Einführung zu den Seligpreisungen - Pfarre Namen Jesu
Einführung zu den Seligpreisungen - Pfarre Namen Jesu
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Zuerst aus dem Internet (Wikipedia „<strong>Seligpreisungen</strong>“):<br />
Die <strong>Seligpreisungen</strong> (Makarismen) sind die Bezeichnung für einen bekannten Abschnitt<br />
der Bergpredigt in Matthäus 5,3-12. Sie sind eine Reihung von 8+1 Mal „Selig sind …“, mit<br />
<strong>den</strong>en im Matthäusevangelium <strong>Jesu</strong>s seine Bergpredigt programmatisch einleitet. Nach<br />
christlicher Überlieferung geschah dies auf einer Erhebung am Nordrand des See<br />
Genezareth in Nordisrael, dem Berg der <strong>Seligpreisungen</strong>. Dabei wird verschie<strong>den</strong>en<br />
Gruppen von Menschen, die <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Benachteiligten der Gesellschaft gehören, die<br />
Teilnahme an der Gottesherrschaft versprochen. Was wir im Deutschen eher<br />
unvollkommen mit „selig“ oder „glücklich“ wiedergeben, heißt auf Griechisch µακαριος,<br />
woraus sich auch der Fachausdruck Makarismus, im Plural Makarismen, ableitet.<br />
Die weniger bekannte Version der <strong>Seligpreisungen</strong> findet sich in der Feldrede des<br />
Lukasevangeliums 6,21-25; bei diesem Evangelisten sind nur vier <strong>Seligpreisungen</strong>, dafür<br />
aber <strong>zu</strong>sätzlich vier Weherufe genannt.<br />
Struktur: Die <strong>Seligpreisungen</strong> beginnen neunmal mit „selig (sind) …“ (µακαριοι/makarioi).<br />
Die neunte Seligpreisung nimmt dabei eine Sonderstellung ein, weil sie sich <strong>den</strong> Jüngern<br />
in der 2. Person Plural direkt <strong>zu</strong>wendet, während die vorigen acht in der 3. Person<br />
formuliert sind. Es scheint sich in der neunten um eine unmittelbare Anwendung der<br />
achten Seligpreisung auf die Jünger <strong>Jesu</strong> <strong>zu</strong> handeln (darum: 8+1 <strong>Seligpreisungen</strong>). Die<br />
erste und die achte Seligpreisung schließen jeweils mit der Verheißung des „Himmelreiches“<br />
(basileia ton ouranon), für das Matthäusevangelium (und wohl schon für <strong>Jesu</strong>s)<br />
ein zentraler Begriff. Auffallend ist auch, dass nach der 4. und nach der 8. Zeile jeweils<br />
Gottes "Gerechtigkeit" (dikaiosyne) genannt wird, ebenfalls ein Schlüsselbegriff des<br />
Matthäusevangeliums, wodurch die ersten acht <strong>Seligpreisungen</strong> wiederum in 4+4<br />
untergliedert wer<strong>den</strong> können. Dies wird auch durch die Beobachtung unterstützt, dass die<br />
ersten vier <strong>Seligpreisungen</strong> als π-Alliteration formuliert sind (Arme: πτωχοι/ptochoi;<br />
Trauernde: πενθουντες/penthountes, Sanftmütige: πραεις/praeis; Hungernde:<br />
πεινωντες/peinontes).<br />
Die Gattung der <strong>Seligpreisungen</strong> gibt es schon im Alten Testament; sie tritt <strong>zu</strong>nächst in<br />
der Weisheitsliteratur auf (vgl. Psalm 1,1). Der weisheitliche Makarismus beschreibt auf<br />
der Basis des Tun-Ergehen-Zusammenhangs, dass nur ein Leben in Gottesfurcht und<br />
Weisheit gelingt (z. B. Spr 3,19-23). Hier wird also der Mensch selig gesprochen, dem es<br />
aufgrund seiner Frömmigkeit gut geht.<br />
In der nachalttestamentlichen frühjüdischen Literatur kommt auch der apokalyptische<br />
Makarismus vor, der die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod einbezieht und in eine<br />
schwierige Lebenssituation hinein spricht. Hier wird derjenige Mensch selig gesprochen,<br />
dem es gerade nicht gut geht, sondern der aufgrund seiner Frömmigkeit ein schweres<br />
Schicksal ertragen muss, <strong>den</strong>n er werde einst von Gott dafür belohnt wer<strong>den</strong>.<br />
Die <strong>Seligpreisungen</strong> <strong>Jesu</strong> stehen in der Tradition des apokalyptischen Makarismus, sind<br />
aber offen auf eine diesseitige Interpretation hin.<br />
Jetzt eine ausführliche Analyse (Form- und Entwicklungsgeschichte) aus meinen<br />
„gescheiten Büchern“:<br />
Klaus Koch, Was ist Formgeschichte, 9;36f;76f:<br />
(Seite 9): Als neutestamentliches Beispiel greife ich die <strong>Seligpreisungen</strong> heraus, die im<br />
Matthäusevangelium als Einleitung der Bergpredigt <strong>Jesu</strong> voranstehen (Matth. 5,3-12). Die<br />
kirchliche Tradition hat in ihnen jahrhundertelang die grundlegende Bestimmung jener<br />
Tugen<strong>den</strong> gesucht, die ein Christ im Alltag <strong>zu</strong> üben hat. Stimmt das <strong>zu</strong>r formgeschichtlichen<br />
Erhellung? ... Dass die <strong>Seligpreisungen</strong> eigenständig sind und ohne Rücksicht auf<br />
<strong>den</strong> Zusammenhang betrachtet wer<strong>den</strong> können, lehrt der kirchliche Gebrauch. Das dabei<br />
<strong>zu</strong>m Ausdruck kommende Empfin<strong>den</strong>, eine geschlossene Einheit vor sich <strong>zu</strong> haben,<br />
bestätigt sich exegetisch durch <strong>den</strong> Blick auf die Parallele im Lukasevangelium. Dort<br />
wer<strong>den</strong> die <strong>Seligpreisungen</strong> ebenfalls berichtet (6, 20-23), aber in ganz anderer<br />
Umgebung. Wenn die Evangelisten diese Worte <strong>Jesu</strong> an verschie<strong>den</strong>en Stellen
aufnehmen, haben sie <strong>den</strong> Abschnitt als selbständig angesehen. Auch die Form der<br />
mehrfach wiederholten „Selig sind "-<strong>Einführung</strong>en hebt sich deutlich aus dem Kontext<br />
heraus.<br />
Nicht dass ein solcher Anfang sonst völlig unbekannt wäre! Solche Heilrufe sind vielmehr<br />
an vielen Stellen der Bibel und darüber hinaus an<strong>zu</strong>treffen. Der Grieche besitzt für diese<br />
Form ein eigenes Wort: Makarismos. Im israelitisch-urchristlichen Umkreis ist eine Seligpreisung<br />
eine poetisch gefasste Wendung, die in verschie<strong>den</strong>en Zusammenhängen<br />
auftauchen kann - wenngleich nicht beliebig -, also genau das, was wir eine Formel<br />
nennen. Den biblischen Makarismos gibt es in zweierlei Ausprägungen. Einmal taucht er<br />
in der alttestamentlichen Spruchweisheit auf, dort gern als „Ausgangsthese" von Sentenz-<br />
Ketten oder als logischer Zielpunkt weisheitlicher Beweisführung. Bei dieser Art geht es<br />
um das diesseitige Wohlergehen des Menschen. Der weisheitliche Segenswunsch des<br />
Menschen gilt dem, der verständig lebt gemäß <strong>den</strong> von Gott geschaffenen und von <strong>den</strong><br />
Weisen aufgewiesenen Ordnungen des Lebens. Anders der apokalyptische Makarismos,<br />
der sich auf die Personen richtet, die im letzten Weltgericht gerettet wer<strong>den</strong> und an der<br />
neuen Welt Anteil erhalten, weil sie hier dem Glauben treu geblieben sind. In dieser<br />
Umgebung wird die Formel verwendet als krönender Abschluss eschatologischer<br />
Belehrung oder apokalyptischer Lieder. Der Makarismos kann auch als geschlossene<br />
Gattung auftreten, dann meist in der Art einer Makarismos-Reihe. Das findet sich sowohl<br />
in weisheitlichen Texten (Sir. 25, 7-11) wie in apokalyptischen. Der Makarismos in solchen<br />
Reihen hat gelegentlich eine Begründung bei sich:<br />
Selig ist, wer <strong>den</strong> Samen der Gerechtigkeit ausstreut, <strong>den</strong>n er erntet<br />
siebenfältig (2. Hen. 42, 11).<br />
Wo er auch benutzt wird, stets ist er mehr als eine blumige Floskel, nämlich feierlicher<br />
Zuspruch des Heils, „eine schwächere Form des Segens". Was ergibt sich von da für die<br />
<strong>Seligpreisungen</strong> der Bergpredigt? <strong>Jesu</strong>s benutzt offensichtlich die Gattung des apokalyptischen<br />
Makarismos. Bei genauem Hinsehen zeigt sich sogar, dass in Matth. 5 zwei Makarismos-Reihen<br />
<strong>zu</strong>sammengestellt sind; <strong>den</strong>n die V. 11 f haben eine andere Gestalt als die<br />
vorangehen<strong>den</strong>. Sie enthalten nur einen einzelnen Spruch mit einer Wenn-Formulierung<br />
und ungleich längerer Begründung; er spricht die Zuhörer in der 2. Person an, während V.<br />
3-10 von dritten Personen re<strong>den</strong>. Die Reihe der ersten acht Makarismen ist nicht nur von<br />
sehr straffem Bau, sie schließt auch kunstvoll im ersten und letzten Glied mit der gleichen<br />
verheißungsvollen Begründung: „Denn ihrer ist das Reich der Himmel." Außerdem ist<br />
diese Reihe von <strong>Seligpreisungen</strong> vielleicht in zwei Strophen gegliedert: die ersten vier<br />
Ausrufungen betreffen das Erlei<strong>den</strong>, die anderen vier das tägliche Verhalten.<br />
Der formalen Zugehörigkeit <strong>zu</strong>r eschatologischen Belehrung entspricht die sachliche<br />
Aussage. Nicht die verschie<strong>den</strong>en Tugen<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> herausgestellt, die Gott <strong>den</strong> Menschen<br />
vorschreibt - wie man früher gemeint hat -, vielmehr meinen Wendungen wie „arm<br />
im Geist, Leid tragen, demütig sein, hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit" nur<br />
verschie<strong>den</strong>e Aspekte ein und derselben Haltung gegenüber der Welt kurz vor ihrem<br />
Ende, nämlich die Haltung des harren<strong>den</strong> Dul<strong>den</strong>s und Hoffens. Betont ist nicht eine<br />
Summe von Tugen<strong>den</strong>, betont ist vielmehr die Heils<strong>zu</strong>sage, die in dem „Selig" am Anfang<br />
aufklingt wie in der Begründung durch die zweite Halbzeile. Die Begründung ist streng<br />
endzeitlich gemeint: Getröstet wer<strong>den</strong>, die (durch Gott verwandelte) Erde erben, mit<br />
Gerechtigkeit gesättigt wer<strong>den</strong>, Gott schauen - all das geschieht durch Weltgericht und<br />
Weltvollendung. Auch die zweite Einheit, die gesonderte Seligpreisung in V. 11 f, ist<br />
deutlich eschatologisch ausgerichtet. Das Beispiel zeigt, wie die formgeschichtliche<br />
Untersuchung einen hilfreichen Rahmen für die Einzelauslegung bereitstellt.<br />
...<br />
(Seite 36f): Hintergrund der Seligpreisung<br />
Was heute gilt, gilt ebenso für das Urchristentum. Der briefliche Verkehr des Apostels mit<br />
seiner Gemeinde als Sitz im Leben erfordert die Gattung des Gemeindebriefs; die missionarische<br />
Verkündigung des Evangeliums vor <strong>den</strong> Hei<strong>den</strong> führt <strong>zu</strong>m Typ der Missionspredigt.<br />
Ist der Sitz im Leben aber vielgestaltiger, fächert er sich in mehrere Gattungen
auf. Feiert die christliche Gemeinde unter sich das Herrenmahl, benutzt sie feierliche<br />
Formen <strong>zu</strong>m Voll<strong>zu</strong>g des Sakraments, Gebet und Lieder. Teils genügt also eine einzelne<br />
Gattung, die für sich steht, wie beim Gemeindebrief; teils kommt es <strong>zu</strong>m ausgedehnten<br />
Gefüge von Rahmen- und Gliedgattungen wie bei der Liturgie des Herrenmahls. - So<br />
hatten auch die <strong>Seligpreisungen</strong> gewiss ihren festen Sitz. Der ist <strong>zu</strong>nächst in der christlichen<br />
Gemeinde nach Ostern <strong>zu</strong> suchen; <strong>den</strong>n von ihr hat der Matthäus-Evangelist (bzw.<br />
sein Vorgänger, der Verfasser der Logienquelle) diese Spruchreihe übernommen. Leider<br />
ist nicht mehr erkennbar, bei welcher Gelegenheit in <strong>den</strong> urchristlichen Gemein<strong>den</strong> die<br />
<strong>Seligpreisungen</strong> vorgetragen wur<strong>den</strong>. Gewiss bei einem feierlichen Anlass, bei dem das<br />
bald hereinbrechende Reich Gottes gefeiert wurde. Geschah das aber im Rahmen eines<br />
Predigtgottesdienstes, etwa als Ausgangstext für eine Verkündigung an die Gemeinde?<br />
Der alttestamentliche Brauch, <strong>Seligpreisungen</strong> an <strong>den</strong> Anfang einer Weisheitsrede <strong>zu</strong><br />
stellen, und die jetzige Stellung der Makarismen bei Matthäus am Anfang der Bergpredigt<br />
und bei Lukas (Kap. 6) am Anfang der Feldrede, lässt solche Vermutung aufkommen;<br />
beweisbar ist sie nicht. Leider wissen wir auch über die Verwendung des eschatologischen<br />
Makarismos in apokalyptischen Kreisen vorchristlicher Zeit nichts. War der Sprecher dort<br />
eine besonders autorisierte Persönlichkeit, wie es einst bei der weisheitlichen Seligpreisung<br />
der Weisheitslehrer war? Steht dem eine Schar lernbeflissener Schüler gegenüber,<br />
die solche Sprüche auswendig lernen? Ist gleiches in der christlichen Gemeinde voraus<strong>zu</strong>setzen?<br />
Bei welcher Gelegenheit und <strong>zu</strong> welchen Leuten hat schließlich <strong>Jesu</strong>s selbst, von dem die<br />
Urgemeinde die Gattung übernommen hat, solche Selig-Rufe verkündet?<br />
Sitz im Leben meint nicht die besondere einmalige Gelegenheit, bei der <strong>Jesu</strong>s die Matth. 5<br />
überlieferten <strong>Seligpreisungen</strong> vortrug, sondern das typische Verhältnis zwischen ihm und<br />
seiner Anhängerschaft, das solche feierlichen Worte aus seinem Munde möglich machte.<br />
Denn <strong>Seligpreisungen</strong> sind gerade nicht, wie es modernen Ohren scheinen mag, spontane<br />
Ausrufe, sondern nach ihrer Gattungsgeschichte überlegt formulierte Lehre, die gelernt<br />
und weitervermittelt wer<strong>den</strong> will, sie setzen einen Tra<strong>den</strong>tenkreis voraus, Schüler, Jünger.<br />
Sieht man Matth. 5, 3 f. auf formgeschichtlichen Hintergrund, so erhält man ein gewichtiges<br />
Argument in der gegenwärtigen Auseinanderset<strong>zu</strong>ng unter <strong>den</strong> Neutestamentlern, ob<br />
<strong>Jesu</strong>s nur ein vom nahen<strong>den</strong> Eschaton gepackter Volksprediger war und ihm jeder Gedanke<br />
an eine organisierte Jüngerschaft fern lag, oder ob er bewusst darauf aus war,<br />
einen Schülerkreis um sich <strong>zu</strong> sammeln.<br />
...<br />
(Seite 76f): Deutlich ist je<strong>den</strong>falls, dass die <strong>Seligpreisungen</strong> Matthäus bereits als Eingang<br />
einer größeren <strong>Jesu</strong>s-Rede überkommen waren, wie die Lukas-Parallele beweist.<br />
Matthäus aber baut diese Rede durch andere <strong>Jesu</strong>slogien <strong>zu</strong>r Bergpredigt aus (Kap. 5-7)<br />
und lässt mit <strong>den</strong> <strong>Seligpreisungen</strong> die erste und grundlegende Verkündigung <strong>Jesu</strong> beginnen.<br />
Nachdem er vorher kurz berichtet hatte, dass <strong>Jesu</strong>s das Nahen des Reiches der<br />
Himmel kündete (4,17) und seine Vollmacht durch erste Wunder unter Beweis gestellt<br />
hatte (4, 24), erscheinen nunmehr die <strong>Seligpreisungen</strong> als „Proklamation der von Gott<br />
verfügten Einlassbedingungen" <strong>zu</strong>m Reich der Himmel. Dadurch bekommen die überkommenen<br />
<strong>Jesu</strong>s-Sätze einen neuen Akzent.<br />
Während auf der mündlichen Stufe - gemäß der Gattung der apokalyptischen Makarismen<br />
- die Verheißungen betont waren, also das „glückselig" und die zweite Hälfte der Sätze,<br />
wer<strong>den</strong> jetzt die Verhaltensweisen der Menschen stärker herausgestrichen: das Armsein<br />
im Geist, das Demütigsein, das Verfolgtwer<strong>den</strong>. (Zu diesem Zweck wer<strong>den</strong> vom Evangelisten<br />
die bei<strong>den</strong> nachfolgen<strong>den</strong> Logien vom Salz und Licht sowie vom Licht, das auf<br />
<strong>den</strong> Leuchter gehört, angeschlossen V. 13-16). Die Jüngerschaft der christlichen Gemeinde<br />
soll sich vor der Welt durch ihre bessere „Gerechtigkeit" (V. 20) beweisen. Der Hinweis<br />
auf die Gerechtigkeit wird deshalb V. 6.10 in die <strong>Seligpreisungen</strong> eingeschoben. Zugleich<br />
wird vielleicht durch eine eigene Seligpreisung <strong>zu</strong>r Barmherzigkeit aufgerufen.<br />
Die Bedeutung der Bergpredigt stellt Matthäus durch eine einfache Überleitung heraus. In<br />
der Vorlage Q galten die <strong>Seligpreisungen</strong> vermutlich nur <strong>den</strong> Jüngern (Luk. 6, 20). Der<br />
Evangelist verknüpft diese Notiz mit einem Abschnitt im Markusevangelium, wo von der
Menge um <strong>Jesu</strong>s die Rede war und es abschließend hieß (Mark. 3, 13a) „und er stieg auf<br />
<strong>den</strong> Berg". Matthäus kombiniert beide Angaben:<br />
„Als er aber die Mengen sah, stieg er auf <strong>den</strong> Berg. Während er sich setzte, traten seine<br />
Jünger <strong>zu</strong> ihm. Und er tat seinen Mund auf und lehrte, indem er sprach ..."<br />
Die Volksmenge um <strong>Jesu</strong>s wird von Matthäus häufig herausgestellt (4, 25 f; 7, 28 usw).<br />
Gleichzeitig aber tritt die Sonderstellung der Jünger hervor, die <strong>Jesu</strong>s umstehen, wie die<br />
Leviten bei der Gesetzesverkündigung von Neh. 8, 4 Esra umstehen. Die Jünger gelten<br />
als Keimzelle der Kirche und der eschatologischen Menschheit. Der Berg aber lässt<br />
erkennen, dass <strong>Jesu</strong>s ein Gegenbild <strong>zu</strong> Mose ist; wie einst auf dem Berg Sinai wird eine<br />
neue Gottesweisung (Tora) verkündet. Doch zeigen gerade die <strong>Seligpreisungen</strong>, wie viel<br />
verheißungsvoller der Ruf Gottes jetzt lautet, wo der Messias gekommen und das<br />
eschatologische Himmelreich nahegerückt ist.<br />
Dann noch einige weitere Ergän<strong>zu</strong>ngen, die ich gefun<strong>den</strong> habe:<br />
Robert-Feuillet, NT, 696f:<br />
Ursprünglich scheinen z. B. die <strong>Seligpreisungen</strong> in erster Linie einen christologischen und<br />
messianischen Sinn gehabt <strong>zu</strong> haben (Gegensatz zwischen dem alten und dem neuen<br />
Äon), eine Bedeutung, die sie unserer Meinung nach bei Mt 5,1-12 noch teilweise bewahrt<br />
haben.<br />
Heinrich Zimmermann, Neutestamentliche Metho<strong>den</strong>lehre, 145:<br />
Die Heilsansage kann wie schon im Alten Testament und spätjüdischen Schrifttum in der<br />
Form des Makarismus geschehen. Hier freilich gibt es zwei Ausprägungen, deren eine <strong>zu</strong>r<br />
Spruchweisheit (Spr 3,13; 8,32 f; Sir 48,11; 50,28; PS 1,1), deren andere <strong>zu</strong>r apokalyptischen<br />
Aussage (Dan 12,12; Tob 13/14; PsSal 4,23; 17,44; 18,6; vgl. 4 Esr 7,45) gehört.<br />
Offenbar benutzt <strong>Jesu</strong>s die Form des apokalyptischen Makarismus.<br />
... Das Gegenstück <strong>zu</strong>r Preisung ist der Fluch. Wohl deshalb hat Lukas <strong>den</strong> vier <strong>Seligpreisungen</strong><br />
die vier Weherufe gegenübergestellt (Lk 6,24-26), wie <strong>den</strong>n auch anderwärts<br />
Makarismen und Flüche nebeneinander stehen (s. SHen 52; vgl. ÄHen 5,7).