<br />

2.5.1840 137<br />

16.5.1840 151<br />

13.6.1840 185-186<br />

1.8.1840 237-238<br />

10.10.1840 319<br />

24.7.1841 210-211<br />

19.2.1842 60<br />

1.8.1843 244-245<br />

24.9.1845 307-308<br />

16.4.1846 118<br />

Israelitische Annalen<br />

Ausgabedatum<br />

Seite<br />

16.8.1839 259-260<br />

30.8.1839 277-278<br />

6.9.1839 284<br />

27.9.1839 307-308<br />

4.10.1839 315-316<br />

15.11.1839 365-366<br />

1.5.1840 151<br />

1.5.1840 158<br />

16.6.1840 219<br />

14.8.1840 282-283<br />

20.11.1840 752<br />

8.1.1841 15<br />

6.8.1841 255<br />

3.9.1841 286<br />

17.9.1841 304<br />

Nieuw Isr. Weekblad<br />

Ausgabedatum<br />

Seite<br />

1865, nr. 14 2<br />

1866, nr. 31 3<br />

156


1866, nr. 36 2-3<br />

1866, nr. 38 3<br />

Der israelitische Volkslehrer<br />

Juli 1855 257-262<br />

August 1855 291<br />

September 1855 366<br />

Oktober 1858 318-321<br />

Oktober 1858 331<br />

März 1859 101<br />

Mai 1859 136-147<br />

Juni 1859<br />

186ff.<br />

Juli 1859 212-223<br />

August 1859 248-257<br />

September 1859 302<br />

März 1860 106-108<br />

Die Neuzeit<br />

Die Neuzeit 1870 S. 54-56<br />

Die Neuzeit 1875 S. 241<br />

157


Rezension von Fritz Hofmann, Dortmund, in Freiburger Rundbrief 2011,<br />

S. 52<br />

158


Rabbiner Dr. Leo Baeck Berlin-Schöneberg, den 1. Juli 1932<br />

Am Park 15<br />

AN DEN LESER!<br />

Es gibt eine <strong>Geschichte</strong> menschlicher Worte, des Sprechens und Aufrufens<br />

von Menschen, aber es gibt auch eine <strong>Geschichte</strong> dessen, wozu Menschen<br />

geschwiegen haben, und sie ist eine <strong>Geschichte</strong> menschlicher Enge und<br />

Niedrigkeit. Wenn so oft Verbrechen und Untat sich weithin dehnen konnten,<br />

es ist fast immer geschehen, weil die Gewissen verschlossen und die<br />

Lippen stumm blieben, die sich zum Worte des Rechtes und <strong>der</strong> Sittlichkeit<br />

hätten öffnen sollen. Schuldig sind die, welche ein Böses verüben, aber<br />

schuldig, zumal vor dem Gericht <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong>, sind die auch, die einen<br />

Frevel sehen o<strong>der</strong> um ihn wissen und still dazu sind; sie sind die, welche,<br />

ohne es zu wollen, ihm erst den Weg bereiten. Nur wo Unfreiheit ist, kann<br />

die Gewalt ihre Bahn haben, und niemand ist unfreier als <strong>der</strong>, welcher<br />

stumm ist dort, wo er reden, wo er mahnen und warnen sollte.<br />

Wenn solches Schweigen über dem Lande lastet, dann will eine Hoffnung<br />

noch daran festhalten, daß manche deshalb nur schweigen, weil sie von dem<br />

Frevel noch nicht wissen. Und es wird darum <strong>zur</strong> Pflicht, ihn jedem, <strong>der</strong><br />

einer <strong>der</strong> Freien sein will, aufzuzeigen und darzutun. Es ist so eine Pflicht<br />

auch gegen Volk und Vaterland.<br />

In jedem Volke sind Unrecht und Sünde; sie kommen und gehen, und das<br />

Volk bleibt. Aber wenn das Volk als solches, als Ganzes mitschuldig wird<br />

durch Schweigen, durch Dulden, durch Zuschauen, dann zerstört die Untat<br />

den Boden, auf dem allein ein Volk besteht; er bricht unter ihm zusammen.<br />

Völker sind versunken, erst wenn sie vorher verstummt waren, wenn <strong>der</strong><br />

Wi<strong>der</strong>spruch gegen die Sünde, <strong>der</strong> Spruch des Rechts seine Menschen nicht<br />

mehr gefunden hat.<br />

Es liegt darum Hoffnung für das Vaterland in <strong>der</strong> Zuversicht, daß die, welche<br />

erfahren werden, auch vermögen werden, zu sprechen.<br />

Quelle: Freiburger Rundbrief 1999, S. 172<br />

159


Fragebogen <strong>zur</strong> Erinnerungskultur 150<br />

Willi Körtels, För<strong>der</strong>verein Synagoge Könen e.V.<br />

→ Wie würden Sie persönlich den Begriff „Erinnerungskultur“<br />

definieren?<br />

Erinnerungskultur ist ein Allgemeinbegriff, <strong>der</strong> verschiedene<br />

Initiativen <strong>der</strong> Gedenkarbeit umgreift. Erinnerungskultur<br />

beginnt auf <strong>der</strong> persönlichen Ebene, in <strong>der</strong> Familie,<br />

am Arbeitsplatz, im Gottesdienst, im Unterricht und<br />

wird weitergeführt von Vereinen, von Parteien und <strong>der</strong> Politik.<br />

Unsere Erinnerungsarbeit ist wissenschaftlich motiviert; sie<br />

folgt nicht einer Tradition von Erinnerung wie sie die Totengedenkfeiern<br />

mit Blasmusik und politischen Reden praktizieren.<br />

Wir möchten anhand von glaubwürdigen Zeugen und Dokumenten<br />

kein geschöntes Bild einer grauenhaften Hitlerei<br />

aufzeigen, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Wirklichkeit einer menschenverachtenden<br />

politischen Praxis, die in jedes Dorf hineinreichte, aber<br />

viele Jahrzehnte verdrängt wurde. Unser Anliegen besteht im<br />

Umschreiben von historischer Wirklichkeit in einer eng umgrenzten<br />

Region Konz-<strong>Trier</strong>. Wir möchten erinnern, damit<br />

Fehler <strong>der</strong> Vergangenheit gesehen und nicht wie<strong>der</strong>holt werden.<br />

Wir möchten das Bewusstsein schärfen für die menschliche<br />

Qualität unseres Landes und <strong>zur</strong> Versöhnung zwischen<br />

Opfern und Tätern beitragen.<br />

150 Gouverneur, Petra: Wi<strong>der</strong> das Vergessen-Erinnerungskultur in <strong>der</strong><br />

Region <strong>Trier</strong> am Beispiel des Stolpersteinprojekts, Wissenschaftliche<br />

Prüfungsarbeit für das Lehramt für Grund-und Hauptschulen,<br />

Koblenz 2009.<br />

160


→ Nennen Sie Ihre Hauptmotivation <strong>zur</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit dem Thema Erinnerungskultur. Worauf fußt Ihr Engagement?<br />

Ein Hauptmotiv zu nennen gelingt mir kaum. Deswegen will<br />

ich stichwortartig meine Beweggründe skizzieren:<br />

Meine Erfahrung im Elternh<strong>aus</strong>: freimütige, unverstellte Erzählung<br />

<strong>der</strong> Erlebnisse <strong>zur</strong> Nazi-Zeit durch meine Eltern, das<br />

Studium <strong>der</strong> katholischen Theologie: Einsicht in Textkritik,<br />

damit historische Interpretation <strong>der</strong> Bibel, Impulse über das<br />

Studienfach Germanistik<br />

Freundeskreis ehemaliger Mitstudenten, die dem Thema <strong>Juden</strong>tum<br />

und Holoc<strong>aus</strong>t sehr aufgeschlossen waren- über Jahrzehnte.<br />

Öffentliche Anerkennung eines Schulprojekts zum Thema<br />

„Jüdische Kultur im Raum Konz“ vor über 20 Jahren.<br />

→ Nehmen Sie bitte Stellung zu dem Gegensatz „Geschichtsvergessenheit<br />

– Geschichtsversessenheit“.<br />

Geschichtsvergessenheit erlebte ich in <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

hautnah in Schule und Dorf. Fortschritt in Technik und Landwirtschaft<br />

waren die zentralen Ideologien, verbunden mit einer<br />

Weiterherrschaft <strong>der</strong> ehemaligen Nazis im Dorf und in <strong>der</strong><br />

Politik. Deren Devise <strong>zur</strong> damaligen Vergangenheit: Halt den<br />

Mund!<br />

Geschichtsversessenheit ist heute wie damals nur sehr selten<br />

anzutreffen, ein Thema für Spezialisten. Wenn sie nicht patriotisch<br />

und nicht nationalistisch ist, schadet sie nicht, son<strong>der</strong>n<br />

kann die Menschen weiter bringen.<br />

161


→ Wird in unserer Region genug erinnert?<br />

Die Initiativen sind sehr fleißig geworden und hie und da beeinflussen<br />

sie Bewusstsein. Die Reden zum Volkstrauertag auf<br />

Gemeindeebene zeigen oftmals, dass die demokratischen Vertreter<br />

immer noch Unverantwortliches von sich geben, was<br />

zum Teil in den Dörfern mehrheitsfähig ist - lei<strong>der</strong>! Deswegen<br />

muss noch lange an das „Unangenehme“ <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

erinnert werden. Die Spaßkultur mag keine heilsame Erinnerung.<br />

Rückblick auf ein Jahrzehnt Gedenkarbeit des För<strong>der</strong>vereins<br />

ehemalige Synagoge Könen e.V.<br />

Der Vorstand des För<strong>der</strong>vereins ehemalige Synagoge Könen<br />

e.V. beabsichtigt, den Verein auflösen. Aus diesem Anlass<br />

möchte er allen Mitglie<strong>der</strong>n für die Bereitschaft danken, unsere<br />

ein Jahrzehnt währende Gedenkarbeit im Raum Konz unterstützt<br />

zu haben.<br />

Im Folgenden soll das Geleistete noch einmal in groben<br />

Zügen vorgestellt werden.<br />

Während im Jahre 1996 das Buch „<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong><br />

von Oberemmel“ für den Ort und die Region Konz ein Novum<br />

darstellte, hat sich diese Situation inzwischen verän<strong>der</strong>t. Die<br />

Erinnerungskultur <strong>der</strong> engeren Region ist um einige Aspekte<br />

bereichert worden, wie sie vor rund zehn Jahren noch nicht<br />

vorstellbar war. Es ist normal geworden, dass die Zeitung über<br />

die regionale Gedenkarbeit berichtet und die angebotenen<br />

Veranstaltungen werden von vielen Interessierten besucht, z.B.<br />

Führungen auf den jüdischen Friedhöfen, Buchvorstellungen<br />

und Vorträge.<br />

In Oberemmel wurde schon im Jahre 1997 eine Bronzetafel<br />

am jüdischen Friedhof feierlich enthüllt, die an die ehemaligen<br />

162


jüdischen Bürger erinnert. In Könen ist das Gespräch über eine<br />

Erinnerungstafel o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Form des Gedenkens für die<br />

Opfer des Holoc<strong>aus</strong>t über das Verfahren <strong>der</strong> Dorfmo<strong>der</strong>ation<br />

eingeleitet und vom Ortsbeirat gebilligt worden.<br />

Die Ortsgemeinde Oberemmel hat ein Straßenschild an <strong>der</strong><br />

Abzweigung Scharzbergstraße/Altenbergstraße anbringen lassen,<br />

das auf den jüdischen Friedhof hinweist. Auf Initiative<br />

des För<strong>der</strong>vereins Synagoge Könen hin wurde an <strong>der</strong> Abzweigung<br />

<strong>der</strong> Reinigerstraße/ Saarburgerstraße ein Schild angebracht,<br />

das auf den dortigen jüdischen Friedhof hinweist.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Firmvorbereitung in <strong>der</strong> Pfarrei Oberemmel<br />

wurde zweimal das Projekt „<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von<br />

Oberemmel“ angeboten. Ebenso fand anlässlich <strong>der</strong> Gemeindeerneuerung<br />

im Jahre 2003 eine gut besuchte öffentliche<br />

Führung <strong>zur</strong> jüdischen <strong>Geschichte</strong> von Oberemmel statt. Als<br />

sich im Jahre 2006 <strong>der</strong> Stadtteil Oberemmel einem kommunalen<br />

Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ stellte,<br />

wurde eigens auf die jüdische <strong>Geschichte</strong> des Ortes verwiesen.<br />

Im Anschluss an dieses Verfahren veröffentlichte <strong>der</strong> <strong>Trier</strong>ische<br />

Volksfreund einen umfangreichen Bericht über den jüdischen<br />

Friedhof von Oberemmel. Die Forschungsaktivität <strong>zur</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Oberemmeler <strong>Juden</strong> beeinflusste die Arbeitsgruppen<br />

<strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Nachbargemeinden Wiltingen und<br />

Pellingen als auch überregionale historische Forschungen. So<br />

findet man die Bil<strong>der</strong> und Forschungsergebnisse von Oberemmel<br />

in einem 2005 erschienenen Band über die Synagogen<br />

von Rheinland-Pfalz. Der Bericht über einen Besuch beim<br />

letzten Oberemmeler <strong>Juden</strong>, Jules Herrmann, in Céret in Südfrankreich<br />

im Jahre 1997 wurde von <strong>der</strong> Zeitschrift „Sachor“<br />

in Bad Kreuznach gedruckt. Bibliographische Angaben <strong>zur</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Oberemmeler <strong>Juden</strong> sind mittlerweile in verschiedenen<br />

deutschen, belgischen und israelischen Forschungseinrichtungen<br />

zu finden. Gewürdigt wurden die Forschungen<br />

<strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Oberemmel auch im<br />

von Dr. Reiner Nolden im Jahre 2010 neu her<strong>aus</strong>gegebenen<br />

163


Gedenkbuch für die <strong>Juden</strong> <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> und dem <strong>Trier</strong>er Land mit<br />

dem Titel <strong>Trier</strong> vergisst nicht.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Forschungsarbeiten in Architektur von<br />

Robert Reichard und Thomas Heidenblut zu den ehemaligen<br />

Synagogen im Landkreis <strong>Trier</strong> fanden Eingang in die Gesamtdarstellung<br />

ehemaliger Synagogen in Rheinland-Pfalz. Ergebnisse<br />

unserer Gedenkarbeit finden sich auch in einer wissenschaftlichen<br />

Arbeit von Petra Gouverneur, vorgelegt an <strong>der</strong><br />

Universität Koblenz.<br />

Über die rein wissenschaftlichen Ergebnisse hin<strong>aus</strong> stellen<br />

die intensiven menschlichen Begegnungen mit ehemaligen<br />

jüdischen Bürgern <strong>der</strong> Region den höchsten Wert dar. Im Mai<br />

2010 besuchte Rick Cornfeld <strong>aus</strong> St. Louis in den USA, ein<br />

Nachfahre <strong>der</strong> Familie Samuel Herrmann, den Ort Oberemmel.<br />

Im Juni 2012 erkundete eine Gruppe <strong>aus</strong> Israel, Nachfahren<br />

<strong>der</strong> Familie Kahn <strong>aus</strong> Konz und Könen, die ehemaligen<br />

jüdischen Orte im Umfeld von Konz. Frau Babette Levy-Daskin<br />

<strong>aus</strong> St. Louis in den USA entdeckte im September 2012<br />

den Grabstein ihrer Urgroßmutter Elise Herrmann, geb. Bermann,<br />

auf dem jüdischen Friedhof in Oberemmel. Kontakte<br />

via Skype zu Alice Resseguie in Eugene, USA, und Miriam<br />

Neumeier in Petach Tikva, Israel, sind noch zu ergänzen.<br />

Neue Ergebnisse <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Oberemmel<br />

gehen zum Teil auch auf die intensive Recherche <strong>zur</strong> „<strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Könen“ <strong>zur</strong>ück. Das im Jahre 2005 im<br />

Auftrag des „För<strong>der</strong>vereins Synagoge Könen e.V.“ her<strong>aus</strong>gegebene<br />

Buch wurde in die Reihe Ortschroniken des <strong>Trier</strong>er<br />

Landes aufgenommen.<br />

Im Jahre 2006 veröffentlichte Alois Jäckels ein autobiographisches<br />

Buch mit dem Titel „Leben zwischen Krieg und<br />

Frieden“, in dem er – für viele heutige Bürger völlig überraschend<br />

- den Ablauf <strong>der</strong> Reichspogromnacht in Oberemmel als<br />

Augenzeuge beschreibt. Es ist nicht <strong>aus</strong>zuschließen, dass noch<br />

weitere bisher unbekannte historisch relevante Ergebnisse<br />

entdeckt werden, z.B. infolge des erst vor kurzem freigegebe-<br />

164


nen Archivmaterials <strong>aus</strong> dem Berlin Document - Center und<br />

des „Internationalen Suchdienstes“ in Arolsen.<br />

Am 20. November 2007 wurden die ersten Stolpersteine<br />

vor dem ehemaligen Wohnh<strong>aus</strong> <strong>der</strong> Familie Jakob Herrmann<br />

in <strong>der</strong> Brotstraße in Oberemmel verlegt. Die Aktion „Stolpersteine“<br />

geht auf den Kölner Künstler Demnig <strong>zur</strong>ück, <strong>der</strong> bereits<br />

in Deutschland T<strong>aus</strong>ende Stolpersteine verlegt hat, die an<br />

die ehemaligen jüdischen Bürger, die von den Nationalsozialisten<br />

ermordet wurden o<strong>der</strong> vor ihnen flohen, erinnern. Die<br />

für die diese Aktion notwendigen biographischen Erkenntnisse<br />

<strong>zur</strong> Familie Jakob Herrmann sind ebenfalls das Resultat <strong>der</strong><br />

Erforschung jüdischer Ortsgeschichte. Zur Stolpersteinverlegung<br />

für Mathilde und Marianne Levy in Konz erschien eine<br />

Broschüre mit den wichtigsten biographischen Daten.<br />

Inzwischen liegt auch eine Biographie von dem <strong>aus</strong> <strong>Wawern</strong><br />

stammenden <strong>Trier</strong>er Oberrabbiner Joseph Kahn 1809-<br />

1875 vor. Dem Zufall zu verdanken ist die Entdeckung <strong>der</strong><br />

<strong>Trier</strong>er Lyrikerin Elise Haas, von <strong>der</strong> eine Werk<strong>aus</strong>gabe vorgelegt<br />

werden konnte. Ebenfalls als ein Ergebnis <strong>der</strong> regionalen<br />

Forschung stellt das 2012 erschienene Buch über die jüdische<br />

Schule <strong>der</strong> Region dar, in dem auch die jüdische Schule<br />

<strong>der</strong> Region Konz thematisiert wird.<br />

Zur <strong>Trier</strong>er Lyrikerin Elise Haas fand 2011 in <strong>der</strong> Bibliothek<br />

<strong>der</strong> Universität <strong>Trier</strong> eine mehrmonatige Ausstellung<br />

statt, von <strong>der</strong> <strong>der</strong> SWR einen TV-Beitrag <strong>aus</strong>strahlte. Die Stadt<br />

Mainz nahm Elise Haas in ihrem Frauenkalen<strong>der</strong> 2012 auf. Zu<br />

Elise Haas fanden Vorträge in <strong>Trier</strong>, Luxemburg, in Blieskastel<br />

und in Wiltingen statt.<br />

Im November wurde die von Frau Dr. Pascale Eberhard<br />

entwickelte Ausstellung <strong>zur</strong> ersten deutsch-luxemburgischen<br />

Deportation im Jahre 1941 in <strong>der</strong> Basilika in <strong>Trier</strong> eröffnet.<br />

Zwischen 2007 und 2010 wurden in <strong>der</strong> Synagoge <strong>Wawern</strong><br />

vier Klezmer-Konzerte des Künstlers Eisel veranstaltet, die<br />

gut besucht waren.<br />

Öffentliche Vorträge <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> <strong>der</strong> Region<br />

Konz-<strong>Trier</strong> fanden in <strong>der</strong> Stiftskurie St. Paulin, in <strong>der</strong> Stadt-<br />

165


ibliothek Konz und <strong>Trier</strong>, in <strong>der</strong> Katholischen Akademie<br />

<strong>Trier</strong>, in <strong>der</strong> deutschen evangelischen Gemeinde in Luxemburg,<br />

im Bürgerh<strong>aus</strong> in Oberemmel, in <strong>der</strong> Reha Blieskastel<br />

und im Hotel Euchariushof in Konz-Obermennig statt.<br />

Für November 2013 hat die Volkshochschule Hermeskeil<br />

einen Vortrag zum Antisemitismus in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> in ihr<br />

Programm aufgenommen.<br />

Einzelne Beiträge zu unseren Forschungen in <strong>der</strong> Region<br />

Konz wurden vom Schellemann in Hermeskeil, im Jahrbuch<br />

des Landkreises <strong>Trier</strong>-Land und jüngst im Heimatbuch des<br />

Kreises Bitburg-Prüm veröffentlicht.<br />

Neuere Schriften <strong>aus</strong> dem Jahre 2012 befassen sich mit<br />

dem Antisemitismus <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> und den Berichten über<br />

die Region <strong>Trier</strong> in <strong>der</strong> amerikanischen jüdischen Zeitschrift<br />

„Aufbau“ zwischen 1945 und 2005 sowie mit <strong>der</strong> Spiegelung<br />

<strong>der</strong> vatikanischen „<strong>Juden</strong>erklärung“ im „Aufbau“.<br />

Im Stadium <strong>der</strong> Vorbereitung befindet sich eine Materialsammlung<br />

<strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Konz.<br />

Obwohl gegenwärtig viele Bürger erkennen, dass die Erinnerung<br />

an die jüdische <strong>Geschichte</strong> vor Ort bedeutsam ist, zeigen<br />

sich immer noch unterschiedlich motivierte Abwehrreaktionen<br />

gegenüber dieser Thematik. Während die einen eine<br />

„Überfütterung“ als Grund nennen, ist bei an<strong>der</strong>en kaum verdeckter<br />

Antisemitismus wie<strong>der</strong> zu beobachten, auch bei jüngeren<br />

Menschen. Offenbar steigt die Zahl <strong>der</strong>er, die rechtes Gedankengut<br />

billigen und gedankenlos rechtfertigen. Im Einzelfall<br />

konnte auch rechthaberisches Verteidigen falscher Aussagen<br />

festgestellt werden. Umso bedeutsamer ist das Erinnern an<br />

die Schattenseiten <strong>der</strong> dörflichen <strong>Geschichte</strong>. Eine beson<strong>der</strong>e<br />

Form <strong>der</strong> Abwehrreaktion belasteter dörflicher Vergangenheit<br />

stellt das Nicht-Wahr-haben-Wollen des Faktischen dar.<br />

Der „För<strong>der</strong>verein ehemalige Synagoge Könen e.V.“ hatte<br />

sich das Ziel gesetzt, zu informieren und zu erinnern. An diesem<br />

Ziel über zehn Jahre gearbeitet zu haben, ist das bleibende<br />

Verdienst dieser Initiative. Lei<strong>der</strong> ist es nicht gelungen, die<br />

166


ehemalige Synagoge Könen zu erwerben und zu einem dauernden<br />

Gedenkort umzugestalten.<br />

Die Aufgabe, an die ehemaligen jüdischen Gemeinden <strong>der</strong><br />

Region zu erinnern, bleibt bestehen, auch wenn unser Verein<br />

nicht mehr existiert. Zu wünschen ist, dass an<strong>der</strong>e Personen<br />

die Verantwortung dieser Thematik spüren und verwirklichen.<br />

167


Quellen [<strong>Wawern</strong>]:<br />

1. Alemannia Judaica, Suchbegriff <strong>Wawern</strong><br />

2. Aufbau 1950-2005 (http://archive.org/details/aufbau/)<br />

3. Bundesgedenkbuch<br />

4. Database Yad Vashem<br />

(http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=en)<br />

5. Datenbank: Luxembourg_escapes<br />

6. Datenbank: Luxembourg_notes<br />

7. Datenbank: ushmm.org<br />

8. http://dutchjewry.org/inmemoriam/inmemoriam_list.php<br />

9. Eberhard, Pascale: Die Reichspogromnacht 1938 in <strong>Wawern</strong>, in:<br />

Jahrbuch des Kreises <strong>Trier</strong>-Saarburg 2009, S. 244-255<br />

10. dies.: Der Überlebenskampf jüdischer Deportierter <strong>aus</strong> Luxemburg<br />

und <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> im Ghetto Litzmannstadt, Saarbrücken<br />

2012<br />

11. Gedenkbuch Wuppertal<br />

12. Körtels, Willi: Oberrabbiner Joseph Kahn 1809-1875. Eine biographische<br />

Skizze, Konz 2010<br />

13. <strong>der</strong>s.: Die jüdische Schule <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong>, Konz 2012<br />

14. Schnitzler, Thomas: „Das Leben ist ein Kampf“ Marianne Elikan -<br />

verfolgte des Nazi-Regimes, <strong>Trier</strong> 2008<br />

15. Schwer, Edgar: Was ist <strong>aus</strong> Ihnen geworden? Spurensuche nach<br />

jüdischen Mitbürgern in <strong>der</strong> Exilzeitschrift „Aufbau“ 1940-1950,<br />

Otzenh<strong>aus</strong>en 2011<br />

16. Synagoge und H<strong>aus</strong> Hirschkorn [<strong>Wawern</strong>] nach <strong>der</strong> Restaurierung<br />

1995, in: Neue Nutzung in alten Gebäuden ein Wettbewerb<br />

im ländlichen Raum o.J., S. 43-46<br />

17. <strong>Trier</strong>ische Landeszeitung vom 6.11.1973<br />

18. <strong>Trier</strong> vergisst nicht. Gedenkbuch für die <strong>Juden</strong> <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong> und<br />

dem <strong>Trier</strong>er Land, <strong>Trier</strong> 2010<br />

168


Fotonachweis<br />

1. Projektteilnehmer auf dem jüdischen Friedhof 7<br />

Oberemmel [Willi Körtels]<br />

2. Projektteilnehmer vor <strong>der</strong> ehemaligen Synagoge 8<br />

<strong>Wawern</strong> [Projektteilnehmer]<br />

3. Frontansicht <strong>der</strong> ehemaligen Synagoge <strong>Wawern</strong> 11<br />

[Willi Körtels]<br />

4. Seitenansicht [Willi Körtels] 12<br />

5. Detail am Garagentor [Willi Körtels] 12<br />

6. Giebelansicht [Willi Körtels] 13<br />

7. Hundezwinger [Willi Körtels] 14<br />

8. Innensicht [Willi Körtels] 14<br />

9. Projektgruppe 1987 [Projektteilnehmer] 18<br />

10. Projektgruppe mit Pastor Dehn in Konz [Willi Körtels] 19<br />

11. Stolpersteine in Konz [Willi Körtels] 20<br />

12. Louis Meyer, <strong>Wawern</strong> [Yad Vashem] 40<br />

13. Eduard Wolf, <strong>Wawern</strong> [Yad Vashem] 40<br />

14. Norbert Hirschkorn, <strong>Wawern</strong>/<strong>Trier</strong> [TV, <strong>Trier</strong>] 41<br />

15. Marianne Elikan-Reusch, <strong>Wawern</strong>/Saarlouis [Thomas 41<br />

Schnitzler]<br />

16. Ehemalige jüdische Schule <strong>Wawern</strong> [Willi Körtels] 46<br />

Quellen und Literatur <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong><br />

Region Konz-<strong>Trier</strong>:<br />

1. Altmann, Alexan<strong>der</strong>: Adolf Altmann (1879-1944) A Filial Memoir,<br />

in: The Leo-Baeck-Year Book 1981, S. 145-167<br />

2. Amtliches Schulblatt für den Regierungsbezirk <strong>Trier</strong> 1934<br />

3. Andres, Stefan: Der Knabe im Brunnen, München 1998<br />

4. Bauer, Uwe F.W., Bühler, Marianne: Steine über dem Fluss.<br />

Jüdische Friedhöfe an <strong>der</strong> Mosel, <strong>Trier</strong> 2002<br />

5. Bollmus, Reinhard: <strong>Trier</strong> und <strong>der</strong> Nationalsozialismus, in: <strong>Trier</strong> in<br />

<strong>der</strong> Neuzeit, hrsg. von Kurt Düwell und Franz Irsigler, Bd. 3, 2.<br />

169


Auflage <strong>Trier</strong> 1996, S. 562-568, 591-612<br />

6. Bühler, Marianne: Jüdische Schulen in <strong>Trier</strong> im Laufe <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong>,<br />

unveröffentlichtes Manuskript, Stand Mai 2006<br />

7. dies.: Die jüdische Gemeinde <strong>Trier</strong>s <strong>zur</strong> Zeit <strong>der</strong> Franzosen (Manuskript<br />

12.11.04)<br />

8. Centre du Documentation de Luxembourg (Daten<strong>aus</strong>zug „Geburtsort<br />

Könen“ vom 26.10.2004)<br />

9. Christoffel, Edgar: Der Weg durch die Nacht, <strong>Trier</strong> 1983<br />

10. Compactmemory. Internetarchiv jüdischer Periodika (compactmemory.de)<br />

11. Corbach, Dieter: 6.00 Uhr ab Messe Köln-Deutz. Deportationen<br />

1938-1945, Köln 1999<br />

12. Dasbach, Georg Friedrich: Der Wucher im trierischen Lande,<br />

<strong>Trier</strong> 1887<br />

13. Die nationalsozialistische <strong>Juden</strong>verfolgung im Gebiet des heutigen<br />

Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach 2002 (PZ-Information<br />

4/2002)<br />

14. Dokumentation <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> jüdischen Bevölkerung in<br />

Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945, hrsg. von<br />

<strong>der</strong> Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz in Verbindung mit<br />

dem Landesarchiv Saarbrücken, Band 5, Koblenz 1975, Bd. 7,<br />

Bd. 9, Boppard 1967, Bd. 9.3, Koblenz 1982<br />

15. Dr. Adolf Altmann zum Gedenken, hrsg. vom Presse- und Informationsamt<br />

<strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong>, o.J.<br />

16. Eberhard, Pascale: Die Reichspogromnacht 1938 in <strong>Wawern</strong>, in:<br />

Jahrbuch des Kreises <strong>Trier</strong>-Saarburg 2009, S. 244-255<br />

17. Erschens, Hermann: <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> ehemaligen <strong>Juden</strong>gemeinde<br />

in Leiwen, Tritten-heim 1993<br />

18. ...et wor alles net esou einfach. Questions sur le Luxembourg et<br />

la Deuxieme Guerre mondiale. Fragen an die <strong>Geschichte</strong> Luxemburgs<br />

im Zweiten Weltkrieg, Luxemburg 2002<br />

19. Eberhard, Pascale: Der Überlebenskampf jüdischer Deportierter<br />

<strong>aus</strong> Luxemburg und <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong> im Ghetto Litzmannstadt,<br />

170


Saarbrücken 2012<br />

29. Familienbuch 2 Pfarrei St. Aper Wasserliesch (Manuskript)<br />

21. Gedenkbuch Opfer <strong>der</strong> Verfolgung <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> unter <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />

Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945,<br />

Bd. II, Berlin 2006<br />

22. Griesang, Marcel: Vom Boykott <strong>zur</strong> Enteignung. Die wirtschaftliche<br />

und gesellschaftliche Ausschaltung <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> im Gebiet des<br />

heutigen Rhein-Hunsrück-Kreises, Argenthal 2010<br />

23. <strong>Geschichte</strong> des Bistums <strong>Trier</strong>, Bd. IV., hrsg. von Bernhard<br />

Schnei<strong>der</strong> und Martin Persch, 1. Auflage, <strong>Trier</strong> 2004<br />

24. Heumann, Hugo: Erlebtes-Erlittenes. Von Mönchengladbach<br />

über Luxemburg nach Theresienstadt. Tagebuch eines deutschjüdischen<br />

Emigranten, Mersch/Luxemburg 2007<br />

25. Haller, Annette: Der Jüdische Friedhof an <strong>der</strong> Weidegasse in<br />

<strong>Trier</strong>, <strong>Trier</strong> 2003<br />

26. Heidt, Günter/ Lennartz, Dirk S.: Fast vergessene Zeugen. <strong>Juden</strong><br />

in Freudenburg und im Saar-Mosel-Raum 1321-1943, Nor<strong>der</strong>stedt<br />

2000<br />

27. Hepp, Michael, Hrsg.: Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger<br />

1933-1945 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten<br />

Listen, München, New York, London, Paris 1985<br />

28. Heyen, Franz Josef: Nationalsozialismus im Alltag, Koblenz 1982<br />

29. Jacobs, Jacques: Existenz und Untergang <strong>der</strong> alten <strong>Juden</strong>gemeinde<br />

<strong>der</strong> Stadt <strong>Trier</strong>, <strong>Trier</strong> 1984<br />

30. <strong>Juden</strong> in <strong>Trier</strong>. Katalog einer Ausstellung von Stadtarchiv und<br />

Stadtbibliothek <strong>Trier</strong> März – November 1988 unter Mitwirkung<br />

von Horst Mühleisen und Bernhard Simon, bearbeitet von Reiner<br />

Nolden, <strong>Trier</strong> 1988<br />

31. Kaiser, Katharina/H<strong>aus</strong>er, Christoph: „hamma neischt ze handeln?“.<br />

Jüdischer Viehhandel im Saarburger Land, <strong>aus</strong>:<br />

www.irsch-saar.de/viehhandel (24.4.05)<br />

32. Kasper-Holtkotte, Cilli: <strong>Juden</strong> im Aufbruch. Zur Sozialgeschichte<br />

171


einer Min<strong>der</strong>heit im Saar-Mosel-Raum um 1800, Hannover 1996<br />

33. Koltz, Jean Pierre: Die geschichtlichen Verbindungen zwischen<br />

Luxemburg und <strong>Trier</strong>, <strong>Trier</strong> o.J.<br />

34. Körtels, Willi. Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Oberemmel, Kell am<br />

See 1996<br />

35. <strong>der</strong>s.: Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Könen, Konz 2005<br />

36. <strong>der</strong>s.: Elise Haas. Eine Lyrikerin <strong>aus</strong> <strong>Trier</strong>, Konz 2008<br />

37. <strong>der</strong>s.: Stolpersteine in Oberemmel, Brotstraße 3, Konz 2007<br />

38. <strong>der</strong>s.: Stolpersteine in Konz, Martinstraße 17, Konz 2008<br />

39. <strong>der</strong>s.: Oberrabbiner Joseph Kahn 1809-1875. Eine biographische<br />

Skizze, Konz 2009<br />

40. Lindner, Erik: Deutsche <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Revolution von 1848/49.<br />

Barrikadenkämpfer, radikale Demokraten, gemäßigte Parlamentarier<br />

und Monarchisten, in: „Der schlimmste Punkt in <strong>der</strong> Provinz“<br />

Demokratische Revolution 1848/49 in <strong>Trier</strong> und Umgebung.<br />

Katalog-Handbuch, Her<strong>aus</strong>gegeben von Elisabeth Dühr, S.<br />

622-642<br />

41. Marx, Albert: Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> im Saarland. Vom Ancien<br />

Régime bis zum Zweiten Weltkrieg, Saarbrücken 1992<br />

42. Mergen, Josef: Die Amerika-Auswan<strong>der</strong>ung <strong>aus</strong> dem Regierungsbezirk<br />

<strong>Trier</strong>, hrsg. Von Reiner Nolden, <strong>Trier</strong> 1965<br />

43. Monz, Heinz: Samuel Hirsch (1815-1889) Ein jüdischer Reformator<br />

<strong>aus</strong> dem Hunsrück, in: Weirich, Hilde und Kr<strong>aus</strong>e, Winfried:<br />

Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> von Thalfang, Spiesen-<br />

Elversberg 1995<br />

44. <strong>der</strong>s.: Zur <strong>Trier</strong>er <strong>Juden</strong>petition des Jahres 1843, in: Landeskundliche<br />

Vierteljahresblätter Nr. 29, 1983, S. 45-53<br />

45. Morbach, Johann: Chronik <strong>der</strong> Gemeinde Könen. Zusammengetragen<br />

in den Jahren 1936-1950<br />

46. Neue Adresse: Kaiserstraße. 50 Jahre Synagoge <strong>Trier</strong>. Festschrift,<br />

Hrsg. Von Reinhold Bohlen und Benz Botmann, <strong>Trier</strong><br />

2007<br />

47. Persch, Martin: Spurensuche-Spurensicherung. Vom Einsatz<br />

<strong>Trier</strong>er Bistumsgeistlicher für die jüdischen Mitbürger 1933-<br />

1945, in: Kurtrierisches Jahrbuch Nr. 36, 1996, S. 303-317<br />

172


48. Rothenberger, Heinz/Schuhn, Werner: Der Nationalsozialismus<br />

im <strong>Trier</strong>er Land, in: Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Trier</strong>ischen Landeskunde. Unterrichtsmaterialien<br />

für <strong>Geschichte</strong> und Geographie, hrsg. Von<br />

Leo Friedrich u.a., <strong>Trier</strong> 1979<br />

49. Schnitzler, Thomas (Hrsg.): „Das Leben ist ein Kampf“ Marianne<br />

Elikan – Verfolgte des Nazi-Regimes, <strong>Trier</strong> 2008<br />

50. Schuler, Werner: Bericht über einen Schul<strong>aus</strong>flug nach Saarburg,<br />

Festschrift zum 75. jährigen Jubiläum <strong>der</strong> Grundschule St.<br />

Matthias 1989<br />

51. Stattführer. <strong>Trier</strong> im Nationalsozialismus, Hrsg. von Thomas<br />

Zuche, <strong>Trier</strong> 1996<br />

52. Synagogen im Landkreis <strong>Trier</strong>-Saarburg. Denkmalgerechtes<br />

Bauen. Bearbeitet von Doz. Prof. Helmut Schmidt, Robert<br />

Reichard und Thomas Heidenblut (unveröffentlichte Seminararbeit)<br />

<strong>Trier</strong> 1998<br />

53. <strong>Trier</strong>er Biographisches Lexikon, hrsg. von Heinz Monz, <strong>Trier</strong><br />

2000<br />

54. „...und dies ist die Pforte des Himmels“ Synagogen in Rheinland-<br />

Pfalz/Saarland, Mainz 2005<br />

55. Vorläufiges Gedenkbuch für die <strong>Juden</strong> von <strong>Trier</strong> 1938-1943,<br />

zusammengestellt von Reiner Nolden, 2. überarbeitete und<br />

korrigierte Auflage <strong>Trier</strong><br />

56. Weirich, Hilde/ Kr<strong>aus</strong>e, Winfried: Beiträge <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Juden</strong> in Thalfang, Spiesen-Elversberg 1995<br />

57. Weirich, Hilde: <strong>Juden</strong> in Hottenbach und Stipsh<strong>aus</strong>en. Eine Spurensuche,<br />

Fronhofen 1998<br />

58. Zenz, Dr. Emil. Wie wählten die Bewohner des <strong>Trier</strong>er Raumes in<br />

den Schicksalsjahren 1932 und 1933. in: Jahrbuch des Landkreises<br />

<strong>Trier</strong>-Saarburg 1980, S. 225- 230<br />

59. Zenz, Emil: Die Stadt <strong>Trier</strong> im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t. 1.Hälfte 1900-<br />

1950, <strong>Trier</strong> 1981<br />

173


Literatur <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Region Konz<br />

Konz 2008;<br />

zu beziehen in <strong>der</strong> Buchhandlung Kolibri, Konz.<br />

Konz 2005,<br />

zu beziehen in <strong>der</strong> Buchhandlung Kolibri, Konz.<br />

Konz 2012<br />

Zu beziehen in <strong>der</strong> Buchhandlung Kolibri, Konz<br />

174


Weitere Empfehlungen:<br />

1. Körtels, Willi: Die Region <strong>Trier</strong> im Spiegel <strong>der</strong> amerikanischen Zeitschrift<br />

„Aufbau“, Konz 2012<br />

2. <strong>der</strong>s.: Die „<strong>Juden</strong>erklärung“ des Zweiten Vatikanischen Konzils 1962-65<br />

im Spiegel <strong>der</strong> Zeitschrift „Aufbau“, Konz 2012<br />

3. <strong>der</strong>s.: Anmerkungen zum neuzeitlichen Antisemitismus in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong><br />

und die jüdische Reaktion, Konz 2012<br />

4. <strong>der</strong>s.: Gertrud Luckner im „Aufbau“, Konz 2012<br />

5. <strong>der</strong>s.: Die jüdische Schule in <strong>der</strong> Region <strong>Trier</strong>, Konz 2012<br />

175

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