Klosterbrief 2006 - Orthodoxes Dreifaltigkeitskloster Buchhagen
Klosterbrief 2006 - Orthodoxes Dreifaltigkeitskloster Buchhagen
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und unwiderruflich zum Herrn gehört.<br />
Die Heiligen sind diejenigen,<br />
die schon jetzt in der Ewigkeit sind,<br />
mit Gott reden, Ihn von Angesicht<br />
zu Angesicht schauen, durchlichtet<br />
sind von Seinem ewigen Licht. Natürlich<br />
können auch lebende Menschen,<br />
wenn sie ganz bestimmte<br />
Qualitäten haben, in einer ähnlichen<br />
Weise „im Himmel“ sein und den in<br />
der Zeit vorangegangenen Heiligen<br />
gleich kommen. Aber doch ist und<br />
bleibt die irdische Kirche „die<br />
kämpfende“; da gibt es noch Verluste<br />
und Niederlagen. Wir irdischen<br />
„Heiligen“, die Gläubigen, sind noch<br />
auf dem Weg. Und solange wir hier<br />
im Leibe sind, sind wir den<br />
Schwankungen des irdischen Daseins<br />
unterworfen und können fallen.<br />
Deshalb bedürfen wir bis zum letzten<br />
Atemzug der Achtsamkeit, des<br />
Kampfes und der geistigen Unterscheidung.<br />
Irdische und himmlische<br />
Kirche gehen ineinander. Aber aus<br />
dieser Kluft, die doch da ist, ergibt<br />
sich eine Spannung, ein „Sog“ für alle<br />
in Richtung Heiligkeit. Um den<br />
Weg gehen zu können, müssen wir<br />
selber verstehen, was einen Menschen<br />
zum Heiligen macht; wir<br />
müssen erkennen. Die Bibel sagt: „Den Heiligen<br />
erkennen, das ist Weisheit“; und<br />
„Die Furcht Gottes ist der Anfang der<br />
Weisheit!“ Der Weg wird also geöffnet<br />
durch die Haltung der aufrichtigen<br />
Ehrfurcht und Liebe zu den Heiligen.<br />
So überschreiten wir in uns<br />
eine Schwelle und gelangen in das<br />
Kraftfeld der himmlischen Welt.<br />
Die Vielheit und Verschiedenheit,<br />
ja mitunter Widersprüchlichkeit<br />
der Erscheinungsformen der<br />
Heiligen verbietet es uns, Heiligkeit<br />
auf irgendeine menschliche, äußerliche<br />
Norm herunter zu brechen. Was<br />
die Menschen so über Heiligkeit<br />
denken, hat mit der echten Heiligkeit<br />
vor Gott meist wenig bis nichts zu<br />
tun. Vor allem die Vorstellung besonderer<br />
äußerlicher Strenge, die<br />
heute bei manchen Orthodoxen so in<br />
Mode ist, geht in die falsche Richtung.<br />
Da ist das weltliche Leistungsdenken<br />
in den Raum der Kirche eingebrochen,<br />
weil das eigentliche Mysterium<br />
abhanden geraten ist. Strenge<br />
und Klarheit sind vielmehr im Geistigen<br />
und in der Unterscheidung der<br />
Geister vonnöten. Jeder Heilige hat<br />
seine Besonderheiten, Ecken und<br />
Kanten, vielleicht Unvollkommenheiten,<br />
an denen, wer will, sich stoßen<br />
kann. Der Teufel lenkt das<br />
Scheinwerferlicht immer auf diese<br />
„Mängel“ und sagt: „Seht, welche<br />
Fehler er hat, der ist doch nicht heilig!“,<br />
so wie die Dämonen im jüngsten<br />
Gericht herkommen mit den<br />
Listen unserer Verfehlungen und<br />
Unterlassungen und fordern: „Der ist<br />
schuldig, der gehört verurteilt, der<br />
muss verdammt werden in Ewigkeit,<br />
der darf nicht zu den Schafen auf der<br />
rechten Seite!“. Damit verhindert der<br />
Satan, dass wir die Heiligen erken-<br />
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