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Volk, Sprache und Erziehung bei F. L. Jahn* - Otto Friedrich Bollnow

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Mit dieser Betonung des eigenen Wesens jedes <strong>Volk</strong>scharakters hängt dann auch zusammen,<br />

mit welcher Ausdrücklichkeit Jahn für die Reinerhaltung des <strong>Volk</strong>s [256/257] eintritt, mit<br />

welcher Entschiedenheit er der Völkermischung als einer Quelle des Niedergangs <strong>und</strong> der<br />

Verderbnis entgegentritt.<br />

„Je reiner ein <strong>Volk</strong>, je besser; je vermischter, je bandenmäßiger“ (I 164, R 41). Das kräftigste<br />

Mittel aber, das der Vermischung der Völker entgegensteht, ist die im <strong>Volk</strong>stum selber ausgedrückte<br />

Eigenart, durch die sich das eine <strong>Volk</strong> als durch eine natürliche Grenze von dem andern<br />

abhebt. Schon die Notwendigkeit, in einer bestimmten <strong>Sprache</strong> zu sprechen, wirkt der<br />

Vermischung der Völker mächtig entgegen. Erst in diesem Zusammenhang ergibt sich das<br />

»olle Verständnis des Jahnschen Satzes:<br />

„<strong>Volk</strong>stum ist eines Schutzgeistes Weihegabe, ein unerschütterliches Bollwerk, die einzige<br />

natürliche Grenze. Die Natur hat diese Völkerscheide selbst aus natürlichen Beschaffenheiten<br />

erbaut, fortwirkend durch die Zeit wieder gebildet, durch die <strong>Sprache</strong> benannt, mit der Schrift<br />

befestigt <strong>und</strong> in den Herzen <strong>und</strong> Geistern verewigt“ (I 167 f., R 44). „Ein rechtes <strong>Volk</strong> hat in<br />

seinem <strong>Volk</strong>stum einen Lebensschirm <strong>und</strong> nie versenkbaren Hort“ (I 494).<br />

4. Aus dem so gefaßten Begriff des <strong>Volk</strong>stums ergibt sich für Jahn eine klare Stellungnahme<br />

zu dem Verhältnis von <strong>Volk</strong> <strong>und</strong> Staat. Er wendet sich mit aller Schärfe gegen die Auffassung,<br />

daß der Staat das Ursprüngliche sei <strong>und</strong> die Völker erst durch die staatliche Zusammenfassung<br />

entstünden:<br />

„Nicht das äußere umgelegte Staatsbank macht das <strong>Volk</strong>; Menschen lassen sich nicht wie Heringe<br />

in Tonnen pökeln, nicht in Völkerzwinger einherden“ (I 158, R 34).<br />

Die Völker sind vielmehr das Ursprüngliche, <strong>und</strong> erst auf ihrem Boden konnten sich dann die<br />

Staaten ausbilden:<br />

„Ehe schon Staaten waren, wurden schon Völker <strong>und</strong> mußten wesen, wenn jene sein sollten.<br />

Völker sind älter als Staaten <strong>und</strong> dauernder“ (II, 2 521).<br />

Die Völker <strong>und</strong> nicht die Staaten sind daher auch die eigentlichen Träger der Geschichte. So<br />

heißt es gleich im ersten Absatz der Einleitung zum „Deutschen <strong>Volk</strong>stum“:<br />

„Von eines jeden allbegreifenden Zeitraums erster geschichtlicher Denkzeit bis zum letzten<br />

Schlußereignis waren Völker immer die Leiter der Begebenheiten, In ihnen wird die Geschichte<br />

erzeugt <strong>und</strong> beschrieben, sie sind die Gedächtnisträger“ (I 152, R 27f., II,1 484).<br />

Jahn bestimmt den Unterschied in der Seinsweise zwischen dem <strong>Volk</strong> <strong>und</strong> dem Staat folgendermaßen:<br />

„Ein Staat hat nur bloßes Dasein, aber ohne <strong>Volk</strong> kein Leben“ (II, 2 521). Das will besagen:<br />

Staaten sind in sich selber leblose Organisationsformen. Leben, <strong>und</strong> das heißt zugleich: lebendige<br />

innere Einheit, haben allein die Völker, <strong>und</strong> erst indem sie daran teilnehmen, auch die<br />

Staaten, insofern sie nämlich Organisationsformen von Völkern sind.<br />

Der Staat ist also nur der Diener des <strong>Volk</strong>s:<br />

„Überall in der Welt kann der Staat nur die äußere Befriedigung des <strong>Volk</strong>stums sein ,,. Nichts<br />

ist ein Staat ohne <strong>Volk</strong>, ein seelenloses Triebwerk, <strong>und</strong> mit aller ausgeklügelten Einrichtung<br />

nur ein ungeheures Dampfschiff“ (II,2 556).

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